Nr. 3
Sommer 2013
Magazin f端r Politik. Gesellschaft. Lifestyle.
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Preis 4,00 Euro
Seite 36: Coburgs Handel ohne Ideen?
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Inhalt
Coburger / Das Magazin Ausgabe 3 .Sommer 2013 8 Hören. Sehen.Staunen In Coburg 11 Stadtgespräch 16 68 86 95 96 97 98
Christiane Schult
Das Letzte
Das Grauen bleibt 20 Traumatische Erlebnisse bei Polizei und Feuerwehr.
Fotostrecke
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Wolfram Hegen
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Interview
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Wolfram Hegen Peter Einheuser
Briefe Theater & KOnzert Galerie Impressum Monaco Franke Auf Ein Wort
Drohne über Coburg Bilder über Stadt und Land.
Handel Abschreiben? Coburgs Geschäftswelt im Wandel.
Findet Handel nicht mehr Stadt? Interview mit Coburgs City-Managerin Annette Kolb.
Was Macht der Kastner? 52 Coburg im Superwahljahr. Eine Übersicht. Du schaffst das
Daniela Greschke
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Cornelia Stegner
Theater mit dem Umbau 64 Die notwendige Sanierung zieht sich hin.
Thomas Apfel
70
Heidi Schulz-Scheidt
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Christiane Schult
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Wolfram Hegen
90
Wolfram Hegen
92
Wenn junge Menschen an Krebs erkranken.
Hobby: Kampfmaschine Kickboxerin Kristine Avermarg.
Hier Wohnten... Bonbonkocher und Theatermaler.
Sommer auf dem Teller Spitzenköche erzählen vom Essen.
Schönling für die StraSSe
Der neue CLA von Mercedes.
Steinig schön ...Garten mal anders.
Titel-Illustration. Coburg an der Itz
Illustration von Peter Einheuser
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Drohne 端ber Coburg Bilder 端ber Stadt und Land
Inhalt
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Handel Abschreiben? Coburgs Gesch채ftswelt im Wandel
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Das Grauen Bleibt Traumatische Eins채tze bei Polizei und Feuerwehr
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Inhalt
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Was macht der Kastner? Die Duelle im Superwahljahr.
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Hobby: Kampfmaschine Kickboxerin Kristine Avermag 3/
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Sommer auf dem Teller Spitzenköche reden vom Essen
Hier wohnten... Bonbonkocher und Theatermaler
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Du schaffst Das!
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Theater mit dem Umbau
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Schönling für die Strasse
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Steinig Schön
Wenn junge Menschen an Krebs erkranken.
Die Sanierung zieht sich hin.
Der neue Mercedes CLA.
...Garten mal anders.
Coburger | Das Magazin
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Was ist los in Coburg
Hören. Sehen. Staunen. In Coburg Juni || Juli || August
Im Juni Kleinkunst
Sport Orientieren Sie sich Nur nicht die Orientierung verlieren und den falschen Weg einschlagen. Das könnte bei den Bayerischen Sprintmeisterschaften im Orientierungslauf am 9. Juni ab 10 Uhr katastrophale Folgen haben. Wohin genau die Route führt, wird vom austragenden Verein TV Coburg-Neuses nicht verraten. Schließlich soll sich keiner einen Wettbewerbsvorteil verschaffen können. Musst du selber gucken!
Kleinkunst Hofmanns in der Zauberwelt Neue Songs, neuer Sound, neuer Name. Aus dem erfolgreichen Schlager-Geschwister-Duo Hofmann wurden unlängst Anita und Alexandra Hofmann und auch vom volkstümlichen Schlager Image wollen die beiden Schwestern weg. Mit dem neuen Programm „Sommernacht“ geben die beiden Künstlerinnen am 13. Juni um 20 Uhr ein Konzert in der Zauberwelt Grub. Dass sie nicht nur singen, sondern auch mit den verschiedensten musikalischen Geräten umgehen können, zeigt das Repertoire an Instrumenten, das sie im Gepäck mitführen: Alphorn, Mundharmonika, Akkordeon, Gitarre, Harfe, Hackbrett, Lyra, Saxophon, Xylophon… Musst du hören!
Essen & Tanzen Kultur International Bauchtanz und Köfte, Irish Stepdance und Pizza, Flamenco und Soljanka. Bei der Internationalen Woche „Wir sind Coburg“ vom 16. bis zum 23. Juni zeigt sich das bunte Gesicht von Coburgs Bevölkerung. Alle Nationen unter einem Hut, an verschiedenen Orten in der Stadt. Da ist was los. Da gibt’s was zu sehen und an allen Ecken lecker Essen. Musst du probieren!
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Beinahe die Harmonists Und endlich macht die Zauberwelt in Grub ihrem Namen mal wieder alle Ehre. Fünf ausdrucksstarke Sänger zaubern. Und zwar mit ihren Stimmen. Und zwar nur mit ihren Stimmen. Ein unvergessliches Klangerlebnis, täuschend echte Bandatmosphäre. Ohne Instrumente. Kreischende Gitarren, dröhnende Bässe und schmetternde Bläser: alles mit dem Mund. Musix - eine der renommiertesten A-capella-Formationen Deutschlands meldet sich zurück mit dem neuen Programm „Fhainkost“. Feinkost für die Ohren. Am 21. Juni um 20 Uhr. Musst du erleben!
Airshow Stunts auf Tragflächen 10, 9, 8, 7, 6, 5, 4, 3, 2, 1, zero! Ready to take off? Sensationelle Stunts auf den Tragflächen eines Flugzeugs. Atemberaubende Loopings am Himmel über Coburg. Von dröhnenden Motorengeräuschen ordentlich was auf die Ohren bekommen alle Technikfreaks bei der Airshow 2013 auf der Brandensteinsebene am 6. und 7. Juli. Wieder bestaunt werden dürfen außerdem die 5500 PS starke Lufttransportmaschine Transall, Fallschirmspringer bei der Arbeit oder, wer es ein bisschen gemütlicher mag: knallig bunte und geräuscharme Freiluftballons. Wer tatsächlich einen Rundflug wagen will: Hinten anstellen. Eintritt für Kinder bis 12 Jahre frei.
Im JuLi KLassik Open Air Konzert Immer noch nicht genug gesehen und gehört? Der Generalmusikdirektor des Landestheaters setzt am 6. Juli um 20.30 Uhr auf der Wiese des Rosengartens noch eins drauf und beschallt alle Liebhaber der harmonischen Töne mit dem Klassik-Open-Air
Konzert des Jahres. Im Grünen sitzend Debussys Meeresrauschen lauschen und in die mitgebrachte Leberwurstsemmel beißen. Ohr und Gaumen, was willst du mehr? Eintritt wie immer frei. Rechtzeitig Picknickdecke auspacken und Plätzchen reservieren. Solltest du!
Sport Kleinballartisten Wer es lieber Indoor mag, wie es ja neudeutsch heißt, der sollte am 7. Juli ab 17 Uhr die HUKCoburg Arena aufsuchen. Bereits zum dritten Mal nämlich ist in Coburg Weltklasse-Tischtennis zu sehen, wenn die Herren Boll, Ovtcharov, Persson, Saive und Baum den kleinen weißen Ball mit Höchstgeschwindigkeit über die Platte jagen. Zum Tischtennis Super Cup 2013 werden wieder einige Tausend Fans dieser schnellen Sportart erwartet.
Samba Jetzt geht‘s los Noch voller wird es aber am zweiten Juliwochende in Coburg: Und Bunt. Und Laut. Sonne oder Regen? Egal. Mit dem Auto unterwegs? Schlecht. Stimmung: Super (außer bei den Anwohnern). Einwohnerzahl in der Vestestadt: 40 000 plus 199 000. Auf was warten wir eigentlich? Auf die Copacabana auf dem Marktplatz. Auf einen Caipirinha unter den Schlossarkaden. Auf Capoeira in der Spitalgasse. Die Mutter aller Sambafeste vom 12. bis 14. Juli. Nur in Coburg. Musst du mitmachen oder ganz weit weg fahren!
Bummeln Sommermarkt Und wenn die Coburger dann wieder ganz unter sich sind wird’s gemütlich. Auf dem Sommermarkt am 18. Juli in der Coburger Innenstadt mit Überaschungsprogramm.
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Was ist los in Coburg
Im August
Essen & Trinken Schlossplatzfest Also wenn Sie noch nie etwas von Hugo gehört haben, weder Hummer noch Entrecote mögen und auch eher weniger davon begeistert sind, die neuen Sommerschühchen in einem vom Staub dreckigen Plastikzelt der Allgemeinheit zu präsentieren, dann sind Sie völlig fehl am (Schloss-) Platz um diese Zeit. Tja, wenn da nicht immer auch noch – ganz nebenbei – ein sehr unterhaltsames Rahmenprogramm wäre mit Bühnenshows, LiveMusik und Performances. Ganz umsonst. Naja und eigentlich kann man ja auch ganz profanes Schweinesteak, einen Riesen Kartoffeldätsch und ein kühles Bierchen zu sich nehmen. Vom 18. bis zum 22. Juli auf dem Schlossplatzfest. Musst du hin (Wenn du gesehen werden willst)!
Rummelplatz Schützenfest Manche schießen ja gerne mal den Vogel ab. Ob bei der Umwidmung von Coburgs Straßennamen im Sinne einer einwandfrei demokratischen Beschilderung. Oder aufgrund ihrer Sammelleidenschaft für
Rock & Pop Open Air Konzerte Dass die beste Band der Welt nur deshalb nach Coburg kommt, weil sie bei ihrem letzten Konzert im September 2012 in Bamberg von einem NaziAufmarsch in der Vestestadt hörten und deswegen ein Zeichen gegen rechts setzen wollen, ist nur ein Gerücht. Dass Die Ärzte kommen, ist keines! Am 22. August rocken sie den Schlossplatz und dass Farin Urlaub, Bela B. und Rod Gonzales live noch besser sind als wie auf Platte, wissen alle, die sie schon erlebt haben. (Die Autorin der Veranstaltungstipps ist leider nicht zugegen, denn sie ist an diesem Tag zurück in Westerland. Schade!) Gleich im Anschluss wird die Bühne umgebaut für den WahlCoburger Xavier Naidoo. Am 23. August präsentiert der Mannheimer Junge nach eher rappig-souligen Zeiten nun sein 5. Studioalbum wieder einmal mit leiseren Tönen. Ich kenne nichts was so schön ist wie Du, Xavier. Musst Du mitsingen!
© Bati Reinsbach
Tiersticker, der sie ganz offiziell frönen. Ganz original geht’s aber nur vom 26. Juli bis zum 4. August auf dem Coburger Vogelschießen. Und wenn man mit dem Schießgewehr eher weniger im Sinn hat, dann tuts auch das Kettenkarussell, die Steckerlfischbude oder der Eispalast. Sensationen, Sensationen. Zwei Wochen lang muss man seine Runden drehen. Wenn man nicht am Strand liegt.
Wellness Baden & Musik Nach so viel Feiern tut ein bisschen Entspannung gut, die Muskeln lockern, wellnessen. Am besten beim Sommerfest der ThermeNatur in Bad Rodach am 28.7. von 14 bis 18 Uhr. Sommerlaune, Musik mit den singenden Bademeistern und andere Attraktionen. Und dazu ein bisschen im Wasser plätschern – der Sommer kann so schön sein.
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Essen & Trinken Nur noch Klöße Rund ums Coburger Nationalgericht geht es beim Coburger Klößmarkt. Der Rutscher in allen Varianten, mit oder ohne Fleischbeilage, übernimmt für drei Tage das Regiment auf dem Coburger Marktplatz. Wer Hunger hat, wer diese Spezialität mal in besonderem Rahmen genießen oder wer mit Coburgern und Gästen feiern möchte, sollte sich das kulinarische Festival nicht entgehen lassen. Vom 30.08. bis zum 01.09.
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Stadtgespräch... Design oder nicht-Sein
Schandfleck
Seit 25 Jahren finden die Coburger Designtage statt. Seit vielen Jahren im Frühsommer Ende Mai und/oder Anfang Juni. Gerade in den letzten Jahren hat sich die Veranstaltung zum wahren Publikumsmagneten entwickelt. Vor allem am
Sommerzeit, Touristenzeit. Auch in Coburg. Vor allem die Veste Coburg ist beliebtes Ausflugsziel. An schönen Wochenenden oder Feiertagen zieht es die Besucher zu Fuß, per Bimmelbahn oder Bus in Richtung der Coburger Sehenswürdigkeit. Doch
weise Frühlingsfenster in der Wolkenwand. Prompt zog es auch den COBURGER hinaus ins Grüne. Der Josiasbiergarten sollte das Ziel sein. Leider wurden wir enttäuscht oder nein wohl eher bestätigt. Der „Josias“, wie er liebevoll im Volksmund heißt, öffnet, so der Eindruck, wirklich erst bei längeren
Ehemaliger Festungshof als zeitweilige Bauruine
Feiertags-Donnerstag als auch am Sonntag strömten die Massen. In diesem Jahr war das aber ein bisschen anders. Nanu, wunderten sich Coburger und Gäste am letzten Sonntag in den Pfingstferien: Gar nix los auf dem Hofbrauhausgelände? Es sind doch Designtage? Da war doch immer Partystimmung, Begeisterung, Design zum Anfassen? Ja, war… Ab diesem Jahr nämlich macht die Hochschule Coburg ihr eigenes Ding. Und das heißt „Designcampus open“. Und der öffnet erst am Mittwoch und schließt schon am Samstag. Die eigentlichen Designtage werden dagegen vom Coburger Designforum Oberfranken veranstaltet, so wie seit vielen Jahren. Und die fanden auch in diesem Jahr von Dienstag bis Sonntag statt, vor allem im ehemaligen SÜC-Gebäude am Schillerplatz, in der Ketschenvorstadt und am Marktplatz.
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unterhalb trübt eine Bauruine den prächtigen Eindruck: der ehemalige Festungshof, jetzt in Privatbesitz. Der Anbau abgerissen, offene Wunden auch oberhalb des Parkplatzes, die Auffahrt verwaist, der Biergarten leer, ein Bauzaun sperrt das Gelände ab. Es tut sich – nichts mehr. Laut Stadtverwaltung sind zwar alle Pläne genehmigt, dennoch geht nichts vorwärts. Schade. Ein Schandfleck an prominenter Stelle, das hat Coburg nicht verdient.
Schönwetterperioden. Also zogen wir ab, wir hatten ja eh Hunger und hätten uns bestimmt auch über die üblichen langen Wartezeiten beim Essen wieder geärgert. Da sei übrigens ein Besuch auf dem Staffelberg empfohlen: egal wie viele Betrieb (und dort oben ist oft sehr viel Betrieb) in der dortigen Wirtschaft auf dem Gipfel auch ist, verhungern kann man dort nicht.
Geschlossene Veranstaltung I
Der Coburger Convent. Geliebt, gehasst, geduldet in der Vestestadt. Wer kann, flieht in südliche Gefilde, wer nicht kann, mischt sich unter die Kappenträger und fühlt sich nach Fasching und vor Samba halt zum dritten Mal wie im Karneval. Das kennt man mittlerweile. Üblich sind auch die Demonstrationen am Rande der Veranstaltung, ohne Zwischenfälle in diesem Jahr. Üblich war es
Sommerzeit – Biergartenzeit. Auch in Coburg. Mit den ersten warmen Strahlen zieht es die Bürger hinaus ins Grüne, an lauschige Plätzchen, zum Essen, Trinken, Treffen. In diesem Jahr allerdings war der Start in die Biergartensaison wetterbedingt reichlich mühsam. Bei 7 Grad und Dauerregen wie im Mai schiebt man dann doch lieber noch einen Holzscheit in den Ofen. Aber so ein paar Tage gab es doch, wo die Sonne mal hervor lugte, kleine tage-
Alleine saufen
Fortsetzung auf Seite 12
Coburger | Das Magazin
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Stadtgespräch Fortsetzung von Seite 11
Der Coburger GeschenkGutschein
auch in früheren Jahren, dass viele Studenten ihre Frauen mitbrachten, sie mit einer Kreditkarte oder genügend Bargeld ausstatteten, das diese dann im Coburger Handel verprassten. Doch diese Zeiten sind vorbei. Viele Frauen bleiben zu Hause. Saufen können die Männer auch alleine. Und der Handel muss auf ein gutes Geschäft verzichten.
Niemals ein CoburgEr Das neue alte Kennzeichen für die Neustadter scheint ein echter Renner zu werden: ab 10. Juli soll es das „NEC“ wieder geben. 1000 Vorbestellungen liegen schon vor. Ein unverhofftes Geschäft für die Schilderstelle im Landratsamt Coburg.
Schauspieler Schlagen BBC Im letzten Jahr forderte eine Gruppe von Schauspielern des Landestheaters, angeführt von unserem Redaktionsmitglied Frederik Leberle, den BBC Coburg zu einem Basketballmatch heraus und ver-
des Coburger Schlachthofes nach Bekanntwerden der Vorwürfe zufällig von einem Jäger auf dem Handy angerufen wurde. „Hast Du Lust auf Wild, ich habe gerade ein Reh geschossen?“ soll der gesagt haben. Der Appetit des Angerufenen aber hielt sich in Grenzen…
Zuwachs Die Vestestadt hat ohne eigenes Zutun dem Bevölkerungsentwicklung ein Schnippchen geschlagen: während die Zahl der Deutschen um über 1 Million zurückging, ist Coburg um 38 Bürger gewachsen und damit wieder über 41000! Allerdings war der zu Grunde liegende Mikrozensus bereits 2011. Auch Rödental ist demnach übrigens gewachsen, nur Neustadt geschrumpft. Aber immerhin: Oberfranken hat weniger Einwohner verloren als der Rest Bayerns, gerade mal um knapp 6000 hat man sich verrechnet, in Mittelfranken um über 30.000.
Ein Geschenk
das immer passt! Den Coburger Geschenkgutschein erhalten Sie bei den Geschäftstellen der Sparkasse Coburg-Lichtenfels sowie der VR-Bank Coburg eG. Sie können mit ihm einkaufen, ihn weiter verschenken oder mehrere Gutscheine für eine größere Anschaffung „ansparen“. Die Liste der teilnehmenden Firmen wird ständig aktualisiert. Sie liegt bei den beteiligten Banken, Sparkassen und Geschäften aus und ist im Internet unter www.zentrum-coburg.de zu finden.
Schauspieler des Landestheaters besiegten den BBC-Coburg deutlich.
lor deutlich. In diesem Jahr war sportliche „Rache“ angesagt. Und tatsächlich, die Theaterschauspieler haben die BBC-Basketballer mit 75:72 besiegt! Zur Halbzeit lagen die Hobby-Basketballer, angeführt von Frederik Leberle, gegen den Bayernligisten gar mit 20 Punkten voraus!
Pressesprecher I
Für Fragen stehen wir Ihnen unter Tel. (09561) 9 73 45 00 sowie unter E-Mail info@zentrum-coburg.de zur Verfügung!
www.zentrum-coburg.de 12
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Der Fleischskandal ist ja wirklich nicht zum Lachen. Abfallfleisch auf Coburger Tellern, das will niemand. Doch selbst so eklige Nachrichten bieten doch genug Raum zum Schmunzeln. Wenn beispielsweise Manfred Thein von der Fleischerinnung Coburg in dem Zusammenhang von einer „Riesen-Sauerei“ spricht, hat das schon was… Auch, wenn viele Bürger die Angelegenheit „Zum Kotzen“ finden, ist eine gewisse Doppeldeutigkeit nicht von der Hand zu weisen. Am besten aber war es, als der Coburger Pressesprecher, Michael Selzer, bei der Begehung
Geschlossene Veranstaltung II Der Medienclub Coburg suchte im April nach einer schönen Location für seinen Medientag im Vorfeld des Coburger Medienpreises. Maximal 50 Leute, Möglichkeit zur Beamer-Präsentation, Getränkeausschank. Im Innenhof vom Goldenen Kreuz wurde man fündig. Was für ein schöner Ort mitten in der Stadt! Genau das Richtige, um die auswärtigen Gäste von Coburg zu begeistern und in kleiner Runde über die Zukunft der Medien zu diskutieren… dachte man. Dann aber kam die alles entscheidende Frage: „Wann soll das stattfinden?“ Antwort: „Nachmittags so ca. 15 Uhr.“ Antwort: „Wir haben nur mittags und abends geöffnet…“ Ach so. Der Medientag fand dann im Hungry Highlander statt.
Mühle zum Einschlafen In die Hahnmühle ist wieder Leben eingekehrt. 1323 wurde die für die Stadt wichtige Getreidemühle
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Stadtgespräch
Knöllchenfieber
von einer Beschwerde nichts bekannt, sagt er gegenüber dem COBURGER. „Auskunftspflicht heißt außerdem nicht, dass ich die Arbeit der Journalisten übernehmen muss.“ so Selzer weiter. Zu seiner Ehrenrettung sei gesagt, dass manche Anfragen auch wirklich kurios sind: so wollte der Redakteur einer lokalen Tagezeitung kürzlich eine Auskunft von der Stadt Coburg. Die Anfrage landete als email beim Pressesprecher. Der antwortete prompt mit einem Link. Dieser wiederum führte zu einem Zeitungsartikel, in dem alle angefragten Informationen enthalten waren. Der Verfasser des Artikels war der anfragende Redakteur selbst. Der antwortete immerhin mit einem kurzen „Danke“.
Das Parken kann für Mitarbeiter oder Besucher der Coburger Industrie- und Handelskammer richtig teuer werden. Zwar steht mit den Plätzen an der Rückseite des Gebäudes in der Allee jetzt mehr Parkraum zur Verfügung, wenn der aber nur einen Deut überschritten wird, freuen sich die Coburger Politessen über Umsatz.
In der Coburger Geschäftswelt scheinen sich einige Verlagerungen anzudeuten, wie es aus gutinformierten Kreisen heißt: so will EDEKA angeblich vom Flossanger weg in Richtung Brockardt Gelände,
am Hahnfluss, einem Mühlenbach der Itz, erstmals urkundlich als „Haynmühle“ erwähnt. Sie gehört zu den ältesten Mühlen der Stadt und wurde wohl Anfang des 14. Jahrhunderts vor den Toren der Stadt errichtet. Das Areal des ehemaligen Mühlenkomplexes bestand aus den Häusern Nr. 68, 70 und 72 im Steinweg. In den letzten Jahren war die Hahnmühle gastronomisch genutzt. Jetzt ist dort das Hotel Hahnmühle 1323 untergebracht. Das Doppelzimmer kostet übrigens 109 Euro, das Einzelzimmer 100. Essen muss man aber woanders, Verpflegung nämlich gibt es nicht.
Gerüchteküche
Coburgs großes Modehaus direkt am Parkhaus Mauer
Auswahl. Beratung. Ser vice. Pressesprecher Michael Selzer
Pressesprecher II Artikel 4 des bayerischen Pressegesetzes sichert der Presse ein Auskunftsrecht gegenüber Behörden zu. Das kann durch Redakteure oder andere beauftragte Mitarbeiter ausgeübt werden. Das Recht auf Auskunft kann nur gegenüber dem Behördenleiter oder einem Beauftragten geltend gemacht werden. Die Auskunft darf zudem nur verweigert werden, wenn auf Grund anderer Vorschriften eine Verschwiegenheitspflicht besteht. So weit, so gut. Natürlich gilt die Auskunftspflicht von Behörden auch für die Stadtverwaltung Coburg. Ob deren Pressesprecher Michael Selzer seiner Auskunftspflicht gegenüber den Medien allerdings immer nachgekommen ist, darüber gibt es unterschiedliche Ansichten. Aus gutinformierter Quelle heißt es, bei der Regierung von Oberfranken sei gegen den Coburger Pressesprecher Beschwerde eingelegt worden. Ihm selber allerdings ist
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Amazon soll zudem Interesse am Chromo-Gebäude in Sonnefeld haben und der Media Markt möchte seinen Standort in Rödental gegen die Lauterer Höhe tauschen. Auch CSU-Bundestagsabgeordneter Hans Michelbach hat sich schon dafür stark gemacht. Die Regierung von Oberfranken allerdings hat etwas dagegen.
Über Gebühr In Weitramsdorf wurde der 70 Jahre alte Schornstein der früheren Möbelfirma Albrecht gesprengt. Ein Spektakel für Anwohner und Medien. Sogar das Bayerische Fernsehen kam angereist. Sogar eine kleine Action-Kamera hatten die öffentlich-rechtlichen Fernsehmacher mitgebracht. Sie hätten sich aber halt vorher über die Fallrichtung des Schornsteins informieren sollen. Wie hoch der Schaden an der Kamera war, ist nicht bekannt.
Modehaus Matzer & Worsch Mauer 12a/14a 96450 Coburg Tel. 0 95 61 / 7 95 60 w w w. mat zer-wor s ch . de
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Š Wolfgang Zwanzger
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Reservieren Sie heute 28. Juni - 27. Juli
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Das Restaurant „La Villa“ zeichnet sich durch eine gelungene Mischung aus mediterraner Leichtigkeit und klassischer Eleganz aus. Wählen Sie à la carte oder unser Menü, genießen Sie zu Mittag einen leichten Business Lunch oder besuchen Sie uns an einem unserer kulinarischen Themenabende. Genießen Sie unsere Gartenterrasse mit einer wunderschönen Pergola vor dem Restaurant „La Villa“. Die mediterrane Atmosphäre lädt ein zum gemütlichen Verweilen und Beisammensein bei kulinarischen Köstlichkeiten.
Saisonale Spezialitäten mit mediterraner Küche
Reservierungen
Wir kombinieren saisonale Spezialitäten mit mediterraner Küche und sprechen auch gerne eine persönliche Empfehlung aus. Der aufmerksame und kompetente Service rundet Ihren Besuch bei uns ab.
