BAMBERGER 02 | Das Magazin

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Nr. 2

Herbst 2013

Magazin f체r Politik. Gesellschaft. Lifestyle.

4199999104006

Preis 4,00 Euro

Auch in Bamberg: Bahn채rger ohne Ende! Seite 36


Bücher bilden. Schon ganz früh.

Eine kleine Erinnerung des Bamberger Buchhandels Buchhandlung Colibri Austr. 12 Buchhandlung Görres Grüner Markt 5 Buchhandlung Hübscher Grüner Markt 16 Fachbuch Schmidt Friedrichstr. 2 Bahnhofsbuchhandlung Ludwigstr. 6



Inhalt

Bamberger / Das Magazin Ausgabe 2. Herbst 2013 8 Hören. Sehen.Staunen In Bamberg 12 Stadtgespräch 14 58 70 79 80 81 82

Christiane Schult

Briefe Theater & Konzert Galerie Impressum Monaco Franke Auf Ein Wort Das Letzte

Das Grauen bleibt 18 Polizisten über den Umgang mit dem Unfassbaren.

Val Thoermer

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Wolfram Hegen

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Erinnerungen an einen Sommer Ein Fotorückblick von Val Thoermer

Eine Insel mit zwei Bergen ...und dem Eisenbahnverkehr.

Vanessa Koch

Schilder-Dschungel 46 Verwirrung auf Bambergs Straßen.

Thomas Apfel

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Christiane Schult

Hobby: Kampfmaschine Kickboxerin Kristin Avemarg.

Gerd Kanz 54 Von Untermerzbach nach New York.

Vanessa Koch

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Vanessa Koch

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Peter Einheuser

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Wolfram Hegen

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Leichte Gaumenfreuden Spitzenköche erzählen vom Essen.

Hier wohnten... Pfarrherren und Kunstmaler.

Lifesyle-Stick Die Cigarren kommt zurück.

Wolf auf vier Rädern Im Autotest: Amarok von VW.

Titel-Illustration. Die Verspätung

Illustration von Johanna Springer

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Inhalt

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Erinnerungen an einen Sommer Val Thoermer fotografiert Bamberg

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Insel mit zwei Bergen Das Problem mit dem Eisenbahnverkehr

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Inhalt

18

Das Grauen bleibt Polizisten über ihren Umgang mit dem Unfassbaren

50 Ausgabe

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Kampfmaschine Kickboxerin Christin Avemarg

Herbst 2013

46

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Schilder-dschungel Verwirrung auf Bambergs Straßen

Gerd Kanz Weltberühmter Künstler aus der Region

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Leichte Gaumenfreuden

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Hier wohnten...

Spitzenköche erzählen vom Essen

Pfarrherren und Kunstmaler

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Lifestyle-Stick

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Wolf auf vier Rädern

Cigarren kommen wieder

Hegen testet den Amarok

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Hören. Sehen. Staunen

Hören. Sehen. Staunen. In BamBerg Oktober || November || Dezember

Im Oktober

und erotischste Komödie ist eine Mischung zwischen dem, was der helle Tag an Ordnung und Vernunft fordert und dem, was der Traum in der Nacht heimlich in der Fantasie schafft. Im Traum sind wir Schöpfer, durchbrechen Gesetze der Logik, der Zeit und des Raums. Das Erwachen führt uns in die Realität zurück. Mit dem Stück zeigt Shakespeare in belustigender Weise die Macht der Liebe auch in ihrer Grenzüberschreitung, ihrer Magie und ihrem Wahn.

In der Stadt Spielzeug, Schmuck und Puppen Bereits zum 14. Mal findet traditionell am 3. Oktober ab 8 Uhr der große Bamberger Antiquitätenund Trödelmarkt statt. Auch in diesem Jahr kann wieder wild nach alten Schätzen gestöbert werden, die aus allen Ecken Europas in die Domstadt kommen. Eine große Zahl europaweit tätiger Händler mit ausgezeichneter Ware hat ihre Teilnahme bereits zugesagt. Im reichhaltigen Angebot sind neben Porzellan und Büchern aus den letzten Jahrhunderten auch Weichholzmöbel und religiösen Utensilien und Volkskunst aus Bayern und Österreich dabei.

Brose-Arena

Comedy Foto: Fyletto

Kleiner Kerl ganz groß Ralf Schmitz ist der Turbo unter den Comedians. Mit seinem rasanten Mix aus Stand Up, Sketchen, Improvisation und Physical Comedy nimmt er die Zuschauer für sich ein, ob im Schauspiel oder live auf der Bühne. In Bamberg präsentiert er am 5. Oktober um 20 Uhr sein neues Programm Schmitzpiepe. Eins sei dabei garantiert: Die Lachmuskeln werden ordentlich zum Einsatz kommen.

Herbstplärrer

Die Bühne bebt Seit fünfzehn Jahren begeistert Lord of the Dance die Menschen in aller Welt. Rund um den Globus geht der Siegeszug der spektakulären Step-Show. 50 Shows umfasst die Jubiläumstour von Lord of the Dance vom 25. Oktober bis 21. Dezember 2013. Die riesige Fangemeinde freut sich schon auf das Wiedersehen mit dieser faszinierenden Produktion und ihren herausragenden Tänzern, die zum Kultereignis aufgestiegen sind. Lord of the Dance zeigt eine neue Entertainment-Dimension auf. Die mit audiovisueller Opulenz ausgestattete Show verbindet Folklore, Hi-Tech-PopArt sowie irisch-amerikanischen Stepptanz mit Flamenco-Affinität zu einer rhythmischen, melodischen und optischen Revue, die ihres gleichen sucht. Am 26. Oktober um 20 Uhr macht die Show auch im beschaulichen Bamberg Halt und rüttelt die Arena mit Step-Tanzeinlagen ordentlich durch.

Copyright: Ralf Schmitz

Volksfest in Bamberg In diesem Jahr findet der Herbstplärrer vom 11. bis 27. Oktober auf dem ehemaligen Gelände des deutsch-amerikanischen Volksfestes statt. Der Bamberger Herbstplärrer zählt zu einem der größten Feste im nordbayerischen Raum. Weil kein Eintritt verlangt wird, ist er auch ein kostenloses Vergnügen zum Bummeln, Staunen, Erforschen, Lachen und Genießen.

Marionettentheater

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Foto: Axel Hess

Zwischen Vernunft und Fantasie Am 18. Oktober um 19 Uhr tanzen in der Unteren Sandstraße wieder die Puppen. Diesmal zu einem der bekanntesten Werke Shakespeares: Ein Sommernachtstraum. Die von ihm wohl bekannteste

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Hören. Sehen. Staunen zeigt anhand ausgewählter Momentaufnahmen was Bamberg so unverwechselbar gemacht hat. Eine Anmeldung für die Führung, die am 10. November um 10.30 Uhr am Gabelmann beginnt, ist nicht erforderlich.

Foto: Universal Music

Konzert

Im November Galakonzert

Selbst Laien ist der Name dieser Geigenvirtuosin ein Begriff: Anne-Sophie Mutter. Sie begann ihre internationale Karriere als Solistin bei den Festwochen Luzern 1976 und gab im Jahr darauf bei den Pfingstkonzerten unter Leitung Herbert von Karajans ihr Salzburg-Debüt. Seither gehört sie zu den unumstrittenen Geigen-Größen unserer Zeit. Seit vielen Jahren konzertiert sie sich sehr erfolgreich mit dem amerikanischen Pianisten Lambert Orkis, mit dem sie auch zahlreiche Aufnahmen für die Deutsche Grammophon eingespielt hat. Nun kommt die Künstlerin am 8. November um 20 Uhr in die Konzert- und Kongresshalle. Gemeinsam mit dem Pianisten präsentiert sie ihrem Publikum nun Highlights für Violine und Klavier wie unter anderem die Sonate Nr. 3 in c-Moll op. 45 von Edvard Grieg und die Sonate A-Dur op. 120 von César Franck. Dieses seltene Konzertereignis sollte sich kein Klassikfan entgehen lassen!

Führung Gesichter Bambergs Sei es die Barockisierung, verheerende Hochwasser, die interessante Verkehrsführung oder Kriegsschäden – viele Ereignisse haben Bambergs Antlitz verändert. 2013 feiert die Stadt ihr 20-jähriges Jubiläum als Weltkulturerbe der UNESCO. Doch trotz der bis heute erhaltenen mittelalterlichen Grundstruktur hat sich Bamberg im Laufe der Jahrhunderte teilweise erheblich verändert. Der Rundgang

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Foto: Val Thoermer

Foto: Constantin Film

Foto: Harald Hoffmann

Geigen in Vollendung

Sportlicher Gesang Eine der sportlichsten Bands Deutschlands, glaubt man zumindest ihrem Bandnamen, hält am 11. November Einzug in Bamberg: Die Sportfreunde Stiller. New York-Rio-Rosenheim: ollen, abgenudelten Popkamellen zufolge sollen die Jungs mal im Atomic Cafe zu München gejobbt haben, bevor sie so etwas wie die Chefrepräsentanten der Trainingsjackenfraktion des Südens wurden. Einige Kollegen von damals haben sich leider wieder in die Gastronomie verabschiedet. Andere wiederum nicht. Wenige, um genau zu sein. Ihre Namen: Flo, Rüde, Peter. Um 20 Uhr zeigt die Band in der Brose-Arena in Bamberg weniger sportliche, sondern eher gesangliche Höchstleistungen.

In der Stadt Cineastisches Vergnügen Bamberg erlangt als Weltkulturerbestadt weltweite Bekanntheit. Doch auch den Cineasten ist die romantische Stadt an der Regnitz ein Begriff. Zahlreiche Filme wurden bereits in Bamberg gedreht. Großes Kino, Kinderfilme, Serien für Jung und Alt - zahlreiche Filmproduktionen der letzten Jahrzehnte wählten Bamberg als Filmkulisse. Der Teilnehmer des cineastische Spaziergangs, der am 17. November um 14 Uhr am Schloss Geyerswörth beginnt, begibt sich auf die Spuren von Schauspielern, Regisseuren und Kamerateams. Besucht wird das Aufseesianum, das schon 1973 in Das fliegende Klassenzimmer mit Joachim Fuchsberger vor die Kamera trat, danach wird auf den Spuren Ottfried Fischers, Günter Stracks und dem frechen Sams durch die Altstadt gewandelt. Besondere Aufmerksamkeit gilt bei der Betrachtung der malerischen Kulisse den Dreharbeiten zu: Die drei Musketiere.

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Hören. Sehen. Staunen Konzert

Im Dezember

A-Capella-Pop

Lesung & mehr Gezeichnetes Leben

Foto: VIVA VOCE

Chorknaben sind sie schon lange nicht mehr. Und auch das Boygroup-Image ist Schnee von gestern. Längst hat sich VIVA VOCE in der deutschsprachigen Kultur- und Theaterwelt als große a-cappella-Band etabliert. VoxPop nennen die fünf Stimmkünstler ihren unverwechselbaren Stil, der zu 100 Prozent mundgemacht ist. Nein, diese Band braucht keine Instrumente. Allein ihr gesangliches Können vereint mit dem gegenwärtig vielseitigsten Vokal-Perkussionisten sorgt für ein unvergessliches Konzerterlebnis. Das neue Programm von VIVA VOCE heißt „Commando a cappella“, eine wie immer perfekt inszenierte Show mit viel Fantasie, Witz und Liebe zum Detail. Wer dem Charme der fünf Jungs ebenfalls erliegen möchte, am 21. November um 20 Uhr gibt die Band eines ihrer Konzerte in der Bamberger Konzert-und Kongresshalle.

Ein Cartoonist auf der Bühne? Was macht der da? Was jeder gute Komiker auch tut: die Zuschauer zum Lachen bringen. Ralph Ruthe, preisgekrönt mit mehreren Cartoon- und Kurzfilmpreisen, verbindet in seiner Show SHIT HAPPENS, die am 5. Dezember um 20 Uhr in den wunderschönen Haas Sälen stattfindet, einzigartig die Elemente Comedy, Animationsfilm, Lesung und Musik zu etwas völlig Neuem. Am Ende geht das Publikum einfach nur mit dem guten Gefühl nach Hause, viel Spaß gehabt zu haben. Und mehr zu wissen über die Arbeit eines Cartoonisten.

Weihnachtsmarkt

Comedy

Glühwein, Plätzchen und Stollen In der Zeit vom 28. November bis 23. Dezember öffnet der Bamberger Weihnachtsmarkt für alle Freunde der Vorweihnachtszeit seine Pforten. Dann

Fakten, Fakten, Fakten Lustig geht es auch am 6. Dezember um 20 Uhr in der Konzert- und Kongresshalle zu, denn Rolf Miller ist wieder zu Gast. Wer wissen will, wie der Comedian zu wichtigen Themen wie Atombombe, Urknall, Kunst, Sport, Frauen, Kinder, Achim und Jürgen, zielsicher den Faden verliert, ist hier richtig. Millers Figur ist genau der Typ, der dem Planeten irrsinnig auf den Zeiger geht und es nicht merkt. Und das mit Bravour... Im echten Leben ist man das Opfer, wenn so einer zufällig neben einem sitzt und man mit anhören muss, was er von sich gibt. Hört man ihm aber auf der Bühne zu, wird man zum Täter, übt Rache, darf man darüber lachen und das auf höchstem Niveau. Der sichere Zuschauerraum ist für Sie ein Pointenbunker.

Foto: Altafulla

Weihnachten für GroSS und Klein

Foto: MC Fields

verwandelt sich der Maxplatz inmitten der Bamberger Fußgängerzone in einen vorweihnachtlichen Festplatz. Mitten in der Altstadt mit ihren erleuchteten und geschmückten Geschäften und Straßen riecht es nach Bratwürsten und gebrannten Mandeln, nach Glühwein und Lebkuchen. Spielzeug, Weihnachtsschmuck und Glaskugeln hängen an den Markständen, die Augen der Kinder hängen an den Auslagen. Sie finden Kunsthandwerkliches und Hochwertiges zur Dekoration, und Praktisches für die Weihnachtszeit ist auch aufzutreiben. Der Weihnachtsmarkt lädt täglich von 9 Uhr bis 20 Uhr zum Schlendern ein.

Sich einstimmen auf Weihnachten, ein schönes Gesteck aussuchen, Glühwein trinken, Lebkuchen essen, von der Märchenerzählerin verzaubern lassen und vieles mehr. All das können Sie auf dem Adventsmarkt im Bauernmuseum in Frensdorf vom 7. bis 8. Dezember 2013 genießen. Die Tore werden am Samstag, 7. Dezember 2013 um 15.00 Uhr und am Sonntag um 13 Uhr geöffnet. Musikalisch umrahmt wird nicht nur die Eröffnung, sondern das ganze Wochenende, von Ensembles der Kreismusikschule Bamberg. An den beiden Tagen werden selbst hergestellte Liköre, Essige, Öle, Naturkosmetik, Kerzen und vieles andere Kunsthandwerkliche mehr angeboten. Zithermusik und eine Märchenerzählerin in der guten Stube sorgen für vorweihnachtliche Stimmung. Auch die kleinen Besucher können neben dem

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Hören. Sehen. Staunen Nikolaus noch die Adventswerkstatt besuchen oder auf einer Pferdekutsche durch den Ort fahren.

Konzert Lustig ist das Zigeunerleben „Hopaaa!“ lautet der Schlachtruf der rapide wachsenden Schar der Django 3000-Fans! Und so heißt auch die neue CD, die im September erscheinen wird. Seit dem wilden Siegesritt von Django 3000 über Bühnen und Festivals, durch Radio- und Fernsehsender ist die „Heidi“, das wilde glutäugige Mädel, das beim Tanzen den Buben gern den Kopf verdreht, eine Berühmtheit. „Heidi, Heidi“ singen und kreischen die Fans bei den vielen ausverkauften Konzerten der bayerischen Zigeuner aus dem Chiemgau. Am 12. Dezember um 21 Uhr toben sich die Jungs in der Bamberger Konzert-und Kongresshalle aus.

Wernsdorf Musikalische Lesung Der Autor des Sams ist am 21. Dezember um 18 Uhr in Wernsdorf zu Gast. In der musikalischen Lesung mit den Autoren Nele & Paul Maar, begleitet von der Capella Antiqua, erzählen diese ihre schönsten Weihnachtsgeschichten im stimmungsvollen historischen Konzertsaal von Schloss Wernsdorf. Schon 2011 und 2012 war die Lesung von Nele und Paul Maar ein Höhepunkt der Weihnachtszeit im Kulturschloss von Wernsdorf. Für 2013 darf man auf so manche Überraschung gespannt sein. Be-

„Schenken Sie ein Stück Weltkulturerbe. Ein Gutschein Geschäfte.“ „Schenken Sie für ein über Stück400 Weltkulturerbe. Ein Gutschein für über 400 Geschäfte“

„Schenken Sie ein Stück Weltkulturerbe. Ein Gutschein für über 400 Geschäfte.“ Foto: Jack Q.

„Schenken Sie ein Ein Gutschein für

gleitet wird die Lesung von den stimmungsvollen Musikinstrumenten der Capella Antiqua Bambergensis.

Silvesterkonzert Musikalisches Feuerwerk Das Festliche Silvesterkonzert in der Oberen Pfarre gehört zu den herausragenden Kulturereignissen der Stadt und der Umgebung. Es musizieren das Bamberger Streichquartett und prominente Gäste. Wer sich für Meisterwerke aus Barock, Klassik und Romantik begeistert, der sollte sich noch vor dem Böllern am 31. Dezember um 21 Uhr auf den Weg zur Oberen Pfarre machen.

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© 2011 Andrea Wörlein - Design

Metamorphose eines Entleins Auch Ballettfans kommen am 25. Dezember um 16 Uhr in Bambergs Konzert-und Kongresshalle auf ihre Kosten. Wer kennt nicht den Tanz der vier kleinen Schwäne? Wer ist nicht gefangen von dem romantischen Zauber, der graziösen Eleganz, den atemberaubenden Sprüngen und innigen Pas de deux am Hofe der Königin oder dem verträumten Schwanensee? Dieses Ballett wird besonders geprägt durch höchste Anforderungen an die tänzerische Perfektion und die emotionale Ausstrahlung der Solisten und die atemberaubende Präzision des Corps de ballet in den Schwanen-Bildern am See. Es ist das Märchen eines Prinzen, der sich in Odette verliebt, die von dem Zauberer Rotbart in einen weißen Schwan verwandelt wurde. Und diese Liebe wird auf die Probe gestellt. Lyrisches und Tragisches, Festliches und Intimes in dem stimmungsvollen Ambiente der „weißen Bilder“ am See im Kontrast zu den prachtvollen und farbenfrohen Kostümen am Königshof verspricht einen abwechslungsreichen festlichen Abend des großen russischen klassischen Balletts. © 2011 Andrea Wörlein - Design

© 2011 Andrea Wörlein - Design

Ballett

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Stadtgespräche

Stadtgespräch... Bamberg kommt unter die Räder Der BAMBERGER hatte in seiner Frühlingsausgabe über die Folgen von Massentourismus und hohem Verkehrsaufkommen für die Stadt berichtet. Beschädigte Denkmäler, leidende Bürger, steigende Immobilienpreise und die Furcht von einer ICE-Trasse mitten durch die Stadt.

eine Monatsmiete zu bezahlen. In Hamburg sind es nur wenig mehr: 38,57. Damit ist die Hansestadt nach dieser Methode die teuerste deutsche Wohnstadt für Studenten. Rostock ist auf Platz 3, München auf Platz vier. Dort gibt es gutbezahlte Jobs für Studenten, das gleicht die hohen Mieten, zumindest im Durchschnitt, wieder aus.

Villa Geyerswörth leuchtet Nach dem Naturkundemuseum Bamberg 2007, der Kelleranlage Unterhaid 2011 und der Weyermann Malzfabrik 2012 ist wieder ein Gebäude im Raum Bamberg von Studenten der Hochschule Coburg ins rechte Licht gesetzt worden: die Villa Geyerswörth

Cartoon: Peter Einheuser

Foto: Frank Wunderatsch

Auch der Deutschlandfunk hat Anfang September dieses Thema unter dem Titel „Bamberg ist am Scheideweg“ aufgegriffen. Autor Carlo Schindhelms Urteil ist eindeutig: „Nach 20 Jahren Welterbeverleihung zieht am

werden. Die Hauptherausforderung für die Stadt wird in den nächsten Jahren der wuchernde Tourismus sein. Die Stadt wird daher einen Spagat leisten müssen: Das Erbe der Welt der Welt zu zeigen und die Besucher willkommen zu heißen, ist Sinn des Erbes. Die Altstadt zu einem touristischen Freizeitpark herunterkommen zu lassen, das ist die Gefahr. Die Stadt Bamberg wird sich also ernsthaft entscheiden müssen zwischen: „Lebenswerter Raum für Besucher und Bewohner“ oder „Gelddruckmaschine touristischen Gewinnstrebens“. Bamberg ist eine Stadt am Scheideweg.“

Horizont das Gespenst des Titelverlustes herauf. Die „Traumstadt der Deutschen“, das „Fränkische Rom“, die „Sieben-Hügel-Stadt“, das „Geschenk eines Jahrtausends“, das Alte Rathaus im Wasser, das Ensemble aus Dom, barocker Bischofsresidenz und mittelalterlicher Hofhaltung, die Fülle der Baudenkmäler in der ganzen Stadt. Bamberg ist ein faszinierendes Erbe, das für die Menschheit erhalten wurde. Der Welterbestatus, den die Stadt verliehen bekam, ist jedoch nicht in Stein gemeißelt. Der Titel kann jederzeit mit guten Gründen wieder entzogen

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Teures Wohnen Großes Erstaunen bei den einen, Bestätigung bei den anderen: In Bamberg zu wohnen, ist für Studenten richtig teuer. Die Stadt liegt auf Platz zwei in Deutschland. Das ist das Ergebnis einer Studie der Universität Maastricht. Dafür wurden mögliche erzielbare Studentenlöhne für Jobs in Relation gesetzt zu den Mietpreisen. Ein Durchschnittsstudent muss demnach in Bamberg 38,32 Stunden arbeiten, um

feierte Ende August 10 Jahre Sanierung und Umbau. Dazu wurde die Fassaden durch punktuelles Streiflicht illuminiert, die Architektur des Gebäudes in ihrer Struktur mit Licht&Schatten betont, das Eingangsportal durch Lichter inszeniert und Details im Garten beleuchtet. Insgesamt 800 Meter Kabel waren dazu verlegt und 80 Lichtpunkte gesetzt worden. Zwei Wochen lang war die Inszenierung dann jeden Abend zu bewundern.

