Wiesbadener Ausgabe IV / 2019
Preis: 6,50 €
Magazin für Kunst, KulTouren und Lebensfreude
Kulturpreis der Stadt Wiesbaden Highlight für die Fototage
Das große Spiel
Das Casino wird zum Political
Andrea Esswein Laß uns spielen!
Circus FliFlac
Packend –prickelnd –Punxxx
NATÜRlich
Ein besonderer Blick auf die Natur
Glücksort Monta Kultur im Katzeloch
100 Jahre BAUHAUS Eine Retrospektive
Pop meets Klassik
Die 8. Wiesbadener „Night of Music“
Rheingau Gourmet Festival Sternetreff im Weingau
200 Kilo Kampfgewicht Unsere borstigen Freunde
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Der Kulturfonds Frankfurt RheinMain fördert die Ausstellung STADT – JUGEND – STIL im Rahmen des Jugendstiljahres Wiesbaden 2019/2020.
Getragen wird der gemeinnützige Fonds vom Land Hessen, von Frankfurt am Main, dem Hochtaunuskreis und dem Main-TaunusKreis, Darmstadt, Wiesbaden, Hanau, Bad Vilbel, Offenbach am Main und Oestrich-Winkel. Weitere herausragende Kunst- und Kultur�������������������������www.kulturfonds-frm.de / Facebook / Twitter / Newsletter
Inhalt
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Banane, Fotografie – Gelbe Serie, 2018 © Iris Kaczmarczyk
SCHATZ
& SCHÄTZE
FEILGOLD@BAUHAUS
MENSCHEN
& MEINUNGEN
KULTURPREIS WIESBADEN LASS UNS SPIELEN KULTUR
& KREATIVES
CIRCUS FLICFLAC KULTURFONDS NATÜRLICH THEATERDONNER MICHAEL LEBED MADE-FESTIVAL NICHT OF MUSIC CHRISTOPH NIELBOCK GABRIEL SALA KULTURKAPELLE MONTA TANZSTÜCK DORIAN DAS GROßE SPIEL MAGAZIN
KULTOUREN I KULTOUREN II
S. 6 S. 8 S. 10 S. 12 S. 14 S. 23 S. 26 S. 28 S. 29 S. 30 S. 31 S. 32 S. 34 S. 36 S. 16 S. 38
GAUMENLITZELEIEN
GENUSSMOMENTE RHEINGAU GOURMET-FESTIVAL VEGANE POWER ZUSAMMEN LEBEN
CCW 200 KILO KAMPFGEWICHT UNTERNEHMEN
S. 4
& MÄRKTE
120 JAHRE TEPPICH MICHEL
S. 43 S. 44 S. 46 S. 47 S. 48 S. 49
Zitronen im Winter? Da gehen die Meinungen auseinander. Die einen schwören darauf, andere finden, dass regionale Erzeugnisse uns ausreichend mit Vitamin C versorgen. In dieser Ausgabe plädieren wir für den uneingeschränkten ästhetischen Genuss, weswegen die Zitrone der Fotokünstlerin Iris Kaczmarczyk auf dem Titel des Winter-WIESBADENER gelandet ist (S. 14). Entschieden hat sich die Jury unter dem Vorsitz des Wiesbadener Kulturdezernenten Axel Imholz und den Wiesbadener Fototagen einstimmig der „Preis zur Förderung des kulturellen Lebens”, den Kulturpreis, verliehen mit folgender Begründung: „Die inspirierenden Themensetzungen und die hochkarätigen Einreichungen, verbunden mit einer interessanten Programmstruktur, sorgen dafür, dass die Wiesbadener Fototage zu einem Highlight des Wiesbadener Kulturlebens zählen.” Gratulation! (S. 6) Ansonsten kämpft die Stadt derzeit mit ihrem guten Ruf. Hat doch ein im Herbst erschienenes Buch an zahlreichen Beispielen aufgezeigt, wie unverfrorenen und skrupellos manche Kommunalpolitiker agieren – die „Stadt als Beute”, so der griffige Slogan. Darauf wird bereits im Januar das Staatstheater mit einem „Political” reagieren. Ob der theatrale Schnellschuß ein Volltreffer wird (S. 36)? Auch die Wildschweine sehen die Stadt, zumindestens Teile davon als leckere Beute, besonders was sie in Parkanlagen und auf Friedhöfen finden. Dass sie manchen mit ihren Mauldiebstählen weh tun, ist pure Absicht. Es geht schlicht um Rache für die Grausamkeiten, die der Mensch ihren domestizierten Verwandten antut. Was sie wollen, wollen wir doch eigentlich alle: mehr Respekt!(S. 48) Rebellisch, unangepasst und gegen den Strich gebürstet –Flic Flac bleibt sich treu. Zum 30. Geburtstag präsentiert der bekannte Circus eine komplett neue Show namens „Punxxx”. Vom 13.Februar bis 1. März 2020 gastiert FlicFlac mit „Punxxx” in Frankfurt/Main, vom 26. März bis 5. April 2020 in Wiesbaden auf dem Festplatz Gibber Kerb (S. 10). Das und vieles mehr bietet das vorliegende Magazin. Da wünschen wir Ihnen wir immer viel Vergnügen mit Kunst, Kultur und Kulinarik in dieser Ausgabe!
IMPRESSUM: Herausgeberin, Gesamtkoordination & Gestaltung: media futura • Inh. Petra Esser • Balduinstraße 28 • 56856 Zell/Mosel • Tel. 06542.954.00.80 • Fax: 06542.954.00.79 • www.media–futura.de • mail@media–futura.de • Gestaltung: Petra Esser • Redaktion: Petra Esser, Tobias Mahlow, Gesine Werner, Konstantin Mahlow • Anzeigenleitung: Tobias Mahlow • Titelbild: „Zitrone“, Fotografie, „Gelbe Serie“, 2018, © Iris Kaczmarczyk, Wiesbaden • Vignetten: Bernd Schneider • Druck: Printgroup GmbH & Co. KG, 97526 Sennefeld • Redaktionsschluss für die Ausgabe I/2020: 20.02.2020 • Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages • alle Fotos und Logos wurden uns – wenn nicht anders dokumentiert – von den porträtierten Personen/Institutionen zur Verfügung gestellt. WIESBADENER
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Gemeinsam allem gewachsen.
gemeinsamallemgewachsen.de
Gemeinschaft kommt nicht von allein. Gemeinschaft kommt von schaffen. Darum unterstützen wir Sportler, Künstler, Unternehmer vor Ort und all die anderen, die sich für andere stark machen.
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SCHATZ
&
SCHÄTZE
100 Jahre BAUHAUS Goldschmiedekunst aus der Werkstatt feilgold, Wiesbaden – eine Retropektive Anlässlich des Jubiläums „100 Jahre BAUHAUS“ widmete die Goldschmiedemeisterin Susanne Geiger in diesem Jahr ihre künstlerlischen Arbeiten ganz dem BAUHAUS. Aus der Werkstatt feilgold entstanden so wunderschöne Objekte – wahre Kunstwerke – zum Teil angelehnt an bestehende BAUHAUSvorlagen, die nun in Schmuckstücke übersetzt wurden oder von der Goldschmiedin nach eigenen Entwürfen angefertigte Stücke im Sinne des BAUHAUSes. So entstanden die Ohrhänger (3) nach Vorlage einer Arbeit von 1924 von Corona Kause aus dem Das BAUHAUS ist mit der Idee entstanden, Künste und Handwerk zu vereinen, um eine gestalterische Verbindung zu entwickeln. „Die Sehnsucht nach einer neuen technischen Welt lässt sich auch als Versuch verstehen, die Schwerkraft des Alten zu überwinden. Material wird nicht mehr als feste Substanz aufgefasst, sondern bis an die Grenzen seiner möglichen Belastbarkeit geformt, um so seine inneren und äußeren Eigenschaften, seine unterschiedlichen Kräfte und Spannungen neu zu bestimmen.“ aus: Die Metall Werkstatt am Bauhaus
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Die Metallwerkstatt, die für die Goldschmiedekunst relevant ist, war ein Teilbereich im BAUHAUS. Auch in der Metallwerkstatt wurde die Grundidee des BAUHAUSes umgesetzt, die Formensprache der Objekte auf geometrische Grundformen zurückzuführen. Team der Metallwerkstatt um den Konstruktivisten Moholy. Beim Original handelt es sich um eine schwebende Plastik aus Holz und Draht. Umgesetzt wurde diese Arbeit von Susanne Geiger aus drei verschiedenen Goldlegierungen. Entstanden sind Ohrhänger die ihren Ursprung nicht verleugnen können. Auch die Ohrhänger (5) aus 18ct Gelbgold enstanden aufgrund einer von Leo Grewing 1924 gefertigten Plastik aus Funierholz mit dem Namen „Spannungsübungen“. Grewing gehörte ebenfalls zur Metallwerkstatt um Moholy.
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Die Ohrhänger (4) sowie Ring (2) und Kette (1) und viele andere Schmuckstücke dagegen entstanden aus der eigenen Inspiration der Goldschmiedemeisterin. WIESBADENER
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SCHATZ
&
SCHÄTZE
6 Inspiriert durch die Holzschnittarbeiten „Runde“ des Künstlers Josef Albers, 1933, entstand dieser Anhänger, eine Sägearbeit aus Silber. Albers Arbeiten, bzw. seine künstlerischen Ideen erfuhren in 1960er und 70er Jahren eine Renaissance.
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Auch 100 Jahre nach Entstehung der Idee BAUHAUS sind die Arbeiten und Idee immer noch hochaktuell und inspirierend. Susanne Geiger hat in „ihrem“ BAUSHAUS–Jahr – wie auch in der Auseinandersetzung mit anderen Kunstepochen – wieder wahre Kunstwerke geschaffen. Goldschmiedewerkstatt feilgold me. Susanne Geiger Am Schlosspark 103 65203 Wiesbaden 0171-3134456 0611-4503286 info@feilgold.de www.feilgold.de 1. Kette, Halsband schwarze Seide und Silberanhänger 700 € 4
2. Drei Ringe 18ct Gold gelbes Dreieck-Citrin, blauer Kreis- Mondstein, rotes Quadrat- Granat 2.400 € 3. Ohrhänger 18ct Palladiumweissgold, Rotgold, Gelbgold 1.000 € 4. Ohrhänger Turmalin, 18ct Gold 1.800 € 5. Ohrhänger 18ct Gelbgold 1.100 € 5
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6. Anhänger 925/000 Silber, Sägearbeit 1.700 € 5
Die Kulturpreisträger 2019 (v.l.n.r.): Reinhard Berg, Frank Deubel
„Highlight des Wiesbadener Kulturlebens“ Die Wiesbadener Fototage erhalten den Kulturpreis der Stadt Alles begann vor 17 Jahren. Mit einem Zuschuss aus dem städtischen Kulturetat von gerade mal 500 Euro veranstaltete der frisch gegründete Verein PhotoWork, gegründet von Reinhard Berg und Iris Kaczmarczyk, sowie Ewa Hartmann und Birgit Glindmeier, die kurz danach ins Team kamen, die ersten Wiesbadener Fototage. Frank Deubel gehörte bei den 1. Fototagen noch zum Ausstellerteam der Galerie „Lichtbild”; er war von der Idee begeistert und wechselte danach in das Organisationsteam des Vereins. Die Wiesbadener Fototage verstanden sich als Forum für eine von den Gesetzen des Marktes
unabhängige Gegenkultur: „Wenn Kunst verkauft wird, ist sie keine mehr”! Ganz eigene, ursprüngliche und radikale Sichtweisen der teilnehmenden 17 Fotokünstler sollten stattdessen präsentiert werden. Es wurde eine Mischung aus Stadtteilfestival und Gemeinschaftsausstellung junger künstlerischer Galerien. Deren Zahl beschränkte sich zunächst einmal auf ganze drei, neben Bergs Galerie „Lichtbild” in der Herderstraße war die Galerie Pokusa, eineinhalb Straßenecken weiter, mit dabei. Ewa Hartmann, von Beginn an Mitinitiatorin des Projekts, sorgte gleich für die erste Grenzüberschreitung, die internationale Ausrichtung
der Fototage durch die Präsentation polnischer Fotokunst. Bei den 2. Wiesbadener Fototagen 2003 hatte sich die Zahl der teilnehmenden Galerien schon verdoppelt, und die Ausstellungen verzeichneten beinah doppelte so viele Besucher gegenüber dem Vorjahr. Das Publikumsinteresse an den Wiesbadener Fototagen reichte schon jetzt über die Stadtgrenzen hinaus. 2017 konnten die Macher die 10. Wiesbadener Fototage feiern! Nun hat auch die Stadt Wiesbaden verstanden, wie bedeutend die Fototage für das kulturelle Leben der Stadt sind und haben sie mit dem „Preis zur Förderung des kulturellen Lebens”, dem Kulturpreis, ausgezeichnet. Dies entschied die Jury unter dem Vorsitz des Kulturdezernenten Axel Imholz einstimmig mit folgender Begründung: „Reinhard Berg und Frank Deubel haben in den vergangenen Jahren ein beeindruckendes Festival aufgebaut, das weit über die Region ausstrahlt. Die inspirierenden Themensetzungen und die hochkarätigen Einreichungen, verbunden mit einer interessanten Programmstruktur,
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MENSCHEN
&
MEINUNGEN
Benita Suchodrev (im Bild Seite 8 unten links) und ein Foto aus ihrer Serie „48 Hours Blackpool“
sorgen dafür, dass die Wiesbadener Fototage zu einem Highlight des Wiesbadener Kulturlebens zählen.” Ziel der Wiesbadener Fototage ist es, die zeitgenössische Fotografie stärker in das Licht der Öffentlichkeit zu bringen und durch die Präsentation von professionellen, hochwertigen Fotoarbeiten unter einem Themenschwerpunkt die künstlerische Beschäftigung mit dem Medium darzustellen. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert und wird für besondere Leistungen in den Gebieten Bildende Kunst, Musik, Literatur oder Darstellende Kunst vergeben. Zuvor wurden im Rahmen der diesjährigen Fototage bereits zwei andere Preise vergeben. Die zahlreichen Besucherinnen und Besucher haben per Abstimmung den begehrten „Publikumspreis” der Schwarz-WeißSerie „48 Hours Blackpool” der in Berlin lebenden Fotografin Benita Suchodrev zugesprochen. Für »48 Hours Blackpool« fängt die russisch-amerikanische Berlinerin Benita Suchodrev von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang das pralle Leben auf der berühmten Promenade des Ferienorts an der Irischen See ein. Intuitiv, waghalsig, und ohne zu zögern, hält sie stets den entscheidenden Augenblick ihrer Begegnungen im sommerlichen Blackpool fest. Benita Suchodrev verwandelt die Straße in eine Bühne und macht etwas sichtbar, das die meisten von uns übersehen: WIESBADENER
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das Gesicht in der Menge. Wie alle ihre Dokumentar- und Porträtarbeiten, sind die kontrastreichen Schwarz-Weiß-Fotografien intensiv, doch ohne Sensationslust. Sie zeigen nur noch spärliche Reste vom einstigen Glanz des Badeortes.
Seite steht dazu: „Jeder Fotograf braucht eine innere Vision von dem Bild, das er machen möchte. Blinde Fotografen kultivieren diese innere Vision und realisieren sie mit einem Apparat, der mehr umfasst als die Kamera selbst. “
Suchodrevs Serie »48 Hours Blackpool« ist eine Gesellschaftsstudie voller Authentizität und Poesie; eine zeitgenössische und zugleich zeitlose Entdeckungsreise durch Bingo-Salons, Hot-Dog- Stände und Burlesque-Theater, wo skurrile Typen, Mamas und Papas, Kinder und Möwen spielen gehen.
Deutlicher kann ein „Grenzgang der Fotokunst” – so der Titel der diesjährigen Fototage – nicht vor Augen geführt werden, als etwas zu präsentieren, dass von den Akteuren selbst nicht gesehen werden kann. Alle vier Fotografen*innen schaffen intime und lautlose Bilder, indem sie die Technik des sog. „Lightpaintings” nutzen und so das Charakteristikum ihrer Arbeiten schaffen, nämlich das Licht als ein besonderes Fluidum, als eine Aura oder eben eine innere Vision zu veranschaulichen.
Der diesjährige „Jurypreis” ging an das Berliner „Fotostudio für Blinde Fotografen”. Vier erblindete Fotografen*innen – Susanne Emmermann, Mary Hartwig, Silja Korn und Gerald Pirner – haben zusammen mit Karsten Hein im Juni 2018 ein gemeinsames Fotoatelier in Berlin gegründet. Betitelt wurde es als ein Ort für Visionen. Auf Ihrer Facebook-
Infos zu den Wiesbadener Fototagen auf: www.wiesbadener-fototage.de „Blind“ von Susanne Emmermann (Foto S.8)
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MENSCHEN
&
MEINUNGEN
LASS UNS SPIELEN
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m Herbst 2016 lud die Wiesbadener Künstlerin Andrea Esswein sieben KünstlerInnen in ein Studio der Kunststiftung Baden-Württemberg nach Berlin ein, um dort gemeinsam mit ihnen zwei Wochen lang verschiedene Spielformen auszuprobieren. Für eine weitere Station des Projekts war die Künstlerin im Sommer 2017 zu Gast bei Port25 – Raum für Gegenwartskunst in Mannheim. Dort verabredete sie sich mit weiteren sieben KünstlerInnen aus dem Rhein-Neckar-Raum zum mehrtägigen Experimentieren. In einer öffentlichen Lecture stellte sie das Projekt abschließend der Öffentlichkeit vor. Nun hat der Künstlerverein Walkmühle Andrea Esswein zum 86. Salon am ersten Mittwoch eingeladen, ihr Spielprojekt “LASS UNS SPIELEN!” 2019 in Wiesbaden fortzusetzen und über ihre Erfahrungen und Ergebnisse im Novembersalon zu berichten. Über das Jahr verteilt hat die Künstlerin mit Kollegen und Kolleginnen aus der 8
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MENSCHEN
Region gemeinsam gespielt. Mit von der Partie waren dabei: Tatjana Basting, Brandstifter, Alexandra Deutsch, Lotte Günther, Sandra Heinz, Axel Schweppe und Katja von Puttkamer.
Sorry, we are open!
Andrea Esswein und die Künstler*innen des städtischen Atelierhaus Waggonfabrik in Mainz laden alle Interessierten zu einem Besuch in ihre Atelierräume am 7. Und 8. Dezember 2019 ein. Nachdem im Sommer 2019 viele Ateliers neu bezogen wurden, ist dies die erste Präsentation in neuer Besetzung. Dies ist eine geeignete Gelegenheit, sich mit den anwesenden Künstler*innen auszutauschen und Einblicke in die jeweiligen Arbeitsprozesse zu erhalten. In der Ausstellung werden, neben hauseignen Arbeiten aus allen künstlerischen Bereichen, auch in diesem Jahr Arbeiten von eingeladenen Künstlerkolleg*innen vertreten sein.