0951/91740 oder info@villageyerswoerth.de
Montag bis Samstag mittags und abends geöffnet. 12.00 - 14.00 Uhr 18.00 - 23.00 Uhr (Küche bis 22.00 Uhr) www.villageyerswoerth.de
Unsere kreative Küche unter der Leitung von Andre Gebhardt setzt kulinarische Standards ohne Kompromisse.
Briefe
Briefe Im März 2013 erschien die zweite Ausgabe von „COBURGER – DAS MAGAZIN“. Danach erreichten uns wieder per Mail, über facebook (facebook.com/CoburgerMagazin) und auch per Post viele Nachrichten unserer Leser. Wir fassen das Wichtigste zusammen, nehmen uns dabei auch das Recht heraus, es ein wenig zu kommentieren, und geben als Garnierung ein paar Infos obendrauf.
Worüber wir uns freuen… … ist die Aussage der Bahnhofsbuchhandlung. Laut deren Betreiber ist der COBURGER eine der erfolgreichsten Neuerscheinungen in ihren 100 bundesweiten Bahnhofsbuchhandlungen. Vielleicht lag es auch an der prominenten Platzierung: im Schaufenster direkt neben der ZEIT Werbung für den COBURGER. Vielen Dank dafür, aber auch an die zahlreichen anderen Buch- und Zeitschriftenhändler, Lotto- und Postshops, Kioske, Tankstellen und Einzelhändler, die den COBURGER für uns verkaufen. Auch unsere Facebook-Seite findet viel Zuspruch. Bis jetzt haben wir 1100 Freunde, hoffentlich fürs Leben…Und die haben auch wieder nicht mit Kommentaren gespart. Andreas Kirchner freute sich da schon auf diese ihm jetzt vorliegende dritte Ausgabe, Ralph Medicus findet es sehr angenehm, dass keine 10 Seiten Partypics im Heft sind, Viktor Künstler bezeichnet den COBURGER als das „Geschichtsbuch von morgen“, Martina Köhler schlägt als Namen „CoBiLeBu“ vor – das Coburger Bilder- und Lesebuch, Arno Blickling findet den COBURGER „echt gut, bin beeindruckt“, genauso wie Maximilian Forkel („Bin wirklich beeindruckt, sehr gut gelungen, weiter so!“). Aber Nura Rikio ist da ganz anderer Meinung: Der COBURGER ist „grauenhaft, weil Coburg grauenhaft ist“, schreibt er (oder sie), „aber das ist nur meine Ansicht“. Nein, ist es nicht, Ma Tze nämlich sagt dazu: „Ein Wie-wirke-ich-nicht-so-großkotzig&-überheblich-Buch wäre für einige Coburger, ich betone „einige“, besser.“ Gut, dass wenigstens Caro Lina zu uns hält: „Die Qualität ist super und PreisLeistungsverhältnis total ok“. Übrigens auch auf Puerto Rico. Helgard Gengnagel hat ihrer Schwägerin
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den COBURGER nämlich mitgegeben. Und die lebt dort (in diesem „Frühjahr“ hätten wir gerne mit ihr getauscht...).
Worüber Freunde reden…. Tommy Vincent fand den Artikel über die Jugendkriminalität wirklich sehr objektiv. Allerdings hat er sich beim Rest gefragt, ob er vielleicht mit 31 noch zu jung für den COBURGER ist, freut sich aber, dass es ihn gibt. (Anmerkung: Mit COBURGER lesen kann man gar nicht früh genug anfangen, finden wir). Maik Werner äußerte sich schon vor der Veröffentlichung des COBURGERs und unseres Aufmacher-Themas grundsätzlich zum Thema Kriminalität: „Der Steinweg ist mehr, er ist Existenzgrundlage für eine Vielzahl an Gastronomen, er ist das Herz des Coburger Nightlifes. Und wegen Gewalttaten immer auf den Steinweg zu schimpfen ist lächerlich. 99 Prozent aller Gäste sind friedlich nur das 1 Prozent macht die Probleme. Darüber hinaus hat der Großteil dieses einen Prozents schon Hausverbot in den meisten Bars, aber niemand kann ihnen verbieten sich im Steinweg aufzuhalten. Sucht die Schuld bei den Schuldigen und nicht bei den Gastronomen.“ Das haben wir dann ja auch nicht gemacht, und wir haben vor allem die Gefahr relativiert, in Coburg Opfer von Straßenkriminalität zu werden. Die gefühlte Bedrohung ist wie so oft größer als die tatsächliche. Diese Erkenntnis nützt einem natürlich nichts, wenn man zum Opfer wird, so wie Hie Man: „Mich hat es gegen Ende des letzten Jahres auch im Steinweg erwischt, aber dafür den Steinweg verantwortlich zu machen ist Quatsch...das hätte überall in
Coburg passieren können...“ Auch über unseren Bericht über Geisterfahrer ist diskutiert worden. Harald Clarner stellt die Frage, warum es gerade in unserer Region so auffällig viele Geisterfahrer gibt. Elmar Hahn antwortet mit einer Gegenfrage: „Ist das wirklich so, dass es speziell in unserer Region so oft vorkommt? Oder kommt uns das nur so vor, da wir jetzt eine „große“ Autobahn direkt vor der Haustüre haben?!“ Harald Clarner entgegnet „Mein Gefühl sagt mir „Ja“, aber ich weiß wirklich nicht, ob es da aussagekräftige Zahlen dazu gibt. Wenn ja, dann werden solche Zahlen ja oft unter Verschluss gehalten, um Nachahmungstäter nicht zu animieren.“ Zur Info: in der Tat ist die Zahl der Geisterfahrer im Raum Coburg relativ hoch. Das kann aber, wie auch im Beitrag angedeutet, auch an den vielen neuen Verkehrsführungen in den letzten Jahren liegen (Autobahn etc…). Und so hat auch TC Berkan Balamir Paletti sein ganz spezielles Erlebnis schon hinter sich: „ Ich habe auch schon einen Geisterfahrer gesehen auf der A73 Coburg Richtung Eisfeld, ist aber schon eine Weile her. Bis ich es registriert habe ob es wirklich ist oder ich im falschen Film bin, war er vorbei gefahren. Habe aber vom Seitenspiegel aus gesehen, dass es doch ein Geisterfahrer war. Zum Glück war nicht viel Verkehr.“ Kommen wir zu den schönen Dingen: Viele Fotos aus der frühlingshaften Coburger Land (da wussten wir ja noch nicht, was es für ein Frühling wird…). Gertrude Meier kommentierte unser Bild aus dem Hofgarten: „Sieht total schön aus!“, Susanne Vogt meinte dazu „Diese Perspektive sieht man nicht oft.“ Und Kerstin Rust, Exil-Fränkin in Oberbayern, brachte es auf den Punkt „Mei Heimat!“ Ja, Kerstin, besser kann man es nicht sagen. Und so haben wir auch in diesem 2. COBURGER wieder einige Menschen portraitiert, die dieser Heimat ihren ganz persönlichen Stempel aufdrücken, so wie Marcus Geuss, bundesweit ein Begriff in der Riege der Zauberer und Bauchredner, der mit seiner Zauberwelt in Grub am Forst ein künstlerisches Kleinod mitten in der Pampa geschaffen hat. Bernd Busch meint dazu: Ich finde es auch mehr als erwähnenswert, das man mit so viel Liebe und Engagement, fast am Ende der Welt, ohne staatliche Zuschüsse, einer
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Briefe ganzen Region doch eine Menge Kultur anbietet! Super Marcus!!!“ Der machte zum Dank einen virtuellen Knicks: „Danke für die Blumen! Das ehrt mich und das ganze Zauberwelt-Team!!!“ Weiter so. Auch „Marathon-Mann“ Markus Süße war im letzten COBURGER mit einer großen Geschichte vertreten. Clever, wie er ist, der Markus, nutzte er das gleich für ein Dankeschön bei Einigen seiner Sponsoren: „Hallo X-Bionic, gestern ist Coburger - Das Magazin erschienen mit einem tollen Bericht. Ich möchte mich bei Euch bedanken, dass Ihr mich so toll unterstützt. Mein Dank gilt auch INTERSPORT WOHLLEBEN und inov-8. Danke.“ Jaja, er läuft und läuft und läuft, der Markus.
Was sonst bewegte… …und uns erst einmal beruhigte: die Hindenburgstraße darf ihren Namen behalten. Die von Grünen und einigen aus der SPD eröffnete Diskussion um eine mögliche Umbenennung der Straße auf Grund der umstrittenen Vergangenheit des Namensgebers endete mit einer Ablehnung im Stadtrat. Michael Koziol findet es „Klasse….“, Susanne Vogt meint, „Was hätte man nicht alles Sinnvolles in dieser Zeit tun können... „, Michael Jacob wollte wissen, wer die Befürworter waren und bekam prompt von Alexandra Beck die Antwort: „Die aus Schilda natürlich“. Auch Bettina Hausdörfer kommentierte: „Gott sei Dank kam so ein Unsinn nicht zu Stande.“ Und Simon-Welf Wohlleben ist maßlos enttäuscht: „Und ich habe gehofft, dass Coburg mich, anstatt den alten Paule mit einer Straße würdigt...immerhin war ich Klassensprecher und brav.“ Auch das stundenlange Warten vor Bahnübergängen in Coburg und der mindestens ebenso nervige Widerstand einiger Stadträte gegen neue Bahnunterführungen bewegte die Coburger. Patrick Hein meinte dazu: „Eine absolute Frechheit. Die sollen mal an die Leute denken, die schnell Hilfe benötigen. Bringt mir nichts, wenn der Notarzt 15 Minuten in der Lauterer Straße am Bahnübergang steht, wenn ich einen Herzinfarkt habe und nach 5 Minuten hirntot bin.“ Dann mischte sich Thomas Götz ein und lieferte sich mit uns einen ordentlichen verbalen Schlagabtausch: Er: „Die Stadt hat eh keine Kohle! Aber vielleicht ja einer von euch ? @Patrick: Wie viel Hirntote gab es wegen solchen Vorfällen in Coburg? Wie haben wir das nur die letzten Jahrzehnte ausgehalten?“ (Anmerkung: ein Hirntoter irgendwann würde schon reichen, Thomas…) und weiter: „Die Bahnübergange kosten ca. 6-8 Mio €. Wie sind eure Vorschläge liebes Coburger Team?“ Wir: „Frage zurück: auf wie viele Jahre werden die Übergänge abgeschrieben? Gibt es Förderung? Was kosten die Übergänge pro Jahr? Was ersparen die Übergänge der Volkswirtschaft pro Jahr und wie stehen diese Kosten im Vergleich? Was bleibt danach an Restkosten? Sind diese Restkosten aus dem Geld der
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Bürger angemessen genug, dem Bürger daraus etwas zurückzugeben? Oder geht es erneut nur um einen Erziehungsversuch weniger Politiker, die der Meinung sind „der Coburger hat schon immer gewartet. Der soll weiter warten“.“ Er wieder: „Das war keine Antwort auf meine Frage. Nach 20 Jahren muss saniert werden, das kostet auch wieder. Das Geld ist halt nur einmal da. Da müsst ihr halt mal überlegen was ihr sparen wollt? Sambazuschüsse, Theater oder Hallenbad schließen? Macht doch mal Vorschläge oder gründet am besten eine eigene Partei. Auf Leuten, die ihre Freizeit opfern, um etwas für die Stadt zu tun einzuschlagen ist immer leicht. Und auch Stadträte opfern viel Freizeit für dieses Amt! Die kriegen zwar die Sitzung bezahlt aber damit ist es ja nicht getan.“ Wir: „Thomas, hast Du jetzt Zahlen oder nicht? Die meisten Bürger jedenfalls wollen eben nicht - nach der Pfeife von Alt- oder JUNGPOLITKERN (!) tanzend - weiter ihre kostbare Zeit vor Bahnübergängen verbringen. Verständlich, oder?“ Er: „Die Zahlen kann man im Haushalt der Stadt Coburg nachlesen. Denke dort ist die Rede von 6 bis 7 Mio. €. Sicher ist das verständlich, man muss sich aber im Klaren sein, was das für Auswirkungen auf Jugendarbeit etc. hat. Dann kann man entscheiden was einem wichtiger ist ...“ (Das war jetzt die moralische Keule). Wir: „Thomas, bist Du Politiker? Eventuell in einer der Coburger Parteien engagiert?“ Er: keine Antwort. Aber bei den Grünen sitzt ein Thomas Götz im Vorstand…kann aber auch Zufall sein… Also hören wir doch lieber auf Volkes Stimme, die ja irgendwie beiden Seiten Recht gibt. Viktor Künstler nämlich sieht es gelassen: „Es ist schon eine ziemliche Warterei. Als ehemaliger Rödentaler weiß ich, wovon ich spreche. Aber man gewöhnt sich dran.“
Was neu ist…. Der COBURGER hat ein Brüderchen bekommen, den BAMBERGER. Im April ist er das erste Mal erschienen. Die Facebook-Gemeinde fand es cool, wünscht uns gute Geschäfte, viel Erfolg, ist „gespannt“ (die Konkurrenz von Bambolino) und bezeichnet „noch ein Magazin für Bamberg als mutig (Rinco Albert). Till Mayer, geschätzter Kollege und Gewinner des Coburger Medienpreises 2012 freut sich, „dass in meiner Heimatstadt der Blätterwald ein wenig mehr rauscht“. Sehr poetisch. Und außerdem bekommt der COBURGER im Juni einen Kollegen an die Seite, den COBURGER SOMMER, ein kostenloses Veranstaltungsmagazin. Und ein ordentlicher Sommer kann nach dem Winter von Oktober bis Ende Mai ja eh nicht schaden…
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Foto: Martin Settele
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Von Christiane Schult Fotos: Frank Wunderatsch
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Foto: yxlvfgvgb. München
„Manchmal kommen wir uns schon verloren vor“ „Manche Kollegen Denken noch Jahrelang an die Opfer“
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Kriminalhauptkommissar Ferdinand Fehn denkt noch heute an manche Opfer. Foto:Frank Wunderatsch
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s ist der erste Tag im neuen Jahr. Früh am Morgen wird Polizeikommissar Dominik Fehn mit seinem Streifenkollegen zu einem Einsatz gerufen: Ein Säugling ist verstorben, später wird die Ursache festgestellt: Plötzlicher Kindstod. „Schon als ich diese Mitteilung am Funk hörte, lief es mir kalt den Rücken herunter“. Beim Eintreffen der Beamten sind schon die verzweifelten Schreie der Mutter zu hören, die Rettungskräfte kommen mit gesenktem Kopf und sichtlich bewegt aus der Haustüre. „Da wussten wir schon, was uns erwartet“ berichtet Fehn. „Was soll ich dem Vater sagen, was bringen da noch Beileidsbekundungen und tröstende Worte?“ Fehn ringt mit den Tränen, als er von diesem Einsatz berichtet. Er ist selbst Vater eines wenige Monate alten Sohnes. „ Als wir das Kind dann anschauten, das Gesicht, das war das Schlimmste. Da habe ich meinen eigenen Buben dort liegen gesehen. Ich musste erst einmal raus aus dem Raum“ erinnert er sich. „Als die Kollegen vom Kriminaldauerdienst kamen, haben sie mir sofort angesehen wir es mir geht und mich kurz in den Arm genommen. Diese Unterstützung hilft sehr“. Fehn ist als Streifenbeamter für die erste Begehung des Einsatzortes zuständig. Nachdem sichergestellt ist, dass keine weiteren Gefahren drohen, kann er die Bearbeitung an seine Kollegen abgeben. „Ich bin ein sehr gläubiger Mensch. Auf dem Heimweg habe ich für das Kind gebetet, dass es und seine Familie Ruhe finden“ sagt er. Zu Hause hat Dominik Fehn dann seinen eigenen kleinen Sohn in die Arme genommen. Ganz fest. Am nächsten Tag haben sich die Polizisten zusammengesetzt und über den Fall gesprochen. Auch der Seelsorger, der sich vor Ort um die Eltern gekümmert hat, hat Dominik Fehn seine Hilfe angeboten. „Ich rate jedem Kollegen, auch Gefühle zu zeigen. Jeder hier ist nur ein Mensch. Es bringt nichts, den starken Polizisten zu spielen. Es ist ja bekannt, dass sowas in psychischen Krankheiten enden kann“ meint der 31jährige.
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tudien belegen, dass fast zwei Drittel der Beamten im Laufe ihres Berufslebens mit potentiell traumatisierenden Ereignissen klarkommen müssen. Diese Erlebnisse führen häufig zum Auftreten von Stresssymptomen wie Schlaflosigkeit oder gar zur Entwicklung von ernsthaften Problemen. Knapp neun Prozent der meist jahrelang berufstätigen bayerischen Polizisten entwickeln demnach eine Posttraumatische Belastungsstörung. Vor allem früher war
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es schlimm, berichtet Kriminalhauptkommissar Ferdinand Fehn. Damals hieß es „Augen zu und durch“, und „die lachen mich doch als Weichei aus, wenn ich Gefühle zeige“. Heute gibt es spezielle Schulungen, um mit potentiell traumatisierenden Erlebnissen umgehen zu lernen. Und ein Kriseninterventionsteam übernimmt noch am Einsatzort viele Aufgaben, die früher die Polizisten selbst erledigen mussten, wie etwa die Betreuung von Hinterbliebenen. „Irgendwie sind wir verantwortlich für die, die selbst nichts mehr tun können“. So fasst Ferdinand Fehn die Gründe zusammen, warum er seine Arbeit noch immer liebt. „Ich wusste bei der Berufswahl, dass Polizisten mit viel Negativem zu tun haben. Aber dass es solche Ausmaße annimmt, damit habe ich nicht gerechnet“, sagt er.
„Irgendwie sind wir verantwortlich für die, die selbst nichts mehr tun können“. Kriminalhauptkommissar Ferdinand Fehn
Der 57jährige erinnert sich besonders an einen Einsatz vor fast genau 16 Jahren. Damals verbrennen in Seßlach zwei kleine Jungen in einem Wohnwagen. Er ist er der erste Kriminalpolizist vor Ort. „Sowas vergisst man nicht. Ich erinnere mich bis heute an das kleinste Detail“. Wenn es Kinder betrifft, sind das die schlimmsten Einsätze. Auch für erfahrene Kollegen. Damals sind die Mutter von einem der 2 und 3 Jahre alten Jungen und der Großvater vor Ort. Doch trotz allem Mitgefühl – zuerst muss die Arbeit im Vordergrund stehen. Die Polizisten suchen nach der Ursache für das Feuer und nach einem Verantwortlichen, befragen Eltern und Großeltern, wer die Kinder zuletzt lebend gesehen hätte. „Da kommt man sich schon verloren vor mittendrin“ sagt er noch heute. Solche Einsätze nimmt jeder von ihnen mit nach Hause. Und dann kommt es entscheidend auf das intakte Familienleben an, ist er sich sicher. Einen Ansprechpartner zu haben ist dann besonders wichtig. Und jeder muss auch selbst auf sich achten, schauen, ob sich Verhaltensweisen änderten. Wer keinen
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Foto: yxlvfgvgb. M端nchen
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Das Grauen BleibT Schlussstrich nach einem belastenden Einsatz ziehen kann, so sagt er, dem bleibt nur, sich in einen anderen Fachbereich versetzen zu lassen. Ihm selbst hat sein Hobby, die Modellfliegerei, damals sehr geholfen: „Wenn ich mich auf die Maschine konzentriert habe, war alles andere erst einmal weg“.
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ach diesem Einsatz hat Ferdinand Fehn seine eigene Familie, der Sohn war damals 15 Jahre alt, anders gesehen. Auf die Kleinkinder von Verwandten, die häufig bei ihm im Haus waren, hat er viel mehr aufgepasst als zuvor. Sein Sohn hat in dieser Zeit in Seßlach Fußball gespielt. „Da bin ich während dem Training mal zum Friedhof gegangen und habe nach den beiden kleinen Jungen geschaut, wie sie nun untergebracht sind“ erinnert sich Ferdinand Fehn. In München ist seit 10 Jahren der zentrale psychologische Dienst der Bayerischen Polizei angesiedelt. Hierher können sich betroffene Beamten wenden, wenn sie mit traumatischen Erlebnissen oder an-
„Da kommt man sich schoN verloren vor mittendrin“ Kriminalhauptkommissar Ferdinand Fehn deren Problemen nicht mehr alleine klarkommen. Häufig berichten Polizisten von Schwierigkeiten mit Kollegen oder dem Chef. Im Gespräch stellt sich dann oft heraus, dass eine Suchtproblematik zu Grunde liegt oder ein traumatisierendes Ereignis nicht verarbeitet wurde. Hans Peter Schmalzl ist stellvertretender Leiter des psychologischen Dienstes. Er berichtet von 850 Fällen in ganz Bayern, die teils auch direkt in den einzelnen Präsidien von dort stationierten Sozialpädagogen betreut werden. Seit der Gründung des Dienstes sind die Zahlen weitgehend stabil, nachdem eine erste Welle abgearbeitet wurde. Jeder polizeiliche Führungsdienstgrad ist in ein spezielles Betreuungskonzept eingewiesen und darin geschult, Probleme bei seinen Mitarbeitern zu erkennen und ins Gespräch zu kommen. Schmalzl spricht von einer Fürsorgepflicht der Vorgesetzten. Aber auch das soziale Nahfeld sei enorm wichtig, so könnten potentiell trauamtische Ereignisse in der Regel recht gut verarbeitet werden. Selbst leistet der Dienst übrigens keine Psychotherapie. Er dient als erste Anlaufstelle und vermittelt dann weiter zu den Fachleuten vor Ort.
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ischa Ruppert ist Kriminalkommissar. Er übernimmt damals den Fall von Dominik Fehn und führt die weiteren Ermittlungen bei dem toten Säugling durch. Auf dem Hinweg, berichtet er, hat er sich genau überlegt, in welche Richtungen er ermitteln müsste. „Wenn man dann dort ist, kommt man erst einmal in einen leeren Raum“. Dann gilt es, fachlich professionell mit den Angehörigen zu sprechen, ohne kalt und abge-
Foto: News5 / Haag Tote und Verletzte auf der Straße, bleibende Schäden bei Einsatzkräften: die Erinnerung quält oft ein Leben lang. (Unfallszene von Ende Mai bei Neustadt an der Aisch)
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tes zu tun ist, wen er anrufen oder was er aufschreiben müsse. Obwohl er im Dienst schon unzählige Male Verkehrsunfälle bearbeitet hatte. Und genau dies ist das Problem. „In solchen Fällen ist eine sachliche, rationale Bearbeitung unmöglich. Erst recht, wenn ein Verwandter oder Freund verletzt oder gar getötet wurde“ so Ruppert, der seit 20 Jahren bei der Polizei ist. Im Bereich der Coburger Dienststelle
stumpft zu wirken. Die Aufgabe der Polizisten ist es, zu ermitteln, ob ein Fehlverhalten vorliegt, das eventuell bestraft werden muss. Dazu gehört auch die Ermittlung der Todesursache. Es gilt, pietätvoll viele Informationen zu sammeln. „Ich versuche immer, eine Barriere zwischen mir und dem Ereignis aufzubauen. Keinen persönlichen Kontakt herzustellen, damit mich das nicht zu sehr belastet.“ erklärt er sei-
Kriminalkommissar Mischa Ruppert versucht bei Einsätzen, sich zu distanzieren.
Polizeikommissar Dominik Fehn musste in den letzten Monaten mehrfach die Todesursache von Kindern ermitteln.
ne Strategie. Und dass es bei der Coburger Polizei die Absprache gebe, persönlich betroffene Beamten nicht zu einem Einsatz zu schicken. Die Kriminalbeamten müssen vor Ort eine Leichenschau durchführen, die Person entkleiden und Spuren dokumentieren, die auf die Todesursache hinweisen. Sowas ist bei einer engeren Beziehung zum Opfer unmöglich. Er berichtet von einem harmlosen Auffahrunfall, bei dem er selbst als Fahrer beteiligt ist. Nach dem ersten Schreck steigt er aus. Er weißt nicht, was als ers-
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Stadt ab. Auf dem Weg rammt er einen Zaun und ein Wohnhaus. Dann können die Beamten ihn stellen. Sie sind erleichtert, der Spuk ist vorbei. Dann aber fährt das Auto wieder los. Diesmal rückwärts. Und genau über einen der beiden Uniformierten. „Das war echt dramatisch, ich habe erst gedacht, mein Kollege sei tot“ erinnert sich ein 33jähriger Polizist, der aufgrund seines Einsatzgebietes in der Coburger
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werden pro Jahr rund 180 Todesfälle gemeldet. Das liegt im Vergleich zur Einwohnerzahl im Deutschen Bundesdurchschnitt. Die Toten haben jedes Alter, von nur einem Tag bis über 100 Jahre alt. Natürlich können auch ganz andere Fälle für Polizisten belastend sein. So endet Mitte Mai diesen Jahres eine scheinbar simple PKW-Kontrolle auf der Coburger A73 mit einer wilden Verfolgungsjagd. Anstatt anzuhalten, gibt der Fahrer des Fahrzeugs Vollgas. Er rast über die Autobahn bis nach Suhl, biegt in die
Innenstadt anonym bleiben will. Zum Glück ist der Kollege aber nur leicht verletzt. Nach diesem Vorfall bittet der Dienstgruppenführer die Beteiligten zu einem Gespräch. Das Erlebte soll gemeinsam verarbeitet werden, auch von außerhalb wird Hilfe an ihn herangetragen. Doch noch immer denkt er unwillkürlich bei Kontrollen: „Hoffentlich fährt der nicht wieder weg“. In 12 Jahren bei Spezialeinheiten für Rausch-
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giftermittlungen hat er so etwas Erschreckendes noch nie erlebt, berichtet er. Derzeit läuft am Coburger Gericht das Verfahren, auch deshalb sind genauere Angaben nicht möglich. Die oft freundschaftliche Beziehung der Polizisten untereinander helfe, mit emotional belastenden Einsätzen umzugehen. „Wir lachen auch mal auf der Wache, wenn etwa Nachts um drei jemand anruft, um nach dem Hochwasserstand zu fragen, weil er morgen Früh nach Italien fahren will.“ erklärt auch Dominik Fehn. Die vier Polizisten sind sich einig: Schön ist es, im Streifendienst Menschen helfen zu helfen. Das ist die positive Seite
des Berufes, der Grund, warum sie diesen Job gewählt haben. Das macht auch das Negative wieder wett. Abschließend sagt Dominik Fehn: „Wir wussten alle, dass es bei der Polizei auch belastende Einsätze gibt. Aber innerlich hofft doch jeder der hier anfängt, dass es an ihm vorbeigeht. Aber das kann man vergessen, es trifft jeden!“
Kriminalkommissar Mischa Ruppert
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Draufsicht. Otmar Fugmann hat das Coburger Land fotografiert. Coburger Innenstadt
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Fotos: Dr. Otmar Fugmann. Der Kronacher macht mit seinem selbstgebauten Microcopter Luftaufnahmen der besonderen Art.
