Anthroposophische Meditation
DAS GOETHEANUM
WOCHENSCHRIFT FÜR ANTHROPOSOPHIE AUSGABE Nr. 23–24 · 2. Juni 2017
takte ››› ‹The Ocean Cleanup› wurde vor vier Jahren von einem 18-Jährigen gegründet. Er entwarf ein Gerät mit kilometerlangen Fangarmen, wie eine Art Sieb, das Müll an der Meeresoberfläche abfischt. Da das Projekt mit seinem jungen Gründer Millionen Menschen begeisterte, konnte er 31,5 Millionen Dollar Spenden sammeln. Ein Prototyp des ‹Meeresstaubsaugers› wird derzeit in der Nordsee getestet. Richtig losgehen soll es 2018 am sogenannten ‹Großen Pazifischen Müllstrudel›, denn zwischen Nordamerika und Asien schwimmt besonders viel Müll. Hoffentlich widmet sich das Projekt auch den Ursachen der Müllentstehung, um nicht nur ein Geschäft mit den Wirkungen zu werden. ››› Ein positives Beispiel für Müllreduzierung liefern etwa die überall entstehenden Unverpackt-Läden. Wie die neu eröffnete ‹Füllbar› in Witten, die von Studierenden initiiert wurde. Dort sind alle Lebensmittel im Großgebinde verfügbar. Wer einkauft, bringt selbst Gläser, Flaschen, Tupperdosen oder Baumwollbeutel mit. So wird auch das Portionieren wieder in den individuellen Freiheitsbereich gestellt: www.fuellbar-witten.de ››› Das Buch ‹Was fehlt, wenn alles da ist? Warum das bedingungslose Grundeinkommen die richtigen Fragen stellt› von Daniel Häni und Philip Kovce liegt nun unter dem Titel ‹Liberté toujours› auch auf Französisch vor. ››› Der biodynamische Tinthof am Niederrhein bietet neuerdings Aktien auf Federvieh an. Die Aktionäre können, ohne selbst im Mist zu stehen, ihr Huhn betreut wissen. Die Rendite besteht im wöchentlichen ‹Eiflow› und ab und an einem Suppenhuhn. Investoren erhalten so die Möglichkeit, aktiv eine wesensgemäße Tierhaltung zu fördern. Die Unterbringung der Produzierenden findet im Hühnermobil statt, das über ein gutes Platzangebot verfügt. www. tinthof.de ››› Wie die ‹Erziehungskunst› meldet, hat sich der Wissenschaftsrat gegen die Akkreditierung einer universitären Fakultät 2 für Human- und Gesellschaftswissenschaften an der Alanus-Hochschule entschieden. Dort sollte ein Masterstudiengang in Sonderpädagogik und inklusiver Pädagogik entstehen. ›››
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Gemeinnützige Waldorfschulen
Beim Krieg hört der Spaß auf
Ein Urteil des deutschen Bundesgerichtshofs hat das Recht gemeinnütziger Vereine gestärkt. Die Entscheidung war auch von Waldorfinitiativen in Berlin mit Spannung erwartet worden. Ihnen drohte die Austragung aus dem Vereinsregister, weil die Behörden sie aufgrund ihrer Beitragseinnahmen als Wirtschaftsbetriebe einstufen wollten. Der Bundesgerichtshof hob nun ein Urteil des Kammergerichts Berlin auf. Denn das sogenannte Nebenzweckprivileg ermöglicht es gemeinnützigen Vereinen, finanzielle Mittel auch durch wirtschaftliche Aktivitäten zu beschaffen. Alle Steuerbefreiungen bleiben gültig. WWW.NNA-NEWS.ORG
Das Berliner Künstlerkollektiv ‹Peng› erklärt Waffenlieferanten den Krieg und schafft durch Guerilla-Aktionen Bewusstsein zu Artikel 26 des Grundgesetzes. Dort werden «Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören», als verfassungswidrig erklärt und unter Strafe gestellt. Zusammen mit dem Schauspielhaus Dortmund wurde ein fiktiver cdu-Ortsverband ins Leben gerufen, der Frau Merkel per Webseite und Videobotschaft aufforderte, im Namen christlicher Werte für den Exportstopp von Waffen einzutreten. Eine ebenfalls fiktive pr-Agentur lockte einen hochrangigen Vertreter des waffenproduzierenden Konzerns Thyssen-Krupp zur Verleihung eines Friedenspreises in ein Berliner Hotel. Zudem starteten die Aktivisten im Namen der Waffenfirma ‹Heckler & Koch› eine Rückrufaktion bei Hunderten von US-Waffenhändlern, die sie mit der schwindenden Konfliktsicherheit unter Präsident Trump begründeten. Doch auch fünf ernst gemeinte Gesetzesentwürfe zum Waffenexport wurden erarbeitet, über die im Internet abgestimmt werden kann. Ende Juni wird im Schauspielhaus Dortmund die Bilanz aller Aktionen gezogen, mit der Absicht, auch echte Berliner Parlamentarier für das Thema zu gewinnen. WWW.PEN.GG
Zeit für Menschlichkeit Die Frage nach der Menschlichkeit drängt sich von allen Seiten auf. Die rasant fortschreitende Technisierung beherrscht mittlerweile alle Lebensgebiete. Wir stehen in einer Umwandlung der gesamten Weltverhältnisse. Es ist Zeit, die positiven Kräfte zu stärken und echte Begegnung, Wahrnehmung und Allianzbildung zu ermöglichen. Die ‹Initiative Menschlichkeit› will Menschen zusammenbringen, denen die Frage der Menschlichkeit und was wir für sie tun können ein Herzensanliegen ist. Wie lebt diese Frage in anderen und wie können wir bei der Schaffung einer menschlicheren Welt zusammenarbeiten? Über Michaeli vom 29. September bis zum 1. Oktober lädt die Initiative zu einem ‹Begegnungsfest› an die Widar-Waldorfschule nach Bochum. Dabei ist schon der Einladungsprozess Teil der Begegnung, eine Art Ausschwärmen. Sowohl Beitragende wie Teilnehmende werden nach dem Prinzip ‹Menschen sehen Menschen› eingeladen. Jeder, der eingeladen ist, kann sich mitgestaltend einbringen. Weiteres zu der Initiative und dem michaelischen Begegnungsfest unter: WWW.INITIATIVE-MENSCHLICHKEIT.NET
Eigenständig zum Abitur ‹Abinom› ist eine Gruppe von derzeit elf Schülern, die sich in Freiburg ohne Schule auf ihr Abitur vorbereiten. Selbst zu entscheiden, wann und wie man lernt, steigere ihre Motivation. WWW.ABINOM.DE