Andrea Esswein ist u.a. mit ihren „Kopiegraphien” bekannt geworden – der WIESBADENER berichtete darüber ausführlich. Dabei wird der Kopierer als Vervielfältigungsgerät zweckentfremdet und zur Produktion von Kopieroriginalen genutzt – jede Kopie an sich ist ein Unikat. Andrea Esswein (*1969 Germersheim, lebt in Wiesbaden, Atelier in Mainz) wurde bisher ausgezeichnet u.a. mit dem Albert-Haueisen-Preis,
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MEINUNGEN
dem ISCP-Stipendium in New York und dem PAF (Performing Arts Forum) Stipendium in Frankreich. Ihre Arbeiten wurden weltweit ausgestellt. Weitere Informationen unter: www.andrea-esswein.com und www.existenzundexzellenz.de alle Fotos: Andrea Esswein, Mitglied bei VG Bildkunst, Bonn Seite 8: oben: Einladungskarte unten: mit Lotte und Günther Seite 9: oben: mit Katja von Puttkammer unten: mit Axel Schweppe
Weitere Informationen unter: www.atelierhaus-waggonfabrik.de Öffnungszeiten: 7.12.19: 16 – 21 Uhr danach Live-Musik 8.12.2019 14 – 19 Uhr mit Kaffee und Kuchen WIESBADENER
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KULTUR
&
KREATIVES
The Globe of Speed
Packend-prickelnd-Punxxx Circus FlicFlac kommt nach Frankfurt und Wiesbaden
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ebellisch, unangepasst und gegen den Strich gebürstet –Flic Flac bleibt sich treu. Zum 30. Geburtstag präsentiert das renommierte Eventunternehmen eine komplett neue Show namens „Punxxx”. Ein Actionprogramm, das den besonderen Flic Flac- Stil fortsetzt. Seit der ersten Show„Nicht irgendein Circus” in 1989 bringen die Flic Flac Macher Streetstyle ins schwarz-gelbe Zelt: punkig, rockig und auch nach 30 Jahren garantiert anders. Vom 13.Februar bis 1. März2020 gastiert Flic Flac mit „Punxxx” auf dem Festplatz am Ratsweg in Frankfurt/Main, vom 26. März bis 5. April 2020 in Wiesbaden auf dem Festplatz Gibber Kerb. Und wieder werden außergewöhnliche Artisten das Publikum begeistern. So zum Beispiel Zdenek Polách, Sieger beim European 10
Youth Festival 2018 in Wiesbaden, der zu jazzig-rockigen Klängen die traditionsreiche Kunst der Balljonglage erfrischend neu interpretiert - nahezu mühelos, präzise, faszinierend. Oder Three G–das Trio aus der Ukraine; das athletisch-artistische Girlpower auf die Bühne bringt. Als weibliche Straßengang erobern sie das Publikum mit ihrer akrobatischen Spitzenleistung im Sturm. Hand auf Hand, Fuß auf Nacken –das sind Kraft und Ästhetik pur. Der Globe of Speed –die Stahlkugel der tollkühnen Motorradfahrer gehört natürlich auch wieder zum Jubiläums-Programm. Action –Artistik –Adrenalin: Freestyle Motocross verlangt absolute Professionalität. Denn waghalsige Stunts gehören zum Alltag. Tricks wie Backflip, Shaolin, Superman seat grab, Shoebox, Tsunami oder Rock solid lassen den Atem der Besucher stocken und den Puls rasen. Riskant, rasant, faszinierend. Die Holy Warriors, zehn Artisten
der China National Akrobatik Truppe, begeistern mit Präzisionsartistik und zielgenauen Sprüngen durch mobile und rotierende 60 Zentimeter große Reifen. Sensationell und beeindruckend! Körperbeherrschung, Kraft, Ausstrahlung, Leichtigkeit –das alles verbindet der Inder Sandeep zu einer Performance, die in Deutschland ihresgleichen sucht. Meerjungfrauen Flic Flac Style: Zwei reizende Ladies tauchen ein in ihre Wasserwelt und bieten kunstvolle Formen und Synchron Artistik. Julia Galenchyk und ihr Partner Dmytro Turkeev beweisen mit ihrer vor Kraft und Dynamik sprühenden Luft-Darbietung wahres artistisches Können. Hoch über den Zuschauern, ganz im Hier und Jetzt, im strömenden Regen. Olha präsentiert perfekte Körperkunst am Chinese Pole und versprüht dabei einen Hauch Sinnlichkeit und prickelnde Erotik. Sie brilliert zu „Purple Rain” mit technisch hochversierter Akrobatik. Romy Meggiolaro wirbelt ihre Requisiten rücklings sogar auf einem Motorrad liegend in atemraubender Geschwindigkeit über Füße und Hände. So schnell, dass die Augen kaum folgen können. Mit einer Sicherheit und Präzision, die jahreWIESBADENER
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KULTUR
langes Training voraussetzen. Alex Michael zieht es unter die Kuppeln der renommiertesten Circus-Unternehmen dieser Welt und beeindruckt mit einer originären Trapeznummer in äußerst luftiger Höhe. Dazu gibt es schräge Comedy vom Feinsten und Live-Klänge. „Punxxx „–eine Show ohne Konventionen und Langeweile –stattdessen unvergesslich und unverzichtbar. Die Brüder Benno und Lothar Kastein sowie deren Ehefrauen Scarlett Kaiser-Kastein und Gabi Kastein gründeten 1989 Circus Flic Flac. Sie machten FlicFlac zu dem, was er heute ist: eines der größten
Zirkusunternehmen Europas, das mit seinen spektakulären Shows regelmäßig Maßstäbe setzt. Bevor die Brüder in ihrer Heimatstadt Bocholt den Schritt in die Selbständigkeit wagten und am 5. Oktober 1989 in Oberhausen unter dem Titel „Nicht irgendein Circus” die Weltpremiere stattfand, arbeiteten sie selbst als Artisten. Für FlicFlac kreierten sie einen modernen, völlig eigenen Stil, der vor allem auf außergewöhnliche artistische Nummern setzt. Mit seiner schwarzgelben Warnfarbe, schrill-rockiger Musik und jeder Menge Licht-, Laser-und Pyrotechnik steht FlicFlac für ein Show-und Bühnenkonzept der Extreme. Vor allem gewagte Motocross-Stunts, Spitzenakrobatik und schräge Comedy sind feste Bestandteile der adrenalingeladenen Programme, die aus konzeptionellen Gründen auf Tierdressuren verzichten. FlicFlac blieb sich über all die Jahre treu: Es geht draufgängerisch, riskant und unkonventionell zu. Und immer wieder spektakulär waghalsig. Die Jubiläumsshow „Punxxx –30 Jahre nicht irgendein Circus” verspricht einmal mehr eine Performance im außergewöhnlichen Flic Flac-Stil.
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&
KREATIVES
DER VORVERKAUF LÄUFT Alle Infos und Tickets unter www.flicflac.de Spielzeiten Frankfurt/Main Festplatz am Ratsweg: 13. Februar 2020: 20 Uhr 14. + 15. Februar 2020: 16 + 20 Uhr 16. Februar 2020: 15 + 19 Uhr 18., 19. + 20. Februar2020: 20 Uhr 21. + 22. Februar 2020: 16 + 20 Uhr 23. Februar 2020: 15 +19 Uhr 25., 26. + 27. Februar 2020: 20 Uhr 28. + 29. Februar 2020: 16 + 20 Uhr 1. März 2020: 15 + 19 Uhr (17. + 24. Februar 2020 spielfrei).
Spielzeiten Wiesbaden Festplatz Gibber Kerb: 26. März 2020: 20 Uhr 27. + 28. März 2020: 16 + 20 Uhr 29. März 2020: 15 + 19 Uhr 31. März 2020: 20 Uhr 01. + 02. April 2020: 20 Uhr 03. + 04. April 2020: 16 + 20 Uhr 05. April 2020: 15 + 19 Uhr (30. März 2020 spielfrei).
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KULTUR
&
KREATIVES
Zum exground-Filmfest 32 Anno 2019 stehen bereit: Kulturfonds-Chef Dr. Helmut Müller, Gerald Pulcher und Andrea Wink vom Exground-Team und Kulturdezernent Axel Imholz (von links).
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er Kulturfonds Frankfurt Rhein-Main ist bundesweit ein exzellentes Unikat und sollte Schule machen. „Kultur für Alle“ ist die Devise. Der Dauerbrenner mit Breitenwirkung fördert quer über alle Sparten und die Freie Szene kommt auch nicht zu kurz.
Faszinosum „Omphalos“ fesselte, dankte Matthias Pees als Chef des „kleine Piratenboots“ Mousonturm den Musentempeln Wiesbaden & Darmstadt als „großen Tankern“. Die „konsequente Kooperation von Staatstheatern und Freier Szene“ sei einzigartig in der Deutschland: „ Wir haben Sie als sehr visionären
tion“ eine Duftmarke gesetzt. In Erinnerung bleiben die Schwerpunktthemen „Impuls Romantik“ (2012-2015), „Transit“ (2015-2018) und „Erzählung. Macht. Identität“. Kulturschaffende können unter einem Dach an „Themen und Erzählungen für die Region Frankfurt Rhein-Main“ arbeiten.
„Kultur für Alle ist kein Luxus – sie ist eine Notwendigkeit!“ Kulturfonds-Geschäftsführer Dr. Helmut Müller übergibt mit seinem „Schwanengesang“ den Staffelstab an Karin Wolff Nach sechs höchst erfolgreichen Jahren gab Geschäftsführer Dr. Helmut Müller bei der Eröffnung des TanzFestivals RM „Moving beyond“ als zentrales Projekt der Tanzplattform Rhein-Main im Staatstheater Darmstadt den Staffelstab weiter. Der Kulturfonds erkennt die Zeichen der Zeit. Mit der früheren hessischen Kultusministerin Karin Wolff leitet seit Oktober 2019 erstmals eine Frau die Geschicke des Kulturfonds. Bevor die mexikanische Compagnie Ceprodac mit Damien Jalets 12
Impulsgeber wahrgenommen.“ Dr. Müller wertet „Tanz als verbindendes Medium schlechthin. Zeitgenössischer Tanz ist für mich die spannendste Kunstform derzeit. Der alte Antagonismus zwischen Freier Szene und Stadttheaterkultur ist überwunden.“ Kulturfonds-Förderung der Tanzplattform: Gut eine Million Euro. Vernetzung und kulturelle Bildung als Ziel. In der Ägide Dr. Müller hat der Kulturfonds sein Terrain erweitert, Vielfalt stetig gefördert und mit Weltmusik als „hörbare Integra-
Der Fonds ist so frei und fördert Klassiker wie schräge Innovationen. „Wir erleben, wie sich die kulturellen Institutionen durch gemeinsame Projekte stärker vernetzt haben und konnten den Kulturfonds durch die Mitwirkung von Bad Vilbel, Oestrich-Winkel und Offenbach auf breiteres Fundament stellen.“ Das Fazit? „Meine ldee war, nicht nur Leuchttürme zu fördern und die regionale Vernetzung deutlich zu stärken. Den Kulturfonds hat es in die Region gezogen zu lokalen Kooperationen. WIESBADENER
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KULTUR
&
KREATIVES
Ute Bleissner vom Partnerschaftsverein. „Jugend und Alter“, das ambitionierte Gemeinschaftsprojekt zum 50. Todesjahr des Künstlers Ludwig Meidner, den Hanna Bekker vom Rath förderte, war sicher eine Art „Herzensprojekt“ für Dr. Müller. Ungewöhnlich: Sieben Institutionen waren an Bord. Kulturfonds, Stadtmuseum Hofheim, Jüdisches Museum Frankfurt, Museum Giersch der Uni Frankfurt und in Darmstadt das Institut Mathildenhöhe, das Kunst Archiv und die Galerie Netuschil. An den üppig blühenden Garten ihres Großvaters Heinrich erinnert sich Enkelin Ute Berger noch ganz plastisch, erzählt sie Kulturfonds-Chef Dr. Müller in der Blockbusterschau „Heinrich Kirchhoff. Ein Sammler von Jawlensky, Klee, Nolde…” im Museum Wiesbaden.
Die Satzungsänderung 2015/16 hat das ermöglich.“ Der BüchnerPreisträger Marcel Beyer kam in die Brentano-Scheune Oestrich-Winkel. Seinen 10. Geburtstag feierte der Fonds in der Naxoshalle. Der Buchsbaum mußte draußen bleiben. Zum Geburtstag mit ZDF/arte, DFF und Omnimago gestartet, läuft das dezentrale „Kino Varieté RheinMain – Eine Region entdeckt ihre lokale Flmgeschichte” als eigenes Format weiter. Die Ausweitung der Literatur-Festivals „literaTurm“ und der Lyriktage Frankfurt wurde gestützt. Das biennale MADE.Festival der Freien Darstellenden Künste Hessen führt die hessische Theatergastspiel-Kultur zu neuer Blüte. LaPROF, der Landesverband Professionelle Freie Darstellende Künste Hessen e.V., mischte zum 10. Geburtstag und den öffentlichen Raum auf. „Wir wollen 100 % ergreifen” war das Motto der Jubiläums-Edition, von laPROFChefin Angelika Sieburg (WuWei Theater), Katja Hergenhahn und Steffen Lars Popp kuratiert. Vom „reisenden Festival” mit dessen Vernetzung überzeugt, förderte der Kulturfonds. Wu Wei-Theaterchef Andreas Wellano (Großneffe von Liesl Karlstadt) ist der „Kevin Costner von Hessen” und freut sich als Chauffeur-Bodyguard auf Schirmherr Dr. Müller. „Es schließt sich der Kreis zu Wu Wei & Theater Praml. Unsere Co-Produktion „Transit” nach Anna Seghers in der Naxoshalle hat der Kulturfonds gefördert.” Das MADE.Festival 2020 eröffnet der neue Schirmherr am 7. Mai in Marburg. WIESBADENER
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„Ein hervorragender Blick auf das Filmgeschehen in Osteuropa“. 1991 von Claudia Dillmann gegründet und jetzt „internationaldas führende Festival des osteuropäischen Films“, bekam Go East üppige Förderung. „Go East“ hatte 30 Jahre nach dem „paneuropäischen Picknick“ an der Grenze UngarnÖsterreich das „paneuropäische Picknick“ initiiert. Dem „exground flmfest 32“ wurde 2019 der Länderschwerpunkt Brasilien ermöglicht. Die Vorführungen in verschiedenen Städten der Region ist dem Kulturfonds ein Anliegen. Die beliebten „Shorties“, von Gudrun Winter mit ihrem Team Open Air als „Shorts at Moonlight“ gezeigt, ermöglichte der Fonds in Oestrich-Winkel. Dem Rheingau Musikfestival wurden Highlights gefördert wie das furiose Konzert „Gezi Park 1“ von Fazil Say mit Star-Percussionist Martin Grubinger im Kurhaus Wiesbaden. Die grandiose erste europäische Retrospektive des skandinavischen Landschaftsmalers Harald Sohlberg wurde dem Museum Wiesbaden finanziert. Die faszinierende „Mittsommernacht“ ist Norwegens Ikone. „Das war ein Traum! Die größte Chillida-Schau in Deutschland mit Eisenskulpturen, die jahrzehntelang nicht gezeigt wurden, zog mehr als 60.000 Interessierte ins Museum Wiesbaden.“ Die Söhne von Chillida, größter Bildhauer der Nachkriegszeit aus Wiesbadens Partnerstadt San Sebastian, lernte Dr. Müller schon als Oberbürgermeister kennen durch Ehrenpräsidentin
Die Literaturtage Wiesbaden wurden finanziert. 2019 war Eva Menasse die Gastgeberin. „Die absolute Krönung war für mich 2017 das Wiesbadener Eigengewächs Frank Witzel.“ Die kulturpreisgekrönten „Freunde der Filme im Schloss“- Joachim Kreck, Detelina Grigorova-Kreck und Michael Fechner sind mit ihrem Internationalen Trickfilm-Festival „ein Kleinod im Rhein-MainGebiet herausragender Stellung in Deutschland.“ Der Hochkaräter „bietet die Chance, cineastische Kultur vom Feinsten und ein sträflich unterschätztes Genre zu erleben. Wer einen Oscar-Preisträger treffen will, ist hier im Schloss Biebrich goldrichtig.“ Das Bildungsprojekt KUNSTVOLL fördert kulturelle Bildung und bleibende Strukturen an und mit Schulen. Junge Menschen werden für Kunst & Kultur gewonnen - seit 2013 in 130 Projekten. Dr. Müller ist „absolut begeistert davon, Kindern ganz früh den Schlüssel zur „Kultur für Alle“ an die Hand zu geben.“ Von „KulturMut“ als innovative Crowdfunding-Aktion von Aventis Foundation, Startnext und Kulturfonds schwärmt Dr. Müller. Förderung ging auch an „Nachrichten aus dem Zwischenhirn“ von Rimini Protokoll. „Keine Absicht - nur Tourette.“ Die Mousonturm-Produktion machte Furore im Bockenheimer Depot und beim Inklusions-Festival „Grenzenlos Kultur“ in Mainz. „Chinchilla Arschloch, waswas“. Wenn 2020 der B3-Parcours im Nassauischen Kunstverein Wiesbaden mit Rachel MacLean Station macht, ist der Kulturfonds mit im Spiel. www.kulturfonds-ffm.de Text und Fotos: Gesine Werner 13
KULTUR
&
KREATIVES
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ris Kaczmarczyk, Fotografin und Fotokünstlerin aus Wiesbaden zeigt mit ihrer Serie „NATÜRlich” Dinge aus der Natur, die mit Fotoscantechnik entstanden sind. Gescannt wird von der Blüte über Waldpflanzen bis hin zu Gemüse und Tieren (siehe Wurm und Blüte mit Hummel, Seite 15), alles, was sich unter Glas legen lässt. Durch diese Technik werden Details extrem sichtbar und so stark betont, wie sie mit bloßem Auge sonst nicht erkennbar sind.
NATÜRlich Der besondere Blick auf die Natur durch Fotoscantechnik Interessant sind hierbei auch die unterschiedlichen Auswirkungen auf die gescannten Exponate. Während Obst und Gemüse durch das Scannen zu einem völlig neuen Farberlebnis werden kann, wird z.B. der eigentlich dunkle Regenwurm, der im Übrigen die Aktion unbeschadet überstanden hat, komplett durchleuchtet wodurch sein Innenleben preisgegeben wird. Die Künstlerin wird diese Technik auch in Zukunft mit verschiedenen Materialien weiterentwickeln. Präsentiert werden die Bilder auf Acrylglas. (40 x 40 cm). Die Fotoscanserie „NATÜRlich” und die „Gelbe Serie” wurden bereits mit großem Publikumsinteresse bei den Tatorten Kunst im Oktober 2019 gezeigt.
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WIESBADENER
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KULTUR
&
KREATIVES
Zur „Gelben Serie” gehört das aktuelle Titelbild „Zitrone” des WIESBADENER (sowie die „Banane” auf Seite 3). Es handelt sich um Fotografien, die als Serie 2018 entstanden ist. In Planung sind derzeit eine rote und eine grüne Serie. Die ausgebildete Fotografin gehörte als Mitbegründerin der „Wiesbadener Fototage” von 2002 bis 2013 zum Organisations- und Jurorenteam. Seit 2012 stellt sie als Künstlerin bei den „Tatorte-Kunst” in Wiesbaden aus. Iris Kaczmarczyk ist Mitglied der KSK, VG Bild-Kunst, Bonn, BBK Wiesbaden und ganz aktuell auch Mitglied der Künstlergruppe50 in Wiesbaden . Im Jahr 2018/2019 enstand das von Iris Kaczmarczyk als Fotografin betreute Kunstprojekt „Wer sind die anderen“ der Kinder- und Jugendgalerie des Amtes für Soziale Arbeit und der IGS Rheingauviertel. Die Schüler des Projektes fotografierten mit ihren Handys Situationen aus ihrem Leben. Zusätzlich konnten die Schüler mit einer Spiegelreflexkamera einmal on location und einmal im Studio Portraits von sich und den anderen Schülern aufnehmen. Nach dieser gemeinsamen Arbeit wurde eine Ausstellung in der Kinder- und Jugendgalerie organisiert, das durch Vertreter des Kulturamtes gewürdigt wurde. In 2019 war sie in verschiedenen Gruppenausstellungen des BBK Wiesbaden vertreten. Und seit 2018 stellt Iris Kaczmarczyk regelmäßig anläßlich der „Literarischen Lese, Freinsheim“ ihre Fotokunst aus. Wer mehr über Iris Kaczmarczyk und ihre aktuellen Aktionen erfahren möchte besucht am besten ihre Webseite: www.fotografie-kaczmarczyk.de Abbildungen Seite 14: oben links: tränendes Herz oben rechts: Früchte der Platane Mitte: Weidenstrauch unten: Frühlingsstrauch Abbildungen Seite 15: oben links: Regenwurm oben links: Rose mit Hummel Mitte: Strauchmargerite unten: rosa Blüte
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KULTOUREN
Dem „bulgarischen Chopin” huldigt das Ensemble in Wort und Klang: Igor Mishurisman, Pancho Vladigerov Junior, Steve Landau, Simona Natu, Dr. Jakob Gutmark, Professorin Dr. Daniela Philippi, Christine Mollov und Aldomir Mollov (von links).
Hommage an den bulgarischen Chopin Vielsaitige Referenz zum 120. Geburtstag von Pancho Vladigerov in Wort und Klang Wer kennt hierzulande Pancho Vladigerov, oder auch Pantcho Vladigueroff? Immerhin gilt der hervorragende Pianist und vielseitige Komponist unter Eingeweihten als „bulgarischer Chopin“. Aus der Odessaer Familie Pasternak stammend und „eine Art Cousin“ des weltberühmten Autors Boris Pasternak (Doktor Schiwago), gilt der jüdische Komponist in Bulgarien als eine der bedeutendsten Persönlichkeiten. Seine Werk trugen dazu bei, den bulgarischen Musikschulen starken nationalen Charakter zu verleihen. Baßbariton Aldomir Mollov, aus vielen Partien bekannter und beliebter Opernsänger im Ensemble des Hessischen Staatstheaters, widmete mit Musikwissenschaftlerin Christine Mollov am Tag der jüdischen Kultur dem „Geburtstagskind“ Vladigerov zum 120. Wiegenfest eine zweite Hommage. Der ukrainische Violinist Igor Mishurisman (Hessisches Staatsorchester) und die rumänische Konzertpianistin Simona Daniela Natu aus Nordhausen ergänzten mit klangvollem Spiel das Ensemble. Aus Berlin war Professor h.c. Pantcho Vladigerov Jurior.angereist Die vom Vladigerov-Enkel im Klavierduo mit Dimo Dimov kürzlich eingespielte CD „Aux couleurs vives“ der Edition Elm wartet mit der Suite bulgare aus dem Jahr 1926 und der 7. Tanz Sinfonie bulgare (1976) auf und empfiehlt sich als exquisites Hörvergnügen. Gemeindevorstand Dr. Jakob Gutmark und Geschäftsführer Steve Landau als Leiter des jüdischen Lehrhauses konnten zum „hochqualitativen Ereignis“ ein weiteres Mal einen prallvollen Saal begrüßen, in dem die Stühle knapp wurden. Es ging um „Rückkehr und Schaffensjahre in Bulgarien“. Enkel Vladigerov fesselte das gebannt lauschende Publikum mit feinfühligem Tastenspiel („Herbstelegie“, 1922) und hob die 7/8-Takte und 9/16-Takte der VladigerovKompositionen hervor, die ihn „weltberühmt“ machten. „Opa war immer apolitisch“, stellte er klar. „Doch sein jüdischer Humor hat in schweren Zeiten viel geholfen.“ Pancho Vladigerov, als Neunzehnjähriger MendelssohnPreisgekrönt, mußte 1932 nach erfolgreichen Jahren in Berlin nach Bulgarien zurück, schrieb die Nationaloper Zar Kaoojan und das „jüdische Poem“. Mit samtweich sonorem Timbre lebte Opernsänger Aldomir Mollov geradezu die Kompositionen aus. Text und Foto: Gesine Werner 16
Die Wirklichkeit der Illusion: Zum Silberjubiläum des BellevuesaalVereins wird der noble Ausstellungsraum feminin bespielt: Fides Becker und die Zwillinge Maria & Natalia Petschatnikova zeigen „Mimesis”.
Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Künstlerische Ladypower zum Silberjubiläum im Bellevue-Saal Und weiter geht`s mit dem Silber-Jubiläum zelebrieren im Bellevuesaal, wo Kunst gerne sozialen Anspruch haben und von gesellschaftlicher Relevanz sein darf. Die 1986 als „Verein zur Förderung künstlerischer Projekte mit gesellschaftlicher Relevanz e.V.“ gegründete Institution der Landeshauptstadt bespielt den einstigen Speisesaal des noblen Grandhotels mit besonders spannenden Ausstellungen. Den „flüchtigen Fakten“ der Künstlerinnen Frauke Eckhardt/Frankfurt/Main und Gertrud Riethmüller/St. Wendel-Dörrbach mit „Treibgut“-Installation und Klanginstallation „in/out“ war Micha Laury/Paris mit seinem berührenden „Human Breath“ gefolgt. Beeindruckende Wellen-Bewegung hatte Stipendiatin Christine Biehler mit ihrem zur Stuckdecke strebenden „Aufwall“ erzeugt. Unter dem Titel „MIMESIS“ hatte der Kunstverein ladypower hoch drei eingeladen. Die Installationen und Bilder von Fides Becker (Frankfurt/Berlin) und der aus „St. Leningrad“ stammenden Zwillinge Maria & Natalia Petschatnikova (Berlin/Hamburg) gingen der Frage nach: Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Und wenn ja, wie viele sind es? Augen auf! Die illusionistische Malerei von Stuckrosette und abgelöster Tapetenecke provozierte genaues Hinsehen. Fides B. „dient die Malerei ihrer kulturanthropologischen Forschung unerkannter Zusammenhänge“. Das künstlerische Prinzip der (Sinnes-)Täuschung hat bei den Zwillingen ebenfalls Konjunktur. Auch eine Gemälde-Rückseite kann etwas erzählen. Und das Parkett hat „Gesellschaft“ von einer attraktiven „Fußboden“Serie bekommen. Derzeit läuft die Präsentation der raumgreifenden Installation SURPLUS von Stipendiat Jeronimo Voss. Der Künstler bezieht sich auf Regisseurin Ella BergmannMichel, der die Retrospektive der Frankfurter FrauenFilm-Tage gewidmet war. Zum Künstlergespräch wird am 14.12. (16 Uhr) geladen, am 22.12. findet die Finissage statt (16 Uhr). www.kunstverein-bellevue-saal.de Text und Foto: Gesine Werner WIESBADENER
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KULTOUREN
Bei BINO, den Buchhandlungspreis-gekrönten „Büchern in Niederolm”, hatten Lisa Seufert und Stephanie Bellroth zur literarisch-musikalischen Hommage an Rose Ausländer eingeladen.
„Wir leben in Babylon…” Rose Ausländers „Gedichte aus Amerika” als lyrischmusikalische Hommage in Nieder-Olm „…und zwischen den Zeilen liegen Welten.“ Das Motto von BINO, dem gemütlichen Refugium in Rheinhessen, hätte auch zu ihrem kleinen literarisch-musikalischen Sternstündlein gepasst. Lisa Seufert und Stephanie Bellroth, die zwei rührigen Inhaberinnen der „Bücher in Nieder-Olm“, führen ein El Dorado für alle Leseratten und Bücherwürmer. Ehre, wem Ehre gebührt. Ein offiziell „ausgezeichneter Ort der Kultur“ sind sie auch im Leseparadies an der Pariser Straße in Nieder-Olm. Monika Grütters, Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, verlieh den „deutschen Buchhandlungspreis 2019“. Das unabhängige Duo lässt sich immer wieder kreative Aktionen einfallen und lädt zu eigenen Veranstaltungen ins Haus ein, oder zur Rheinhessen-Radtour mit dem E-Bike. Liebevolle Gastgeberinnen sind sie auch. Das Publikum wird verwöhnt. Hausgemachte Schmankerl wie Spundekäs und Salzgebäck sowie „geistreiche“ Tropfen aus der Weinregion und „saftige“ Getränke sind willkommene Labsal. Kürzlich sorgte das Ensemble „Lyrik und Jazz“ mit einer hinreißenden Hommage an eine große Lyrikerin des 20. Jahrhunderts für volles Haus. Das fein aufeinander eingepegelte Quartett kredenzte Rose Ausländers „Gedichte aus Amerika“, vom früheren Gymnasiallehrer Heinrich Heftrich ins Deutsche übersetzt und mit Emphase rezitiert. Das gebannt lauschende Publikum wurde mit den bildstarken Texten der vor dem Holocaust Geflüchteten in das New York – „diese Stadt, eine Zauberin“ - der 50er Jahre entführt. „Wir leben in Babylon.“In Manhattan reckt sich das „Medusenhaupt der steinernen Schlangen“ gen Himmel. „Metropolis“ aus Beton, Eisen und Stein. Mit Pianist Wolfgang Thomas, der auch sinnträchtige Klänge von Miles Davis, Frank Zappa, Arvo Pärt und Steve Reichs „18 Musicians“ einspielte, gab sich ein gut disponierter Tastenkneter die Ehre, souverän auch als Solist. Meisterdrummer und Instrumentenbauer Wahan Cherbettchian, als Zeitzeuge im oral history-Projekt „Erlebte Geschichte(n) des Fördervereins Stadtarchiv Wiesbaden involviert, webte mit Cajun und flirrenden Bar Chimes den Soundteppich. Vier-Oktavenstimme Jill Gaylord kurbelte mit samtigem Timbre und ausdruckstarker Körpersprache das Kopfkino an, lebte den „Stormy Weather Blues“. www.Bino-buchhandlung.de, lesen@bino-buchhandlung.de Text und Foto: Gesine Werner 18
Bei den Kulturtagen Sonnenberg frönten die Five Generations mit der Vier-Oktaven-Samtstimme Jill Gaylord zum Vergnügen des Publikums der Devise: „Jazz geht´s los!”.
Jazziges Sternstündlein im Burggarten Five Generations und Jill Gaylord mischen die Kulturtage Sonnenberg auf Jazz geht´s los! Eine prima Devise, die sich „Five Generations“ und die Vier-Oktavenstimme Jill Gaylord erfolgreich auf´s Panier geschrieben hatten. Der Burggarten swingt! Wer bei den „Five Generations“ nicht mitgroovt, ist selbst schuld. Der Mitwipp Faktor ist enorm. Sie können auch samtigen Soul, kommen bluesig verträumt daher oder lassen es hübsch rhythmusbeton krachen. Und der „Moon over Bourbon Street“ geht auch auf. Chapeau! Joe Zawinuls legendäres „Birdland“ kurbelte das Kopfkino an und hat in der hingebungsvoll gespielten Version gehörigen Gänsehautfaktor. „Summertime!“ Auf Einladung der Wiesbadener Burgfestspiele e.V. waren die fünf Generationen mit der hinreißenden Vokalistin Jill Gaylord - die Joe Zawinul persönlich aus Studienzeiten in Wien kennt - Gast der Kulturtage Sonnenberg. Aus der Ehemaligen-Besetzung der Big Band der Leibnizschule Wiesbaden, der beliebten Reinhard Diegel Big Band, haben sich die Five Generations entwickelt. Im Sinne ihres verstorbenen Gründers und musikalischen Vaters Reinhard Diegel wird die Combo „in dessen Tradition weitergeführt“. Das breite Repertoire vom klassischen Swing (Count Basie, Duke Ellington) über Ray Charles-Hits und Jazzballaden bis zum Rockjazz von Chicago oder Blood, Sweat & Tears kommt professionell arrangiert daher. Mit improvisierten Soli ist zu rechnen. Wie erfreulich: Die „kleine“ Bigband-Besetzung mit 9 Personen ist keine Boygroup und wartet rund um „Chefin“ Nicola Hug-Diegel (Sopran-Sax & Klarinette) mit fettem Gebläse-Sound auf. Zu Martin Wollweber & Patrick Buchroth (Trompete), Lisa Steidle (Tenorsax & Klarinette), Frank-Peter Martin (Posaune) gibt Torsten Vogt den Tastenlöwen. Dem Bass griff Thomas Keggenhoff beherzt in die Saiten und in der „Schiessbude“ ließ Schlagzeuger Mario Harlos die Schlägel fliegen. Altmeister Paolo Fornara als Ehrengast brillierte am Bariton-Saxophon und entlockte der Querflöte zart schwebende Töne. Der Sound schmeichelt sich in die Gehörgänge, die Spiellust lässt Funken sprühen. Vier-Oktaven-Röhre Jill Gaylord hat die Stimmbänder frisch geölt und betörte mit samtigem Soul und Scatgesang. Die aktuelle Five Generations-CD „Whisper not“ bietet historische Schätzen. Kontakt: Nicolahug@yahoo.de Text und Foto: Gesine Werner WIESBADENER
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KULTOUREN
Kulturdezernent Axel Imholz, Verlegerin Brigitte Forßbohm und Archivdirektorin Dr. Brigitte Streich bei der Nachlaß-Übergabe im Stadtarchiv.
Zeitreise nach Alt-Wiesbaden Stadtarchiv der Landeshauptstadt bekommt den Nachlaß von Klara und Anton Binz Das Stadtarchiv ist um einen historischen „Schatz“ reicher. Verlegerin Brigitte Forßbohm übergab den umfangreichen Nachlaß von Klara und Jakob Binz offiziell an die Institution, die das „Gedächtnis der Stadt“ verkörpert. Historikerin Forßbohm ist die Großnichte der in Wiesbaden geborenen Klara Kleber. Die Tochter des Bierstadter Metzgermeisters hatte sich 1913 mit Jakob Binz verlobt. 1915 wurde Jakob zum Militär eingezogen, kam an die Westfront. Weißzeugnäherin Klara lebte weiter im Elternhaus Während eines Heimaturlaubs wurde 1916 geheiratet. Der Nachlaß besteht aus rund 600 Briefen und umspannt die Jahre 1911 bis 1918 mit all seinen Sorgen und Hoffnungen.In den Briefen spiegelt sich die Liebesbeziehung des räumlich getrennt lebenden Paares, das seine Zukunft plante in Zeiten des Krieges. „Er war ein Mensch mit Humor“, las Brigitte Forßbohm aus den Briefen heraus und ist „gespannt auf das, was sich noch zeigen wird.“. Der Nachlaß ist ein besonderer Glücksfall. Jakob Binz, aus Bechtolsheim in Rheinhessen stammender Lehrer, illustrierte seine Briefe mit historisch interessantem Material. Notizen und Anmerkungen über den Kriegsverlauf an der Westfront, Karten, Kurzbriefe, Zeichnungen und kleinformatige Fotografien. Archivdirektorin Dr. Brigitte Streich betonte das Außergewöhnliche dieses „sehr großen Bestandes in seiner Kontinuität über so lange Jahre. Die Korrespondenz zeichnet ein vielschichtiges Bild vom Denken, Leben und fühlen in der Zeit vor und während des Ersten Weltkrieges.“ Die Schenkung könnte zum Forschungsprojekt in Kooperation mit dem historischen Seminar der Uni Mainz werden. „Es riecht schon nach Geschichte“, würdigte Kulturdezent Axel Imholz: den hohen Wert der 200 Privatnachlässe auf 324 Regalmetern. „Wir sehen das Bild der Geschichte durch die Augen der Menschen, die sie erlebt haben.“ Auch Ulrich Kirchen, Vorsitzender des rührigen Fördervereins, war von der Schenkung an das Stadtarchiv äußerst angetan. Terminvorschau: Am 5. 12. berichtet Dr. Katherine Lukat über „Jugend im Nationalsozialismus“. Am 13.12. gibt Steve Landau „Einblicke in jüdisches Leben – heute und damals.“ Beginn jeweils 19Uhr. Text und Foto: Gesine Werner
Jubiläum am Musentempel! Der 125. Geburtstag des Hessischen Staatstheaters in Wiesbaden wird mit der Festtorte für „das Fünfspartenhaus” gefeiert. Die Sternchen künden von Oper, Operette, Ballett, Schauspiel und Konzert.
Jubiläum mit Stadtplakette in Gold und einem „leuchtenden” Geschenk 125. Geburtstag des prunkvollen Musentempels der Landeshauptstadt zelebriert 125 JA!re Glanz und Gloria sollten gefeiert werden. Auf gudd Wissbadenerisch „Mer strunze nit, mer hunn!“ Im Beisein der früheren Intendanten Achim Thorwald (Karlsruhe) und Dr. Manfred Beilharz wartete der Jubiläums-Festakt für den Musentempel im Prunkfoyer mit einer Torte auf, die „das Fünfspartenhaus“ feierte mit Marzipansternchen: „Oper, Operette, Ballett, Schauspiel, Konzert“. Keine Rede vom Jungen Staatstheater. Auftakt mit dem Hessischen Staatsorchester, das unter GMD Patrick Lange mit Wagners Vorspiel zum 1. Akt der „Meistersinger von Nürnberg“ klangvoll brillierte. Ayse Asar dankte als Staatssekretärin dem Haus, seit 1947 als Hessisches Staatstheater in Verantwortung von Land und Landeshauptstadt, „für hervorragende künstlerische Arbeit“. In die Bauten der Staatstheater werden „in den kommenden Jahren mehr als 70 Millionen Euro investiert.“ Dem „tollen, sehr lebendigen Theater“ übergab GertUwe Mende die Stadtplakette in Gold mit ZirkoniaSternchen. Mit Blick auf die „Kultur für Alle“ liegen dem Oberbürgermeister Kinder & Jugendliche, Schultheatertage, Junges Theater, Pädagogik „besonders am Herzen“. Neben Einblicken in laufende Produktionen von Oper („Carmen“) und Schauspiel („Tyll“) machte Ballettdirektor Tim Plegge knapp vor der Premiere mit einer Sneakpreview des Hessischen Staatsballetts Lust auf den „Nußknacker“. Seine frische Version des TschaikowskiKlassikers überrascht mit einer Hammondorgel und bekam tüchtig Applaus. Rätseln im Publikum, warum das Hessische Staatsmusical als Jugendsparte nicht mit einem Bühnen-Auftritt zur Geltung kam. Die „Gesellschaft der Freunde des Staatstheaters Wiesbaden „ sorgte mit ihrer Sonderspenden-Aktion „Mehr Licht!“ über 12.500 Euro für eine mobile Lichtrampe, die das Große Haus ins beste Licht setzt. Am Sonntag, 12. Januar 2020 findet die Neujahrsgala für die Theaterfreundinnen und –freunde im Großen Haus statt (11 Uhr und 13.30 Uhr). Text und Foto: Gesine Werner
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„Grenzenlos Kultur Vol 21” am Staatstheater Mainz. Festivalleiter Andreas Meder und Noa Winter, die für die Barrierefreiheit verantwortlich zeichnete.
Die neue Mubarak-Moschee (Gesegnete Moschee) mit Zierminarett in Wiesbaden ist die größte in Hessen und zugleich die größte Moschee der Ahmadyya-Muslim Jamaat in Deutschland.
Tourette-Tics & 3 Frauen aus Troja
Ein spirituelles Zuhause mit Zierminarett
Theaterfestival Grenzenlos Kultur und die „Heimat(en)“
Die „Gesegnete Moschee” der Ahmadiyya Muslim Jamaat Wiesbaden
„Grenzenlos Kultur“ kam als inklusives Theaterfestival der Lebenshilfe gGmbH Kunst und Kultur nach Mainz und fragte in seiner 21. Auflage nach der BeDeutung von „Heimat(en)“ heute – mit immer wieder aufblitzendem Humor. Buchstäblich mitten im Herzen der Stadt angekommen, wurde der Musentempel von der U17-Kellerbühne bis ins Glashaus über den Dächern der Domstadt bespielt. Ebenso sympathisch wie (noch) unkonventionell war für Barriere-Freiheit durch „einfache Sprache“, Audiodeskription und „alternative Sitz- und Liegemöglichkeiten“ wie Sitzsäcke, Matratzen & Co. sowie Early Boarding gesorgt. MP Maly Dreyer outete sich als Fan des ältesten deutschen Festivals für Schauspielende mit und ohne Handicap. Hausherr Markus Müller stellte fest, das Thema Heimat und „Empathie“ als Spielzeit-Leitmotiv passten wunderbar zusammen. Der Intendant engagiert sich „hinter den Kulissen“ für Barrierefreiheit im eigenen Hause. Zukunftsmusik ist ein Personen-Aufzug im Großen Haus. Rimini Protokoll macht den Anfang und zeigt dem gebannt folgenden Publikum in 28 Szenen, nach Maßband durchgetaktet, „was passiert, wenn Tourette eine Bühne bekommt“. Christian Hempel & Benjamin Jürgens sind im Duell: „Wer tict zuerst?“ Eine Pizza wird live ins Publikum geliefert und verspeist. Musikerin Barbara Morgenstern strukturiert und direkt aus dem Hessischen Landtag in Wiesbaden stößt MdL Bijan Kaffenberger dazu. Ja, auch der „tict“ individuell. „Chinchilla Arschloch, waswas“ ist ein herrliches Stück Theater. „Peeling“ vom Taking Flight Theatre (GB) ist hinreißend. Bea Webster; Ruth Curtis, Erin Siobhan Hutching als 3 Frauen von Troja lassen in grandiosen Kostümen hinter die Kulissen ihrer Seelen blicken. Per Anhalter durch die deutsche Galaxis. Das „Mund-Stück” von Ant Hampton & Rita Pauls (GB und Argentinien) hält uns mit Originalzitaten den Eulen-Spiegel aktueller Befindlichkeiten vor. Gesprächsstoff satt für das Publikum im Glashaus.
Wiesbaden hat die erste Ahmadiyya-Moschee mit Kuppel und Zierminarett. In Anwesenheit kirchlicher Würdenträger wie Dekan Dr. Martin Mencke, Mitgliedern aus Magistrat und Parlaments-Vorsteherin Christa Gabriel wurde die „gesegnete Mosche” mit 1100 Gästen eröffnet.
www.lebenshilfe-kunst-und kultur.de Text und Foto: Gesine Werner 20
Zur Einweihung war Seine Heiligkeit, der 5. Khalif Hadhrat Mirza Masroor Ahmad, mit Gemahlin Sayyeda Amatul Sabuh Saheba aus London angereist. Das weltweit spirituelle Oberhaupt der Ahmadiyya-Gemeinde hat, in Pakistan verfolgt, seinen Sitz im Exil. Die „gesegnete Moschee” bietet unter der großen Kuppel und dem 12 Meter hohen Zierminarett auf rund 1300 Quadratmetern Nutzfläche mit zwei Geschossen Platz für mehr als 350 Gläubige. Das Gotteshaus verfügt über Gebetsräume für Männer und Frauen, Bibliothek, Büroräume, Multifunktionsraum und eine Wohnung für den in Deutschland geborenen Imam Farhad Ghaffar mit Familie. Die Baukosten von zwei Millionen Euro inklusive Grundstück wurden aus eigenen Mitteln finanziert, rund zwei Drittel hat die Gemeinde selbst gestemmt. Die seit 1976 in Wiesbaden ansässige Gemeinde ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und hatte am Einweihungstag als 13. islamische Gemeinde mit OB Gert-Uwe Mende die Integrationsvereinbarung der Stadt unterzeichnet. Beim Festakt im Kurhaus lobte Kalif Ahmad die gute Nachbarschaft und „die Güte, hier eine Heimat zu finden.” Der Kalif betonte den friedfertigen Charakter seiner Religion und berichtet von sozialen Projekten. „Wir wollen menschliche Werte beschützen. Integration bedeutet, daß wir dieser Gesellschaft dienen und für ihr Wohl arbeiten.” Oberbürgermeister Mende lobte das „beispiellose Engagement” der Gemeinde in der Stadt der Vielfalt. Ein „Ort des Miteinander Lebens im interreligiösen Dialog” sei das neue spirituelle Zuhause. „Liebe für alle, Hass für keinen” ist die Botschaft der Ahmadiyya Gemeinde weltweit. Text und Foto: Gesine Werner WIESBADENER
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KULTOUREN
Das Internationale Trickfilmfestival in Wiesbaden als Treffpunkt von Oscar-Preisträgern: Alexandre Espinages und „Stammgast” Thomas Stellmach in Schloss Biebrich.