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SchloSS Callenberg
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SchloSS Rosenau
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Kronach mit Festung Rosenberg
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Inhalt Fotos von Frank Wunderatsch Illustration Peter Einheuser
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Inhalt
Das Internet, die grüne Wiese, der schwierige Kunde: Viele Coburger Händler jammern. Umsätze gehen zurück, Läden schlieSSen, die Innenstadt wird austauschbar. Die Branche ist mittendrin im Strukturwandel.
Leitartikel von Wolfram Hegen
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Schuhe gehören zu den am meisten verkauften Artikeln im Online-Handel. Foto: Shutterstock
Fangen wir doch die Geschichte über den Coburger Handel mal mit der Landwirtschaft an. Die Bauern nämlich, so heißt es ja, jammern gerne und viel. Wie schlecht es ihnen geht, dass sie nicht mehr lange durchhalten, dass ihnen keiner hilft, dass die Anderen Schuld sind. Vielen ging es danach wirklich schlecht, sie hielten nicht mehr durch und es half ihnen wirklich Keiner. Und sie waren der festen Überzeugung, dass die Anderen Schuld waren. Und im Coburger Einzelhandel? Die Lage im regionalen Einzelhandel ist „angespannt“, heißt es im Bericht der IHK über die Stimmung: keiner berichtet von guten Geschäften, 40% der Befragten sind unzufrieden, 70% haben schlechtere Erträge, 56% wollen Stellen abbauen. „Nachdem, wie manche jammern, müssten sie seit 5 Jahren pleite sein.“ sagt jemand, der sich in der Branche gut auskennt. „Viele jammern auf hohem Niveau“ ein Anderer nicht minder Handelserfahrener. „Understatement“ klingt da schon vornehmer.
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ennoch, man kann das Gejammer vieler Händler (das tun ja, muss der Fairness halber gesagt werden, lange nicht alle) verstehen. Denn berechtigte Gründe zum Wehklagen gibt es genug: die grüne Wiese (übrigens auch Einzelhandel), „das Internet“, „die Stadt“ und – etwas befremdlich - „die Kunden“. Die Branche macht seit vielen Jahren das durch, was Polstermöbler oder Spielzeugindustrie schon hinter sich haben: einen Strukturwandel.
Strukturwandel ist anstrengend Das ist natürlich anstrengend, aber logische Schlussfolgerung so einer Zeitenwende ist auch: wer die gut meistert, dem steht das Beste erst noch bevor, nach einer „Marktbereinigung“ werden wieder gute Geschäfte gemacht. Und die Renaissance des stationären Handels ist ja schon eingeläutet. Warum sollte der Onlinehändler Amazon sonst Interesse an eigenen Läden haben, warum macht Apple das schon länger, warum krebst Zalando seit langem weit unter dem Existenzminimum herum? Online scheint ja doch nicht alles zu sein, irgendetwas muss dran sein am klassischen Einzelhandel. Das wird auch in Coburg nicht an-
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ders sein. Und auch an Coburg, der ehemaligen Stadt an der Zonengrenze, geht der Wandel (immerhin nimmt die Stadt ja „Werte und Wandel“ als städtisches Motto für sich in Anspruch) nicht spurlos vorüber. Der Wandel im Handel aber hat viele Gesichter: Wolf Lotter zitiert in Brand EINS vom April 2013 die Konsumforscherin Lucia Reisch. Die Optionsmärkte, sagt sie, sind auf dem Rückzug, den Verhandlungsmärkten gehört die Zukunft. Früher, das war die Zeit, als Werbung noch Reklame hieß, als es als Händler reichte, einen Laden aufzumachen und zu sagen: Hier bin ich. Kurz gesagt: Tür auf, Kunde kauft, Türe zu – ob im stationären oder jetzt auch in den letzten Jahren im onlinehandel, dieses einfache Verkäufer-Käufer-Verhältnis ist ins Stottern geraten. Früher wurden Waren in großen Stückzahlen produziert und in
Tür auf, Kunde kauft, Türe zu. die Märkte gedrängt. Massenware für Warenmassen. Natürlich gibt es das auch heute noch, aber der Verbraucher hat mehr und mehr auch ganz andere Erwartungen, Wünsche, Anforderungen. Es gibt viele Lebensstile. Die Suche nach der eigenen Indiviualität findet oft Ausdruck im Konsumverhalten. Der Konsument will als Partner behandelt werden, sagt Reisch. Das ist ja das, was ihn manchmal so „anstrengend“ macht. Wenn Kunden so viele Fragen haben, mit Preisen aus dem Internet ankommen, andere Farben wünsche, es sogar wagen, dem Händler zu widersprechen, wenn der darauf besteht, dass einem das Hemd ganz toll steht, obwohl die Fettpölsterchen darunter deutlich zur Geltung kommen. Aus Konsumenten sind gleichberechtigte Kunden geworden, die sich schon vor ihrem Einkauf informieren können über Marken, Preise, Qualitäten. Das tun sie häufig „im Internet“. Und ganz ehrlich, wenn manche vom „Internet“ sprechen, meint man immer noch, „das Internet“ sei eine Parallelwelt. Nein, „Das Internet“ gehört zu unserer Welt wie „Das Fernsehen“ oder „Die Zeitung“ oder leider auch „die Politesse“ (aber das nur nebenbei). „Das Internet“ ist nicht gut oder böse, es ist einfach da. Aber es hat den Strukturwandel von Optionszu Verhandlungsmärkten eben extrem beschleunigt oder sogar ausgelöst. Ein
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riesiger interaktiver weltweiter Marktplatz, auf dem es fast nichts gibt, was es nicht gibt, Informationen und Produkte, auf dem jeder sich über alles austauschen kann. Ein Marktplatz, der „den Medien“ die alleinige Deutungshoheit weggenommen hat, der Meinungsfindung demokratisiert, der aber eben auch den Coburger Handel innerhalb weniger Jahre globalisiert hat. Als Einzelhändler steht man nicht mehr nur in Konkurrenz zum Laden um die Ecke.
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an ist auch nicht der Einzige, der sich mit einem Produkt auskennt, viele Seiten informieren über Materialien, Qualität, Testurteile, Preise. Und man ist halt dummerweise auch nicht der Einzige, der Produkte verkauft. Aber man ist auf der anderen Seite oft der Einzige, der sie in einer Stadt wie Coburg vor Ort hat. Das aber hat auch unschöne Folgen: Der Dienstleistungsklau geht um. Angucken, anprobieren, anschalten, an-
fassen, anschauen im Laden, kaufen aber im Netz. Das mag man für unmoralisch halten, aber auch das gehört wohl zu unserer heutigen Realität. Die Regel ist es aber nicht und als alleiniger Grund für schlechtgehende Geschäfte taugt es auch nicht;
Elfmal mehr Menschen recherchieren im Netz und kaufen dann in einem Geschäft vor Ort ein als umgekehrt Roland Berger, Unternehmensberater denn, so der Unternehmensberater Roland Berger in einer Studie: Elfmal mehr Menschen recherchieren im Netz und kaufen dann in einem Geschäft vor Ort ein als umgekehrt. Das sollte doch Mut machen. Vielleicht kann man „Das Internet“ ja auch als
Freund begreifen. (Später dazu mehr). Doch nicht nur technische Neuerungen haben die gesellschaftlichen und damit auch die Handelslandschaft in den letzten Jahren entscheidend beeinflusst. Viel Geld fließt nicht mehr nur in den Handel, sondern auch in Reisen, Wellness oder Rücklagen fürs Alter. Um über die Runden zu kommen und den Lebensstandard zu erhalten, gibt es mehr Doppelverdiener, Zeit zum Bummeln ist dadurch aber auch weniger da. Dann setzt man sich aber auch eher mal schnell an das Laptop zu Hause und geht (noch dazu wenn es soviel regnet wie in diesem Frühjahr) von Zuhause aus shoppen. Dazu kommt in den letzten Jahren noch, so eine Coburger Einzelhändlerin, dass viele Händler nach Deutschland strömen, weil Märkte in Südeuropa zusammenbrechen. Das alles ist so, das ist der gesellschaftliche Wandel, man wird ihn genauso wenig verhindern wie den schon erwähnten nassen Frühling.
Luxusuhren sind ein beliebter Online-Artikel (links). Gekauft wird jedoch meistens bei einem lokalen Juwelier (rechts) Fotos: Shutterstock und einheuser.ardis&friends
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Da ist die grüne Wiese draußen auf der Lauterer Höhe, die ja so grün gar nicht mehr ist, sondern vollgepflastert mit Parkplätze und Tausenden Quadratmetern Verkaufsfläche, weitestgehend „nicht-innenstadtrelevant“, was auch immer man darunter verstehen mag. Einkaufen auf der grünen Wiese aber muss eine Gemeinde heutzutage anbieten. Wer meint, Konsumenten wie früher erziehen zu können, indem man ihnen Alternativen vorenthält, unterschätzt Selbstbestimmung, Aufklärung und Mobilität heutiger Kunden. Und so bezeichnet auch die IHK zu Coburg Angebote des Großflächenhandels im Außenbereich zur Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs - sofern nicht innenstadtrelevant - als ergänzenden Teil eines gesunden Einzelhandels-Mix einer Kommune. Da sind die trotz der Konkurrenz vor den Toren der Stadt immer noch teuren Mieten in der Innenstadt. Früher standen viele Hauseigentümer im eigenen Laden im Erdgeschoss. Bis Anfang der 90er Jahre war das so. Dann öffneten sich die Grenzen, Coburg war plötzlich mittendrin, Einzugsgebiet auch für Südthüringen.
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Chance für viele inhabergeführte Geschäfte, den anstehenden Generationswechsel bequem zu lösen, nämlich mit der Vermietung des eigenen Ladengeschäftes. Große Labels können sich das leisten, sie wollen und müssen in der Fläche vertreten sein, um ihre Marke zu stärken, auch wenn das einzelne Geschäft im Zweifel mal nicht so gut läuft. Ein kleiner aber bleibt außen vor. Die kleinflächige Struktur der Coburger Innenstadt hat darunter gelitten und tut es noch, auch Coburgs Ladenlandschaft ist eingeebnet worden, austauschbarer.
„Einzelhandel heiSSt wohl auch, einzeln zu handeln“ Coburger Einzelhändlerin Da spürt man bei vielen Sätzen eine Zerstrittenheit in der Coburger Händlerschaft. „Einzelhandel heißt wohl auch, einzeln zu handeln“ sagt eine Händlerin im Gespräch. Die Initiative „Coburger
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Tür auf, Kunde kommt, tür zu funktioniert nicht mehr.
feine Häuser“, die mit hochwertigen Events von sich reden machte, ist an internen Querelen gescheitert. Gegenüber Geschäftskunden aus Unterfranken wird schon mal vor versammelter Runde über die eigene Stadt hergezogen.
Kritik an der Stadt Und da gibt es nicht zuletzt auch immer wieder Kritik an „der Stadt“. Die Werbeaufsteller sind um bis zu 100% teurer, hat der Stadtrat beschlossen. So eine kleine Tafel kostet dann schon mal bis zu 150 Euro pro Jahr. Gerade in Seitenstraßen, 1b-Lagen aber braucht man solche Hilfsmittel, um auf sich aufmerksam zu machen. „Man wird da ausgebremst von der Stadt“ zeigen sich Händler frustriert. Manchmal stehen die Tafeln jetzt im Eingang, da kostet es nichts – fällt aber auch nicht so auf.
Oben und unten: der lokale Einzelhandel hat durchaus starke Anziehungskraft
Die Touristengruppen, die vor allem an Wochenende Coburg besuchen, seien, so ein Einzelhändler fast etwas verschämt, „schon fast gruselig“. Es müsse doch möglich sein, normale Touristen wie du und ich in die Stadt zu bringen. Themen für einen funktionierenden und den Einzelhandel belebenden Tourismus böte die Stadt doch genug, wird geklagt. Und das Citymarketing mache zwar viele Events, räumen Händler ein, aber die verkaufsoffenen Sonntage seien manchmal „eine einzige Katastrophe“. Die Stadt sei zwar voll, dabei bleibe aber wenig Umsatz hängen und vor allem komme „nicht das geeignete Publikum“.
Fotos: Shutterstock
Dann lieber kleiner hochwertige Veranstaltungen wie eine Jazzmeile, Designtage oder Kunstveranstaltungen. Stadtlesen, im Frühjahr das erste Mal in Coburg zu Gast oder auch der Laufsteg, eine Modenschau mit fast allen Modeläden in Coburg, das seien gute Ideen, bestätigen zahlreiche Einzelhändler. Der Coburger Geschenkgutschein der Aktionsgemeinschaft Coburg in Kooperation mit dem Citymarketing ist eine Erfolgsgeschichte. Erhältlich ist er bei der Sparkasse Coburg – Lichtenfels oder der VR-Bank. Und man kann mit ihm einkaufen, ihn verschenken, ihn ansparen. 150 Firmen sind dabei. Fast 1 Millionen Euro Umsatz wurden alleine dadurch im letzten Jahr gemacht. Ergänzt wird er jetzt durch einen Einkaufsführer, geordnet nach Branchen mit Kurzinformationen zu den beteiligten Geschäften, Telefonnummer und Homepage.
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as also ist die aktuelle Situation des Coburger Handels, geprägt von einem vielfältigen und sehr schnellen Strukturwandel. Viele sind an ihm gescheitert, sie fehlen der Stadt. Doch andere Händler, Zentrum Coburg und das Citymarketing haben darauf reagiert und die Zeichen der Zeit erkannt. Vielleicht fehlt nur noch ein bisschen mehr Mut und Entschlossenheit, um die Renaissance des stationären Handels noch mehr für Coburg und die Coburger zu nutzen.
Der Branchenmix fehlt Die Wirtschaftsförderung muss sich um einen attraktiven Branchenmix kümmern, um Leute in die Stadt zu ziehen. Wo ist ein Haushaltswarengeschäft, wo ein gutsortierter Lebensmitteleinzelhandel, ein Sportgeschäft? Auch viele gefragte Marken fehlen in der Stadt. Oftmals ist der innerstädtische Betrieb in Coburg auch auf die Wochenenden beschränkt, typisch für eine Provinzstadt, die vor allem auch eine Funktion für das Umland hat. Um auch unter der Woche für mehr Betrieb zu sorgen, geht es um attraktive innerstädtische Wohnungen, um mehr Studenten in der Innenstadt, mehr kreatives Leben z.B. in Existenzgründerzentren. Attraktive Plätze, Gassen und Baukultur hat Coburg, Räume, in denen man sich wohlfühlt, die zum Verweilen einladen, die das bieten, was man wohl auch als „Erlebnis“ bezeichnen würde. Mehr noch als den Einheimischen fällt das den Gästen auf, die zumeist begeistert sind von so viel Schönheit auf kleinem Raum, von den auch nach wie vor vielen kleinen Geschäften in Kombination mit dem großflächigen Einzelhandel, überregional bekannten Marken und der Gastronomie.
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er Handel selbst muss seine Hausaufgaben machen. Die IHK beschreibt es so: „Bei aller Strukturveränderung dürfen Bedeutung und Stärken des stationären Einzelhandels nicht aus dem Blickfeld geraten. Denn persönlichen Kontakt, individuelle Beratung und Kundennähe bietet nur der Händler vor Ort. Dabei kann das Internet ergänzend auch für den Einzelhandel als Plattform zur Kundeninformation und Rückmeldung dienen.“ Der Strukturwandel geht vorbei, jetzt verbinden wir die alte Welt mit der neuen, das klingt eigentlich ganz einfach, wie aber sieht das in der Realität aus?
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Hausaufgaben für den Einzelhandel Thomas Ramge nennt in seinem Artikel „Wandel lohnt sich“ (Brand EINS, April 2013, wie Sie schon merken, sehr zu empfehlen) vier Felder. Auch er nennt Beratung und Sortiment als wichtige Basis. Klar, ohne beides wäre Handel kein Handel, sondern ein leerer Raum ohne Menschen. Doch nur Sortiment und Beratung reichen eben auch nicht. Wichtig sei die Inszenierung des Verkaufs. Heute ist Shopping auch Event, so wie große Sportereignisse ja auch manchmal nur noch am Rande dem Hinterherjagen eines Balles dienen, sondern eher der Unterhaltung als Gesamtpaket. Oder woher kommen sonst die bis zu 3000 Fans beim HSC 2000 Coburg, der ja gerade mal (noch) in der 3. Liga spielt? Die Spiele sind unabhängig von der sportlichen Leistung aufgeblasen zum Gesamtkunstwerk für Augen, Ohren, zum Treffen, Quatschen, Essen und Trinken, das muss einem ja nicht gefallen, aber so ist das heute nun einmal. Nun kann man nicht jeder Einzelhändler eine VIP-Loge einrichten, aber mehr als aufschließen und an der Kasse stehen sollte es schon sein. Das ist das, was Kunden suchen und echte Händler ja irgendwie auch, wie sagte es doch eine Coburger Einzelhändlerin: „Wir haben so einen schönen Beruf, vor allem, wenn man auch einmal Zeit für ein Gespräch mit einem Kunden hat.“ Wichtig ist dazu auch ein stimmiges Ladenkonzept, Coburger Händler haben da schon einiges zu bieten, nicht alle, aber immer mehr. Ein Defizit allerdings liegt auch in der Vestestadt immer noch in der Verbindung von Online- und Offline-Welt. Es muss ja nicht gleich ein eigener Online-Shop sein, ganz und gar nicht, aber wer heute nicht auf facebook regelmäßig etwas Neues aus seinem Laden berichten oder anzubieten weiß, wer heute nicht wenigstens eine statische Webseite hat, damit Kunden wissen, was es bei ihm gibt, wo er ist, wann er geöffnet hat und wie er telefonisch zu erreichen ist, der hat ein Problem. Und wer heute bei der Google-Suche nach „Coburg“ kombiniert mit einer Produktbezeichnung oder Marke nicht in den ersten zehn Zeilen des Suchergebnisses auftaucht, der hat künftig vielleicht sogar ein größeres Problem.
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Die meisten Kunden recherchieren im Internet und kaufen dann doch beim lokalen Einzelhandel
Handel Abschreiben?
Entspannte Kongresse, beschwingte Konzerte und rauschende Ballnächte ‌ Erleben Sie Veranstaltungen mit Flair mitten im Herzen der Stadt!
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Handel Abschreiben?
Es liegt beim lokalen Einzelhandel Selbst, wie attraktiv er ist.
Einzelhandel ist kein Selbstzweck Dann kommen wir doch zum Ende noch zum Kunden. Der nämlich ist heute zwar Partner des Handels, ihm nicht mehr ausgeliefert, er ist aufgeklärt, gleichberechtigt, aber gerade darin liegt auch seine Verantwortung. Einzelhandel ist ja kein Selbstzweck. Er dient zuallererst der Versorgung der Menschen vor Ort mit Waren des täglichen Bedarfs. Einzelhandel hat darüber hinaus wichtige Funktionen für die Urbanität einer Stadt, für die Lebendigkeit.
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enn große Unternehmen Fachkräfte suchen, ist eine florierende lebensfrohe Innenstadt ein wichtiges Argument. Einzelhandel ist auch ein Ort der Kommunikation, Plätze sind immer Stätten des Austausches, des Miteinanders, des sozialen Kontakts gewesen. Einzelhandel ist Arbeitgeber und Ausbilder. Der Lohn der Mitarbeiter fließt wieder in den regionalen Wirtschaftskreislauf. Arbeitnehmer und Händler zahlen ihre Steuern vor Ort. Damit die Stadt investieren kann in Schulen und Kindergärten. Wer das alles will, der sollte auch in seiner Heimatstadt einkaufen. Wer das nicht tut, braucht sich nicht zu wundern, wenn Läden schließen, Innenstädte austauschbar werden, Vielfalt verloren geht, Einfalt einkehrt. Es geht beim Einkaufen eben nicht nur um billig, sondern auch um richtig. Und außerdem ist es mir lieber, wenn Einzelhändler nicht jammern müssen.
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Findet Handel nicht mehr Stadt? Fragen an City-Managerin Annette Kolb Die Stimmung im Coburger Einzelhandel ist schlecht. Das belegt die aktuelle IHK-Konjunkturumfrage. Das Jahr 2013 machte ja auch nicht wirklich Laune: Zum Aufstieg des Onlinehandels und der Konkurrenz auf der grünen Wiese kamen auch noch ein langer Winter und ein verregnetes Frühjahr. Welche Perspektiven hat der Coburger Einzelhandel? Wolfram Hegen im Gespräch mit Citymanagerin Annette Kolb.
Das klingt positiv, die Zahlen aber sprechen 2 eine andere Sprache.
Annette Kolb
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Dem Einzelhandel geht es mies, daran lässt die aktuelle Coburger IHK-Konjunkturumfrage keinen Zweifel: Kein Einzelhändler spricht von guten Geschäften, 40% sind unzufrieden, 70% haben schlechtere Erträge als davor, 56% wollen Stellen abbauen. Ist das der Anfang vom Ende für den Coburger Handel?
Annette Kolb Er ist definitiv nicht am Ende. Es gibt in Coburg eine sinnvolle Mischung aus kleinen inhabergeführten Läden und bekannteren Marken, die wichtig ist und den Standort attraktiv macht. Dazu kommt der Wochenmarkt, der ein absolutes Zugpferd ist. Wir haben viele Events im Jahresverlauf, zu denen viele Tausend Menschen kommen. Und wir sehen ja auch, wie oft Geschäfte dieses Jahr kleinere und größere Jubiläen feiern, als Beispiel sei nur der Veste-Verlag Roßteutscher genannt mit Produkten, an die im digitalen Zeitalter kaum noch jemand denkt. Wenn der Handel sich anpasst, Nischen sucht und einen Gegenpol zum Internet darstellt, dann wird er auch weiterleben. Aber man darf sich eben nicht ausruhen auf dem, was man bisher geschafft hat, sondern man muss aktiv etwas tun. Und da gibt es einige gute Beispiele in Coburg.
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Annette Kolb Natürlich haben wir eine große Konkurrenz aus dem Internet, mit zweistelligen Wachstumsraten. Da geht enormes Kundenpotential verloren. Viele kaufen mittlerweile online, Händler klagen über Dienstleistungsklau: Kunden lassen sich beraten, fotografieren vielleicht noch den Code vom Produkt und kaufen es dann im Internet. Ich glaube aber nicht, dass der Preis alleine entscheidend ist. Der stationäre Handel hat viele Vorteile. Die muss man wesentlich mehr kommunizieren, da kann von der Werbung des Online-Handels wirklich was lernen. Insgesamt gibt es für stationäre Händler keinen Anlass, vor der Online-Konkurrenz zu resignieren. Denn das stationäre Geschäft ist für die meisten Deutschen immer noch die beliebteste Einkaufsmöglichkeit.
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Welche Vorteile hat denn der lokale Einzelhandel?
Annette Kolb Vorteile für den Kunden sind, dass er die Sachen anfassen, ausprobieren und dann gleich mitnehmen kann, weil Sie verfügbar sind. Dazu kommen die persönliche Beratung und Information und die oft angeschlossenen Dienstleistungen, was z.B. Korrekturen oder Reparaturen angeht. Und natürlich der Plausch mit den Verkäufern in schöner Atmosphäre und die Regionalität. Und es ist ja auch wirklich ein Gegentrend zu erkennen. Studien besagen, dass immer mehr Kunden sich online informieren und dann lokal einkaufen. Da liegt doch eine Riesenchance auch für den Coburger Einzelhandel, die es zu ergreifen gilt.
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ngeblich ist die Zahl derer, die erst in Netz A und dann in den Laden in der Stadt gehen, ja wirklich elfmal so hoch wie umgekehrt. Das geht aber nur, wenn die lokalen Händler im Netz vertreten sind. Das Internet nicht als Feind, sondern als Verbündeten sehen. Ist Coburgs Handel online?
Annette Kolb Die meisten ja. Und auch der Trend Facebook wird aufgegriffen. Auch Online-Shops gibt es und einige Händler nutzen zum Beispiel ergänzend Onlineportale wie dawanda oder Kauf da! Das Wichtigste ist in jedem Fall, im Netz gefunden zu werden, wenn sich jemand online über ein Produkt informiert. Wie soll der Kunde sonst wissen, dass es hier vor Ort ein passendes Geschäft gibt? Wir haben vor einem guten Jahr ein Konzept vorgestellt eines gemeinsamen Onlineshops für die gesamte Innenstadt. Im Moment allerdings ist das nicht zu verwirklichen, da u.a. jeder ein Warenwirtschaftssystem bräuchte. Aber wir haben bei der Diskussion gesehen, dass Coburg hier noch Nachholbedarf hat. Die Chance liegt in der Kombination von Online und Offline.