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Stadtgespräche Frankentatort - Tatort Franken Der Bayerische Rundfunk hat nach einem langwierigen Ermittlungsverfahren endlich bekanntgegeben, wo er seine Heimat haben soll, der neuen Franken-Tatort: Nürnberg soll es sein. Vom Zentrum der Metropolregion aus wird also künftig regelmäßig am Sonntagabend ermittelt. Da half auch die große filmische Tradition Bambergs mit zahlreichen Produktionen in den letzten Jahren nichts. Nürnberg ist nun mal die fränkische Hauptstadt, außerdem ja auch Sitz des Studios Franken des Bayerischen Rundfunks. Zum Trost: Die Ermittler von der „Mordkommission Franken“ nehmen auch mal die A73 unter die Räder und machen sich auf den Weg nach Oberfranken. Gemordet wird schließlich überall. Und so verspricht Bettina Reitz, Fernsehdirektorin des Bayerischen Rundfunks, im BR-Blog: „Die neue Mordkommission wird frankenweit ermitteln. Die Vielfalt Frankens, der Charme der Regionen und die Unterschiedlichkeit der Charaktere bieten sehr viele Stoffideen und Erzählvarianten für einen Krimi. Diese Vielfalt wird den neuen Frankentatort inspirieren.“ Los geht’s aber auf jeden Fall im Großraum Nürnberg, Fürth und Erlangen. Im Frühjahr 2014.

Cannabis Social Club Die Bamberger Piraten wünschen sich einen Modellversuch zur Abgabe von Cannabis zur medizinischen Nutzung und als Genussmittel. Das sah ein entspre-

Abgesang Die Weltkulturerbestadt Bamberg hat ihrem Namen keine Ehre gemacht. Der Gebührenstreit um Straßenmusiker Moritz Rabe sorgte weit über die Grenzen Bambergs hinaus für Verwunderung. Bayernweite und nationale Medien freuten sich über das Thema zur richtigen Zeit - ein idealer Füller des Sommerlochs. Ein Straßenmusiker soll in Erzwingungshaft? Das kam nicht gut an, jeder liebt Gaukler, Sänger und Musikanten als belebenden Teil der Innenstädte. „Skuriller Streit“, „Stadtsänger droht Gefängnis“, von der Süddeutschen Zeitung bis zum BR griffen Journalisten das Thema auf. Auch wenn Moritz Rabe im Laufe der Jahre fast 4000 Euro Schulden bei der Stadt Bamberg angehäuft hat und die somit im Recht ist. Rabe hatte über viele Jahre seine 15€ Tagesgebühr für öffentliches Musizieren nicht entrichtet. In anderen Städten, auch größeren, ist das übrigens weit billiger. OB Starke zeigte dennoch Stärke gegenüber dem Straßenmusikanten: mit ihm gibt es keine Sonderbehandlung, betonte er. Oder doch? Plötzliches Einlenken machte es möglich: Eine Ratenzahlung soll es jetzt richten. Die Stadt Bamberg also wird ihr Geld bekommen, ob das allerdings reicht, um den immensen Imageschaden zu bezahlen?

Unterwasser-Rugby Der Rückblick auf das Fussball-EM-Halbfinale im letzten Jahr mit der Pleite gegen Italien schmerzt immer noch, aber immerhin haben die Unterwasser-Rugby-Spieler des Tauchclub Bamberg die Ehre wieder hergestellt. Ein großer Teil der 1. Mannschaft machte im Sommer Urlaub in der Toskana. Da kam ein Freundschaftsspiel gegen den italienischen Meister Firenze RS 01 gerade Recht. Im Costoli-Schwimmbad in Florenz gelang die Revanche für das Fußball-Aus gegen die Squadra Azzura. Gegen den konditionellen Vorteil der Bamberger hatten die Italiener nichts entgegenzusetzen.

chender Stadtratsantrag von Ende August vor. Die Partei hat dafür schon alles vorbereitet: ein Cannabis Social Club (CSC) soll an einem gesicherten Ort betrieben werden. Anbau, Ernte und Weiterverarbeitung des Cannabis erfolgt durch die (volljährigen) Mitglieder. Jedes Mitglied erhält höchstens ein Gramm pro Tag, darf aber bis zu 6 Gramm außerhalb des Clubs mit sich herumführen. Handel ist illegal. Aber immerhin räumen die Bamberger Piraten auch eine Alternative ein: Anbau und Abgabe wären auch durch die Gemeinde selbst oder über Apotheken denkbar.

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Eine junge Frau bittet um Unterstützung – und wir helfen gerne. Sie habe, schreibt sie auf einer Flirtline, am 13.9. im Zug nach Jena einen Mann kennengelernt, habe aber in Bamberg aussteigen müssen. Man habe sich nett unterhalten, er hat zwei Katzen, arbeitet in Bayern und hat eine „viel zu große Wohnung“ für sich alleine … am linken Daumen hatte er einen silbernen Ring, schwarze Sneaker an und eine grüne Jacke. Sie trug ein mintfarbenes Kleid, einen schwarzen Trenchcoat und braune Stiefel. Leider habe sie nicht die Zeit und den Mut gehabt, Nummern auszutauschen. Jetzt würde sie sich freuen, von ihm zu hören. Wir wünschen der Bambergerin dabei viel Glück, allerdings gibt es eine Aussage, die uns daran zweifeln lässt. Er sei, schreibt sie nämlich auch, neben ihr sitzend, „immer mal wieder eingeschlafen.“

Foto: Netfalls

Foto: Mike Le Dray

Flirtline

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Briefe

Briefe „Unser wunderschönes Bamberg“

Komplimente Zunächst einmal zitieren wir natürlich mit Freuden aus den vielen positiven Zuschriften. Till Mayer, selbst journalistisch tätig, kaufte sich eine Ausgabe vom BAMBERGER und schrieb uns gleich darauf: „Schick, schick. Freut mich, dass in meiner Heimatstadt der Blätterwald ein wenig mehr rauscht.“ Danke Till, wir bemühen uns auch weiterhin, nicht als laues Lüftchen durch Bambergs Straßen zu wehen. Und Sigi Hirsch ergänzte: „Super, das BAMBERGER Magazin. Weiter so, fällt wirklich aus dem Rahmen.“ Vanessa Geyer vom Hotel Villa Geyerswörth (die haben ein Frühlingsmenü für den BAMBERGER gezaubert) schrieb „Magazin sieht toll aus, vor allem die Bamberg Fotos und das Menü von unserem Herrn Gebhardt“ und auch von seitens des zweiten Restaurants, bei dem wir in die Kochtöpfe gucken durften (Eckerts), kam ein dickes Lob: „Das Heft ist

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ja toll geworden! Habe es auch gleich auf Facebook gepusht.“ so Matz Reichardt, zuständig fürs Marketing. Danke für die Unterstützung, das hilft uns – und freut uns natürlich. Inhaltlich gefielen neben den Stories aus und über Bamberg und Bamberger vor allem die vielen Fotos, einige Auszüge aus den dafür gewählten Begrifflichkeiten: „Nice shot“ (Andy Hümmer), „Geiles Bild“ (Johannes Schmittlein), „Gutes Bild“ (Michi Knoll), „Unser Wunderschönes Bamberg“ (Marco Largiu), oder schlicht und einfach „Super!“ (Maggie Bornhop).

Kritik Natürlich gefiel nicht allen alles. Gut so. Der Artikel „Bamberg kommt unter die Räder“ über den Verkehrskollaps in der Innenstadt ging manchen noch nicht weit genug, die Stadtgespräche stießen manchen sauer auf. Aber vor allem wurden wir dafür kritisiert, dass wir nicht Wort gehalten haben.

Foto: Frank Wunderatsch

Im Frühjahr erschien die erste Ausgabe von „BAMBERGER – DAS MAGAZIN“. Danach erreichten uns per Mail, über facebook (facebook.com/BambergerMagazin) und auch per Post einige Nachrichten von Erstlesern, von Pressestellen und von der Obrigkeit. Wir fassen das Wichtigste zusammen und kommentieren es bei Bedarf.

Exemplarisch dafür ein Kommentar von „Bamberg – Meine Stadt“: „Wie sieht es denn mit der nächsten Ausgabe aus? Ich warte schon seit Juni drauf?! Wann gibt es was Neues?!“ Ja, in der Tat, wir hatten Juni versprochen, jetzt ist es September. Entschuldigung. Gleichzeitig freuen wir uns, dass viele uns gleich schon vermisst haben. Das ist ja irgendwie auch ein Kompliment. Und deswegen gibt es den BAMBERGER ab jetzt wirklich alle drei Monate. Versprochen.

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Briefe

Foto: Erdosain

gerne dabei gewesen beim herzlichen get-together von Journaille und Politik und haben uns auch gefreut, als neues Bamberger Medium gleich eine Einladung zu erhalten, allein: es fehlte die Zeit. Vielleicht nächstes Mal.

Anfragen

Dann erreichte uns noch ein Brief von Wiebke Kana, Dipl.- Germ. (Univ.), zuständig für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit am Internationalen Künstlerhaus Villa Concordia: „Sehr geehrter Herr Hegen, am Wochenende kaufte ich den „Bamberger“ in der Bahnhofsbuchhandlung Bamberg, wo er mir erstmalig ins Auge sprang. Trotz mentaler Hürde gegenüber kommenden und gehenden Stadtmagazinen war ich nach meiner Lektüre im Zug froh, fürs Künstlerhaus noch die Erstausgabe erhalten zu haben:.mir fiel die Seite 54 „Zuschauen. Hören“ auf und ich möchte nicht versäumen, Ihnen

Der BAMBERGER stieß auch auf das Interesse zahlreicher Unternehmer und Unternehmen in der Region. Beispielhaft eine Mail von Christian Klemenz. Er ist kurz nach Erscheinen erstmalig auf den BAMBERGER aufmerksam geworden. „Vielleicht haben Sie schon von uns und unserem St. ERHARD Bier gehört oder gelesen. Wir sind ein junges StartUp-Unternehmen aus Bamberg und haben die neue Premium-Biermarke St. ERHARD entwickelt, welche wir als erste und einzige deutsche Biermarke überhaupt in Indien erfolgreich vermarkten.“ Klingt originell, und Christian Klemenz hat es mit seiner ungewöhnlichen Geschäftsidee ja auch schon bis ins Bayerische Fernsehen geschafft. Auch wir freuen uns über solche Zuschriften, über Ideen von Lesern und Unternehmern, auch wenn, das ist gutes Recht, Eigeninteresse dahintersteht. Aber wir haben leider nur 84 oder bald 100 Seiten Platz. Deswegen bitten wir um Verständnis, dass wir Anregungen gerne entgegen nehmen, aber als „Bamberger Lese- und Bilderbuch“ für Erwachsene genau auswählen, welche Geschichten wir ins Heft nehmen. Und zum Werbeblättchen wollen wir auch nicht verkommen. Cherif Cepamoa hat uns über Facebook einige seiner Zeichnungen geschickt. Der Franzose lebt seit mehreren Jahren in Bamberg und ist als Grafiker tätig. Vor allem Karikaturen haben es ihm angetan. Könnte also sein, dass seine politischen Cartoons auch mal im BAMBERGER zu sehen sind.

Kontakte 1 Wir wurden vom Oberbürgermeister eingeladen, im Anschluss an die letzte Vollsitzung des Stadtrates vor der Sommerpause am Mittwoch, den 24. Juli an einer Brotzeit und einem gemütlichen Beisammensein ins Bootshaus im Hain zu kommen, ein gemütlicher Kellerbesuch mit Stadträtinnen und Stadträten sowie Medienvertretern wie alljährlich im Sommer. Wir wären

das Internationale Künstlerhaus Villa Concordia als den Dritten im Bunde der großen Kulturinstitute aus öffentlichen Mitteln in Bamberg vorzustellen.“ Danke für diesen berechtigten Hinweis, natürlich fließen ab der nächsten Ausgabe auch interessante Veranstaltungen aus der Villa Concordia in unsere Veranstaltungshinweise mit ein. Und schön auch, dass wir kaum nach Erscheinen des BAMBERGER von der Bayerischen Staatsbibliothek in München höflich dazu aufgefordert wurden, jeweils zwei Exemplare des BAMBERGER für Archivzwecke zur Verfügung zu stellen. Einmal für die Staatsbibliothek selbst und einmal für eine fachlich oder regional zuständige Bibliothek. Der BAMBERGER findet also, kaum dass er das Licht der Welt erblickt hat, schon Eingang in das publizistische Erbe Bayerns – wie schön.

Kontakte 2 Mit-diskutieren unter facebook.com/BambergerMagazin oder email an leserbrief@das-magazin-verlag.de oder postalisch an Das Magazin Verlagsgesellschaft, Creidlitzer Straße 3a, 96482 Ahorn-Finkenau.

Cigarren-Dinner für Kenner & Genießer am 11. Oktober 2013 •• Drei-Gänge-Menü Begleitende Weine Erlesene Whiskys und Rums Feine Cigarren

Shuttle-Service /Übernachtung Reservierung erforderlich: info@cigar-aficionada.de

Cigar-Aficionada Feine Cigarren & Spirituosen Tabak Breithut . Markt 5 96450 Coburg Telefon 09561/92082 info@cigar-aficionada.de

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„Foto: Hamberger Flooring GmbH & Co. KG, Rosenheim“

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Inhalt

Von Christiane Schult Fotos: Frank Wunderatsch

Das Grauen

bleibt

Foto: yxlvfgvgb. München

„Manchmal kommen wir uns schon verloren vor“ „Manche Kollegen Denken noch Jahrelang an die Opfer“

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Das Grauen BleibT

Kriminalhauptkommissar Armin Dippold denkt noch heute an manche Opfer.

Es war im Oktober 2011. Ein Sonntag. Armin Dippold ist mit seiner Frau und den beiden Söhnen beim Basketball. Eben haben die Brose Baskets gewonnen. Da klingelt sein Handy. Die Leiche eines Neugeborenen sei gefunden worden, der Kommissariatsleiter müsse gleich zum Einsatzort. „Das werde ich nie vergessen. Ich weiß es noch, als ob es gestern gewesen wäre“ erklärt der 51jährige. Er ist als Leiter des Kriminalkommissariats unter anderem für ungeklärte Todesfälle zuständig. Im Landkreis Bamberg, nahe einer kleinen Gemeinde, wurden in einer Gebüschreihe mehrere Müllbeutel gefunden. Und dazwischen lag die winzige Leiche. „Da muss man schon mal schlucken, gerade wenn man eigene Kinder hat“ erinnert sich Dippold.

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ann jedoch laufe bei den Beamten eine Maschinerie ab, schildert er. „Man nimmt es wahr. Aber wir müssen alle Spuren sichern, den Fall abwickeln. Wir haben die Verantwortung bis hin zur angestrebten Verurteilung“. Dabei laufe nicht alles so geordnet und schön der Reihe nach ab, wie viele es aus TV-Serien kennen. Vielmehr ströme alles gleichzeitig auf die Sachbearbeiter ein. Gleich am nächsten Morgen habe die Obduktion stattgefunden. „An so was gewöhnt man sich natürlich. Aber wenn da so ein kleines Wesen auf dem Tisch liegt, das wie Abfall entsorgt wurde und jetzt von den Ärzten untersucht wird, ist das schon sehr heftig“. Das Baby war an Unterkühlung gestorben. Wie sich später herausstellen sollte, hatte die Mutter es im heimischen Badezimmer zur Welt gebracht und dann dort einfach liegen gelassen. „Sie war im Nebenzimmer und hat mit angehört, wie das Kind weinte. Stundenlang. Wie es schließlich nur noch wimmerte und dann irgendwann still war. Man muss sich das mal vorstellen. Und sie hat nicht reagiert“ sagt der Familienvater. „Da denke ich schon an meine Kinder. Ich war bei der Geburt meiner beiden Söhne dabei. Das versteht man als normaler Mensch nicht, warum jemand so was macht“. Dippold nimmt an der Beerdigung des Neugeborenen teil. Er berichtet von dem erschreckend kleinen Sarg, der in die Grube hinab gelassen wurde. „Ich habe hinunter geschaut und gedacht, für diesen kleinen Wurm, dieses Kind, kann ich nichts mehr tun. Aber ich werde alles daran setzen, den Täter zur Rechenschaft zu ziehen“ erzählt er. Nach einigen Wochen kommen die Beamten durch einen Zufall auf den Vater

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des Babies und erfahren den neuen Wohnort der Mutter. „Mich hat während der gesamten Ermittlungen immer wieder der Gedanke beschäftigt, wie kommt eine Mutter dazu, so was zu machen“ sagt Dippold. Als dann der Wohnort der Mutter bekannt ist, setzt er sich im Dezember 2011 selbst ins Auto, um die Frau im knapp 240 Kilometer entfernten Waiblingen festzunehmen. Er findet die Adresse. Klingelt an der Tür. Die wird von der gesuchten Frau geöffnet. „Als die Tür aufging durchzuckte es mich wie ein Blitz. Es war ein kleiner Schock für mich. Die Mutter war wieder hochschwanger und hatte doch gerade erst ein Baby entsorgt“ schildert Dippold die Ereignisse.

„Die Mutter war wieder hochschwanger und hatte doch gerade erst ein Baby entsorgt“ Kriminalhauptkommissar Armin Dippold Zu Hause versucht Dippold, wenig über solche Fälle zu sprechen. Lieber nimmt er sich nach Dienstschluss noch einige Minuten im stillen Büro, um in aller Ruhe die Ereignisse des Tages sacken zu lassen. Oder er spricht mit Kollegen über schwierige Einsätze, das hilft ihm auch, damit umzugehen. „Aber der Arbeitsablauf bestimmt die Bewältigung. Meist denke ich gar nicht groß darüber nach“ sagt er. Der Fall, der ihn am meisten in seiner 34jährigen Dienstzeit beschäftigt hat, sei der Tod von zwei Kollegen gewesen, so Dippold. Im Juni 2006 ruft die Dienststelle Hof die Bamberger Kollegen zur Unterstützung. Bereits kurz nach Hof kommt ein entgegenkommendes Fahrzeug von der Spur ab und prallte frontal mit dem zivilen Polizeifahrzeug zusammen. Zwei Kriminalbeamten im Alter von 41 und 50 Jahren sterben noch an der Unfallstelle, zwei werden lebensgefährlich verletzt. „Ich war gerade auf dem Weg von Bamberg nach Hof und bin wegen einem Unfall umgeleitet worden. Ich wusste nicht, dass es sich dabei um meine Kollegen handelt“, so Dippold. „Das hat mir die Füße weggezogen. Ich komme früh zum Dienst und erfahre, dass die Kollegen tot sind. Wir Mitglieder

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Das Grauen BleibT der Sonderkommission waren wie eine Familie, haben zig Gespräche geführt. Die beiden hatten kleine Kinder“ erinnert er sich. Es war kurz vor Weihnachten. Und er habe sich innerlich wie erstarrt und völlig gelähmt gefühlt. Damals habe auch kein Sport, keine Ablenkung geholfen. „Das war das einzige Mal, dass ich einen Polizeiseelsorger in Anspruch genommen habe“ erklärt Dippold.

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ie Kriminalpolizeiinspektion Bamberg ist für die Bereiche Stadt und Landkreis Bamberg, Forchheim und Ebermannstadt zuständig. Pro Jahr werden die Beamten zu etwa 180 Leichen gerufen, bundesdeutscher Durchschnitt, sagt der erste Kriminalhauptkommissar Stephan Christa, Leiter des Kriminaldauerdienstes. Gab es eine Fremdeinwirkung, dann geben die Beamten den Fall weiter an das Kriminalkommissariat. „Natürlich haben wir uns an die Leichen gewöhnt. Aber es gibt schon negative Highlights. Etwa Suizide. Wenn ein Mensch über mehrere Meter im Gleisbett verteilt ist, ist das schon schwierig“ sagt der 49jährige. Auch wenn bei Einsätzen Kinder betroffen sind, dann sind sie für die Polizisten emotional besonders schwer zu verkraften. Er berichtet von einem Fall, der gut vier Jahre her ist. Der 3-4jährige Sohn eines Hausmeisterehepaars spielt im Garten. Der dortige Teich ist etwa einen Meter hoch mit Draht umzäunt. Als ein Installateur kommt, lässt die Mutter den Jungen wenige Minuten alleine. Als sie zurückkommt, liegt er tot im Wasser. Er hatte seine kleine Schubkarre an den Zaun geschoben, ist darüber geklettert und im Teich ertrunken. „Das geht einem dann schon sehr nahe wenn man bei den Ermittlungen die Mutter erlebt“ schildert Christa. Sie steht unter Schock, wird im Klinikum behandelt und kann sich erst Tage später zu den Ereignissen äußern. „Wir dürfen uns vom Kummer der Menschen dennoch nicht anstecken lassen sondern müssen versuchen, unsere Arbeit zu machen.“ sagt Christa. Das sei für die Angehörigen oft schwer verständlich.

Er hatte seine kleine Schubkarre an den Zaun geschoben, ist darüber geklettert und im Teich ertrunken „Wir unterhalten uns mit Kollegen dann über solche belastenden Fälle. Das hilft bei der Verarbeitung“ erklärt Christa. In Bamberg hat die Polizei einen psychologischen Dienst, auf den die Beamten zurückgreifen können. Tatsächlich belegen Studien, dass bis zu knapp neun Prozent der bayerischen Polizisten eine posttraumatische Belastungsstörung entwickeln. Während es früher für die Beamten oft unmöglich war, offen über Probleme zu sprechen, hat sich in der letzten Zeit viel verändert. In München ist seit 10 Jahren der zentrale psychologische Dienst der Bayerischen Polizei angesiedelt. Foto: News5 / Haag Tote und Verletzte auf der Straße, bleibende Schäden bei Einsatzkräften: die Erinnerung quält oft ein Leben lang. (Unfallszene von Ende Mai bei Neustadt an der Aisch)

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Hans Peter Schmalzl ist stellvertretender Leiter des psychologischen Dienstes. Er berichtet von 850 Fällen in ganz Bayern, die teils auch direkt in den einzelnen Präsidien von dort stationierten Sozialpädagogen betreut werden. Jeder Polizeibeamte mit einem Führungsdienstgrad ist in ein besonderes Betreuungskonzept eingewiesen und wurde in speziellen Seminaren dafür sensibilisiert, Probleme zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Schmalzl spricht von einer Fürsorgepflicht der Vorgesetz-

nehmen, dem nachgehen“. Oft helfe es in einem solchen Fall schon, wenn die Betroffenen für einige Monate innerhalb der Dienststelle versetzt werden und vorübergehend andere Aufgaben bekämen. „Mittlerweile habe ich die Einstellung, man sollte froh sein über jeden Tag an dem es einem selbst und der Familie gut geht. Es kann so schnell was passieren“ sagt Christa. Vor einigen Jahren etwa habe sich ein Rentner beim Holz-machen im Wald mit der Motorsäge ins Bein geschnitten. Er spürte kaum

Erster Kriminalhauptkommissar Stephan Christa

Kriminalhauptkommissar Gerhard Bessler.

ten. Aber auch das soziale Nahfeld, Freunde und Familie, sei enorm wichtig. So könnten potentiell traumatische Ereignisse in der Regel gut verarbeitet werden. Selbst leistet der Dienst übrigens keine Psychotherapie. Er dient als erste Anlaufstelle und vermittelt dann weiter zu Fachleuten vor Ort.

