pflichtlektüre 05/2013

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SPITZEL IM HÖRSAAL Wie die Stasi die Ruhr-Unis inf iltrierte

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Männerbündnis Studentenverbindungen heute In Allah Seelenruhe Ein fotografischer Moschee-Besuch Très Jolie Studentenjob: Filmstar-Double


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Impressum

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Herausgeber Institut für Journalistik, TU Dortmund Projektleitung Dr. phil. Tobias Eberwein (ViSdP) Redaktionsleitung Sigrun Rottmann

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Chef vom Dienst Nils Bickenbach Textchefinnen Kerstin Börß, Melanie Meyer Fotoredaktion Anna-Christin Kunz, Sarah Tober, Moritz Tschermak Illustrationen Anna Hellmann, Simon Schmitz

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pflichtlektuere @

Redaktion Uni-Center, Vogelpothsweg 74, Campus Nord, 44227 Dortmund Tel.: 0231/755-7473, post@pflichtlektuere.com

Layout & Grafik Rebecca Hameister, Mats Schönauer, Philipp Schulte, Manuel Solde Redakteure und Reporter Claudia Brade, Arthur Cagliari, Susann Eberlein, Katrin Ewert, Naima Fischer, Sabine Geschwinder, Jenny Gödecker, Ann-Kathrin Gumpert, Pia Lisa Kienel, Marie Lanfermann, Mareike Maack, Moritz Mettge, Eva Nowack, Janne Oltmanns, Hendrik Pfeiffer, Julia Schindler, Linda Schönfelder, Julia Schroer, Maria Segat, Linda Zuber Die Grafik dankt dem Erfinder des Adblockers, Lisa, Säri Teschladicˇ und Frau Fuchs, Dennis Coles, Daniel Dumile, Keith Edward Elam, Kingsly Defounga und Aphroegallapahelwiz. Druck Hitzegrad Print Medien & Service GmbH Auf dem Brümmer 9 44149 Dortmund Audiovisuelle Begleitung der Ausgabe

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* post@pflichtlektuere.com 02

rein

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Eins vorab

@ Simonschmitz.net TEXTJanne Oltmanns IllustrationSimon Schmitz | Hello

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ch weiß, dass ich überwacht werde. Die Augen, die mich beobachten, sind überall. Sie sehen alles. Wenn ich auf dem Weg zur Uni mal wieder die U-Bahn verpasse. Wenn ich noch mal schnell in den Supermarkt sprinte, weil ich vergessen habe, Klopapier zu kaufen. Wenn ich im Parkhaus herumirre und mein Auto suche. Sogar, wenn ich meine Wohnung verlasse und durch den Hausflur gehe, um den Müll wegzubringen.

nicht unterwegs. Google nutzt meinen Standort, um mir die Suche zu erleichtern. Facebook wählt Anzeigen für mich aus, weil es meine Vorlieben kennt. NSA lässt grüßen. Wir wissen längst, dass Internetdienste unsere Daten speichern und mitlesen. Trotzdem laden wir hoch, posten und kommentieren. Weil wir es nicht missen wollen, das Netz. Und nicht nur das. Wir können ganz einfach nicht mehr „ohne“. Aber haben wir es hier mit einer neuen Form der Bespitzelung zu tun? Einer, die auf digitalen Wegen, mit unserer indirekten Zustimmung passiert?

Meistens laufe ich einfach an den Kameras vorbei, die angeblich für meine Sicherheit sorgen. Weil ich normalerweise mit verpassten U-Bahnen, vergessenem Klopapier oder verschollenen Autos beschäftigt bin. Nur ganz selten mache ich mir darüber Gedanken, was mit den Stunden, Tagen und Wochen an Material passiert, das über mich produziert wird. Dann nehme ich mir die Zeit und schneide eine Grimasse für die Kamera. Für den Fall, dass sich jemand die Bilder ansieht.

Bespitzelung ist auch in unserer Titelgeschichte Thema. pflichtlektüre deckt auf, wie und wo die Staatssicherheit der DDR an der Uni Dortmund spioniert hat. Das liegt zwar schon einige Jahre zurück, aber brisant ist diese Thematik immer noch. 24 Jahre scheinen da plötzlich gar nicht mehr so weit weg zu sein. Die Unterschiede verschwimmen: Ob nun die Geheimdienste der USA unsere Daten kennen, oder die Spione der Stasi genau wussten, wer im Westen zum „Staatsfeind“ zählte.

Nicht immer kann ich nachvollziehen, wozu die Kameras gut sein sollen. Aber immerhin gibt es an vielen Orten Schilder, die mich davon in Kenntnis setzen, dass ich gefilmt werde. Ich sehe die Schilder, die Kameras. Sie sind für mich real.

Jetzt vergesst aber die fiese Welt, die uns transparent macht. Setzt euch in eine ruhige Ecke und blättert ganz unbeobachtet durch dieses Heft. Es bleibt euch überlassen, ob ihr lieber Sudokurätsel löst oder über Studentenverbindungen lest. Keiner wird’s merken. Versprochen.

Anders sieht es aus, wenn ich mich bei Facebook, zum Onlinebanking, oder in mein GMX-Konto einlogge. Hier fehlen die Schilder, deshalb ist es ein anderes Gefühl. Ich merke es an einem leichten Kribbeln im Hinterkopf. Immer, wenn ich meine Daten im Internet eingebe. Als wenn mich jemand beobachten würde. Eigentlich weiß ich auch das: Unerkannt bin ich im Netz 03

rein


INHALT REIN IMPRESSUM Hier gibt‘s Sudokus

EINS VORAB Allgegenwärtige Überwachung

MOMENTE Zu Besuch in der Moschee

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STUDIUM

„DIESE FEHLER SIND GROTESK“ 14 Jahre Bologna-Reform – eine Bilanz

DIE SPITZEL IM HÖRSAAL Wie die Stasi die Ruhr-Unis infiltrierte

CAMPUSKOPF Manni vonne Leitwarte

LEBEN

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MÄNNER BÜNDNIS Studentenverbindungen heute

TRÈS JOLIE Studentenjob: Filmstar-Double

DER MODERNE LIEBESBRIEF Spotted – die neue Partnerbörse?

ABGEFAHREN Camera Obscura in Mülheim (Ruhr)

HINGESCHAUT Impro-Theater „Emscherblut“

HINGEGANGEN Kultur im Herbst

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inhalt

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APROPOS ... ... doppelter Abi-Jahrgang. Wie hat sich eigentlich die TU Dortmund auf den Ansturm der Studenten vorbereitet? Ein paar Zahlen zum Doppel-Abi. RECHERCHEREBECCA HAMEISTER

im Jahr 2013

131.000

2013

176.000

mehr Studienberechtigte als im Vorjahr

erwartet das Land NRW

zusätzliche

Erstis

12.800 neue Bücher

sollen in der Mensa auf dem Südcampus

entstehen

20.000

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zum ersten Mal über

30.000

Euro bekommt die TU aus Mitteln des Hochschulpaktes II

pro zusätzlichem Studenten

0

Veränderungen gibt es bei den Öffnungszeiten

der Hauptmensa

128 Das Studentenwerk schafft

Imbisswagen

für den Campus

neue Wohnheimplätze

Bisher gab es 2.745

250 Sitzplätze

In diesem Semester werden

Menschen an der TU studieren

x10

x100

im Jahr 2012

x 100

2011 und 2015 aufnehmen

8.600

will die TU zwischen

neue Bücher

34%

2012

21.000

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IN ALLAH SEELENRUHE FOTOSMARTINA VOGT


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o eine Moschee ist, da sind alle Menschen willkommen“, sagt Oktay Parlak. Er ist zweiter Vorbeter in der türkischen Selimiye Camii-Moschee im Dortmunder Stadtteil Eving. Unsere Fotografin Martina Vogt hat Parlak mit der Kamera begleitet. In der Evinger Moschee versammelt sich die Gemeinde jeden Tag, um gen Mekka zu beten. Vor dem Gebet reinigen sich die Muslime Hände, Füße und Gesicht unter fließendem Wasser. Die Frauen beten getrennt von den Männern in einem separaten Raum. „Neben dem Gebet findet hier auch Alltagsleben statt“, sagt Oktay Parlak. „Man isst, trinkt und lacht miteinander. Genau so muss es sein.“



»

GLAUBE

FESTIGT MEINEN

UND

WILLEN

REINIGT

MEINE SEELE – Oktay Parlak, zweiter Vorbeter



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leben


„Diese Fehler sind grotesk“ Bulimie-Lernen, Master-Desaster, gestresste Studenten: Keiner mag Bologna. Oder doch? Die Idee war genial, sagen Fachleute. Die Umsetzung jedoch katastrophal, sagen sie auch. Was ist schief gelaufen? Eine Fehlersuche auf den Spuren der größten Hochschulreform Europas. @Simonschmitz.net TEXTSabine Geschwinder IllustrationenSimon Schmitz | Hello

B

ologna beginnt mit Beethoven. Am 19. Juni 1999, einem Samstag. Ein Orchester spielt den letzten Satz der Neunten Symphonie des berühmten Komponisten, „Freude schöner Götterfunken.“ Es ist die Hymne der Europäischen Union. Die Symbolik könnte nicht stimmiger sein. Der Ort auch nicht. Bologna ist nicht nur ein malerisches italienisches Städtchen mit historischer Altstadt, sondern der Ort, in dem im Jahr 1088 die erste Universität Europas gegründet wurde. Hier soll 911 Jahre später eine neue europäische Universitätslandschaft entstehen.

Bologna-Reform aus Überzeugung Die Aula der Universität von Bologna ist proppenvoll. Rektoren, Regierungsvertreter und Dolmetscher füllen das traditionsreiche Gebäude. Sie alle schauen auf die 31 Minister aus 29 Ländern, die ihre Unterschrift unter die Bologna-Erklärung setzen sollen. Deutschland und Belgien haben jeweils zwei Unterzeichner entsandt. Einer von ihnen ist Wolf-Michael Catenhusen, damals Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung. Catenhusen erinnert sich gern an den Tag der Unterzeichnung: „Alles war sehr feierlich und uns war auch zum Feiern zumute.“ Zweifeln musste der SPD-Mann keine Sekunde, bevor er seine Unterschrift an elfter Stelle unter den Vertrag setzte. Es war für ihn „ein historischer Schritt.“ Er bezeichnet sich selbst als Überzeugungstäter. Auch Klaus Landfried denkt gerne an den Startpunkt von Bologna zurück. Der

Politikprofessor und damalige Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) war zwar nicht bei der Unterzeichnung dabei. Er hat aber gemeinsam mit einem Team aus weiteren internationalen Fachleuten am Inhalt der Deklaration gearbeitet. „Die Bologna-Erklärung war ein Stück Revolution“, sagt Landfried rückblickend. Dass es schwierig werden könnte, war ihm dennoch klar: „Das ist wie bei der katholischen Kirche, die verändert man nicht einfach so.“ Doch was genau ist dieses „Stück Revolution“ eigentlich? Die Bologna-Erklärung ist kein Gesetz, sondern eine Vereinbarung über das gemeinsame Vorgehen in universitären Belangen in Europa. Darüber, dass man zum zweigliedrigen System aus Bachelor und Master übergehen will, wie es in anderen Ländern – auch in Europa – im Jahr 1999 bereits praktiziert wurde. Bologna soll „die notwendigen Kompetenzen für die Herausforderungen des neuen Jahrtausends“ bieten und „die arbeitsmarktrelevanten Qualifikationen der europäischen Bürger ebenso wie die internationale Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Hochschulsystems fördern“. Bis 2010, so die Idee, sollte die Umstellung komplett abgeschlossen sein und ein neues Europa, ein Europa der einheitlichen Bildung – oder, wie es in der Deklaration steht, „ein Europa des Wissens“ – entstanden sein. Das Kernstück heißt Vergleichbarkeit. Dank Bologna wird das European Credit Transfer System (ECTS) nun in allen deutschen Bachelor- und Masterstudiengängen verwendet. So lassen sich nicht nur Bologna-Aufenthalte vergleichen, sondern die erbrachte Arbeitsleistung wird in eine Zahl verwandelt. Ein Credit 13

leben

entspricht etwa 30 Arbeitsstunden. So soll der Wechsel von Dortmund nach Düsseldorf oder von Dortmund nach Dublin vereinfacht werden. Außerdem soll der Bachelor mehr Struktur geben. Im Bachelor sind stetig Modulprüfungen vorgesehen, die auch in die Endnote einfließen. Anders ist das bei Diplom oder Magister. Dort hält ein Student mitunter bis zum Ende des Studiums keine Note in der Hand, da er nur bestehen muss. Das verlegt den Druck komplett auf das Ende des Studiums und erlaubt zwar einerseits mehr Zeit zum Ausprobieren, andererseits aber auch die Gefahr, das Studium zu locker zu nehmen.