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I st der Coburger Handel also selbst schuld, dass die Zahlen so schlecht sind?
Annette Kolb Nein, auf keinen Fall. Wir haben ein breites Angebot, gute angeschlossene Dienstleistungen. In meinen Augen wird dafür aber immer noch zu wenig geworben, egal ob Online oder in den lokalen oder regionalen Medien. Das gilt insbesonder für die jüngeren Zielgruppen. Zu wenige Einzelhändler machen in den (lokalen) Medien Werbung. Da gibt es manche Händler schon seit Jahren, und es kennt sie kaum einer. Insbesondere die Seitenlagen haben es da in meinen Augen schwer. Dort gibt es die individuellen Geschäfte, die das Flair und die besondere Atmosphäre eine Stadt mit ausmachen. Die müssen wir verstärkt unterstützen, auch von Seiten des Citymarketings.
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Apropos Citymarketing. Auch Sie werden immer wieder kritisiert, zu wenig oder das Falsche zu tun?
Annette Kolb Kritik darf sein und Sie kommt an, wenn Sie konstruktiv ist. Untätigkeit lasse ich mir aber nicht vorwerfen. Wir schaffen über das Jahr viele positive Rahmenbedingungen. So veranstalten wir beispielsweise zahlreiche Events, machen Werbung dafür, sorgen für das Rahmenprogramm. Die Besucher dann abzuholen, ist Sache der Händler selbst. Und viele schaffen das auch. Aber es gibt eben auch Händler, die sich nach einem verkaufsoffenen Sonntag mit einer vollen Innenstadt darüber beschweren, es sei das falsche Publikum gekommen.
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Interview mit Annette Kolb
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Wie beurteilen Sie die Konkurrenz der grünen Wiese?
Also wir als Citymarketing sind zuständig für die Annette Kolb Coburger Innenstadt. In meinen Augen ist es künftig dennoch erstrebenswert, wenn man bei größeren Werbekampagnen für den gesamten Standort wirbt, da gehört dann z.B. auch Lauterer Höhe dazu. „Zentrum Coburg“ hat ja jetzt auch den Geschenkgutschein freigegeben über die Innenstadt hinaus. Ich glaube, das ist der richtige Schritt. Aber es wird natürlich eine Herausforderung, Innenstadthändler und grüne Wiese zusammen zu bringen.
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Die Lauterer Höhe darf kein innenstadtrelevantes Sortiment haben. In der City aber fehlt manches Angebot, dafür gibt es ein Handyladen neben dem anderen. Woran liegt das?
Annette Kolb Die Neubesetzung von Leerständen muss vom Niveau her besser werden und Leerstände insgesamt reduziert werden. Wir als Wifög haben gerade jetzt wieder gezielt Expansionsleiter von Firmen angesprochen. Bedarf besteht vor allem in einem Lebensmitteleinzelhandel für die Innenstadt oder etwa einem gut sortierten Haushaltswarenladen. Das ist aber schwierig, weil das Mietniveau hoch ist, die 1a Lage begehrt und besetzt ist. Außerdem gehen viele Expansionsleiter nicht in Städte unter 100 000 Einwohner oder zumindest nicht in 1b Lagen. Selbst makeln dürfen wird als Wirtschaftsförderung nicht. Die Verhandlungen führen die Expansionsleiter mit den Vermietern oder über Makler. Und die wollen meist schnell das Objekt vermieten. Das ist nachvollziehbar, aber meist wenig gewinnbringend für die Innenstadt. Manche Vermieter lassen ihre Läden leer stehen, bevor sie jemanden für eine geringere Miete hineinlassen (Anmerkung der Redaktion:
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Entgangene Mieteinnahmen lassen sich von der Steuer absetzen, je höher die angesetzte Miete, desto höher die Steuerersparnis). Das führt zum einen zu einem häufigen Mieterwechsel, zum anderen zu dauerhaft leerstehenden Gewerbeflächen.
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Das klingt aber nicht sehr optimistisch….
Glücklicherweise gibt es Immobilienbesitzer, die senAnnette Kolb sibel und auf gutem Niveau vermieten, mutige Existenzgründer, die kleine Flächen auch in der 1 B Lage mieten. Und auch immer wieder Erfolge, wie der Vertrag mit der Firma Wöhrl für den ehemaligen C&A in der Ketschengasse zeigt. Vielleicht bekommen wir ja auch einen Lebensmittelmarkt in Zusammenhang mit den Sanierungsarbeiten in der Ketschenvorstadt. Und es gibt viele kleine Beispiele, die Mut machen. Vor allem die Kombinationen aus Büro und Laden oder von Laden und Dienstleistungen, wie es einige im Steinweg gibt, oder die Verknüpfung von nachts Bar und tagsüber Reisebüro wie jetzt neu in der Herrngasse. So was hat sicher Zukunft. Mehrere Standbeine haben, die Fläche, die Zeit optimal nutzen. Und warum nicht auch einen städtischen Leerstand für Kreative und Studenten freigeben?
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Und wenn Sie einen Wunsch frei hätten?
Man muss den Menschen klar machen, dass es Sinn Annette Kolb macht, lokal zu kaufen. Händler sind wichtige Versorger der Einwohner, sie haben eine kulturelle Funktion, sorgen für urbanes Leben, sie bilden aus, stellen Praktikumsplätze zur Verfügung. Dieses Thema werden wir sicher auch als Citymarketing noch mehr als bisher aufgreifen.
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Foto: Martin Settele
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Was macht der Kastner?
von Wolfram Hegen und Peter Einheuser
Und Was macht der Kastner? Coburg im Superwahljahr. Eine Übersicht.
„Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen.“ ...sinnierte Loriot über solche Menschen, die, wohlmeinend gesehen, bereit sind, die Nase in den politischen Wind zu halten, ohne dafür bewundert oder gar so fürstlich entlohnt zu werden wie Unternehmenslenker, Banker oder Fußballstars. Dennoch stellen sich immer wieder zahlreiche Freiwillige dieser Herausforderung, wohl weil mit Politik auch immer das Gefühl der Einflussnahme und sicher manchmal auch ein wenig der Macht verbunden wird, ja sogar die Möglichkeit, die Welt nach den (partei)eigenen Wertevorstellungen zu gestalten. Seien diese auch noch so schräg. Dafür muten sie sich dann auch Einiges zu: Zu Wahlkampfzeiten steigen sie in den Ring und schlagen ihren Kontrahenten mit wenig Rücksicht die Worte um die Ohren und kassieren Gleiches. Sie schmieden Strategien und Bündnisse, deren Haltbarkeit noch am Wahlabend auf den Prüfstand kommen werden und versprechen Dinge, die sie sowieso nicht halten können. Und das alles nur, um zu gewinnen. Und das wollen in den nächsten Monaten viele: Wir sind in Coburg schon mittendrin in einem Superwahljahr. Bayerische Landtagswahl im September, Bundestagswahl im September und dann noch die Kommunalwahlen im März 2014 und damit ein neuer (oder neuer alter) Oberbürgermeister für Coburg. Zwar säumen noch keine Politikerplakate die Straßen in der Region,
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das aber wird nicht mehr lange dauern und vor allem: Der (Vor-) Wahlkampf hat längst begonnen. Da wollen wir vom COBURGER natürlich mal genauer hinschauen. Wenn es bei dem ein oder anderen Leser zur Orientierung beiträgt, um so besser. Hier sind die jeweils beiden wichtigsten Kandidaten: Das politische Gezänk in Berlin ist in den letzten Wochen schon viel lauter geworden. Es wird beschuldigt, rücktrittsgefordert, wahlversprochen. Angela Merkel will Europa entschulden, Peer Steinbrück glaubt nicht, dass sie das kann. Dabei ist das Dauerthema Europa für Angela Merkel ja schon fast eine Jobgarantie. Bedrohungen von außen, die Angst ums eigene Geld, das schweißt uns doch irgendwie zusammen, egal welcher politischen Couleur wir angehören. Und dann kam ja auch noch das Hochwasser dazu, wer will in solch schwierigen Zeiten der Unsicherheit schon einen Wechsel. Eigentlich kann Angela Merkel sich wirklich nur selbst schlagen. Als Mutter der Nation sitzt sie relativ unangefochten auf ihrem Thron. Unangenehme Themen werden dort in Kohlscher Manier ausgesessen. Und so muss Peer Steinbrück schon an das eigene Tafelsilber, der Mann, der einst an der Seite der Kanzlerin den deutschen Sparern die Sicherheit ihrer Spareinlagen garantiert hatte. Er will weg von Schröders Agenda, die ja noch nicht einmal am Rande als sozialdemokratisch durchging, weg von eigenen Überzeugungen hin zu linken Positionen. Spitzensteuersatz rauf, Mindestlohn, Vermögenssteuer, Frauenquote. Alles ist jetzt möglich, was Steinbrück früher verteufelte. Jeder Tag ist ein neuer Tag. Hauptsache gewinnen. Momentan nimmt man dem bürgerlichen Steinbrück die linken Positionen zwar noch nicht so ab, aber auch Horst Seehofer litt ja schon häufiger an Vergesslichkeit und keiner hat es ihm so richtig übelgenommen.
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Was macht der Kastner?
Was dabei natürlich häufig vergessen wird: Wir alle wählen ja gar nicht den Bundeskanzler. Wir wählen nur Parteien und Direktkandidaten. Die machen dann den Rest in Berlin letztlich eigentlich unter sich aus. Also dann werfen wir einen Blick auf die CoburgKronacher Bundestagskandidaten, die letztlich in Berlin das Sagen haben. Da ist zum einen der Berliner Dauerbrenner Hans Michelbach von der CSU. Mit seinen 19 Jahren Bundestagserfahrung hat er ein hervorragendes Netzwerk vorzuweisen, gehört quasi zum Berliner Inventar, und das vor allem in Wirtschaftsfragen. Hans Michelbach ist selbst Unternehmer, Vorsitzender der Mittelstandsunion, Mitglied im Finanzausschuss des Deutschen Bundestags. Aber er ist natürlich kein Coburger, sondern eigentlich Unterfranke. Bisher aber war das kein Problem bei den Bundestagswahlen, die er für sich entscheiden konnte, schließlich gehört auch Kronach noch zum Wahlkreis und dort ist man sogar vielleicht ganz froh darüber, wenn einer mal nicht aus der Vestestadt kommt. So ganz anders sieht da die Vita seines Gegenkandidaten Norbert Tessmer aus. Er ist ein waschechter Coburger und hat sich in seinem Amt als 2.Bürgermeister vor allem in sozialen Fragen einen Namen gemacht. Und das weit über Coburg hinaus. So dürfte auch er, obwohl Berlin-Neuling, schon ganz gute Kontakte in der ganzen Republik haben. Tessmers Problem: Er ist ja quasi Nachrücker. Nach dem politischen Eigentor vom ursprünglichen Direktkandidaten Carl-Christian Dressel, dessen Rücktritt vom Antritt, war er von den Sozis doch noch als Kandidat für die Bundestagswahl gekürt worden. Auf der Landesliste der SPD ist Tessmer aber nicht zu finden. Dafür war es zu spät. Er muss also als Direktkandidat nach Berlin, anders wird es nicht gehen. Wer also will, dass Coburg mit zwei Kandidaten in der Hauptstadt vertreten ist, kann dazu die Erststimme Norbert Tessmer und die Zweitstimme der CSU geben. Als siebzehnter dort hat Michelbach sicher nicht die schlechtesten Chancen. Wem das egal ist, der hat die Wahl zwischen Wirtschaft und Sozialem.
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Was macht der Kastner?
Schon eine Woche vor der Bundestagswahl haben wir Bayern einen neuen Landtag zu wählen, samt neuem oder auch hier neuem altem Landesvater. Wobei die Frage ist, ob sich diese Frage überhaupt stellt. Die Sozialdemokraten versuchen zwar verzweifelt aus Familienangelegenheiten der CSU Kapital zu schlagen, blöd nur, wenn man die eigene politische Kammer auch nicht so ganz besenrein gehalten hat. Und Christian Ude erklärt zwar mit dem monotonen Geratter einer Gebetsmühle die Machbarkeit einer aus gut 20%igen Zustimmung plötzlich entstehenden regierungstauglichen Mehrheit, glauben tut es ihm aber kaum einer. Stellt sich eigentlich wieder einmal nur die Frage, mit wie viel Prozent die CSU in den Landtag einzieht und damit wieder Horst Seehofer zum Bayerischen Ministerpräsidenten macht, und ob man auch wieder einen Koalitionspartner dulden muss so wie in den letzten Jahren die FDP. Es stellt sich vermutlich weniger die Frage, wofür Seehofer oder/ und Ude politisch stehen. Wohl am ehesten der eine für ein Weiter-so, der andere für ein Jetzt-aber. Ansonsten sei zum an Spannung kaum zu überbietenden Wahlkampf um die Bayerische Krone der „Monaco Franke“ in diesem Magazin auf Seite 96 empfohlen. Die Statthalter der beiden großen Parteien im Raum Coburg sind Jürgen W. Heike und Susann Biedefeld . Schon die letzten Male waren sie gegeneinander angetreten, beide sind seit 1994 im Landtag, es ist auch dieses Mal ein Duell - wie die Bayernwahl insgesamt - mit eher überschaubarem Ergebnis. Jürgen W. Heike ist ein klassischer Parteisoldat. Erst die CSU, dann lange nichts, dann er. Der ehemalige Innenstaatssekretär trat sogar bei der letzten Landratswahl an und war dann wohl doch froh, als Michael Busch von der SPD das Rennen machte und er in München bleiben konnte. Dort sehen ihn sogar seine politischen Gegner gern, das ist ja durchaus auch eine Anerkennung für sein Wirken in der Landeshauptstadt im Dienste seiner Heimat. Und Susann Biedefeld wiederum? Sie ist halt seit fast zwanzig Jahren in der Opposition, ihr Durchhaltevermögen ist also durchaus bewunderswert. Hartnäckig ist sie schon.
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sehen, was coburg bewegt. unsere kameras sind dort, wo coburg lebt. wir sind das
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in coburg.
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Bliebe noch die Kommunalwahl in Coburg. Wie der Stadtrat in Zukunft besetzt sein wird, ist das eine. Das viel Spannendere aber die Wahl des Oberbürgermeisters. Noch heute steckt vielen Coburgern der Wahlkampf 2008 in den Knochen, der als teuerster Kommunalwahlkampf in die Geschichte einging. Mit ihm einher ging auch eine Spaltung der Stadt: Er riss tiefe bis ins private hinein reichende Gräben auf, die bis heute nicht überwunden sind und immer noch manch sachlich orientierte Diskussion unmöglich machen. Alle Seiten sind heute zwar um einen mäßigen Ton im Umgang miteinander bemüht, im Hintergrund allerdings wuchert der alte Frontverlauf. Für die neue Amtszeit eines Oberbürgermeisters wird es wohl darum gehen, um eine Befriedung der Stadt bemüht zu sein, ohne Weichspülerei zu betreiben. Das hat sich Birgit Weber vorgenommen, die Kandidatin der CSU, die als erste ins Rennen geschickt wurde. Über die Frauenunion stieg sie bei den Christsozialen ein und relativ schnell auf. Selbst „CSU-Coburg-Generalsekretär“ Hans-Herbert Hartan räumte den Weg, auch von den zwischenzeitlich gehandelten Thomas Bittorf oder Roland Eibl war nichts mehr zu hören. Die Ärztin hat sich in ersten Reden der Coburger Finanzprobleme angenommen, für sie wird es im Wahlkampf aber sicher darum gehen, echtes eigenes Profil zu gewinnen. Nur mit Nettigkeit wird es nämlich wohl nicht funktionieren. Ja, und das war es dann auch schon mit den feststehenden Kandidaten um den OB-Sessel 2014. Der Rest ist Spekulation. Auch, ob Norbert Kastner , seit1990 Stadtoberhaupt, erneut antritt. Er selbst nämlich hat sich noch nicht über eine Kandidatur geäußert. Kann sein, dass er erst den Ausgang der Wahlen im Herbst abwarten will. Kann sein, dass ihm ein starkes Ergebnis der SPD auf Landes- und Bundesebene Rückenwind gibt. Kann sein, dass ein Sieg von Norbert Tessmer gegen Hans Michelbach ihn als einzigen aussichtsreichen Kandidaten der SPD für die OB-Wahl zurücklässt. Norbert Tessmer hätte eine Alternative sein können. Auch weitere Kandidaten sind bisher nicht gekürt worden. Kein Christian Müller für die CSB, kein Jürgen Heeb für „ProCoburg“, kein Wolf-Rüdiger Benzel für die Grünen, kein FDP-Kandidat. Auch von anderen, die immer mal wieder in letzter Zeit gehandelt wurden wie zum Beispiel den parteilosen Radio-Anker Thomas Apfel, hört man bis jetzt nichts. Wer weiß, wer noch auf die Bühne tritt? Aber es ist ja auch noch ein bisschen hin bis zum März 2014.
Und an alle die gerichtet, die sich schon jetzt beschweren, dass es ja doch nichts wird, weil die „ Bollidigger “ hinterher ja doch wieder machen, was sie wollen und dass man deshalb sowieso nicht wählen braucht: wenn man es besser kann, dann besser machen und sich vorher zur Wahl stellen. Und wenn man das nicht auf die Reihe bekommt, wenigstens wählen gehen. Dann beschwert es sich noch viel schöner.
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Was macht der Kastner?
Landtagswahl Bayern 15.9.2013 Bundestagswahl 22.9.2013
Kommunalwahl Coburg 15.3.2014
Jürgen W. Heike, CSU
Hans Michelbach, CSU
Susann Biedefeld, SPD
Norbert Tessmer, SPD
Bernd Lauterbach, Die Grünen
Manuel Dethloff, Die Grünen
Norbert Kastner, SPD
Jens-Uwe Peter, FDP
Ulrich Herbert, FDP
Christian Müller, CSB
Dr. Klaus Klumpers, ÖDP
Uwe Zipfel, Freie Wähler
Jürgen Heeb, ProCoburg
Johannes Reichhardt, Piraten
und evtl. weitere
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Birgit Weber, CSU
Mögliche Kandidaten:
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Von Daniela Greschke Fotos: Frank Wunderatsch
„Du schaffst das“ oder „Was jetzt ist, zählt“ oder „Ich bin die Sonne“
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Manchmal trug er Mützen, sah, sowieso schon extrem dünn, auch ein wenig wächsern aus. Selbst seine Augenbrauen hatte er eingebüßt während der Chemotherapie, sechs Zyklen waren nötig. Jeder Zyklus steht für eine ganze Folge von Behandlungen. Danach eine Behandlungspause, in der sich der Körper wieder erholen soll.
Was jetzt kommt, will ja eigentlich keiner hören. Man weiß, dass diese Krankheit existiert. Aber man will sich nicht mir ihr beschäftigen. Sie ist ein Tabuthema, das Angst macht. Und doch wird man immer wieder damit konfrontiert. Weil man erkrankte Menschen trifft. Für die das alles ungleich schwerer ist. Den Kranken selbst aber machen die Reaktionen ihrer Mitmenschen zu schaffen. „Am Anfang hat jeder gefragt, wie es mir geht.“ erzählt Denise. Sie merkte, dass sich die meisten dabei unwohl fühlten. Manchmal sei da dieser Hundeblick gewesen. „Das wollte ich nicht, weil ich dann wieder wusste, dass ich krank bin.“ Heute haben manche ihrer Bekannten Angst, ihr zu begegnen, mit ihrem Schicksal konfrontiert zu werden, „die biegen ab, wenn sich mich sehen.“ Das tut weh, will sie doch einfach nur „normal“ behandelt werden, sich angenommen fühlen, Ernst genommen werden, dem, der es wirklich will, einem Blick hinter die Fassade gewähren. „Ich bin meistens doch recht positiv. Ich denke, du schaffst das, du gehst da durch.“ Man lerne, mit dem Zustand umzugehen. Mit der Sondersituation. „Man weiß, was es heißt.“
Jetzt wachsen seine Haare wieder. Ein sichtbares Zeichen, eine kleine Trophäe dafür, dass Willi heftige Runden des Ringens mit der Krankheit hinter sich gebracht hat. Fast fällt es wieder etwas leichter, ungehemmt mit ihm umzugehen. Normaler. Natürlich hat man das vorher auch schon versucht. Was dem einen besser, dem anderen nicht ganz so gut gelang. Willi selbst, so hatte es den Anschein, nahm die Sache eher beherzt an, scherzte manchmal sogar lakonisch auf seiner Facebook-Seite. Doch was sagt schon das Außen über das Innere eines Menschen? Man habe, so sagt Willi, „in der westlichen Welt diese Illusion der Unverwundbarkeit. Man geht davon aus, dass es einen selber nicht trifft.“ Seinen Krebs hat er eigentlich fast schon alleine diagnostiziert, bevor es die Ärzte taten. Die Symptome analysiert und immer mehr andere Krankheiten ausgeschlossen. Bis schließlich nur doch Lymphdrüsenkrebs übrig blieb. Eine Krebsform, die man eher als jüngerer Mensch bekommt. Fast zwei Drittel der Patienten sind zwischen 20 und 30 Jahre alt. Nur etwa ein Viertel Prozent sind älter, zwischen 50 und 60. Seit 2 Jahren schon habe er sich anfälliger gefühlt, erinnert sich Willi. Müder. Schlapper. „Wenn ich mich gekratzt habe, ist alles angeschwollen.“ Und dann kam die Bestätigung der eigenen Vermutung.
enn sie trommelt, ist sie frei. Samba-Rhythmen sind ihr Gute-Laune-Geheimnis. Es reicht schon die Trommel anzuschnallen: „Da muss ich grinsen. Samba ist mein Ziel, auf das ich hinarbeite.“ Der Satz einer 26jährigen, der stutzig macht, wenn man den Hintergrund nicht kennt. Und sehr betroffen, wenn man um ihn weiß. Denn seit sechs Monaten ist alles anders für Denise Kranich. Seit dem Tag, an dem sie erfuhr, dass sie Darmkrebs hat.
In diesem Alter Krebs? Auch Willi Zinn ist ein Wissender, ein „Betroffener.“ Der schlaksige 21jährige kommt aus Suhl und macht ein Praktikum bei iTVCoburg. In dieser Zeit wurde Lymphdrüsenkrebs bei ihm diagnostiziert, erreichte die neuen Kollegen die Nachricht von seiner Krankheit, die fassungslos machte, verwirrte, verunsicherte. „In diesem Alter Krebs?“ Sie erlebten auch Tage, ja Wochen, an denen Willis Platz leer blieb, er nicht zur Arbeit kam. Nicht kommen konnte. Wenn er da war, begegneten ihm beherzte, aber auch vorsichtige, abschätzende Blicke.
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Denise hingegen versuchte lange, die Signale ihres Körpers zu ignorieren. Natürlich war es auffällig, dass sie nicht mehr richtig essen konnte, Krämpfe hatte, ihr ständig schlecht war. Trotzdem erzählte sie niemandem davon, hoffte auf eine Infektion, ging weiter zur Arbeit. Einige Zeit später dann der Verdacht auf einen Darmverschluss. Die Operation wurde schnellstens angesetzt, dann, „fast hatte man schon begonnen“, wurde noch eine Darmspiegelung angeordnet. Plötzlich Aufregung: „Ich hab noch mitbekommen, wie immer mehr Ärzte rein kamen, dann haben sie mir was gespritzt.“ Später die Frage, ob sie liegen oder sitzen Bild rechts: Willi Zinn ist erst 21. Die Haare wachsen wieder. Ausgabe
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Du Schaffst Das schulung konnte sie jedoch aus dem Weg räumen. „Ich war so happy, als die Schule angerufen hat. Da war wieder etwas von meiner Liste, das mich belastet hat.“ Mehr als das eigene Kranksein, wie sie unumwunden eingesteht. Auch Willis Familie wurde extrem auf die Probe gestellt. Und wird es noch. Wie Willi auch. Ein bisschen, so bekennt er, habe es ihn schon aufgeregt, auf welch vorsichtige Art und Weise ihn seine Mutter und Oma ab diesem Zeitpunkt behandelt hätten. Er selber war und ist fest entschlossen, sich zu stellen. Die Krankheit anzunehmen und zu kämpfen „Ich kann sowieso nichts dran ändern, ich muss da durch. Ich habe mich damit abgefunden, dass es so ist.“ Natürlich sei es „deprimierend, wenn man ein halbes Jahr im Krankenhaus ist“, man unter den Folgeerscheinungen der Chemo leidet, die je nach Dosierung von einigermaßen zu ertragen bis schier unerträglich variieren können.