Schmerzen und hielt die Verletzung für gering. Der Mann fuhr mit dem Traktor nach Hause. Dann stieg er aus und fiel tot um. „Im Traktor stand das Blut zentimeterhoch. Der Kreislauf hatte einfach zu wenig Blut übrig, um weiter zu funktionieren. Seither bin ich viel vorsichtiger, wenn ich selber Holz mache“ erklärt Christa.

Auch Stephan Christa hat an Seminaren teilgenommen. „Wenn ein Kollege sagt, er könne keine Leichen mehr sehen, dann muss ich als Leiter das ernst

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„Wenn man sich mit 16 Jahren entscheidet, zur Polizei zu gehen, dann kann man die Realität gar nicht

überblicken. Man sieht die Hubschrauber, die Uniform und die Motorräder“ sagt Gerhard Bessler. Der Kriminalhauptkommissar ist seit 33 Jahren dabei und erinnert sich auch besonders an den Fall des weggeworfenen Neugeborenen. „Ich kam zur Nachtschicht und musste die Kollegen unterstützen, sie da rauslösen“. Wenn Kinder beteiligt sind, dann geht es ihm am nächsten, erklärt der fünffache Vater. „Ich denke schon mal darüber nach,

ob ich genug Zeit mit meinen Kindern verbringe“, grübelt er. Kürzlich wird Gerhard Bessler zu einem Suizid gerufen, muss der Mutter die Todesnachricht überbringen. Ihr 16jähriger Sohn, der in einer Wohngemeinschaft lebte, hatte sich mit einem Messer selbst tödlich verletzt. „Ich hatte die Mutter fast eine Stunde lang im Arm, bis ein Pfarrer und Angehörige kamen. Es war sonst niemand da“. Die Trauer sei ihm sehr nahe gegangen und auch nicht so einfach mit Dienstschluss abzustreifen. Ihm hilft

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es bei solchen emotionalen Belastungen, mit den Kollegen darüber zu sprechen, das sei am effektivsten. Denn viele hätten Ähnliches schon erlebt und könnten gut Verständnis aufbringen. Mit nach Hause nehme er wenig von der Arbeit. Wohl niemals vergessen wird er seine erste Leiche. Daran erinnert er sich auch nach Jahrzehnten noch genau. Bessler war neu in Bamberg und wurde als Sachbearbeiter zu einem Motorradunfall gerufen. Ein Sanitäter wusste, dass er ein Neuling ist und zeigt ihm den verstorbenen Fahrer, der im Straßengraben lag. „Ich hatte meine 12-stündige Nachtschicht gerade angetreten, aber war eigentlich gar nicht mehr anwesend. An der Brotzeit konnte ich auch nicht mehr teilnehmen“ erinnert er sich.

„Ich habe schon öfters mal darüber nachgedacht, was anderes zu machen. Krankenpfleger zum Beispiel“ so Bessler. Inzwischen jedoch, sagt er, sehe er mehr den positiven Aspekt seines Jobs, nämlich anderen Menschen mit seiner Arbeit helfen zu können.

Kriminalhauptkommissar Armin Dippold

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Foto: Val Thoermer

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Erinnerungen an einen Sommer Fotos von Val Thoermer

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Illustration Johanna Springer

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Eine Insel mit zwei Bergen...

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...und dem Eisenbahnverkehr

Kommt er, oder kommt er nicht, oder wann kommt er? Klappt das rechtzeitig mit dem Umsteigen? Sind meine Plätze reserviert? Wie bekomme ich nur mein schweres Gepäck die Stufen hoch? Funktioniert der Fahrkartenautomat? Und wenn ich eine Frage habe, ist dann jemand für mich da? Und überhaupt – dieser heruntergekommene Bahnhof. Das geht ja gar nicht.

„Eine

Insel

Mit Zwei Bergen“

Das Leiden

Mit dem Eisenbahnverkehr artikel von Wolfram Hegen

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„Der deutschlandweite Fernverkehr der deutschen Bahn ist immer noch eine Katastrophe“

Deutschland hat zwei oder ein paar mehr Berge, das tiefe weite Meer ist auch da mit vielen schönen Stränden. Und es gibt Tunnels und Gleise, auf oder in denen fahren Züge. Die Lokomotivführer heißen auch mal Lukas und die eine oder andere Lok vielleicht sogar Emma. Aber Deutschland ist eben keine Insel, und Bahnfahren eben auch kein Kinderbuch, sondern knallhartes Geschäft: 2 Milliarden Passagiere jährlich, so viele wie nie zuvor, sind mit ICE und Co unterwegs und spülen 1,5 Milliarden Euro Gewinn in die Kassen des Staatskonzerns. Die Bahn ist damit wirklich eine Erfolgsgeschichte. Ähnlich wie Michael Endes Kinderbuch. Die Bahn aber feiert ihre wirtschaftlichen Erfolge auf Kosten ihrer Kunden. Der Zustand der Bahnhöfe, die Selbstgefälligkeit der Bahn bei der Streckenplanung, vor allem aber die Unpünktlichkeit im Fernverkehr raubt vielen Passagieren den Nerv. Bahnfahren ist zur Glückssache geworden. Nicht hinnehmbar für Geschäftsleute auf dem Weg zum nächsten Termin, Touristen, die ihren Flug erreichen müssen, Pendler auf dem Weg zur Arbeit. Aber Hauptsache, der Gewinn stimmt.

Illustration: Johanna Springer

„Der deutschlandweite Fernverkehr der deutschen Bahn ist immer noch eine Katastrophe“ sagt Gerd Weibelzahl aus Grub am Forst vom Landesverband Bayern des VCD, des Verkehrsclub Deutschland. Und die Zahlen sprechen wirklich nicht für die Bahn: Nur knapp 80% aller Züge im Fernverkehr kommen pünktlich an ihr Ziel. Von 20 000 Fernzügen jeden Monat sind also 4000 zu spät. Und eigentlich sind es weit mehr: bei der Bahn heißt pünktlich, um weniger als 6 bzw. 16 Minuten nach der eigentlichen Zeit. Weibelzahl geht daher auch eher

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Vom Bahnsteig zur Eingangshalle. Der Coburger Bahnhof kennt nur Treppen

von 70% Pünktlichkeit auf den Fernstrecken im über 33000 Kilometer langen Schienennetz der Bahn aus. Aber ob nur 6 oder 16 Minuten: da kann der Anschlusszug schon lange weg sein. Kleine Pfeile bewegen sich auf Linien zwischen Punkten hin und her. An manchen Punkten laufen mehrere Linien zusammen. Manche Pfeile haben bunte Kreise um sich herum. Je röter der Kreis, desto größer die Verspätung. Der Zugmonitor der Süddeutschen Zeitung zeigt seit 2011, wo in Deutschland welcher Fernzug wie viel zu spät ist. Besonders bunt wird es auf der Karte immer am Abend. „Je später die Fahrt, desto wahrscheinlicher und größer die Verspätung“ so die SZ. Frühmorgens ist man noch gut dran, aber um Mitternacht sollte man lieber gleich mehr Zeit mit einplanen, bevor Fahrplan und Realität in den Morgenstunden wieder deckungsgleich werden.

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s ist eben ein sensibles System, das Streckennetz der Deutschen Bahn. Ein System, das sich über den Tag immer mehr aufschaukelt: eine Verspätung erzeugt weitere Verspätungen. Und jede von denen sorgt wieder für Verspätungen. So geht das bis Mitternacht. Züge müssen auf verspätete Züge warten, weil sie auf eingleisigen Strecken unterwegs sind, Züge müssen auf verspätete Züge warten, weil Fahrgäste gerne umsteigen möchten. Dadurch können sie selbst nicht rechtzeitig abfahren. Das System ist aus dem Takt. Bis zu 800 Baustellen im Netz, Zugpannen, Hindernisse auf der Strecke oder der sogenannte Mischverkehr – langsamere Regionalbahnen und schnelle Fernzüge auf einem Streckennetz – der erste Dominostein fällt schnell. Und die Bahn selbst hat sich damit abgefunden und ist schon stolz, wenn man mal, wie um die Jahreswende 2012/2013, auf 90 Prozent Pünktlichkeit kommt. Gut 80 seien aber doch auch ganz ok, fügt man hinzu. Die Verantwortlichen reagieren eher mit Imagekosmetik wie mit dem neuen Zugradar, das ähnlich wie die SZ zeigt, wo welche Züge wann fahren. Oder eine Pünktlichkeits-App, die im Herbst auf den Markt kommen soll. Die informiert die Bahnreisenden dann auf dem Smartphone über ihre Verbindungen. Wann kommt der Zug, wann fährt er, wie viele Minuten zu spät ist er dran. Ein Offenbarungseid. Der Verkehrsservice fürs Zugfahren. Dabei fährt man doch auch mit der Bahn, weil man zuverlässiger ankommen möchte als mit dem staugefährdeten Auto, oder? Ach ja, übrigens: auf großen Bahnhöfen gibt es dann auch Bahn-App-Guides. Das waren mal Gleisbauer, die jetzt zu Beratern umgeschult werden, wenn die App mal nicht geht. Dabei wäre doch Gleise bauen eine der möglichen Lösungen für mehr Pünktlichkeit. Die meisten Strecken in Deutschland bis auf die Hochgeschwindigkeitstrassen sind heute eingleisig, alleine im Gebiet der ehemaligen DDR sind die meisten zweigleisigen Strecken zurückgebaut worden. Begegnungsverkehr geht nicht, nur in Bahnhöfen oder bei Ausweichstellen. Überholen oder Ausweichen im Pannenfall –unmöglich. Der Mischverkehr von schnellen und langsamen Zügen auf eingleisigen Strecken macht unflexibel. Diese mangelnde Infrastruktur trifft auf täglich fast 40 000 Züge. Das Netz der Deutschen Bahn ist rappelvoll. Aber während Autobahnen ausgebaut werden, damit man auch in Zukunft zügig unterwegs sein kann, passiert im Streckennetz der Deutschen Bahn nahezu gar nichts: Deutschland investiert in das Bahnnetz gerade mal so viel wie Slowenien. 4 Milliarden Euro pro Jahr. Das meiste Geld wird in den neuen Stuttgarter Bahnhof und die ICE-Verbindung zwischen Nürnberg und Erfurt verbuddelt. Ansonsten wird, so gut es eben geht, gewartet und instand gehalten. Für noch

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Foto: Val Thoermer Foto: Frank Wunderatsch

Dem Eisenbahnverkehr ...und dem

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Oben: Radfahrer und das Abstellverbot im Bahnhof Unten: Behindertentoilette zugestellt.

Oben: Das Tor zu Bamberg: Haupteingang des Bahnhofs. Unten: Nebengleis mit Unkraut.

als mit der Bahn. Einziger Nachteil: bei Fernbussen bekommt man bei Verspätungen kein Geld zurück. Bei der Bahn sind dagegen schon einige Millionen zusammengekommen, 25% bekommen Fahrgäste auf den Fahrpreis zurück, wenn sich die Bahn länger als eine Stunde verspätet. Und wenn die Bahn sagt, dass sie es kann, weil der Regionalverkehr ja zu 95% pünktlich ist, dann ist

Fotos: Val Thoermer

Fotos: Frank Wunderatsch

Fotos: Val Thoermer

Fotos: Frank Wunderatsch

„Die Bahn ist ja quasi ein Staat im Staate. Dort kümmert man sich nicht um politische Vorgaben“

einmal 4 Milliarden Euro. Doch das ist zu wenig, damit die Bahn ihre Geschwindigkeitsversprechen einhalten kann. So sind ausgerechnet die schnellsten Verbindungen die langsamsten. Länder ohne ICE, das zeigt auch der Zugmonitor der SZ, zeigen keine roten Punkte. Lieber mit Eurocity oder IC als mit dem ICE. Oder gleich mit dem Fernbus über ausgebaute Autobahnen. Das ist auch wesentlich billiger, und möglicherweise auch nicht langsamer

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Lieber mit Eurocity oder IC als mit dem ICE. Oder gleich mit dem Fernbus über ausgebaute Autobahnen.

das reine Statistik. Der Dominoeffekt von Langstrecken nämlich fällt bei kurzen Verbindungen fast weg. Mit Hilfe des Regionalverkehrs redet die Bahn auch ihre Gesamtbilanz schön: 2012 seien 94,6% aller Züge „pünktlich“ gewesen, heißt es seitens des Staatskonzerns. In diese Zahlen fließen neben den 20 000 Fernzügen ja auch die 780 000 monatlichen Fahrten inklusive aller S-Bahnen ein, inklusive aller Haltepunkte. Und weil sich im Regionalverkehr nicht so leicht Verspätungen aufschaukeln können, ist jeder Haltepunkt mehr ein Argument für die Pünktlichkeit der Deutschen Bahn.

Dass der Regionalverkehr ja zu 95% pünktlich sei, ist reine Statistik.

Fotos: Frank Wunderatsch

„Die Bahn ist ja quasi ein Staat im Staate. Dort kümmert man sich nicht um politische Vorgaben. Das war ein struktureller Fehler der Bahnreform. Die machen alles im Fernverkehr eigenwirtschaftlich ohne Abstimmung mit der Politik. Das

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Links: Wohin mit den Fahrrädern am Bahnhof?

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Die Werrabahn wäre die ideale Anbindung der ICE-Strecke Hamburg-München an die ICE-Strecke Berlin-München.

gibt es keine Zielvorgaben, denen sich die Bahn stellen muss. Es ist nicht definiert, was den Menschen dient. Es zählt alleine der Gewinn.“ Gerd Weibelzahl findet deutliche Worte, wenn er über die Ursachen der Probleme spricht (das ausführliche Interview gleich im Anschluss an diesen Bericht). Der Mann aus Grub am Forst im Landkreis Coburg weiß, wovon er spricht, seit 1996 ist er nah dran am Bahngeschehen: als Angestellter der Darmstadt-Dieburger Nahverkehrsorganisation und seit 1990 als Mitglied im Verkehrsclub Deutschland und heute Beisitzer im Landesverband Bayern. Weibelzahl kämpft für mehr und bessere Bahnverbindungen, für einen Ausbau der Netze statt dem weiteren Abbau. Er fährt viel mit dem Zug, liebt das Bahnfahren und kritisiert die Politik für ihr fehlendes Engagement für den Bahnverkehr. An einem kleinen Beispiel nämlich zeigt sich, warum es mit dem notwendigen Ausbau der Netze nicht vorwärts geht, mit zusätzlichen Verbindungen, mit zweiten Gleisen, um für mehr Zuverlässigkeit im Bahnverkehr zu sorgen.

Foto:BIGSTOCK

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Oben: Der ICE soll durch Bamberg fahren.

eibelzahl ist seit 2004 ein glühender Verfechter der Werrabahn. Die führte bis zum 2. Weltkrieg von Eisenach nach Lichtenfels, verband Nordbayern mit Thüringen. Doch mit der deutschen Teilung verschwand die Strecke, die Gleise wurden zwischen Coburg und dem südthüringischen Eisfeld abgebaut. Diese Lücke soll jetzt wieder geschlossen werden, wenn es nach Weibelzahl geht, nach Vertretern der Wirtschaft in Oberfranken und Thüringen, nach Gemeinden in Thüringen, nach der FDP, nach den Grünen, nach dem Coburger Stadtrat, nach dem Coburger Kreistag, nach einem Gutachten, das bei allen handwerklichen Fehlern keinen Zweifel am Sinn der Trasse lässt. Mit etwa 70 Millionen Euro wäre das möglich gewesen. Das wusste man schon 2009. Doch die Zeit für das Projekt läuft ab und es tut sich nichts. Einige Dutzend Bürger auf oder an der ehemaligen Strecke, ein cleverer Gemeinderat der kleinen Gemeinde Lautertal im Landkreis Coburg, der flugs Bebauungspläne für die Trasse aufstellte, und ein Landrat, der den Befürwortern eine „menschenverachtende Politik“ unterstellt, stehen auf der einen Seite, das Gemeinwohl von über 100 000 Menschen in Stadt und Landkreis Coburg und in den angrenzenden Städten und Landkreisen auf südthüringer und oberfränkischer Seite auf der anderen.

Der Weg aus Nordbayern nach Norddeutschland würde nicht über Umwege führen, sondern direkt. Die Menschen vor Ort haben Angst um ihre Häuser und ihre Grundstücke, um die Ruhe im Lautertal. Eine neue alte Trasse würde bis zu 20 Güterzüge und stündlich einen Personenzug täglich durch das Lautertal führen. Damit wäre Lautertal zwar weniger belastet als andere Gemeinden, aber eben mehr als jetzt.

Oben und unten: Die Neubaustrecke der Bahn in Oberfranken.

Doch die Befürworter geben nicht auf, weil sie an die großen Chancen durch die Werrabahn glauben und hoffen, dass auch die Bahn sich davon überzeugen lässt: die Werrabahn wäre die ideale Anbindung der ICE-Strecke Hamburg-München an die ICE-Strecke Berlin-München. Das würde Ausweichmöglichkeiten schaffen, wenn eben mal ein Zug liegenbleibt, Baustellen für Verzögerungen sorgen und sich dadurch Verspätungen gegenseitig hochschaukeln. Güterzüge könnten die Strecke als Umleitung benutzen. Der Weg aus Nordbayern nach Norddeutschland würde nicht über Umwege führen, sondern direkt. Für Güterzüge von Unternehmen aus der Region, für die Menschen aus der Region.

Fotos rechts und darüber: Val Thoermer

Die Bahn kommt also auch zu spät, weil neue regionale Trassen nicht gebaut werden, sondern nur in Fernstrecken und Vorzeigeprojekte investiert wird. Unterdessen steigen die Fahrgastzahlen, eigentlich müssen mehr Züge rollen, die Probleme werden zunehmen. Geld zum investieren ist da, darüber aber freut sich der Finanzminister. Und der braucht das ja auch ganz dringend. Aber die Hoffnung stirbt ja zuletzt. Und Deutschland ist eine Insel.

Rechts: Der Regionalexpress hält in Bamberg

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Foto: Frank Wunderatsch

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Bahnsinn

Ein Kommentar von Wolfram Hegen

Die Bahn kommt … nicht. 4000 Schnellzüge der Bahn haben ihren Namen nicht verdient. Monat für Monat. Jahr für Jahr. Sie stehen an Baustellen, müssen Gegenverkehr abwarten, auf verspätete Züge warten. Bahnfahren ist zum Lotteriespiel verkommen. Und die Bahn selbst gibt sich damit zufrieden. Wenn gut 80% aller Fernzüge pünktlich sind, heißt es, dann kann man damit leben, 100 Prozent sind ohnehin nicht machbar. Das ist mehr als ein Offenbarungseid. Das ist die Kapitulation vor der eigenen Unfähigkeit. Und das nur möglich, weil die Bahn trotzdem Jahr für Jahr ihr eigentliches Ziel mehr als übertrifft. Rekorde meldet. Milliarden an Fahrgästen und Unternehmensgewinnen. Die braucht der Staat und nimmt sie gerne. Wie es um das Image der Bahn bestellt ist, wie es sein kann, dass in einem Großbahnhof tagelang Verbindungen ausfallen, weil Personal fehlt, wie sich Menschen in einem Zug fühlen, der so hoffnungslos überfüllt ist, wie man es nur aus Entwicklungsländern zu kennen glaubt, das alles spielt keine Rolle, solange die Kasse stimmt. Nicht jeder kann die Bahn abstrafen, in dem er sich einen Mietwagen leiht, auf Fernbusse umsteigt, mit dem Flugzeug reist. Das Abstrafen wäre Aufgabe der Politik. Aber die hat sich mit der Privatisierung der Bahn 1994 aus dem Geschäft zurückgezogen. Damals fusionierte die Deutsche Reichsbahn mit der Deutschen Bundesbahn. Das Ziel damals: Mehr Verkehr auf die Schiene. Seither ist die Bahn ein privatrechtlich organisiertes Staatsunternehmen. Alle Anteile der Aktiengesellschaft hält die Bundesrepublik Deutschland. Ein Staatskonzern. Ein Moloch mit 300000 Mitarbeitern und einer Bilanzsumme von über 50 Milliarden Euro. Ohne Zweifel: Es ist gut, dass der Staat sich nicht mehr einmischt in das alltägliche Geschäft. Dass er das nicht kann, zeigen die Zahlen aus dem letzten Jahr vor der Privatisierung: Fast 8 Milliarden Euro Verluste fuhr die Bahn damals 1993 ein. Alleine die Personalkosten lagen schon höher als der Umsatz. Das konnte nicht mehr lange gutgehen und das kann auch niemand mehr wollen. Aber Führung müsste der Staat schon zeigen. Immerhin gehört ihm die Bahn, und immerhin zahlt er für den Nahverkehr und für den Erhalt und Ausbau der Infrastruktur alljährlich viele Milliarden. Das tut er, weil die Bahn eben nicht nur ein Unternehmen ist, sondern auch eine gesellschaftliche Aufgabe hat: Regionen zu erschließen, Mobilität zu garantieren. Dass sie das privatwirtschaftlich

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tut, ändert nichts daran, dass sie im Auftrag des Staates unterwegs ist. Der aber hat Geschmack an den Milliarden gefunden, die von der Bahn zurückfließen. Geld stinkt nicht. Und vergisst darüber, dass es eigentlich Euros sind, die wieder den Menschen zugutekommen müssten. Sie sind es, die mit überfüllten Bahnen fahren müssen, an Bahnhöfen warten, zu spät kommen. Und dafür auch noch ganz ordentlich bezahlen. Gewinne sollten aber wieder investiert werden, das weiß jeder Unternehmer, der Staat ist aber keiner, der braucht das Geld für seinen Finanzhaushalt. Die Millionen und Milliarden, die von der Bahn erwirtschaftet werden, sollten aber in den Ausbau bestehender Strecken fließen. Viele Strecken werden im Mischbetrieb von langsameren Regionalbahnen und schnellen Fernzügen befahren, ein Grund für viele Verspätungen. Sie sollten in neue Trassen investiert werden. Man sollte dafür neue Züge kaufen, wie es ja teilweise auch schon geschieht. Man könnte mehr Strecken elektrifizieren, das macht die Züge im Durchschnitt schneller, weil einer Diesellok am Berg schon mal die Puste ausgeht, während die E-Lok einfach mehr Saft aus der Oberleitung zieht. Dann wären 100% Pünktlichkeit schon drin. Außerdem würde die Bahn damit zum Vorbild in Sachen Elektromobilität. Mit Pünktlichkeit und einem guten Image müsste die Deutsche Bahn nicht kapitulieren. Stattdessen werden 500 Gleisbauer zu Bahn-App-Guides umgeschult. Sie sollen Bahnreisende unterstützen, die mit der neuen Pünktlichkeits-App der Deutschen Bahn nicht zurechtkommen, die es ab Herbst für jedes Smartphone geben soll. Das zeigt, wohin die Reise für die Bahn gehen soll: Die Zustände akzeptieren und mit ein paar netten Servicegimmicks überspielen. Verpackung statt Inhalt. So weiß man in Zukunft wenigstens vorher, dass man nachher zu spät kommt. Aber eigentlich wollen Bahnreisende, ob privat oder geschäftlich, einfach nur, dass sie oder ihre Güter pünktlich und sicher am Ziel ankommen. Dafür sollte die Bahn Sorge tragen. Lieber also weniger Gewinn für Vater Staat, lieber mal auf ein Geschwindigkeitsversprechen verzichten und Puffer schaffen, mit denen sich Verspätungen abbauen ließen, lieber in das Netz investieren, in neue Gleise, neue Strecken. Dann würde man auch dem eigentlichen Ziel der Bahnreform von vor fast 20 Jahren näher kommen als bisher geschehen: „Mehr Verkehr auf die Schiene“ hieß das und nicht „Mehr Geld in die Kassen“.