Der Wunsch nach Veränderung Der Wunsch nach Veränderungen im Hochschulsystem in Deutschland ist nicht neu. Schon seit den 70er-Jahren gab es Bemühungen für eine Bildungsreform, Überlegungen zu Kurzstudiengängen sogar schon seit den 50er-Jahren. Betrug die Gesamtzahl der Studenten im Jahr 1993 noch etwa 1,8 Millionen, wird die Zahl laut einer Studie der Kultusministerkonferenz im Jahr 2020 auf 2,2 bis 2,5 Millionen Studenten gestiegen sein. Mit der steigenden Studierendenzahl ändern sich auch die Anforderungen an die Hochschulen. 1996 wurde im Hochschulrahmengesetz die Möglichkeit zur freiwilligen Einführung von Bachelor und Master festgehalten. Auf eine grundlegende, für alle verpflichtende Reform konnte man sich allerdings nicht einigen. Die Ruhr-Uni Bochum (RUB) nahm hier eine Vorreiterrolle ein und begann schon vor Bologna mit der Einführung von Bachelor-Studiengängen.


„Die Bologna-Reform an sich ist nicht das gleiche, wie ihre Umsetzung“, sagt Dr. Barbara Müller. Sie muss es wissen. Als Gleichstellungsbeauftragte der Universität Luzern war sie dabei, als die Ideen von Bologna umgesetzt wurden: Sie verfolgte die Verhandlungen unter den überschaubaren zwölf Universitäten in der Schweiz. „Ich habe das Gefühl gehabt, hier passiert konkrete Hochschulpolitik“, erinnert sich Müller noch immer begeistert. Die Erziehungswissenschaftlerin schrieb schließlich ihre Dissertation über die „Anfänge von Bologna in der Schweiz“ und ist genauso wie Unterzeichner Catenhusen und Mitgestalter Landfried eine Befürworterin von Bologna. Barbara Müller hat die Umsetzung nur in der Schweiz erlebt, die dort gut funktioniere. Es wurde gemeinsam geplant und überlegt, wie man die locker formulierten Vorschläge der Reform realisieren kann.

Hochschulen gekürzt“, sagt Catenhusen, „Die Finanzminister haben die Reform als Sparmodell genutzt. Das macht das Ganze so katastrophal.“

Gut gedacht, schlecht gemacht?

Landfried erklärt die teilweise existierenden vollgepackten Prüfungsordnungen und die damit verbundene Verschulung so: „Jeder will in den neuen Lehrplänen vorkommen, Prüfungen abnehmen und in einem Modul vertreten sein. Anhand der Aktivität der Lehrenden wird das Geld für die Lehrmittel bemessen.“ Die HRK und er hätten zu spät erkannt, dass man das unterbinden müsse. Er predigt stattdessen eine stärkere Orientierung, weg von Belehrung, hin zum eigenständigen Lernen. Manchen Hochschulen sei dies auch gelungen. Sie konnten die Reform dazu nutzen, gut funktionierende

In Deutschland sieht das anders aus. Jedes Bundesland kocht sein eigenes Bologna-Süppchen. „Was mich überrascht hat, war die Unfähigkeit der Bundesländer, sich auf eine nationale Strategie zu verständigen und zusammenzuarbeiten“, sagt Wolf-Michael Catenhusen. Manche Universitäten nahmen eine Vorreiterrolle ein, andere führten den Bachelor erst ein, als die Politik auf einen Zeitplan pochte und sie nicht mehr anders konnten. „Außerdem wurden die Mittel für die

Catenhusen ärgert sich über die schlechte Umsetzung von Bologna: „Es wurden groteske Fehler gemacht, an der die heutige Studentengeneration zu knacken hat.“ Das Chaos in den ersten Jahren, vollgepackte Prüfungsordnungen und das schlechte Image der Bologna-Reform und des Bachelors sind Beispiele dafür. Dabei wären Prüfungsmarathons laut Barbara Müller gar nicht nötig: „Bologna muss kein enges Korsett sein“, sagt sie. „Die Gestaltung der Fächercurricula und dazu auch die Umsetzung im Unterricht lassen den Dozenten durchaus Spielraum.“

Gemischte Ergebnisse und neue Fragen

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Studiengänge zu erschaffen, in denen Studenten mehr praktisch arbeiten und mehr Wahlmöglichkeiten haben. Elf Jahre nach dem Startpunkt der Reform gibt es zahlreiche Studien mit gemischten, aber gar nicht so schlechten Ergebnissen. Eine Absolventenbefragung der RUB aus dem Jahr 2007 zeigt zum Beispiel, dass 49 Prozent der BachelorStudenten ihr Studium in Regelstudienzeit abschließen. Bei Magister sind es hingegen 25 und bei Diplom 25 Prozent. Die Auslandsmobilität ist seit 1998 zwar stetig gestiegen, in den vergangenen Jahren allerdings nicht gravierend. In diesem Punkt werden besonders die Fachhochschulen gelobt, die ihren Studenten mehr Unterstützung bieten. Was die Arbeitsmarktchancen mit einem BachelorAbschluss angeht, fasst die HRK seine vorliegenden Studien folgendermaßen zusammen: „Studierende können nach Datenlage zunehmend zuversichtlich sein, mit dem Bachelor einen angemessenen Einstieg in den Arbeitsmarkt zu finden. Es gibt hingegen keine Belege für die gegenteilige Behauptung.“ Trotz aller Probleme hat Landfried den Glauben an Bologna nicht verloren. „Wer nichts tut, macht keine Fehler. Die Reform hat zu erheblichen Verbesserungen geführt.“ Damit meint er vor allem den Kernpunkt Vergleichbarkeit. „Es gibt Unterschiede beim Bachelor, aber er ist trotzdem vergleichbar”, sagt


Landfried. Müller glaubt, „dass man noch lange über Bologna reden wird, zumindest für bestimmte negative Aspekte von Hochschulstrukturen“. Trotzdem kann sie sich vorstellen, dass sich die einzelnen Länder noch mehr annähern werden. „Meine Wahrnehmung ist, dass die Zwischenbilanz nicht für Vierbesserungsstrategien genutzt wurde“, sagt Catenhusen. „Zum Beispiel, um bei denen zu gucken, die es gut gemacht haben.“ Der Unterzeichner von Bologna wünscht sich mehr konstruktive Kritik für Bologna: „Es geht nicht mehr um Bologna ja oder nein, sondern um die Frage, was ein guter Bachelor ist.“

NICE TO KNOW – FAKTEN ZU BOLOGNA Den Begriff Bakkalaureus gab es bereits im Mittelalter und bezeichnete zunächst einen Anwärter für das Amt als Geistlicher. Später wurde die Bezeichnung für den ersten Universitätsabschluss verwendet, gefolgt vom zweiten Abschluss, dem Magister. Im 19. Jahrhundert verschwand die gestufte Studienordnung schließlich wieder. Einen literarischen Beweis der beiden Abschlüsse bietet Goethes Faust: „Heiße Magister, heiße Doktor gar, und ziehe schon an die zehn Jahr heraus, herab und quer und krumm, meine Schüler an der Nase herum.“

Von 2007 bis 2010 gab es das Projekt Bologna-Zentrum, das von der HRK und dem Bundesministerium für Forschung unterstützt wurde. Laut eigener Angabe ist sie eine “Beratungs-, Koordinations- und Vermittlungsinstanz.“ und sollte als Umsetzungshilfe für die Hochschulen dienen. Die Nachfrage war allerdings eher gering. Nachfolger ist das Projekt Nexus, bei dem u.a. gut gelungene Beispiele aus der Praxis gesammelt und in Expertentagungen und Workshops weitergegeben werden soll. Das Projekt läuft noch bis 2014.

Der Bologna-Erklärung ging 1998 die Sorbonne-Erklärung voraus, die von den Bildungsministern Frankreichs, Deutschlands (Jürgen Rüttgers), Italiens und Großbritanniens unterschrieben wurde. Sie soll für eine verbesserte europäische Hochschullandschaft sorgen und Europas Konkurrenzfähigkeit stärken. Auszug: “Wir verpflichten uns hiermit, uns für einen gemeinsamen Rahmen einzusetzen, um so die Anerkennung akademischer Abschlüsse im Ausland, die Mobilität der Studenten sowie auch ihre Vermittelbarkeit am Arbeitsmarkt zu fördern.” Um die anderen EU-Länder mit einzubeziehen, erweiterte man die Erklärung, die ein Jahr später in Bologna unterschrieben wurde.

Die TU Dortmund hat die Umstellung von Diplom und Magister in Bachelor und Master im Wintersemester 2007/2008 begonnen. Für einige Diplom-Studiengänge gibt es eine feste Deadline für die letzten Abschlussprüfungen, (http://www.tudortmund.de/uni/studierende/pruefungsangelegenheiten/auslaufen_dpo/index.html): Wer sich neu einschreibt, hat nur noch die Möglichkeit, ein Bachelor- oder Masterstudium zu beginnen. Insgesamt bietet die TU über 70 Studiengänge an.

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Eine Sammlung aktueller Bologna-Studien findet sich auf: http://www.bolognanet.hrk.de


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Student, Freund – und Spitzel? Wer heute studiert, hat nichts mit Geheimdiensten zu tun. Doch bevor die Mauer fiel, waren West-Unis „Operationsgebiete“ und manche Studenten Spione. Recherchen der pflichtlektüre zeigen, wie sich die Stasi an den Unis Dortmund und Bochum einmischte.