Denise Kranich, 26 Jahre:
„Ich bin meistens doch recht positiv. Ich denke, du schaffst das, du gehst da durch.“ wolle, „ob man jemanden holen soll.“ Und dann die erschütternde Botschaft. Man habe Darmkrebs im Stadium 1 und 2 gefunden, der noch nicht gestreut hätte. Allerdings erst einmal inoperabel, da sich hinter dieser Stelle des Darms die Bauchschlagader befinde. Wie fühlt man sich in solch einem Augenblick, im Angesicht einer derartigen Botschaft? „Schlecht...“ Auch wenn man diese Nachricht in der ersten Zeit anzweifele, nicht ganz verstehe, ja, auf jeden Fall noch hoffe. „Man realisiert das nicht, ich hab vier Wochen gebraucht. Ich bin raus, ich weiß gar nicht mehr, wie ich nach Hause gekommen bin.“ Unvorstellbar: Denise behält die Diagnose für sich. Dreißig volle Tage lang. „Das war das Schlimmste für mich, das zu verheimlichen.“ Es ist kurz vor Weihnachten, sie will Familie und Freunde schützen. Erst nach all den unendlichen Festtagen inklusive Jahreswechsel - sie ist zu Gast bei ihrer Mutter - bricht alles aus ihr heraus, was sich angestaut hat. Die Mutter ist geschockt, vor allem weil ihre Tochter ihre Sorgen nicht mit ihr geteilt hat. Auch zu den Behandlungen geht Denise am liebsten alleine. Die Mutter kann sich damit anfangs kaum arrangieren. Sie fühlt sich von der Tochter abgelehnt. Dabei habe sie das mit sich selber ausmachen wollen, erklärt Denise. Ausmachen müssen. Um sich dabei irgendwie auch ein Stück weit von der Mutter zu lösen. „Ich brauche sie sowieso schon, für meinen Sohn.“ Der Sechsjährige ist für Denise am allerwichtigsten. „Hätte ich ihn nicht, hätte ich wahrscheinlich aufgegeben.“ Herausforderungen, die mit ihrem Kind zu tun haben, liegen ihr am stärksten auf der Seele. Schwierigkeiten wegen der bevorstehenden Ein-
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as die Freunde betraf, erlebte er Überraschungen. „Die Leute, von denen ich es erwartet habe, sind ausgeblieben. Dafür kamen andere.“ Warum gerade ihn dieses Schicksal getroffen hat, hinterfragt er nicht. Im weiteren Feld der Familie habe es schon Krebserkrankungen gegeben, einreden will er sich aber nichts, da könne es viele Gründe geben. Lieber blickt er nach vorne. Fast drei Monate lang sind seine Werte schon als gut eingestuft. Weitere drei braucht er noch, um als stabil zu gelten. „Was jetzt ist, zählt.“ sagt Willi, der gelernt hat im Augenblick zu leben. Geträumt werden darf trotzdem. Von einem Ausbildungsplatz bei iTV. Der Ausbildung zum Mediengestalter. Vielleicht sogar von einem Regiestudium. Auch wenn es schwierig sei, „spontan da reinzukommen“. Ob Ältere es leichter haben mit solch schweren Erkrankungen? „Ich denke, das kommt drauf an, was man noch machen wollte in seinem Leben.“ sagt Willi. Er hat noch Vieles vor: Die Welt sehen, Konzerte filmen. Vor allem die sind sein Steckenpferd: Seit dem Alter von 16 Jahren ist er eifriger Konzertbesucher, mehrere Jahre schon veranstaltet er auch selbst welche. „It`s better to burn out than to fade away.“ ist ein Spruch, der ihm ganz gut gefällt. „Es ist besser auszubrennen als langsam zu verglühen.“ Neil Young hat das einmal gesagt. Auch der Sänger erlebte mehrere schwere Erkrankungen wie Diabetes, Epilepsie, oder, bereits als 6jähriger, eine Polioinfektion, die seine linke Körperhälfte bleibend schädigte und ihm bis heute einen leicht hinkenden Gang bescherte.
In meinem Bauch ist eine Wolke Denise hingegen will verstehen. In Gesprächen mit einem Psychologen versucht sie auch zu ergründen, warum gerade sie Krebs hat. Was sie anders machen könnte. Eigentlich sei sie ein sehr direkter Mensch, die Eigenschaft habe sie in den letzten Jahren jedoch unterdrückt. Probleme mit dem Darm, sagt der Psychologe, stünden auch dafür, etwas in sich hineinzufressen. Im Dezember kam die Diagnose, im Januar die Trennung von ihrem Mann. Das habe sich bereits abgezeichnet. „Doch, das geht jetzt.“ Sie kom-
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Willi Zinn:
„Man hat in der westlichen Welt diese Illusion der Unverwundbarkeit. Man geht davon aus, dass es einen selber nicht trifft.“
me damit zurecht. Auch mit den Bestrahlungen. Und den Tabletten, deren Zahl sich schon erheblich verringert hat. „In meinem Bauch ist eine Wolke“, hat sie ihrem Sohn erklärt. Und die Strahlen als ein Gewitter beschrieben, das die Wolke kaputt macht. „Das fühlt sich an, wie wenn man im Solarium liegt. Nur das Brennen kommt von innen heraus.“ Einmal im Monat muss sie zur Kontrolle. Eine wöchentliche Konfrontation mit den Testergebnissen wäre ihr einfach zu heftig. Im Moment entwickelt sich alles positiv. Der Tumor schrumpft. Ist er klein genug, wird man ihn operativ entfernen können. Manchmal geht es ihr gut, manchmal hat sie auf nichts Lust. „Dann hilft es, wenn ich zur Arbeit gehe.“ Sie schwärmt vom kleinen Familienbetrieb, in dem sie sich angenommen fühlt und dem tollen Chef. Vom guten Verhältnis zu ihrer Mutter. Neulich ist sie auf einer Modenschau gelaufen, stolz und voller Freude und Aufregung. Während ihrer Behandlung im Würzburger Klinikum hat Denise Kinder getroffen, die Krebs hatten. Wie diese damit umgingen, fand sie bewundernswert. Ein Mädchen, an Leukämie erkrankt, war besonders tapfer. Obwohl es schon mehrere Rückfälle erlitten hatte. Das Mädchen ist gestorben. Und hat vielen Menschen einen letzten Gruß hinterlassen. So auch Denise. „Obwohl wir uns nur einmal getroffen hatten.“ Der Brief hängt jetzt an ihrem Spiegel. Sie solle nicht aufgeben, steht da geschrieben. Sie müsse keine Angst haben. Und noch: „Ich will dich hier oben nicht sehen. Ich bin die Sonne, ich gebe immer auf dich acht.“
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„Diagnose Krebs“
In Deutschland sterben mehr Menschen an Herz-Kreislauferkrankungen als an Krebs. Und doch schockt die Diagnose Krebs stärker. Vor allem deshalb, weil sie noch immer mit Hoffnungslosigkeit und Unabänderlichkeit in Verbindung gebracht wird. Dabei sprechen Zahlen und Statistiken eine deutlich andere Sprache. Wenn man berücksichtigt, dass die Menschen heute im Durchschnitt viel älter werden als noch vor 20 Jahren, geht die Krebssterblichkeit in Deutschland seit Jahren zurück. Noch bis 1980 starben mehr als zwei Drittel aller Krebspatienten an ihrer Krebserkrankung. Heute kann mehr als die Hälfte auf dauerhafte Heilung hoffen. Fast alle Krebsarten treten bei älteren Menschen sehr viel häufiger auf als bei Jüngeren. Statistiker vergleichen die Angaben zu Krebsneuerkrankungen von Kindern, Jugendlichen und Menschen aller Lebensalter miteinander: Auf einen unter 15-Jährigen, der eine Krebsdiagnose erhält, kommen demnach 200 bis 300 über 80-Jährige. Für die meisten Krebs-Todesfälle unter den Männern ist Lungenkrebs verantwortlich. 2008 starben fast 30.000 Betroffene an dieser auch Bronchialkarzinom genannten Tumorform. Allerdings erkranken immer weniger Männer an Lungenkrebs. Bei Frauen ist diese Krebsart derzeit noch vergleichsweise selten, sie steht als Todesursache unter den Krebserkrankungen auf Platz drei nach Brustkrebs und Darmkrebs. In der Altersgruppe der unter 40jährigen haben die Frauen allerdings bereits mit den Männern gleichgezogen, was die Zahl der Neuerkrankungen anQuelle: Krebsinformationsdienst geht, eine Folge ihres Rauchverhaltens.
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Theater Mit Dem Umbau Die notwendige Sanierung zieht sich hin.
von Cornelia Stegner Fotos: Frank Wunderatsch
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isse im Mauerwerk, eine heruntergekommene Bar, Abwasserrohre, ein Haufen ausrangierter Stühle. Das Bühnenbild zum Tangoballett „Maria de Buenos Aires“ zeigt die Katakomben der Großstadt, steht für den Verfall. Zwei Stunden lang bannen die Tänzer von Mark McClain, Sängerin Petra Gruber und die Musiker unter der Leitung von Kapellmeister Roland Fister das Publikum in die Sitze, es vergisst Zeit und Raum, taucht ab in die dunkle Parallelwelt des Tango-Revolutionierers Astor Piazolla. Eine perfekte Inszenierung, das Publikum: begeistert. Diese künstlerische, vielbewunderte Ästhetik des Verfalls ist das Einerseits. Das Andererseits: In der Realität des ehemaligen Herzoglich Sachsen-Coburg und Gotha‘schen Hoftheaters bröckelt es auch, und zwar nicht schlecht. Das Coburger Landestheater, erbaut in der Mitte des 19. Jahrhunderts von einem Schüler Schinkels, wartet auf die große, rettende OP namens Generalsanierung. In den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts fand die letzte Erneuerung der Haus- und Theatertechnik statt. Das ist nun vierzig Jahre her. Nach außen glänzt das Theater heute mit Publikumserfolgen, mit steigenden Besucherzahlen, auch bei schwierigen Stücken. Die Zwischenbilanz zur Spielzeitmitte 2012/13 sorgt für Zufriedenheit: Zehn Prozent Abo-Zuwachs, innerhalb eines Jahres steigt die Auslastungsquote des Großen Hauses von siebzig auf einundachtzig Prozent, neunundvierzigtausend Besucher zählt das Landestheater von Spielzeitbeginn bis zur Mitte. Nicht nur Musical („Me and my girl“) oder Weihnachtsmärchen („Der Lebkuchenmann“) stehen hoch in der Gunst der Zuschauer. „Mit einem umjubelten und restlos ausverkauften ‚Nussknacker‘ gelingt Mark MacClains Ballettcompagnie der Durchbruch“, steht im Feuilleton der Tageszeitung. Das Konzept des Intendanten Bodo Busse geht auf.
Hinter den Kulissen aber, da ist der Zustand vor der Generalsanierung. Die Menschen am Landestheater arbeiten unter Bedingungen, die man, leicht beschönigend, als suboptimal bezeichnen könnte. Der Charme der sichtbaren Vergänglichkeit hört genau da auf, wo es im Winter durch undichte Fenster und Türen herein pfeift, wo räumliche Enge einen vernünftigen Probenbetrieb fast unmöglich macht, wo Gefahr für die Gesundheit besteht, wo Vorstellungen nur mit Zusatzpersonal laufen, um die Sicherheitsvorschriften erfüllen zu können und wo im Zuschauerraum das ein oder andere Stück Deckenstuck den Kampf gegen die Erdanziehung bereits verloren hat.
Bild links: Veraltete Bühnentechnik hinter dem Vorhang.
Bild oben: Theaterwaffen in der Requisite
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Oben: Reichhaltiges Angebot an Theaterwaffen
Daniel Kaiser ist der technische Leiter des Landestheaters und „unser Fels in der Brandung“, wie ihn die kaufmännische Direktorin Judith Wollstädter nennt. Er zeigt die „Pferderampe“, deren martialischer Name schon von vorneherein nichts Gutes ahnen lässt. Schlachthof-Vokabular im Musentempel. Die „Pferderampe“ ist der Bereich zwischen Straße und Bühne, über den die Bühnentechniker die schweren, großen Kulissen, die in Cortendorf gebaut werden, aus dem LKW heraus und ins Haus hineintragen müssen. Nicht mit Pferdestärke, sondern mit reiner Menschenkraft geht es über eine schmale, lange Betonrampe. Dreißig Grad Steigung. Über der klapprigen Außentür soll
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Theater mit dem Umbau
Daniel Kaiser:
„Ich muss schauen, dass es allen gleichgut geht.Oder gleich schlecht“ eine Art „Warmluftdusche“ im Winter dafür sorgen, dass der Rampenbereich nicht allzu stark auskühlt, wenn be- und entladen wird. „Auf der Bühne muss ich es warm halten, sonst werden die Künstler bei den Proben krank. Meine Leute schwitzen aber und müssen raus in die Kälte. Ich muss schauen, dass es allen gleich gut geht. Oder gleich schlecht“, beschreibt Daniel Kaiser das Dilemma. Maschinenunterstützung oder Hubwagen gibt es nicht. „Wir bewegen alles mit Muskelkraft. Fast sechs Meter hohe Teile. Es kann durchaus passieren, dass wir, wenn ein Stück länger nicht gespielt wird, alles wieder komplett raustragen und verladen müssen. Und dann kommt es irgendwann wieder rein.“
Der Arbeitstag der Mitarbeiter von Daniel Kaiser beginnt um sieben Uhr morgens: sie bauen die Abendvorstellung „weg“ und die Bühnenprobe „hin“. Von zehn bis vierzehn Uhr wird geprobt. Gegen vierzehn, fünfzehn Uhr wird die Bühnenprobe weg- und die Abendvorstellung wieder hingebaut. Die Gewerke haben bis neunzehn Uhr alle Hände voll zu tun: Bühnentechnik, Beleuchtung, Ton,
Requisite. Ab neunzehn Uhr fünfzehn kommen die ersten Zuschauer. „Komischerweise ist, bis auf kleinere Blessuren, noch nie etwas auf dieser Laderampe passiert“, sagt Daniel Kaiser, „ich vermute, dass die Leute einfach auch mehr aufpassen, weil sie wissen, dass es gefährlich ist.“ Dennoch: die Schräge der Rampe geht „extrem auf die Knochen“. Daniel Kaiser weiß das aus eigener Erfahrung. Er hat vor neun Jahren als Aushilfe in den Werkstätten des Landestheaters angefangen, später als Bühnenhandwerker gearbeitet, den „Bühnenmeister“ gemacht und schließlich die technische Leitung übernommen. Sein Traum für den Ladebereich nach der Generalsanierung: „Wir würden gerne mit dem LKW direkt ins Gebäude hineinfahren können, rückwärts. Über Wechselbrücken könnten ganze Container mit dem kompletten Bühnenbild eines Stückes per Hubpodien auf Bühnenniveau angehoben werden, und wir laden ebenerdig aus.“ Wie so etwas „in echt“ aussieht, ist seit 2011 im frisch generalsanierten Südthüringer Staatstheater Meiningen zu sehen.
Ortswechsel: Zuschauerbereich, Eingang, Kasse. Eine Frau will ihre Karten bezahlen, das Kartenzahlgerät hängt am Kabel und wird ihr umständlich durch das kleine Klappfensterchen an der Kasse nach draußen gereicht. PIN und mit „Grün“ bestätigen. „Diese kleinen Fensterchen hier sind wirklich nicht sehr einladend“, sagt Daniel Kaiser. Es gebe für den Kassenbereich Vorschriften, die erfüllt werden müssen, aber man hätte das Ganze schon gerne offener und freundlicher. Außerdem: Es zieht. „Vor allem im Winter, aber auch schon im Herbst oder Frühjahr. Wir haben eine ganz schlechte Dämmung nach außen. Einfach-Verglasung, manchmal zweifach, dann hört es aber auch schon auf.“ Daniel Kaiser erwähnt die Holztüren, die so verzogen sind, dass sich breite Spalten ergeben. „Wenn im Winter die Heizung ausfällt, was öfters einmal vorkommen kann, dann haben wir hier Minusgrade.“ Aber heute dringen einfach die Sonnenstrahlen von draußen ins Halbdunkel des Foyers und zaubern ihre Muster auf die altehrwürdigen Wände und Böden, die geduldig auf ihre Schönheitskur warten. Ortswechsel: ehemaliges „RaucherFoyer“, heute „Max-Brückner-Salon“. Der kleine Bereich neben dem Spiegelsaal wird in der Pause als Zuschauerbereich geöffnet. Und weil es im ganzen Haus keinen passenden Raum gibt, finden hier auch interne Besprechungen statt. Auch wenn es um die Generalsanierung geht und Gäste da sind. „Hier ist es schöner als im Hinterhaus in einem kleinen Büro“, sagt Daniel Kaiser, „hier kommt die
Relaxen im Sommer...
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Theater mit dem Umbau Sonne rein und man hat einen tollen Blick auf den Schlossplatz, auf die Arkaden und die Ehrenburg.“ Das Landestheater ist für den Technischen Leiter ein „Traum-Arbeitsplatz“, trotz allem.
Ortswechsel: Treppenhaus. „Hier geht es in die Logen“, zeigt Daniel Kaiser. Doch die Logen gibt es schon lange nicht mehr. Es sind heute „Elektrische Betriebsräume“. Im historischen Zuschauerraum sei es sehr schwierig, an der Lichttechnik Veränderungen oder Erweiterungen vorzunehmen. „Wir haben nur ganz wenige Möglichkeiten, die Vorbühne oder die Bühne generell zu beleuchten.“ Aus den Logen aber habe man sowieso schlechte Sicht. Sie sind zum Zuschauersaal ausgerichtet, das Volk sollte mitbekommen, wer darin saß. Nur eine Loge ist heute für Zuschauer freigegeben: die Intendanten-Loge im Erdgeschoss. Sie nämlich ist der einzige barrierefreie Platz im Landestheater. Zwei Rollstuhlfahrer mit Begleitpersonen passen hinein. Im eigentlichen Zuschauersaal könne man für Rollstuhlfahrer zwar aus der Bestuhlung Teile herausnehmen, aber der sperrige Rollstuhl muss davor erst einmal Treppen überwinden. „Da packt dann teilweise die Technik mit an“. Zeitgemäße Barrierefreiheit sieht anders aus. Ortswechsel: Die Requisite. Voll bis unter die Decke mit Kerzenständern, Aktenkoffern, Registrierkassen, Telefonen, Weingläsern, Kunstblumen, Handtaschen, Silbertabletts, Perlenvorhängen. Jeder Gegenstand in zehnfacher Ausführung,
Über die „Pferderampe“ werden die Kulissenteile ins Haus getragen.
immer anders. In der Wunderkammer der Requisite gibt es alles, außer Platz. „Das hier ist nur ein Drittel von dem, was wir eigentlich haben“, sagt Manfred Dehler von seiner Stehleiter herunter, eingezwängt zwischen zwei Regalen, die so eng stehen, dass ein Umdrehen ohne anzustoßen nahezu unmöglich scheint. Das Sammelsurium in den Regalen wirkt völlig willkürlich, aber „Manni“, so nennen ihn die Kollegen, findet alles. Bei den Proben muss es auch ganz schnell gehen. „Da kommt die Regieassistentin geflitzt und braucht plötzlich … sagen wir:
einen Geldbeutel.“ Eine lange Suche ist dann nicht drin. Sein buntes Reich ist wie der Inhalt mehrerer Dachböden, ein Reservat für Dinge, die andernorts längst auf dem Müll gelandet wären. Manchmal muss der Requisiteur hier auch Utensilien herstellen. „Einmal standen auf der Liste für die Requisiten zwölf Brummkreisel, die nicht brummen“, lacht Manni. Er hat es hingekriegt: man muss einfach die Luftlöcher mit Tesafilm zukleben, schon hat man nichtbrummende Brummkreisel. Aber so einfach geht es nicht immer. „In diesem Raum hier hantie-
Oben (von links nach rechts): Eingang und Spiegelsaal im Zuschauerbereich
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Mark McClain:
„Wir brauchen ganz dringend einen Ballettsaal in der Nähe des GroSSen Hauses“
ren wir auch mit Lebensmitteln, machen Häppchen für Stücke oder ähnliches. Farbe und Kleber dürfen hier drin nicht verwendet werden.“ Vor einiger Zeit musste Manfred Dehler einen Styroporwürfel herstellen, der beim Werfen nicht quietscht. Die Kautschukmilch, mit der er ihn deswegen bestreicht, riecht bestialisch nach Ammoniak. „Ich hab das dann halt auf der Pferderampe gemacht“, sagt er. Was die Requisiteure benötigen, ist Platz. Sachen endgültig aus dem Fundus entfernen, das machen sie höchst ungern. Selbst die unscheinbarsten Dinge, wie leere Weinflaschen, haben hier ihre Daseinsberechtigung. „Ich weiß, dass wir genau den Gegenstand, den wir entsorgen, irgendwann einmal doch brauchen. Und dann? Ist er nirgends mehr aufzutreiben.“ Es werde immer schwieriger, in der Innenstadt schnell mal zu Fuß etwas zu besorgen, Haushaltsgegenstände oder ähnliches. Für die Requisite im Haus braucht es also
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ausreichend Regalflächen, um Dinge übersichtlicher lagern zu können. Und einen kleinen Werkstattbereich.
Ortswechsel: Ballettsaal. Marc McClain leitet das Warming Up. In dem kleinen Raum ist die Luft stickig und warm. Die Tänzerinnen und Tänzer müssen sich gegeneinander versetzt drehen, so dass sie sich nicht gegenseitig behindern und anstoßen. „Auch mit mehr Platz müssten wir natürlich aufpassen, dass wir bei der Pirouette nicht aneinander knallen“, sagt Mark McClain, der seit zweieinhalb Jahren die Coburger Ballettcompagnie leitet, „aber hier ist es schon sehr, sehr eng.“ Zum Trainieren an der Stange und zum Aufwärmen seien die Räume im Großen Haus noch halbwegs zu gebrauchen. Wenn der Orchestersaal frei ist, ziehen die Tänzer dahin um, um Sprünge und Drehungen zu üben. Richtig geeignet ist der Orchestersaal durch den fehlenden Schallschutz jedoch weder für das Orchester noch
für das Ballett. „Der Boden ist sehr hart“, erklärt Mark McClain, „die Tänzer haben Schmerzen in den Knien und in den Fußgelenken“. Schon nach einem Monat macht sich bemerkbar, wenn kein „Schwingboden“ vorhanden ist, der die Wucht des Aufpralls abfängt. Dringend benötigt wird eine Probebühne. Seit viereinhalb Jahren probt die Ballettcompagnie in einer ehemaligen Kegelbahn in der Neustadter Straße. Die Arbeitsbedingungen dort sind schlecht: undichte Fenster, defekte Heizkörper und mitten im Raum zwei tragende Pfeiler. „Es ist nicht einfach, in einer Kleinstadt einen geeigneten Proberaum fürs Ballett zu finden“, weiß der New Yorker Mark McClain mittlerweile, „es gibt hier keine leer stehenden Industriehallen oder dergleichen“. Eine Probebühne hat im Idealfall Bühnenmaße, also neunzig bis hundertfünfzig Quadratmeter, ist möglichst quadratisch, hat mindestens vier Meter Raumhöhe, hat Duschen und liegt im Erdgeschoss oder im ersten Stock, um Dekorationen transportieren zu können.
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Theater Mit Dem Umbau Bis zur Generalsanierung ist es noch ein langer Weg für die Tänzerinnen und Tänzer von Mark McClain, und das im wörtlichen Sinne: Derzeit scheint sich eine neue Probemöglichkeit im Coburger Stadtteil Neuses abzuzeichnen. „Da stehen zwar keine Säulen im Raum, aber die Tänzer müssen wieder extra hinfahren, das kostet sie Zeit und Geld“, sagt Mark McClain, „wir brauchen ganz dringend einen Ballettsaal in der Nähe des Großen Hauses“.
In seiner Bilanz zur Spielzeitmitte im Februar 2013 schätzt Bodo Busse noch, dass es in zwei Jahren losgehen könnte. Das Geld für die Sanierung ist im Haushalt des Freistaats eingeplant. Stadt und Freistaat müssten nun die Finanzierungsvereinbarung aushandeln. In der Tageszeitung berichtet er, dass mittlerweile auch das Publikum den dringenden Sanierungsbedarf zu spüren bekäme: Als in einer Vorstellung die Heizung ausfiel, seien viele in der Pause nach Hause gegangen. Ein paar Wochen später, im Frühjahr 2013, reagiert der Intendant schon auch einmal recht gereizt, wenn er nach der Generalsanierung gefragt wird. „Als ich vor drei Jahren nach Coburg gekommen bin, hieß es, dass das Haus 2012/13 saniert ist“. In Coburg wird vieles zerredet, bevor etwas passiert, sagt er, und nennt auch die Endlos-Debatte um die Schlossplatz-Tiefgarage. „Mit unserem Etat hat das überhaupt nichts zu tun“, sagt Bodo Busse, der nun erst einmal überhaupt keine Interviews zur Generalsanierung mehr geben will. Seine Prognose: „Die nächsten drei, vier Jahre spielen wir noch hier!“
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eit 2011 laufen die Planungen für die Generalsanierung, das Staatliche Bauamt Bamberg hat die Baukosten mit rund siebenundzwanzig Millionen Euro veranschlagt und das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat mit der Schaffung eines Planungstitels im Haushalt 2011/12 den ersten notwendigen Schritt eingeleitet. Der Staatsvertrag aus dem Jahr 1924 verlangt, dass der Freistaat Bayern und die Stadt Coburg die Kosten anteilig zu tragen haben. Im Frühjahr 2012 dann treffen sich Vertreter der Stadt, des Freistaats und des Landestheaters und besprechen das Vorhaben Generalsanierung: Erneuerung der Haus- und Bühnentechnik, Austausch von Fenstern, Außentüren und Sanitäranlagen, Brand- und Lärmschutz, Elektroinstallationen, Lüftungstechnik, Energieeffizienz, barrierefreier Zugang, neue Probebühnen, ein Ballettsaal. Wolfgang Vatke, bis zum Jahr 2011 Verwaltungsdirektor, errechnet einen Raumbedarf von insgesamt 1300 Quadratmetern (Stand 3/2012).