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Halbes Jahrhundert Sozialkünste Vor 50 Jahren wurde die ‹Hochschule für Künste im Sozialen› in Ottersberg gegründet. Am 19. Mai fand der Festakt unter anderem mit Grußworten der Niedersächsischen Kulturministerin Heinen-Kljajić statt. Professor Rummel-Suhrcke führte in seinem Begrüßungsvortrag aus: «Zwei Jahre nach Gründung der ersten modernen privaten Universität Witten-Herdecke in Deutschland wurde 1984 in Ottersberg die von einem Verein getragene Fachhochschule staatlich anerkannt. Der Gründungsboom setzte in Deutschland nach der Jahrtausendwende ein, mit heute über 150 privaten und kirchlichen Hochschulen; das entspricht etwa einem Viertel aller Hochschulen in Deutschland.» In diesem Sinne waren die anthroposophisch orientierten Gründungen innovative Wegbereiter. QUELLE: WWW.HKS-OTTERSBERG.DE
ANDREAS LAUDERT
Ein Mensch spricht Eine Verkündigung
STEPHAN SIBER
Ein Begegnungsraum der Existenzinnerlichkeit Unter dem Titel ‹Dem Kommenden entgegenschreiten: Eigene und gemeinsame doppelgängerische Verstrickungen bewältigen› fand vom 26. bis 28. Mai die ‹5. Tagung zur Zukunft der Anthroposophischen Gesellschaft und Bewegung› statt. Es wurde eine bewegende Zusammenkunft. In der englischen Sprache gibt es das Wort zu einer Himmelfahrtstagung einfanden. ‹sanctuary›, das mit ‹heiliger Ort›, ‹Freistätte› Die Beiträge von Hanjo Achatzi, Gerold Aregoder ‹Zufluchtsort› übersetzt werden kann. ger, Mario Betti, Anthea Bischof, Corinna Es beschreibt einen Freiraum, in dem etwas Gleide, Anna Cecilia Grünn, Anton Kimpfler, gedeihen kann, das außerhalb dieser Sphäre Gunhild von Kries, Annemarie Richards und schutzlos Kräften ausgeliefert wäre, denen es Harrie Salman wurden musikalisch umrahmt nichts entgegensetzen könnte, um das Fort- von den Tagungsorganisatoren Steffen Hartbestehen seiner eigenen Existenz zu gewähr- mann, Johannes Greiner und Torben Maiwald, leisten. Nicht zu verwechseln ist dies mit dem die neben ihren Darbietungen am Flügel Neoanglizismus ‹Safe Space›, womit ideolo- und einführenden Worten auch inhaltliche gische Sperrgebiete gemeint sind, innerhalb Schwerpunkte beisteuerten. Die Vorträge, derer bestimmte Restriktionen akzeptiert Impulsreferate und Gespräche, bei denen werden (müssen), um diejenigen, die sich an auch der Humor nicht zu kurz kam, wurden solchen Orten aufhalten, vor gegensätzlichen ergänzt durch gemeinsames Singen sowie Meinungen zu schützen, die sie nicht ertragen Eurythmieaufführungen von Sivan Karnieli können. Ein ‹soziales Sanktuarium›, das und Katharina Okamura. Mit Gerald Häfner, mit der Freiheit und dem Verantwortungs- der spontan die Einladung angenommen hatbewusstsein des individuellen Menschen te, für einen verhinderten Referenten einzurechnet, das durch eine selbstreflexive Be- springen, war schließlich auch ein Mitglied gegnung mit jenem menschlichen Wesensas- der Goetheanum-Leitung auf der Tagung pekt, den Rudolf Steiner als ‹Doppelgänger› vertreten. Bereits die Einladung ließ bezeichnete, die Entwicklung neuer sozialer den offenen Charakter der Tagung erahnen. Fähigkeiten ermöglichen will, kann jedoch So war weder eine Anmeldung erforderlich, nicht normativ bestimmt werden. Ein Raum noch wurde ein fixer Tagungsbeitrag vorder menschlichen Begegnung, in welchem es geschrieben. Sie sollte gegen einen freien möglich wird, sich zu öffnen, seine eigenen Unkostenbeitrag für alle Interessierten ofSchwächen zu sehen und seine Wunden zu fen und für Schüler und Studenten gänzlich zeigen, wo die Bereitschaft entstehen kann, unentgeltlich zugänglich sein – ein Vertrauwirklich ‹existenziell› zu kommunizieren, enskonzept, das dank der eingegangenen bedarf wesentlich anderer Bedingungen. Den Beiträge der Tagungsbesucher schließlich Initiatoren und Mitwirkenden der Tagung ist auch finanziell aufging. Vielleicht konnte das soziale Kunststück gelungen, einen sol- der entstandene Erfahrungsraum, in dem chen Freiraum der gegenseitigen Achtsam- selbst jene Stimmen hörbar wurden, die keit zu öffnen, in dem eine tiefe Begegnung allzu oft stumm bleiben oder übergangen von etwa 100 Menschen möglich wurde, die werden, in den Anwesenden eine leise sich – fast ein wenig versteckt, fernab der Ahnung davon aufkommen lassen, was Rugrößeren Tagungsräumlichkeiten am Goe dolf Steiner meinte, als er die Begegnung zwitheanum – am vergangenen Wochenende schen Mensch und Mensch als das Sakrament bei strahlendem Wetter im Saal der Halde der Zukunft bezeichnete. Foto Stephan Siber
Hiermit erkläre ich mich zu Mann und Frau. Hiermit erkläre ich mich zum Flüchtenden und zum Bleibenden, zum Linken und zum Rechten, zu Gott und Mensch. Ich erkläre mich zu dieser und zu jener Sache, ich erkläre mich zum Krieg und zum Frieden. Ich erkläre mich einverstanden und bin gegen jedes Einverständnis. Ich erkläre dir, den ich nicht verstehe, deine Rechte. Ich sperre dich nicht ein in mein Unverständnis. Ich werde dein Recht, zu befremden, verteidigen gegen jeden Feind. Hiermit erkläre ich alle Sitzungen für beendet. Ich erkläre, dass wir auferstehen, dass wir allesamt aufstehen werden aus der gekrümmten Haltung der Trauer. Ich weihe dich feierlich ein in gerade deine Aufgabe. Ich erkläre sie dir. Hab keine Angst und fürchte dich nicht. Hiermit erkläre ich dich zum Nächsten, den ich liebe und von dem ich geliebt werden möchte, demnächst und jetzt, immer und ewig. Mann und Frau, Mann und Mann, Frau und Frau und noch mehr. Ich erkläre der Welt deine Liebe. Ich erkläre unter Eid, dass mich die Wahrheit ausspricht und nichts als die Wahrheit die Dinge klärt. Der Nebel lichtet sich von Natur, die Anker müssen wir selber lichten. Ich erkläre dir das Ziel unserer Reise. Wenn wir Verklärte sein werden, wirst du alles verstehen, das Schwere und das Unerklärliche, das Besondere und das Allgemeine, das Gesetz und die Freiheit, die Ehe zwischen zwei Verschiedenen. Sie ist die einzige, die zählt. Verschieden sind wir Tote, vereint sind wir Lebendige. Vom Tod her – dem Ort, wo die Meinungen enden und deine Freiheit beginnt (aber auch die Verantwortung) – erklären sich Himmel und Erde. Nicht, bis alte Trennungen durch neues Leben sich verwandeln. Lineatur Ph.Tok ST