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Die Bahn kommt . . . . . . . . nicht Fragen an Gerd Weibelzahl vom Verkehrsclub Deutschland Jeder fünfte Zug kommt zu spät, manche auch gar nicht. Viele Bahnhöfe sind in einem schlechten Zustand. Wolfram Hegen dazu im Gespräch mit einem, der das Bahngeschehen seit vielen Jahren kritisch begleitet, Gerd Weibelzahl, der zwar in Darmstadt den Öffentlichen Personennahverkehr organisiert, aber immer noch in Oberfranken lebt.

Gerd Weibelzahl

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Was läuft denn bei der Bahn aus Ihrer Sicht grundsätzlich falsch?

Gerd Weibelzahl Die Bahn ist ja quasi ein Staat im Staate. Dort kümmert man sich nicht um politische Vorgaben. Das war ein struktureller Fehler der Bahnreform. Die machen alles eigenwirtschaftlich ohne Abstimmung mit der Politik. Das gibt es keine Zielvorgaben, keine verkehrstechnischen Verpflichtungen, denen sich die Bahn stellen muss. Es ist nicht definiert, was den Menschen dient. Es zählt alleine der Gewinn. Und der fließt ja reichlich. 500 Millionen. Da hat sich Schäuble richtig gefreut. Dabei sollte man das Geld lieber in die Bahn reinvestieren. Aber die DB will ja ihr Netz nicht hergeben, mit dem sie ja den großen Reibach macht. Und selbst investiert man halt fast nichts von der halben Milliarde. Vor allem im Fernverkehr hat die Bahn dadurch nach wie vor große Probleme. Man sollte das Netz selbst lieber verstaatlichen, ähnlich wie im Straßenverkehr. Was läuft denn auf der Straße besser? 2 Gerd Weibelzahl Es werden einfach viel mehr Straßen gebaut, viele Schienenverbindungen sind dagegen abgebaut worden. Und das geht seit Jahrzehnten: seit dem 2. Weltkrieg wurde das Straßenverkehrssystem in außerordentlicher Weise ausgebaut und das Eisenbahnsystem zurück gebaut. Diese Entwicklung ist das Ergebnis bewusster politischer Entscheidung, v.a. der Beurteilung des öffentlichen Verkehrs aus betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten und des Autoverkehrs aus volks-

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wirtschaftlichen Gesichtspunkten. So wird der öffentliche Verkehr von der Politik immer noch häufig aus Kostengesichtspunkten betrachtet, während der Ausbau des Straßenverkehrs mit der Argumentation der gesellschaftlichen Wohlfahrt forciert wird. Diese Sichtweise führte dazu, dass zwischen zwei Orten eher eine Straße ausgebaut wurde als eine Schienenstrecke. Für die Lokalpolitiker waren solche Entscheidungen auch bequem. Da der Straßenbau nicht aus der kommunalen Kasse zu finanzieren war, konnte und kann man den Ausbau immer fordern, da man dafür nichts bezahlen muss. Hingegen ist für den Ausbau des ÖPNV immer die Investition von Geldmitteln aus der kommunalen Kasse notwendig. Ausgehend aus diesem grundlegenden Problem sind überall Bahnlinien stillgelegt worden. Viele der Bahnlinien, die von unseren Ahnen noch mit großer Initiative gebaut wurden, sind inzwischen nur noch aus Geschichtsbüchern nachzuvollziehen. Durch diese falschen Entscheidungen wurde im hohen Maße Volksvermögen vernichtet.

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Sind dann die Fahrten mit dem ICE heute ja mehr eine Lotterie als ein sicherer Weg, pünktlich anzukommen?

Gerd Weibelzahl Ja, der deutschlandweite Fernverkehr der Bahn ist eine Katastrophe. Da will die Bahn am liebsten die zehn Minuten über mögliche zukünftige ICE-Halte wie zum Beispiel in Coburg nicht verlieren, kommt aber in der Realität ohnehin nie pünktlich. Die Quote liegt gerade mal bei 70%. Wenn man zum Beispiel ehrlich ist, kommt von Oberfranken aus im Norden Deutschlands, zum Beispiel in Hamburg oft eine Stunde später an, weil man den Anschlusszug in Würzburg verpasst. Das liegt natürlich auch an der Anfälligkeit des Fernverkehrs. Wenn dort mal eine Baustelle ist, eine Störung, dann wirkt sich das gleich extrem auf das ganze Netz aus, auf Anschlusszüge, Gegenverkehr. Das bringt dann natürlich gleich das ganze System ins Wanken. Zwar hat sich die Verspätungsthematik schon verbessert, muss man sagen, das sieht man auf der Linie Nürnberg-Bamberg-Lichtenfels-Jena. Die neuen Züge können auf den Strecken schon auch einiges raus holen, wenn sie mal hinten dran sind.

Dafür, dass wir in der Region vor allem eingleisige Strecken haben, funktioniert das noch relativ gut. Aber man bräuchte halt zweite Gleise, dann hätte man mehr Möglichkeiten und könnte sicherer pünktlich abfahren und ankommen..

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as heißt, man müsste die Infrastruktur D ausbauen?

Gerd Weibelzahl Das klingt gut, die Realität aber sieht anders aus: Wir investieren in Deutschland in das Bahnnetz gerade mal soviel wie Slowenien. 4 Milliarden Euro. Und das Geld fließt nur in die ICE-Trasse Nürnberg Erfurt und nach Stuttgart, die beiden Projekte fressen ja fast das ganze Geld auf. Sonst tut sich doch nichts. Elektrifizierungen dauern ewig, das Netz ist veraltet, viele eingleisige Streckenabschnitte werden leicht zu Sackgassen, wenn es mal Probleme gibt.

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Wie könnte es denn laufen?

Gerd Weibelzahl Das sehen wir ja seit ein paar Jahren. Bei den Kurzstrecken läuft ja schon sehr viel besser. Auch die Region hier hat erheblich von der Zuständigkeit der Ländern profitiert. Heute fahren Regionalexpresszüge stündlich umsteigefrei. Die Züge sind neu, mit moderner Technik, anderen Fahrwerken, sind leise.

Tagesrandlagen heiSSt früh um 6 Uhr und abends um 22 Uhr.

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...und dem Eisenbahnverkehr

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Aber die Bahnhöfe sind doch eher abschreckend? Der Zustand einiger lokaler Bahnhöfe ist besorgniserregend.

Gerd Weibelzahl Da frage ich mich auch, wo das Geld hingeht. Die zuständige DB Station & Service kassiert ja für jeden Halt Geld. Jetzt, wo auch hier in der Region wieder mehr Züge fahren, kommt da auch mehr zusammen. Für einen kleinen Provinzbahnhof sind das ja schon 100 000 Euro im Jahr, für Bamberg bekommt die Bahn weit mehr. Für soviel Geld kann man sicherlich mehr bezahlen als nur den Winterdienst. Aus meiner Sicht werden öffentliche Mittel aber sinnlos für Infrastrukturgesellschaften ausgegeben, die den Bahnhöfen dann fehlen. Dann ist der Bahnhof versifft, dann fahren weniger mit. Drastisches Beispiel ist zum Beispiel Ebing im Landkreis Bamberg. Also viele Bahnhöfe könnten wirklich sauberer, moderner, ordentlicher sein, mehr Service bieten. Aber oft tut sich nichts. Auch die Kommunen könnten da mehr Druck machen.

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angeschlossen. Doch ein paar Leute in Lautertal verhindern ein Projekt und die Politik lässt sich von ihnen instrumentalisieren. So gibt es bis heute nicht einmal ein Raumordnungsverfahren. Normalerweise wären wir schon mit der Planung fertig, aber Einzelinteressen gehen hier anscheinend vor Gemeinwohl.

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Warum ist Ihnen die Werrabahn so wichtig?

Gerd Weibelzahl Sie würde Fahrgastpotential aus Südthüringen nach Oberfranken transportieren und damit einen regelmäßigen Halt in Coburg wahrscheinlicher machen. Und sie wäre auch für die Bahn interessant. Die hätte dadurch nämlich Alternativen für Güterzüge auf der Trasse Hamburg-München. Dadurch könnte mehr Güterverkehr auf die Schiene, und das wollen wir ja eigentlich alle. Außerdem gäbe es durch diese Verbindung auch weniger Verspätungen bei Schnellzügen.

Sie sind ja ein Kämpfer für die Wiederbelebung der alten Werrabahntrasse, die Oberfranken mit Südthüringen verbindet. Die ist ja nach dem Krieg stillgelegt worden. Wie Sie sind denn der Idee einer Wiederbelebung auf die Spur gekommen?

Die Fragen stellte Wolfram Hegen.

Gerd Weibelzahl Das war am Biertisch, 2004. Da haben wir uns die Frage gestellt, warum kann man eigentlich nicht mit dem Zug in die Richtung fahren. Nach Südthüringen und weiter sind wir ja in Oberfranken defacto nicht

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SchilderDschungel Schilderabstellplatz. Eine unausgesprochene Drohung.

Von Vanessa Koch Fotos: Frank Wunderatsch

Die Verwirrung auf Bambergs StraSSen Bamberg in Franken. Eine der schönsten Städte Bayerns, wenn nicht sogar Deutschlands. Hohe Lebensqualität, wunderschöne Ecken zum Verweilen und die Nähe zur Fränkischen Schweiz. Das zieht nicht nur viele Touristen, sondern auch Studenten und Arbeitnehmer in die beschauliche Stadt an der Regnitz, die bis heute etwa 70.000 Einwohner zählt. Doch die Idylle ist trügerisch! Straßen und Gassen, Plätze und Höfe sind fast unmerklich zugewuchert, die Wildnis bricht sich Bahn, hinter jeder Ecke lauert eine Gefahr. Der Bamberger Schilderdschungel macht Parken zum Risiko mit teuren Folgen – ein gefährliches Unterholz, aus dem ein Entrinnen fast unmöglich ist.

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ambergs Straßen sind alt und eng gebaut. Wer hier wohnt, lebt oder arbeitet, findet kaum einen Parkplatz. Jeden Tag wird zum Kampf ums verkehrstechnische Überleben, um die Suche nach einem Parkplatz, natürlich möglichst kostenfrei. Doch Parkplätze sind Mangelware, auffindbar nur von Insidern auf geheimen Pfaden im Straßengewirr der Innenstadt. Und selbst Anwohner dürfen mit ihren Parkausweisen dank eingeführter Lizenzgebiete nur in vorgegebenen Bezirken stehen und müssen selbst dort um jeden freien Meter kämpfen. 17 solcher Bezirke gibt es in der Innenstadt seit Einführung der Parklizenzierung im Mai 1986, ein weiterer besteht im Umfeld der Universität am Standort Feldkirchenstraße. Sobald eine freie Parklücke in Sicht ist, in die das Auto ansatzweise passen könnte, ist die Erleichterung groß. Doch kaum hat der motorisierte Einzelkämpfer einen Platz ergattert und seinen Wagen mühsam hineingezwängt, ist man der Wildnis erst endgültig ausgeliefert. Der berüchtigte Bamberger Schilder­ dschungel, ein Gewirr aus Hinweisen, großen und kleinen, übereinander oder quer angeordneten, sich gegenseitig widersprechenden, dem Verkehrsteilnehmer versteckt auflauernden Blechtafeln, ist schon vielen kampferprobten Autofahrern zum Verhängnis geworden. An anderer Stelle wiederum fehlen Hinweise, wo sie Orientierung geben würden. Schnell ist man in die Falle getappt. Viele haben davon gehört, noch mehr haben es erlebt. Kaum steigt man aus dem Wagen, ist man in den lianenartigen Fängen des Bamberger Schilderdschungels gefangen.

hinein gequält hat, überhaupt stehen darf. Leider braucht man dafür nicht nur sehr viel Geduld, sondern auch einen Verkehrsduden, oder – noch besser - eine Gebrauchsanleitung, samt der Zeit, um sich eingehend mit der Bedeutung der von der Ordnungsmacht sicherlich aus gutem Willen angebrachten Hinweise beschäftigen zu können. Auf die Hilfe von unser aller Freund und Helfer kann man dabei in den seltensten Fällen hoffen. Die Bamberger Polizei selbst kann nämlich den Zweck so mancher Beschilderung oft nicht wirklich erklären, so Erfahrungsberichte. Und so schreibt das Bamberger Dschungelbuch seine ganz eigenen Geschichten. Marie erzählt zum Beispiel, dass die Stadt normale Parkplätze zu Bewohnerparkplätzen umfunktioniert, ohne Ankündigung. Nichts ahnend stellt sie dort ihr Auto ab, kommt ein paar Tage später - und steht plötzlich auf einem Bewohnerparkplatz. Erst denkt sie noch, sie hätte Glück gehabt, die ersten Tage würde vielleicht nicht kontrolliert. Schließlich war es ja eine neue Regelung und das Auto zudem vor den Schildern da. Aber zu früh gefreut: der Strafzettel kam kurz darauf per Post. Auch Katja hat des Öfteren Strafzettel am Auto. Neulich bekommt sie einen am Laurenziplatz. Eigentlich parkt sie dort oft und hat bisher nie ein Knöllchen erhalten, geschweige denn ein Schild gesehen. Doch plötzlich klebt auch bei ihr ein Strafzettel an der Windschutzscheibe. Sie ruft an und beschwert sich, die Antwort ist trivial: das Schild stünde um die Ecke - das hätte sie sehen müs-

Die Behauptung, dass sich eine Lobby aus Hundehaltern für mehr Schilder und Bäume ausspricht, ist an den Haaren herbeigezogen.

Man findet sie meistens direkt am Anfang der Straße: Dubiose Straßenschilder, die einem erklären wollen, ob man dort, wo man sich gerade mühevoll

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Foto: Ton Lammerts, Retouch: einheuser.ardis&friends

Das Grauen InhaltBleibT

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SchilderDschungel

Foto: Ama Viael

Ratlosigkeit nicht nur bei Ortsfremden

Wer da wohl verantwortlich ist?

sen, wenn nicht, sei es ihre eigene Schuld. Und auch im Sandgebiet lauern die Gefahren des Bamberger Schilderdschungels. Als Judith in die Sandstraße zieht (wo es ja bekanntlich auch für Bewohner mit Ausweis nicht genug Parkplätze gibt, weil regelmäßig Nicht-Anwohner lieber die 10-20 Euro zahlen, anstatt zu laufen), stellt sie ihr Auto auf einen ihrer Meinung nach für Anwohner freien Platz ab. Einen Monat später hat sie drei Strafzettel für drei Tage hintereinander in der Post. Sie beschwert sich: nirgends habe etwas von einem Parkverbot gestanden. Außerdem hätte sie die beiden letzten Strafzettel auch sicher nicht bekommen, wenn der erste Strafzettel am Auto angebracht worden wäre. Die Antwort ist lapidar: am Eingang der Sandstraße steht ein Schild, das für die ganze Straße gelte. Und die drei Strafzettel habe wohl jemand mitgenommen.

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iese leidige Erfahrung teilen ebenso die ERBA-Bewohner. Eine Studentin findet auf den hinteren ERBA Parkplätzen kein „Parken verboten“-Schild und bekommt dennoch

In Bamberg ist Auch Die „Dschungelpolizei“ auf verlorenem Posten comp: einheuser.ardis&friends

ein Ticket mit der Begründung: „Ganz vorne bei der Einfahrt zur ERBA steht ein Schild: Parken mit Parkscheibe. Dieses Schild gilt für das ganze Gelände, da man ja nur bei der Einfahrt wieder raus fahren kann.“ Daneben gibt es zahlreiche andere Straßen in Bamberg, in denen man sich im Schilderwald verirrt. Durchblicken unmöglich - selbst wenn man direkt vor einem Schild steht, ist es oft unverständlich und kompliziert.

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SchilderDschungel

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Manchmal allerdings fehlen Schilder. In Ecken wie zum Beispiel der Kirschäckerstrasse gibt es einen Wendekreis. Dort ist es sehr undurchsichtig, wo man parken darf oder nicht, ohne einen Strafzettel zu bekommen. Neben den Autofahrer ist auch die „Dschungelpolizei“ in diesem innerstädtischen Guerillakrieg auf verlorenem Posten: Die Angestellten des Parküberwachungsdienstes, kurz PÜD, rangieren auf der Rangliste der unbeliebtesten Bamberger ganz weit oben. Zu jeder Tag und Nachtzeit werden Knöllchen verteilt, selbst zu den ungewöhnlichsten Uhrzeiten trifft man die Jungs und Mädels in Blau auf der Straße an. Auf die Frage hin, wieso die Schilder in Bamberg so kompliziert sein müssen und eine Regelung die andere wieder aushebelt, heißt es, dass es sich eben um eine „Mischnutzung“ handelt: es sollen eben nicht nur Bewohner in der Innenstadt parken dürfen. Die Beschilderungen würden durch das Straßenverkehrsamt der Stadt Bamberg nach Maßgabe der jeweiligen Verwaltungsvorschriften (VwV) zur Straßenverkehrsordnung (STVO) angeordnet. Diese VwV seien im gesamten Bundesgebiet anzuwenden. Pro und Contra hinsichtlich Verständlichkeit oder Transparenz von Verkehrszeichen liegen daher sicherlich individuell im jeweiligen Auge des Betrachters. Doch oft geht diese Regelung in den meisten Fällen nach hinten los: Nichtbewohner fehlinterpretieren die Schilder und finden plötzlich einem Strafzettel an ihrem Auto vor. Auch auf die Frage hin, wieso man in Bambergs Innenstadt so wenig kostenlose Parkplätze findet, heißt es, hierbei handele es sich um eine zu allgemein gehaltene Aussage. Bezogen auf Innenstadt und Altstadt gibt es in der Tat nur wenige kostenfreie Stellplätze. Dies liegt jedoch bei einer Stadt mit der Infrastruktur von Bamberg und vor dem historischen Hintergrund in der Natur der Sache. „Sie werden in ähnlichen Städten ebenfalls kaum ein Angebot an kostenfreien Stellplätzen haben. Bezogen auf die gesamte Fläche des Stadtgebietes Bamberg ist die Anzahl kostenfreier Parkplätze außerhalb des Stadtkernes mehr als großzügig.“ Und an Veranstaltungstagen wie zum Beispiel der Sandkerwa müssten die kostenlosen Parkplätze weichen und zu Anwohnerparkplätzen werden: Insbesondere zur Sandkirchweih herrsche in Bamberg ohnehin eine gewisse „Ausnahmesituation“.

Bleiben folgende Erkenntnisse: Schilder sehr genau analysieren, regelmäßig nach seinem Auto schauen (in der Zwischenzeit könnten bereits wieder neue Schilder aufgestellt worden sein, zum Beispiel für Baustellen, Bewohnerparkplätze, etc.), und sich in Geduld üben, damit man überhaupt eine Chance hat, dem Bamberger Schilderdschungel lebend zu entkommen.

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Hobby: Kampfmaschine

Hobby: KKickboxerin  ampfmaschine Kristin  Avemarg  auf deM Weg  Zur WM 30 Jahre | 1,68 cm | 55 kg Geburtsort: Jüchsen bei Meiningen Beruf: Physiotherapeutin Hobbys: Sport, Lesen, Sauna Name: Kristin Avemarg VON tHOMAS aPFEL fOTOS: Martin Settele

Ein Hinterhof. Die Dämmerung hat eingesetzt, es ist kurz vor 21 Uhr. Ich höre kurze und knappe Kampfschreie. Es riecht nach Schweiß. Ich habe Respekt, als ich die Tür öffne. Dort werde ich freundlich begrüßt vom Trainer von Kristin Avemarg.

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n der oberfränkischen Kampfsportschule werden rund 350 Kursteilnehmer im Boxen, Karate und Kickboxen geschult, darunter 130 Kickboxer. Knapp ein Drittel davon sind Frauen. Wir steigen eine schmale Treppe hinauf in den ersten Stock. Die Kampfschreie werden lauter, der Schweißgeruch wird intensiver. Auf dem Weg zum Trainingsraum räumt Trainer Jochen Paulfranz auf mit einem Vorurteil. „Eine wilde Schlägerei mit Händen und Füßen wird es nicht geben, hier werden auch keine Frauen verprügelt. Die sind alle freiwillig da und tun das hauptsächlich für ihre Fitness.“

Ich sehe Frauen und Männer, alle schwitznass, die immer wieder ihre Fäuste in kurzen Abständen nach vorne ins Leere schnellen lassen. Dreizehn sind es insgesamt, zähle ich. Darunter auch Kristin Avemarg. Sie trägt ein schwarzes Shirt und eine Kampfsporthose in Deutschlandfarben. Ihre blonden Haare sind zu einem engen kurzen Zopf zusammengebunden. Schweiß steht auf ihrer Stirn. Der Trainer gibt Kommandos an seine Schützlinge. In einem schnellen Stakkato-Schritt wird die Schnelligkeit der Füße trainiert. Der Puls der Sportler steigt ins Unermessliche.