Seine Nachfolgerin , Judith Wollstädter, wird die heiß ersehnte Generalsanierung mit erleben. „Es geht dann los, wenn die Rahmenbedingungen stimmen“, erklärt die kaufmännische Direktorin, „wir müssen während der Sanierung ja irgendwohin. Ohne Ausweichmöglichkeit kann die Sanierung nicht beginnen“. Ein „Riesen-, Riesen-, Riesenprojekt“ sei das Ganze, und man müsse Punkt für Punkt abarbeiten. Sie und ihre Mitarbeiter haben sich dazu frisch generalsanierte Theater in ganz Deutschland genau angeschaut. „Das war sehr spannend. In Mainz hat man mehrere Stockwerke in die Tiefe gebaut, so etwas würde hier gar nicht gehen.“ Bei den Rundreisen habe sie jedoch auch festgestellt, dass es in Coburg „sensationell tolle Werkstätten“ gebe, die man an keinem der besichtigten Häuser vorgefunden hätte. Eine „Luxuslösung“ werde es nach der Generalsanierung auf jeden Fall nicht geben, so Judith Wollstädter. „Wir bekommen öffentlich-rechtliche Gelder, deswegen drehen wir jeden Cent zweimal um. Wir machen das, was arbeitstechnisch wichtig ist, wir werden aber sicher kein Blattgold an den Wänden der Büroräume haben.“ Auf der Wunschliste von Judith Wollstädter steht zwar auf alle Fälle ein Besucherleitsystem für den Zuschauerbereich und ein einladender Kassenbereich, aber Schnickschnack, Theatershop und Merchandising, das werde es nicht geben. „Wir wollen Kunst machen und das so gut wie möglich, mit der besten Infrastruktur, die wir für unsere Mitarbeiter herstellen können. Erstmal Kunst.“
Damit Der UmbaU nicht zUm theater wirD: 09561 / 238 3450 Anwaltskanzlei Büschel-Girndt | Hofer | Kestel info@anwaltskanzlei-bghk.de
w w w.anwaltsk anzlei-bghk.de Links außen: Aufwärmen an der Stange. Links: Die Maske
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Zuschauen.Hören. EINSAME MENSCHEN
Der stumme Schrei der Seele
theater & Musik. Demnächst. Landestheater Coburg Die Spielzeit 2012/13 am Landestheater Coburg neigt sich dem Ende entgegen. Am 18. Juli schließt sich der Vorhang, die Theaterferien beginnen. Doch zuvor stehen noch vier neue Produktionen auf dem Spielplan, die sich thematisch und zeitlich sehr nah sind. Vier Männer stehen im Mittelpunkt - deren Visionen, Sehnsüchte, Ängste und schließlich deren Scheitern. Alle vier sind Held und Antiheld gleichermaßen, provokante und polarisierende Charaktere, deren Gedanken, Gefühle und Taten uns verständlich erscheinen und uns doch erschrecken, die unser Mitgefühl und unsere Ablehnung auf eine Achterbahnfahrt voller Intensität mitnehmen: Eugen Onegin, Johannes Vockerat, Dorian Gray und Woyzeck.
bis zum Spielzeitende von Milen Bozhkov gesungen, der das Landestheater danach verlässt. Gabriela Künzler als Gutsbesitzerwitwe Larina, Betsy Horne und Verena Usemann als deren Töchter Tatjana und Olga, sowie Mojca Vedernjak als Amme Filipjewna sind ebenso mit von der Partie wie Michael Lion als Fürst Gremin. Darüber hinaus sind die Chormitglieder Sergiy Zinchenko, Marino Polanco und Sascha Mai in Solorollen zu erleben.
E WANN Vor der Premiere am 29.6.2013 im Großen Haus lockt am 23.6. (11.00) in der Reithalle bereits eine Matinee zu ersten Eindrücken. Weitere Vorstellungen laufen am 5., 9., 11. und 17. Juli - sowie in der Spielzeit 2013/14.
Schauspiel von Gerhart Hauptmann
A Der junge Vater Johannes Vockerat erlebt im Kreise seiner Familie die Taufe seines Sohnes. Wirkliche Freude will jedoch nicht aufkommen: er muss die philosophische Arbeit zurückstellen, Spannungen mit den Eltern, die väterlicherseits Gehorsam und mütterlicherseits religiöse Frömmigkeit einfordern, überschatten die Feierlichkeiten. „Selbständigkeit im Urteil“ und geistige Verbundenheit, die Johannes bei Ehefrau Käthe vermisst, findet er bei der Studentin Anna Mahr, die seinen Jugendfreund Braun besucht. Je länger der Besuch andauert, desto näher kommen sich Anna und Johannes. Die Familie drängt mit aller Macht auf die Abreise des Gastes – mit fatalen Folgen. B Das Landhaus der Vockerats am Berliner Müggelsee in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts. C Wie bereits in der beeindruckenden Reithallenproduktion Waisen setzt Jungregisseur Michael
Der Liebesbrief für die Ewigkeit
EUGEN ONEGIN Lyrische Szenen in drei Akten von Peter I. Tschaikowsky
A DARUM GEHT ES Der junge Dandy Eugen Onegin hat alle Genüsse des Großstadtlebens ausgekostet und empfindet nur noch Überdruss. Nach dem Tod seines Vaters erbt er ein Landgut. Doch auch dort holt ihn die Langeweile ein. Durch seinen leidenschaftlichen Nachbarn Lenski lernt Onegin die beiden Töchter der Familie Larin kennen: Als die ältere der Beiden, die träumerische Tatjana, ihm ihre Liebe gesteht, weist Onegin diese kühl als Mädchenschwärmerei zurück. Ein gebrochenes Herz, ein tödliches Duell und eine überaus schmerzhafte Lektion sind die unausweichlichen Folgen.
B WO UND WANN SPIELT ES Alexander Puschkins „Roman in Versen“ führt uns zunächst in die höchsten Kreise der St. Petersburger Gesellschaft zu Beginn des 19. Jahrhunderts, um über die Weite des russischen Landes und die dortigen Landgüter wieder in den feinsten Sälen der Großstadt zu landen – diesmal in Moskau.
C WAS ERWARTET MICH Ein Drama um unerfüllte und verkannte Liebe, um Weltschmerz, Eifersucht und Sinnsuche. Die Tiefe der russischen Seele trifft auf einen Außenseiter, der mit kühler Konsequenz auf seinem Weg voranschreitet. Selbst der schönste Liebesbrief der russischen Literatur vermag Onegin nicht zu berühren. Mit Konstanze Lauterbach ist eine Regisseurin für die Inszenierung verantwortlich, deren Wurzeln im Schauspiel liegen - für die fein gezeichneten Charaktere Puschkins eine Bereicherung. Tschaikowskys wunderbare Musik liegt bei GMD Roland Kluttig in besten Händen.
D WER IST DABEI Als Eugen Onegin zeigt sich der gerade zum Publikumsliebling der Sparte Musiktheater gekürte Benjamin Werth nach Don Giovanni zu Beginn der Spielzeit erneut in einer großen und ebenso zwiespältigen Titelrolle. Sein Weggefährte Lenski wird
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„In Harmonie vereint“ (Privatbesitz, Bati Reinsbach)
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Zuschauen.Hören. Götz auch bei seiner ersten Inszenierung im Großen Haus auf die unbändige Kraft der Sprache, die authentische Intensität der Schauspieler und sein feines Gespür für Timing, Ästhetik und Atmosphäre. In weniger als zwei eindringlichen Stunden entfaltet sich das tragische Schicksal einer Familie und zieht den Zuschauer durch Konflikte in den Bann, die auch heute nichts an Brisanz verloren haben. Johannes Vockerat kämpft wie ein gejagtes Wild und mit brutaler Vehemenz um seine utopisch anmutende Vision – denn der Einsatz ist sein Leben.
D In der Rolle des manischen Johannes Vockerat zeigt sich Frederik Leberle, der für diese Spielzeit erneut mit dem Publikumspreis in der Sparte Schauspiel ausgezeichnet wurde, von einer so noch nicht gesehenen Seite. Sandrina Nitschke als Käthe Vockerat, Kerstin Hänel als Mutter Vockerat und Thomas Straus als Vater Vockerat zeigen ebenso eindrucksvoll die Familienmitglieder, die benachbarte Frau Lehmann wird von Philippine Pachl gespielt. Als Studentin Anna Mahr und als Maler Braun sind Anna Staab und Sebastian Pass in ihren Abschiedsrollen am Landestheater zu erleben. E Der gefeierten Premiere am 19.5. folgten weitere Vorstellungen im Mai. Da diese Produktion nicht in die nächste Spielzeit übernommen wird, stehen vier letzte Vorstellungen im Großen Haus im Juni auf dem Spielplan: am 7., 12., 25. und 26. Juni 2013. verführerische Macht des Schönen
DORIAN GRAY Musical-Oper von Roland Fister nach dem Roman von Oscar Wilde
A Lord Henry verführt den jungen und faszinierend schönen Dorian Gray zu einem hedonistischen Lebenswandel. Den sinnlichen Genüssen und dem rücksichtslosen Ausleben seiner Jugend mehr und mehr verfallend, wünscht sich Dorian inbrünstig, statt seiner selbst möge das Bildnis altern, das der Maler Hallward von ihm auf die Leinwand gebannt hat. Sein Wunsch geht in Erfüllung und mit ihm öffnet sich für Dorian die Tür zu einem Leben der Ausschweifung, das immer mehr Opfer fordert und so nicht nur seine Identität und Moral, sondern auch die Menschen um ihn in die Tiefe reißt. Spät erkennt Dorian Gray Lord Henrys tückisches Werk. B Das London des späten 19. Jahrhunderts in seiner prächtigen Vielfalt – von noblen Adelshäusern und erstklassigen Künstlerateliers bis zu drittklassigen Theatern oder Bars und Opiumhöhlen des verruchten Hafens. C Bereits die theatereigene Postkarte zu dieser Produktion deutet an, dass hier unter besonderen Vorzeichen gearbeitet wird: Intendant Bodo Busse inszeniert erstmals seit Beginn seiner Intendanz am Landestheater selbst und kann dabei auf die musikalische Leitung Roland Fisters in dessen eigens komponierter Musical-Oper zurückgreifen. Für Bühnenbild und Kostüme ist Bühnenbildner Michael Heinrich verantwortlich, Vizepräsident der Hochschule Coburg. D In der Titelpartie des Dorian Gray gibt Joel Ann-
mo sein Debüt in Coburg. Als Lord Henry ist Falko Hönisch, als Basil Hallward Michael Lion und als Auktionator Karsten Münster zu sehen. Anna GütAusgabe
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ter als Sibyl Vane gibt ebenfalls ihren Einstand, Ulrike Barz dagegen kehrt in der Rolle der Mrs. Vane als Gast zurück an alte Wirkungsstätte. Die Chormitglieder Joanna Stark, Gabriele Bauer-Rosenthal und Patricia Lerner, sowie Marcello Mejia-Mejia, Jan Korab, Thomas Unger, Freimut Hammann, Martin Trepl und Simon van Rensburg vervollständigen in Solorollen die Besetzung.
E Nach der Premiere Anfang Juni folgen weitere Termine am 14., 16., 20., 30.6. und am 10. Juli - sowie in der Spielzeit 2013/14. Der Tanz auf Messers Schneide
WOYZECK Schauspiel von Georg Büchner mit Ballett
A Auch der junge Soldat Woyzeck ist ein einsamer Mensch: Von seinem Hauptmann und dem Doktor für deren eigene Zwecke missbraucht, kann ihm weder Freund Andres, noch Marie und der gemeinsame Sohn Ruhe und emotionale Geborgenheit geben. Als Marie dann auch noch den Avancen des attraktiven Tambourmajors erliegt und die Experimente des Doktors fortschreiten, nehmen Woyzecks Wahnzustände vollends von ihm Besitz... B Büchner verlegt die Handlung in die ihm vertraute, geliebte und zugleich verhasste hessische Welt im späten 19. Jahrhundert. Ausstatter Udo Herbster beweist, wie mit fantasievoller Kreativität auch der begrenzte Raum der Reithalle genügend Platz für Kasernen und Wirtshäuser, Kammern und Waldwege, Jahrmärkte und freie Felder bieten kann. C Zum Ende der Spielzeit verschwimmen am Landestheater die Grenzen zwischen den Abteilungen Ballett und Schauspiel. Während die Tänzer in der Inszenierung von Matthias Straub in ihren jeweiligen Muttersprachen am dramatischen Geschehen teilnehmen, zeigen die Schauspieler in den Choreographien von Ballettmeisterin Tara Yipp auch tänzerische Qualitäten. Im Gegensatz zu Woyzeck, der die Welt um sich herum zunehmend weniger versteht, führen Übertitel den Zuschauer sicher durch die deutsch-englisch-polnisch-japanisch-taiwanesischen Dialoge. Woyzecks Entwicklung vom betrogenen Liebhaber und missbrauchten Mensch zum wahnsinnigen Mörder stellt die immer wieder aktuelle Frage, inwieweit Individuum oder Gesellschaft Verantwortung für die Eskalation der Gewalt tragen. D Mathias Renneisen, seit dieser Spielzeit neu im Schauspielensemble, führt als Woyzeck die Reihen der Schauspieler an - ihm zur Seite stehen Nils Liebscher als Hauptmann und Niklaus Scheibli als Doktor. Die Rolle der Marie übernimmt Emily Downs, frisch gekürte Preisträgerin des Publikumspreises der Sparte Ballett. Weiterhin sind die Balletttänzer Adrian Stock als Tambourmajor, Takashi Yamamoto als Andres, Niko Ilias König als Kind, Po-Sheng Yeh als Großmutter, Mariusz Czochrowski als Unteroffizier, sowie Chih-Lin Chan als Käthe und Natalie Holzinger und Eriko Ampuku alternierend als Margreth in den für sie ungewöhnlichen Sprechrollen zu erleben. E Premiere in der Reithalle ist am 28.6.2013. Weitere Vorstellungen laufen bis zum Ende der Spielzeit im Juni (30.6.) und im Juli (2., 4., 5. und 7.7.) - sowie ebenfalls wieder in der neuen Spielzeit 2013/14.
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Hobby: K ampfmaschine K i ck b o x e r i n K r i s t i n Av e m a r g auf deM Weg Zur WM
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in Hinterhof in der Coburger Viktoriastraße. Die Dämmerung hat eingesetzt, es ist kurz vor 21 Uhr. Ich höre kurze und knappe Kampfschreie. Es riecht nach Schweiß. Ich habe Respekt, als ich die Tür vom „Bushido“ öffne. Dort werde ich freundlich begrüßt, Jochen Paulfranz empfängt mich, der Trainer von Kristin Avemarg. In Coburgs einziger Kampfsportschule werden rund 350 Kursteilnehmer im Boxen, Karate und Kickboxen geschult, darunter 130 Kickboxer. Knapp ein Drittel davon sind Frauen, erklärt Jochen Paulfranz. Wir steigen eine schmale Treppe hinauf in den ersten Stock. Die Kampfschreie werden lauter, der Schweißgeruch wird intensiver. Auf dem Weg zum Trainingsraum räumt Jochen Paulfranz auf mit einem Vorurteil. „Eine wilde Schlägerei mit Händen und Füßen wird es nicht geben, hier werden auch keine Frauen verprügelt. Die sind alle freiwillig da und tun das hauptsächlich für ihre Fitness.“ Ich sehe Frauen und Männer, alle schwitznass, die immer wieder ihre Fäuste in kurzen Abständen nach vorne ins Leere schnellen lassen. Dreizehn sind es insgesamt, zähle ich. Darunter auch Kristin Avemarg. Sie trägt ein schwarzes Shirt und eine Kampfsporthose in Deutschlandfarben. Ihre Haare sind zu einem engen kurzen Zopf zusammengebunden. Schweiß steht auf ihrer Stirn. Der Trainer gibt Kommandos an seine Schützlinge. In einem schnellen Stakkato-Schritt wird die Schnelligkeit der Füße trainiert. Der Puls der Sportler steigt ins Unermessliche.
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VON tHOMAS aPFEL fOTOS: Martin Settele
30 Jahre | 1,68 cm | 55 kg Geburtsort: Jüchsen bei Meiningen Beruf: Physiotherapeutin Hobbys: Sport, Lesen, Sauna Name: Kristin Avemarg Ich will von Trainer Jochen Paulfranz mehr über die 30-jährige Powerfrau aus Jüchsen bei Meiningen wissen. Er erzählt mir von ihrem Hang zum Perfektionismus. Kristin arbeitet hart an der Beseitigung selbst der kleinsten Fehler, die den Betreuern und Trainern auffallen. Und privat ist sie ein lieber und zuvorkommender Mensch. Ich blicke wieder in den verspiegelten Trainingsraum, erkenne das erste Mal ein kleines Lächeln im Gesicht von Kristin Avemarg. Nur ganz kurz. Sofort weicht der positive Gesichtsausdruck wieder dem konzentrierten und fokussierten Blick der Athletin. Sie kann ganz schön böse schauen. „Wir haben noch viel vor in diesem Jahr“, so Jochen Paulfranz. Erst die Deutschen Meisterschaften im Juni in Darmstadt, dann der internationale Deutschlandpokal im Herbst und im November die Weltmeisterschaft in Antalya in der Türkei.
„Wir haben noch viel vor in diesem Jahr“ Trainer Jochen Paulfranz In der Trainingshalle brandet kurzer dumpfer Applaus auf, die Trainingseinheit von 90 Minuten ist beendet. Die Sportler mit ihren getapten Händen kommen an mir vorbei. Ich schaue in erschöpfte aber glückliche Gesichter. Als eine der
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Hobby: Kampfmaschine
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Hobby: Kampfmaschine letzten steht mir Kristin Avemarg gegenüber. Ihre 55 Kilo sind auf drahtige 168 Zentimeter verteilt. Das T-Shirt klebt schweißnass an ihrem Körper, sie schaut fertig aus, die gebürtige Thüringerin. Ihre ersten sportlichen Erfahrungen hat sie bei der Leichtathletik gesammelt, erzählt sie mir. Das sei ihr dann aber irgendwann mal zu langweilig und stupide gewesen. Außerdem spürte sie damals in Meiningen noch die Auswirkungen der DDR-Kaderschmiede. Das machte sich negativ bemerkbar. Es fehlte einfach der Spaß. Das Fitnessstudio bot dann vor acht Jahren zufällig einen Kickboxkurs an. Kristin, ihre Schwester und eine Freundin waren am Anfang mit dabei. Jetzt, acht Jahre später, ist nur noch Kristin übrig geblieben. Der Sport hat es ihr angetan.
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ickboxen wird gerne mit purer Gewalt und einer wilden Prügelei in Verbindung gebracht, das weiß auch die 30-jährige. Allerdings sei das ein Vorurteil. „Ich habe gelernt, dass Kickboxen ganz viel mit Disziplin und Respekt zu tun hat. Es fordert eine hohe Konzentration und es ist ein ganzheitliches Training.“ Kraft, Koordination, Gleichgewicht, Schnelligkeit, Kraftausdauer, Konzentration: Es wird alles gefordert, alles muss unter einen Hut gebracht werden, um eine erfolgreiche Kämpferin zu sein. „Das ist Training fürs Leben“, sagt Kristin. Ihre Augen funkeln. „Ich bin seit dem Boxen innerlich gewachsen, bin leistungsfähiger geworden, seit ich damit angefangen habe“.
ner Erfahrung weiß. Im vergangenen Jahr bei der Europameisterschaft musste sie in der Vorrunde nach einem Nasenbeinbruch ihre hoch gesteckten Ziele begraben. Sie wurde aus dem Wettbewerb genommen, musste sich ihre Nase wieder richten lassen. Die ist mittlerweile wieder gerade, ihre Schönheit hat keinen bleibenden Schaden genommen. Ein Nasenbeinbruch sei gar nicht so schlimm wie man sich es vorstellt, sagt Kristin. Das gelte ganz allgemein für das Kickboxen. Zum Alltag gehören zwar blaue Flecken, ein blaues Auge aber habe sie noch nie gehabt. Darauf ist sie auch besonders stolz. Dennoch hat der Vorfall bei der EM etwas bei Kristin verändert. Sie geht nun mit mehr Respekt an ihre Aufgaben. Und da stehen in diesem Jahr ja noch einige an. Kristins großes Ziel ist die Weltmeisterschaft. Im November will Kristin auf den Punkt topfit sein und wird mit Sicherheit noch mehr an ihrer Deckung gearbeitet haben. Ein Platz auf dem Treppchen wäre für die 30-jährige ein Traum. Sie
Hand. Doch grundsätzlich muss irgendwas mit Bewegung dabei sein. Das Powergirl braucht den Sport in ihrem Leben. „Der Ausgleich zu meinem Sport ist der Ausgleich mit einem anderen Sport.“ Beim Fotoshooting ist die ehrgeizige Sportlerin erst zufrieden, als sie ihren Fuß richtig an meinem Hals platzieren kann. Elegant und geschmeidig. Immer wieder. Ich vertraue ihr, habe keine Angst. Sie weiß, was sie tut. Und sie weiß, was sie will: Vollkontakt. Vielleicht bietet sich ihr ja schon in diesem Herbst die Möglichkeit. In Rödental soll eine alte Coburger Tradition wieder aufleben. Ein Kickbox-Frühschoppen. Jahrzehntelang war das beim Coburger Vogelschießen eine feste Einrichtung. Lokale Boxgrößen wie Karl-Heinz Geuss, Uwe Fischer oder Enno Renz vermöbelten ihre Gegner. Vielleicht sehen wir zum Comeback der Veranstaltung zum ersten Mal eine Frau auf den Brettern - Kristin Avemarg in einem Vollkontakt Kickboxkampf.
„Das ist Training fürs Leben“ Kristin Avemarg Auch das starke Geschlecht reagiere eher neugierig auf die Powerfrau. Die meisten Männer haben zwar erst einmal Respekt, wollen dann aber mehr wissen. Zu vergeben aber ist Kristin nicht mehr. Sie ist in festen Händen und steht auch sonst mit beiden Beinen mitten im Leben. Ihr Job als Physiotherapeutin verlangt ihr einiges ab. Dann ist die Kampfsportlerin hilfsbereit, eher die Zuhörerin. „Es gibt eben viele verschiedene Kristins“, sagt die sympathische junge Frau – Kampfsportlerin, Physiotherapeutin, Partnerin, Freundin, Tochter. Und manchmal sei sie auch schlecht gelaunt. Aber nur privat, nicht im Ring. Hier ist sie ehrgeizig, diszipliniert und immer hart zu sich selbst. Kristin weiß, dass sie noch viel zu verbessern hat. „Meine größte Stärke ist, dass ich weiß, wo meine Schwächen liegen“ sagt sie. Ein Satz wie ein Kick. An der Deckung hapert es ihrer Meinung nach am meisten. Ihre Stärke ist nach Meinung ihres Trainers die Arbeit während des Kampfes mit den Füßen. Kristin boxt im Leichtkontakt, der Unterschied zum Vollkontakt liegt in der Härte des Kampfes. Technisch gibt es keine Unterschiede zwischen den beiden Disziplinen. Experten sagen sogar, dass es im Leichtkontaktkickboxen viel schneller zur Sache geht, dass hier viel mehr Kondition gefordert ist. Und trotzdem kann so ein Leichtkontaktkampf auch sehr schmerzvoll enden, wie Kristin aus eige-
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© Peter Einheuser 2002
kennt die Konkurrenz und weiß, dass sie in der Türkei einen „Sahnetag“ erwischen muss und natürlich auch das nötige Glück braucht. Bis dahin muss ich aber noch viel arbeiten, sagt sie wieder mit diesem fokussierten festen Blick in ihren Augen.
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reimal in der Woche schnürt sie dazu die Boxhandschuhe. Zusätzlich geht das Leichtgewicht zweimal in der Woche joggen. Für ihr Engagement gibt es keinen Cent, Kickboxen ist ihr Hobby. In den ersten vier Monaten des Jahres hat Kristin Avemarg dafür rund 400 Euro ausgegeben. Das Geld braucht sie für ihre Ausrüstung und Anmeldungen für ihre Wettkämpfe. Ein Sponsor würde die Sache natürlich einfacher machen, doch die Suche gestaltet sich schwierig. Als Ausgleich zu ihrer Leidenschaft geht die gebürtige Jüchsenerin gerne mal in die Sauna oder trifft sich mit Freunden. Auch ein Fachbuch für Physiotherapeuten oder mal einen Roman nimmt sie gerne zur
Es wird ruhig in der Coburger Kampfsportschule. Ungewöhnlich ruhig: Jeden Tag, außer sonntags, gibt es hier viele Kurse in den verschiedenen Kampfsportrichtungen. Inhaber Stefan Müller lädt mich ein, es auch einmal zu probieren. „Warum eigentlich nicht?“ denke ich. Da geht die Tür der Umkleide auf. Heraus kommt eine frisch geduschte und gestylte junge Frau. Sie hat so gar nichts mit der Kämpferin von gerade eben zu tun. Es gibt halt doch mehrere Kristins Avemargs.
Und manchmal sei sie auch schlecht gelaunt. Aber nur privat, nicht im Ring. Coburger | Das Magazin
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Foto: Henning Rosenbusch
Hier Wohnten...