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SIEBEN FRAGEN [31]
Die Hand auf die Erde Miriam Wahl hat Malerei studiert und forscht zurzeit an der Forschungsstelle Kulturimpuls zu Cézanne, Handke und Rilke. Was machst Du gerade auch noch? Meine ‹Hauptsache› nebenbei betreiben: das Malen. Da versuche ich, unbeholfen wie ein Anfänger, was Rilke sagt: jeden Augenblick die Hand auf die Erde legen zu können wie der erste Mensch. Was macht Dich lebendig? Momente, in denen sich zu meiner Beobachtung ein Gedanke findet. Und andersherum. Begegnungen. Woran bist Du zuletzt aufgewacht? In der letzten Zeit wache ich öfter mal kurz auf, an einem Grün, einer Blume, einem Gesicht, an einem Bild. Wer weckt wen, frag ich mich. Welches Werk hat Dich beeindruckt? Ganz unspektakulär und freilassend, aber nachdrücklich beeindrucken mich Steiners neun Naturstimmungen. Das Beeindruckende dieser Skizzen ist unter anderem genau diese Freiheit des Betrachters, zusammen mit der Notwendigkeit, dass ich wirklich betrachte. Wofür bist Du dankbar? Für Fragen. Wo und wie hat Dich eine fremde Kultur berührt? Seit einem knappen Jahr lebe ich ohne ein festes Zuhause und habe so bei vielen verschiedenen Menschen wohnen dürfen. Da bin ich jedes Mal in ganz andere Wohn-, Ess-, Lebens- und Denkkulturen eingetaucht. Jede Gruppe, jede Familie, jeder Mensch ist eine fremde Kultur. Es ist aufregend, dieses Andere kennen und schätzen zu lernen. Wo begegnet Dir heute Zukunft? Wenn ich an einem Menschen etwas erlebe, für das mir immer wieder das Wort ‹Größe› einfällt. Eine unendliche Dimension, die an der Erscheinung aufblitzt und weit darüber hinausreicht. In solchen Momenten erlebe ich etwas, das ich nicht einordnen kann. Das ist für mich Zukunft, und zwar eine sehr hoffnungsvolle. MR
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DIRK KRUSE
SEBASTIAN JÜNGEL
Energisches Vorgehen
Wahrhaftig Gretchen
Energisch dranbleiben an der reinsten Emp fänglichkeit, das ist die paradoxe Schlüssel fähigkeit beim übersinnlichen Wahrnehmen.
Bei den drei Aufführungen von Goethes ‹Faust 1 und 2› im Juli 2017 am Goethe anum spielt Anne-Kathrin Korf das Gretchen.
Oft ist es bei Steiners Anweisungen zu Wahrnehmungsübungen überlesen worden, praktisch aber notwendig: das bewusst ‹energische› Vorgehen. «Wenn man diese Übungen konsequent, mit großer innerer Energie, Opferwilligkeit und Hingabe macht»¹, heißt es; von der «unbegrenzten Steigerung von Seelenfähigkeiten»² ist die Rede, von intensivem «die Aufmerksamkeit … lenke(n)»³ und von «wirklicher geduldiger Übung»⁴. Es geht um den energischen Einsatz innerhalb der Feinheiten einer einzigen Übung! Im Vollzug braucht es starke Ich-Energie und gleichzeitig gelöste Hingabe. Ohne dies lässt sich das Wahrnehmen des Sprießens und Welkens gar nicht durchführen. Um das Sprießen an sich zu sehen, muss konzentrierte Hingabe energisch und wiederholt vollzogen werden, dann erst sehe ich die feine Vitalität, bekomme den realen Eindruck einer expandierenden Kraft. Und die ist erst das Objekt der fühlenden Wahrnehmung. Zum Energischen gehört die Geduld, beim Wahrnehmen nicht nachzulassen und immer wieder neu anzusetzen, bis sich plötzlich der Kraft-, Seelen- oder Wesenseindruck hineinprägt in die zur Verfügung gestellte Seelenkraft des entleerten Denkens, Fühlens oder Wollens.Einfach die Übung machen, ohne energisches Wiederholen, geht nicht! Die Übung gelingt dann auch bei 100 Malen treuen Übens nie. Was vielleicht das weitgehende Ausbleiben von Erlebnissen in der Vergangenheit erklärt. Energisch dranbleiben an der reinsten Empfänglichkeit, das ist die paradoxe Schlüsselfähigkeit beim übersinnlichen Wahrnehmen.
Anne-Kathrin Korf hat ein klares Bild von Gretchen, ein facettenreiches. Kein Wunder: Sie ‹kennt› Gretchen seit 14 Jahren – aus der ‹Faust›-Epoche und der Jahresarbeit, in der sie ‹Klassik und Moderne der Schauspielkunst› anhand der Rollen Gretchen und Gudrun Ensslin (‹Wenn du geredet hättest, Desdemona› von Christine Brückner) untersuchte; Gretchen war eine ihrer Vorsprechrollen an Schauspielschulen und wurde von ihr im Rahmen ihres Eurythmiestudiums eurythmisch umgesetzt (Kerkerszene). Ein Erlebnis aus der aktuellen Probenarbeit: «Man vollzieht als Darsteller den Entwicklungsprozess Gretchens mit – sie wird vom Mädchen zur Frau, mit den damit verbundenen neuen Gefühlen von Sehnsucht bis zu körperlicher Hingabe.» Gretchen sei die «kleine Heldin des ersten Teils». Sie erweist sich als gleichwertige Partnerin von Faust mit eigenem Standpunkt, den sie ihm gegenüber auch vertrete. «Sie bleibt sich treu und rettet die Freiheit ihrer Seele.» Erscheint Faust im ersten Teil überlegen, führt sie ihn am Ende des zweiten Teils. Sie erkennt früh das wahre Wesen Mephistos – durch ihn steigen in ihr Seelenregungen auf, die sie vorher nicht kannte: Abneigung, Ängste, Wut. Mephisto lässt sie schaudern. An der Rolle des Gretchens erlebt Anne-Kathrin Korf eine besondere Kraft, ein besonderes Schicksal, letztlich Bewunderung: «Gretchen nimmt – ohne aufzubegehren – ihr Schicksal an. Sie lässt sich nicht verbiegen, bleibt sich selbst treu und wahrhaftig.» Aufführungen und Tagungen
1 GA 240, S. 266. 2 GA 18, S. 605. 3 GA 10, S. 44. 4 Ebd., S. 54. Malerei Detail, Asaf Hameiri MR
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17. bis 19. Juli, 20. bis 24. Juli, 27. bis 30. Juli, www.faust2017.ch Foto Georg Tedeschi
BERNHARD STEINER
‹Beuys› Film-Hommage Anfang Juni läuft in der Schweiz ‹Beuys› von Andres Veiel an. Die 107-minütige Filmbiografie über den ‹sozialen Plastiker› und Geburtshelfer eines ‹erweiterten Kunstbegriffs› feierte heuer auf den Internationalen Filmfestspielen in Berlin ihre Weltpremiere.