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Ich will von Trainer Jochen Paulfranz mehr über die 30-jährige Powerfrau wissen. Er erzählt mir von ihrem Hang zum Perfektionismus. Kristin arbeitet hart an der Beseitigung selbst der kleinsten Fehler, die den Betreuern und Trainern auffallen. Und privat ist sie ein lieber und zuvorkommender Mensch. Ich blicke wieder in den verspiegelten Trainingsraum, erkenne das erste Mal ein kleines Lächeln im Gesicht von Kristin Avemarg. Nur ganz kurz. Sofort weicht der positive Gesichtsausdruck wieder dem konzentrierten und fokussierten Blick der Athletin. Sie kann ganz schön böse schauen. „Wir haben noch viel vor in diesem Jahr“, so Jochen Paulfranz. Der internationale Deutschlandpokal im Herbst und im November die Weltmeisterschaft in Antalya in der Türkei.

„Wir haben noch viel vor in diesem Jahr“ Trainer Jochen Paulfranz

In der Trainingshalle brandet kurzer dumpfer Applaus auf, die Trainingseinheit von 90 Minuten ist beendet. Die Sportler mit ihren getapten Händen kommen an mir vorbei. Ich schaue in erschöpfte aber glückliche Gesichter. Als eine der letzten steht mir Kristin Avemarg gegenüber. Ihre 55 Kilo sind auf drahtige 168 Zentimeter verteilt. Das T-Shirt klebt schweißnass an ihrem Körper, sie schaut fertig aus, die gebürtige Thüringerin. Ihre ersten sportlichen Erfahrungen hat

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Hobby: Kampfmaschine sie bei der Leichtathletik gesammelt, erzählt sie mir. Das sei ihr dann aber irgendwann mal zu langweilig und stupide gewesen. Außerdem spürte sie damals noch die Auswirkungen der DDR-Kaderschmiede. Das machte sich negativ bemerkbar. Es fehlte einfach der Spaß. Das Fitnessstudio bot dann vor acht Jahren zufällig einen Kickboxkurs an. Kristin, ihre Schwester und eine Freundin waren am Anfang mit dabei. Jetzt, acht Jahre später, ist nur noch Kristin übrig geblieben. Der Sport hat es ihr angetan. Kickboxen wird gerne mit purer Gewalt und einer wilden Prügelei in Verbindung gebracht, das weiß auch die 30-jährige. Allerdings sei das ein Vorurteil. „Ich habe gelernt, das Kickboxen ganz viel mit Disziplin und Respekt zu tun hat. Es fordert eine hohe Konzentration und es ist ein ganzheitliches Training.“ Kraft, Koordination, Gleichgewicht, Schnelligkeit, Kraftausdauer, Konzentration: Es wird alles gefordert, alles muss unter einen Hut gebracht werden, um eine erfolgreiche Kämpferin zu sein. „Das ist Training fürs Leben“, sagt Kristin. Ihre Augen funkeln. „Ich bin seit dem Boxen innerlich gewachsen, bin leistungsfähiger geworden, seit ich damit angefangen habe“.

ein Leichtkontaktkampf auch sehr schmerzvoll enden, wie Kristin aus eigener Erfahrung weiß. Im vergangenen Jahr bei der Europameisterschaft musste sie in der Vorrunde nach einem Nasenbeinbruch ihre hoch gesteckten Ziele begraben. Sie wurde aus dem Wettbewerb genommen, musste sich ihre Nase wieder richten lassen. Die ist mittlerweile wieder gerade, ihre Schönheit hat keinen bleibenden Schaden genommen. Ein Nasenbeinbruch sei gar nicht so schlimm wie man sich es vorstellt, sagt Kristin. Das gelte ganz allgemein für das Kickboxen. Zum Alltag gehören zwar blaue Flecken, ein blaues Auge aber habe sie noch nie gehabt. Darauf ist sie auch besonders stolz.

gleich zu ihrer Leidenschaft geht sie gerne mal in die Sauna oder trifft sich mit Freunden. Auch ein Fachbuch für Physiotherapeuten oder mal einen Roman nimmt sie gerne zur Hand. Doch grundsätzlich muss irgendwas mit Bewegung dabei sein. Das Powergirl braucht den Sport in ihrem Leben. „Der Ausgleich zu meinem Sport ist der Ausgleich mit einem anderen Sport.“ Beim Fotoshooting ist die ehrgeizige Sportlerin erst zufrieden, als sie ihren Fuß richtig an meinem Hals platzieren kann. Elegant und geschmeidig. Immer wieder. Ich vertraue ihr, habe keine Angst. Sie weiß, was sie tut. Und sie weiß, was sie will: Vollkontakt. Später einmal.

Auch das starke Geschlecht reagiere eher neugierig auf die Powerfrau. Die meisten Männer haben zwar erst einmal Respekt, wollen dann aber mehr wissen.

„Das ist Training fürs Leben“ Kristin Avemarg © Peter Einheuser 2002

Zu vergeben aber ist Kristin nicht mehr. Sie ist in festen Händen und steht auch sonst mit beiden Beinen mitten im Leben. Ihr Job als Physiotherapeutin verlangt ihr einiges ab. Dann ist die Kampfsportlerin hilfsbereit, eher die Zuhörerin. „Es gibt eben viele verschiedene Kristins“, sagt die sympathische junge Frau – Kampfsportlerin, Physiotherapeutin, Partnerin, Freundin, Tochter. Und manchmal sei sie auch schlecht gelaunt. Aber nur privat, nicht im Ring. Hier ist sie ehrgeizig, diszipliniert und immer hart zu sich selbst. Kristin weiß, dass sie noch viel zu verbessern hat. „Meine größte Stärke ist, dass ich weiß, wo meine Schwächen liegen“ sagt sie. Ein Satz wie ein Kick.

Dennoch hat der Vorfall bei der EM etwas bei Kristin verändert. Sie geht nun mit mehr Respekt an ihre Aufgaben. Und da stehen in diesem Jahr ja noch einige an. Kristins großes Ziel ist die Weltmeisterschaft. Im November will Kristin auf den Punkt topfit sein und wird mit Sicherheit noch mehr an ihrer Deckung gearbeitet haben. Ein Platz auf dem Treppchen wäre für die 30-jährige ein Traum. Sie kennt die Konkurrenz und weiß, dass sie in der Türkei einen „Sahnetag“ erwischen muss und natürlich auch das nötige Glück braucht. Bis dahin muss ich aber noch viel arbeiten, sagt sie wieder mit diesem fokussierten festen Blick in ihren Augen.

An der Deckung hapert es ihrer Meinung nach am meisten. Ihre Stärke ist nach Meinung ihres Trainers die Arbeit während des Kampfes mit den Füßen. Kristin boxt im Leichtkontakt, der Unterschied zum Vollkontakt liegt in der Härte des Kampfes. Technisch gibt es keine Unterschiede zwischen den beiden Disziplinen. Experten sagen sogar, dass es im Leichtkontaktkickboxen viel schneller zur Sache geht, dass hier viel mehr Kondition gefordert ist. Und trotzdem kann so

Dreimal in der Woche schnürt sie dazu die Boxhandschuhe. Zusätzlich geht das Leichtgewicht zweimal in der Woche joggen. Für ihr Engagement gibt es keinen Cent, Kickboxen ist ihr Hobby. In den ersten vier Monaten des Jahres hat Kristin Avemarg dafür rund 400 Euro ausgegeben. Das Geld braucht sie für ihre Ausrüstung und Anmeldungen für ihre Wettkämpfe. Ein Sponsor würde die Sache natürlich einfacher machen, doch die Suche gestaltet sich schwierig. Als Aus-

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Es wird ruhig in der Kampfsportschule. Ungewöhnlich ruhig: Jeden Tag, außer sonntags, gibt es hier viele Kurse in den verschiedenen Kampfsportrichtungen. Inhaber Stefan Müller lädt mich ein, es auch einmal zu probieren. „Warum eigentlich nicht?“ denke ich, da geht die Tür der Umkleide auf. Heraus kommt eine frisch geduschte und gestylte junge Frau. Sie hat so gar nichts mit der Kämpferin von gerade eben zu tun. Es gibt halt doch mehrere Kristin Avemargs.

Und manchmal sei sie auch schlecht gelaunt. Aber nur privat, nicht im Ring. B a m be r g e r | D a s M a g a z i n

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Zugewachsen: ein alter Holzkarren.

Ich habe immer die Bilder gemacht, die ich selbst gebraucht habe. 54

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Gerd Kanz

Von Untermerzbach nach New York Künstler, Gärtner und Arbeiter Gerd Kanz von Christiane Schult Fotos: Frank Wunderatsch „Ich habe nie nach etwas besonderem gesucht. Im Gegenteil, ich empfinde mein Leben als ganz normal und halte mich für einen bodenständigen Arbeiter“. Wenn Gerd Kanz über sich selbst spricht, fällt es schwer sich vorzustellen, dass er Galerien in den Metropolen der Welt beliefert und in New York, Berlin, Amsterdam seine Werke ausstellt. Bescheiden, ja fast schon schüchtern führt er uns über sein Anwesen. Gerd Kanz ist bei allem Erfolg auf dem Boden geblieben. Vielleicht hat ihm dabei sein wohl größtes Projekt geholfen: die Wiederherstellung der alten Brauerei Nembach in Untermerzbach im Landkreis Hassberge. Seit 2001 lebt und arbeitet er in dem alten Anwesen. Damals muss er kurzfristig eine neue Werkstatt finden. Auf der Suche nach geeigneten Räumen fährt Kanz übers Land und entdeckt schließlich das Anwesen. Völlig heruntergekommen und baufällig. Dennoch kauft er der Brauereiwitwe das 4500 Quadratmeter große Grundstück ab. Seither hat Gerd Kanz viel geschafft, ist selbst zum Fachmann für historische Bausubstanz geworden. Stück für Stück hat er den alten Gebäudekomplex vor dem Verfall gerettet, überwiegend in eigener Handarbeit. Besuchern erscheint das Gelände wie ein Gartenidyll, gewürzt mit historischen Gemäuern. Den ehemaligen Malzboden im Hauptgebäude, errichtet 1880, baute Gerd Kanz zum lichtdurchfluteten, luftigen Wohnraum aus. Die alten, glänzenden Holzdielen tragen die Spuren der Vergangenheit. An der Decke belassene Getreideschüttungen erinnern an die Zeit, als hier noch der Braumeister das Sagen hatte. Ein Bücherregal reicht bis unter die DeGerd Kanz in seinem Atelier in Untermerzbach.

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cke und ist bis auf den letzten Winkel gefüllt. „Ich lese gerne und viel“ verrät Gerd Kanz. Eigentlich alles, aber besonders gerne Krimis.

Direkt unter seiner Wohnung liegen seine Werkstatt - und ganz viel Ausstellungsfläche. Diese unendlichen Möglichkeiten waren es auch, die den Künstler an der alten Brauerei gereizt haben. Und die Lage. „Ich bin ein absolutes, überzeugtes, bekennendes Landei“ sagt Gerd Kanz über sich selbst. Er brauche die Abgeschiedenheit zum Arbeiten. Wie auf einer Insel könne er so seinen eigenen Stil entwickeln, ohne Störungen. Nach dem Studium der Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg zog es viele seiner Kommilitonen in die großen Städte. Er hingegen suchte die Ruhe und das etwas langsamere Tempo, das in ländlichen Gegenden zu finden ist. „Es ist nicht wichtig, am Puls der Zeit zu sein. Ich möchte mich auf meine Arbeit konzentrieren“ sagt er. Die Brauerei biete ihm Platz ohne Ende und eine tolle Lebensqualität, viele Freunde schauten spontan mal vorbei und der Dorfmittelpunkt sei nur einen Katzensprung weit weg. Besucher erwartet gleich in der Einfahrt des Anwesens eine kleine Kuriosität. Meterhoch hat Kanz in einem offenen Anbau historische, hölzerne Bierkästen aufgestapelt. 144 verschiedene Sorten seien es, verrät er. Und dass er sie überall auf dem Gelände verstreut entdeckt und hierher zusammengetragen habe. „Das ist die wahrscheinlich größte Sammlung historischer Bierkästen“, schmunzelt er. Geboren 1966 in Erlangen verbrachte Gerd Kanz einen Großteil seiner Kindheit in Wuppertal. Im Alter von 12 Jahren kam er mit seiner Mutter und zwei Geschwistern zurück in die Region. Seither ist er hier zu Hause – und in Untermerzbach wirklich angekommen. Das ganze Anwesen trägt seine Handschrift, ist von ihm geformt worden. In einem

Oben und unten: Detailansichten seines Anwesens.

seiner Kataloge ist davon die Rede, dass Gerd Kanz wie eine Katze durch sein Refugium streiche. Hier in Untermerzbach hat Gerd Kanz seine zweite Leidenschaft voll entfalten können: das Gärtnern. Die umliegenden Flächen sind liebevoll geformt und erinnern an eine Mischung aus Bauerngarten und herrschaftlichem Park. Er lebe hier mit den B a m be r g e r | D a s M a g a z i n

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Gerd Kanz

1991 hatte Gerd Kanz in der alten Schmiede in der Coburger Ketschengasse seine Werkstatt Jahreszeiten, erklärt Kanz. Waren seine Bilder aus früheren Schaffensperioden bestimmt von feinen Nuancen abgetönter, unbunter Farben, konnte er sich seither den Farbtupfen in seinem Garten nicht entziehen, berichtet er. So hielten Orange- und Rottöne in seinen Arbeiten Einzug. Überhaupt hat für ihn die Gartenarbeit viele Parallelen zu seinem Beruf. Beim Gärtnern wisse er vorher auch nicht

taucht in seinen Werken auch immer wieder der Jongleur auf. Er sieht ihn als eine Metapher für grundlegende, existentielle Fragestellungen. Der Kontrast zwischen der spielerischen Leichtigkeit und der guten Bodenhaftigkeit, die ein Jongleur brauche, fasziniere ihn, sagt Kanz. Die Anzahl und das Gewicht der Bälle sei entscheidend und nach oben hin offen. Es gehe um die Balance, darum, die

den. Kanz hat sich für Gemünda entschieden, und für die Schöpfungsgeschichte. „Es werde Licht – das passt gut zu meinen derzeitigen Arbeiten“ findet er. Kanz arbeitet immer längerfristig an einer Serie, aktuell hat er sich in der Malerei von der klassischen rechteckigen Form gelöst. Und er widmet sich bis zu über 2 Meter hohen Skulpturen aus Holz, Stahl und Leichtbauplatten. Sie formen übereinander liegende Bogen, die an römische Architektur erinnern. Oder an die Bogenfenster der alten Brauerei, die dem Künstler und seinen Werken eine Heimat gibt. Der Blick wird in die Tiefe des Objektes gezogen und wie in einem Labyrinth kommt der Betrachter nur schwer wieder heraus. Hell, leicht und luftig sind sie, so wie ein Hauch südländischer Lebensfreude. Bekannt wurde Gerd Kanz mit seinen für ihn typischen hölzernen Tafelbildern, in denen ein Farbton dominiert und Kontraste erst durch Linienführung entstehen. Nachdrücklich ins Holz eingeritzte und mit dem Stecheisen geschlagene Furchen geben den Bildern Tiefe und locken, nicht nur mit den Augen auf Wanderschaft zu gehen. Entstanden ist diese Art zu arbeiten eigentlich aus der Not in Studentenzeiten, verrät Gerd Kanz. Damals suchte er auf dem Sperrmüll nach einem Trägermaterial für seine Bilder und stieß auf Hartfaserplatten. Die gab es dort in unbegrenzten Mengen – und völlig kostenlos. Bei der Bearbeitung stellte er dann fest, dass sie viel mehr ertragen als die üblicherweise verwendete Leinwand. Damals fing er an, die Platten zu ritzen und daran zu kratzen. Heute verwendet er Stecheisen und Hammer und verleiht so den Arbeiten eine sinnliche Qualität. „Meine Bilder sind dadurch zu etwas zeitlosem, gewachsenen geworden. Moderne Trends interessieren mich nicht“. Ihm war schon als junger Künstler wichtig, eine subjektive Bildsprache zu entwickeln, etwas Eigenes zu machen – wenn dies dann auch zu einer objektiven Gültigkeit führe, wie er betont.

Gerd Kanz bei seiner Arbeit mit einer Hartfaserplatte

E genau, wie das mal aussehen wird, wenn es blüht, meint er. Und genauso gehe er an seine Arbeit heran. „Ich finde es gut, reinzuspringen, sich drin zu verlieren. Sich selbst zu überraschen ist ein tolles Gefühl“, erklärt Gerd Kanz den Beginn eines neuen Werkes. Er legt Wert auf intuitives Arbeiten ohne groß zu überlegen. Dann hätten Farbe und Formgefühl erst einmal den Freiraum, sich zu entwickeln. Erst danach sei es wichtig zu reflektieren, darüber nachzudenken was entstanden ist und wohin es gehen soll. „Mir ging es schon immer um Polaritäten, beziehungsweise die Versöhnung der Gegensätze“ sagt Gerd Kanz. Das Kreuz ist für ihn die elementarste Grundform für Polaritäten. Neben dem Kreuz

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eigene Mitte zu finden, die ja fast nie gefunden sei. „Was man in meiner Arbeit immer vermissen wird, sind zeitkritische Alltagsgeschehen, sozialethische Themen oder Umweltproblematiken. Das sind alles Dinge, zu denen ich natürlich eine Meinung habe, über die ich mich informiere und die mich interessieren. Aber es sind die grundlegenden, einfachen Dinge des Lebens, die mir in meinen Bildern wichtig sind“ erklärt Gerd Kanz. Und was sei grundlegender als die Schöpfungsgeschichte? Diese ist eines seiner nächsten Projekte. Die Evangelische Kirche hat zur Lutherdekade ein Projekt gestartet: 12 Worte – 12 Orte. In 12 Gemeinden der Region werden Arbeiten zu 12 Bibelworten von 12 Künstlern gestaltet. Für ein Jahr sollen sie ab 2014 ausgestellt wer-

in Schlüsselerlebnis hatte der Künstler 1991. Damals, 25 Jahre jung, hatte Gerd Kanz in einer alten Schmiede in der Region seine Werkstatt. Der Verkauf lief schlecht, nebenher arbeitete er als Nachtwächter und jobbte auf Baustellen. Eines Tages kam ein ihm unbekannter Mann in die Werkstatt. Er sagte, er habe von Kanz gehört, ob er sich mal umsehen dürfte. Natürlich durfte er das. Der Unbekannte ging herum, betrachtete die Bilder, sagte nicht viel. Kanz befürchtete schon herbe Kritik. Doch der Mann sagte: „Ich nehme die fünf dort, das hier, die drei dort hinten und ich brauche noch drei Große für unseren Neubau“. Es handelte sich um einen bekannten Unternehmer. „Sie haben sicher nichts dagegen wenn ich aufrunde?!“ sagte er beim Ausstellen des Schecks mit einem Augenzwinkern. Erstmals hatte Gerd Kanz das Erlebnis, dass seine Arbeiten wirklich wertgeschätzt wurden und er sich von dem Erlös etwas leisten konnte. „Ich habe erst einmal den Führerschein gemacht. Ich war der einzige, der ihn in dem Alter noch nicht hatte“. Gerd Kanz spricht davon, dass es Glück war, als er 1994, nur ein Jahr nach Abschluss seines Studiums, den Debütantenpreis des Freistaates Bayern erhält.

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Gerd Kanz Er bekommt einen Katalog mit professionellen Fotos, die ein junger Künstler sich sonst kaum leisten könnte. Dieser Band mit dem komprimierten Einblick in sein Können öffnet Gerd Kanz damals viele Türen. Erste Galeristen werden auf Gerd Kanz aufmerksam, er knüpft Kontakte nach Dänemark und später sogar zu einer Galerie in New York, mit der er 12 Jahre erfolgreich zusammenarbeitet. Sammler in Deutschland und der ganzen Welt schätzen heute seine Arbeiten. Seine Bilder verkauft er überwiegend über Galerien, derzeit besonders in Zürich und auf Mallorca. Mallorca?? Ja, gerade dort sei ein internationales Publikum unterwegs, welches großes Interesse an seinen Bilder habe, erklärt er.

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amberg oder Schweinfurt seien engagiert, was zeitgenössische Künstler angehe, lobt Kanz - durch den Kauf und die Ausstellung von neuen Skulpturen und Bildern, beispielsweise von Botero in der Domstadt. Die Villa Concordia in Bamberg engagiere sich sehr, als gute Ergänzung zu den vielen alten Schätzen der Stadt. Schweinfurt habe viel in die städtische Kunsthalle investiert. Chancen und Möglichkeiten, die seine eigentliche Heimatstadt Coburg dagegen eigentlich verschlafe. Jedoch fordert er ganz ausdrücklich keine Städtische Förderung. „Wenn ich das nicht alleine schaffe, dann hat es keinen Wert“ erklärt er. Kulturpreis des Coburger Landes, 1. Preis für Kunst am Bau der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in

fließt durch die Fenster und wird von den hellen Wänden zurückgeworfen. Er nutzt ihn als Ausstellungsfläche. Hier, in dem ehemaligen Stall, finden sich auch Spuren von Experimenten des Künstlers. Ein längliches Bild hängt unauffällig an einer Seitenwand. Kanz hat die bogenförmigen Hohlräume der übereinander liegenden Platten des Bildes mit Wachs ausgegossen. Man kann mit der Hand darüber streichen. Weich und kühl fühlt es sich an. Daneben liegen einige Aluminiumtafeln. Sie stammen aus einem Eisengusssymposium, an dem Kanz vor vier Jahren teilgenommen hat.

Veitshöchheim, Stipendiat Otmar-Alt-Stiftung in Hamm, Kunstpreis des Fördervereins der Landesgartenschau Bamberg. Die Liste von Gerd Kanz Auszeichnungen ist lang und hier bei weitem noch nicht vollständig. Doch Kanz bleibt bescheiden „Es ist sehr kraftraubend wenn man den Eindruck hat, keinen interessiert was man machte. Wenn die Arbeit hingegen anerkannt wird, dann ist das ein tolles Gefühl. Obwohl ich immer das gemacht habe, was ich selbst brauchte.“

men lasern lassen, erzählt er. Und zeigt danach, wie er aus einem Bild mit der schweren Druckpresse leichte Papierdrucke anfertigen kann. Einige hängen in der Werkstatt an der Wand. Auch der Gärtner Kanz hatte im Sommer einige Projekte vorgenommen. Fünf Kubikmeter Erde verteilen zum Beispiel. Und den Eingangsbereich mit dem Feuerplatz neu gestalten. „Besucher wussten nicht so recht, wo sie langgehen sollen. Es sollte ein Weg werden, der sie hineinzieht“.