Bonbonkocher und Theatermaler Himbeeren, Spitzwegerich, Fenchel, Honig ....Es liest sich wie die bunte Einkaufsliste moderner Kochkünstler a la Tim Mälzer, ist aber eine Auswahl süSSer BonbonSpezialitäten, wie sie einst in dem neugotischen Gebäudekomplex am Albertsplatz in Coburg hergestellt wurden. mit der historischen Aufschrift „Rudolph Weiss Bonbonfabrik“ kurz „Bonbon-Weiss“. von Heidi Schulz-scheidt Fotos: Frank Wunderatsch
Konditor Rudolph Weiss hatte die Fabrik bereits 1860 gegründet. Sechs Jahrzehnte später bot dann Heinrich Weiss seinem jungen Neffen Rudolph eine Lehre als Bonbonkocher an. Rudolph Weiss, der namensgleiche Nachfolger des Firmengründers war eigentlich angehender Architekt in Berlin, der Heimat der Weiss-Dynastie. Die Baubranche aber lag nach dem 1. Weltkrieg völlig darnieder. So nahm Rudolph Weiss das Angebot aus Coburg an und vertauschte das Reißbrett mit der Schweiß treibenden Arbeit an Kupferkesseln. Dort ließ er sich zunächst in die Geheimnisse des Bonbonkochens einweihen und beerbte dann, nach seiner Ausbildung, seinen Onkel als Bonbonfabrikant. Heiß ging es zu in der „Hexenküche“ im 1. Stock des Gebäudes. So wurde der Raum mit der Esse genannt, die mit Koks befeuert wurde. In blank geputzten Kupferkesseln kochte die mit Aromen angereicherte Bonbonmasse. Der absolute Renner unter den Naschereien waren die beliebten Glühweinbonbons, der Beutel für 20 Pfennige. War die Bonbonmasse auf etwa 180 Grad erhitzt, wurde sie auf einem Marmortisch ausgegossen. Die Coburger Bonbonmacher kneteten den großen Klumpen aus Zucker mit dicken Lederhandschuhen zu einer zähen Konsistenz, bis er sich in dicke Streifen ausziehen ließ. Dann schnitten sie diese mit einer Bonbonschere ab, schoben sie zwischen die kunstvoll verzierten Walzen der Prägemaschine und drehten sie per Hand durch. Am Ende der Produktionskette wurden die süßen Leckereien in Form von Bienen, Sonnenschirmen, Himbeeren oder exotischem Obst für die Auslieferung verpackt. Das Prunkstück der Fabrik, die vollautomatische Bonboneinwickelmaschine, ließ dabei das ganze Haus erbeben, sobald sie auf Hochtouren gefahren wurde. Durst-
Die alte Bonbonfabrik Rudolph Weiß Foto: Henning Rosenbusch
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stillende Erfrischungsbonbons, Hustenlöser „Radical“, aber auch Marzipankartoffeln, Nougatstangen und selbst gemachte Pralinen standen beim „ Bonbon-Weiss“ auf der Produktionsliste. Der heutige Eigentümer des Gebäudes, Werner Weiß, erinnert sich noch gern an seine Erlebnisse in der Bonbonfabrik. Das Zuckerlager-Depot war einer seiner bevorzugten Aufenthaltsräume. Hier waren die in großen Kisten aus Bad Schwartau angelieferte Marzipan-Rohmasse und das Nougat vor seinem heimlichen Zugriff nie ganz sicher. Verkauft wurden die Süßigkeiten im hauseigenen Geschäft im Erdgeschoss des Gebäudes. Außerdem lieferte man vor allem nach Thüringen. Bis zum Ausbruch des zweiten Weltkrieges besuchte der Chef höchstpersönlich seine Kunden mit einem importierten Chevrolet-Kombi. Der amerikanische Straßenflitzer war wohl eine Hommage an die in Richtung „Sweets and Candy“ in den vierziger Jahren ausgeweitete Produktionspalette. Ob der geschäftige Unternehmer Rudolph Weiss auch dank seines flotten Automobils Eindruck bei einer der hübschen Töchter des Kolonialwarenhändlers Karl Westhäuser aus Streufdorf gemacht hat, ist nicht überliefert. Geheiratet hat er sie jedenfalls, seine Maria. Und sie wurde die Seele des Süßwarengroß- und Einzelhandels am Albertsplatz. Ein Laden mit großen Schütten und bunten Bonbongläsern. Nach 1945 gingen durch den Eisernen Vorhang die Absatzmärkte in Thüringen verloren. Nachdem die amerikanischen Besatzer den in einer Garage versteckten Chevrolet aufgespürt und ersatzlos konfisziert hatten, wurden mit einem primitiven Tempo-Dreirad neue Kunden in Oberfranken geworben, später mit dem ersten VW-Bus auf Coburgs Straßen. Bis 1975 werden in dem Gebäude Bonbons produziert, dann endet die Geschichte des Unternehmens.
Heute beherbergt die ehemalige Bonbonfabrik neben einer Physiotherapie-Praxis zehn hochwertig ausgestattete Wohnungen. Im Schmuckstück, der sogenannten „Turmwohnung“ im 4.Stock, residierte und arbeitete einst der Theater- und Kunstmaler Emil Maurer bis zu seinem Lebensende. 40 Jahre lang hatte Maurer in den Coburger Werkstätten des Professors Lütgemeyer Theatervorhänge bemalt, Theatermöbel sämtlicher Stilrichtungen entworfen und sich Requisitenfiguren ausgedacht. Bereits 70-jährig zog er sich dann 1931 in sein Atelier am Albertsplatz 5a zurück. In der luftigen Höhe der Turmwohnung hatte der Künstler einen sagenhaften Blick über die Coburger Altstadt – und bei schönem Wetter sogar bis zum Staffelberg. Täglich zeichnete und malte er hier im Herzen der Stadt und schuf neben kleinformatigen Aquarellen auch Chroniken und unzählige Stadtansichten. Mit gewissenhafter Sorgfalt rekonstruierte er nach dem eingehenden Studium alter Urkunden und noch bestehender Mauerreste sogar die Stadtansichten früherer Zeiten. Selbst auf 20 Schützenscheiben verewigte sich Emil Maurer mit seinen Altstadtmotiven. Eine Gedenktafel am Gebäude der ehemaligen Bonbonfabrik erinnert noch heute an den fast in Vergessenheit geratenen Coburger Künstler. Seit 2012 nun erstrahlt die alte Bonbonfabrik mit renovierter Fassade und altem Schriftzug „1860 Rudolph Weiss – Bonbonfabrik 1975“ in frischem Glanz und zieht am neu gestalteten Albertsplatz die Blicke auf sich. Zu neuem Leben erwacht ist auch das Erdgeschoss – dort, wo einst die leckeren Glühweinbonbons papiertütchenweise reißenden Absatz fanden, herrscht heute wieder emsige Geschäftigkeit. Im Cafe Queens lässt man sich statt Bonbons selbst gemachtes Eis und statt Marzipankartoffeln und Nougatstangen jetzt kleine Snacks und Latte macchiato schmecken.
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Hier residierte...
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...Die alte Bonbonfabrik
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Sommer Auf dem Teller SpitzenKöche erzählen vom Essen. Endlos grauer Himmel, Regen und niedrige Temperaturen: der Sommer ließ sich ja viel Zeit in diesem Jahr. Warm eingekuschelt träumten wir lange von Sonne, Strand und Sonne. Leichte, sommerliche Frische ganz unabhängig vom aktuellen Wetterbericht versprechen dagegen die beiden Drei Gänge Menüs, die uns zwei Gourmetköche gezaubert haben: Stefan Beiter, Küchenchef im Romantik Hotel Goldene Traube in Coburg. Und Stefan Sauerbrey, Inhaber und Koch im Pörtnerhof Seßlach. „Bei mir kommt nur auf die Karte, was ich auch selbst esse“. Getreu diesem Motto kreiert Küchenchef Stefan Beiter seine Menüs. Er will seine Gäste überraschen, mit einer Abwechslung von süß und salzig, kalt und warm ihre Gaumen kitzeln. Neue Experimente lässt der geborene Schwabe vom ganzen Team verkosten, ehe sie den Weg ins Esszimmer oder den Victoria Grill finden. Dafür erhielt der Aufsteiger des Jahres gemeinsam mit seinem Team einen der begehrten Sterne im Restaurantführer „Guide Michelin“. So ist das Esszimmer im Romantik Hotel Goldene Traube am Viktoriabrunnen 2 auch unter prominenten Feinschmeckern bekannt. Über deren Namen allerdings schweigt Stefan Beiter diskret. Mehrgänige Menüs sind die Spezialität des Hauses, ein einziger Vierertisch kann so an einem Abend schon mal 40 Gerichte bestellen. Für seine Gäste ist Stefan Beiter das Außergewöhnliche gerade gut genug.
„Nur, was ich auch selber esse!“ Küchenchef Stefan Beiter Für unser Frühlingsmenü hat der Küchenchef ein Dreigänge Menü ausgewählt, eine Mischung aus Victoria Grill und Esszimmer. Es gibt zur Vorspeise eine Spargelcremesuppe mit Bärlauchöl. Für den Hauptgang röstet Stefan Beiter Quinoa, ein Getreide, das auch Inkareis genannt wird. Passend, denn UN-Generalsekretär Ban Ki Moon kürte das Jahr 2013 zum Jahr der Quinoa. Wir bekommen die
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Von Christiane Schult Mit Fotos von
Frank Wunderatsch &Martin Settele
Christiane Schult darf vom Essen berichten.
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Sommer auf dem Teller kleinen Körner wie Popcorn gepufft mit Curry als knusprige Kruste auf dem Lachs serviert. Dazu gibt es Gurke und Buttermilchspuma. Als Nachspeise kommt ein Joghurt Limonensorbet mit Gurkensüppchen auf den Teller. Eine ungewöhnliche Kombination, die ein ausgewogenes Geschmacksfeuerwerk auslöst!
3-Gänge-Sommermenü. für 4 Personen Viktoria Grill & Esszimmer
Das Gourmetrestaurant Esszimmer hat Dienstag bis Samstag ab 18:30 Uhr, der Victoria Grill Montag bis Samstag von 12 bis 14:30 Uhr und von 18 bis 23:30 Uhr geöffnet.
Lauwarmer Lachs mit Quinoa Curry an Gurke und Buttermilchspuma
Spargelcremesuppe
Für die Suppe... 2l Spargelsud 100g Butter 100g Mehl Salz Zucker 500ml flüssiger Sahne
Die Butter im Topf schmelzen lassen. Das Mehl mit Schneebesen einrühren und bei geringer Hitze farblos anschwitzen lassen. Dann unter ständigem Rühren die Sahne zugeben und direkt danach den Spargelsud. Gut rühren und die Suppe langsam 5 Minuten kochen lassen. Bei Bedarf mit Salz und Zucker abschmecken. Den gekochten Spargel als Einlage verwenden. Mit frischem Bärlauchöl garnieren. Oben: Stefan Beiter bringt nur auf die Karte, was er auch selber isst.
Hauptgericht Vorspeise
Lauwarmer Lachs mit Quinoa Curry an Gurke und Buttermilchspuma
Spargelcremesuppe
Für das Gurkensorbet
Für den Spargelsud...
1 Gurke 75g Glucose 1 Blatt Gelatine Salz Sushiseasoning 1 Msp. Wasabipaste Zucker Die Gurke waschen, entkernen und mit der Schale mixen. Danach durch ein Sieb passieren. Eine kleine Menge an Gurkensaft erhitzen und die Glucose und die eingeweichte Gelatine darin auflösen. Den Rest des Gurkensaftes zugeben und auf Eiswasser kalt rühren. Die Masse mit den restlichen Zutaten abschmecken und gefrieren lassen.
1 kg Weißer Spargel (oder Bruch/2. Wahl) 2 l Wasser 20 g Zucker 24 g Salz 1 Biozitrone 50g Butter Den Spargel schälen. Einen großen Topf mit Wasser, Salz, Zucker, Butter und ausgepresster Zitrone aufsetzen. Die Spargelstangen im leicht köchelnden Wasser durchgaren. Wernn der Spargel fertig ist, herausnehmen, mit kaltem Wasser abschrecken und in kleine Stücke schneiden. Den Sud zur Seite stellen.
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SpitzenKöche erzählen vom Essen Dessert
Für den Lachs... ca 500g Lachs Etwas Sojasoße Senf Öl geröstete Koriandersamen Rosa Beeren Den Lachs in ca 60g Stücke schneiden. Auf einen gebutterten Teller mit Klarsichtfolie abdecken und bei 50-55 Grad im Ofen garen. Für das Buttermilchspuma ... 500ml Buttermilch 5-6g Xanthan Salz Pfeffer Sushiseasoning Die Buttermilch im Standmixer mit Xanthan mischen. Abschmecken und in einen Sahnesiphon geben. Mit zwei Gaskapseln versehen. Der Gurkensalat... ½ Gurke Salz Zucker Mirin Die Gurke waschen und in hauchdünne Scheiben schneiden. Dann zu kleinen Röllchen drehen und mit weiteren Zutaten marinieren.
Joghurt-Limonensorbet mit Gurkensüppchen Für das Joghurt -Limonensorbet 270g Joghurt 50g flüssige Sahne 160g Zucker Saft von 2,5 Zitronen 1 Limette, Saft und abgeriebene Schale Die Sahne mit dem Zucker aufkochen. Topf vom Herd nehmen und restliche Zutaten unterrühren. Masse in der Eismaschine gefrieren lassen.
Joghurt-Limonensorbet mit Gurkensüppchen
Das Quinoa... 1 TL Currypulver orientalisch Etwas Öl in der Pfanne erhitzen. Das Quinoa zugeben und – wie Popcorn – puffen lassen. Auf ein Metallsieb geben und das Fett abtupfen. Das Quinoa mit Curry und einer Prise Salz würzen.
Den fertigen Lachs mit Quinoa Curry bestreuen und mit Gurkensorbet, Buttermilchspuma und Gurkensalat anrichten.
Für das Gurkensüppchen... 1 Gurke 4 Dillspitzen Prise Salz Die Gurken waschen und entkernen. Ungeschält mit dem Dill mixen. Mit wenig Salz abschmecken. Den Sud auf Eis stellen Das Limonenspuma... 250ml Sahne 60g Zucker Saft von 1 Limone 1 Blatt Gelatine ½ Vanilleschote Die Vanilleschote auskratzen. Das Mark mit dem Zucker in der Sahne erwärmen. Die eingeweichte Gelatine in der Sahne auflösen. Limonensaft einrühren und in einen Sahnesiphon geben. Zwei Patronen geben der Masse Stand und Luftigkeit. Die Gurkenscheiben anrichten, daneben das Sorbet im Süppchensee mit Dill garniert.
Es wird angerichtet. Das Hauptgericht von Stefan Beiter.
Stefan Sauerbrey kocht leidenschaftlich, und das schon seit seiner Schulzeit. Es ist rund 9 Jahre her, dass er den Pörtnerhof in Seßlach eröffnete, damals gerade mal 24 Jahre alt. Der Hof aus dem Jahr 1727 wurde zuvor mit viel Liebe zum Detail restauriert und bildet heute eine perfekte Kulisse für anspruchsvolles und doch erschwingliches Essen. „Meine Karte darf nicht zu exklusiv sein, hier auf dem Land. Dennoch muss sie sich abheben, gut und pfiffig sein“ verrät Stefan Sauerbrey. Er kocht mediterran, aber auch Klassiker wie Wiener Schnitzel. Und das so gut, dass sein Restaurant vom Guide Michelin mit einem Besteck ausgezeichnet wurde. Bei ihm kommen überwiegend Zutaten aus der Region auf den Tisch – und viel Selbstgemachtes.
„Meine Gerichte sollen ihren Charakter behalten, Ich möchte den Geschmack nicht verwischen“. Das verkauft Stefan Sauerbrey auch im kleinen Hof laden: Marmeladen und Eis aus seiner Küche, Schnaps von Bürgermeister Hendrik Dressel gebraut, handwerkliche Holzobjekte von Seßlacher Künstlern. Regelmäßig lädt der Pörtnerhof zum Erlebnisdinner ein, mal geht es um Märchen, dann um Krimis, um Operetten oder Schlager. Für unser Sommerdinner hat Stefan Sauerbrey Zanderfilet aus Lichtenfels und oberfränkischen Spargel besorgt. „Obwohl eigentlich ja alle Zu-
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Sommer auf dem Teller
3-Gänge-Sommermenü. für 4 Personen. Restaurant Pörtnerhof taten irgendwo regional sind, das argentinische Rindf leisch eben in Argentinien“ erklärt er lächelnd. Die Vorspreise besteht aus Ravioli mit Spargelfüllung und Parmesan. Zum Hauptgang gibt es Zanderfilet im Parmaschinkenmantel mit Bärlauch und südfranzösischem Gemüse. Erstaunlich leicht in der Zubereitung und umwerfend im Geschmack. Die Nachspeise bildet eine süße Erdbeer-Trif le. Bewirtet werden Sie im Pörtnerhof Seßlach, Luitpoldstraße 15, von Mittwoch bis Sonntag ab 17:30 Uhr.
Oben: Zanderfilet im Parmaschinkenmantel Vorspeise
Ravioli mit Spargelfüllung und Parmesan Der Nudelteig... 600g Mehl 6 Eier 60ml Olivenöl 10g Salz Eier, Olivenöl und Salz verquirlen. Mit dem Mehl 10 Minuten zu einem Teig verkneten. In Folie wickeln und eine Stunde im Kühlschrank ruhen lassen.
Die Füllung... 150g Spargel, geschält und weich gekocht 4 Eigelb 100g geriebener Parmesan Salz, Pfeffer, Muskat, Petersilie Den Spargel pürieren und mit Eigelbe und Parmesan mischen. Mit den Gewürzen abschmecken und kalt stellen.
Für die Ravioli... Küchenchef Stefan Sauerbrey hat den Pörtnerhof vor 9 Jahren eröffnet. Da war 24 Jahre alt.
Nudelteig dünn ausrollen und mit einem Ausstecher (rund, eckig...) Formen ausstechen. Den Rand mit Eigelb bestreichen und Füllung daraufgeben.. Umklappen und die Ränder mit den Händen und einer Gabel festdrücken. Ravioli in Salzwasser al dente kochen. In zerlassener Butter und Parmesan schwenken und gleich servieren. Rechts oben: Ravioli mit Spargelfüllung und Parmesan. Darunter: Erdbeer-Trifle im Glas
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Ravioli in der Pfanne mit zerlassener Butter und Parmesan Hauptgericht
Zanderfilet im Parmaschinkenmantel mit Bärlauch und südfranzösischem Gemüse Südfranzösisches Gemüse... 1 Zucchini 1 Aubergine 2 Paprika, rot und gelb 1 Zwiebel 2 Knoblauchzehen 1 Dose passierte Tomaten Salz, Pfeffer, Rosmarin, Thymian, Petersilie Olivenöl Das Gemüse in kleine Würfel schneiden. Zuerst Zwiebel und Knoblauch in Olivenöl andünsten. Paprika zugeben und zwei Minuten mitdünsten. Zucchini und Auberginen dazu und weitere zwei Minuten dünsten. Mit passierten Tomaten mischen und fünf Minuten weiterdünsten. Mit den Gewürzen abschmecken und warm stellen.
Zanderfilet im Parmaschinken mit Bärlauch... 4 Stück Zanderfilet mit Haut ohne Gräten 8 Scheiben Parmaschinken 100g Butter 4 EL Bärlauchpesto 8 EL Semmelbrösel 2 Eigelb Salz, Pfeffer, Öl
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Dessert
Erdbeer-Trifle im Glas Die Butter mit Bärlauchpesto, Semmelbröseln, Eigelb und Gewürzen verkneten. Die Zanderfilets mit Salz und Pfeffer würzen und von beiden Seiten mit Bärlauchpaste bestreichen. Dann den Fisch vorsichtig mit Parmaschinken umwickeln und diesen festdrücken. Die Filets kurz anbraten und im Ofen bei 150 Grad zehn Minuten garen Die Zanderfilets vorsichtig halbieren und mit dem südfranzösischen Gemüse anrichten.
150g Mascarpone 2 Eigelb 4 EL Puderzucker 1 Zitrone 8 Blätter Minze 12 Löffelbiskuits 250g frische Erdbeeren 4 EL Madeira 4 EL Erdbeermarmelade 4 Gläser (Whiskeygläser oder ähnliche) Die Mascarpone mit Eigelb, Zitronensaft und kleingeschnittener Minze mit Handmixer glatt rühren. 150g Erdbeeren kleinschneiden. Die restlichen Erdbeeren mit einem Schuss Zitronensaft und je nach Geschmack mit etwas Puderzucker pürieren. Die Löffelbiskuits zerbrechen und in Gläser schichten. Mit Madeira beträufeln. Darauf Erdbeeren, Erdbeerpüree und Marmelade geben. Dann Mascarponemasse darüber verteilen. In dieser Reihenfolge mehrere Schichten ins Glas geben. Abgedeckt im Kühlschrank eine Stunde durchziehen lassen. Vor dem Servieren mit Minze dekorieren.
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Foto Martin Settele
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Aus dem Portfolio unserer Fotografen
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Medienpreisverleihung 2013
Galerie Coburg
Aus dem Portfolio unserer Fotografen
Liliana Frevel Der Coburger Medienpreis gehört nach Ansicht von Journalismus-Papst Prof. Dr. Michael Haller zu den bedeutendsten in Deutschland. Im Mai fand die diesjährige Verleihung des Coburger Medienpreises statt. Fotografin Liliana Frevel hat stimmungsvolle Bilder eingefangen.
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Medienpreisverleihung 2013
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* Magazin WirtschaftsWoche 18.05.2012
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Fotos Martin Settele
Schönling für die StraSSe Der neue CLA von Mercedes Mercedes - das sind Autos für Menschen ab 40. Statussymbole. Deutsche Wertarbeit. Konservativ. Ein bisschen langweilig. So war das doch bisher. Doch mit dem neuen CLA liften die Schwaben ihr Image gewaltig. Ein Auto für die Chefs von morgen. Ein schönes Auto. Sein Laufsteg ist die StraSSe.
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an möchte eigentlich nur neben ihm stehen, ihn anschauen, ihn streicheln. Seine perfekten Formen, seine sanften Rundungen. Er ist so schön, dass es schon wehtut. Ein androgynes Auto, das Männer und Frauen gleichermaßen anzieht. Ein Fahrzeug, das bei der Fahrt über das Innenstadtpflaster Blicke auf sich zieht, keine neidischen, sondern bewundernde. Das Zirrusweiß seiner Karosserie leuchtet wie jugendliche Unschuld vor dem blauen Himmel und den saftig grünen Bäumen des frühen Sommers. Dabei hat es der von uns getestete 220 CDI mit 7-Gang-Automatikgetriebe wirklich in sich. Er ist eben nicht nur schön, sondern kann auch was: in knapp 8 Sekunden auf 100, Höchstgeschwindigkeit bei 230 Stundenkilometern, das macht dann auch rein sportlich gesehen Freude. Unter der formvollendeten Motorhabe leistet eine 170 PS- Dieselmaschine ihren
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Dienst, die, das sei nur am Rande erwähnt, ihrer jugendlichen Zielgruppe (bei Mercedes „so ab 30“) auch an der Tanksäule keine grauen Haare macht: Der Verbrauch im Mischbetrieb fällt mit unter 5 Litern Dieseln mehr als erträglich aus. Das liegt wohl auch am wirklich unschlagbaren und ungeschlagenen CW-Wert. Der CLA ist weltweit Spitzenreiter, windschlüpfriger geht es nicht. Schön, fit und gutgebaut, das Äußere also ist wirklich perfekt. Und über den Preis gibt es auch nichts zu meckern: 38.000 Euro muss sich ein Manager von morgen schon leisten können, sonst wird es mit der Karriere ohnehin nichts. Und wenn das Bankkonto das noch nicht hergibt, die günstigste Benzinervariante mit 122 PS bekommt man schon für knapp 29.000 Euro. Mit der Familie allerdings sollte man sich Zeit lassen, wenn man sich einen CLA zulegt: der hat zwar vier Türen und ganz offiziell auch vier Plätze, der Einstieg in den Fonds aber ist gewöhnungsbedürftig, Beinfreiheit und das Raumangebot nach oben sind eben auch nicht wie in einem Kombi und auch das Bestücken mit Kindersitzen, das Einladen der kleinen Racker und das Anschnallen inklusive des dazu notwendigen Eintauchens bis zur Fahrzeugmitte möchte man sich ungern vorstellen. Aber dazu ist der CLA ja auch nicht gedacht. Er will ja nicht als abgearbeiteter Familienvater mit den ersten grauen Haaren und dunklen Schatten unter
den Augen daherkommen, sondern als strahlender Jungspund in der ersten Blüte seines Lebens. Der CLA ist eben eher gedacht für das junge aufstrebende Glück auf dem Weg zum Picknick im Grünen oder zum Einkaufen nach Düsseldorf – schon mal ein bisschen große weite Welt schnuppern. Platz für die Shoppingtüten nämlich gibt es genug im CLA. Deutlich mehr als bei der A-Klasse, auf deren Plattform der junge Schönling aufgebaut ist (und weil die ja eher spießig ist, sollte diesen Zusammenhang die Zielgruppe am besten nie erfahren). Er nämlich fasst nahezu 500 Liter. Das sollte für den Kurztrip zur Kö reichen. Die Fahrt dorthin wird dann auch ein echtes Vergnügen, die Sitze in der von uns getesteten Urban-Ausstattungslinie sind bequem mit gutem Seitenhalt, das Fahrwerk schluckt so ziemlich alles, was an Überraschungen auf bundesdeutschen
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Schönling für die StraSSe Straßen lauert. Und auch in Sachen Sicherheit ist man bei Mercedes bekanntermaßen ganz gut aufgehoben: Gurtstraffer, Gurtkraftbegrenzer, sieben serienmäßige Airbags, eine besonders crashsichere Fahrzeugstruktur, die sogenannte Aktive Motorhaube für mehr Fußgängerschutz, der automatische Mercedes-Benz Notruf im Ernstfall und das präventive Insassenschutzsystem PRE-SAFE (feierte 2002 in der S-Klasse Premiere, mit der möglichen Ausstattung des CLA mit diesen System wird diese Innovation, so Mercedes in seiner Pressemitteilung, „konsequent weiter demokratisiert“). PRE-SAFE nutzt die Zeit zwischen dem Erkennen einer unfallträchtigen Situation und einem möglichen Crash für besondere Schutzmaßnahmen. Das vermindert die Belastung der Insassen im Fall des Falles um bis zu 40%.