Einfühlsam gelingt es Veiel, rund 400 Stunden zum Teil unerschlossenen Ton- und Bildmaterials und einen Fundus von über 20 000 Fotos zu einer Filmkomposition zu verschmelzen, die dem Zuschauer die Intentionen des Künstlers Joseph Beuys zu vermitteln vermag. Ein Kunstgriff des Regisseurs besteht darin, dass er collageartig Kontaktabzüge mit Ausschnitten aus Fotos und Filmen verwendet, die lebendig werden, um dann wieder einzufrieren und zum nächsten Bild überzugehen. Ganze drei Jahre haben Veiel und seine Mitstreiter an dem Film gearbeitet, der den 1986 verstorbenen Aktionskünstler nun auf der Kinoleinwand erneut lebendig werden lässt. Wer Beuys erlebt hat, weiß, wie sensibel er auf Fragen der Menschen (auch die nicht gestellten) einzugehen vermochte. Gleich in der Eröffnungssequenz spricht er, dem anonymen Zuschauer zugewandt, die folgenden Worte: «Nehmen wir an, man steht vor einer Gruppe von Menschen. Dann ist es am besten, man erreicht alle zu gleicher Zeit. [...] Man hat also eine Vorstellung von dem, was in den Menschen vorgeht. […] Und gute Leute haben da immer große Fähigkeiten entwickelt. […] Sie kommen in einen Saal und können sofort abschätzen: Was sind die Fragen der Leute, die inneren Fragen.»
Unermüdlich im Dialog Sicher liegt ein großer Teil seiner künstlerischen Wirkung in dieser Fähigkeit, auf die tieferen Fragen – nicht nur der Menschen, sondern auch jener, welche die Zeit stellt – einzugehen. Was einst sein ‹Markenzeichen› war – Filz und Fettecken –, tritt im Gang seiner Entwicklung konsequenterweise zunehmend zurück, zugunsten von Gesprächen mit dem Publikum. Unermüdlich suchte er den Dialog. Als er nach einem Herzinfarkt gefragt wird, ob er sich nicht zu sehr verschleißen würde, antwortet Beuys: «Es ist vollkommen egal, in welchem Beruf man sich verschleißt, aber verschleißen muss man sich. Man muss sich zu Asche verbrennen. Sonst hat es keinen Zweck.» Ohne sich an eine strenge Chronologie zu halten, lässt Veiel seinen Protagonisten aus unterschiedlichen biografischen Perspektiven in Erscheinung treten: einmal spielend auf den Feldern bei Kleve, ein andermal als Sturzkampfbomber auf der Krim im Winter des Jahres 1943 in einer abstürzenden Ju 87. Im letzten Teil legt Veiel besonderen Wert auf das zunehmende politische Engagement von Beuys, der als Mitbegründer der Grünen allerdings früh ausgebootet wurde – er passte wohl in keinerlei parteipolitisches Korsett. Unter dem umfassenden Material, das Veiel zusammengetragen hat, befinden sich auch so manche selbst unter Beuys-Kennern unbekannte Zitate, unter anderem
jenes, in welchem Beuys ein Jahr vor seinem Tod seinen ‹erweiterten Kunstbegriff› humorvoller als sonst auf den Punkt brachte: «Ich bin gar kein Künstler. Es sei denn unter der Voraussetzung, dass wir uns alle als Künstler verstehen, dann bin ich wieder dabei. Sonst nicht.» Obwohl besagte Tonaufnahme bereits seit Jahren beim Achberger fiu-Verlag als Audio-cd erhältlich ist1, dürfte es Veiel als Verdienst anzurechnen sein, den entsprechenden Ausspruch erstmals extrahiert und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht zu haben.
Zeitgemäße Anthropologie Man kann es als ein Manko empfinden, dass die Anthroposophie in dem Film nicht erwähnt wird, obwohl Beuys schon mit 20 Jahren davon hörte, sich später im Studium in sie vertiefte und 1973 Mitglied der Anthroposophischen Gesellschaft wurde. Immerhin war es keinesfalls so, dass Beuys sich nicht öffentlich zur Anthroposophie bekannt hätte. Als der Verfasser dieser Zeilen Beuys vor 40 Jahren in einem Publikumsgespräch im Kunstmuseum Bonn erlebte und fragte: «Aber was Sie da sagen, ist Anthroposophie», antwortete er: «Ja, die Anthroposophie ist die zeitgemäße Anthropologie!» Auch wenn die Anthroposophie im Film nicht explizit Erwähnung findet, so werden mit seinem Konzept der ‹Sozialen Plastik› dennoch Elemente erörtert, die in Richtung einer schöpferischen Gestaltung des dreigliedrigen sozialen Organismus durch den einzelnen Menschen weisen. Dass nach Beuys «der Geldhandel die Demokratie unterwandert» und jeder Mensch ein Recht auf Einkommen hat, zeigt, dass der Künstler Begriffe entwickelt hatte, die seiner Zeit voraus waren. Eine Grafik von 1982 trägt den Titel: ‹Letzte Warnung an die Deutsche Bank. Beim nächsten Mal werden Namen und Begriffe genannt.›
Entgegenwachsen Vielleicht gilt für Joseph Beuys, was in ähnlicher Weise auch für die Anthroposophie gesagt werden könnte: Sie wurde als Kleid entworfen, das jedoch zunächst zu groß geschnitten ist; der Mensch kann erst allmählich hineinwachsen. Wäre es nicht möglich, dass wir ihm als gegenwärtige Menschheit – dreißig Jahre nach seinem Tod – etwas entgegengewachsen sind und ihn heute besser verstehen können? Fast wirkt es auf den Betrachter so, als hätte Beuys mit unsichtbarer Hand selbst an der Regie des Films mitgewirkt und wäre so einem solchen Entgegenwachsen von sich aus auf halbem Weg entgegengekommen. Bild zeroonefilm / Ute Klophaus 1 ‹Joseph Beuys & Michael Ende: Kunst und Politik. Gesprächsfortsetzung vom 9. Februar 1985› FIU Verlag ST bit.ly/2qpea3T
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Grundbausteine – Kreis und Vertikale Das neugeborene Kind sucht als Erstes das Auge, das es ansieht. Das Kind lebt vom ersten Augenblick seines Lebens in dem Bedürfnis nach Beziehung – und die Verbindungen zu anderen Menschen werden für die meisten Menschen zum Entscheidenden im Leben. Geburt, Liebe und Tod sind die großen (menschlichsten?) Momente dieser Erfahrung.
BODO VON PLATO
Meditation
Vom Klang einer Welt mit menschlichem Antlitz Meditation ist eine Tat. Kein Diskurs, nicht Reden über etwas, keine folgenlose Idee, sondern ein Akt. Ein unsichtbarer, aber nicht unbewusster Akt, der sich im Alleinsein vollzieht – so allein, wie vielleicht Gott allein gewesen sein mag, ehe er die Welt schuf. Jeder Akt schafft eine Beziehung. Wird sie bewusst, verändert sie sich dem Bewusstsein entsprechend. Jede bewusst werdende Beziehung und ihre Folgen schaffen eine Wirklichkeit, die ein anderes Angesicht trägt als die gottgeschaffene Welt.