Trickreich laufende Hochkaräter auch aus China Die 21. Version des Internationalen Tickfilmfestivals unter Schirmherr MP Volker Bouffier mit dem Schwelgen in flimmernden Hochkarätern im Filmschloß am Rhein und der Eröffnung mit Kulturdezernent Axel Imholz im Caligari war ein schöner Erfolg. Zwei Langfilme („White Snake“/ China und „Funan“/Kambodscha) wurden gezeigt sowie die Hauptpreisträger der wichtigsten Festivals. Hochverdient mit dem „Kulturpreis der Landeshauptstadt Wiesbaden 2011“ ausgezeichnet, sind die „Freunde der Filme im Schloss“ – Filmpreisträger Joachim Kreck, Dramaturgin Detelina Grigorova-Kreck und Michael O. Fechner als wichtiger „Dritter Mann“ – für die qualitätsvollen Lowbudget-Programme verantwortlich. Das GründerInnnen-Paar ist eingebunden in das Oral history-Projekt „Erlebte Geschichte(n)“ des Fördervereins Stadtarchiv Wiesbaden. Der Kulturfonds Frankfurt Rhein-Main förderte und Geschäftsführer Dr. Helmut Müller lobte das exzellente Projekt. Den Preis des Kulturamtes übergab Stadtrat Helmuth Nehrbaß an die Annecy-Preisträgerin Regina Pessoa. Ihre unter die Haut gehende Hommage „Uncle Thomas“ ist autobiografisch angehaucht und zeigt, was „im wirklichen Leben passiert“ ist. Als „Stammgast“ kam Oscarpreisträger Thomas Stellmach aus Kassel und traf auf seinen „Oscar-Kollegen“ Alexandre Espinages („Mr. Hublot“). Traditionell vergab das Publikum die Preise. Sieger wurden Bruno Collets berührender Film „Mémorable“, der das Erleben eines Demenzkranken zeigt, und die pfiffige „Hitzewelle“ von Fokion Xenos in der Sektion New Talents. „Filme im Schloß“ 2020 Am 21. Januar 2020 läuft in Wiesbadener Erstaufführung die britische Independent-Produktion „Bait“. Das Debüt von Mark Jenkins blickt in Schwarzweißbildern hinter die Kulissen der Gesellschaft in Cornwall, lief im „Forum“ der Berlinale 2019, ist nominiert für drei Independentfilmpreise in England. Am 4. Februar läuft „Honeyland“ aus Mazedonien. Die New York Times lobte das „hinreißend visualisierte Debüt“, das beim Sundance Filmfestival drei Preise abräumte. Schmankerl am 28. Februar. In Original 35-Millimeterformat! Laufen werden vier Meisterwerke von Laurel & Hardy. Den „Busy bodies“ folgen „Helpmates“, nach dem „Dirty work“ ist „Blotto“ das Finale. www.filme-im-schloss.de
Text und Foto: Gesine Werner
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Als „Autor im Transit” stellte Sasa Stanisic (2. von links) seine am selben Tag vollendete Auftragsarbeit über die utopische Siedlung „Bettina” in Texas vor. Archivrat Dr. Rouven Pons, Dr. Julia Cloot vom Kulturfonds Frankfurt Rhein-Main und hr2-Moderatorin Ursula May flankieren den vielfach preisgekrönten Autor aus dem bosnischen Visegrad.
Nur ein Wunder kann Dich tragen in das schöne Wunderland… Sasa Stanisic bekommt den deutschen Buchpreis und wird Poetikdozent in Wiesbaden Am Vorabend der Frankfurter Buchmesse erhielt er nach etlichen anderen Auszeichnungen den Deutschen Buchpreis und wird im Frühjahr 2020 mehrfach in Wiesbaden zu erleben sein. Von der Drina an den Rhein. Sasa Stanisic heißt der aktuelle Poetikdozent der Hochschule RheinMain und der LH Wiesbaden. Am 13. Februar 2020 ist der 1978 im bosnischen Visegrad Gebürtige, der als 14jähriger vor dem Krieg nach Deutschland floh, in der Hochschule zu Gast: „Ein Autor stellt sich vor”. Im Frankfurter Römer fand der wütende Erzähler deutliche Worte zum Literatur-Nobelpreisträger Peter Handke. Er selbst nehme den Buchpreis entgegen als Vertreter „einer Literatur, die nicht zynisch ist, nicht verlogen und die uns Leserinnen und Leser nicht für dumm verkaufen will, indem sie das Poetische in Lüge verkleidet.” Sein preisgekröntes Werk „Herkunft” sieht der Autor als „Abschied von meiner dementen Großmutter” an. „Während ich Erinnerungen sammele, verliert sie ihre.” Schon in seinem autobiografisch gefärbten Romandebüt „Wie der Soldat das Grammofon repariert” zeigte der sprachmächtige Autor leise humorige Fabulierkuns „Vor dem Fest” und „Fallensteller” zogen Publikum und Kritik in den Bann. Rheingau-Literaturpreis, Schubart-Literaturpreis und der Preis der Leipziger Buchmesse folgten. Ein Schmankerl bescherte der Kulturfonds Rhein-Main im Themenschwerpunkt „Transit” in Kooperation mit hr2-Kultur. „Nur ein Wunder kann Dich tragen in das schöne Wunderland…” Das Schiller-Zitat wurde Minuten vor der Premierenlesung im Hessischen Hauptstaatsarchiv zum Titel der Auftragsarbeit über ein Vormärz-Abenteuer in Texas. Glücksucher aus Hessen-Darmstadt, unter ihnen auch Georg Büchners jüngerer Bruder Alexander, gründen 1847 am Llano River die Siedlung Bettina (von Arnim). Sasa Stanisic lässt uns alles mit erleben. Text und Foto: Gesine Werner WIESBADENER
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KULTUR
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KREATIVES
„Ich bin Zar!” behaupten die kyrillischen Lettern auf dem Shirt des US-Bassbaritons Derrick Ballard (rechts), der den russischen Herrscher „Boris Godunow” in Mussorgskijs Oper klangschöne Statur verleiht. Fotograf Michael Lebed aus St. Petersburg (links) ist beindruckt.
Kiss me, Kate bei den Producern der Gräfin Mariza TheaterDonner auf den Bühnen von Wiesbaden, Mainz und Darmstadt Bewegungsfreudige Zeiten auf den Brettern der Region
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o geht Nussknacker heute. Tschaikowsky kann Hammond-Orgel (Chopinpreisträger Waldemar Martynel) und hinter dem Schrank mit „Innenleben“ geht´s weiter. Ab ins WeihnachtsZuckerland mit Rattenbande und Turmbau. Der Nussknacker (Daniel Myers) als Militär. Marie (Vanessa Shield) spielt mit ihrer „Ugly doll“, wird im Zuckerland fast selbst zur Puppe, schwebt mit dem Magier über ihre Phantasiewelt. FAUSTPreisträger Ramon John ist als exzentrischer Drosselmeier eine Klasse für sich. Chefchoreograf Tim Plegge hat für sein ausgezeichnetes Staatsballett den russischen Klassiker behutsam modernisiert und zeigt märchenhaft humorvolle Bilder. Das Staatsorchester unter GMD Patrick Lange lässt die Noten „tanzen“. Zauberhaft.
hört Buhrufe zur Premiere, später freundlichen Schlussbeifall. Uwe Eric Laufenbergs Sicht folgt der Tradition. Carmen (Lena Belkina) stirbt, weil Macho Don José (Sebastien Guèze) es so will. Bestens disponiert, lassen Christopher Bolduc, Daniel Carison, Stella An und Sumi Hwang aufhorchen.
Eulenspiegel in Wiesbaden. Kultregisseur Tilo Nest (Shockheaded Peter) beschert mit „Tyll“ nach Daniel Kehlmann ein prall sinnliches Spektakel mit Schattenspiel vor dramaturgisch relevanten Papierfahnen (Robert Schweer). Das leidenschaftlich aufspielende Ensemble um den „un-sterblichen“
Kultregisseur Tilo Nest kredenzt „Tyll” nach Daniel Kehlmann als prall sinnliches Spektakel - auch mit Schattenspiel hinter den Papierfahnen.
„Carmen“ in der Arena (Bühne Gisbert Jäkel). Das Video mit Torera und blutig traktiertem Stier (Gerard Naziri) zum schmissigen Vorspiel von Georges Bizets französisch gesungenem Dauerbrenner WIESBADENER
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KULTUR
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KREATIVES
Tyll (jung: Paul Simon, alt: Rainer Kühn) fesselt als Panoptikum mit Geschichte(n) in Zeiten des 30jährigen Krieges. Gänsehaut pur. Chapeau an Michael Birnbaum, Hanno Friedrich, Maria Wördemann, Lina Habicht, Matze Vogel und Linus Schütz. Grandios. Operette sich, wer kann – und amüsiere sich köstlich bei Emmerich Kálmáns „Gräfin Mariza“ von Thomas Enzinger (Lehar-Festival Bad Ischl). BR Klassik verlieh den „Frosch des Monats“. Mit üppiger Garderobe von Toto ausgestattet, geht die Chose der reichen Gräfin Mariza und ihrem inkognito-Grafen Tassilo auf Totos „Gutshaus“ mit Schmackes über die Drehbühne. Vokal „Kiss me, Kate!” In der hinreißenden Darmstädter Inszenierung des Broadway-Musicals sind Tenor Michael Pegher und Schauspieler Andreas Wellano (Wuwei Theater) ein gut aufeinander eingespieltes Gespann (von links).
trumpft Sabina Cvilak auf, Thomas Blondelle läßt seinen Tenor leuchten. Shira Patchornik empfiehlt sich als kapriziöse Lisa. Publikumsliebling Erik Biegel ist der, der mit der Mistgabel rappt – mit frisch geölten Stimmbändern. Klaus Krückemeier ist als skurriler Butler eine Wucht. Die bestens betuchte, schräge Tante Fürstin ist mit Gaststar Désirée Nick typgerecht besetzt. Das Tanzfestival Rhein-Main in Wiesbaden, Darmstadt, Frankfurt (Mousonturm) und Offenbach lebte das Motto „moving beyond“ und kam bestens an. Berührend und
elektrisierend - von Damien Chalets „Omphalos“ über die SpotlightPorträtreihe der belgischen Choreografin Kisbeth Gruwetz bis zum akrobatischen „My body is your body“ von Overhead Project. Der Tanztag machte der Region Beine.
Blick nach Mainz Christian Breys turbulente Inszenierung des Anti-Hitler-Broadwaymusicals „The producers“ von Mel Brooks ist ganz großes Kino. Das Ensemble agiert rasant über die Sparten hinweg auf den Punkt, tanzt Step (Hitler mit Stalin & Churchill) und gibt dem Affen Zucker. Die Gewerke liefen heiß. Einfallsreichtum ist Trumpf. Bühne & Kostüm Anette Hachmann, Choreografie Kati Farkas, Musik: Paul-Johannes Kirschner. Das miese Stück „Frühling für Hitler“ mit „Extrashow im Musical“ soll Schlitzohr Bialystock (Michael Kamp) sanieren. Buchhalter Leo muss ran – ein „zwangsneurotisches“ Kabinettstückchen von Vincent Doddema. Der Ritt auf der Rasierklinge gelingt und reißt das Publikum von den Stühlen. Otfried Preußlers „Krabat“ ist hochaktuell. Atmosphärisch dicht und märchenhaft packend ist die Inszenierung von Markolf Naujoks mit multifunktionaler Bühne und Kostümen. Der naive Lehrjunge Krabat (Julian von Hansemann) will weg aus der Mühle. Von wegen „Kälte und Strenge machen Euch zum Mann.“ Auf Corpsgeist und Schwarze Magie versteht sich der bedrohliche Meis-
Theater ist Arena. Die Wiesbadener „Carmen”-Inszenierung von Uwe Eric Laufenberg beginnt mit einem Stierkampf-Video zu den schmissigen Klängen des Vorspiels.
ter, der bei Rüdiger Hauffe auch Wärme zeigen darf. Ob die Kantorka (Kristina Gorjanowa) Krabat helfen kann? Ein sehenswertes Stück für alle. Modest Mussorgskis „Boris Godunow“ nach Puschkins „Dramatischer Chronik“ vernetzt Shakespeare-Königsdrama und russische Volksoper im Machtkampf um den Zarenthron. Zar Boris ließ Thronerbe Dimitrij ermorden. Mönch Grigorij will als Dimitrij auf den Thron. Schuldgeplagt geht Boris, von US-Bassbariton Derrick Ballard mit volltönendem Charisma versehen, in den Wahn. Regisseur Wolfgang Nägele und GMD Hermann Bäumer gelingt mit exzellent aufgelegtem Ensemble (Alexander Spemann, Linda Sommerhage und der zu Tränen rührende Gottesnarr Johannes Mayer) samt Polenakt ein packender Abend. Ein Moment des Nachhalls, starker Beifall.
Blick nach Darmstadt In Darmstadt nimmt die Spielzeit „Abschied von den Helden“. Cole Porters Klassiker „Kiss me, Kate!“ doppelt bekanntlich „Der Widerspenstigen Zähmung“. Wie Old Shakespeare in diese Spiel-Zeit passt, zeigt Erik Petersens hinreißende Inszenierung. Der musikalische Schwung kommt vom inspiriert aufspielenden Staatstheater-Orchester unter Stabführer Michael Nündel und ab geht die Chose - leicht aktualisiert - auf zwei Handlungsebenen über die Bühne(n). Ausdruckstarkes Team legt sich Sparten verbindend mächtig ins Zeug, spielt furios á tempo. Technikausfall spornt erst recht an. Hut ab! Die hochkarätigen Opernsänger David Pichlmaier und Michael Pegher sind warm timbriert und geben erkennbar lustvolle Ganoven. Schauspiel-Charakterkopf Andreas Wellano (WuWei-Theater) schießt Pointen gekonnt aus der Hüfte. Und wenn Katharina (Rebekka Reister) sich demütig gibt, sagt Gemahl Petruchio (Jörg Sabrowski) knochentrocken zum Saal:„Was für ein bescheuerter Text!“ Großes Entertainment zum Finale und alle Mitwirkenden werden ausdauernd bejubelt. „Schlag nach bei Shakespeare!“ Text und Fotos: Gesine Werner
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FAUST-Preisträger Stephan Thoss, Intendant Tanz, am Nationaltheater Mannheim, und NTM-Tanzdramaturgin Ina Brütting, strahlen zeitlose Präsenz aus. Ambrotypie: Michael Lebed
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ichael Lebeds Bilder strahlen Seele aus. Ob Porträt von Erwachsenen oder von Kindern, ob Alltagsimpression wie „der Schweiger“ vor der Marktkirche als Nassauer Landesdom, es kann auch der Bahnhofsvorplatz sein oder die Kurparkmuschel als Winterquartier für die weißen Sitzbänke – ein nostalgischer Hauch umweht jedes Motiv.
listin Gesine Werner realisiert. Ein Bildnis aus uralten Zeiten? Michael Lebeds edle Schwarzweiß-Fotografie lässt die nebelverhangene Marktsäule mit Rathaus und Marktkirche im Hintergrund wie einen geheimnisvollen Mythos wirken. Der Foto-Graf ist in allen Genres seiner Kunst daheim. Er kann auch
Farbe und präsentiert die Goldkuppeln des Kleinods auf dem Neroberg aus ungewöhnlicher Perspektive. Der opulente Bildband „Die russische Kirche in Wiesbaden – Wahrzeichen der Verbundenheit“, herausgegeben von Herus (Hessisch-russischer Interkultureller Austausch und humanitäre Hilfe), lebt von den sinn-
Der opulente Bildband „Die russische Kirche in Wiesbaden – Wahrzeichen der Verbundenheit” mit den Fotografien von Michael Lebed lebt von dessen Können. Foto: Gesine Werner
Der „Schwan“-Fotograf hat ein Auge für`s Detail und für Situationen. Nein, er richtet sein Objektiv nicht nur auf Schwäne – Lebed ist das russische Wort für Schwan. Seine Werke waren schon in der „Galerie Vitkovsky Art“ San Francisco zu sehen. Der Meisterfotograf war mehrmals beim russischen Künstlermarkt auf dem Neroberg mit Wiesbaden-Impressionen erfolgreich vertreten. Der russische Künstlermarkt des Kur- und Verkehrsvereines auf dem Wiesbadener Hausberg war lange organisiert worden von Charlotte Brand. Die Seniorchefin der Traditions-Chocolaterie Kunder an der Wilhelmstraße ist eine wichtige Zeitzeugin im oral history-Projekt des Fördervereins Stadtarchiv Wiesbaden, das Journa-
Fotogräfliche An-Sichten auf die kreative Tour Michael Lebed praktiziert die Ambrotypie als „Kunst der Unsterblichkeit“ 26
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lichen Bildern des Fotografen Lebed. Die prachtvolle Kirche ist ein Kleinod, ein Wahrzeichen Wiesbadens und die Grablege der Zarennichte Elisaweta Michailowna. Noch vor dem ersten Hochzeitstag starb Herzogin Elisabeth, Gemahlin von Herzog Adolph von Nassau, im Kindbett, schreibt Dr. Helmut Müller in seinem Grußwort. Das damalige Stadtoberhaupt lobte die „neue Sicht auf Form und Inhalt dieses einzigartigen Bauwerks“. Der Wahlwiesbadener Lebed hat seinen eigenen Blick auf die hessische Landeshauptstadt mit ihren vielen Verbindungen zu Russland. Der „Schwan-Fotograf“ kann als personifizierte Brücke St. Petersburg – Wiesbaden gelten. Der Interdisziplinäre Kultur-Brückenschlag 2007 war eine Facette des Petersburger Dialogs und ein Beitrag zum Wiesbadener Jahr des Historismus. Im Fotodialog zeigte Michael Lebed Impressionen seiner Heimatstadt, Sinotschka Werner zeigte Facetten der Dreililienstadt. Der Interkulturelle Salon am Samowar „Hessischer Löwe trifft Russischen Bär“ der Frauen in Schwarz Kreatief in der Villa Clementine trug den Titel: „Eherner Reiter und Goldene Lilien - St. Petersburg und Wiesbaden“. Schirmherr war Oberbürgermeister Dr. Helmut Müller. Im Sommer 2018 durfte der SemiFinalist der Hasselblad-Masters mit einem Solo unter dem Titel „Wiesbaden“ das Rathaus-Foyer komplett bespielen. Zum Start in das Wiesbadener Jugendstiljahr zeigte das Stadtarchiv eine Fotoschau. Die Bestandsaufnahme von Martino La Torre hatte Michael Lebed dokumentiert. Der Künstler mit dem Faible für „Antiquarisches“, wie sein Studio in einer alten Backstube in der Müllerstraße zeigt, ist ein buchstäblich „ausgezeichneter“ Fotografenmeister der alten Schule. Der Ingenieurssohn wollte Maler werden, was den märchenhaft verwunschenen „Fotogemälden“ anzusehen ist. Auf die Ausbildung zum Röntgen-Assistenten sattelte er eine FotografenLehre drauf, gekrönt vom höchsten Abschluss mit dem „roten“ Diplom. Die insgesamt dreißig Jahre lange Tätigkeit (davon 16 Jahre als Leiter) im renommierten Studio Nr. 1 – heute Karl Bulla-Fotostudio und Museum am Newskij Prospekt – brachten dem Chef von 30 Fachleuten große Anerkennung. „Ich habe sehr viele TheWIESBADENER
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Michael Lebed arbeitet u.a. mit Original-Holzkamera mit Voigtländer-Objektiv von 1894 mit einsteckbarer Blende. Foto: Gesine Werner
aterleute aller Sparten fotografiert“, berichtet er. Für „antikommunistische Äußerungen“ hart bestraft, siedelte Michael Lebed nach der Haftentlassung nach Deutschland über – und absolvierte eine zweite, deutsche Ausbildung. Der Lichtbild-Meister, der die klassische Studio-Fotografie in schwarzweiß bevorzugt und ein exzellentes Auge für das Ungewöhnliche im Gewöhnlichen hat, pflegt die Kunst der exquisiten Momentaufnahme. Und er beherrscht die hohe Kunst der Unsterblichkeit – die „Ambrotypie“ (Der Wiesbadener 4/2015). Der Begriff ist vom griechischen „ambrotos“ – unsterblich – abgeleitet. Die Ambrotypie, eine der ersten fotografischen Techniken des 19. Jahnhunderts, verlangt Geduld – vom Modell wie vom Fotografen. Der hat eine Glasplatte mit Collodium beschichtet, sensibilisert und muss belichten und entwickeln, solange das Material feucht ist. Die Fotosession mit Stillsitzen, einer Belichtungszeit von 3 bis 30 Sekunden und einigen Minuten Wartezeit (mit Blick auf die Glasplatte in der Entwickler-Schale) ist eine faszinierend spannende Sache. Die Nassplatten-Collodium-Fotografie erzeugt ein Silbernitrat-Bildnis auf Glas mit nostalgisch warmer Patina, „geschützt von einer Firnis aus Sandarak-Harz und Lavendelöl.“ Jede Ambrotypie ist ein nicht wiederholbares Unikat.