TEXT_HALUKA MEIER-BORST & KATRIN EWERT FOTOS_BSTU


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E

in kurzes Klingeln, das Schlurfen von Pantoffeln – dann macht der Top-Agent im Reihenhaus in Essen die Tür auf. Zaghaft guckt er durch den Türspalt und erkundigt sich nach dem Namen des Gastes, bevor er weiter aufmacht. In der Tür steht ein gebückter Rentner von rund 80 Jahren, mit lichtem Haar, Cordhose und Hemd. Nichts weist darauf hin, dass hier einer der besten Spione steht, den die Stasi im Westen bis zu ihrem Ende hatte. Aber vielleicht ist es gerade das, was seinen Erfolg ermöglichte. Über Jahrzehnte spionierte er in großen Ruhrgebietskonzernen wie Krupp, aber auch an der Universität Dortmund. Sein Deckname ist Baron. Die Stasi, das ist für viele im Westen Deutschlands nur ein Teil der DDR-Geschichte. Das Ministerium für Staatssicherheit war als Geheimdienst vor allem dafür bekannt, dass es seine eigenen Bürger exzessiv ausspionierte. Dass zwischen Gründung der DDR und Mauerfall bis zu 3 000 „IM“ (inoffizielle Mitarbeiter) auch in den Westen geschickt wurden, wissen die wenigsten. Dabei hatte der Geheimdienst an NRW ein besonderes Interesse. „Ein Drittel der West-IM befanden sich in unserem Bundesland“, sagt Dr. Sabine Kittel vom Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte der Universität Münster. Seit einem Jahr erforscht Kittel das Wirken der Stasi an den West-Unis. In den 70erJahren arbeiteten ungefähr 170 IMs an den Hochschulen in Westdeutschland.

+++ 1970 -Dienstanweisung der Hauptverwaltung Aufklärung: „Es ist alles zu erkunden, was bei dem Gegner vor sich geht.“ +++ (*)

Denn dort fand die Stasi alles, was sie wollte – ihren Nachwuchs, ihre Feinde und vor allem eins: Forschungsergebnisse.

Wissen vom Klassenfeind Die DDR war im Bereich Forschung nie sonderlich gut aufgestellt. Dem abgeschotteten Land fehlte der Zugang zu Publikationen und Kongressen. Ein Mangel, der sich dramatisch auf die Wirtschaft des sozialistischen Staates auswirkte. Deshalb richtete die Stasi in den 60er-Jahren einen eigenen „Sektor für Wissenschaft und Technik“ (SWT) ein, der Informationen aus dem Westen sammelte. Nach heutigem Forschungsstand finden sich alleine für den SWT 89 000 Datensätze. Die Modernisierung des Telefonsystems der DDR beispielsweise beruhte einzig auf gestohlenen Infos aus dem Westen. Die Stasi reichte das ausspionierte Material an ihre Wissenschaftler und Betriebe weiter und sparte somit Millionen an Forschungs- und Entwicklungskosten ein, wie die Akten des Geheimdienstes beweisen. Auch Baron war im Bereich der Forschungsspionage tätig. Seit Ende der

60er-Jahre bespitzelte er im Ruhrgebiet Forschungslabore, darunter auch die Physik-Fakultät der Uni Dortmund. Grundlage dafür seien Forschungskooperationen zwischen Krupp und der Physik-Fakultät gewesen, erklärt Baron. „Die haben sich dadurch ergeben, dass die Universitäten immer Kontakte zu Industrieunternehmen gesucht haben“, sagt er, „dabei wurden auch Berichte ausgetauscht“. Stasi-Akten zeigen, dass Baron so in den Besitz von Informationen zu neuartigen Beschichtungsverfahren im Bereich Elektrophysik kam. Material, das so interessant war, dass auch das Kernforschungszentrum der DDR in Rossendorf sich dafür interessierte. Baron selbst erinnert sich nur vage an den Vorgang. „Ich kann nicht ausschließen, dass ich der Stasi solche Berichte mitgeteilt habe“, sagt er heute. Das ist das Näheste an einem Geständnis, das man ihm im Gespräch abgewinnen kann. Nicht nur auf Erkenntnisse in der Elektrophysik hatte es die Stasi abgesehen. An der Uni Dortmund interessierte sie sich vor allem für Raketenantrieb und Industrieroboter. An der Ruhr-Uni Bochum waren es Kernforschung, Bautechnik und Informatik.

(*) Quellen zu den Schreibmaschinen-Notizen: Schulungsmaterial zur Gewinnung von Perspektiv-IM und Stützpunkt-IM, SIRADatenbank, weitere Akten des Ministeriums für Staatssicherheit sowie Literatur.


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Es war aber längst nicht nur Baron, der an den Ruhr-Unis aktiv war. Fast 30 IM-Vermerke finden sich in den StasiAkten zu den Universitäten. Darunter auch Decknamen wie „Leander“ „Narbe“, „Volt“, „Hopfen“ oder „Rosmarin“. Helmut Müller-Enbergs, Politologe an der Behörde des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen (BStU) kennt einen besonders kuriosen Fall. So sei es der Stasi gelungen, in Bochum sogar einen Bibliothekar der Uni für sich zu gewinnen. „Dieser hatte die Möglichkeit, interessante Doktor- und Diplomandenarbeiten zu kopieren. Und so war man im Osten teilweise besser über den Forschungsstand informiert, als manch ein Unternehmen im Westen.“ Begonnen hatte Barons Karriere bereits Ende der 50er-Jahre, ohne dass er selbst etwas davon mitbekam. „Man hatte mir nicht gesagt, dass ich in der Spionage tätig werden sollte. Man hatte mir gesagt: Wir wollen gute Leute in den Westen zum Studieren schicken“, sagt Baron. Erst später habe man ihn zum Spitzeln gezwungen und ihm auch gedroht, ihn bei Krupp auffliegen zu lassen. „Ich hätte meinen Job verloren und ich hatte eine Familie zu ernähren und so war ich hier gebunden“, sagte Baron, „außerdem hatte ich Verwandte in der DDR und man hat mir angedeutet, dass denen ganz erhebliche Nachteile entstehen würden, wenn ich aussteigen würde“. Doch wurde Baron nur zur Mitarbeit gezwungen? Interne Bewertungen, die in seiner Akte liegen, zeigen, dass seine gelieferten Informationen durchweg exzellent waren. Gehaltsschecks belegen, dass Baron für seine Berichte zu Patenten und Forschungsergebnissen aus dem Ruhrgebiet reich entlohnt wurde und mit Ehrgeiz bei der Sache war. Tausende von Mark hat Baron so über die Jahrzehnte von der Stasi bekommen.

+++ Ausrüstungsplan: 1 Reiseschreibmaschine, 1 Fotoausrüstung komplett, 1 Tonbandgerät, 10 Tonbänder, 2 Funkgeräte, 1 Kriminaltechnik-Tasche, 1 Mikrofilmlesegerät +++

BAföG für Jung-Spione Geld war ebenfalls ein Argument, mit denen die Stasi ihren Spionage-Nachwuchs an den West-Unis rekrutierte. Auf ihren Schreibmaschinen verfassten die Mitarbeiter rund 100 Seiten Schulungsmaterial mit Rekrutierungstipps wie diesem: „Die Leistungsbereitschaft ist durch moralische und materielle Stimuli zu beeinflussen.“ „Geld war ein erleichternder Faktor für diejenigen, die ideologisch nicht so gebunden waren“, sagt Soziologin Sabine Kittel. Allerdings wurden vor allem im linken Spektrum neue Spione gesucht. Denn wer genauso sozialistisch gesinnt war wie sie, war leichter als Spitzel zu gewinnen. Die kritische Haltung vieler Studenten wollte man bis in die 80er-Jahre hinein ausnutzen. „Für die Stasi waren Universitäten im Westen Kaderschmieden für den Spionagenachwuchs“, erklärt Müller-Enbergs. „Am Bochumer Campus waren es zum Beispiel kurz vor dem Mauerfall sechs Talente, die man ausbildete.“ So stellten die Stasi-Mitarbeiter im Jahr 1968 fest: „Unter den gegenwärtig politisch-günstigen Bedingungen sind die Ressourcen der westdeutschen Hochschulen über viele Wege erreichbar.“ Und weiter: „Der Kreis von Studenten, die als potenzielle Kandidaten für eine politischideologische Werbung in Betracht kommen können, ist sehr groß.“ In Dortmund zog daher die Fakultät Raumplanung besondere Aufmerksamkeit auf sich. Die Stasi-Mitarbeiter

vermuteten eine linke Bewegung am Lehrstuhl. Und tatsächlich: Wirft man einen Blick in alte Flugblätter, AStAPlakate und Studentenzeitungen der Uni Dortmund aus den 70er-Jahren, wird eine linke Tendenz deutlich. Aber nicht nur die Fakultät Raumplanung, sondern ein Großteil der Studentenschaft lehnte sich auf. Im Archiv der Uni Dortmund lagert ein Ordner, vollgestopft mit Aufforderungen zum Streik gegen die Studienbedingungen. 1977 boykottierten die linken Gruppen zwei Wochen lang die Vorlesungen. Sie legten sich mit dem damaligen Rektor an und gingen so weit, dass die Polizei auf dem Campus für Ruhe sorgen musste. Doch für den DDR-Geheimdienst war links nicht gleich links. Manche Gruppierungen empfand die Stasi auch als Bedrohung für ihre Arbeit. „Maoistische Kreise“ der Uni Dortmund wurden von der Stasi misstrauisch ausgespäht. „Ihr ideologischer Kern ist von Antisowjetismus und DDR-Feindlichkeit geprägt“, schrieb die Stasi in die Akte für das Operationsgebiet Dortmund. Gemeint waren damit der Kommunistische Studentenverband (KSV) und die Kommunistische Hochschulgruppe (KHG). Sabine Kittel erklärt: „Die Gruppen haben sich damals gegenseitig in ihrer Ideologie bekämpft.“ Im Jahresplan 1974 vermerkte man, die maoistischen Kreise an der Uni Dortmund weiter zu beobachten.

Die Stasi-Kaderschmieden an den West-Unis Einer der Hauptgründe für die Suche nach Spionagenachwuchs an westdeutschen Unis war das Konzept der sogenannten Perspektiv-IM. PerspektivIM waren jene Spione, die nach ihrem Uniabschluss in Bundesbehörden,



Tbk-System 1 1. Belegung des Tbk (*) 1.1. Weg zur Belegung des Tbk Ausgangspunkt ist der Hauptbahnhof in Mühlheim/Ruhr bzw. zugleich die Endstelle der U-Bahn-Linie U18. Der Weg ist vom Hauptbahnhof durch die Eppinghoferstraße, Kaiserplatz in die Kaiserstraße zu nehmen. 1.2 Lage und Belegung des Tbk Der Tbk. befindet sich an der Ecke Kaiserstraße, Ecke Althofstraße am Taxihalteplatz in unmittelbarer der Adlerapotheke. Als Tbk. wird die Parkbank benutzt, in deren Zementfuß sich eine Aussparung befindet, wo die Ablage des Materials erfolgen kann. Es ist die Aussparung, auf der Bank sitzend, im rechten Zementfuß zu benutzen. (siehe Foto)

+++ Stasisprech +++ Ähnlich kurios wie manche Methoden der Stasi war der Sprachjargon der Geheimdienstler – damals zusammengefasst im „Wörterbuch der politisch-operativen Arbeit“: IM = Inoffizielle Mitarbeiter, Spione der Stasi HV A = Hauptverwaltung Aufklärung, war für Auslandsspionage zuständig, das heißt auch für Hochschulen im Westen SWT = Sektor für Wissenschaft und Technik der Hauptverwaltung Aufklärung Feindliche Hauptobjekte = Institutionen, aus denen die Stasi Informationen gewinnen wollte, zum Beispiel die Fakultät Physik der Uni Dortmund Einschleusung = Spion integriert sich in das Operationsgebiet, meist durch Einstellung; zum Beispiel als Sekretärin eines HochschulProfessors Abschöpfung = Kontakt einer Person ausnutzen, die über interessante Infos verfügt. Die abgeschöpfte Person gibt dabei Wissen oder Unterlagen weiter, ohne die wirkliche Absicht zu kennen.