Aber wir knüpfen nicht nur Beziehungen zu anderen Menschen, sondern auch zur Natur, zu Sonne und Himmel, zu Wind und Regen, dem Blau oder Gelb der Schwertlilie, zu Tieren und zum Sand am Ufer des Flusses – alles das ist da. Und ich bin damit verbunden, habe eine Beziehung, die mich in der Welt sein lässt. Wie ausgeprägt diese Beziehung ist, wird immer individueller und hängt in einer menschengemachten Welt zunehmend davon ab, wie ich entscheide. Und der Mensch hat auch eine Beziehung zu einer Welt, die über ihn hinausgeht – das Bewusstsein dieser Beziehung nimmt immer vielfältigere Formen an. Seit verhältnismäßig sehr kurzer Zeit glaubt eine (wachsende?) Anzahl von Menschen, es gäbe kein Jenseits, kein Darüberhinaus, meint, dass sich unser Menschsein auf das beschränkt, was unsere Sinne und unser Denken erfassen. Gemessen an der Menschheitsgeschichte ist das sehr neu. Bis ins Mittelalter, ja bis weit in die Neuzeit hatten Menschen eine Empfindung dafür, den Glauben oder sogar ein Erkennen, dass eine Welt existiert, die sie verursacht, eine Welt, die, wenn auch unsichtbar und ungreifbar, wirklich ist. Meine Beziehungen zu den Menschen, zur Welt und zu Gott sind geprägt von meinen Interessen. Es scheint gegeben, dass mich dies interessiert, jenes nicht. Sehr verschieden, immer individueller sind unsere Interessen und die Beziehungen, die daraus hervorgehen. Stellen wir uns vor, wie eine Gesellschaft wäre, die uns ermutigt, unsere wirklichen Interessen zu identifizieren und ihnen nachzugehen – also eine Gesellschaft, die sich für das interessiert, was dem Einzelnen wichtig erscheint. Sofort würde in dieser Gesellschaft deutlich, dass jeder Mensch wirksame Referenzen in sich trägt, Bezugspunkte, die ihm das Gefühl vermitteln: Das ist schön oder hässlich, gut oder böse, wahr oder irrig. Und daraus entsteht das Bedürfnis, der Wille: Hier möchte ich mich verbinden, dort nicht. In jedem von uns existieren Referenzen, die uns im Leben orientieren und lenken. Die Vorstellungen und das Leben, in die sie uns führen, werden zum Widerhall, zur Resonanz auf diese Referenzen. Können wir uns ein (soziales) Leben vorstellen, das auf individuellen Referenzen und auf deren Resonanz beruht? Jeder strahlt etwas aus in Bezug auf seine Referenz – in Bezug auf das, was ihn berührt, was er denkt, was ihm wichtig ist; und in Bezug auf das, was sich dadurch in ihm und um ihn bildet. Der Mensch ist ein Wesen, das auf Referenz und Resonanz beruht.
Das Dreieck des menschlichen Lebens
Wenn ein Kind zur Welt kommt, ist es ganz Resonanz. Es verbindet sich ganz mit seiner ganzen Umgebung. Es ist gewissermaßen ganz Umkreis. Und je älter es wird, umso weniger ist diese Verbindung ganz. An ihrer Stelle taucht nach und nach eine Vertikalität auf – Zeichen dafür, dass sich eine Referenz bildet. Zunächst ist die ganze Umgebung dem Kind Bezugspunkt, dann werden die Bezugspersonen immer mehr zur Autorität, zur Referenz, und schließlich wird der junge Mensch selbst – wenn es gut geht – zum Schöpfer seiner eigenen Referenzen und bestimmt selbst, wofür er Interesse hat, was ihn bestimmt, orientiert, lenkt. Und darin kann er sich selbst zunehmend erkennen. Die erzieherische Umgebung – zu Hause, in der Schule oder der Ausbildung – war ihm Referenz und die anschließende mehr oder weniger bewusste Selbsterziehung entscheidet sich an der Wahl der Referenzen, die für das Leben bestimmend werden. Und wie für das Individuum, so für Gesellschaften und Kulturen: Sie haben ihre Referenzen, ihren Resonanzraum; sie verändern sich im Laufe der Zeiten und die Zeiten durch sie. Wählen wir als Beispiel François Cheng, den 1929 in China geborenen und seit 1949 in Frankreich lebenden Dichter. Mit seinem Sinn für die Schönheit der Welt, der menschlichen Seele und einer göttlichen Ordnung ist er durch seine poetische Sprache in den letzten zehn Jahren weit über die französischsprachige Welt hinaus für viele Menschen zu einer Referenz geworden, die in dem Sinn für das Schöne eine entscheidende Kraft künftiger Menschlichkeit erkennen wollen. Nicht jeder aber ist für die Schönheit und ihre Wirksamkeit empfänglich – für manchen mag das Schöne als (verführerischer?) Schein gelten, als fern der eigentlichen Wirklichkeit, der Tat – oder fern der wahren und haltbaren Erkenntnis, die doch allein Wirklichkeit begründet. Die eigenen, aus vorgefundenen Interessen gebildeten Referenzen finden ihre Resonanz im Leben, in der Welt. Durch ihren Widerhall werden meine Interessen und Referenzen ausgeprägter, bewusster oder verändern sich. Der Kreis der Resonanz wird durchzogen von der Vertikalen der Referenzen. Sie bestimmen zunehmend den Kreis und orientieren sich an seinem Widerhall. Das aufeinander bezogene Verhältnis von Leben und Bewusstsein nimmt individuelle Gestalt an.