Im Moment geht Gerd Kanz ganz neue Wege: Aus ultramarinblauem Plexiglas hat er sich Bogenfor-

Ausstellung einiger seiner Arbiten in Untermerzbach

Bamberg oder Schweinfurt sind engagierter, was zeitgenössische Künstler angeht Ausgabe

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In einem Nebengebäude der Brauerei war früher mal ein Stall untergebracht. Ein langer Sandsteintrog vor der Tür erweckt Bilder von schweren Brauereigäulen, die hier einmal gestanden haben. Gerd Kanz hat den Stall selbst saniert. Viel Licht

Genauso, wie Betrachter seiner Bilder von der Vielschichtigkeit und von den überraschenden Windungen hineingezogen werden. Sie scheinen wie füreinander gemacht, die alte Brauerei Nembach und der in sich ruhende Künstler Gerd Kanz. B a m be r g e r | D a s M a g a z i n

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Zuschauen.Hören.

theater & Musik. Demnächst. E.T.A. Hoffmann Theater Frauenheld auf Abwegen

Don Giovanni Sommer Oper Bamberg // Wolfgang Amadeus Mozart (Komposition) / Lorenzo da Ponte (Libretto)

A

Darum geht es

In ihrer zweiten Zusammenarbeit nach Le nozze di Figaro erzählen Wolfgang Amadeus Mozart und Lorenzo da Ponte in Don Giovanni die Geschichte des unverbesserlichen Frauenhelds und Wüstlings, der weder vor Bäuerinnen noch Adelsdamen Halt macht und seinen Diener Leporello über die Liebschaften Buch führen lässt, zu guter Letzt aber für seine Sünden und einen begangenen Mord mit dem Leben büßen muss. Dramatischer und leidenschaftlicher als noch der Figaro gehört Don Giovanni mit seinen fantastischen Einfällen, komplexen rhythmischen Verflechtungen und einer grandiosen Musik zu den größten Opern der Musikgeschichte. Der internationale Opernworkshop der Sommer Oper, der mittlerweile in die fünfte Iteration geht, bietet jungen Sängern und Musikern die Möglichkeit, an einer professionellen Opernproduktion teilzunehmen. Die Sommer Oper Bamberg hat sich in den letzten Jahren zu einem veritablen Sprungbrett für junge Künstler entwickelt. Die Oper wird in alternierender Besetzung aufgeführt. Das Ensemble Amadeus feiert Premiere am 4., das Ensemble Lorenzo am 6. Oktober.

B

Wer war es?

Die musikalische Leitung hat Till Fabian Weser, die Inszenierung machte Rainer Lewandowski, verantwortlich für die Ausstattung ist Jens Hübner, der Chorleiter ist Christian Jeub.

C

Wer ist dabei?

Victoria Kunze, Julia Makarevich, Hyunjin Park, Oksana Pollani, Ralitsa Ralinova, Valda Wilson; Benjamin Appl, Giuseppe Di Paola, Francisco Fernández-Rueda, Seo Kwangmin, Philip Mehr, Nicholas Probst, Jirí Rajniš, Jan Szurgot, Hitoshi Tamada; Orchester und Chor der Sommer Oper Bamberg

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Wann?

Die Premiere ist am 4. Oktober um 19.30 Uhr im Großen Haus. Die zweite Premiere findet am 6. Oktober um 19.30 Uhr statt. Weitere Vorstellungen folgen am 7.Oktober um 20.00 Uhr, am 9. Oktober und 10. Oktober um 20.00 Uhr, sowie am 12. Oktober um 19.30 Uhr.

Spiel um Macht, Treue und

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Loyalität

König Lear Schauspiel // William Shakespeare / Deutsch von Friedrich Gundolf

A Der greise König Lear will die Bürde seiner Macht abgeben und sein Reich unter seinen drei Töchtern aufteilen, bemessen danach, welche ihn am meisten liebe. Regan und Goneril übertreffen sich in Heuchelei. Cordelia bekennt schlicht ihre aufrichtige Liebe zu ihrem Vater. Der verblendete Lear gerät in Wut und verbannt sie. Regan und Goneril sollen ihn nun abwechselnd mitsamt seinem Gefolge beherbergen. Das wird den Töchtern schnell zu viel, sie verschwören sich gegen den Vater - Lear wird zum Verstoßenen. Mit der späten Erkenntnis, auf die Hab- und Machtgier seiner Töchter hereingefallen zu sein, begibt er sich im Sturm in die Heide. Ungeschützt, einsam und dem Wahnsinn nahe trifft er dort auf Verbannte, Fliehende und Verratene aus seiner Vergangenheit.

Nussknacker und Mausekönig erschien. Später von Alexandre Dumas frei ins Französische übertragen, war es diese Version, die Tschaikowsky zur Grundlage seiner Komposition nahm. Am Heiligen Abend passieren merkwürdige Dinge im Hause der Familie Stahlbaum. Schöne Geschenke hatten die Kinder zu Weihnachten bekommen: der kleine Fritz Zinnsoldaten und seine Schwester Clara von Onkel Drosselmeier eine seltsame, aus Holz geschnitzte Puppe: einen Nussknacker! In der Nacht werden diese Spielsachen plötzlich lebendig und entführen die Kinder aus ihrer bürgerlich engen Stube in eine märchenhafte, zuckerbunte Welt. Der Nussknacker gehört heute bei einem ganz breiten Publikum zu den ganz klaren Tschaikowsky-Favoriten. Für unsere jungen Besucher gibt es eine Besonderheit – eine Ausstellung von zehn großen Schaukästen mit sich bewegenden Figuren, die zehn Szenen aus Hoffmanns Märchen Nussknacker und Mausekönig im Theater zeigen werden. Die Vorstellungen finden im Rahmen der Bamberger Ballett-Tage statt.

B

Die musikalische Leitung hat Carlos

Eine herausragende Tragödie um das selbstzerstörerische Potential des Menschen, das in der Wahrhaftigkeit zum existenzbedrohlichen Fall führt. König Lear zeigt Menschen, die in den Mechanismen von Gier, Selbstsucht und Kränkung gefangen sind, doch zugleich ist es ein Drama um Loyalität und Treue.

B Die Inszenierung macht Walter Weyers, verantwortlich für die Ausstattung ist Jens Hübner. C Sybille Kreß, Nadine Panjas, Ulrike Schlegel; Ulrich Bosch a. G., Florian S. Federl, Eckhart Neuberg, Felix Pielmeier, Volker J. Ringe, Bernhard Georg Rusch, Patrick L. Schmitz, Matthias Tuzar, Florian Walter; Statisterie. D Premiere ist am 20. Oktober um 19.30 Uhr im Großen Haus. Weitere Vorstellungen sind am 23. und 24., 26. und 27., 30. und 31. Oktober, sowie am 1. November bis 3. November, 9. und 10. November. Vorstellungsbeginn ist wochentags um 20.00 Uhr, am Wochenende um 19.30 Uhr, am 10. November (Junges Abo), um 19.00 Uhr.

Zauberhafte Märchenwelt

Der Nussknacker Ballett | Landestheater Eisenach // Peter Iljitsch Tschaikowsky (Komposition)/ Andris Plucis (Choreografie)/ nach E.T.A. Hoffmann

A Noch heute, mehr als ein Jahrhundert nach der Uraufführung am 18. Dezember 1892 in St. Petersburg, ist der Nussknacker eines der beliebtesten Handlungsballette überhaupt. Die stofflichen Ursprünge des Balletts liegen in einer Erzählung von E.T.A. Hoffmann, die 1816 unter dem Titel

„Ohne Titel“ © Bati Reinsbach

Domínguez-Nieto, Choreograf ist Andris Plucis, das Bühnenbild macht Christian Rinke, für das Kostümbild verantwortlich ist Danielle Jost.

C Mar Ameller, Margie Coenen-Oosten, Shuten Inada, Nikolay Korobko, Felipe Barea Arrasquín, Zanna Cornelis, Hector Ferrer Fernandez, Julia Grunwald, Johann Hebert, Yusuke Inoue, Emi Kuzuoka, Mariuca Marzà, Luca Massidda, Nao Omi, Ramona Savu-Seeck, Amanda Schnettler-Fernández, Andrea Simeone, Landeskapelle Eisenach / Meininger Hofkapelle D Die Vorstellungen sind am 10. und 11. Dezember, jeweils um 20.00 Uhr im Großen Haus.

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Zuschauen und Hören Wahre OperngröSSen

Siegfried & Violetta oder List, Last, Lust und Lunge Opernfragment // Herbert Rosendorfer, Karl Dietrich Gräwe

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Persönlich begegnet sind sie sich nie. Aber wie gerne hätte man gewusst, worüber sich die beiden größten Opernkomponisten des 19. Jahrhunderts unterhalten hätten. Dieser aufregenden Frage gehen Rosendorfer und Gräwe in ihrem Opernfragment Siegfried und Violetta oder List, Last, Lust und Lunge nach. Das fiktive Gespräch der beiden Komponisten wird dem Publikum durch die ebenfalls fiktive Figur des Oberkellners im Caffè Florian in Venedig vermittelt: „Hier haben sie gesessen … Der eine war ungewöhnlich groß und dürr und ganz in Schwarz und hatte blaue Augen. Nasen hatten sie beide, die konnten sich sehen lassen … Herr Verdi kam ja erst etwas später. Er hat dann eigentlich kaum etwas gesagt und meist nur gebrummt. Wag-

Bamberger Symphoniker »V« for victory

Beethovens Schicksal Auf den Spuren Ludwigs

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Auch Arnold Schönberg sah sich in der direkten Nachfolge Ludwig van Beethovens. Im Klavierkonzert op. 42 verarbeitete er etwa den berühmten Beginn von Beethovens 5. Symphonie. Der Rhythmus des „Schicksalsmotivs“ - dreimal kurz, einmal lang - stimmt mit dem „V“ des Morsealphabets überein. Im 2. Weltkrieg leitete die BBC mit diesem Signal Meldungen ein, die man auch in Deutschland empfangen konnte: als siegesgewisses Versprechen der Befreiung von der Diktatur.

B und C Dirigent ist Jonathan Nott, am Klavier

Qualitäten seines Spiels besonders zur Geltung kommen: Ludwig van Beethovens Klavierkonzert Nr. 4 in G-Dur sowie Wolfgang Amadeus Mozarts Klavierkonzert in C-Dur KV 467. Überdies wird er sich mit Mitgliedern des Orchesters in einem exquisiten Kammermusik-Programm präsentieren.

B und C Dirigent ist Herbert Blomstedt, am Piano Till Fellner. D Lehnen Sie sich zurück und erfreuen Sie sich an wunderbaren Klängen. Die Konzerte finden am 16.11. um 20.00 Uhr, und 17.11. um 17.00 Uhr im Joseph-Keilberth-Saal statt.

Helle Dramatik

Die Klassiker Pathetik und Melancholie

David Fray

D

Genießen können Sie das 1. Kammerkonzert am Sonntag, dem 6.10. um 17.00 Uhr in der Konzerthalle Bamberg, im Joseph-Keilberth-Saal mit einer Einführung um 16.30 Uhr.

„artist in Residence“

Konzertabende mit Tim Feller

A Bei ihrem ersten Zusammentreffen spielten Robin Ticciati, Emanuel Ax und „die Bamberger“ Werke von Robert Schumann und Johannes Brahms. Jetzt haben sie wieder zwei Klassiker im Gepäck: Ludwig van Beethovens Klavierkonzert Nr. 3 ist eine Komposition, die bei aller pathetischen Dramatik eine große innere Unbeschwertheit bewahrt; ähnlich Antonín Dvořák Symphonie „Aus der Neuen Welt“ - sie ist ein Werk freudiger Melancholie.

Mit neuem Elan

A

12 Monate lang dauerte seine „Generalpause“: 2012 zog sich Till Fellner für ein Jahr vom Konzertbetrieb zurück, um seine Film-, Literaturund Kompositionskenntnisse zu vertiefen und neue Werke zu erarbeiten. Einzig für Bernard Haitink unterbrach er dieses Sabbatical, um auf dessen Einladung hin mit dem Boston Symphony Orchestra Mozarts Klavierkonzert Es-Dur KV 482 aufzuführen. Jetzt wird er „artist in residence“ bei den Bamberger Symphonikern.

„Literatur entblättert“ © Bati Reinsbach

ner hat pausenlos auf ihn eingeredet und dabei so viel gefuchtelt, dass ich die Bestellungen vorsichtshalber über Verdis linke Schulter angereicht habe, das war sicherer.“ Eingeflochten in das Gespräch erklingen Auszüge aus den Opern der beiden Komponisten, arrangiert und dargeboten von german hornsound, dem jungen Hornquartett um Christoph Eß, Solohornist der Bamberger Symphoniker.

B und C Libretto von Herbert Rosendorfer und Karl Dietrich Gräwe, Musik kommt von german hornsound, es liest Martin Neubauer. D Die Vorstellung findet am 25. Oktober, um 20.00 Uhr, im Großen Haus.

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B und C Dirigent ist Robin Ticciati, am Klavier Emanuel Ax

D Freuen Sie sich auf einen traumhaft musikalischen Abend. Die Konzerte finden jeweils am Freitag, 6.12., um 20.00 Uhr und am Samstag, 7.12., um 20.00 Uhr im Joseph-Keilberth-Saal der Konzerthalle Bamberg statt.

Das Orchester kennt ihn gut. Er hat an die zwanzig Konzerte mit der Bayerischen Staatsphilharmonie gegeben und dabei stets Kompositionen präsentiert, die ihm sehr am Herzen liegen: Werke von Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven. Außerdem war er mit „den Bambergern“ im Jahr 2011 auf einer ausgedehnten Südamerika-Tournee. Es war nicht die einzige Konzertreise, auf der man Till Fellner in den letzten Jahren erleben konnte: Im Herbst 2010 hat der Poet am Klavier seinen gefeierten Zyklus von Ludwig van Beethovens 32 Klaviersonaten abgeschlossen. Dieser hatte ihn nach New York, Washington, Tokio, London, Paris und Wien geführt. Nachdem er also mit Beethovens Klaviersonaten bereits in jungen Jahren einen Werkzyklus zur Aufführung gebracht hat, den Hans von Bülow einmal als das »Neue Testament« der Klavierliteratur bezeichnete, wird Till Fellner nun „artist in residence“ bei den Bamberger Symphonikern - Bayerische Staatsphilharmonie. Im Gepäck hat er, der alte Bekannte, Werke jener Komponisten, die den Kern seines Repertoires bilden und in denen die lyrischen

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Spitzenköche erzählen vom Essen

Eine genussvolle Erinnerung an den vergangenen Sommer

LEICHTE GAUMENFREUDEN SpitzenKöche erzählen vom Essen. Der Sommer in diesem Jahr ließ lange auf sich warten. Doch dann kam er mit Macht: der Juli und der August waren so heiß wie lange nicht mehr. Das ist zwar jetzt schon wieder ein Weilchen her, aber genau deswegen wollen wir ein paar sommerliche Gefühle hinüberretten in die kalte Jahreszeit. Wir träumen von frischen Zutaten aus der Region, zum Beispiel aus der Bamberger Gärtnerstadt. Wir denken voller Wehmut an die leichte sommerliche Küche, wir sehnen uns bei aller Vorfreude auf Weihnachten schon wieder nach der Unbeschwertheit des nächsten Sommers. Wir tun das in zwei Bamberger Restaurants – dem „Josch. Haus der Gaumenfreuden“ und dem „Szenelokal Ölkannla“. Bereits im 17. Jahrhundert galt die Königsstraße in Bamberg als wichtigste Handelsstraße in Deutschland. Damals noch Steinweg, erhielt die Straße ihren heutigen Namen aufgrund des Besuchs von König Ludwig I. von Bayern. Einst wurde dort fleißig Handel betrieben, ein Handelshaus neben dem anderen säumte die Straße. Auch heute noch findet man in der Unteren Königstraße ein paar alte Wirtshäuser und Restaurants, welche die Zeit überdauert und einige Geschichten zu erzählen haben. Eines davon ist das Restaurant Josch . Das ehrwürdige Gebäude mit der Hausnummer 28 ist bereits seit 1745 Brauerei und Aufenthaltsort für viele Handelsreisende gewesen. Damals hieß es noch „Weißes Lamm“. Selbst der alte Goethe soll hier einst in der sogenannten „Goethestube“ übernachtet haben.

Jos de Leeuw ist Inhaber des Josch und steht als Chefkoch auch selbst am Herd. Die Gäste sind, falls sie dem Chef des Hauses einmal persönlich die Hand schütteln möchten, jederzeit in der geräumigen Küche willkommen. Die Liebe hat den Hollän-

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Spitzenköche erzählen vom Essen

Von Vanessa Koch Mit Fotos von

Frank Wunderatsch

Spargelröllchen im Josch

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Spitzenköche erzählen vom Essen

Vegetarisches Drei-Gänge-Menü . für 4 Personen Restaurant Josch. Haus der Gaumenfreuden der vor 16 Jahren nach Bamberg geführt und die Liebe zum Kochen ist es, die ihn in seinem Restaurant in Bamberg hält. Das Josch steht für gute, ehrliche und mediterrane Küche. Es wird hier sehr viel Wert darauf gelegt, dass nur frische Zutaten verarbeitet werden. Geliefert wird aus Bamberg, aber auch vom Gemüsemarkt aus Sizilien. Daneben findet frischer Fisch aus Hamburg seinen Weg ins Haus der Gaumenfreuden. Im Josch kommen natürlich auch Extrawünsche nicht zu kurz. Bei den Gerichten auf der Speisekarte findet man vegetarische, saisonale und sogar laktosefreie Produkte. Wer also gerne gut Essen geht und seinen Gaumen verwöhnen möchte: das Josch hat von Dienstag bis Freitag mittags von 12 Uhr bis 14 Uhr und Montag bis Samstagabend von 17.30 Uhr bis 23 Uhr geöffnet.

Polentakuchen mit Ricotta, Tomaten und Basilikum

Spargel-Mikado

Vorspeise Spargel-Mikado und sautierte Strauchtomaten Grüner und weißer Spargel Strudel- oder Filoteig Strauchtomaten 100g Butter

Den Spargel … in den Strudelteig (10x10 cm) einrollen. Butter schmelzen, Röllchen damit einpinseln und ab in den Ofen. 10 – 15 Minuten Heißluft bei 180°C. Dazu eine Ziegenkäse-Tomatencreme mit …

Jos de Leeuw steht für gute, ehrliche mediterrane Küche

50g Tomatenmark 100g Ziegenfrischkäse 2 EL Joghurt 1 Knoblauchzehe und Thymian

Und eine Erdnuss-Koriander-Tapenade mit… 200g weiße Bohnen 2 Knoblauchzehen 1 EL Erdnussbutter ½ Bund Koriander ein Spritzer Zitrone 1 EL Olivenöl Salz, Pfeffer

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Spitzenköche erzählen vom Essen Hauptgericht

Eimasse, Sahne und Fruchtpüree dazugeben und zum Schluss die aufgelöste Gelatine zugeben und durchmischen. Die Masse in kleine Behälter abfüllen und 5 Stunden bei minus 18°C frieren.

Polentakuchen mit Ricotta, Tomaten und Basilikum 1 kg Polenta 3 L Milch 800g Ricotta 5 Tomaten 1 Bund Basilikum 2 Knoblauchzehen 1 rote Zwiebel 2 EL Olivenöl 2 EL Stärke 2 Eier 200g gehobelten Parmesan Salz, Pfeffer, Muskat

Die Zwiebeln… fein würfeln. 2 EL Olivenöl im Topf (5 Liter) erhitzen und die Zwiebel und Knoblauchzehen darin leicht andünsten. Milch dazugeben und aufkochen. Anschließend die Polenta dazugeben und so lange rühren, bis sich die Polenta leicht vom Böden lösen lässt. Die warme Masse in eine Springform geben. Ricotta … mit ½ Bund Basilikum, Stärke, Eier, Salz und Pfeffer verrühren und auf die Polentamasse drücken. Tomaten… vierteln und auf das Ricotta setzen. Den Rest Basilikum darüber streuen und mit Parmesan bedecken. Auf 185°C Heißluft goldbraun backen.

Pistaziensauce: 100g Pistazien Milch 200ml Sahne Pistazienöl 2 EL Zucker 1 TL Maisstärke

Fruchtparfait mit Pistaziensauce und Kletskopje

Dessert Fruchtparfait „Kletskopje“

mit

Pistaziensauce

und

Parfait: 1 Liter Sahne 7 Eier 300g Zucker 300g Fruchtpüree 2 Gelatineblätter Die Sahne steif schlagen, 5 Eier trennen. 5 Eigelb mit 2 ganzen Eiern und dem Zucker über dem Wasserbad warm schlagen bei 56°C und danach sofort vom Bad nehmen und kalt schlagen.

Die Pistazien leicht anrösten, mit Zucker und Sahne aufkochen und ca. 10 Minuten köcheln lassen. Maisstärke in kalter Milch lösen und unter die warme Masse rühren. Mit dem Stabmixer zerkleinern und mit ein paar Tropfen Pistazienöl verfeinern. „Kletskopje“ … backen auf 167°, ca. 10 Minuten. Das Parfait mittig in den Teller geben und die Sauce rundum verteilen. Den Keks mittig aufsetzen.

Spargelröllchen werden mit Butter bepinselt.