1.3 Belegungszeichen Nach der Belegung des Tbk führt der Weg weiter durch die Kaiserstraße bis zur Ecke Adolfstraße. Dort befindet sich auf der Straßenseite der Kaiserstraße (Moritzhospital) die Zeichenstelle A, an der das Belegungszeichen angebracht wird. Die Zeichenstelle ist der dort befindliche alte Ahornbaum. Als Belegungszeichen soll eine Reißzwecke mit farbiger Kuppe benutzt werden, welche in den Ahornbaum zur Straßenseite gedrückt wird. Damit gilt die Belegung des Tbk als abgeschlossen. _ _ _ (*) Tbk = Toter Briefkasten


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Großkonzerne und Parteien eingeschleust werden sollten, um erstklassige Informationen zu beschaffen. Dafür analysierte die Stasi genauestens die Einstellungsbedingungen in den jeweiligen „feindlichen Hauptobjekten“ und leitete daraus die Anforderungen an die Perspektiv-IM ab. Urteilsvermögen, Teamgeist, Fähigkeit zur Ein- und Unterordnung – das sind nur einige der Kriterien in ihrem Anforderungskatalog. Die Anwerbung erfolgte „möglichst zu einem frühen Zeitpunkt des Studiums“, so heißt es im Schulungsmaterial, „wenn die Anlagen erst im Keim vorhanden und für die Umwelt noch verborgen sind“. Schnell war der Stasi aber klar, dass nur talentierte Studenten an interessante Posten kommen, denn: „je hochrangiger das Einschleusungsziel, desto höher muss die nachweisbare Qualifikation sein“. Wer wäre also besser, um das zu beurteilen, als Professoren, Hochschulassistenten, wissenschaftliche Mitarbeiter und Tutoren? So finden sich die Namen verschiedener Mitarbeiter an westdeutschen Unis als sogenannte Stützpunkt-IM in den Akten. +++ Dienstanweisung 5/71: Schaffung geeigneter Einschleusungskandidaten für das Eindringen in die Hauptobjekte des Feindes +++ Den Stützpunkt-IM kam jedoch auch eine andere Aufgabe zu: Sie sollten nach dem Feind Ausschau halten. Die Stasi hatte geradezu panische Angst davor, dass auch der Bundesnachrichtendienst seine Kontakte an den Hochschulen hatte. Man befürchtete, dass dadurch DDRAgenten abgefangen werden könnten. Oder dass sie gar als Doppelagenten missbraucht und die Sicherheit anderer IM

gefährden würden. So findet sich auch in der Akte zur Uni Dortmund ein eigenes Kapitel mit dem Titel „Stützpunkte des Feindes“. Dort aufgeführt sind zum Beispiel der erste Uni-Rektor Martin Schmeißer und die Physik-Professoren Konrad Kleinknecht und Manfred Wolff. In den Verdacht der Zusammenarbeit mit dem BND geraten waren die beiden Physikprofessoren lediglich, weil sie Vertrauensprofessoren der Studienstiftung des deutschen Volkes waren. Die Begründung der Stasi dazu: „Da Stiftungen oft Deckmantel für die Tätigkeit von Geheimdiensten sind, kann mit Verbindungen gerechnet werden.“ Martin Schmeißer wurde ausspioniert, weil „vermutlich enge Beziehungen zur deutschen Forschungsgemeinschaft, dem Fonds der chemischen Industrie, der Stiftung Volkswagenwerk und des Landesamtes für Forschung“ existierten. Überhaupt wusste die Stasi über die Uni Dortmund bestens Bescheid. Zulassungsvoraussetzungen, Vorlesungsverzeichnis, Adresse und Öffnungszeiten des AStA, Wahltermine des Studierendenparlaments – das alles wurde akribisch dokumentiert. Neugierig war die Stasi auch darauf, was der Westen über die DDR dachte. Deswegen suchten die Mitarbeiter des Geheimdienstes unter anderem nach Ergebnissen im Bereich Ostforschung westlicher Hochschulen. An der Uni Dortmund wurden sie fündig: Professor Hartmut Vogt lehrte hier von 1970 bis 1989 Pädagogik. Sein Forschungsschwerpunkt: Vergleichende Erziehungswissenschaften. Vogt verglich das Schulsystem der BRD mit dem der DDR. Noch heute findet man in der Bibliothek der Uni Dortmund reihenweise Schriften des Professors. Ob „Unterricht auf der Sekundarstufe I in der DDR und der BRD“ oder „Gegenwartsprobleme der

+++ Entleerungskontrolle: Zur Kontrolle, ob die Entleerung des toten Briefkastens vorgenommen wurde, hat der Beleger des Kastens nach dem festzulegenden Zeitplan die Zeichenstelle B noch einmal anzulaufen und die Reißzwecke zu entfernen. +++ Sowjetpädagogik“ – Professor Hartmut Vogt kannte sich aus im Schulsystem des Ostens. Auch Fakten seiner Vita schienen das Interesse des DDR-Geheimdienstes zu wecken: Er lebte bis 1958 in Ost-Berlin und legte dort sein Staatsexamen für Russisch ab. Grund genug für die Stasi, eine Personenakte über den Dortmunder Professor anzulegen. Gewisse Teile seiner Akte sind bis heute für die Öffentlichkeit gesperrt, weil sie Informationen der Privatsphäre betreffen. Möglicherweise wurde selbst in seinem Freundeskreis gespitzelt, um Angriffspunkte in seiner Ostvergangenheit zu finden. Denn an den Unis ging es bei weitem nicht nur um Forschungsergebnisse und um Spionagenachwuchs. Die Stasi hatte auch ein weitaus hässlicheres Gesicht, wenn es um ihre Arbeit gegen die Kritiker an den Unis ging. Ein Gesicht, das Carla Bouboulle erst 2006 zu sehen bekam, beim Blick in ihre Stasi-Akte. Der Inhalt: Ihre Privatsphäre, abgeheftet zwischen zwei vergilbten Aktendeckeln. Von der Studentin zum Staatsfeind. Zeitsprung: 30 Jahre zuvor, es ist die Zeit der 68er-Generation. Carla Bouboulle studiert Sozialwissenschaften und Geschichte an der Ruhr-Uni Bochum und engagiert sich zusammen mit ihrem späteren Mann Gotthard Krupp politisch. 1976 fasst die kleine Gruppe um Bouboulle einen Entschluss: Wolf Biermann soll an die Ruhr-Uni kommen.



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Biermann ist der bekannteste Liedermacher der DDR und zeichnet in seinen Liedern das Bild des Unrechtsstaats. Das SED-Regime hat ihn deswegen bereits zehn Jahre zuvor mit einem Berufsverbot belegt, trotzdem gelangten seine Werke immer wieder über die Grenze zum kapitalistischen Klassenfeind. Er selbst darf aber nicht ausreisen. Über Monate bereitet Carla Bouboulle den Auftritt Biermanns an der RUB vor. Die Kampagne

für die Reisefreiheit von Biermann wächst und wächst. Am Ende unterschreiben 20.000 Menschen den Aufruf. „Dass das solche Ausmaße erreichen würde, hätte ich nie gedacht“, erklärt Bouboulle. Bekannte Persönlichkeiten wie Rudi Dutschke, Udo Lindenberg und Heinrich Böll finden sich am Ende unter den Unterstützern. Als der Künstler schließlich in den Westen reisen darf, wird er kurzer-

+++ Rekrutierung +++ Um neue IM in der BRD zu gewinnen, setzte der Geheimdienst recht banale Methoden ein. So schalteten die Mitarbeiter der Stasi zum Beispiel Anzeigen und starten Gewinnspiele in westdeutschen Zeitungen. Einsenden mussten die Teilnehmer nicht nur das Lösungswort, sondern jede Menge persönliche Angaben. Danach wählte die Stasi passende Kandidaten aus und lud sie nach Ost-Berlin ein. Nur erwartete die Teilnehmer dort nicht der Hauptgewinn, sondern ein Auswahlverfahren für neue West-Spione. Einmal zugestimmt, hatten es die Spione nicht leicht. Weil viele West-IM durch ihr Doppelleben belastet waren, griffen sie zum Alkohol. In mehreren Fällen musste die Stasi einen Psychiater einsetzen, um seelisch belastete West-IM zu stabilisieren und sie nicht als Spione zu verlieren. Mit Hilfe ihrer IM sammelte die Stasi Unmengen an Daten über den Westen. Zwar wurden über 90 Prozent dieser Akten nach dem Fall der Mauer geschreddert. In Leipzig wurden aber noch 50 Meter Akten über offene Vorgänge gefunden. Außerdem fand man 68 Säcke mit „vorvernichteten“ Akten: Sie wurden zerrissen, konnten jedoch rekonstruiert werden oder warten noch darauf, von Mitarbeitern der Stasi-Unterlagenbehörde zusammengesetzt zu werden. In einigen Stasi-Außenstellen wurden ebenfalls Akten gefunden, so auch in der Außenstelle Gera, die für die Uni Dortmund zuständig war.


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hand ausgebürgert: Die DDR verweigert ihrem prominentesten Kritiker wieder einzureisen. Eine Handlung, die die DDR als Reaktion auf ein erstes Konzert in Köln verkauft. In Wahrheit war das Vorgehen aber von langer Hand geplant. Es ist der Moment, den manche Historiker später als Anfang vom Ende der DDR bezeichnen und der in West und Ost für Tumulte sorgt. Und um diesen Zeitpunkt herum beschließt die Stasi, mehr gegen diejenige zu unternehmen, die ihrer Meinung nach für den Eklat mitverantwortlich ist: Carla Bouboulle. Bouboulle wird nicht nur in der Öffentlichkeit beobachtet. Auch im Privaten setzt die Stasi nun an, in ihrer Wohnung in der Bochumer Kanalstraße. Einen Grundriss der Wohnung findet Bouboulle 2006 in den Akten. Gespräche mit den Nachbarn und Freunden sind ebenfalls fein säuberlich protokolliert und eingeheftet. „Da war nichts Schlimmes zu lesen. Nur dass wir einen ordentlichen Ruf hatten“, sagt sie heute mit Galgenhumor. Dass sie zumindest im Osten unter Beobachtung stehen, ahnen Carla Bouboulle und ihr Mann Gotthard Krupp bereits in den 70er-Jahren. Denn wenn sie Gleichgesinnte in der DDR besuchen, werden sie immer wieder mit Extra-Kontrollen bedacht. „Wir wussten, dass wir andere Leute gefährden, wenn sie mit uns gesehen werden“,

sagt Krupp heute. Doch dass sie auch im Westen bis in die eigenen vier Wände ausgespitzelt werden, das hatten beide nie für möglich gehalten. Später bekommt Carla Bouboulle ein Einreiseverbot, das sogar noch am 31. November 1989 – also in den letzten Tagen des DDR-Regimes – bis 2000 verlängert wird.

Die Spuren der Stasi im eigenen Leben Heute leben die Bouboulles im wiedervereinigten Berlin. Die DDR und die Stasi sind längst Geschichte. Auch Carla Bouboulle und ihr Mann beschäftigen sich nicht mehr mit ihren Stasi-Akten. Man habe mit der Zeit abgeschlossen, sagen beide bei einer Tasse Kaffee. Was nütze es, das Ganze noch weiterzuverfolgen. Doch dann fällt Carla Bouboulle am Ende noch etwas ein. Nach einer Feier hätte damals plötzlich etwas in ihrer Handtasche gefehlt: ihr Personalausweis. Ein für die Stasi heiß begehrtes Dokument, um dem Besitzer etwas anzuhängen. Sei es durch fallenlassen an Tatorten oder als falscher Ausweis für ihre West-Agenten. „Ich weiß nicht, wie das möglich war, denn wir hatten immer nur Freunde bei uns.“ Die Stasi ist längst Geschichte, die alten Schreibmaschinen ausrangiert und die Akten verstaubt.