Vor diesem Hintergrund rücken drei Tätigkeitsfelder ins Blickfeld, denen eine entscheidende Rolle im gegenwärtigen Leben zukommt. Sie erscheinen von individueller und gesellschaftlicher Bedeutung, ja von Bedeutung für die vom Menschen abhängig gewordene Welt. Zunächst haben wir es mit dem zu tun, was wir in Bezug auf uns selbst empfinden: mit unserer Persönlichkeit, unseren Interessen, mit dem, was wir sind und nicht sind und werden. Das ist von unmittelbarer Bedeutung, denn wir stehen (meistens) nicht über den Dingen, sondern sind mit der Beschränktheit des alltäglichen Soseins konfrontiert, mit unseren Grenzen, unseren Unfähigkeiten, aber auch mit unseren tieferen Anliegen, Idealen, mit unseren Zielen und unserem Einsatz für das, was uns am Herzen liegt. Alles fließt zusammen in unserer Befindlichkeit, macht sie aus. Ich kann sie verändern, wenn ich tätig werde; ein Grundton aber bleibt und aus ihm schaffen wir die immer persönlich gefärbte Beziehung zur Welt, zum aktuellen Weltgeschehen. Aus diesem vielschichtigen Zusammenfließen fällen wir – hier öffnet sich das zweite Tätigkeitsfeld – Urteile über alles, was um uns vorgeht, über das aktuelle Geschehen in der Welt. In ihrem letzten Werk ‹Vom Leben des Geistes› schildert Hannah Arendt die zentrale Bedeutung unseres Fühlens im Urteilen für die Auffassung und Gestaltung des öffentlichen, des politischen Raumes; Rudolf Steiner sieht bekanntlich das Fühlen als den eigentlichen Ort der Friedensfähigkeit des Menschen. Unser Fühlen ist fortwährend von Urteilen durchzogen und umgekehrt. Über das Urteil knüpfen wir – ausgehend von unseren Befindlichkeiten und tieferen Gründen – eine Verbindung mit dem, was in der Welt vor sich geht. Wir interessieren uns für das aktuelle Geschehen, für das, was Donald Trump, Papst Franziskus oder François Cheng sagt, was in Syrien, beim G-7-Gipfel in Taormina im Mai 2017, bei der Einweihung der Elbphilharmonie oder am Goetheanum vor sich geht. Unsere Tage sind nie lang genug, um diesen Durst nach Aktualität auf verschiedenen Ebenen zu stillen, um unsere Verbindung mit dem Weltgeschehen wieder und wieder zu erneuern. Das dritte Element möchte ich zeitlose oder ewige Texte nennen. Texte, Dichtung oder Bilder, Skulpturen, Kompositionen oder Bauten, Schöpfungen des Menschen, die die Zeiten überdauern, die Ziel- und Ewigkeitscharakter besitzen. Hat man sich auch nur einmal mit einem Meisterwerk auseinandergesetzt, bleibt
DAS GOETHEANUM Nr. 23–24 · 2. Juni 2017 · ZUSAMMENHÄNGE
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Das Quadrat der Meditation die Sehnsucht, immer wieder darauf zurückzukommen, denn man weiß, dass man es noch nicht ausgelotet hat. Was hier vor sich geht, ist nur schwer zu fassen, aber es handelt sich um eine Realität, die die Kraft besitzt, die Horizonte unserer Seele, ja, sie selbst zu erweitern. Und obwohl der Transhumanismus längst Wirklichkeit ist und wir alle uns schon durch allerlei Apparate ‹erweitern›, werden wir immer diese zeitlosen Texte suchen. Die Seele hat eine Verbindung zu dem, was über sie hinausgeht, was mit ihrem Ursprung zu tun hat, mit Gott. Die Meisterwerke rufen diese Verbindung ins Jetzt und stärken sie. Ich gebrauche hier den Ausdruck ‹zeitlose Texte› im weitesten Sinn – dazu gehört auch die aufgehende Sonne an diesem Frühlingsmorgen, die Elbe bei Jasebeck und die alte Eiche mit dem Hornissennest. Denn auch die Natur ist ein zeitloser Text – allerdings nicht allgemein, wohl aber an jedem konkreten Ort, den ein Mensch realisiert (poetisiert). Auch jemand, der ein Kind anblickt und ihm durch diesen Blick Achtung verleiht und seinen Lebenswillen hervorruft, schafft oder liest in diesem Sinne einen zeitlosen Text. Vielleicht kann man sagen, dass jeder Äußerung des Wahren, Schönen und Guten der Möglichkeit nach der Charakter eines ewigen Textes eingeschrieben ist. Das persönliche Lebensmoment, die Verbindung zum aktuellen Weltgeschehen und zu ewigen Texten: Diese drei Elemente suchen im täglichen Leben ihr jedem Menschen eigenes Verhältnis zueinander und das immer individuelle Dreieck ihrer Verhältnisse macht die Einmaligkeit jeder Biografie aus.
Eine bewusste meditative Praxis findet eine gute Grundlage in dem wachen Zusammenspiel von Referenz und Resonanz; ein Leben, in dem das Verhältnis von Mensch, Welt und Gott sich immer tätiger aufeinander beziehen kann, sucht wie selbstverständlich die vier Elemente, die diese Praxis im Sinne der Anthroposophie ausmachen. Erkenntnis Am Anfang steht der Drang zu erkennen. Erkenntnis meint hier keine nur kognitive Tätigkeit, sondern alle Sehnsucht und Fähigkeit, sich mit der Welt, den anderen, sich selbst und auch mit dem über uns Hinausreichenden zu verbinden, zu verstehen und diesem Verstehen Ausdruck zu geben. Wir wollen einen Autor, einen Fluss, ein Geschehen oder jemanden, der uns nahesteht, besser verstehen, die Arbeit eines Künstlers, ein Ereignis oder das Geheimnis des Zusammenwirkens. Zuerst sind da vielleicht das Staunen oder die Überraschung, die Neugier oder eine Grenzerfahrung, mindestens die Aufmerksamkeit, das Interesse. Ich werde angezogen, möchte genauer wahrnehmen, den Kontext abtasten, dem Wesen, Ding oder Vorgang nähertreten. Annäherung also folgt dem Interesse. Im Nähertreten bringe ich Begriffe mit, bilde erste Vorstellungen, die – so zeigt mir dann, behutsam oder heftig, das Leben – mehr oder weniger zutreffen. Ich beginne zu verstehen, indem meine Vorstellungen immer zutreffender werden. Ist Verstehen schon Erkennen? Ein Anfang, ja. Im Erkennen dann verbinde ich mich verlässlich mit dem Erkannten; das Erkannte findet einen zutreffenden Ausdruck in meinem Umgang oder Leben mit ihm, in meinem Sagen oder Wirken. Diese Kenntnis verachtet das Wissen nicht, geht aber darüber hinaus und lebt aus einer dauerhaften Beziehung von Erkennendem und Erkanntem. Konzentration So gibt es wohl nur Weniges, das man wirklich erkennen kann. Um jemanden oder etwas in diesem Sinne zu erkennen, muss man sich konzentrieren. Wir können nicht alles erkennen – die Welt ist zu groß, zu vielfältig. Erkenntnis braucht Konzentration. Ich muss mich beschränken. Das ist schmerzhaft. Hat die Erkenntnis-Erfahrung einmal begonnen, müssen wir das Gebiet unserer Interessen ganz bewusst einengen, denn durch jede Erkenntnis wächst das Interesse – und gerne ins Uferlose. An dieser gezielten Einengung führt kein Weg vorbei, wenn man eine meditative Praxis sucht, und die hier angedeutete Erkenntnis ist bereits Teil dieser Praxis, die das Weltinteresse erheblich steigert. Im Bereich der Konzentration spielt sich alles ab, was man als ‹Übung› bezeichnen kann. Die Art der Übung ist dabei nicht entscheidend – wichtig ist, dass ich zu üben beginne, in vielfacher Form, Ausdauerübungen, Wahrnehmungsübungen, Besonnenheitsübungen und so weiter. Solche Übungen sind vergleichbar mit denen eines Musikers oder Malers. Die Unermüdlichkeit, das Immer-wieder-Beginnen sind Ausdruck des Weges vom Lehrling zum Gesellen und, vielleicht, zur Meisterschaft. In seinen ‹Briefen an einen jungen Dichter› geht Rainer Maria Rilke nicht direkt auf das Anliegen des jungen Mannes ein, der ihn über seine Zukunft als Dichter befragt. Er rät ihm nur, zu untersuchen, ob er leben könne, ohne unaufhörlich zu schreiben – wenn das der Fall wäre, sei er nicht zum Dichter berufen.