Das Ölkannla sieht so aus wie es klingt. Neben dem traditionellen „Ölkännchen“ nämlich findet man hier alles, was das Schrauberherz höher schlagen lässt: Ein Vier-Zylinder Motorblock dient als Zapfanlage, eine Motorhaube oder eine 100 Jahre altes Fahrrad zieren die Wände. Inhaberin Ina Höllein hat das Szenelokal wirklich zu einem Platz für Liebhaber alter Fahrzeuge gemacht. Doch nicht nur das Restaurant selbst ist außergewöhnlich, auch das Gelände, auf dem es sich befindet. Seit 2005 ist hier nämlich das Oldtimerzentrum „Schraubverbindung“ mit seinen über 25 Betrieben zu Hause. Neben einem Museum und verschiedenartigen Werkstätten befindet sich hier auch ein Vespaladen mit Cafe im Stil der 60er Jahre. Das Restaurant selbst gibt es bereits seit 2008, im Jahre 2009 hat es Ina Höllein übernommen. Drei Köche sorgen in der offenen Küche für mediterrane, hochwertige Gerichte. Hier wird vor allem

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Spitzenköche erzählen vom Essen

Vegetarisches DreiGänge-Menü . für 4 Personen Ölkännla Bamberg besonderen Wert auf frische und regionale Produkte gelegt. Nur die Steaks kommen aus Amerika und Argentinien. Neben regionalen Bieren gibt es dazu - ganz stilgerecht - auch das eigens gebraute „Altöl“, ein dunkles Kellerbier. Daneben findet man neben der Speisekarte auch eine Tageskarte mit Menü und Weinempfehlungen. Das Szenelokal Ölkännla ist für alle Interessierten von Montag bis Samstag von 16.30 Uhr bis 23.00 Uhr geöffnet. Wer also etwas Oldtimerluft schnuppern und sich von frischen und regionalen Speisen verzaubern lassen möchte, ist hier genau richtig.

Oben: Seesaibling im Gurkenfond

Vorspeise

Unten: Wassermelone mit Ziegenfrischkäse

Karamellisierte Wassermelone mit Ziegenfrischkäse an Wildkräutersalat 1 Wassermelone 8 Stück Ziegenfrischkäsetaler 100g Pistazien, geschält und ungesalzen Brauner Rohrzucker Butter Wildkräutersalat als Beilage 150 ml Olivenöl Salz Dressing (Essig und Öl)

Jan Reichel hat das köstliche Menü zusammengestellt und für uns gekocht.

Die Wassermelone… schälen, entkernen und in formschöne Teile schneiden. Danach in einer Pfanne mit Butter und Rohrzucker ankaramelisieren. Anschließend bei ca. 80 Grad Umluft, 10 Minuten in den Backofen geben und mit dem restlichen Butterkaramell aus der Pfanne beträufeln. Den gewaschenen Wildkräutersalat mit dem Dressing marinieren und auf einem Teller anrichten.

Unten: Hausgemachtes Himbeer-Rosensorbet

Die Pistazien… und das Olivenöl mit einem Pürierstab aufmixen und mit Salz abschmecken. Die Melone aus dem Ofen nehmen und mit dem Ziegenkäse auf den Teller geben. Den Käse leicht mit einem Gasbrenner zum Schmelzen bringen. Das „Pistazienpesto“ hinzugeben. (der Wildkräutersalat kann auch in einem Zucchininest angerichtet werden. Dafür eine dünne Scheibe Zucchini der Länge nach schneiden, und an

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Isomalt wird erhitzt

beiden Enden je gegenüber einschneiden. Anschließend ineinander stecken und Salat hineingeben).

Dessert

Hauptspeise

Hausgemachtes Himbeer-Rosensorbet in der Zuckerkugel

Lauwarmer Seesaibling im Gurkenfond mit Mohnöl und Fenchelspitzen 4 Stück Seesaibling á 120g 2 Gurken 100 ml Birkenblättersirup Mohnöl Mohnsamen Salz 2 Stück Fenchel 500 ml Fischfond Sonnenblumenöl

Haut vom Saibling… entfernen und in Sonnenblumenöl knusprig raus backen. Die Gurken waschen, der Länge nach halbieren und die Kerne mit einem Löffel entfernen. Anschließend die Gurken durch einen Entsafter geben. Den gesalzenen Fischfond in einer feuerfesten Form aufkochen, beiseite stellen, den gehäuteten Fisch hineingeben und anschließend bei ca. 80 Grad 10 Minuten in den Ofen geben. In der Zwischenzeit den Mohn (ohne Zugabe von Fett) leicht anrösten. Vom Fenchel… die kleinen grünen Spitzen abzupfen. Den Gurkensaft erwärmen und mit vier Esslöffel Birkenblättersirup und Salz abschmecken. Den „Abfall“ der Gurke aus dem Entsafter nehmen und durch ein grobes Sieb streichen. Anschließend erwärmen und ebenfalls mit dem Sirup und Salz abschmecken. Zum Anrichten den Gurkenfond in einen Pastateller geben, den Saibling in die Mitte setzen und das Gurkenpüree darauf anrichten. Auf das Püree die Fenchelspitzen, den Mohn und die frittierte Haut setzen. Zum Schluss den Gurkenfond mit Mohnöl beträufeln.

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1 EL Rosenwasser ca. 250g Isomaltzucker für 8 Zucker(-Halbkugeln) Schöpfkelle (0,33l) als Form 300g Himbeeren 1 Eiweiß 50 ml Weißwein Rosenwasser 60g Zucker und 25g Glukose

Himbeeren… mit Weißwein, Rosenwasser und Zucker kurz aufkochen. Topf in Eiswasser stellen, damit der Ansatz schnell herunter kühlt. Anschließend die Masse mixen, Glukose hinzugeben und durch ein feines Sieb streichen. Eiweiß steif schlagen und unterheben. Danach in einer Eismaschine frieren. Für die Kugeln… Isomalt erhitzen,bis die Masse im Topf Bläschen bildet. Anschließend den Topf vom Herd nehmen und leicht abkühlen lassen. Er sollte sich langsam von einem Esslöffel ziehen. Den Zucker über die eingefettete Rückseite der Schöpfkelle ziehen (ein Gittermuster). Den Zucker nur mit Löffel bearbeiten (er ist sehr heiß !!!! ). Zum Anrichten eine Halbkugel auf vier Himbeeren setzen, das Sorbet anrichten und mit der zweiten Halbkugel verschließen. Das Sorbet kann auch gut in einer Schale mit Champagner aufgegossen werden.

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Foto: Henning Rosenbusch

Hier Wohnte...

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Hier Wohnte...

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Pfarrherren und Kunstmaler In Bamberg gibt es viele Gebäude, die schon ein Paar Jahrhunderte auf dem Buckel haben und so manche Anekdote erzählen könnten. Eines davon ist das Barockpalais in der Pfarrgasse 1, das seit ein paar Jahren wieder in neuem altem Glanz erstrahlt. Nach schweren baulichen Schäden, wurde es ab 1999 in drei Jahren komplett restauriert. Besonders viel Wert wurde auf den Erhalt kleiner Besonderheiten aus der langen Geschichte des Hauses gelegt. von Vanessa Koch Fotos:Frank Wunderatsch

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uf dem Grund des heutigen Palais stand zunächst der Pfarrhof der Oberen Pfarre, 1150 erstmals erwähnt. Der heutige Neubau entstand dann im 18. Jahrhundert. Im Jahre 1920 kam das Barockpalais in die Hände der Beneficiatenstiftung Johann Kaspar Molitors, die das Gebäude schließlich 1999 zur Restaurierung und Sanierung verkaufte. Bereits das mächtige Eingangsportal zum Haus wirkt prunkvoll mit seiner über dem Rundbogen angebrachten Blattmaske und den vielen, alten barocken Schlössern und Beschlägen, die heute wie damals dazu dienten, das große hölzerne Tor zu verriegeln. Im Eingangsbereich entdeckt man zur Rechten ein altes Supraportengemälde, das noch aus der Erbauungszeit vor 300 Jahren stammt und in Teilen erhalten werden konnte. Zur Linken erinnert eine alte Türklingel mit Zug an längst vergangene Zeiten. Durch die große Eingangshalle gelangt man in den kleinen, romantischen Arkadenhof, der von einer Steinfigur bewacht wird, einer Kopie aus dem Park in Veitshöchsheim. Der Hof selbst hatte in den vergangenen Zeit allerdings einen weniger romantischen Zweck: Bei Gewittergüssen führten die gesammelten Wassermassen der Dächer und des Hofes zu einer schwallartigen Entleerung einer im Hof angebrachten Latrine in Richtung Eisgrube. 1933 hatte das unappetitliche Toilettenintermezzo des herrschaftlichen Hauses dann allerdings ein Ende: Das Haus wurde an die städtische Kanalisation angeschlossen und der gemauerte Kanal unter dem

Gebäude verfüllt. Auf vier Stockwerken im Barockpalais wohnt heute die Familie Popp. Eine große, alte Milchglastür führt in die Wohnung, der erste Weg in die kleine Küche. Ein Teil von ihr gehört zum früher noch offenen Arkadenrundgang. Erkennen lässt dies eine Wand, die einen Flur zur Küche schafft und in der ein kleines Fenster eingebaut ist. Die Küche selbst befindet sich bereits seit 300 Jahren an derselben Stelle und teilte sich früher den Platz mit Bad und Toilette. Von der Küche aus lässt sich eine Tür zu einem Teil des noch heute bestehenden Arkadengangs öffnen, von dem aus man auf den Innenhof blicken kann. Zurück im Flur kommt man in das große, gemütliche Wohnzimmer, in dem noch großflächige Reste der alten Wandbemalung zu sehen sind. Kein Raum im Haus ähnelt dem anderen und kaum ein Zimmer ist quadratisch, sondern eher rechteckig oder verwinkelt. Die Tür im Wohnzimmer stammt noch aus alten Zeiten mit einer kleinen Besonderheit: Noch immer befinden sich in den Angeln Lederbeilagscheiben. Diese wurden früher dazu benutzt, dass die Türen nicht quietschen. Steigt man die Stufen in den zweiten Stock hinauf, so erreicht man einen Zwischenraum, in dem heute der Sohn der Popps sein Zimmer hat. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts befand sich dort das Atelier von Annas Maria Freiin von Oer. Sie lebte damals mit ihrem Vater, Freiherr Theodor von Oer, in diesem Gebäude. Beide waren bedeutende Kunstmaler, noch heute hängen Werke Theodors von Oers im Dresdner Zwinger. Da es in der damaligen Zeit

nicht in jedem Raum einen Ofen gab, öffnete Anna Maria einen Luftschacht in der linken Ecke des Zimmers, der in ihr Schlafzimmer im dritten Stock führte. So gelangte die warme Luft aus dem Atelier in die oberen Räume. Gegenüber vom Bad befindet sich heute das elterliche Schlafzimmer, das jedoch damals als Speisezimmer genutzt wurde. Noch heute befinden sich dort eine dunkle Vertäfelung des altdeutschen Speiseraums und eine romantische Balkendecke. Steigt man die Treppen zum vierten Stock hinauf, so erwartet den Besucher der Höhepunkt des Hauses: Eine große Terrasse über den Dächern Bambergs. Eine der Wenigen und sicherlich schönsten in der Bamberger Innenstadt mit Blick auf die St. Stephans Kirche, Obere Pfarre und Dom mit Residenz sowie das Böttingerhaus. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz, auch die Bewohner haben als Vorgabe zweimal im Jahr bei den traditionellen Prozessionen Fenstertücher auszulegen und das Haus zu beflaggen, um die barocke Volksfrömmigkeit zu bewahren, ein immaterielles Weltkulturerbe. Ein eher kleines Opfer allerdings im Vergleich zu dem, was die Mieter im Gegenzug bekommen: Einen Wohnraum, der, liebevoll restauriert, einen wunderschönen Blick über die Dächer Bambergs gestattet und der für seine Erhaltung den Hypokulturpreis 2005 und die Bayerische Denkmalschutzmedaille erhalten hat. Ein Kleinod mit Geschichte inmitten Bambergs Altstadt.

Das Ketschendorfer Schloss im Spätsommer Foto: Val Thoermer

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Aus dem Portfolio unserer Fotografen

Galerie Coburg

Aus dem Portfolio unserer Fotografen

Val Thoermer Val Thoermer ist ein Meister seines Fachs. Eigentlich ist er ein Werbefotograf, der über ein unglaubliches Portfolio verfügt, das über die großen amerikanischen Bilddatenbanken erreichbar ist. In den USA wurden auch die meisten seiner Fotos bisher veröffentlicht. Sogar in der guten alten New York Times. Obwohl schon lange im Raum Coburg lebend, wurde er hier erst durch seine „Weihnachtsbilder“ im ersten COBURGER einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Hier zeigen wir einige seiner Portraits von Kindern und Frauen.

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Von Peter Einheuser

LifeStyle-Stick Die Cigarren Kommen Zurück Bilder, die man von Cigarrenrauchern im Kopf hatte, stimmen nicht mehr. Der Protz mit der dicken Havanna und die Schiebermütze hinter Korn und Bier sind gegangen oder zumindest Randfiguren geworden.

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igarren waren und sind vielerlei Vorurteilen ausgesetzt. Und das durchaus zwiespältig; denn zum einen galten sie oft als „stinkende und qualmende Stumpen“ am Stammtisch sitzender älterer Männer, die für das Vergnügen „mal ein bis zwei Groschen“ ausgaben. Und auf der anderen Seite sind sie die Metapher für „reiche Bosse mit der dicken Havanna“. Doch wie soll das zusammengehen? Die Groschenstumpen stinken und sind kleinbürgerliches Genusszubehör wie der Korn und das Glas Bier und andererseits sind die Havannas vor allem dick und lang und gehören in das - meistens feiste Gesicht eines immer zu Unrecht Geldhabers. Dazu gibt es dann noch Bilder von Cigarre rauchenden Berühmtheiten, die heute nicht mehr jeder aber immer noch viele im Kopf haben. So wie zu Humphrey Bogard die filterlose Zigarette gehörte zu Clint Eastwood der Zigarillo, den er selbst dann noch im Mundwinkel trug, wenn er seit Stunden erloschen war. Churchill ohne Cigarre war gar nicht vorstellbar. Man hat sie, sagen böse Mäuler, erst aus seinem Mund genommen, als man den Sargdeckel schließen wollte. Und in Deutschland ist der Macher

© ardis creative service partners

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Cigarrentasting von C.A.O. in Atlantic City, New Jersey, USA

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Cigarren unseres Wirtschaftswunders, Ludwig Erhard, auf kaum einem Foto ohne Cigarre zu sehen. Frauen gab es nur mit Zigarette und bis in die Fünfziger des letzten Jahrhunderts besonders elegant mit Zigaretten-Spitze. Aber mit Cigarre? Eher nicht, wenn man mal von Monika Lewinski absieht. Zwischenzeitlich war die Cigarre fast schon aus unserem visuellen und olfaktorischen Leben verschwunden. Zunächst gewann die „schnelle“ Zigarette gegen die langsame Cigarre die Oberhand. Lange bevor es rauchfreie Restaurants gab, wurden Cigarrenraucher in einen besonders reservierten Teil des Restaurants gesetzt, weil mehr Tabak, der auch noch länger brennt, auch länger brauchte, bis er verflog. Da waren Zigarettenraucher angenehmer. Und mit abnehmender Zahl der Raucher wurden auch die Cigarrenläden weniger. Auf dem Lande sind sie fast völlig verschwunden. Und nachdem in den meisten Ländern der westlichen Welt und gerade besonders auch in Deutschland in fast allen öffentlichen Gebäuden, Büros und Restaurants das Rauchen gänzlich untersagt ist, sieht man zwar überall neben den Eingängen hastig an ihren Glimmstengeln ziehende Zigarettenraucher stehen, die besonders im Winter ganz offensichtlich im Appetenzkonflik zwischen Wärme und regelmäßiger Nikotinzufuhr stehen. Cigarrenraucher sieht man dort nie. Wie auch, wenn selbst eine sehr kurze Cigarre fast eine halbe Stunde hergibt. Und warum auch, wenn es keine Nikotinzufuhr vermisst wird. Cigarren werden - von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen (siehe Churchill) nicht häufig genug geraucht und schon gar nicht inhaliert. Zwar nehmen die Mundschleimhäute über den Rauch Nikotin auf, aber bei weitem nicht genug, um auch nur annähernd mit Zigaretten vergleichbar zu sein. Keine Zeit, selten Gelegenheiten, keine Läden und alle Vorbilder schon alt oder gar verstorben. Cigarren sind mega-out. Waren mega-out. Nicht mehr. Cigarren sind schon seit einigen Jahren wieder im Kommen. Weltweit. Auch in Deutschland und auch hier in Oberfranken. Inzwischen hat sich einiges verändert. Die Bilder, die man von Cigarrenrauchern im Kopf hatte stimmen nicht mehr. Der Protz mit der dicken Havanna und die Schiebermütze hinter Korn und Bier sind gegangen oder zumindest Randfiguren geworden. Cigarren sind in der Mitte angekommen und lassen sich keiner Altersgruppe mehr zuordnen. Zwar ist die Mehrheit der Cigarrenraucher noch männlich, doch ihre Dominanz nimmt ab. Immer mehr Frauen wählen in den wieder entstehenden Cigarrenshops zwischen einer „dominikanischen oder der aus Honduras“. Auch Havanna hat im Laufe der Zeit gelitten und seine Vormachtstellung eingebüßt. Die Qualität der exportierten Cigarren ist schon seit langem unregelmäßig mit Tendenz nach unten. Schon vor Jahrzehnten hat es bereits der berühmteste aller Cigarrenhändler, Zino Davidoff aufgegeben, seine Ware aus Kuba zu beziehen. Ihn zog es zu den großen Tabakpflanzungen in der Dominikanischen Republik. Dort und in den benachbarten Ländern der

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Karibik hatten sich schon seit langem die früheren Tabakfarmer Kubas angesiedelt, nachdem sie vom Castro-Regime enteignet worden waren. Ihre über Generationen kultivierten Tabaksamen hatten sie mitgenommen. Bis zu dreißig Jahre kann es dauern, bis sich eine Tabakpflanze so entwickelt, dass man von einem hochwertigen Tabakblatt sprechen kann. Und das was die Fuentes und Perdomos letztlich auf den Markt brachten, übertraf bei weitem alles, was es bis dahin aus Kuba zu kaufen gab. Inzwischen haben jüngere Generationen die Pflanzungen übernommen und neue Vermarktungsstrategien entwickelt. Neue Manufakturen entstanden aus dem Nichts, wie zum Beispiel C.A.O. in den USA, die Ci-

als noch vor zwanzig Jahren. An warmen Tagen sitzen in den Straßencafés der Fressgasse, parallel zur berühmten Goethestraße, mehr Cigarren Aficionados als es früher „Stumpenraucher“ beim Äppelwoi in den einschlägigen Kneipen gab. Auch in Coburg hat sich wieder eine Cigarrenkultur entwickelt. Heike Altmann, die ihr Geschäft am Markt betreibt und im Internet unter „Cigar-Aficionada“ bewirbt, ist selbst eine passionierte Cigarrenliebhaberin. Die Kunden kommen nicht nur aus Coburg sondern auch aus den benachbartem Landkreisen. Sie kaufen nicht nur Cigarren sondern nehmen häufiger auch einen seltenen Single Malt

Eine Übersicht

Cigarren GröSSen & Sorten Petit Corona

102 x 15 mm (L/∅)

runder Kopf

25 Minuten

Robusto

126 x 19 mm

runder Kopf

40 Minuten

Corona

151 x 15 mm

runder Kopf

50 Minuten

Panatela

161 x 13 mm

runder Kopf

45 Minuten

Torpedo

162 x 20 mm

spitzer Kopf

60 Minuten

Churchill

188 x 19 mm

runder Kopf

70 Minuten

Edle Whiskys und feine Cigarren liegen im Trend

garren als qualitativ hochwertige Lifestyleprodukte entwickelten und auch so anboten. C.A.O.-Cigarren heißten „Sopranos“, „MX2“ oder „Italia“. In New York City, das für die strengsten Antirauchergesetze der Welt bekannt ist (das Rauchen ist teilweise auf der Straße verboten), gibt es mehr Cigarrenbars als sonst auf der Welt. Und die Besucher sind Frauen und Männer gleichermaßen. Es ist die Mittelschicht, die sich hier zur „After-Work-Hour“ trifft und relaxt. In deutschen Großstädten ist das nicht anders. In Frankfurt gibt es inzwischen mehr Cigarrenläden

Whisky oder einen hochwertigen Rum mit. Cigarren werden zelebriert, Man raucht nicht so gerne alleine und trifft sich lieber mit Gleichgesinnten beiderlei Geschlechts. Die Cigarre ist auch nach Coburg zurückgekehrt. Und das Publikum ist durchaus sachverständig. „Aber die Coburger waren ja schon immer etwas weltläufiger und wussten zu genießen. Und wenn es hinter verschlossenen Türen war“, schmunzelt Heike Altmann.

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Über Stock und Stein

Über Stock und Stein Der neue OffRoader von VW Ein Pick-Up - das ist doch so eine bullige Kiste aus US-Serien, oder? Männlich. Markant. Fehlt nur noch, dass der auferstandene Ben Cartwright aus Bonanza mit seiner Knarre aus dem Führerhaus springt. Dass ein Pick-Up aber eben nicht nur ein Nutzfahrzeug sein muss, sondern auch fast ein ganz normales Auto sein kann, beweist VW mit seinem Amarok. Das Gefühl von Freiheit und Abenteuer fährt dabei immer mit.

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u wenig männliche Hormone? Einfach mal Amarok fahren. Dann steigt der Pegel wieder. Der Amarok ist nämlich nicht nur das richtige Auto für alle, die viel auf Baustellen, im Wald, am Berg oder in der freien Natur zu tun haben, sondern auch für die Gattung Mann, die sich mal wieder wie ein kerniger Typ aus der Marlboro Werbung fühlen möchte, obwohl sie doch der tägliche Bürojob im feinen Zwirn der letzten herben Männlichkeit beraubt hat. Einfach daran denken, woher der Amarok kommt: aus Argentinien nämlich. Dort werden mit ihm verirrte Schafe eingefangen. Amarok heißt aus der Sprache der Inuit „Wolf“, klar, dass sich kein Schaf mit ihm anlegen möchte. Eigentlich erstaunlich, dass der Amarok erst vor ein paar Jahren aus Süd-

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amerika den Weg in die Republik fand. Schafzüchter sind hier zwar eher selten, aber Rinderzüchter, Gärtner, Jäger, Reiter, Förster gibt es genug oder eben Städte und Gemeinden, die sich zur Pflege ihrer Liegenschaften ja auch gerne den Amarok zulegen. Wir testen den VW Amarok DC Trendline 2.0 TDI mit Double Cab (die Single Cab ist wirklich eher was für Einzelgänger), da passt dann auch die ganze Familie rein, wenn man Mama und den Kindern mal die Prärie zeigen oder das Wochenende zum herbstlichen Bergwandern aufbrechen möchte. Die Anfahrt wird auf jeden Fall angenehm. Der Amarok läuft zwar unter Nutzfahrzeug, ist aber auch ein angenehmes Reisemobil. Sanft gleitet er beim Test über die oberfränkischen Straßen, die Gänge sprechen zügig an, 180 Stundenkilometer fährt der Kraftprotz, gleichzeitig bleibt es angenehm still in der Doppelkabine. Und innen ist der Amarok ohnehin ein echter VW. Ein Volkswagen eben. Schlicht, praktisch, sachlich. Mehr muss nicht sein. Alles ist da, wo es hingehört, übersichtlich angeordnet. So kennt man es. Das schafft erst einmal Vertrauen. Eine Luxusausstattung erwartet ja auch niemand von einem Wolf, der durch sein Revier streift. Zuverlässig muss er sein, ein treuer Gefährte und manchmal bissig, wenn es drauf ankommt.