Doch der dunkle Schatten in Carla Bouboulles Erinnerungen bleibt – genauso wie in der Geschichte der Ruhr-Unis. Die Unis Dortmund und Bochum waren zwei der Hochschulen, bei denen die Stasi ihre Finger im Spiel hatte. Tausende Informationen sammelte der Geheimdienst über Forschung und Wissenschaft. Doch schaut man heute auf die Machenschaften der Stasi an den West-Hochschulen, weiß man: Die Spionagearbeit war nicht sonderlich effektiv. Zwar feierten sie Erfolge wie die Kopie des modernen Telefonsystems. Dennoch war die DDR von der enormen Masse an gesammelten Daten überwältigt und hatte oft Probleme damit, sie in ihr eigenes Wissenschaftssystem zu integrieren. Zudem war die DDR nur noch Nachahmer und kein Erfinder mehr – und das machte sie nur noch abhängiger vom Westen.

Für die Recherche dieses pflichtlektüreArtikels haben die Autoren eine Presseanfrage an die Behörde des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen (BStU) geschickt. Daraufhin konnten sie rund 6.000 Seiten Akten für die Universitäten im Ruhrgebiet einsehen und analysieren. Um die richtigen Identitäten aus den Decknamen herauszubekommen, haben ihnen Personen geholfen, die anonym bleiben möchten.


CAMPUSKOPF Die Leitwarte der TU ist keine Postfiliale, auch wenn sich Mitarbeiter Manni Matuszweski um Mitternacht herum manchmal so fühlt TEXTPIA LISA KIENEL FOTOMORITZ TSCHERMAK

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ie Leitwarte befindet sich auf der Emil-Figge-Straße, Einfahrt 3, links hinter dem Heizkraftwerk und damit gegenüber vom Prüfungsamt. Dass sie nachts geöffnet hat, ist von Vorteil - finden jedenfalls Studenten, die mit fristgebundenen Schreiben im Verzug sind. „Viele kommen auf den letzten Drücker angerannt“, sagt Matuszewski. Besonders am Semesterende gleiche die Leitwarte einer Postfiliale.

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ereits seit zehn Jahren arbeitet Manni Matuszewski „auffe Leitwarte“ und sorgt dafür, dass das Gebäudemanagement funktioniert. „Wir sind dazu da, dass Aufzugsanlagen vernünftig laufen, alle Notrufe gehen bei uns ein, und wir sorgen dafür, dass die Klima- und Heizungsanlagen funktionieren.“

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atuszweski bleibt hart wenn verzweifelte Studenten ihn bitten, bei der Zeitangabe ein Auge zuzudrücken. „Auch wenn man selbst ein schlechtes Gewissen hat, dass es an ein paar Minuten scheitert, darf ich keine zeitlichen Veränderungen vornehmen. Das wäre Urkundenfälschung und würde mich meinen Job kosten.“ Trotz der zusätzlichen Belastung freut er sich über Besuche von Studenten: „So wird es hier zumindest nie langweilig“, sagt Matuszewski. „Und auch den ein oder anderen Spruch für die Zuspätkommer kann ich mir dann nicht verkneifen.“

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M채nner B체ndnis

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Akademische Fechtkämpfe und persönliche Kontakte bis in die Führungsetagen: Ziel der Studentenverbindungen im 19. Jahrhundert war es, junge Leute zu einer Elite auszubilden. Auch zwei Jahrhunderte später halten viele Verbindungen an ihren Idealen fest. TEXTEva Nowack & Julia Schroer FotosSarah Tober

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Zweimal pro Woche greifen Jan Rogalski und Jonas Kahle (von links) zum Degen. Für die Mitglieder der Teutonia Aachen ist das Fechten verpflichtend.

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er erste Schlag trifft Mario ganz unerwartet. Er erstarrt kurz, hält inne. Dann berappelt er sich wieder und holt aus. Ein Treffer, zwei, drei, vier und der fünfte – das Aufschlagen der Metallklinge auf dem Lederhelm hinterlässt einen dumpfen Knall und hallt durch den Trainingsraum. Der Gegner gibt auf, Mario geht als Sieger aus dem Fechtduell. Ein Stockwerk höher und fünf Minuten später folgt Marios Belohnung für den harten Kampf: ein kühles Bier und Lob von den Jungs. Die Jungs, das sind circa ein Dutzend Studenten im Alter von 20 bis 28 Jahren, die sich, wie jeden Mittwochabend, im Haupthaus der Studentenverbindung Teutonia Aachen treffen. Hier diskutieren und beratschlagen, wohnen und feiern sie.

1000 Verbindungen in ganz Deutschland Die Teutonia Aachen ist eine von insgesamt 1000 Studentenverbindungen in Deutschland und wurde bereits 1899 gegründet. Momentan gehören ihr etwa 25 „Aktivitas“ und 180 „alte Herren“ an. Wie viele Verbindungen ist die Teutonia „fakultativ schlagend“. „Das bedeutet, dass sich die Verbindung aussucht, ob dort das akademische Fechten gelehrt

und praktiziert wird oder nicht“, erklärt Dietrich Heither, Experte für deutsches Verbindungswesen aus Hessen. Die Gründer der Teutonia hatten sich damals dafür entschieden. Wie alle anderen trainiert Mario zweimal die Woche mit einem hauseigenen Fechtmeister. Das ist Pflicht. Aber es gibt noch mehr Verbindlichkeiten, an die sich die Mitglieder der Teutonia halten müssen. Dazu gehört beispielsweise das regelmäßige Erscheinen zu Vorträgen, Stiftungsfesten und Kneipenabenden. Eine Übersicht über alle wichtigen Veranstaltungen bietet ein Semesterplan, der bei der Teutonia gut bestückt ist. Strenge Zugangsvoraussetzungen gebe es keine. „Eintreten kann jeder männliche Student, der einen deutschen Pass besitzt und Lust auf nette Menschen hat“, sagt Mario. Dass die Studenten die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen müssen, das wurde damals ebenfalls von den Gründern entschieden und bis heute beibehalten. „Auch eine alte Tradition an der wir festhalten“, erklärt Christian. „Die Verbindung will niemanden diskriminieren. Uns ist eben wichtig, dass die Jungs, die eintreten wollen, unsere Ideale verstehen, sich fließend mit uns unterhalten können und Bock auf die ganze Sache haben. Wenn wir merken, dass dies der Fall ist, dann machen wir auch schon einmal eine Ausnahme.“ Seit 2000 gibt 28

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es auch eine Damenverbindung, die zur Teutonia gehört und in die Studentinnen aller Fachrichtungen eintreten können.

Einen Bund fürs Leben schließen Auch auf gute Noten und politische Bildung wird seitens der Verbindung viel Wert gelegt. Wer sich nicht bemüht, fliegt raus. „Wem das alles zu viel wird, der kann jederzeit wieder austreten, ohne große Probleme. Wir zwingen hier niemanden zu etwas“, sagt Christian. Der 24-Jährige ist einer der wenigen Geisteswissenschaftler und sticht mit seiner jahrelangen Verbindungserfahrung heraus. Die anderen Jungs in der Verbindung studieren meistens Informatik oder Elektrotechnik. Schon zu Schulzeiten war Christian in einer Schülerverbindung und wollte diese Erfahrung in seiner UniZeit weiterführen. Heute ist er Bursche und überzeugtes Mitglied. „Man schließt einen Bund fürs Leben, greift sich gegenseitig unter die Arme und gehört zu einer großen Familie“, sagt er. Ein besonderer Gewinn sei der generationsübergreifende Austausch, den man mit den „alten Herren“ der Verbindung habe. „Es ist schön, wenn Jung und Alt voneinander lernen können.“ Außerdem habe er durch solche Kontakte vor kurzem einen guten Praktikumsplatz vermittelt bekommen.


Tafel, Trinkhorn, Treueschwur – für Mitglieder gilt das Lebensbund-Prinzip, das eine lebenslange Verpflichtung gegenüber der Studentenverbindung darstellt.

Als etwas Besseres fühle er sich trotz allem aber nicht, obwohl viele andere Studenten den Kontakt zu „guten Kreisen“ sowie umfangreiche Politikkenntnisse und gute Noten direkt als elitär verstehen würden. „Niemand wird hier zur Elite herangezüchtet“, sagt Christian. Ein bisschen anders als die jungen Leute, die nicht in einer Verbindung sind, fühle er sich allerdings schon, weil er sich gerne über anspruchsvolle Themen unterhalte und viel Wert auf Bildung lege. „Natürlich suchen wir immer junge Männer, die das auch wollen.“

Elitäre Strukturen gehören der Vergangenheit an Von elitären Strukturen in Studentenverbindungen könne man heutzutage nicht mehr sprechen, sagt Dietrich Heither. Dafür gebe es mittlerweile zu viele Bräuche, die dem Bild einer Elite nicht gerecht würden. So zum Beispiel der übermäßige Alkoholkonsum, über den sich viele junge Studenten in ihren Verbindungen profilierten. „Schnell und viel Alkohol zu trinken, ist für die jungen Studenten ein Zeichen von Männlichkeit”, erklärt er. „Wenn das unser heutiges Verständnis von Elite sein soll, dann sind wir ganz schön arm dran.“ Das Selbstbild, das vielen Verbindungsstudenten vermittelt werde, sei somit kritisch zu

betrachten. Ihnen werde oft das Gefühl gegeben, besonders intellektuell und wichtig zu sein, sodass sich ihnen untergeordnet werden müsse. Ortswechsel nach Dortmund-Hombruch: Hier befindet sich die Studentenverbindung Syburgia. Im Gegensatz zur Teutonia Aachen ist sie eine nichtschlagende Verbindung. Schwerpunkte wie Politik, Sport oder Religion gibt es auch nicht. Weniger Verpflichtungen der Verbindung gegenüber, bedeutet auch gleichzeitig mehr Zeit für das Studium und ein Leben außerhalb der Verbindungsmauern. „Als Mitglied einer schlagenden Verbindung ist man zeitlich sehr eingespannt. Der Kern unserer Verbindung ist daher in erster Linie das Freundschafts- und das Lebensbundprinzip“, sagt Markus, Mitglied und Bursche der Verbindung. Der generationenübergreifende Kontakt, der gemeinschaftliche Weg durch das Studium und die lebenslange Treue seien die wesentlichen Ziele der Verbindung, darauf käme es an. „Wir sind eine bunt gemischte Gruppe, jeder kann voneinander profitieren“, sagt er. „Wir wollen den Weg des gemeinsamen Nenners gehen und uns nicht, wie andere Verbindungen, profilieren.“ Anders als in schlagenden Verbindungen solle hier keinem vorgeschrieben werden, wie er seine Freizeit zu verbringen habe. Gründe, weswegen die Syburgia eine Gemeinschaft von etwa 30 29

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„Aktivitas“ und 45 „alten Herren“ habe, erklärt Markus.