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Nicht die Beschränkung, der Verzicht, sondern wie die Übung natürlichen Eingang in das tägliche Leben findet, ist vielleicht die zentrale Frage der Konzentration. Hier geht es noch nicht um Meditation im eigentlichen Sinne, aber um ein Tun, das die Seele ordnet, einrichtet und befähigt, ein Ort der Meditation zu werden. Kontemplation Mit dem Übergang vom zweiten zum dritten Element, von der Konzentration zur Kontemplation tritt ein tiefgreifender Umschwung ein. Eine Schwelle. Bei den beiden ersten Schritten der hier gemeinten meditativen Praxis – ErkenntnisErfahrung und Konzentration – bin ich aktiv. Bei der Kontemplation empfange ich. Nach Maßgabe der vorangegangenen Aktivität empfange ich. Ich kann nicht einfach entscheiden, dass Kontemplation stattfinden soll, sondern muss bereit für sie sein, für den Augenblick, in dem sie zu mir kommt. Ich kann sie nicht herbeiführen, nur in Bereitschaft sein. Das liegt in der Natur der Kontemplation. Mein Erkennen und Üben verleihen mir die Fähigkeit, empfänglich zu werden, aktiv empfänglich zu werden, die vita contemplativa aus oder mehr noch: mitten in der vita activa zu verwirklichen, ganz Gefäß, vorbereiteter Ort zu werden. Kontemplation ist ein zeitloser Augenblick, ein inneres Erlebnis, das ich nicht auslösen kann. Das Üben wird leicht vergeblich, die Erkenntnis steril, wo das nicht beachtet wird. Und selbst hervorgebrachte Illusionen treten an die Stelle realer, geistiger Erfahrung, die einer stillen Bereitschaft bedarf. Diese Bereitschaft ist umgeben von einem Schwellengefühl, das in einer «Ruhe, die absichtslos weiterführt» (Peter Handke), bemerkbar werden kann. Einmal aber wird es kommen, dieses kontemplative Moment, und wenn es eintritt und sich immer weiter ausdehnt, werde ich es (vielleicht) nicht verpassen, da ich seine Signatur kenne. Es ist das Moment, das dem geistigen Gespräch vorangeht, ist seine Voraussetzung. Gespräch Das geistige Gespräch entsteht, wenn man nicht nur mit anderen Menschen in einen Dialog tritt, sondern wenn die Begegnung mit den Wesen einer nicht sichtbaren Welt beginnt. Sie kommen in der Kontemplation zu uns wie wir im Erkenntnisakt zu den Dingen, Wesen und Vorgängen der sichtbaren Welt. Meditieren ist das reale Gespräch mit nicht sichtbaren Wesen. Alles andere – das Weltinteresse im Erkennen, die Konzentration im Üben, das geformte Empfangen in der Kontemplation – ist so gesehen Vorbereitung der eigentlichen Meditation, sie selbst ein Gespräch. In diesem Gespräch, in dem man vielleicht zunächst vorwiegend Hörender ist, wie auch das Kind die Sprache der Umgebenden zunächst im Hören sprechen lernt, entdeckt man Wesen, lernt sie unterscheiden. Sie entspringen nicht etwa der Fantasie, sondern gehören einer Wirklichkeit an, die erst in dieser Sprache erfahrbar wird – jenseits der Schwelle, die vorher noch Wort und Wirklichkeit trennte. Eine Wirklichkeit des Wortes, das umfassender und schöpferischer als das Menschenwort ist und doch gleicher Natur. Jemand, der die in diesem Hören und Sprechen lebenden Wesen nicht (er)kennt, darf natürlich sagen, dass sie nicht existieren. Möglicherweise ist es heute aufrichtiger, nicht an die Existenz der Engel zu glauben, wenn man damit keine Erkenntnissuche
oder Erfahrungen verbindet, um ihre Existenz nicht auf bloße Tradition oder philologische Kunde zu reduzieren. Wenn es jemandem hilft, an Engel zu glauben, ist daran natürlich nichts auszusetzen, aber es hat nichts mit Meditation zu tun; in der hier skizzierten Form ist sie der Erkenntnis näher als dem Glauben und der Überlieferung. Meditation als geistiges Gespräch ist von einer kontemplativen Konzentration durchzogen, die einen Widerhall im Leben hat und zur inneren Orientierung wird. Neue, unvorhersehbare Referenzen in einem klingenden Resonanzraum wachsen langsam und unspektakulär als Frucht dieser Meditation.
Anwesenheit Gottes Die Folgen der Meditation erscheinen selten in der Meditation selbst, sondern vielmehr im Leben. Vor allem das Beziehungsleben verwandelt sich – die Beziehung zur Natur, zu den menschlichen Schöpfungen, zu den anderen Wesen und zu mir selbst. Ich werde ein anderer. Meditation als Erkenntnis, aus Konzentration und Kontemplation, lässt in mir einen zweiten Menschen entstehen. Dieser zweite Mensch ist Teil der Menschheit und ist sich dieser Zugehörigkeit ganz bewusst. Die Menschheit, der ich jetzt angehöre, beruht voll und ganz auf Freiheit, denn das meditative Leben entsteht nie von alleine – nichts ist hier ‹natürlich›, nichts ‹automatisch›. Ich muss (will) Ja sagen, zu jeder Übung, zu jedem Moment, in dem ich mich der Kontemplation öffne, zu jedem Moment, in dem ich mit dem Übersinnlichen ins Gespräch komme. Etwas über Meditation zu wissen ist gut, aber es ist keine Meditation. Sie ist reiner Akt, hervorgebracht aus Momenten, in denen ich meinen eigenen Willen in Einklang bringe mit einem über mich Hinausreichenden. Die Art und Weise, wie ich mein persönliches Leben mit dem Weltgeschehen und den ewigen Texten verbinde, verwandelt sich in dem Maße, wie ich in den vier Bereichen lebe: Liebe zum Erkennen, Liebe zur Konzentration, Bereitschaft gegenüber der Kontemplation und Fähigkeit zum Gespräch. – So wie eine gemeinsame Sprache die Vorbedingung zu einem Gespräch unter Menschen darstellt, so gibt es auch bei der Meditation Vorbedingungen – und es ist manche Vorbereitung nötig, um zu meditieren. Zeit und Geduld und die Eigenheit eines jeden Weges gewinnen immer mehr Bedeutung, hier gibt es keine gemeinsamen, sondern nur individuelle Sprachen, die einander gut verstehen, ja erkennen. Der Engel spricht zu mir nicht so wie zu einem anderen Menschen – nicht, weil ich ein so außergewöhnlicher Mensch bin, sondern weil ich ich bin. Und die Engel warten darauf, mit so eigenen Wesen, mit Menschen sprechen zu können. In diesem Gespräch werden unsere Referenzen einem radikalen Wandel unterworfen. Die geistigen Gesprächspartner werden zu Bezugspunkten. Oder, wenn man es im Bild ausdrücken will: die Präsenz Gottes wird Bezugspunkt. Er wird zur Referenz. Und dann ‹klingt› alles anders: Die Wirkungen der Meditation offenbaren sich in einem neuen Verhältnis zur Natur, zur Freiheit und zu den menschlichen Zusammenhängen, in denen wir leben. Die Welt wird zu einem göttlichen Resonanzraum mit menschlichem Antlitz. LD
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Farbenreich ist er – der Flyer, der die ‹erste öffentliche Meditationstagung am Goetheanum› ankündigt. Der Titel ist auf Englisch: ‹Living Connections› und ließe sich ins Deutsche mit ‹Lebendige Verbindungen› übertragen. Wenn man den Flyer ausfaltet, sieht man eine geschwungene Liste mit vielen Namen, einen kleinen Text, einen spärlichen Stundenplan, die Ankündigung einer ‹Vorkonferenz›, sonst wenige Informationen, wenig Konkretes über den Inhalt, über Art und Weise der Tagung. Sie sticht irgendwie heraus, und man weiß nicht ganz, ob in einem guten oder in einem anderem Sinn. Denn es ist erst auf den zweiten Blick klar, dass es um anthroposophische Meditation geht. – Aber warum so etwas ungewohnt Farb- und Schwungvolles, warum dieser englische Titel, warum die so sparsamen Inhalte? Ist das eine angemessene Form zu diesem Thema? Meditation in der Anthroposophie: etwas Persönliches, Intimes, zart Feierliches. Passt so eine Tracht dazu – und am Goetheanum?