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at man dann sicher und bequem sein Ziel erreicht, leistet eine Rückfahrkamera gute Hilfe beim Einparken, die braucht man auch, der CLA ist halt ein Coupe. Der traditionelle Blick nach hinten über die Schulter ist nur eingeschränkt hilfreich, dann doch lieber per Display und Parkassistent einrücken. Ein bisschen gewöhnungsbedürftig ist auch nach wie vor das heute in den Modellen zumeist typische Bordcomputer-/ Navi-Display. Es sieht immer ein wenig aus wie nachträglich angebracht. Aber gut, selbst der schönste Mensch hat ja auch seine kleinen Macken…Sonst wirkt der Innenraum nicht übertrieben edel, sondern eher sportlich-dynamisch mit einem leichten Hauch Luxus. Wer es im übrigens noch ein bisschen sportlicher möchte, dem sei die Ausstattungslinie AMG empfohlen. Da kommen dann zur Serienausstattung zwar noch einmal gut 2000 Euro oben drauf, dafür gibt es natürlich ein Sportlenkrad, AMGStyling, eine Sportpedalanlage, AMG-Leichtmetallräder im 5-Doppelspeichen-Design und anderen Schnickschnack. Wer möchte, kann sich auch für das Exklusiv-Paket, das AMG-Exklusiv-Paket, das Night-Paket oder eine der vielen Sonderausstattungen entscheiden. Für die Schönheit kann man eben nie genug tun.
Technische Daten
Mercedes CLA - 220 CDI Automatik Verbrauch
5,6l / 3,8l / 4,5l (außerorts / innerorts / kombiniert)
Hubraum
2143 cm³
Leistung
170 PS
Preis
ab 37.990 € (Benziner ab 29.000 €)
Denn darum geht es dem CLA vor allem: er will mit seinem Aussehen glänzen und das tut er auch. Ein Schönling eben, der weiß, dass die Blicke auf ihn gerichtet sind. Ganz ohne Arroganz. Man könnte neidisch werden. Wolfram Hegen
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von Wolfram Hegen Fotos: Martin Settele
Steinig Schön ...Garten mal anders. Ein Sonnenbad, ein lauschiger Abend oder ganz einfach ein Tag im Grünen: Der eigene Garten ist für viele Menschen im Sommer der ideale Ort zum Wohlfühlen und Ausspannen. Dabei gibt es ganz unterschiedliche Möglichkeiten, einen Garten zu gestalten, z.B. auch als Natursteingarten. Wir finden solche Gärten immer häufiger in der Region. Der neu angelegte Garten einer Familie im Raum Coburg ist dabei besonders gelungen: Ein echter Wohlfühlgarten auf zwei Ebenen, einer Feuerstelle und einem kleinen Bachlauf. Wir haben uns dort mit Garten-Expertin Anne Gottfried verabredet.
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teine sind nicht unbedingt das Erste, woran viele Menschen denken, wenn es um das Thema Garten geht. Vielmehr schweifen die Gedanken Richtung Grün, zu Blatt und Blüte, Duft und Wasser, Rasen und Möbeln. Doch Stein kann als Gestaltungselement vielfältige und wichtige Funktionen in einem Garten haben – etwa in Gestalt von Natursteinmauern. Wichtige Voraussetzung dafür allerdings, dass der Garten nicht zur Steinwüste wird: ein sorgfältig geplantes, stilsicheres Gesamtkonzept.
„Stein auf Stein, das Häuschen wird bald fertig sein“
grenzung des Grundstücks nach außen – oder auch zu dessen Strukturierung. Dabei ist es für den optisch-ästhetischen Gesamteindruck ganz wichtig, welches Material für die Mauern verwendet wird. Grundsätzlich kommen sowohl Beton- als auch Naturstein in Frage, wobei unter letzteres streng genommen auch Ziegel beziehungsweise Klinker fallen. Beide Varianten gibt es in ganz unterschiedlichen Spielarten und Bearbeitungszuständen, so dass Mauern im Garten in Optik und Wirkung ein extrem breites Spektrum abdecken können.
Einen hoch interessanten Brückenschlag zwischen der Natürlichkeit, die Pflanzen in einen Garten bringen und dem statischen Gestaltungselement Mauer vollbringt das Material Naturstein. „Zwar gibt es Naturstein überall auf der Welt, so dass auch das Spektrum dessen, was an Farben, Strukturen und Härtegraden in einem Garten eingesetzt werden kann, theoretisch unbegrenzt ist“, erläutert Gartengestalterin Anne Gottfried. „Aber wir empfehlen Gartenbesitzern eigentlich immer, einheimischen Naturstein zu verwenden.“ Und das hat gute und sehr unterschiedliche Gründe. Da ist zum einen das Thema Nachhaltigkeit: „Wer einen Naturstein aus der Umgebung oder zumindest aus dem europäischen Umland verwendet, setzt auf kurze und damit weniger umweltschädliche Transportwege“, so die Gartenexpertin.
Aus einem Kinderlied
„Außerdem kann man sich bei europäischen Produkten sicher sein, dass die Abbaubedingungen stimmen.“
„Stein auf Stein, das Häuschen wird bald fertig sein“, heißt es in einem Kinderlied, das von fleißigen Handwerkern handelt. Doch nicht nur Häuser entstehen durch das Aufschichten von Steinen; auch Mauern, die nicht notwendigerweise einen Innenraum umgrenzen. So etwa im Garten, wo Mauern die unterschiedlichsten Formen und Funktionen haben können. Sie dienen als Sichtschutz, zur Ab-
Das heißt: Der Stein wird sicher nicht von Kinder- oder Sklavenarbeitern gebrochen, wie das bei manchen trotz der langen Transportwege häufig deutlich billigeren Materialien aus Indien oder China der Fall ist. Soll es dann – aus welchem Grund auch immer – dennoch ein überseeischer Stein sein, empfiehlt Gottfried dringend, ausschließlich zertifizierte Ware zu verwenden. Siegel wie etwa das der
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Initiative Xertifix bürgen dafür, dass der Abbau der Steine ohne Kinder- oder Sklavenarbeit erfolgt ist. Doch sind es bei Weitem nicht nur Gründe von Ethik und Nachhaltigkeit, die Gartenprofis zum heimischen Naturstein greifen lassen: „Bei einem Stein, der hier aus der Region kommt, weiß ich einfach, dass er ein für die Gegend typisches und auch erprobtes Baumaterial ist“, so Gottfried. Das heißt: Der Stein gliedert sich harmonisch in die den Garten umgebende Landschaft und passt zur ortstypischen Architektur.
Umgebung, Grundstück und Wohnhaus sollen eine Einheit bilden Gartenbauexpertin Anne Gottfried „Bei der Gestaltung von Gärten ist es immer wichtig, darauf zu achten, dass Umgebung, Grundstück und Wohnhaus eine Einheit bilden, und dementsprechend sollte auch die Materialauswahl für die Gartengestaltung ausfallen“, bringt es Gottfried auf den Punkt. Und schließlich führt sie auch noch ein paar ganz pragmatische Gründe für ihre Vorliebe für lokalen Naturstein an: Meist kenne sie die Produzenten persönlich, was gerade bei Sonderwünschen Vieles erleichtere. Außerdem würden Lieferzeiten von lokalen Produzenten erfahrungsgemäß zuverlässiger eingehalten und schließlich könne man sich bei einem Stein aus der Gegend absolut sicher sein, dass er mit den örtlichen klimatischen Gegebenheiten zurechtkomme und dementsprechend langlebig sei. Zu den vielen Rollen, die Naturstein in einem Garten übernehmen kann, gehört neben der Gestaltung von Bodenbelägen die Verwendung für Trockenmauern. Dabei schichten erfahrene Gartenbauer grob behauene Steinquader ohne weitere Verbindung auf – eine Art Puzzlespiel, denn die Steine müssen dabei so gesetzt werden, dass sich zum einen
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Coburgs schöne Gärten
ein ästhetisch ansprechendes Fugenbild und zum anderen eine dauerhaft stabile Konstruktion ergibt. Solche Trockenmauern passen hervorragend in ländlich geprägte Gärten, aber auch in solche, deren Besitzer viel Wert auf liebevolle Detailgestaltung legen, denn die Fugen der Mauern bilden einen attraktiven Lebensraum für Kleinlebewesen genauso wie für genügsame Pflanzen wie den Mauerpfeffer. „Solche Natursteinmauern können die unterschiedlichsten Funktionen in einem Garten übernehmen“, so Gartenexpertin Gottfried. „Bei Grundstücken in Hanglage zum Beispiel setzt man sie gern bei der Terrassierung des Geländes ein, um Höhenunterschiede abzufangen. Aber auch zur Einfassung von Hochbeeten sind sie hoch attraktiv, weil sie einerseits einen schönen Kontrast zur Pflanzenvielfalt des Beetes bilden, andererseits aber doch ganz natürlich wirken.“ Auch als zusätzliches Sitzelement empfiehlt Anne Gottfried Gartenbesitzern gern Natursteinmauern. „So lassen sich ohne zusätzliche Gartenmöbel heimelige Plätze schaffen, an denen man der Natur des Gartens ganz nah sein kann.
Naturstein speichert lange die Sonnenwärme Außerdem speichert Naturstein wunderbar lange die Sonnenwärme, so dass man je nach Gestein noch Stunden, nachdem es nicht mehr von der Sonne beschienen wird, deren Wärme spüren kann“, schwärmt die Expertin. Diesen Effekt machen sich Profis wie Gottfried übrigens auch bei der Gestaltung geschützter Sitzplätze zunutze: Diese oft extra für die Abendstunden konzipierten Ecken werden so im Garten platziert, dass sie möglichst lange in der Sonne liegen und mit einer schützenden Wand aus Naturstein hintermauert, die unter anderem als Wärmespeicher dient.
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Impressum
Impre ssum
Coburger – Das Magazin Ausgabe 3 / Juni 2013 Erscheinungsweise viermal jährlich Auflage 5000 Stück www.coburgermagazin.de Verlag: Das Magazin Verlagsgesellschaft UG (haftungsbeschränkt) Seidmannsdorfer Straße 84 96450 Coburg Telefon: 01523.404.3021 info@das-magazin-verlag.de
Wir sind Coburger | Da s M ag a zin
Wolfram Hegen
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Herausgeber und Chefredakteur
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Herausgeber: Peter Einheuser und Wolfram Hegen Chefredakteur: Wolfram Hegen redaktion@das-magazin-verlag.de stv. Chefredakteur: Peter Einheuser redaktion@das-magazin-verlag.de Weitere Autoren dieser Ausgabe: Daniela Greschke Wolfram Porr Heidi Schulz-Scheidt Christiane Schult Cornelia Stegner Gastautor: Thomas Apfel Fotografen dieser Ausgabe: Frank Wunderatsch Henning Rosenbusch Val Thoermer Martin Settele Shutterstock, News5
Heidi Schulz-Scheidt
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Es gilt die Anzeigenpreisliste 01/2012 Druck: AALEXX Buchproduktion GmbH 30938 Großburgwedel Leserbriefe bitte an: briefe@das-magazin-verlag.de Preis: 4 € inkl. 7% MwSt., Abo-Preis, jährlich: 18 € inkl. Porto und Versand
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Thomas Apfel Freier Mitarbeiter und Rundfunkjournalist
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Monaco Franke
Der Monaco Franke Neues Aus Der Hauptstadt
Es gibt Dinge, um die muss man sich in Bayern keine Sorgen machen. Schnee auf der Zugspitze zum Beispiel (im Winter). Sambafieber in Coburg (im Sommer). Dass es Klöße, Glees, Klueß, Gließ, Knödel oder in Coburg ganz einfach den Rutscher zum Sonntagsbraten gibt (ganzjährig). Und eine CSU-Regierung. Das alles ist hierzulande so sicher wie das Amen in der Kirche oder wie Senf auf der Bratwurst. Sie kennen doch sicher auch den Spruch des ehemaligen englischen Fußball-Nationalspielers Gary Lineker: „Fußball ist ein Spiel von 22 Leuten… und am Ende gewinnt immer Deutschland.“ Der Monaco Franke hat ihn mal leicht abgewandelt, denn was auch stimmt, und das immerhin seit 1957, ist: Landtagswahl in Bayern ist eine Abstimmung, zu der wieviele Parteien auch immer antreten, und am Ende gewinnt immer die CSU. Am 15. September sind wir, das Wahlvolk, wieder aufgerufen, unsere Vertreter für die nächsten fünf Jahre zu wählen. Bestimmt wird dann der 17. Bayerische Landtag. Dass die CSU auch in diesem Jahr wieder die stärkste Partei sein wird, daran bestehen null Zweifel. Die SPD als zweitstärkste Kraft kommt in aktuellen Umfragen nicht einmal auf die Hälfte der Prozentpunkte. Die von ihr beschworene Wechselstimmung im Land ist kaum zu spüren, und zwar weder in Altbayern noch in Franken. Doch aufgemerkt: Ministerpräsident Horst Seehofer hat dennoch Sorge, es könnte erstmals seit 56 Jahren nicht mehr zu einer CSU-Regierung reichen. Denn die Zeiten, in der die Partei mit „50 plus x“ rechnen und allein regieren konnte, sind vorbei. Ihr derzeitiger Koalitionspartner, die FDP, bewegt sich in den Umfragen ungefähr da, wo sie gerne den Mindestlohn ansetzen würde, also bei 4 (nicht Euro, sondern Prozent). Und auch sonst läuft es nicht wirklich rund für die Christsozialen. Die „Beschäftigungsaffäre“ hat doch arg am Image gekratzt und könnte, so Seehofer, „zu einem Stück Wahlenthaltung“ bei den Stammwählern führen. Im Fall Gustl Mollath gab Justizministerin Beate Merk nicht die allerbeste
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Figur ab und die Steueraffäre um den bekennenden CSU-Freund Uli Hoeneß ist auch nicht wirklich förderlich. Immerhin halten diesmal die Franken recht still, auch wenn man gar nicht weiß, wieso eigentlich. Das eine große fränkische Wahlkampfthema, es fehlt in diesem Jahr. Dabei: Gründe zum Meckern (exemplarisch seien hier nur der Bevölkerungsrückgang, die Verkehrsinfrastruktur, der Ausbau des schnellen Internets auf dem Land oder das Konjunkturprogramm II genannt) hätten wir doch schließlich genug. Oder hört man uns bloß nicht? Wen I wähl, geht Euch a Schmarrn an...
der Staatsregierung eingesetzten Zukunftsrates, Nordoberfranken solle sich besser nach Sachsen hin orientieren? Noch gehören wir aber zu Bayern. Und deshalb darf man schon mal fragen: Wer wäre der bessere Ministerpräsident für Franken? Der Ingolstädter Horst Seehofer oder der noch amtierende Oberbürgermeister der Stadt München, SPD-Spitzenkandidat Christian Ude. Seehofers Leistung, wenn man das denn so nennen will, ist seine schon sagenhafte Beweglichkeit, wenn es darum geht, seine Meinung – je nach Windrichtung – auch in sehr kurzer Zeit zu ändern. Das könnte den Franken ja durchaus auch mal zu Gute kommen. Noch scheint es, wie die schon erwähnte Studie des Zukunftsrates zeigt, nicht opportun zu sein, die strukturschwachen Regionen zu stärken, in die Infrastruktur (Stichwort: Fahrzeitverkürzung auf fränkischen Regionalstrecken) zu investieren oder etwas gegen die Überalterung und Ausblutung ganzer Landstriche zu tun. Wenn es aber - aus welchen Gründen auch immer - eines Tages so weit sein sollte – die Nischenbegabung namens Seehofer hätte das selbstredend schon immer unterstützt. Zweites Argument für unseren amtierenden Landesvater, der Franken gerne „ein starkes Stück Bayern“ nennt: Finanzminister Markus Söder, neben Innenminister Joachim Herrmann der momentan wohl einflussreichste Franke in der Landes-CSU, hat noch einen gut bei seinem Chef. Schließlich half der ihm einst als Beckstein-Nachfolger auf den „Thron“ und durfte sich hinterher auch noch als charakterschwacher Ehrgeizling beschimpfen lassen.
©Leslie Murray 2012
Könnte schon sein, dass die Politiker auf dem Ohr „duushearad“ sind. Denn so richtig müssen die sich im Norden ihres geliebten Bayernlandes ja auch gar nicht mehr um Wählerstimmen bemühen. Dafür hat man mit der Stimmkreisreform - die Wahl-Stimmkreise Kulmbach und Wunsiedel wurden zugunsten eines zusätzlichen Stimmkreises in Seehofers Heimatstadt Ingolstadt zusammengelegt - ja schon gesorgt. Oberfranken fällt bayernweit mit seinen gerade mal noch acht Wahlkreisen und 16 Mandaten bei insgesamt 180 Sitzen kaum noch ins Gewicht. Vielleicht ja deshalb auch die Empfehlung des von
Und Ude? „Wir bringen Bayern ins Gleichgewicht“ hat sich der Hobby-Kabarettist und Langsam-Redner der Sozis auf die Fahnen geschrieben. Das Problem ist nur: Um Gleichgewicht zu schaffen, sollte man sich in dem Bundesland, das man regieren will, auch ein bisschen auskennen. Zweifel sind da erlaubt. Ude wird ja nachgesagt, schon an der Münchner Stadtgrenze sei es mit seinem Orientierungssinn nicht mehr weit her. Würde man ihn irgendwo im S-Bahnbereich aussetzen, Genosse Christian würde sich hoffnungslos verlaufen. Mit Franken kennt sich der Mann, der schon zweimal Präsident des Deutschen Städtetags war, aber a weng besser aus, eh
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Auf ein Wort klar. Einem Journalisten der „Nürnberger Nachrichten“ diktierte er vor nicht allzu langer Zeit in den Block: „Ich habe enge Kontakte nach Oberfranken, nach Aschaffenburg“ … Immerhin: Der Mann mit den mangelhaften Geographiekenntnissen („das ist aber auch kompliziert. Bei uns in Oberbayern ist oben oben und unten unten“) ist ehrgeizig und will noch etwas bewegen. Für das Oberbürgermeisteramt hat der 65-Jährige die zulässige Altersgrenze zwar überschritten. Doch das hindert ihn nicht, sich nun ein neues, größeres Aufgabenfeld zu suchen. Die politischen Gegner unken allerdings und womöglich nicht ganz zu Unrecht, unter einem Ministerpräsidenten Ude könnten die Landtags- noch mehr als ohnehin schon zu Münchner Stadtratssitzungen mutieren. Wir alle werden uns wohl wieder für das kleinste Übel entscheiden. Aber ganz egal, wo wir am 15. September unser Kreizla machen: Seehofer oder Ude – einer von beiden wird Ministerpräsident werden. Ude müsste, so er denn wirklich den Machtwechsel schaffen will, mit den Grünen und den Freien Wählern koalieren. Die größte Schnittmenge hat die SPD traditionell mit den Grünen. Allerdings fällt in Bayern das gemeinsame Wahlkampfthema Tempolimit von vorneherein weg. Im Süden des Freistaats, wo Audi und BMW zuhause sind, werden auch diese beiden Parteien nicht gegen die Automobil-Lobby anstinken können. Und in Franken ist das Tempolimit längst umgesetzt, zumindest auf der Schiene. Die Freien Wähler machen hauptsächlich damit von sich reden, dass sie Volksbegehren unterstützen. Allerdings nur solche, bei denen sie sich der Zustimmung der Mehrheit der Bevölkerung absolut sicher sein können (etwa für die Wiedereinführung des neunjährige Gymnasiums G9) oder solche, die sich bereits überholt haben (Abschaffung der Studiengebühren), weil Seehofer seine Meinung längst schon wieder nach dem Wind gedreht hat (s. oben). Erstmals kandidiert bei der Landtagswahl im September übrigens die Partei für Franken. „Zeit is worrn“, werden jetzt viele beglückt ausrufen. Das Wahlprogramm der „bürgerlich fränkischen Volkspartei“, so nennt sie sich, ist freilich so allgemein gehalten, dass man als Franke am liebsten sofort unterschreiben würde. Wenn es um konkrete Forderungen geht, wird es dann aber entweder ziemlich dünn oder realsatirisch. So warb die Partei in einem Offenen Brief an den CSU-Vorstand allen Ernstes dafür, Olympische Winterspiele im Dreiländer-Eck Oberfranken, Thüringen und Sachsen auszutragen. Genauso gut könnte sich Breitengüßbach (also wirklich nichts gegen Breitengüßbach!) als europäische Kulturhauptstadt bewerben, der Coburger Flugplatz Brandensteinsebene als neues Lufthansa-Drehkreuz oder der Wüstenstaat Katar als Gastgeber einer Fußball-Weltmeisterschaft (hoppala). Schätzla, schau wie iech schau!
Mir wird schlecht
Der Gastbeitrag von Hans G. Tanner
Neulich stellte mir ein Freund die Frage, ob ich mein Verhalten nicht für Doppelmoral halte. Wieso, fragte ich? Und antwortete gleich selbst: Weil ich Dich immer wieder zu Grillen einlade, obwohl ich dich für einen Idioten halte? Das, mein Lieber, ist doch keine Doppelmoral, das ist Nächstenliebe ... An seinem verkniffenen Lächeln merkte ich, dass er meine Anmerkung nicht für wirklich komisch hielt. Nein, setzte er nach einer kleinen Pause an, weil du dich über diesen Coburger Fleischskandal, was nun immer am Ende dabei herauskommt, so aufregst, aber mir hier - aus „Nächstenliebe“, wie er süffisant anmerkte - das billigste eingeschweißte lidlnormaaldirewerealetcbilligfettschweinebauchgrillfleisch anbietest. Weißt Du, warum ich mich aufrege, sagte ich? Nein, sagte er. Ich rege mich über die Doppelmoral der anderen auf, die sich über den Fleischskandal aufregen. Er verstand gar nichts mehr. Schau mal, sagte ich, wenn ich Dir hier Billigfleisch auftische, dann ist das sogar doppelt moralisch. Wieso? fragte er und ich merkte an seiner Frage, dass der Genuss minderwertigen Fleisches dauerhafte Schäden des Denkapparates auslösen kann. Weil, ich redete etwas langsamer, damit er mir folgen konnte, das ist Mülltrennung, während ich die fünf Zentimeter dicke Fettschwarte säuberlich vom Rest - dem, was wohl Fleisch sein sollte - abtrennte und den Maden zum Fraß vorwarf, die soeben auf die Ameisenstraße eingebogen waren, die irgendwie den Weg aus einem Erdhügel zu dem Plastikeimer für die Essensreste gefunden hatten. Und Mülltrennung ist gut, oder? Zum zweiten ist es moralisch, setzte ich fort, weil ich denen, die aus Abfall noch durchaus genießbares Fleisch machen, ich zuzelte gerade an einem Rippchen herum, mit meinem Einkauf eine sichere Existenz ermögliche. Eine Win-Win-Win-Situation für alle. Er finde das abstoßend, sagte er, diese Geiz-ist-Geil-Mentalität und biss in ein verkohltes Stück Steak, das er sich in dem Glauben gesichert hatte, es handele sich um Rindfleisch, ich mir aber davon unabhängig auch sicher war, er würde den Unterschied zu Pferdefleisch eh nicht schmecken . Seine Belehrung aber hatte ohnehin ein jähes Ende: Ich machte ihm klar, dass er ja gerne mal mich zum Grillen einladen könne und ich dann nichts dagegen hätte, wenn er mir Fleisch von Tieren kredenzt, die Zeit ihres Lebens liebevoll gepflegt, gestreichelt, nur mit Biofutter ernährt und dann - ganz sanft, ohne Stresshormone - hinterrücks umgebracht worden seien. Er schwieg. Idiot. Warum fütterte ich ihn eigentlich durch? Bayern-Fan ist er auch noch. Aber nur beim Fussball, beim Basketball ist er für die Brose Baskets. Doppelmoralist, elendiger. An dieser Stelle laden wir Coburger und Nicht-Coburger, Zu- oder Abgereiste herzlich ein, ihre Meinung kundzutun. Hier in unserem Magazin. Wenn Sie etwas zu sagen haben, sprechen Sie uns an.
Für den Coburger von Wolfram Porr
A u s g a b e 1 / A p r i l 2013 B a m b e r g e r | D a s M a g a z i n
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Coburger | Das Magazin erscheint wieder im September 2013. Anzeigenschluss ist am 30. August 2013
Flügelkämpfe Wahlkampfjahr
Ohne Worte
...Und das zum Schluss Was der Wähler immer wieder vergißt: Die Arbeit im öffentlichen Dienst und in der Politik unterscheidet sich von der Arbeit des Bürgers im wesentlichen dadurch, daß sie keinen Wohlstand schafft, sondern ihn verbraucht.
Peter E. Schumacher Als ich 14 Jahr alt war, war mein Vater für mich so dumm, daß ich ihn kaum ertragen konnte. Aber als ich 21 wurde, war ich doch erstaunt, wieviel der alte Mann in sieben Jahren dazu gelernt hatte.
Mark Twain Das Alter bringt nicht immer Weisheit mit sich. Oft kommt es auch allein.
Mark Twain Ein schlechter Journalist ist noch kein Philosoph.
Kurt Tucholsky
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Das pharmazeutische Fachpersonal der easyApotheke wird von einem modernen ...
Wir nehmen uns Zeit für Sie... ... Kommissionierautomaten unterstützt, der die gewünschten Medikamente auf Knopfdruck vom Lager in den Verkaufsraum transportiert. Unser Apothekenpersonal bleibt so immer bei Ihnen und hat mehr Zeit für Ihre individuelle Beratung. Unsere Öffnungszeiten: Montag - Freitag 09.00 bis 19.00 Uhr Samstag 09.00 bis 15.30 Uhr
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