Vitamin B, günstig wohnen und Freibier Für Martin J. war das Freundschafts- und Lebensbundprinzip nebensächlich. Ein Grund, warum er schon nach wenigen Monaten wieder aus der Syburgia austrat. Bei seinem Eintritt erhoffte er sich mit seiner Mitgliedschaft eher andere Kontakte: „Mir war es in erster Linie wichtig, viele verschiedene Leute kennenzulernen und in Form von ‚Networking‘ Kontakte zugunsten meiner Ausbildung zu knüpfen. Vitamin B ist heutzutage das A und O.“ Außerdem könne man als Mitglied einer Studentenverbindung auch sehr günstig wohnen und bekäme bei den wöchentlichen Zusammentreffen dauernd Freibier, sagt er. Mit diesen Zielen im Hinterkopf sei er dann einfach mal bei der Verbindung vorbeigegangen und habe sich vorgestellt. Kurz darauf sei die Sache bereits fest gewesen, noch nicht einmal seinen Personalausweis oder die Immatrikulationsbescheinigung habe er vorzeigen müssen. „Das ging ganz schnell. Die haben nur gesagt, ich sei ein vernünftiger und stylischer Typ. Die nehmen da jeden, Hauptsache du siehst vernünftig aus und


hast im besten Fall ein Poloshirt an, damit sie merken, dass sie sich mit dir sehen lassen können.“ „Netzwerking“ und Freibier seien aber nicht die Werte, die in einer Verbindung ausschlaggebend sein sollten, findet Markus. Verantwortung zu übernehmen, sich angemessen zu artikulieren und ein höfliches Verhalten Wert zu schätzen, darauf käme es in der Verbindung an. „Viele andere Leute in unserem Alter wissen gar nicht mehr, wie man sich richtig unterhält und Vorträge angemessen präsentiert“, ergänzt der Syburgianer. Werte, die für ihn selbstverständlich sind, finde er im Umgang unter den meisten jungen Leuten kaum noch. Für viele Studenten sei das auch gerade der Grund, einer Studentenverbindung beizutreten. „Viele kommen hierher, um an den traditionellen Werten festzuhalten. Einige suchen auch nach festen Regeln und einem organisierten Alltag innerhalb einer vertrauten Gemeinschaft“, sagt er.

Viele Verbindungen positionieren sich rechts Martin J. waren die Ideale der Syburgia nicht konkret genug. Auch gemeinsame Interessen mit Mitgliedern entwickelten sich nicht. „Für mich hat einfach nichts dahintergesteckt. Ich habe mich immer nach dem Sinn und Zweck gefragt, den

die Syburgia verfolgt“, sagt Martin. Oberflächlich und „larifari“ sei die Verbindung und existiere, ohne ein richtiges Ziel zu verfolgen. So erfolge ein Beitritt oft nur aus Prestige. Fälle wie Martins sind keine Seltenheit. Immer mehr Studenten beenden ihre Mitgliedschaft frühzeitig oder kapseln sich mit Ende ihrer Studienzeit auch gleichzeitig wieder von ihrer Verbindung ab. Einige wagen den Eintritt erst überhaupt nicht, wissen gar nicht, worum es in einer Verbindung geht. Andere haben Vorurteile. „Mitgliederschwund ist eines der häufigsten Probleme, mit denen Studentenverbindungen heute zu kämpfen haben“, erklärt auch Experte Dietrich Heither. In einer Studentenverbindung zu sein, sei schon lange nicht mehr so angesehen, wie es in den 50er- und 60er-Jahren der Fall war. Auch nicht bei Arbeitgebern. „Gerade in den Bereichen Marketing oder Wirtschaft erwarten die Personalchefs teamfähige Mitarbeiter. Auf sich oder eine bestimmte Gruppe fixierte Menschen sind weniger gewünscht.“ Die schlechte Berichterstattung in der Presse trage sicherlich auch zu einer Verschlechterung des Verbindungsbildes bei. Rechtsextremismus, Alkoholmissbrauch und Diskriminierung seien darin oft die Vorwürfe. Dass an diesen Anschuldigungen oft etwas Wahres dran sei, das könnten die meisten Studentenverbindungen nicht abstreiten, sagt Heither.

Mit Kritik an ihrem Verbindungsleben haben auch Mario, Christian und Markus zu kämpfen. Oft bekäme man von „normalen“ Studenten ungläubige Blicke zugeworfen und auch im Freundeskreis habe man die Mitgliedschaft zwar akzeptiert. Verstehen und gutheißen würden das allerdings nur die wenigsten. Dass dies jedoch vor allem daran läge, dass die Studenten heutzutage viel zu wenig über die Inhalte und Ziele von Verbindungen Bescheid wüssten, darüber sind sich die drei Burschen einig.

Aktivitas: Sind alle aktiven Studenten, die in einer Verbindung mitwirken. Alte Herren: Sind alle ehemaligen Studierenden, meist bereits ältere Berufstätige, die aber auch noch nach ihrem Studium Mitglied in der Verbindung bleiben. Der Fuchs: Ist ein potentieller Anwärter einer Verbindung. Bevor er vollwertiges Mitglied wird, ist er für ein Jahr zunächst Mitglied auf Probe. In dieser Zeit sollen sich der Fuchs und die anderen Mitglieder kennenlernen und herausfinden, ob man zueinander passt. Der Bursche: Hat der Fuchs sein Probejahr bestanden, so wird er zum Burschen und damit zum offiziellen Mitglied einer Verbindung. Unter den Burschen wird jedes Semester ein neuer Vorstand gewählt und bestimmte Positionen verteilt. Zum Beispiel die des „Fuchsmajors“. Er ist für die Betreuung der neuen Füchse verantwortlich.

Hoch die Tassen: Die Chargen der Dortmunder Verbindung Syburgia mit einem Teil der Aktivitas.

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Dietrich Heither wurde 1964 in Hessen geboren und studierte in Marburg. Heute ist er stellvertretener Schulleiter einer Gesamtschule und Autor von mehreren Werken, die sich kritische mit Studentenverbindungen und der Deutschen Burschenschaft auseinandersetzen.


Très Jolie Unter der Woche normales Studentenleben, am Wochenende High Society. Nika Hoven sieht Hollywoods bekanntester Schauspielerin zum Verwechseln ähnlich. Sie ist ein Angelina Jolie-Double. TEXTJulia Schindler FotoOliver Reetz Photography

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ass eine Studentin mit Zettel und Stift verfolgt wird, um ein Autogramm zu geben, passiert so gut wie nie. Es sei denn, man ist prominent oder sieht zumindest so aus. Nika Hoven muss lachen, als sie von ihrem Verwechslungserlebnis erzählt. „Das Mädchen dachte wirklich, ich wäre Angelina Jolie. Sie ist mir nicht von der Seite gewichen, bis ich ihr ein Autogramm gegeben habe.“ Lange braune Haare, blaue Augen und volle Lippen. Die Ähnlichkeit mit Angelina Jolie ist nicht zu übersehen. Die 28-jährige Sozialpädagogik-Studentin aus Düsseldorf kann über eine Mülheimer Doppelgänger-Agentur als Angelina Jolie gebucht werden. „Ich wurde oft auf die Ähnlichkeit angesprochen. Meine Freunde rieten mir dazu, mich bei einer Agentur zu bewerben.“ Gesagt, getan. Nika arbeitet seitdem als Angelina – und das nicht gerade selten. Sie wird auf verschiedene Veranstaltungen wie zum Beispiel auf die „Prom of the Nights“ und auf Firmenevents eingeladen. Teilweise auch mit anderen Doppelgängern. „Wir werden als eine Art Eyecatcher eingeladen“, erklärt Nika. Die 28-Jährige konnte aber auch schon bei so manchen Filmen eine kleine Nebenrolle ergattern. Auf die Frage ob sie selbst die Ähnlichkeit erkennt, kommt sie jedoch ins Stutzen. „Ich denke, dass die Biometrik bei uns ähnlich ist, aber das zu beurteilen überlasse ich lieber anderen.“ Und diese „Anderen“ können Nika über eine Doppelgänger-Agentur buchen. Potenzielle Kunden schicken bei Interesse eine Buchungsanfrage an die Agentur. Diese leitet die Anfrage an Nika weiter.

Für jede Vermittlung kassiert die Agentur anschließend eine Provision von der Gage. Für eine Buchung bekommt Nika circa 1000 Euro. Aber auch außerhalb von ihren gebuchten Jobs, wird Nika oft auf der Straße auf ihr besonderes Aussehen angesprochen. „Die Leute schauen teilweise sehr intensiv und tuscheln“, sagt Nika. Oft wird sie auch nach Fotos gefragt. Wenn Angelina ihr Aussehen aber radikal verändern würde, wäre die Ähnlichkeit nicht mehr gegeben und somit der Job als Double hinfällig. Die Düsseldorfer Studentin bejaht die Frage, ob sie sich an Angelinas neuem Aussehen anpassen würde. „Ein Double muss oder sollte sich in gewisser Art und Weise an den Äußerlichkeiten und den Look des jeweiligen Stars orientieren.“ Wenn Angelina beispielsweise ihre Haarfarbe ändern würde, würde sie dem nachkommen. Sich aber unters Messer legen, für noch mehr Ähnlichkeit, würde sich die Studentin nicht. Eine Brust-Operation hat Nika allerdings schon über sich ergehen lassen. Nach eigener Aussage aber nicht um Angelina ähnlicher zu sehen. „Es war mein persönlicher Wunsch“, sagt die Studentin. 31 job

An der Fachhochschule in Düsseldorf ist ihr Doppelgänger-Dasein aber nicht Gesprächsthema Nummer eins. In der FH konzentriert sich Nika nur auf ihr Studium. Dort ist sie einfach nur sie selbst. Nika muss zugestehen: „Es ist wichtig, nicht seine eigene Identität zu verlieren. Mein Job ist ein angenehmer Zufall, aber es ist auch oft nicht einfach, mit einer Berühmtheit verglichen zu werden.“


DER MODERNE LIEBESBRIEF Eine zweite Chance für die Liebe. Spotted-Seiten bieten Studenten die Möglichkeit, den Traummann oder die Traumfrau zu finden und den vielleicht verpassten ersten Schritt nachzuholen. Doch wie funktioniert Spotted eigentlich? Datenschützer warnen vor dem Konzept und auch die Gesuchten sind nicht immer glücklich über die öffentlichen Liebesbeweise. TEXTJULIA SCHINDLER & NAIMA FISCHER ILLUSTRATIONANNA HELLMANN & SIMON SCHMITZ

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ir sind uns in der Mensa begegnet. Ich hielt dir zweimal die Tür auf, und wir hatten regen Blickkontakt. Draußen bist du ein gutes Stück vor mir gelaufen und drehtest dich öfter mal nach mir um. Wieso hast du mich nicht angesprochen?“ So oder so ähnlich klingt es auf der Spotted-Facebook-Seite der TU Dortmund, wenn mal wieder die Chance verpasst wurde, die „nette Blondine aus der Makroökonomie-Vorlesung“ oder den „gutaussehenden, dunkelhaarigen, muskulösen Chemie-Studenten aus der H-Bahn“ anzusprechen. Spotted bedeutet übersetzt „entdeckt“ und steht für die zweite Chance. Auch Sandra Giese* wurde schon auf dem Campus von jemandem entdeckt: „Die Suchanfrage fand ich eigentlich ganz witzig. Und auch wenn nicht alle Details so ganz gestimmt haben, traf das Ganze ja relativ genau auf mich zu. Eine Woche später haben wir uns dann getroffen“, berichtet die Studentin der TU von ihrem persönlichen Erlebnis mit der Liebes-Suchmaschine.