Bei Betrachtung der augenscheinlich altmeisterlichen Porträts kommen mozärtliche Zeilen in den Sinn: „Dies Bildnis ist bezaubernd schön...“ P.S: Der Meister der Ambrotypie sucht dringend ein neues Domizil mit Dunkelkammer-Möglichkeit. Sein Studio muss Michel Lebed aufgeben, weil das Haus umgebaut werden soll. Offerten gerne unter: www.lebed-fotografie.de Gesine Werner Der wandlungsfähige Schauspieler Uwe Kraus-Fu vom Staatstheater Wiesbaden zeigt nostalgischen Charme. Ambrotypie: Michael Lebed
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In ihrem spannenden Dokutheaterstück fragt Schauspielerin Cornelia Niemann: “Wollen Sie Ihren Vater wirklich in den Papierkorb verschieben?”
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ie Theater-Spielzeit ging los und schon war wieder Festivalzeit in der hessischen Landesmetropole. Chapeau und Da capo! für das innovative Theaterfestival MADE!. Eine Punktlandung mit hohem Niveau und persönlichem Flair. Drei unvergeßliche Tage mit warmherziger Festival-Atmosphäre gingen erstmals und viel zu schnell über die „Bretter“ der Landeshauptstadt.
pektiven der City. Mobile Albania inszenierte mit dem „APPARAT“ echt analoge Fern-Gespräche im Kulturpark und in der Kreativ-Fabrik. Ein echtes Netz-Werk. Von Hochsitz zu Hochsitz übermittelt ein menschlicher Daten-Träger Botschaften, die per Hand-Schrift in einer Wolke = Cloud lesbar werden. Ungeahnte Aufmerksamkeit bekam die „Nicht-Deutsche Post“ von Ruby Behrmann und Asia Mahgoub. Die Schreib-
Freie Darstellende Künste mischen die Landeshauptstadt auf Das MADE-Festival feierte 10. Geburtstag in Wiesbaden und landet Publikumserfolg
Tische vor Landtag und Rathaus, an denen Postkarten an Unbekannte geschrieben wurden, mutierten zum Puffer: Gelbwesten -Demo und AntifaDemo standen sich am Schloßplatz gegenüber. Neben laProf-Ehrenpreisen - für FAZKulturredakteurin Eva-Maria Magel, Marburgs OB Dr. Thomas Spies und FLUX-Projektleiterin Ilona Sauer - gab es begehrte Würdigungen. Die Preise trafen „die Richtigen“, zeigte der lautstarke Applaus bei der Bekanntgabe im Schlachthof. Christine Diez (Goj-Teatr), Beate Krist und Jonathan Roth (Theater 3D) kürten als Fachjury das Theater „Eleganz aus Reflex“ mit „Rot oder tot, Folge 2. Der Weltfrieden hat nichts mit Dir zu tun“ zum Preisträger. Mauer bauen? Prager Frühling? Das Publikum ist in Carolin Millners unter die Haut gehenden DDR-Szenen um Bettina Wegner („Sind so kleine Hände“) und Autor Thomas Brasch mit lustvollen Interventionen dabei. O wie schön ist Krakau. Für ihr packendes Multimedia- Dokumentartheater „Wollen Sie Ihren Vater wirklich in den Papierkorb verschieben?“ bekam die renommierte Schauspielerin Cornelia Niemann mit Regisseurin Sabine Loew und Musiker Martin Lejeune den Publikumspreis. „Wir sind die Generation Heimaturlaub“. Ihre aufrüttelnde, auch ironische Spurensuche läßt Gänsehaut rieseln. Die brillante Verkörperung macht atemlos. Vielschichtige Collage, anrührende Videoszenen eines Schulprojekts. Diskussionsstoff für alle Generationen. MADE hat gezeigt: So geht „Willkommens-Kultur“. Das Publikum ließ sich gar zu gerne „er-greifen“- und das zu 100 % und „meer“. Es hieß überall: „Wir fühlen uns bei MADE wie unter Freundinnen und Freunden“. Text und Foto: Gesine Werner Das MADE-Festival bietet die “Nicht-Deutsche Post” an und nebenan demonstrieren Gelbwesten.
Initiatorin Angelika Sieburg vom Wu Wei-Theater Frankfurt (mit Andreas Wellano) bildete als langjährige Vorsitzende des Landesverbandes LaPROF mit Katja Hergenhahn und Steffen Lars Popp das furiose Dreigestirn der Festivalleitung. Das vom Kulturfonds RheinMain als „Leuchtturm der Vernetzung“ geförderte Festival der Freien Theatergastspiel-Kultur hallt noch immer nach. Zum 10. Geburtstag des Festivals war der öffentliche Raum der Landeshauptstadt zur Bühne ge-MADET. „Rolling over Wiesbaden“ setzte das Theaterlabor Inc. aus Darmstadt buchstäblich in Selbst-Erfahrung um. Die „exemplarische Forschungsgruppe“ war im Rollstuhl auf Achse und bot neue Pers28
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KULTUR
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Alle Jahre wieder:
„Die 8. Wiesbadener „Night of Music”
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uch in diesem Dezember heißt es wieder „Pop meets Klassik”, denn die Wiesbadener „Night of Music” jährt sich in diesem Jahr zum 8. Mal. In der Vorweihnachtszeit erwärmt das musikalische Kultevent die Herzen der Wiesbadener. Am Freitag, den 13.12. und Samstag, den 14.12.2019 kommen Künstler aus den verschiedensten Genres im Wiesbadener Kurhaus zusammen, um die Zuschauer mit einem außergewöhnlichen Programm zu faszinieren. Wenn man sich die Liste aller Künstler und Künstlerinnen anschaut, die sich aus einer Mischung von Rock, Pop und Klassik zusammenstellt, erscheint es wahrscheinlich zunächst als ein interessantes „Experiment”. Jedoch überrascht die „Night”, wie sie in den Fachkreisen genannt wird, jedes Jahr aufs Neue das Publikum mit einem WIESBADENER
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harmonischen Zusammenspiel aller Musiker und einem unterhaltsamen Programm. Dabei trägt das Wiesbadener Sinfonieorchester e.V. unter der Leitung von Frank Segner einen großen Teil dazu bei, das die ohnehin schon herausragenden Solisten, durch die zwei fulminanten Abende begleitet. Das besondere Flair des Friedrich-von-ThierschSaals macht das „Experiment” zum einzigartigen Musikererlebnis. Eine Überraschung wird es ohnehin, da neben den Musikern, die jedes Jahr den Saal mit wundervoller Musik erhellen, auch in diesem Jahr neue Solisten und Chöre frischen Wind auf die „Night of Music”- Bühne bringen. Sie werden eingebettet in ein Crossover-Programm aus Rock, Pop und Klassik, das wie in den vorherigen Jahren von Lothar Pohl, dem Frontmann der Kultband „Die Crackers” moderiert wird. Zu den bereits bekannten Gesichtern gehören Dunja Koppenhöfer,
Menna Mulugeta, Michael Stein, aber auch Joe Herrmann und Gloria Rehm, die ihr Comeback in diesem Jahr feiern. Andre Coluccelli, Raquel GomezRey, The Wonderfrolleins, Esther Elsner und viele mehr werden dieses Jahr neu zur „Night of Music”Familie stoßen. Seien Sie einer der 2.500 Zuschauer, die sich von den Klängen der Solisten, Chöre und Bands mitreißen und von dem Programm unterhalten lassen! Kartenvorverkauf: Tourist Information Marktplatz 1, Wiesbaden TicketBox (Galeria Kaufhof) Kirchgasse 28, Wiesbaden oder online auf: www.wiesbaden-nightofmusic.de 29
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Zum Abschied ein Zusammentreffen mit den „Eltern” von WMK und WMA: Alt-OB Achim Exner und die frühere Kulturdezernentin Margarethe Goldmann flankieren Direktor Christoph Nielbock im Kulturforum.
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ei ihm sprühen immer die Funken. Die Welt ist Klang und Wiesbaden klingt. Bei Christoph Nielbock, dem gebürtigen Rheingauner aus Kaub und bekennenden „Kind der Region, steckt die Begeisterung alle Generationen an. Unüberhörbar bei „Wiesbaden singt” auf dem Dernschen Gelände, als dem begnadeten Netzwerker ein Ständchen überraschte. „Thank you for the music!”
(Coro Polifonico di San Nicola, Pisa) sorgten für hohe Präsenz. 1888 gegründet und mit dem für Musiklehrkräfte-Ausbildung zuständiges Musikseminar Günzel auf Basis eines Gutachtens von Oberbürgermeister Achim Exner und Kulturdezernentin Margarethe Goldmann im Doppelhaushalt 1990/91angemessen ausgestattet und zusammengeführt. Neustart als Musikschule und Musikakademie? Eigene Geschichte.
Begnadeter Netzwerker und Herr des Funkenflugs Christoph Nielbock verabschiedet sich als Direktor der Wiesbadener Musik- und Kunstschule Eine Ära geht zu Ende. Nachfolgerin Claudia Hölbling, die ihre Ausbildung in der WMA begann, tritt in große Fußstapfen. An der Orgel in St. Martin, Oestrich, großgeworden, wurde der „Abkömmling des Konservatoriums” von Klavierlehrerin Gerda Flössner entscheidend geprägt. Der in der Wolle gefärbte Organist, Pianist, Pädagoge und Dirigent hat 28 Jahre das musikalische Leben der Stadt gestaltet. Auftritte (Kurhaus, Lutherkirche, Staatstheater, Marktkirche) und Gastspiele (Italien!) sowie diverse Kooperationen 30
„Seine” WMK und WMA (Berufsbildung mit hochschulanalogem Abschluss Bachelor of Music) sind „ein geniales Konstrukt” und eine „dynamische Bildungseinrichtung für Alle auf hohem Niveau” unter einem Dach. Rund 140 Lehrkräfte bieten für 4000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene das ganze Spektrum an von Klassik bis Pop. „Musik kennt keine Altersgrenze!” Die Veeh-Harfe für Spätberufene ab 50 plus kommt super an. „Musik im Herzen der Stadt - mitten im Zentrum ist ein Spiegelbild der Gesellschaft und aller Nationen.”
Die Kommune steuert 2,5 Millionen Euro Zuschuss bei. „Wir zeigen, dass das Geld gut angelegt ist. WMK & und WMA schenken dem OB ein Konzert, zu dem er verdiente Menschen einlädt.” Die Deutsche Stiftung Niere und Harnwege e.V. (DSNH) verlieh die erste Ehrennadel und zauberte zum 15. Geburtstag ein exzellentes Benefizkonzert, organisiert von Bundesverdienstkreuzträger Dieter Werner mit Joan Faulkner als „beste schwarze Stimme Europas“, mit Harriett Lewis, Joanne Bell und Jazz-Pianist Gustav Csik. Das Jugend-Sinfonie-Orchester der WMA, con brio dirigiert von WMA-Direktor Nielbock, ergänzte schwungvoll. Auch die Sommerkonzerte in Kloster Eberbach bieten die Fülle des Wohllauts. Der feinfühlige Stabführer Nielbock wählt Raritäten aus, lässt das von ihm perfekt einstudierte Jugend-Sinfonie-Orchester klangschön auftrumpfen. Tonträger mit Donizettis „messa di gloria e credo“ oder Puccinis „Messa di Gloria“ bieten den WMK-Klang zum Mitnehmen. www.wmk-wiesbaden.de Text und Foto: Gesine Werner
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Tango ist sein Lebenselixier. Tanzlegende Gabriel Sala bittet zur Milonga und verkörpert eine Art „6. Sparte” im Staatsheater Wiesbaden
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er Mythos Tango lebt. Für Enrique Santos Discépolo ist der Tango „ein trauriger Gedanke, den man tanzen kann.“ Schönes Zitat. Für Gabriel Sala, die immerjunge Tanzlegende aus Argentinien, ist der Tango Lebenseinstellung „und ein wichtiges Kapitel der Kultur- und Sozialgeschichte.“ Ach was – der Tango ist sein Leben! „Die Musik ist stark in meinen Wurzeln verankert, alles – egal, ob Tango, Milonga oder Kreolenwalzer.“ Als vielseitig qualifizierter und ausdruckstarker Tänzer hat er „alles getanzt“ – ob klassisch oder neoklassisch, auf Spitze oder Folklore. Modern Dance natürlich auch. Und der unkaputtbare Tänzer mit dem gewitzten Charisma schultert mehr als die runden 75 Lenze. Die glaubt dem Zeitzeugen im oral-history-Projekt „Geschichte & Geschichten“ des Stadtarchiv-Fördervereins kein Mensch. Natürlich scharrt er schon wieder mit den Hufen und bittet zur nächsten Milonga. „Ich bin sehr preußisch“ bekennt der Argentinier, der seit 1974 in der hessischen Landeshauptstadt lebt. Der Wahlwiesbadener mit dem Charakterkopf und dem erfrischend selbstironischen Charme ist ganz Profi: „Ich habe nie eine Vorstellung ausfallen lassen und habe niemals eine Doppelbesetzung gebraucht.“ „Tango Uno – Die Macht der Verführung“ im WIESBADENER IV/2019 Großen Haus. Gabriel Sala (4. von links) wurde als langjähriger Freund von Operndiva Graciela Alperyn (neben ihm) überrascht.
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Gabriel Sala. „Tanzen als Beruf geht mit Berufung einher. Talent, Konsequenz und Liebe bringen ewige Freude – so dass sich Routine oder gar ein Sabbatjahr ausschließen.“ Die Tango-Operita „Maria de Buenos Aires“ ist unvergessen. „Tango Uno – Die Macht der Verführung“ im voll besetzten Großen Haus brachte das Publikum in Schwung. Die hohe Kunst des „Tango-Schwebens“ zelebrierte der Könner mit Carla Pulvermacher. Zum Niederknien. Starsopranistin Graciela Alperyn wurde als Überraschungsgast gefeiert. Experte Sala betont: „Wiesbaden ist das einzige Staatstheater in Europa, in dem der Tango als kulturelles Phänomen und soziales Ereignis gepflegt wird. Dank gebührt den Intendanten, die meine Passion unterstützen und fördern!“ Sein „SalonTango“ hat sich Kultstatus erarbeitet beim Publikum
Ganz schön viel mehr als „ein trauriger Gedanke, den man tanzen kann”... Gabriel Sala feiert Goldjubiläum nach 50 Jahren am 125 Jahre alten Musentempel Gabriel Sala ist als ältester Profi am Wiesbadener Musentempel eine Rarität und verkörpert mit seinem Café Tango (Intendanz Dr. Manfred Beilharz) und dem Salón Tango (Intendanz Uwe-Eric Laufenberg) eine Art „6. Sparte“ im Musentempel. 125 Jahre Hessisches Staatstheater und 50 Jahre Gabriel Sala in Wiesbaden. „Als ich im kalten November 1965 zum Vortanzen nach Wiesbaden kam, war das Theater erst 75 Jahre alt. Alfred Erich Sistig war Intendant, Imnre Keres der Ballettdirektor und ich wurde sofort als Solotänzer engagiert. Am 16.8.1970 hat meine Laufbahn hier begonnen“, erinnert sich
aus der ganzen Region. Fridays for Tango: Am Nikolaustag kommt das Quinteto Ensuenos/Träumereien“ ins Prunkfoyer. Violin Daniel Hurtado, Piano Chloé Pfeiffer, Guitarra Camilo Cordoba, Bandoneon Lysandre Donoso und Contrabajo Santiago Quagliariello. Am 7. Februar 2020 macht das Sexteto Viscerale nach seiner Wiesbadener Europapremiere 2018 wieder Station. Am 24. April 2020 kommt das Ensemble Bohéme Tango. Am 26. Juni 2020 gibt El Muro (die Mauer) die Visitenkarte im Musentempel ab. Gabriel Sala bittet zur Milonga. Text und Fotos: Gesine Werner
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Monta – Kultur in der Kapelle
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inst war das Wiesbadener Bergkirchenviertel als Quartier für die kleinen Leute entstanden, die Handwerker und Kurbediensteten, die ihre Arbeit für die reiche Wiesbadener Klientel verrichteten. Heute gilt der Stadtteil als Bezirk für Einkommensschwache, der Anteil an Sozialwohnungen liegt bei 57 Prozent. Doch nicht nur die große Zahl an Migranten prägt das Viertel. Mittlerweile fühlen sich 32
auch Kulturschaffende aller Genres wohl im sogenannten „Katzeloch”, das viele als Alternative zum schicken Ambiente der Stadt sehen und als das „echte” Wiesbaden betrachten, in dem das Leben ganz unverfälscht in all seinen positiven wie negativen Aspekten pulsiert – ein Bezirk mit eigenem, unverwechselbarem Charme. Das zugezogene kreative Potential bündelt sich zur Zeit an mehreren Orten, als da sind, neben zahlreichen Ateliers, das Künstlerhaus 24,
die Wiesbadener Kammerspiele, das Walhalla im Exil – und die Kulturstätte Monta. Dieses versteckt liegende Kleinod, das aus einer wunderschön restaurierten Kapelle, etlichen Nebenräumen und einem lauschigen Garten mit direktem Blick auf die Marktkirche besteht, ist bisher außerhalb des Viertels in der städtischen Kulturlandschaft eine wenig bekannte Größe. Das zu ändern, ist Ziel von Kathrin Schwedler, die als Journalistin, Künstlerin und unermüdliche Veranstalterin schon seit vielen Jahren die Landeshauptstadt kulturell bereichert. WIESBADENER
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Die Vorsitzende der Vereine „Kultur im Bergkirchenviertel” und „Brentanos Erben” öffnete 2013 am Tag des Denkmals die Türen der kleinen Kapelle, die Ende des 19. Jahrhunderts von den „Barmherzigen Brüdern von Montabaur” errichtet wurde – daher der heutige Name „Monta” –, bis in die 60 Jahre als Altenheim genutzt wurde und seit den 90er Jahren leer stand. Dier Resonanz war überwältigend, die zahlreichen Besucher staunten nicht schlecht über das ehemalige Gotteshaus, das nun seinen Dornröschenschlaf beendet hatte und zum neuen Veranstaltungsort im Bergkirchenviertel avancierte. Kathrin Schwedler startete im April 2014 mit einem Klassikkonzert der deutsch-finnischen Gesellschaft und machte weiter mit Lesungen, Jazzkonzerten, Kabarett und Comedy, Theateraufführungen und Kunstausstellungen, Tangoabenden und Poetryslam sowie mit der eigenen Reihe „Monta Cabinet”, bei der über ein gesetztes Thema interdisziplinär und gemeinschaftlich philosophiert wird. Rund 45 Personen finden Platz in der Kapelle, was für ein Kulturerlebnis in intimer Atmosphäre sorgt, ganz nah an den Künsten und Künstlern. Zudem nutzen Theatergruppen die „Monta” als Proberaum für ihre Stücke, auch Familienfeiern können hier stattfinden. Womit man wieder auf das leidige Dauerthema stößt, dass Kulturschaffende aller Welt täglich umtreibt: Die Finanzierung der Unternehmung. Kreativität und Kohle sind seit jeher in Hassliebe verbunden und brauchen einander. So auch hier. Kathrin Schwedler muss Miete und Nebenkosten zahlen, die vom jährlichen Zuschuss des Kulturamtes längst nicht gedeckt sind. Da hilft nur viel ehrenamtliches Engagement – und die Vermietung der Kulturkapelle, ein Angebot, das Theatergruppen bereits rege in Anspruch nehmen. Doch es sind noch Termine frei, schließlich ist die Monta ein Privatraum, der nur gelegentlich geöffnet ist. Wer also Interesse hat, in einem feinen, kleinen und sehr originellen Rahmen zu feiern oder selbst Veranstaltungen durchzuführen, ist herzlich willkommen und meldet sich am besten auf brentanoserben@online.de. WIESBADENER
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Zum wirklich fairen Preis kann man sich hier einmieten und alle Vorzüge der Kulturkapelle nutzen. Dass man in der „Monta” zudem noch glücklich wird, behauptet Bärbel Klein, bekannte Wiesbadener Bloggerin, die eben in der Glücksreihe des Düsseldorfer Droste-Verlages ein Buch über ihre ganz persönlichen „Glücksorte in Wiesbaden” (so der Titel) veröffentlicht hat. Ob es das „Buch für echte Glückskinder” wird, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall ist Bärbel Kleins Auflistung und Beschreibung von 80 Glücksorten in der hessischen Landeshauptstadt ein kurzweiliges und unterhaltsames Lesevergnügen – gerade dann, wenn man unter den geläufigen Adressen auch auf
Glücksorte stößt, die einem bisher als solche nicht bekannt waren und die nun entdeckt werden möchten. In diesem Sinne ist das Buch mit seinem ungewöhnlichen Ansatz eine wunderbare Ergänzung zu allen gängigen Stadtführern. Kulturstätte Monta Schuberg 7-9 (Heidenmauer/Römerberg) 65183 Wiesbaden-Mitte www.kulturstaette-montabaur.de Bärbel Klein: Glücksorte Wiesbaden Droste-Verlag, Düsseldorf
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FAUST-Preisträger Stephan Thoss, Intendant Tanz am Nationaltheater Mannheim. Ambrotypie: Michael Lebed
„Alle Kunst ist völlig nutzlos” Das faszinierende Tanzstück „Dorian“ nach Oscar Wilde hatte gefeierte Premiere am Nationaltheater Mannheim
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lick in die Stadt der Quadrate, wo am Nationaltheater Mannheim Stephan Thoss als Tanzintendant der aktuellen Spielzeit das Motto Künstliche Intelligenz gab. Der mehrfach gewürdigte Tänzer und Choreograf war bis 2014 Ballettdirektor des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden, wo er 2007 für „Giselle M.“ (Chemnitz) den Theaterpreis Der FAUST bekam. Giselle M: wurde von Ina Brütting getanzt, aktuell am NTM für Tanz-Dramaturgie, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig.