Und das ist er. Im Gelände nämlich entfaltet der Amarok seine echten Qualitäten. Wenn mal ein Schlammloch im Weg ist, der Waldweg vom letzten Starkregen weggeschwemmt, Hindernisse den Weg versperren, kein Problem, der zuschaltbare 4Rad-Antrieb samt Differenzialsperre ist ein hilfreicher Begleiter in der Not. Damit meistert man mitteleuropäische Geländeprobleme relativ locker, ob bergauf oder bergab. Mit ihm kann man sein Revier abfahren, die Waffe lässig auf den Beifahrersitz gelegt, falls doch mal ein wildes Raubtier aus dem Fichtenwald springt. Und klar: für das Leben in der Wildnis ist neben dem Zigarettenanzünder gleich noch ein 12 Volt-Anschluss angebracht. Dann kann es zur Fluppe zwischendurch eben auch ein eisgekühltes Bier aus dem Bordkühlschrank geben. Doch weil auch ein Cowboy heute mit der Zeit geht und

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Über Stock und Stein der Amarok ja auch in feiner Gesellschaft eine gute Figur abgeben soll, sind auch eine Telefon-Freisprecheinrichtung und eine Geschwindigkeitsregelanlage mit an Bord. Radio, Navi, Winterpaket, Multifunktionsanzeige, ParkPilot gehören auch mit dazu. Und damit man als Ranger dann nicht schweißgebadet zum abendlichen Empfang erscheint, sorgt die Klimaanlage für ein wohltemperiertes Fahrgefühl, wenn die Herbstsonne am Abendhimmel glüht. Der Amarok ist irgendwie ein Kompromiss zwischen Straßen- und Geländefahrzeug, zwischen Freiheit und Frack, und doch ein Spezialist für alle Gelegenheiten. Geht nicht? Geht doch! Selbst Einkaufen macht mit ihm Spaß, er ist nämlich nicht so unbeweglich, wie er aussieht. Zwar fünf Meter lang und mit LKW-Feeling, aber wendig. Ein- und Ausparken auch auf dem Parkplatz vom Supermarkt also kein Problem. Und dann erst die schmachtenden Blicke der Frauen, wenn man lässig aus dem Führerhaus springt…

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ei allem PKW-Komfort ist der Wolf aber in erster Linie immer noch ein Kraftpaket mit einer hohen Nutzlast, 1 Tonne kann er locker bewegen, das muss ihm erst einmal einer nachmachen. Unsere sportliche Testvariante hat übrigens ein geschlossenes Hardtop, das gibt es gegen Aufpreis. Ein überdimensionaler Kofferraum quasi, männlich ist aber die Variante ohne. Auf der Pritsche ist richtig Platz für Baumaschinen oder Baumstämme. Und zur Not kann man dort nach getaner Arbeit auch sein Mittagsschläfchen halten und sich dabei in der Herbstsonne wärmen, den Cowboyhut lässig über die Augen gezogen.

Technische Daten

VW Amarok DC Trendline 2.0 TDI Verbrauch

6,9l/ 8,8l/7,6l (Außerorts/ Innerorts/ Kombiniert)

Hubraum

1968 cm³

Leistung

140 PS

Preis

ab 33.962 € (ab 26.600 €)

Besonderheit

gelängetauglich

Den Amarok gibt es als Single-Cab schon ab gut 20000 Euro. Das ist dann aber wirklich die Rohversion. Wenn man also wirklich als Lonesome Cowboy ohne modernen Schnickschnack sein Revier kontrollieren möchte, ist das sicherlich das Richtige. Fünf Ausstattungsvarianten bietet VW insgesamt an. Bis hin zum Highline und ganz neu dem Amarok Canyon. An die 40000 Euro wird man dann schon los und Extras dazu gibt es ja auch noch. Wenn es um die Motorisierung geht, kann man zwischen unterschiedlichen Dieselvarianten wählen, mit mehr oder weniger PS, mit oder ohne Automatikgetriebe. Benziner gibt es keine. Wäre ja auch unmännlich. von Wolfram Hegen Fotos: Henning Rosenbusch

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Inhalt

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Impressum

Impre ssum

Bamberger – Das Magazin Ausgabe 2 / Oktober 2013 Erscheinungsweise viermal jährlich Auflage 3500 Stück www.bamberger-magazin.de/ Verlag: Das Magazin Verlagsgesellschaft UG (haftungsbeschränkt) Seidmannsdorfer Straße 84 96450 Coburg Telefon: 01523.404.3021 info@das-magazin-verlag.de Herausgeber: Peter Einheuser und Wolfram Hegen

Wir sind Ba mberger | Da s M ag a zin

Wolfram Hegen

Peter Einheuser

Herausgeber und Chefredakteur

Herausgeber und stv. Chefredakteur

Christiane Schult

Wolfram Porr

Freier Mitarbeiterin und Journalistin

Vanessa Koch

Freier Mitarbeiter und Journalist

Val Thoermer

Freie Mitarbeiterin

Freier Mitarbeiter und Fotograf

Frank Wunderatsch

Johanna Springer

Chefredakteur: Wolfram Hegen stv. Chefredakteur: Peter Einheuser redaktion@das-magazin-verlag.de Weitere Autoren dieser Ausgabe: Wolfram Porr Christiane Schult Vanessa Koch Fotografen dieser Ausgabe: Frank Wunderatsch Val Thoermer Shutterstock, News5 Illustrationen / Cartoons: Peter Einheuser Johanna Springer Layout / Grafik / Gestaltung: Peter Einheuser

Anzeigengestaltung: einheuser.ardis&friends, Coburg Anzeigenvertrieb: Denise Waletzko anzeigen@das-magazin-verlag.de Es gilt die Anzeigenpreisliste 02/2013

Druck: FROMM Druck- und Verlagshaus 49074 Osnabrück Leserbriefe bitte an: briefe@das-magazin-verlag.de Preis: 4 € inkl. 7% MwSt., Abo-Preis, jährlich: 18 € inkl. Porto und Versand Briefe an die Redaktion: briefe@das-magazin-verlag.de

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Freier Mitarbeiter und Fotograf

Freier Mitarbeiterin und Illustratorin

Thomas Apfel Freier Mitarbeiter und Rundfunkjournalist

InternA | aus dem M ag a zin Die Redaktion hat ein neues Büro. Während unser Verlag nach wie vor in der Seidmannsdorfer Straße in Coburg residiert, sind Redaktion und Anzeigenvertrieb in eine schöne alte Mühle in den Itzgrund umgezogen. Val Thoermer ist unser Starfotograf. Bevor er hier von uns erstmals in Oberfranken abgedruckt wurde, konnte man seine Bilder meist nur in Übersee bewundern. Sogar die New York Times hat ihn schon gedruckt. In diesem Heft gibt es zwei Fotostrecken von ihm. Frank Wunderatsch ist ein hochtalentierter und trotz seines jungen Alters bereits ein sehr erfahrener Fotograf, der in Nordbayern seit Jahren regelmäßig gedruckt wird. Ab Herbst zieht er des Studiums (Kommunikationsddesign) wegen nach Würzburg. Er wird weiter für uns arbeiten. Johanna Springer ist neu im Team. Sie studiert Innenarchitektur und ist eine glänzende Illustratorin. Sie kommt aus einer „Kunst affinen“ Familie. Für diesen BAMBERGER hat sie den Titel gezeichnet.

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Der Monaco Franke

Der Monaco Franke Neues Aus Der Hauptstadt Früher war halt doch alles besser. Zumindest im Fußball. Die Spieler wechselten ihren Verein noch nicht so häufig wie Franz Beckenbauer im Interview „schau’n mer mal“ sagt, nur um ein paar Mark mehr zu verdienen. TRADITION wurde noch groß geschrieben, ja ganze Städte und Stadtteile definierten sich – wie heute höchstens noch Kaiserslautern oder Schalke - über die Erfolge ihrer Mannschaft. Es gab rechte und linke Läufer, Vorstopper und den guten alten, heute völlig aus der Mode gekommenen Libero. „4-3-3“ oder „4-4-2“ waren noch keine Bezeichnungen für taktische Spielsysteme, sondern der möglicherweise gewinnbringende Hinweis des Lotto-Toto-Blocks in der „Spiel mit“, nämlich dass bei einem bevorstehenden Spiel die Wahrscheinlichkeit eines Heimsieges bei weniger als 50 Prozent lag!

erst am FCN-Trainingsgelände eine junge Journalistin an, die den Kapitän unerhörterweise um ein Statement gebeten hatte, und ließ dann auch noch die Pressesprecherin intervenieren, als das thematisiert wurde. Allmächd! Souverän geht anders! In der Liga gab’s dann immerhin noch einen versöhnlichen Saisonstart mit dem 2:2 nach 0:2-Rückstand bei Plastik Hoffenheim und demselben Ergebnis gegen den furiosen Aufsteiger Hertha BSC. Zu verdanken hatte das der Club unter anderen zwei Neuzugängen, bei denen man meinen könnte, Sport-Geschäftsführer und Manager Martin Bader hätte sie nur deshalb ausgesucht, weil man

von einer Wiederholung des Abenteuers Bundesliga träumen. Sogar im eigenen Stadion wirkt der Greuther 1:0-Tee wieder! Abgesehen von den beiden ehemaligen Deutschen Meistern ist Franken rein fußballerisch ja eher brachliegendes Gebiet. Von Oberfranken mal ganz zu schweigen. Mit dem FC Eintracht Bamberg und der Spielvereinigung Bayern Hof finden sich die Klassenbesten in der Regionalliga Bayern – 4. Liga, das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Die Zeiten, da sich Hof als noch nicht fusionierter FC Bayern (was soll das „Bayern“ da eigentlich – geht’s denn noch?!?) und die SpVgg Bayreuth in

Knapp zweieinhalb Monate nach dem historischen Triple-Triumph des FC Bayern-Wir-kaufen-auchwenn-wir-ganz-oben-sind-der-Konkurrenz-nochdie-besten-Spieler-weg- München fiel am 9. August endlich der Startschuss für die 51. Bundesliga-Saison. Eine Spielzeit, die – glaubt man allen Experten – eigentlich gar nicht gespielt werden müsste, weil der Sieger ohne jeden Zweifel schon vorher feststeht. Aber, liebe Leute, selbst wenn es so wäre, geht es ja nicht immer nur um Platz eins, den die Bayern nach den Verpflichtungen von Ex-Barcelona-Trainer Pep Guardiola und Dortmunds Offensiv-Alleskönner Mario Götze vermeintlich sicher haben. Es geht auch um Champions-League-, Europa-League- und Abstiegsplätze. Zwischen sich und Letzteren würde der 1. FC Nürnberg – immer noch der erfolgreichste Verein Nordbayerns und Frankens Stolz - gerne immer einen gewissen Sicherheitsabstand halten. Aber der Volksmund weiß: Der Glubb is a Depp. Und genau deshalb ist auch dieses Jahr wieder erhöhte Vorsicht geboten bei den Nermberchern. Das ziemlich peinliche Pokal-Aus beim SV Sandhausen muss zwar nicht unbedingt ein schlechtes Omen sein, denn auch vergangene Saison schieden die Glubberer in der ersten Runde gegen einen (noch) klassentieferen Gegner aus und wurden am Ende immerhin Zehnter. Doch „des Joahr kennert’s widder amoll zimmlich gnabb werrn“, unken die Fans. Nach dem Pokal-K.o. lagen die Nerven bei einigen Spielern jedenfalls schon ziemlich blank. So blaffte Torwart Raphael Schäfer

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sie hier im Frankenland so schön aussprechen kann: Gindschägg und Drimmidsch - herrlich! Das fränkische Derby gegen Fürth - pardon: Färdd – wird es frühestens erst wieder in der kommenden Saison geben. Denn die Gleebläddler sind nach nur einem Jahr im Oberhaus ja sang- und klanglos abgestiegen. Die beste Nachricht in dem Zusammenhang lautet deshalb wohl, dass die Stadtgrenzen zwischen Nürnberg und Fürth wieder sicherer geworden sind. Den tatsächlich so überlieferten Satz eines ClubFans wird man so also nicht mehr so schnell hören: „Wenn Färdd gwinnt, gibt’s nochm Schbill kaa Färdd mehr!“ Doch immerhin – vier Siege nach den ersten vier Spielen lassen die Grün-Weißen schon

der 2. Bundesliga Süd noch rassige Duelle lieferten, sind ungefähr so lange her, wie es Trikotwerbung im Fußball gibt. Damals moderierten noch Ernst Huberty oder Fritz Klein die „Sportschau“ um 17.48 Uhr, in der Aufzeichnungen von lediglich drei Partien (!) gezeigt wurden. Die übrigen Resultate wurden ohne Angaben von Torschützen, Gelbsündern oder gar Ballbesitzzeiten oder sonstigen vielsagenden Statistiken lediglich verlesen. Während sich seitdem vieles im Fußball geändert hat, scheint die Zeit in Oberfranken stehengeblieben zu sein. Mehr als das Spiel der eigenen Elf regt die Fans der Wechsel der Biermarke im Stadion oder das verbrannte Poor Brodwerschd auf. Die Stadien – Ausgabe

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Auf ein Wort zumindest in Hof und Bayreuth – teilen das Schicksal von Bayern-Doc Hans-Wilhelm Müller-Wohlfarth: Sie sehen zwar irgendwie noch aus wie vor 40 Jahren, doch trotz mancher Schönheitskorrekturen können sie ihr wahres Alter nicht verbergen. In Bayreuth hatten sie deshalb die Idee, im Zuge der Vereinsumbenennung in „SpVgg Oberfranken Bayreuth“ (aus marketingtechnischen Gründen, wie betont wird) zumindest ein paar Spiele pro Saison im vergleichsweise hochmodernen Stadion in Jottwehdeh bei Weismain auszutragen. Wie da ein (Fußball-)Schuh draus wird? Zufällig hat einer der Sponsoren des Bayernligisten das kleine Schmuckkästchen einst bauen lassen, damals, als es seiner Baufirma noch gut ging und er sich mit dem SC Weismain ein kleines fränkisches Hoffenheim leistete, das es sogar einmal kurz in die damals dritthöchste Liga schaffte. Ja, so ist das mit dem oberfränkischen Fußball. Die glorreichen Zeitens ind lange vorbei! Im oberbayerischen Speckgürtel würde man darüber lachen, wenn es irgendjemanden interessierte. Tut es aber nicht, und das ist traurig, oaich traurig! Aber versetzen Sie sich doch mal kurz in die Lage eines sagen wir Münchners. Der Fußballfan aus der Landeshauptstadt kann sich aussuchen, ob er zu den Bayern, zu den Löwen, nach Unterhaching, zu seinem Dorf- oder Stadtteilklub geht. Freie Auswahl! Das heißt: nicht ganz, denn ein Ticket für ein Heimspiel des FC Bayern zu ergattern dürfte inzwischen um einiges schwieriger sein, als sich die sämtlichen Vornamen und Nationalitäten aller Freundinnen unserer Herzogenauracher Fußball-Ikone Lothar Matthäus zu merken. Obwohl das so ist, ist der Trend der „friend“ der Bayern. Hier, wo es bis vor wenigen Jahren längst nicht ausgemacht war, ob die „Roten“ oder doch eher die „Blauen“, also die Löwen-Fans, in der Überzahl sind, ist die Farbenwahl bis auf weiteres eindeutig entschieden. München ist errötet. Die so häufig zitierte „Schere zwischen Arm und Reich“ is a Dregg gegen die Schere zwischen Blau und Rot. Ausnahmen bestätigen die Regel, aber wer sich in der Landeshauptstadt als Sechziger outet, wird nicht mehr wie früher angefeindet, sondern offen bemitleidet. „Einmal Löwe, immer Löwe“? Der Spruch wird allenfalls noch von Karsten Wettberg und monatlich wechselnden Präsidentschaftskandidaten geprägt. Die Wahrheit liegt auf ’m Platz, und zwar in diesem Fall auf dem Marienplatz, wo es für die Anhänger des TSV 1860 schon ewig nichts mehr zu feiern gab! Die Reichen werden immer reicher, die Erfolgreichen immer erfolgreicher. Das ist der Lauf der Zeit, und den kann man wohl schlecht aufhalten. Dass früher alles besser war, mag sein. Die Zukunft war es sicher nicht. Und wenn ich’s mir so überlege: Beim nächsten Stammtisch werde ich, wenn die selbsternannten Fußballexperten auf das 4-5-1 zu sprechen kommen, das quasi fließend in ein 4-3-3 verwandelt werden kann, fragen: „Ach, schbillt Ihr auch Doddo?“ Schätzla, schau wie iech schau!

Der Monaco Franke mit seiner Münchner Sicht auf die fränkische Seele sucht übrigens auch auf Facebook neue Freunde! Für den Bamberger von Wolfram Porr

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Herbst 2013

Sprachvergewaltigung Der Gastbeitrag von Hans G. Tanner

Ist Ihnen in letzter Zeit mal der Gedanke gekommen, dass Sie in der Zeit die Sie in einer Woche zusätzlich aufwenden müssen um korrekt zu sprechen, morgens an einem beliebigen Wochentag eigentlich eine Stunde länger schlafen könnten? Ich schreibe das in der Gewissheit, dass ich weder ein Chauvinist, Rassist oder Macho bin. Man muss nicht darüber streiten, um festzustellen, dass man heutzutage allzu schnell in die falsche Ecke gerückt wird, wenn man sich politisch unkorrekt “nicht korrekt genug“ ausdrückt. Vorauseilender Zwang zur Selbsterziehung ist häufig die Folge und führt gelegentlich zu sehr üblen Sprachgebilden. Im von der Gesellschaft (wer ist das eigentlich) selbst auferlegten Zwang, niemandem verbal Gewalt anzutun, vergewaltigen wir unsere Sprache. In dem Bemühen „genderneutral“ zu sprechen und zu schreiben, schaffen wir Wort- und Satzungetüme, die selbst ein gut gebildeter Mensch kaum noch versteht. Von denen (das ist jetzt politisch unkorrekt), die schon mit einer einfachen klaren Sprache Probleme haben, ganz zu schweigen. Die schweizer Journalistin Claudia Wirz brachte kürzlich ein erschreckendes Beispiel eines grässlichen Sprachunglücks. Ich zitiere aus einer Mitteilung der Patientenstelle Aargau-Solothurn. Es geht um die medizinische Schweigepflicht: «Grundsätzlich untersteht jeder Arzt / jede Ärztin der Schweigepflicht. Es gibt jedoch Ausnahmen. Wenn der Patient / die Patientin die Ärztin / den Arzt von der Schweigepflicht entbindet, darf diese/r Auskunft erteilen. (. . .) Der/die behandelnde Arzt/Ärztin ist verpflichtet, den Kantonsarzt / die Kantonsärztin über Infektionskrankheiten wie zum Beispiel Aids zu informieren.» Wirz hat ihren Artikel, der im Juli in der Neuen Züricher Zeitung erschienen ist so überschrieben: „Die Sprache des korrekten Menschen lässt niemanden aus, würdigt niemanden herab und wird immer allen gerecht. Nur einer tut dieses Neusprech Unrecht: der Sprache selber.“ Die Beamten unseres Bundesverkehrsministeriums haben auf Druck der Berliner Genderexperten im April diesen Jahres eine neue Straßenverkehrsordnung verabschiedet, über deren Sprache der Spiegel bereits vorab spottete. Der Geschlechterneutralität fielen die Worte „Fußgänger“, „Radfahrer“ oder „Verkehrsteilnehmer“zum Opfer und müssen mit teils abenteuerlichen Begriffen ersetzt werden. Die Stadt Hannover hat laut Spiegel bereits reagiert und ersetzt die „Fußgängerzonen“ durch den Begriff „Flaniermeilen“. Sollte ich einmal politisch unkorrekt nicht immer genderneutral reden und einen sich überaus dumm verhaltenden Menschen „Radfahrer“ nenne, ist das nicht bös gemeint. Ich will nur Zeit sparen. Davon habe ich nämlich zu wenig. An dieser Stelle laden wir Coburger und Nicht-Coburger, Zu- oder Abgereiste herzlich ein, ihre Meinung kundzutun. Hier in unserem Magazin. Wenn Sie etwas zu sagen haben, sprechen Sie uns an.

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Das Letzte Bamberger | Das Magazin erscheint wieder im Dezember 2013. Anzeigenschluss ist am 10. November 2013

Meinungsumfragen

Meinungen sind Schnell Verderbliche Ware.

Cheers

...Und das zum Schluss Freiheit bedeutet Verantwortlichkeit. Das ist der Grund, weshalb die meisten Menschen sich vor ihr fürchten.

George Bernhard Shaw Es gibt ein unfehlbares Rezept, eine Sache gerecht unter zwei Menschen aufzuteilen: Einer von ihnen darf die Portionen bestimmen, und der andere hat die Wahl.

Gustav Stresemann

Um ernst zu sein, genügt Dummheit, während zur Heiterkeit ein großer Verstand unerlässlich ist.

William Shakespeare Der Klügere gibt nach! Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit.

Marie von Ebner-Eschenbach Eine Lüge ist bereits dreimal um die Erde gelaufen, bevor sich die Wahrheit die Schuhe anzieht.

Mark Twain

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Ausgabe

2 / Herbst 2013


In der Zeit, in der Sie eine Tasse Kaffee trinken,...

...könnten Sie auch eine Online-Überweisung ausführen. Zum Beispiel an die Deutsche KinderKrebshilfe. Das Konto finden Sie etwas weiter unten. Und sollten Sie Morgen den ersten Menschen, dem Sie auf der Straße begegnen, anlächeln, dann haben Sie gleich zwei schöne Tage hintereinander. Kreissparkasse Köln Spendenkonto 82 82 82 BLZ 370 502 99 Stichwort „KinderKrebshilfe“ Eine kleine Erinnerung von Bamberger - Das Magazin.


Der n채chste Bamberger erscheint Anfang Dezember 2013


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