Idee und Konzept aus dem Ausland Eine Liebes-Suchmaschine? Der Trend hat seinen Ursprung in Großbritannien. Die Engländer entwickelten vereinzelt Internet-Portale für „Sichtungen“ in in öffentlichen Verkehrsmitteln oder Universitätsbibliotheken, in denen die 32

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Menschen ihre „Gesuche“ veröffentlichen konnten. Erst Anfang 2013 erreichte das Modell Deutschland und entwickelte sich zum Netztrend in den sozialen Medien. Hier betreuen drei Studenten aus Ostdeutschland die Internetseite spotted.de. Das Team um den 27-jährigen Kai Strehler ist mittlerweile für 60 Seiten zuständig und kooperiert mit vielen Spotted-Seiten von anderen Betreibern aus Deutschland. Sie selbst sind durch Freunde aus Wien auf das Modell aufmerksam geworden. Da es in Deutschland bis dato nur vereinzelte Seiten gab, entschieden sie sich für die Gründung mehrerer Spotted-Seiten auf Facebook und von spotted.de. Die funktionieren so: Eine Person, die sich in jemanden verguckt hat und diese nun suchen möchte, schreibt eine Nachricht mit ihrem Anliegen. Der Kreativität und Phantasie sind hierbei keine Grenzen gesetzt. Beim Stöbern entdeckt man Geschichten, Anekdoten bis hin zu Gedichten. Die Spotted-Betreiber prüfen diese Nachricht und schauen, ob sie bedenkenlos veröffentlicht werden können. Ist das der Fall, wird die Nachricht auf der Facebook-Seite der jeweiligen Universität oder spotted.de gepostet. Jetzt können andere Mitstudenten Hinweise geben, Kommentare schreiben und helfen, dass die jeweilige Person gefunden wird. Aber auch die gesuchte Person kann sich selbst zu erkennen geben, wenn sie denkt, dass der Eintrag auf sie bezogen ist. „Mich hat


abends eine Freundin, mit der ich an dem Tag auch in der Uni war, per WhatsApp angeschrieben und mir gesagt, dass ich gespotted wurde. Die hatte mich dann auch direkt schon unter dem Beitrag markiert“, erinnert sich Sandra Giese.

Das Modell basiert auf menschlichen Urtrieben Überall steigen die „Gefällt mir“-Angaben, immer mehr Menschen folgen den Seiten. Für Kai Strehler hat diese Beliebtheit zwei Gründe: „Das ist zum einen der von uns viel besagte Urtrieb des Menschen, immer ein Interesse am anderen oder auch am gleichen Geschlecht zu verfolgen und zum zweiten der der Unterhaltung.“ Nach seinen Angaben verfolgen viele Nutzer die Seite mit Spannung, ob man selbst entdeckt werde oder eben jemand anderen in dem Gesuch wiedererkenne. Kathrin Meyer*, eine Studentin der TU, ist ebenfalls ein Fan von den Spotted-Seiten: „Ich finde die klasse. Die Posts lese ich immer gerne durch und insgeheim hofft doch jeder, dass er mal gespottet wird. Ist doch ein tolles Gefühl, wenn Du jemandem auf dem Campus so auffällst.“ Kai Strehler betont wie wichtig sei es, eine vertrauensvolle Basis zu den Nutzern aufzubauen, ihre Anonymität zu garantieren und Erfolgsaussichten vor Augen zu führen. Und die Trefferquote

kann sich sehen lassen. Auf zehn Nachrichten kommen in etwa sechs bis sieben Antworten von sich erkannt fühlenden Personen.

Eine anonyme Kontaktanzeige Für die Suchenden läuft alles anonym. Für den Gesuchten sieht es anders aus. Da die Spotted-Betreiber ab dem Punkt des Kontaktherstellens sozusagen „blind“ sind, was den weiteren Kontakt zwischen den beiden Menschen betrifft, lässt sich keine konkrete Zahl nennen, wie viele Paare tatsächlich durch Spotted zusammen gekommen sind. Kai Strehler weiß aber von mindestens vier Pärchen. Bei Sandra Giese ist es leider nicht so weit gekommen: „Mir war schon vorher klar, dass er so gar nicht mein Typ ist, aber die Nachricht, die er mir geschickt hatte, war so nett und süß, dass ich eigentlich gar nicht nein sagen konnte. Schon gar nicht, ohne wenigstens mal ein Bier mit ihm zu trinken.“ Es sei ein echt netter Abend gewesen, berichtet sie, mehr aber auch nicht. Mit ihrer Spotted-Bekanntschaft hält Sandra noch immer ab und zu Kontakt. Mehr habe sich aber nicht 33

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entwickelt. Doch nicht nur positive Nachrichten und Kommentare erreichen die Spotted-Betreiber. Ist der Inhalt beleidigend und herabwürdigend, werden sie nicht veröffentlicht oder gelöscht. Das Gleiche geschieht mit Klarnamen und sonstigen eindeutigen Identitätshinweisen „Bisher ist es aber so, dass wir keine negativen Erlebnisse im Zusammenhang mit spotted.de und den von uns geführten Seiten gemacht haben“, erklärt Kai Strehler. Chemie-Studentin Maja Niemann* kann das nicht behaupten. Sie berichtet von einer Freundin, deren SpottedNachricht alles andere als positiv war: „Meine Freundin wurde mal gespotted. Das war allerdings so ein Typ, den sie vorher schon kannte und der durch diese Seite nur ihre Aufmerksamkeit gewinnen wollte.“ Maja kann sich gut vorstellen, dass Spotted als eine Plattform für Stalker geeignet ist: „Ist doch klar, da können die anonym versuchen doch noch an ihren Schwarm ran zu kommen, obwohl sie schon mal abgewiesen wurden.“ Kai Strehler wiegelt ab: „Nein, Spotted steht für die zweite Chance eines verpassten Moments und in keinerlei Hinsicht für Stalking.“ Ben Kluse*, ebenfalls Student an der TU, ist wenig begeistert von der Seite, auf der die Campus-Singles nach der großen Liebe suchen. Eine Suchanfrage zu stellen finde er wenig sinnvoll: „Da würde ich mir bloß ziemlich armselig


vorkommen. Ist doch peinlich, wenn rauskommt, dass du nicht genug Mut hattest, das Mädchen direkt anzusprechen. Außerdem will ich nicht wirken als wäre ich verzweifelt.“ Kaan Eker sieht das anders. Er hat nach der Auftaktveranstaltung für Produktionswissenschaften zu Semesterbeginn eine Suchanfrage über Spotted gestartet: „Ich saß ganz hinten im Audimax und sie kam sehr spät dazu und hat mich gefragt, was sie verpasst hat. Wir haben uns etwas unterhalten, bis ich gesagt habe, dass in diesem Fach gerechnet wird.“ Daraufhin habe sie angefangen zu lachen und zugegeben, dass sie nur aus Versehen im Audimax gelandet sei. Das Mädchen war ihm gleich so sympathisch, dass er sie näher kennenlernen wollte. Zudem wollte er herausfinden, ob man die Personen wirklich über Spotted finden kann. Gab es ein Happy End? „Wenn Freundschaft ein Happy End ist, dann ja“, sagt Kaan und lacht.

Besorgnisse bei Datenschützern Weniger zum Lachen, sehen Datenschützer das Konzept von Spotted. Tobias Gostomzyk, Professor im Bereich Medienrecht an der TU Dortmund, begründet die kritische Haltung gegenüber Spotted wie folgt: „Bei Spotted können personenbezogene Daten veröffentlicht werden, ohne dass der Betroffene zuvor zustimmt. Wenn eine Identifizierbarkeit des Betroffenen hinzukommt, ist es nachvollziehbar, dass es einen datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch geben sollte.“ Da das

Datenschutzgesetz aber nur Behörden und Unternehmen und keine einzelnen Personen verpflichtet, greife dieser Anspruch nicht. Gostomzyks Kritik hält sich aber in Grenzen, soweit keine beleidigenden Äußerungen oder unwahren Tatsachen verbreitet werden. „Spotted ist eigentlich nichts anderes als ‚schwarze Bretter‘ früher.“ Spotted sei kein datenschutzrechtliches Problem, solange keine personenbezogenen Daten verbreitet werden. Aber welche Rechte haben nun Personen, die sich in einer Suchanzeige wiederfinden und nicht möchten, dass diese öffentlich sichtbar ist? Gostomzyk bestätigt, dass solche Personen keine datenschutzrechtlichen Ansprüche geltend machen können. Äußerungsrechtliche Ansprüche hingegen schon, weil Persönlichkeitsrechte betroffen und gegebenenfalls verletzt werden. Darunter falle auch der Unterlassungsanspruch. Das heißt, dass ein Anspruch auf Löschung des Eintrages besteht, falls die gesuchte Person identifiziert werden kann. Das Gleiche gilt für beleidigende Einträge, wenn beispielsweise „die Braunhaarige mit der großen Zahnlücke und der Hakennase“ gesucht wird. Bei herabwürdigenden Äußerungen kann zudem auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld oder sogar Schadensersatz bestehen. Dennoch hält Tobias Gostomzyk die ganze Sache für relativ unbedenklich.

Auf die Frage, ob die Betreiber mittlerweile auch Geld mit dem Konzept verdienen, antwortet Kai Strehler mit einem Nein. Das könnte laut Kai aber bald möglich sein, zum Beispiel mit dem Schalten von Werbung. Bislang ist Spotted für die drei Studenten aber offenbar ein Minusgeschäft. Die Kosten für die Website haben sie aus eigener Tasche bezahlt. Auch wenn diese nicht hoch waren, bleiben immer noch die vielen, unbezahlten Arbeitsstunden, die das Team in Spotted investiert. Sandra findet die Spotted-Seiten trotz der Kritik gut: „Das Konzept ist super. Jeder hat sich wahrscheinlich schon mal darüber geärgert, jemanden nicht angesprochen zu haben, da finde ich, dass es eine ganz gute Chance ist, die Person über Spotted vielleicht doch noch zu finden.“ Spotted ist ein Konzept, das helfen soll, mehr Liebe an den Campus zu bringen. Aber kann die Liebesbörse trotz der „Online-Umgebung“ noch etwas Romantisches haben? „Ja“, bestätigt Kai Strehler, „weil das Gefühl, das zur Nutzung führt, ein reales ist: Dass man sich nicht getraut hat, jemanden anzusprechen, aber nicht aufhören kann, an jemanden zu denken, jemanden zu vermissen. Spotted ist der moderne Liebesbrief.“

*Namen von der Redaktion geändert

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SAG MAL PROF Wie funktionieren eigentlich Deos? TEXTHENDRIK PFEIFFER FOTOANNA-CHRISTIN KUNZ