tanzende „Diva“ Emma Kate Tilson hat einen Eulenspiegel der Selbst-Erkenntnis parat. Augenzwinkern inklusive. Die vierfache Diva in blutroter Robe brennt sich hinter die Netzhaut. Der feinsinnige Choreograph (und erfahrene Tänzer) Landerer hat genau hingesehen. Er nimmt uns mit in einen (Museums-)Raum mit Namen Dorian, dessen Kunst-Werke sich auf Oscar Wilde beziehen. Faszinierende Charakterstudien der „üblichen Ver-
dächtigen“ des Kunstbetriebs. Mucksmäuschenstille. Das PremierenPublikum ist gebannt. Die Spannung löst sich erst nach einem Moment in tüchtigem Applaus für alle Mitwirkenden. Es ist ein berührender Abend, der die Leute miteinander ins Gespräch bringt. Chapeau. Sehr berührt zeigt sich bei der Premierenfeier auch Stephan Thoss. Der Tanzintendant selbst ist ein sehr musikalischer Choreograph und ein feinfühlig sensibler Charakter ist er auch. Sympathisch offenherzig bekennt er: „Musik macht sehr viel mit mir. Es ist manchmal schlimm. Ich kann mich nicht wehren, sie berührt sehr tief. Ich nehme mir immer viel Zeit für die Musik, die mich durchträgt.“ Um die Realität künstlicher Intelligenz, die „faszinierende Beziehung zwischen Mensch und Mechanik, Leben und Kunst, Artefakt und Organismus“ geht es Stephan Thoss in dieser Spielzeit. Und die geht mit einer „Schöpfungs-Geschichte“ ins neue Jahr, die einen Clou verspricht. Am 15. Februar 2020 greift im „Next Paradise“ ein Quartett an den umschlängelten Baum der Erkenntnis. Vier Choreografien fügen sich in einem Bühnenraum zur Kreation zusammen. „Gastgeber“ Thoss deutet schwebende Projektionsflächen mit Lichtfugen an und einen „Kulturcrash“. Moderner Tanz trifft barocken Sound, von Daniel Lett / Wiesbaden komponiert. „Der mit der Kugel tanzt“ ist der Isländer Frank Fannar Pedersen („var“). Erion Kruja (Hofesh Shechter Company) bespielt den leeren Raum mit ausgeklügeltem Licht. Vierter im Bunde ist Taulant Shehu aus Albanien (Hessisches Staatsballett). Er kommt mit einer „Lichtwolke“ ins nexte Paradies. „Möge die Übung gelingen!“ Gesine Werner
Das Dreamteam kann „Dorian” als erfolgreiche Premiere feiern: Min Li (Kostüme), Tanzintendant Stephan Thoss, Choreograph Felix Landerer, Till Kuhnert (Bühne) und Lichtdesigner Damian Chmielarz (von links) im Nationaltheater Mannheim. Foto. Gesine Werner
Felix Landerer macht zum vielschichtigen Musiksound von Christof Littmann ein partiell kabarettreifes Angebot, das wir nicht ablehnen können. Der Großteil des Publikums ist äußerst angetan. Doch einem Zuschauer fehlt der „richtige Tanz“, ein anderer vermisst „das Bildnis“ und wartet auf Dorian Gray. Der lässt sich einfach nicht blicken. Der Museumsaufseher mampft eine Stulle und macht das Licht aus. „Alle Kunst ist völlig nutzlos“ - steht so in Oscar Wildes Vorwort. Das hervorragende Tanz-Ensemble um die akrobatisch 34
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mit Weitblick. David Gieselmann wurde mit seinem Stück „Herr Kolpert” bekannt und erhielt für seine Arbeiten bereits mehrere Preise. Die beiden haben gerade mit den Proben ihres Stückes begonnen, das nun „Casino – ein Political” heißt und das wie vorgesehen Ende Januar 2020 uraufgeführt werden soll. „Political” ist ein sogenanntes Kofferwort, gebildet aus den Wörtern „Politik” und „Musical”, was vermuten lässt, dass die Wiesbadener ein nach Art eines Musicals inszeniertes Stück erleben werden, in welchem die tragikomischen Elemente dominieren. Wertvolle „Schützenhilfe” während ihrer Recherchen erhielten die beiden vom FAZ-Redakteur Ewald Hetrodt, der sein Jahre lang gesammeltes Insiderwissen im Oktober als Buch unter dem Titel „Die Unverfrorenen” veröffentlichte, in dem er eine politische Kultur und ihre Akteure beschreibt, welche die Stadt als Beute betrachten und sich ungeniert und hemmungslos bereichern. Die erste Auflage war in kürzester Zeit vergriffen, so sehr hat dieser „Politkrimi” (Verlagswerbung) die Wiesbadener elektrisiert.
Das große Spiel – wird der Schnellschuss zum Volltreffer?
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aren es hellseherische Fähigkeiten, die Anfang Januar 2019 den Intendanten des Wiesbadener Staatstheaters dazu bewogen, ein Theaterstück unter dem (damaligen) Arbeitstitel „Wiesbadener Geschichten” für den Januar 2020 anzukündigen? Zu diesem Zeitpunkt verwandelte sich Wiesbaden dank eines mehrfachen Fehlverhaltens des amtierenden Oberbürgermeisters Sven Gerich gerade wieder mal in „Filzbaden” – und Theaterchef Uwe Eric Laufenberg sah in den (realen) Abgründen der Wiesbadener Kommunalpolitik reichlich Stoff für ein (fiktives) Bühnengeschehen. 36
Darin kennt sich Laufenberg aus, hat er doch schon 2013 in seinem Roman „Palermo” die selbst erlebten tolldreisten Kapriolen des Kölner Polit – und sonstigen Klüngelns fiktionalisiert. „Theater hat die Aufgaben, Themen anzufassen, die Menschen wirklich bewegen”, lautet sein Credo, und so hat er schon frühzeitig den freien Regisseur Clemens Bechtel und den Dramatiker David Gieselmann beauftragt, ein aktuelles Stück über die aktuellen Wiesbadener Skandale, über Korruption und illegale Machenschaften in der Kommunalpolitik zu inszenieren. Clemens Bechtel ist einer der wichtigsten Regisseure für ein Theater der aktiven Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit und für ein Theater
Im Januar wird sich nun zeigen, wie die Bühnenfassung der politischen Ungeheuerlichkeiten ankommt, ob sie die „große theatrale Kraft” (Bechtel) dieser Ereignisse vermitteln kann – und ob die Akteure ebenso mit Klarnamen genannt werden wie im Buch. Die Uraufführung wird aller Wahrscheinlichkeit nach, so wie die Erstauflage, ausverkauft sein, und die Wiesbadener dürfen darauf hoffen, dass „Casino” nicht nur ein Schnellschuss, sondern auch ein Volltreffer sein wird. Auf jeden Fall ist es ein weiteres gutes Beispiel dafür, dass das Theater zügig auf aktuelle Ereignisse reagieren und sie vertiefen kann. Ob es mit der Aufklärung der realen Machenschaften ebenso zügig vorangehen oder sie einfach im Sande verlaufen wird wie oftmals geschehen – das wäre dann Stoff für ein weiteres Stück. Schauspiel Wiesbaden Uraufführung Kleines Haus: Casino – Ein Political von Clemens Bechtel und David Gieselmann am 19.01.2020. Ewald Hetdrodt: Die Unverfrorenen – Wie Politiker unsere Städte als Beute nehmen; Verlagshaus Römerweg, Wiesbaden WIESBADENER
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KULTOUREN
Bei den Tatorten Kunst zeigen Birgit Reimann und Rebekka Klaucke tragbare Tagträume wie Yoshitoshis „Wada Yujira” auf dem Seidenkleid, die sinnträchtig in Szene gesetzt sind.
Die Reise durch die junge Malerei macht mit „Jetzt!” Station in Wiesbaden und bringt auch Kostüm-Bilder mit. Mona Ardeleanu zeigt eigenwillige „Körper” in altmeisterlichem Stil.
Motive werden rückwärts getragen
Wir starren Löcher in die Wand
Galerie E14 macht bei den „Tatorten Kunst” Furore mit einer pfiffigen Gemeinschaftsaktion Der Kunstrundgang „Offene Ateliers” wartete in der elften Version mit spannenden Entdeckungen auf. Einer der „Tatorte Kunst” war heuer die Galerie E 14. Diese „Werkstätten im Kunstraum” (Eltviller Straße 14) werden von Rebekka Klaucke (Requisiteurin), Birgit Reimann (tagtraum tragen), Bärbel Klaesius (Blaukraut), Andrea Reimann Grossinho (Hut & Feder) und Kostümbildnerin Heike Korn getragen. Anfang des Jahres bekam E14 kreativen Zuwachs. Vitalis Kubach ist Edelstein- und Schmuckdesignerin. Bei E14 hatte schon der Staatstheater-Schauspieler Uwe Kraus-Fu als Bildender Künstler 2018 erfolgreich Premiere und stellte kürzlich neue Werke aus (siehe kult.uwekraus).. Am Tatort Kunst gastierte Iris Kaczmarczyk mit „Fotografie”, die ohne Kamera entstanden ist. Als „Installation” bezeichnen Birgit Reimann & Rebekka Klaucke ihre originelle Gemeinschaftsarbeit, die mit augenzwinkerndem Pfiff für sich einnimmt. Schneidermeisterin Reimann offeriert mit ihren sinnlichen Unikaten das „Tagtraum tragen”. Frage: „Ist ein Kleid nur ein Kleid?” Bei ihr lässt sich ein Kleid „hören”, wenn es „zum Leben” erweckt ist. „Genieße das Unerwartete, erweitere den eigenen Blickwinkel”. Kunst am Körper. Mit ihrer neuen Kollektion trägt sie „bekannte Kunstwerke in den öffentlichen Raum”. Das Gemeinschaftsprojekt fesselt am „Tatort” das Auge. „Ein Motiv wird in einem Foto rückwärts getragen es korrespondiert mit der Szene.” Genauso ist es. Rebekka Klaucke sorgt als feinfühlige Requisiteurin hinter den Kulissen des Musentempels für das Gelingen von Schauspielproduktionen. Auf großformatigen Fotografien setzt sie tragbaren Tagträume gewitzt in Szene. Die Botticelli-Venus mit Taucherbrille auf der Kapuzenjacke gehört natürlich ins Schwimmbad. „Kunst tragen, ohne die Persönlichkeit zurückzudrängen!” www.tagtraum-tragen.de Text und Foto: Gesine Werner 38
Museum Wiesbaden zeigt „Jetzt!” und bietet eine Reise durch die „Junge Malerei in Deutschland” Das gab´s noch nie – sieben Fachleute in 4 Städten kuratieren 500 Werke von 53 Künstler*innen und stellen die ausgewählten Werke - mit einer Ausnahme - zeitgleich in ihren Häusern aus. Parole: „Jetzt! Junge Malerei in Deutschland“. Kaum hat sich die spektakuläre Sohlberg-Retrospektive mit der ikonischen „Mittsommernacht“ aus dem Museum Wiesbaden verabschiedet, lädt ein spannender Überblick zur Begutachtung ein. Neben dem Kunstmuseum Bonn und den Kunstsammlungen Chemnitz – Museum Gunzenhauser ist Wiesbaden ein Hotspot des Ausstellungsprojekts. Anfang Februar 2020 kommen die Deichtorhallen Hamburg dazu. Zur Vernissage „seiner“ Schau in der Hansestadt hat der Wiesbadener Kurator nur ein paar Schritte nach „nebenan zu gehen“. Dr. Alexander Klar ist als Direktor an die Kunsthalle Hamburg gewechselt (wir berichteten). „Der Rundgang in Wiesbaden ist nicht thematisch gegliedert, sondern arbeitet in 15 Ausstellungsräumen mit den 164 gezeigten Werken die unmittelbaren Beziehungen zwischen den künstlerischen Positionen heraus.“ Es muss nicht immer das zweidimensionale Tafelbild sein. Quicklebendig ist die Malerei heute. Die jungen Künstlerinnen und Künstler sind rund um die 40 und sie sind so frei, und scheren sich nicht um irgendwelche Konventionen. Franziska Reinbothe gewährt einem schwarzen Quadrat „legere Haltung“, ein anderes Bild nimmt sie auseinander und klappt es zusammen. Jens Einhorn geht schon mit seinen Titeln „Ein(en) Schritt weiter“ und macht Lust aufs genaue Hinsehen: „Wir starren Löcher in die Wand“. Dana Greiner ergänzt die Leinwand bei „struggle of strenght“ mit roten Fransen, die am Boden das Wort „Querelle“ formen. Die „Körper“ von Mona Ardeleanu faszinierend als Kostüm-Bilder mit sinnlicher Ausstrahlung in geradezu altmeisterlicher Plastizität. „Am Ende zählt, dass ein gutes Bild herauskommt“, meint NeuHamburger Dr. Klar. Die Schau ist bis 19. Januar 2020 zu sehen. Text und Foto: Gesine Werner WIESBADENER
IV/2019
KULTOUREN
Um ihre „Freiheit” müssen die jungen Leute in der DDR ganz schön kämpfen, wie das Theater-Projekt „NeueSzeneLeibniz” mit dem Stück „Weggesperrt” bei den Wiesbadener Burgfestspielen mit viel Engagement zeigten.
Dr. Renate Moering präsentierte mit Dr. Konrad Heumann und Dr. Jasmin Behrouzi-Rühl sowie Verlegerin Ursula Reichert (von links) den neu editierten Briefwechsel von Bettine Brentano und Achim von Arnim.
Gefangen ist nur, wer sich selbst einsperrt…
Von Lesefehlern, kleinen Sünden, und einer „schönsiegelnden Barbarin”
Spannendes Theaterprojekt der Leibnizschule zu Gast bei den Wiesbadener Burgfestspiele in Sonnenberg Ost und West sehnten den Mauerfall Jahrzehnte lang herbei. 1989 war die deutsche Teilung endlich Geschichte. 30 Jahre später widmen sich Nachgeborene in der Theater-AG der Leibnizschule unter Leitung von Fachlehrerin Astrid Nagtegaal und Regisseurin Christa Leiffheidt der bis heute nachwirkenden jüngsten Vergangenheit. Wie war das denn nun wirklich in der DDR? Warum sperrt ein Staat seine Bürgerinnen und Bürger ein und nennt das „Schutzwall“? Welche Musik wurde hüben und drüben gehört? Und was heißt hier: „Gefangen ist nur, wer sich selbst einsperrt“? Die „NeueSzeneLeibniz“ war zu Gast bei den Kulturprofis des „Wiesbadener Burgfestspiele e.V.“ mit dem Stück „Weggesperrt“ oder „Die erhoffte Freiheit“ nach dem Roman von Grit Poppe in der Bühnenfassung von Jaqueline Frittel. Nein, „niemand hatte die Absicht, eine Mauer zu errichten“ und geheime „Umerziehungslager“ gab es auch nicht. Klar, die Erde ist eine Scheibe. Und wer nicht partei-stromlinienförmig parierte, hatte mit Denunziation - auch in der eigenen Familie - zu rechnen, und mit brutalen Sanktionen. Selbst bei Schulkindern, Halbwaisen oder Pubertierenden gab es kein Pardon. In Arrest wegen kleiner Vergehen (sie wollte abhauen) muss Anja schnell lernen: „Das Wort „ich“ existiert hier nicht!“ herrscht sie die Wärterin Feist an: „Du bist hier in Torgau. Sprich mir nach: Jugendliche Sander. Eingewiesen in den Jugendwerkhof Torgau…wegen tätlichen Angriffs und terroristischer Handlung gegen die Organe der Jugendhilfe.“ Und das ist erst der Anfang. In die spannende Inszenierung sind Details als Schmankerl für Eingeweihte eingebaut wie Rilkes „Panther“, ARD- Tagesschau mit Wilhelm Wieben und Schabowskis legendärem „unverzüglich“. Rollende Steine gibt es auch: „We will rock you!“ Die Jugendlichen zwischen 13 und 18 Lenzen sind erfreulich textsicher mit viel Emphase bei der Sache. Zum guten Schluss reißen alle den angeblichen „Schutzwall“ ein. Sogar ein Trabbi rollt über die Bühne und ein Kind im Publikum staunt lautstark. Das seltsame Gefährt wird dem Knaben dann von Erwachsenen erklärt. www.wiesbadener-burgfestspiele.de Text und Foto: Gesine Werner WIESBADENER
IV/2019
Renate Moering stellt Briefwechsel Achim von Arnim & Bettine Brentano im HinterhofPalazzo vor Schwerter zu Schwestern. Aber „Praktiken“ der „Seidenbereitung“ von „Keramik“ als „kleine Sünden“? Und Bettine Brentano nennt Achim von Arnim „Langsalm oder Kurzsalm“ und „Du impertinenter Jüngling“? Des Rätsels Lösung hatte eine vergnüglich halbszenische Lesung von Dr. Jasmin Behrouzi-Rühl und Dr. Konrad Heumann im voll besetzten HinterhofPalazzo parat. Das Goethehaus Frankfurt war im Wiesbadener Westend zu Gast. Eine Art Ritterschlag für die Vielsaitigskeits-Künstlerin Mary Lou Sullvan-Delcroix, die eingebunden ist in das Oral history-Projekt „Erlebte Geschichte & Geschichten“ des Stadtarchiv-Fördervereins. Germanistin Dr. Renate Moering – auch Herausgeberin der historisch-kritischen Arnim-Ausgabe in Weimar - stemmte eine Mammutaufgabe, forschte jahrzehntelang und stellte die wertvolle Brief-Edition schon auf der Frankfurter Buchmesse, der Humboldt-Uni und im Brentano-Haus vor. Die frühere Leiterin der Handschriftenabteilung des Goethemuseums bewies hartnäckig akribische Spürnase und machte Lesefehlern den Garaus. Farbige Ausdrucke von Illustrationen und Bildern der Edition schmückten die Bühne, auf der Bettine und Arnim, Eltern von sieben Kindern und lebenslanges „Traumpaar der Romantik“, Briefe und kleine Aufmerksamkeiten tauschte. Der Schriftsteller aus preußischem Adel und die genialische Frankfurter Kaufmannstochter schrieben sich zeitlebens. „Sie wortkarge, silbensparende, Papierabschneidende, Tintennichtvergießende, schönsiegelnde Barbarin“ wird Bettine angeschmachtet. Über 800 Briefe und „erotische Gedichtbilette“ hat der Wiesbadener Dr. Ludwig Reichert Verlag vollständig nach sämtlichen Autographen und Illustrationen herausgebracht. Verlegerin Ursula Reichert startet mit diesem „Glanzstück editorischen Verlegens“ (Professor Dr. Heinz Rölleke) in das 50. Jahr ihres Verlages. Bücherfreundin Claudia Günther aus Frankfurt hatte zum Goldjubiläum eine Geburtstagstorte gezaubert, die nach der Lesung mit dem Publikum genüsslich verzehrt wurde. www.hinterhof-palazzo.de Text und Foto: Gesine Werner 39
KULTOUREN
Der Alte Dom St. Johannis zu Mainz steht für oekumenisches Miteinander. Jetzt ist es „amtlich”. In dem 1000 Jahre alten SteinSarkophag im Zentrum der Johanniskirche ist Erzbischof Erkanbald bestattet.
Gut bei Stimme und voller Spielfreude mischte das Ensemble Opera etcetera um Startenor Keith Ikaia-Purdy (rechts) das Prunkfoyer auf.