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ir alle fürchten die Situation am frühen Morgen: Man ist spät dran und muss rennen, um den Zug zur Uni noch zu erwischen. Völlig verschwitzt und mit Ringen unter den Augen erreicht man im letzten Moment den Zug – doch jetzt fangen die Probleme erst an: Die Kleidung ist nass, besonders unter den Armen. Die Mitreisenden setzen sich unauffällig von einem weg. Der Grund: Das Schwitzen ist nicht nur lästig, sondern riecht auch noch unangenehm. Wie praktisch wäre jetzt ein Notdeo im Rucksack! Aber wie neutralisiert das „Wunderspray“ den Geruch und Schweiß eigentlich genau? „Dafür muss man erst mal verstehen, dass nicht der Schweiß, sondern seine Abbauprodukte den Geruch verursachen“, sagt Daniel Rauh, Professor für chemische Biologie und Medizin an der TU Dortmund. Der Schweiß selbst ist also völlig geruchlos. An bestimmten Stellen, wie unter den Achseln oder im Intimbereich, befinden sich „appokrine“ Schweißdrüsen, die den Geruch verursachen. Anders als die „ekkrinen“ Drüsen sondern sie nicht nur Wasser, sondern auch Fette und Proteine ab – ein gefundenes Fressen für die Bakterienflora auf der Haut. Beim Abbauen dieser Produkte erzeugen die Bakterien Stoffe wie Butter- und Ameisensäure. „Dadurch entsteht der unangenehme Geruch“, erklärt der Hochschullehrer. Hier setzen nun die Deos an. „Es gibt drei Möglichkeiten gegen die Geruchs- und Schweißbildung, die auch beliebig kombinierbar sind“, 35

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sagt der Biochemiker. Bei Parfümstoffen wird der unangenehme Geruch nur überdeckt. Viele Deos haben zusätzlich einen antibakteriellen Wirkstoff: Er hemmt die abbauenden Bakterien und tötet sie ab. „So gibt es am Ende weniger Butterund Ameisensäure, also auch weniger Geruch“, sagt Rauh. Als dritte Möglichkeit nennt er die Antitranspirantien. Durch den Stoff Aluminiumchlorid, ein Salz, werden die Schweißdrüsen für eine gewisse Zeit verstopft. „Man schwitzt dafür zwar an anderen Stellen stärker, aber das fällt kaum ins Gewicht“, sagt der Professor. Trotzdem rät Rauh, Deos behutsam und wohldosiert zu verwenden: „Sowohl die Duftstoffe, als auch die antibakteriellen Stoffe und Salze in den Deos sind sehr allergieanfällig.“ So komme es oft zu Hautreizungen. Die Anwender sollten genau auf die Inhaltsstoffe achten und sich eventuell in einer Apotheke beraten lassen, sagt Rauh. Hilfreich sei auch, auf schweißanregende Lebensmittel wie Alkohol, Kaffee und scharfes Essen zu verzichten. „Viele Bakterien bleiben in getragener Kleidung, besonders Polyester, zurück. Man sollte immer darauf achten, seine Kleidung regelmäßig über 60 Grad Celsius zu waschen“, sagt Daniel Rauh. Durch die Hitze sterben die Bakterien ab. Doch auch für Menschen, die Deos nicht vertragen, hat Rauh einen Tipp parat: „Salbeitee wirkt beruhigend auf die Schweißproduktion.“ Also lieber den Wecker zehn Minuten früher stellen und den Morgen entspannt mit einem Salbeitee beginnen, anstatt aufs Deo zu setzen und auf den letzten Drücker zum Zug zu eilen. Daniel Rauh, Professor für chemische Biologie und Medizin an der TU Dortmund


aBgeFaHRen aBgeFaHRen Ihr wollt Kultur, Action und Abenteuer? Wir gehen mit dem NRW-Ticket bis ans Limit und nehmen euch mit auf eine Reise durch das Ruhrgebiet und darüber hinaus. TEXTJennY GödecKer FoToSarah tOber

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or mir ragt ein Wasserturm in die Höhe, gemauert aus leuchtend roten Backsteinen. Ein weitläufiger Schlosspark umrahmt den Weg zur Camera Obscura, dem Museum zur Vorgeschichte des Films, das es seit 2006 gibt. Ein leichter Regen und ein SchlossparkSpaziergang erinnern mich an ein typisches Filmset. Sehr passend. Die Anfänge der bewegten Bilder zu erkunden, ist schließlich der Anlass meines Tagestrips. Kurz erklärt mir die Dame an der Kasse den Aufbau der Ausstellung. Über eine Wendeltreppe aus Metall gelange ich in die erste Etage mit dem Namen „Licht und Schatten, die Vorgeschichte des Bildes“. Hinter einer Glasvitrine sind alte, chinesische Schattenspiele ausgestellt. Farbenprächtig, filigran, einfach faszinierend. Gleich daneben steht ein Kaleidoskop, das ich direkt ausprobiere. Es erinnert mich an mein Kaleidoskop aus Kindertagen. Das war aber nur aus Pappe und passte genau in meine Hände, dieses hier ist aus Metall, mindestens zehn Mal so groß und hat deutlich schönere und farbintensivere Steine im Innern. Auch teste ich das Daumenkino und die Thaumatrops – griechisch für Wunderscheibe: Pappscheiben mit aufgemalten Bildern auf beiden Seiten, die durch das Verdrehen angebrachter Fäden in Rotation geraten und so zu einem Bild verschmelzen. Hier im Museum erfahre ich nicht nur, wie aus unbewegten Bildern bewegte wurden. Ich erlebe optische Täuschungen, übe meine visuelle Wahrnehmung und werde spielerisch über physikalische Hintergründe informiert.

dem Lateinischen stammt und „dunkler Raum“ bedeutet. Das Prinzip der Camera Obscura ähnelt dem des menschlichen Auges. Durch eine Öffnung fallen Lichtstrahlen in einen dunklen Raum. Diese gebündelten Lichtstrahlen bilden ein seitenverkehrtes und auf dem Kopf stehendes Abbild. Diese Technik war schon im 18. Jahrhundert so bekannt, dass sowohl Künstler als auch Architekten sie nutzten, um Häuser und Landschaften so detailgetreu wie möglich zu zeichnen. In meinem Fall sehe ich die auf eine runde, leinwandähnliche Fläche projizierte Umgebung des Museums. Klein erscheinen die Gebäude und Autos. Ein verblüffendes, fast magisches Bild, den Schlosspark und die Umrisse Mülheims aus dieser Perspektive zu sehen.

Diesen Eindruck gewinne ich auch in der Etage „Camera Obscura, Guckkästen und Fotografie“. Hier schaue ich in verschiedene Kästen, die aussehen wie kleine Holzkisten mit einem Guckloch und eine eigene, kleine Geschichte erzählen. Ich staune über Kameras aus unterschiedlichen Ländern und Jahrhunderten. Eine Stimme aus der Kuppel über mir bittet mich hinauf. Ich steige eine weitere kleine Wendeltreppe hoch. Ich stehe in der begehbaren Camera Obscura, die nur mit einem Mitarbeiter des Museums betreten werden darf. Ich habe Glück: Museumsleiter Tobias Kaufhold führt mir persönlich die überdimensionale Urform der Kamera, wie wir sie heute kennen, vor. Er erklärt mir, dass der Begriff aus 36

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Ein Blick in die Camera Obscura lohnt sich. Alle, die gern Dinge ausprobieren, außergewöhnliche Orte schätzen und ungezwungen ihr Wissen über die Entwicklung der Bilder und des Films erweitern wollen, sind hier genau richtig. Ort: Camera Obscura, Am Schloß Broich 42, 45479 Mülheim an der Ruhr Anfahrt: RE1/RE6/RE11 bis Mülheim an der Ruhr Hbf, ab hier mit den Buslinien 122/131/132/135/752 bis Haltestelle Schloß Broich. Das Museum ist barrierefrei. Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr Eintritt: Studenten 3,50 Euro camera-obscura-muelheim.de


Hingeschaut Rollenwechsel: Bei der Theatergruppe Emscherblut führen Laien Regie und die Darsteller folgen den Anweisungen des Publikums TEXTLinda Schönfelder FotoEmscherblut

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in gutes Dutzend Schachbretter füllt die lang gezogenen Tischreihen des Fritz-Henßler-Hauses. Auf den ersten Blick: Kein guter Ort, um Theater zu spielen. Auf den zweiten Blick: ideal. Die groteske Bühne bietet Platz für Kreativität. „Schwarz oder weiß, das ist hier die Frage!“, brüllt Silke Eutermann durch den Raum und ist von der aufkeimenden Rassenfrage alles andere als abgeschreckt. Durch den Raum galoppierend gibt sie als Springerin eine vortreffliche Figur ab. Doch der schnelle Ritt nimmt ein jähes Ende. „Aus dem Weg, Bauer!“, zischt sie und deutet mit ausgestrecktem Arm auf einen Zuschauer. Im Ruhrgebiet zählt Emscherblut zu einer der ersten Gruppen, die sich dem Improvisationstheater verschrieben haben. Das siebenköpfige Ensemble entstand vor 25 Jahren und sorgt seither für Stimmung im Pott. Auf Zuruf des Publikums improvisieren die freien Schauspieler, was das Zeug hält. Wie die gewünschten Szenen umgesetzt werden, bleibt den Darstellern selbst überlassen. Kreativität und Spontanität stehen im Vordergrund. Gern darf ’s auch ein bisschen frech sein. Als Schauspielerin Susanne Tiggemann

fragt, was das Publikum mit Emscherblut verbindet, wirft ein Kind den Begriff „Haarausfall“ in die Runde – und spielt sichtlich erfreut auf das lichter werdende Haar der männlichen Kollegen an. Gelächter im Publikum. Gesagt, getan. Der kreativste Vorschlag gewinnt und ein skurriles, museumsähnliches Szenario entsteht. In Form von lebendigen Bildern setzen die Darsteller die Idee um. Während ein Schauspieler damit beschäftigt ist, Bein-, Bauch- und Achselhaare zu zählen, kämpft seine Partnerin unter der Dusche gegen den Haarausfall an. Seinen Ursprung hat das Improvisationstheater bereits im antiken Griechenland. Nachdem es zwischenzeitlich in Vergessenheit geriet, gründete 1955 Paul Sills in Amerika die wohl erste Improvisationstheatergruppe im heutigen Sinne. Inspiriert von Bertolt Brechts Theatertheorien führte „The Compass“ sowohl gesellschaftskritische als auch satirische Improvisationen nach Vorgaben des Publikums auf. In den 70er-Jahren entstand in England Improvisationstheater als Theatersport. Hierbei treten zwei Schauspielergruppen gegeneinander an und versuchen die

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Gunst des Publikums zu erringen. 1993 und 1995 wurde Emscherblut Deutscher Meister im Theatersport. Doch was reizt die Schauspieler an dieser Art der Darstellung? „Das Lebendige. Das Im-Moment-Sein. Durch das Improvisationstheater haben wir viel schneller als beim klassischen Theater die Möglichkeit, auf aktuelle Ereignisse zu reagieren“, sagt Ensemblemitglied Holger Voss. Und Schauspielkollege Bernd Witte ergänzt: „Improtheater hat das Nichtwissen zum Thema. Es ist sehr assoziativ. Als Schauspieler muss man stark auf die Interaktionen mit dem Partner achten. Und genau das macht den Reiz aus.“ Wer Emscherblut live sehen möchte, hat am 6. November die Gelegenheit dazu – dann startet die „Mittwoch Special Impro Show“ im Theater Fletch Bizzel. www.emscherblut.de


Hingegangen Ob präparierte Körper oder die Aufarbeitung des Industrie-Zerfalls – der Herbst hat eine Menge zu bieten. Wir zeigen nicht nur Stubenhockern, warum es sich lohnt, das gemütliche Sofa zu verlassen. TEXTLinda Schönfelder & Rebecca Hameister

FotosRebecca Hameister

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Körperwelten und der

Zyklus des Lebens

Ausstellung, Hermannshö he 42, Bochum bis zum 19.01.2014 Eintritt für Studenten: 15 Euro

200 Präparate zeigen die Organfunktionen des me nschlichen Körpers und dessen häufig ste Erkrankungen. www.koerperwelten.com

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