Archäologie-Geheimnis um den Sarkophag ist gelüftet
Ein spielfreudiges Ensemble ist bestens bei Stimmung
Der frühere Mainzer Erzbischof Erkanbald liegt seit 1000 Jahren im Alten Dom St. Johannis zu Mainz
Startenor Keith Ikaia-Purdy sorgt mit „Opera etcetera“ für Schwung
„Er ist es! Im Sarkophag liegt Erkanbald.“ Die Sensation ist perfekt. „Eine über 1000jährige Forschungsdebatte ist beendet. St. Johannis war Kathedrale bis 1036.“ Seit der Öffnung des zentral platzierten Sarkophags im Alten Dom St. Johannis zu Mainz im Juni wurde spekuliert und vermutet. Jetzt ist es „amtlich“. Die Interpretation von Textilien (Beinlinge, Untergewand, Kasel und Pallium) und die C14-Datierung der sandalenförmigen Pontifikal-Schuhe aus Ziegenleder durch Textil-Restauratorin Anja Bayer/Abegg-Stiftung legen den Schluss nahe: Im Sarkophag kann nur ein Erzbischof liegen, der um Anno 1000 im Gotteshaus bestattet wurde. „Damit ist klar, es muss der Willigis-Nachfolger sein – Erzbischof Erkanbald“. Wohl als erster hatte sich der von 1011 bis 1021 amtierende Erzkaplan und Erzkanzler am Hofe Heinrich II. seinen Bestattungsplatz in der Amtskirche gewählt. Die Befunde bestätigen die Kirche neben dem Dom als Alten Mainzer Dom.
Von wegen „Lippen schweigen…“ Das tun sie eben nicht im vierfarbbunt dekorierten Ambiente des Musentempels. Wenn die Fledermaus die Lustige Witwe trifft und Gräfin Mariza „New York, New York“ singt, klingt das nach Auf-Tritt von Goldkehlchen der Sparte Opera et cetera. Und wie. Mal eben das Publikum um den Finger gewickelt und es liegt ihnen zu Füßen, summt leise mit und schunkelt, was das Zeug hält. Das musikalische Feuerwerk zündet.
Der herausragende Amtsvorgänger Willigis hatte sich schon nicht mehr außerhalb der Stadtmauern, dennoch an der Peripherie bestatten lassen, in St. Stephan. Das historische Ereignis der Graböffnung zog in Mainz Fachleute und scharenweise Publikum in den Bann. Im Alten Dom St. Johannis zu Mainz, seit 1830 evangelisches Gotteshaus und auf römischen Profanbauten basierend, wurde der 1000 Jahre alte Steinsarg geöffnet und Tage später in einer ökumenischen Andacht geschlossen. „Die Resultate sind in ihrer Tragweite beachtlich, auch für die Stadtgeschichte von Mainz im ersten Jahrtausend.“ Archäologe Dr. Guido Faccani leitet seit 2015 die Grabungen. 2017 wurde eine Sarkophag-Ecke freigelegt. Die Grabungskosten von rund 7 Millionen Euro tragen Evangelische Kirche, Land und Bund. Öffnung und Forschung finanziert das Bistum Mainz. 2015 übergab Bischof Kardinal Lehmann die Spende von 100.000 Euro an die EKHN. Das Römisch-Germanische Zentralmuseum stellte unentgeltlich Fachkräfte bereit und führt Untersuchungen kostenfrei durch.
Das junge Ensemble von Keith Ikaia-Purdy vereint gut studierte Profis, die sich mit spürbarer Leidenschaft ins Zeug legen. Jessica Fründ und Elizabeth Magnor („O mein Papa…“), Tyrone Chambers, Alex Winn und Timon Führ sind bestens bei Stimme. Die Augen hören mit, denn spielfreudig sind sie auch. „Ein Prunkfoyer voller Narren“ wird gekonnt szenisch bespielt - von der Show-Treppe quer durchs Parkett. Ein Zwischen-Stopp am Tisch ist auch mal drin. Das Publikum amüsiert sich wie Bolle. Und mucksmäuschenstill ist es, als Tyrone Chambers zu Porgy wird: „Ain´t necessarily so“. Opera etcetera hat ein breit gefächertes Repertoire von Oper bis Folklore und Popsongs parat. Ob DinnerShow oder munterer Start in die Jubiläums-Kampagne des Carneval Clubs Wiesbaden -ausgefeilte Dramaturgie ist Ehrensache. „Im Feuerstrom der Reben. Stoßt an, stoßt an!“ Keith Ikaia-Purdy, der Sympathieträger mit dem warmem Timbre, ist als „leuchtender Stern am Tenorhimmel“ auf den größten Bühnen der Welt gern gehörter Gast von MET bis Covent Garden. Seine Berlioz-Totenmesse unter Sir Colin Davis bekam ECHO Klassik und Diapason d`or .Wiener Staatsoper war gestern, jetzt Kiedrich im Rheingau angesagt. Eingeweihten ist er ein Begriff. Seine intensiven Partien mit KS Eike-Wilm Schulte oder Sue Patchell sind unvergessen. Jetzt leitet er das Rheingau Institute of vocal Arts. Das fruchtet hörbar. Text und Foto: Gesine Werner
Text und Foto: Gesine Werner 40
WIESBADENER
IV/2019
KULTOUREN
Vielfach ausgezeichnet, enorm wandlungsfähig und immer mit Herz und Seele dabei. Schauspielerin und Regisseurin Chris Pichler macht auch „backstage” aus ihrer Leidenschaft für die Bühne keinen Hehl.
„Ronja Räubertochter” bringt in der hinreißenden Mainzer Version die Erwachsenen auf den richtigen Weg. Anika Baumann ist Ronjas liebevoll energische Mutter Lovis, die sich auf den sympathisch knorrigen Glatzen-Peer (Martin Herrmann) verlassen kann.
Kaiserin der Herzen und zwei Gesichter einer Frau
Ronja for future
Wiener Schauspielerin Chris Pichler bringt Sissi und Romy zur Weihnachtszeit nach Wiesbaden Wenn es um den „gefährlichen Duft der Liebe“ von Marilyn Monroe, um Romy Schneider als Frau mit zwei Gesichtern und um Sisi als „Kaiserin der Herzen“ geht, kann die (Lob-)Rede nur von Chris Pichler sein. Die vielfach preisgewürdigte Aktrice zeigte, „wie Shakespeare zu Romeo und Julia kam“, debütierte als Opernregisseurin mit Alessandros „La Giuditta“ und wurde beim „Singing Summer“ der Mainzer Hochschule für Musik zur „Schönen Magelone“. Die Internationalen Maifestspiele beglückte sie als Wolferl und trotzte der frühen Stunde. „Amadeus! Wolfgang in Deutschland, Amadeo in italien de Mozartini“ war die Devise bei Herrn Trazom. „Ich bin kein Dichter, ich bin kein Maler. Ich kann es aber durch Töne.“ Das hinreißende Schmankerl wurde empfindsam dargeboten. Das Wiener Schauspiel-Allroundtalent mit Herz ist immer ein Vergnügen für Auge und Ohr. Gut recherchierte Porträts spannender Persönlichkeiten sind das Pichler- Markenzeichen. . Norma Jean Baker macht aus ihrem Herzen keine Mördergrube. „Ich – Marilyn“ ist Chris Pichlers eindrückliche Hommage an die Ikone Monroe, die lange nachhallt. Romy lebt. Als facettenreiche Studie, die unter die Haut geht, kommt „Romy – Zwei Gesichter einer Frau“ wieder einmal nach Wiesbaden - wo sie im „Weißen Flieder“ihr Filmdebüt gab. Chris Pichler ist als Romy schlicht ein Erlebnis. Kein Kitsch, nirgends. Ein zutiefst berührender Geniestreich mit Langzeitwirkung ist ihr mit „Sissi goes Elisabeth - Kaiserin der Herzen“ gelungen. Die Virtuosin der Wandungsfähigkeit zeigt die Kaiserin, die als Gräfin von Hohenlohe durch den Biebricher Schlosspark ritt und im Hotel Vier Jahreszeiten abstieg, als feinfühlige Frau. Hinter den Kulissen war die offenherzige Regentin nicht zu beneiden Friseuse Fanny kommt auch zu Wort. Chapeau! Am 25. und 26. Dezember steht „Sissi goes Elisabeth“ auf dem Spielplan. Am 28. Dezember ist „Romy – Zwei Gesichter einer Frau“ im Studio zu Gast. Text und Foto: Gesine Werner WIESBADENER
IV/2019
Astrid Lindgrens weitsichtiges Kinderbuch über die „Räubertochter” als spannendes Weihnachtsstück in Mainz Ein Weihnachtsstück kann ganz schön aktuell sein wenn es ein Buch von Astrid Lindgren mit Spielwitz auf eine märchenhafte Bühne bringt. Am Mainzer Musentempel kommt „Ronja Räubertochter” mitreißend bis zur pfiffig choreografierten Applaus-Ordnung (!) daher. Erst gilt Kreisch-Alarm, später fordern die Kinder „Zugabe!” und wollen nicht aus dem Saal. Bei der Premierenfeier machen AutogrammJägerinnen und Selfie-Fotografen reiche Beute. Zuvor hat Räuberhauptmann Mattis „ein Kind gekriegt”. Lovis hat in der Gewitternacht Tochter Ronja (die Greta heißen könnte) geboren. Die macht als Jugendliche mit dem eigentlich „verfeindeten” Räubersohn Birk im Hambacher Forst-Wald aus der Bärenhöhle ihr Domizil. Endlich kapieren es Altvordere: „Heute hat man bei seinen Kindern nichts mehr zu melden. Die machen, was sie wollen. Damit muss Mann sich abfinden.” Die Inszenierung von Regisseurin Asli Kislal sprüht Funken über die Rampe. Pädagogischer Zeigefinger – Fehlanzeige. Das Haus wird von Schulklassen bevölkert, die lautstark mitgehen.. Erwachsene sind amüsiert und von der Poesie berührt. So geht Weihnachtsmärchen heute: Eine märchenhaft bezaubernde Interpretation, spannend und anrührend mit szenischem Witz und Slapstick. „Achtung - rollende Steine!“ Die Großen kommen aus dem Augenzwinkern nicht raus. Und „mozärtlich“ pfeift die „Königin der Nacht“. Bei der Produktion „im Zeichen der grünen Bewegung“, stimmt einfach alles. Kompliment an Regisseurin Asli Kislal und die „Wiener Gang“. Birgit Kellner & Christian Schlechter/ Ausstattung und Musiker Uwe Felchler. Peter Maier setzt gekonntes Licht. Gesa Geue ist Ronja, Simon Braunboeck ist Birk. Anika Baumann ist Lovis und Vincent Doddema Vater Mattis. Borkachef ist Johannes Schmidt. Gili Goverman (tanzmainz!) ist Undis mit choreografischem Schwung. Martin Herrmann ist ein liebenswert knorriger Glatzen-Peer. Das Ensemble ist spielfreudig und kredenzt Kabinettstückchen. Hingehen! Text und Foto: Gesine Werner 41
KULTOUREN
Oscar-Preisträger Thomas Stellmach („Quest”) ist Stammgast beim Internationalen Trickfilmfestival Wiesbaden und bietet Anfang Januar 2020 im Theaterstübchen Kassel einen Blick hinter die Kulissen. Der Ausflug nach Oberhessen lohnt sich.
Oscarpreisträger zeigt trickreich laufende Hochkaräter
Dementia - Nachrichten von einem anderen Stern. Der Schauspieler und Regisseur Uwe Kraus-Fu zeigt in der Galerie E 14 seine vielschichtigen Materialcollagen und Übermalungen.
Nachrichten von einem anderen Stern
Thomas Stellmach bittet zum Trickfilm-Frühstück ins Theaterstübchen Kassel
Uwe Kraus-Fus berührende Ausstellung „Dementia“ in der Galerie E14
Fast könnte er als „Wahl-Wiesbadener“ gelten. Thomas Stellmach seit langem treuer Stammgast des Internationalen TrickfilmFestivals. „Es ist ein kleines Festival, bei dem sich Gäste persönlich kennen lernen können. Auf großen Festivals weltweit heißt es oft unter Kollegen: Weißt Du noch, in Wiesbaden…“ Auch diesmal kam der Oscarpreisträger („Quest“, 1997) aus Kassel, traf auf Alexandre Espinages („Mr. Hublot“) und geriet ins Fachsimpeln mit dem „Oscar“-Kollegen über Erlebtes hinter den Kulissen. Die 21. Version des Internationalen Tickfilmfestivals bot schwelgerisches Vergnügen an Lichtkunstwerken im Biebricher Filmschloss und im Caligari, das historische Kino „Ufa im Park“. Mit dem „Kulturpreis der Landeshauptstadt Wiesbaden“ gewürdigt, ist das GründerInnen-Paar Joachim Kreck & Detelina Grigorova-Kreck integriert in das Oral history-Projekt „Erlebte Geschichte(n)“ des Fördervereins Stadtarchiv Wiesbaden. „The sausage run“ ist der Arbeitstitel von Thomas Stellmachs neuem Streich, an dem der Produzent, Regisseur, Drehbuchautor mit Kris van Alphen& Nancy Bens (Animation) und Aike Arndt (Hintergrunddesign) arbeitet. Trickfilm-Ikone Paul Driessen gewann er für das Story-Development. Rotkäppchen verdreht: An das Märchen angelehnt, wird die Story erzählt mit eigenhändigen Nachbauten der um 1834 erfundenen „Wundertrommeln“ Zoetrope, Vorläufer des Filmprojektors. Witzig und etwas „fies“ könnte es werden, „Chicken Kiew“ lässt grüßen. Ein Blick auf die ersten Sekunden des Kurzfilms macht Lust auf mehr vom „Rennen um die Wurst“. Musik spielt eine große Rolle. Der Experte lässt ins Nähkästchen gucken. Am Sonntag, 5. Januar 2020, bittet er um 10 Uhr ins Theaterstübchen in der Kasseler Jordanstraße. Nach drei ausverkauften Veranstaltungen prima Gelegenheit, zu spicken. Am Messingskelett der Quest-Figur aus porösem Latexschaum sind ein paar Schrauben locker, es ist schließlich das Original. Thomas Stellmach erzählt Anekdoten, und zeigt das „Making of The spinning animation workshop“. Der frühe Vogel fängt den Wurm: Für Gäste mit Appetit auf Frühstück empfiehlt sich der Einlass um 9.30 Uhr. P.S. Die DVD „Best of Complete“ ist ein Schmankerl von Thomas Stellmachs ausgezeichneten IndependentFilmen. www.stellmach.com – thomas@stellmach.com
Jetzt malt er auch noch...war im vergangenen Jahr zu vermelden. Als bildender Künstler hatte Uwe Kraus-Fu Premiere und zeigte Materialcollagen als Aufforderung zum genauen Hinsehen. „Wenn Du geprobt hast, bleibt Dir nichts zum Anfassen“, sinnierte der „vielsaitig“ Kreative aus Plauen im Vogtland, der bewusst mit Fundstücken arbeitet. „Alles hat schon ein Leben hinter sich.“
Text und Foto: Gesine Werner 42
Am Musentempel beeindruckt der wandlungsfähige Schauspieler in prägnanten Rollen wie dem „kopflosen“ Sir Simon im „Gespenst von Canterville“. Als Regisseur wurde Uwe Kraus schon zu seiner Zeit in Ulm und Osnabrück gefeiert. Das ist eine andere Geschichte und die sollte unbedingt weiter geschrieben werden. Worauf warten? Kürzlich zeigte Uwe Kraus-Fu aktuelle Arbeiten in der Galerie E 14. Die „Werkstätten im Kunstraum“ sind das Domizil von Rebekka Klaucke, Birgit Reimann, Bärbel Klaesius, Andrea Reimann Grossinho und Heike Korn. Bei der Vernissage kredenzte Uwe Kraus sinnträchtig gewählte Passage aus dem neuen Buch von Sasa Stanisic. Der Roman „Herkunft“ bekam den deutschen Buchpreis. Was Uwe Krau-Fu unter dem Titel „Dementia“ zeigt, geht unter die Haut. Das fängt bei den „Herzstücken“ an, die auf eigenhändigen Briefen basieren und auf eigenem Erleben. Der „Scherbentanz“ ist tatsächlich ein solcher aus Fragmenten einer Christbaumkugel. Die Collage steht für den Moment, „wenn alles zerbricht im Kopf…“ Achtung Persiflage. „Der Kuss“ von Klimt stand bei dem Zahnbürstenpaar Pate. Die „Dornenkrone“ ist ein Puzzle, das oben entschwindet. Die Schere, die nicht mehr schneidet & der Pinsel, der nicht mehr malt: „Nachrichten von einem anderen Stern“. Die „Tanzende“ auf einem Faltrollo löst sich in der Bewegung auf. Die Welt ist ihr entrückt. Der Schauspieler Kraus liest im Prunkfoyer des Staatstheaters beim Weihnachtskammerkonzert „Flöten- und Harfenklang“ am 8.12, am 14.12. und am 15.12., Beginn 15 Uhr. Text und Foto: Gesine Werner WIESBADENER
IV/2019
GAUMENKITZELEIEN
Ein Fest für Genießer
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WIESBADENER
IV/2019
Wohlfühlstunden
Viel Wellness für wenig Geld mit dem „Gutscheinbuch.de Saunablock” Im „Gutscheinbuch.de Saunablock” finden Erholungssuchende ausgesuchte Oasen der Ruhe. Fernab von Stress und Hektik des Alltags bieten Sauna- und Wellness-Gutscheine Gelegenheit zum Genießen und Entspannen. Das Magazin WIESBADENER verlost je 3 Exemplare für Regionen „Rheinland-Pfalz/Saarland” und „Hessen Süd”. Bitte beantworten Sie folgende Frage: Wenn Sie sich für „Rheinland-Pfalz/Saarland” interessieren: Wie viele Gutscheine sind insgesamt in der Ausgabe für Rheinland-Pfalz/ Saarland enthalten? Wenn Sie sich für „Hessen Süd” interessieren: : Wie viele Gutscheine sind insgesamt in der Ausgabe für Hessen Süd enthalten? Einsendeschluss ist am 18. Dezember 2019! Der Rechtsweg ist ausgeschlossen! Antwort unter Angabe der Adresse bitte an: mail@media-futura.de, Stichwort: Schlemmerblock – und die Region, die Sie gewinnen wollen.
Für Sauna und Salzgrotte zahlt der Partner zum Beispiel keinen Eintritt oder in der Therme ist die zweite Tageskarte gratis. Wunderschöne Saunalandschaften erkunden, sich einen Tag in der Therme gönnen oder in der Salzgrotte alles um sich herum vergessen. Mit hochwertigen 2:1-Gutscheinen lädt der neue Saunaführer zu kostengünstigen Kurzurlauben vom Alltag ein. Maximale Entspannung zum minimalen Preis ist hier die Devise. Gültigkeit Block: ab sofort bis 01.12.2020 „Gutscheinbuch.de Saunablock Rheinland-Pfalz/Saarland” und „Gutscheinbuch.de Saunablock Hessen/Süd” sind jetzt erhältlich zum Sonderpreis von 19,90 Eurostatt 34,90 Euro! (Code SBL20 bei telefonischen und Online-Bestellungen angeben und Block zum Sonderpreis erhalten, ab drei bestellten Exemplaren versandkostenfreie Lieferung). Erhältlich: im Handel, unter www.gutscheinbuch.de oder unter der Bestell-Hotline 01806 – 20 26 07 (20ct/Anruf aus dem dt. Festnetz, max. 60ct/Anruf aus dem Mobilfunk).
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GAUMENKITZELEIEN
In der Küche entstehen kulinarische Träume
Rheingau Gourmet-Festival Der Sternetreff im Rheingau
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as „Rheingau Gourmet & Wein Festival” setzt seit vielen Jahren den Maßstab für Genuss in höchster Qualität. Die besten Köche, national wie international, präsentieren vollendete Kochkunst, die berühmten Winzer zeigen ihre
großen Weine, dies alles in perfekter Abstimmung in einer wunderschönen Atmosphäre. Jährlich lassen sich mehr als 6000 Genießer bei dieser „Vollversammlung der Sterne” verwöhnen. Das Festival 2020 findet vom 20. Februar bis 8. März 2020 statt, sein Programm umfasst mehr als 50 Veranstaltungen, davon mehrere an einem Tag. Geboten werden von Vormittag bis in die Nacht hochkarätige Tastings, Lunches, Workshops, Master Classes, Cooking-Demonstrations bis hin zu Gala- und Raritätendinners. Die Akteure sind Sterneköche aus aller Welt sowie Winemaker führender Weingüter. Eingeläutet wird das Festival am 20. Februar 2020 mit der legendären „Welcome Party” in der phantastischen Atmosphäre von Kloster Eberbach: 9 nationale und internationale Spitzenköche kochen live: Die 2-Sterne-Köche
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Vincenzo Candiano** (Ragusa, Sizilien), Edwin Vinke** (De Kromme Watergang, Niederlande), der indische Superstar Vineet Bhatia (London), Südafrikas TV-Koch Reuben Riffel (Capetown) und die deutschen Sterneköche Benedikt Faust* (Kuno 1408 Rebstock, Würzburg), Carmelo Greco* (Ristorante Carmelo Greco, Frankfurt), Michael Kammermeier* (Ente im Hotel Nassauer Hof, Wiesbaden), Ralf Straubinger* (Burg Staufeneck, Salach) sowie Simon Stirnal, (Kronenschlösschen). 28 Weingüter aus dem In- und Ausland – alle von den Winzern persönlich vertreten – und 2 Live Bands (Krüger rockt! / Dr. Feelgood jr.). Während des 18tägigen Festivals präsentieren rund 40 Küchenchefs aus aller Welt, die zu den Besten zählen, spannende Themen und Trends. Einige Anregungen aus dem aktuellen Programm: „Low Carb – low fat” vom TV-Sternekoch Benedikt Faust* (26.2.), Trüffel & WIESBADENER
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GAUMENKITZELEIEN
Weine aus Sud-Ouest, autochthon aus Frankreichs Südwesten (27.2.), „Wein, Dine & Gesang” mit Opernsängern von der Staatsoper Berlin, der Oper Halle und der Metropolitan Opera, New York (28.2.), Galadinner „Sparkling´s Best” mit Shooting Star Jeroen Achtien* (6.3.), Soenil Bahadoer** aus Surinam/Niederlande & CALIFORNIA´S BEST (5.3.), Thomas Kellermann** & Weltklassewinzer Paul Hobbs, Wilhelm Weil, Erni Loosen, Philipp Wittmann (4.3.), Hummer mit Valery Mathis*, Ernos Bistro Frankfurt (3.3.), „Pfalz Lunch Staatsmännermenüs” & Stefan Neugebauer* (5.3.), TV Star Frank Buchholz & „California Lunch”(6.3.). Ein Besonderes unter den vielen Highlights ist das Weltraritätendinner am 22. Februar, bei dem Weine der Hessischen Staatsweingüter und von Mouton Rothschild aus fünf Jahrzehnten geboten werden. Nirgendwo sonst wird Haute Cuisine in dieser geballten Form zelebriert. Nach eigener Einschätzung ist das im Eltviller Hotel Kronenschlösschen stattfindende Rheingau Gourmet & Wein Festival das „Gourmetfestival Nr.1 weltweit”. Angesichts der allein im Jahr 2016 anwesenden 58 Michelin-Stern mag man das gerne glauben. Am 8. März 2020 swingt das Festival abends aus. Dann wird in allen Räumen des Kronenschlösschens die legendäre Haus- und Küchenparty gefeiert. Programm & Reservierungen und Übernachtungsarrangements auf: www.rheingau-gourmet-festival.de
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GAUMENKITZELEIEN
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er kräftig sein will, muss Fleisch essen? Der prominent besetzte Film „The Game Changers” zeigt, welche Power in pflanzlicher Ernährung steckt. „You hit like a vegetarian”, sagte Arnold Schwarzenegger mal in einem seiner Filme. Damals war der Spruch noch eine Beleidigung, heute ist er eine Auszeichnung, denn der Terminator isst selbst inzwischen pflanzlich und ist Aktivist für vegane Ernährung. Zusammen mit anderen Film- und Sportikonen wie Jackie Chan, James Cameron, Lewis Hamilton, Pamela Anderson und Novak Djokovic gehört er zu den Produzenten von „The Game Changers”, einer US-Kinodokumentation über vegane Hochleistungsathleten. Auf dem Sundance Festival 2019 feierte “The Game Changers” seine Weltpremiere und wurde für seine Verdienste bejubelt, auf eine spannende und informative Art den Zusammenhang von Leistungssport und gesunder Ernährung aufzuzeigen. „The Game Changers” (Regie führt Oscargewinner Louie Psihoyos) folgt der Geschichte von James Wilks, einem ehemaligen Mixed-Martial-Arts-Kämpfer, der heute Elite-Militäreinheiten trainiert. Im Rahmen einer schweren Verletzung fing Wilks an zu recherchieren, welche Ernährungsform für den Heilungsprozess am förderlichsten ist. Er stieß dabei auf eine Studie über römische Gladiatoren, in welcher die Erkenntnis festgehalten wurde, dass die Gladiatoren sehr wenig oder gar kein Fleisch aßen. Wilks überzeugte die Studie nicht. Er war sich sicher, dass tierische Proteine für die Bildung von Muskeln, die Aufrechterhaltung des Energieniveaus und den Heilungsprozess bei Verletzungen unabdingbar sind. Er traf sich schließlich mit den Forschern, welche diese Entdeckungen gemacht hatten. Als er wieder nach Hause zurückkehrte, war er davon überzeugt, dass die Gladiatoren während des Trainings und den Wettkämpfen zum Großteil rein pflanzliche Nahrung zu sich nahmen. Geschockt von diesem neuen Wissen, startete er seine eigenen Nachforschungen. Er bereiste vier Kontinente und traf sich mit Dutzenden der weltweit stärksten, schnellsten und zähsten Spitzensportlern, sowie mit führenden Ernährungs-, Sport-, Anthropologie- und Gesundheitsexperten. Was er dabei alles lernte und entdeckte, veränderte seinen Bezug zu Nahrungsmitteln und seine Definition von wahrer Stärke. Vegane Ernährung ist längst keine Randerscheinung mehr. Immer mehr Menschen entscheiden sich bewusst dazu, kein Fleisch zu essen und keine tierischen Produk-
te zu sich zu nehmen. Der Oscar® - prämierte Regisseur Louie Psihoyos (“Die Bucht” 2010), lenkt den Fokus nun auf den Mythos des Fleischberges verzehrenden Gladiators und dessen nachhaltige Wirkung auf den Leistungssport. Untermauert von Historikern und Medizinern gelingt Psihoyos so eine revolutionäre Dokumentation über Fleisch, Eiweiß und Kraft. Mit einigen der stärksten, schnellsten und härtesten Athleten der Welt dokumentiert “The Game Changers” den explosiven Aufstieg des pflanzlichen Essens im Profisport. www.gamechangersmovie.com
Vegane Power – grün gibt Kraft! Kino-Doku über vegane Höchstleistungen 46
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Neumeister, die mit charmantem Pfiff Bernd Mechelke & Co. Zum Ritter vom Goldenen Vlies kürte. . Noch ein Jubiläum: Zum 30. Mal sorgten die Meenzer Hofsänger als CCW-Ehrenmitglieder mit „Olé!“ für die „Siesta am Rhein“.
Eine legendäre Fassenachts-Prinzessin als Jubiläums-Schirmherrin. Baronin Daniela von FalzFein wird km närrischen Dreigestirn flankiert von CCW-Clubpräsident Andreas Guntrum (links) und Sitzungspräsident Michael Wink (rechts).
„6 x 11, noch immer jung, die Fassenacht hält uns in Schwung!“ Schon wieder ein Jubel-JA! für den größten Verbund der Fans von Gott Jokus. Direkt am 11.11. wird das Motto im prall gefüllten, vierfarbbunt dekorierten Staatstheater-Foyer gelebt. Mit dem Victory-Narr als Motiv des begehrten Kampagnen-Ordens ist die Großfamilie des Carneval Clubs Wiesbaden 1954 e. V. volle Kraft voraus in die Fünfte Jahreszeit gestartet. Tastenlöwe Bernd-Hans Gietz brachte das wohltemperierte Geflügel mit Udo Jürgens, Marlene und Ragtime („Der Clou“) zum Klingen. CCW-Mitglied und Wiesbadens First Lady Christa Gabriel übergab den Aufnahmeantrag von GertUwe Mende. Der amtierende OB führt als sechster Stadtvater die Tradition fort, strahlte CCW-Präsident Andreas Guntrum. Ein Prunkfoyer voller Narren. „Ehre, wem Ehre gebührt“ war die Devise. „Grand Dame“ Helga Lange bekam standing ovations zum 85. Wiegenfest. Ehren-SitzungsPräsident Mathias Budau bekam die 3-Schelmen-Plastik. Ehren-Komitäter wurden Heiner Lompe & Edgar Blum, neue Komitäter sind WIESBADENER
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Klaus Reese & Ralf Boxberger. 3Lilienrat Walled Muassi bekam eine Nadel. Den Fünfsterne-Budenzauber servierten sechs rührige Altvordere um Ehrensitzungspräsident Klaus Gross, sprangen dem Vorstand zur Seite. Applaus, Applaus. Die Jubiläums-Session wird feminin „beschirmt“ von Lady Charme. Die erste Schirm-Herrin ist Daniela Baronin von Falz-Fein, mit Jubiläums-Ordenssponsor Theo Corves als Prinzenpaar eine Legende. Als jüngstes „Kind“ der CCW-Großfamilie stellte sich die „Liliengarde“ vor als „Kooperations-Korporation“ mit der Narrenzunft Waldstraße. Das Kinderprinzenpaar Chantal I. & Marcel I. hatte im närrischen Foyer Premiere. Ihre Lieblichkeit Chantal ist ein CCW-Gewächs.
Das ganze Foyer ist eine Bühne. Die jungen Profis von „Opera et cetera“ mit Opernlegende Keith Ikaia-Purdy - als exzellenter Solist mit Kammersänger Eike Wilm-Schulte und Starsopranistin Sue Patchel bestens erinnerlich - schossen den Vogel ab. Die lustige Witwe Gräfin Mariza trifft die Fledermaus in New York. Die Majestät wird anerkannt…“ Chef Ikaia-Purdy bietet neben eigener Brillanz dem Ensemble mit Noblesse viel Spielraum. Jessica Fründ, Elizabeth Magnor, Alex Winn & Timon Führ gewinnen mit Pianist Christian Strauss das Parkett. Als ausdruckstarker „Porgy“ lässt Tyrone Chambers aufhorchen. Auch in den „Muppetshow-Logen“ sind Alle aus dem Häuschen. Schunkeln und mits(w)ingen ist angesagt. „Ein Knaller“ urteilt eine Gästin. TERMINE: Am Freitag 14. Februar, steigt die närrische Wein-Gala und am 15. Februar folgt die Große CCW-Kostümsitzung im Kurhaus. Karten@ccw-info.de www.carneval.club.de Telefon: 0611 – 44.01.44. Text und Foto: Gesine Werner
Bestens aufgelegt auch Sitzungspräsident Andreas Wink und Petra
Ein Jubel-JA! mit jugendlichem Schwung Saisonstart, royaler Glanz und die erste Schirmherrin im Prunkfoyer voller CCW-Narren 47
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iesbaden wird mehr und mehr zum Schweinerevier. Doch wer jetzt denkt, wild umher laufendes Biofleisch aus der Region bringt erst mal nur Vorteile, irrt gewaltig. Ausgewachsene Wildschweine sind eine wahre Naturgewalt, die nicht nur der Landwirtschaft gefährlich werden können. Bericht aus einem Krisengebiet. Das ganze Jahr über erschienen in regelmäßigem Abstand neue Meldungen aus der Schweine-geplagten Stadt: Berichtete zunächst der Wiesbadener Kurier über eine stetig wachsende Population der sogenannten Schwarzkittel auf dem 48
Sonnenberg, konnten im Herbst auch die Chefredakteure der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Frankfurter Neue Presse ihre Augen nicht mehr vor den allesfressenden Raufbolden verschließen. Die Wildschweine sind los, und zwar ganz gewaltig. Und während der Kurier noch überwiegend sachlich über eine marodierende Rotte auf dem Friedhof Sonnenberg und der Frage nach den entstanden Kosten informierte, wird nun der Ton borstiger. Spätestens seitdem im Oktober knapp zwanzig Tiere auf der Wiesbadener Rheinstraße gesichtet und anschließend vor einem Großeinsatz von Landes-
und Stadtpolizei in den Kurpark flüchten konnten, ist endgültig Schluss mit lustig. Die FAZ präsentierte nach dem Vorfall in ihrer Onlineausgabe vom 20.10. drei (Wild-)Schweineversagen mit der lakonischen wie klaren Überschrift „Ungebetene Besucher". Da ist es kaum zu glauben, dass alleine im Jahr 2018 bereits 800 Wildschweine nur im Wiesbadener Stadtgebiet von Jägern erlegt wurden. Die guten Wetterbedingungen und die mit Eicheln vollen Wälder und Grünanlagen haben dafür gesorgt, dass sich die Schweine wie die Karnickel vermehren. Auf Ackerflächen und in WIESBADENER
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Schrebergärten finden sie zudem genug Nahrungsquellen, die auch noch einfacher zu erreichen sind als im Wald. Besonders gemein: Blumen stehen auf der Speisekarte ganz oben, weshalb gerade auch Friedhöfe einen gewissen Reiz ausüben. Im Fall Wiesbaden kommt noch dazu, dass nach wie vor viele städtische Grundstücke komplett verwildert sind und den Rotten ideale Rückzugsmöglichkeiten bieten. Ein konsequenter Rückschnitt wäre sicherlich eine Lösung, zerstört aber wiederum Lebensraum für viele andere Stadttiere. Und wer will in Zeiten des Bienensterbens schon Grünflächen roden oder auf das Pflanzen ästhetischer Blümchen verzichten? Und so stehen in der Landeshauptstadt schon 15 Fälle von Sachbeschädigung durch Wildschweine seit Jahresbeginn zu Buche. Doch was sind Wildschweine überhaupt, und was haben sie in unseren Städten zu suchen? Tatsächlich sind die Tiere genau das, für was man sie vermutet, nämlich die Wildform unserer domestizierten Hausschweine. Ihr riesiges Verbreitungsgebiet erstreckt sich von der Iberischen Halbinsel bis Japan. Einst waren sie strikte Waldbewohner, am liebsten in der Nähe von Gewässern, doch verschiedene Faktoren haben sie in den letzten Jahrzehnten immer mehr zu Kulturfolgern und schließlich zu Stadtbewohnern gemacht. Zum einen profitieren sie massiv vom Fehlen größerer Raubtiere, zum anderen sorgen der verstärkte Anbau von Mais, der Verlust natürlicher Lebensräume und die zunehmend milderen Winter für ideale Lebensbedingungen im Siedlungsnähe. Hier finden sie Nahrung in Form von Fallobst, Gartenabfällen, Komposthaufen, Aas und Würmern im Überfluss. Wenn man so will eine menschengemachte Schweinerei also. Und ein Problem, das immer stärker wird und deutschlandweit praktisch alle Städte mit Waldnähe betrifft. Dabei wäre es zu schade, sollten Bache und Keiler nur noch als PlaWIESBADENER
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ge und Schädling wahrgenommen werden. Ist es nicht irgendwo eine romantische Vorstellung, dass die Urahnen unserer millionenfach getöteter und verspeister Hausschweine, die von uns respektlos wie kaum ein anderes Lebewesen behandelt werden, in ihrer beeindruckenden Größe und Wildheit uns genau das vor der Natur lehren – Respekt?
Man darf also gespannt sein, ob und wie sich die Schwarzkittel in den nächsten Jahren in der Stadtfauna etablieren. Und wie viele Friedhöfe sie bis dahin auf dem Gewissen haben werden. Konstantin Mahlow
Selbst im dicht besiedelten Mitteleuropa können ausgewachsene Keiler eine Kopf-Rumpf-Länge von bis zu 170 cm und ein Gewicht von rund 200 kg erreichen. Man stelle sich nur vor, so ein Koloss begegnet einem unvermittelt beim nächsten Vollmondspaziergang durch den Park. Da drängt sich zwangsläufig die Frage nach der Gefahr für Mensch und Hund auf. Und wie allgemein bekannt ist die dann am höchsten, wenn die Bachen mit ihren Frischlingen unterwegs sind, was dank der milden Winter und dem ausreichenden Nahrungsangebot auf den Feldern mittlerweile das ganze Jahr über der Fall sein kann. Ansonsten sind die Tiere überwiegend friedlich, scheu vor Menschen und höchstens im Straßenverkehr eine echte Gefahr. Doch gegenüber Ackerflächen, Maisfeldern und Blumenbeeten verhalten sich Wildschweine nun mal keineswegs zimperlich und dürften auch noch in Zukunft für Gesprächsstoff sorgen. Ganz besonders in Wiesbaden, wo die wachsende Population dank der zahlreichen Waldflächen im Gegensatz zum Mainzer Raum immer weiter Richtung Innenstadt vordringt. Im Sonnenberger Ortsbeirat wachsen die Sorgen jedenfalls wie auch in anderen Stadtteilen genauso wie der Unmut auf die zuständigen Ämter. Die bemühen sich laut Anwohner und Beiratsmitglieder zu wenig um die Beseitigung der verwilderten Grünflächen und verteilen nur allzu optimistisch die Empfehlung, betroffene Gärten müssten einfach mit stabilen Zäunen abgesichert werden. 49
UNTERNEHMEN &
MÄRKTE
handel tätig ist. Auf 4 Etagen mit über 600qm Verkaufsfläche, werden hochwertige Teppiche aus Afghanistan, Ägypten, China, Indien, Marokko, Nepal, Pakistan, Persien, Türkei, Turkmenistan und aus dem Kaukasus präsentiert— jeder für sich ein Meisterstück der Teppichknüpfkunst, in hervorragender Qualität und unterschiedlichen Größen. Direkte Kontakte zu den führenden Teppich-Knüpfereien machen es möglich, diese einzigartige Bandbreite an Teppichen unter einem Dach zu zeigen. Die über Generationen gepflegte Einkaufstradition ist weiterhin Markenzeichen der Brüder: Regelmäßig unternehmen sie ausgedehnte Expeditionen in zum Teil sehr entlegene Gebiete, wohin normalerweise kein Händler mehr vordringt. Dort entdecken sie in kleinen, oft dörflichen Manufakturen und auf den Basaren Einzelstücke, die sich nicht selten als ausgefallene Raritäten von beachtlichem Wert erweisen. Qualität ist der oberste Maßstab, dem sich die Brüder verpflichtet fühlen. Sie suchen originär gefertigte Stücke, geknüpft von ausgebildeten Leuten, die mit diesem künstlerischen Handwerk aufgewachsen sind. Kostbare Zufallsfunde sind da nicht selten. Und so kann man sicher gehen, dass die Teppiche, die nach Wiesbaden kommen, hochwertige Stücke sind, die individuell ausgewählt wurden und nun zu fairen Preisen erhältlich sind. Zudem können die Käufer das umfangreiche Fachwissen in Anspruch nehmen,
Elias Michel, Sohn von Josepf Michel 1938, Vater des jetzigen Geschäftsführers Thomas Michel
120 Jahre Teppich Michel „Qualität braucht Tradition“
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eit 1899 ist „Teppich Michel” in der Wilhelmstraße kompetenter Partner für exklusive handgeknüpfte Teppiche. Damals eröffnete Kalil Michel zusammen mit seinen beiden Söhnen den ersten Laden und legte damit den geschäftlichen Grundstein der ältesten Teppich-Familie Wiesbadens. Neben Kunstgegenständen aus Marmor und Bronze standen schon früh die Erzeugnisse orientalischer Knüpfkunst im Vordergrund und zogen die Aufmerksamkeit der wohlhabenden Kurgäste auf sich. Während die Söhne die beiden Geschäfte führten, reiste ihr Vater zum Einkauf in die bedeutendsten Knüpfgebiete der Welt, besuchte Kunden in Europa und verkaufte auf den Weltausstellungen in Antwerpen, London und Paris. Dabei erwies es sich von großem Vorteil, dass er nicht nur über ausgezeichnete Händlerkontakte verfügte, sondern auch in über zehn Sprachen hervorragend korrespondieren konnte.
das ebenfalls eine garantiert hundertjährige Tradition besitzt. Teppich Michel e.Kfm. Wilhelmstraße 12, 65185 Wiesbaden Telefon: 0 611 – 30 28 44, Telefax: 0 611 – 30 60 61 www.teppich-michel.de Ladenöffnungszeiten: Montags – Freitags von 10:00 bis 18:30 Uhr Samstags von 10:00 bis 16:00 Uhr
So zählten der Adel aus ganz Europa, Kaiser Wilhelm, Bismarck und Richard Wagner, um nur einige zu nennen, zu seinen treuen und begeisterten Kunden. Nach dem 2. Weltkrieg hatte die Familie, in der bereits die nächste Generation Verantwortung übernahm, in Wiesbaden fünf Geschäfte zu betreuen. Die Käufer waren nun andere – anstelle des Adels traten jetzt wohlhabende Bürger –, doch die Nachfrage nach hochwertiger Knüpfware gerade aus Vorder- und Zentralasien blieb unverändert. Der wertvolle Teppich war weiterhin begehrtes Sammelobjekt und luxuriöser Einrichtungsgegenstand. Heute führt Thomas Michel das verbliebene Geschäft auf der Wilhelmstraße, während sein Bruder Andreas im Groß50
Geschäft Wilhelmstraße 14. Davor Joseph Michel und seine Frau Hiloué um 1907
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