AINA AASLAND
Living Connections Begegnung auf Augenhöhe Vom 7. bis 9. Juli findet am Goetheanum die erste öffentliche Tagung statt, die sich ganz der Meditation widmet. Eine Unternehmung, die an und in sich Fragen aufwirft. Aina Aasland denkt diese aus der Perspektive der Vorbereitung.
Als Veranstalter möchte man natürlich ganz hinter seinen Entscheidungen stehen können, felsenfest von der eigenen Vision überzeugt. Das ist in diesem Fall schwierig. Denn es gibt keine Vorgabe für eine Veranstaltung über Meditation in der Anthroposophie, keine sichere Form, die ohne Zweifel zum Thema gehört. Meditation ist darin der Kunst ähnlich, dass es fast unerhört ist, über sie zu sprechen; und wenn es getan wird, ist es unerhört schwierig. Beide haben mit persönlichen Erfahrungen und zarten Erlebnissen zu tun, die ganz im Inneren, im Wesenskern des Menschen verankert sind. Wenn etwas dieses Innere verletzt, durch Grobheit, durch unangemessenes Verhalten, kann das sehr schmerzhaft sein. – Es könnte sein, dass die Form dieser Tagung manchem unangemessen erscheint. Vielleicht zu sehr nach außen gerichtet. Mit dieser Unsicherheit müssen die Veranstalter leben. Was wir tun können, ist, unsere Motivation freizulegen und einen Einblick in die Vorarbeit zu geben. Die Motivation und Vorarbeit hinter dieser Meditationstagung beginnt vor zehn Jahren, als sich eine Gruppe Menschen zusammenfindet, um über Meditation zu sprechen. Sie sind alle Mitglieder der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft und die Meditationsinhalte von Rudolf Steiner – insbesondere die Mantren der 19 Klassenstunden – sind ein wesentlicher Bestandteil ihres Lebens. Sie kommen zusammen, weil sie das Bedürfnis haben, mit anderen über Fragen und Erfahrungen zu sprechen, die sie auf ihrem eigenen Weg mit der Meditation machen. Sie wollen weder belehren noch sich von anderen belehren lassen – sie wollen einen Austausch auf Augenhöhe; vertrauensvoll, offen, sensibel. Die Gruppe wächst, viele sind an dieser Art von Arbeit interessiert, und es entsteht ein Netzwerk, ‹Goetheanum Meditation Worldwide Initiative›. Heute besteht dieses Netzwerk aus nahezu 400 Menschen, die rund um die Welt verbunden sind. Jedes Jahr gibt es ein Arbeitstreffen, wo ein Raum für den Austausch und die gemeinsame Arbeit an den Mantren der Klassenstunden eröffnet wird, weiterhin mit dem Wunsch, das Miteinander, das Kollegiale zu pflegen. Es geht nicht nur darum, den Einzelnen auf ihren spirituellen Wegen zu helfen, auch die anthroposophische Meditation als Kulturimpuls zu vertiefen und sichtbar zu machen, motiviert die Teilnehmenden. Letzteres führt zu dem Impuls, aus
dieser Arbeitsgemeinschaft eine öffentliche Tagung entstehen zu lassen, offen für alle Interessierten, ganz unabhängig von der Erfahrung mit Anthroposophie oder Meditation. Dazu wird im Vorfeld zu dieser öffentlichen Konferenz eine Vorkonferenz für Mitglieder der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft abgehalten, an der der ganze Zyklus der 19 Mantren in konzentrierter Form als ein Bogen betrachtet wird. Denn es ist die Arbeit mit diesen Mantren, die dem Netzwerk zugrunde liegt. Diese Stufenfolge von einer kleineren, intimeren Hochschulkonferenz zu einer ganz offenen, öffentlichen Konferenz sagt etwas darüber aus, was eine Kernintention dieser Initiative ist. Es ist der Wunsch, einen Reichtum gesammelter Erfahrung mit einer interessierten Öffentlichkeit zu teilen. Viele Menschen wie Eltern von Waldorfschülern und Mitarbeitende in anthroposophisch ausgerichteten Institutionen suchen möglicherweise nach Gelegenheiten, Grundlagen der Anthroposophie kennenzulernen. Dazu kommt, dass viele Menschen heute die Notwendigkeit spüren, einen eigenen, inneren Weg zu gehen. Die öffentliche Tagung bietet mit den Beitragenden aus dem Netzwerk einen Erfahrungsschatz, der mit diesen Menschen geteilt werden kann. Und es ist aus der vorangehenden, vieljährigen Arbeit deutlich, dass dieses Teilen nicht eine endgültige Lehre darstellt, sondern entsprechend der Arbeitsweise im Netzwerk offen und fragend, tastend und lauschend durchgeführt wird. Dann soll diese ‹doppelte› Konferenz einer Verbindung zwischen der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft und der – sowohl anthroposophischen wie auch allgemeinen – Gesellschaft dienen. Die Arbeit mit den Mantren der Klassenstunden im Rahmen der Freien Hochschule wird als Kern der anthroposophischen Meditation gesehen, sie gehört also zu einer Tagung über anthroposophische Meditation dazu. Und doch gehört sie – vom Standpunkt der Vorbereitenden gesehen – einem deutlichen und geschützten Innenraum. Jeder kann von dieser Arbeit wissen, aber sie findet in einer Vorkonferenz für Hochschulmitglieder statt. Dass sich direkt an diese Arbeit eine öffentliche Konferenz anschließt, soll ihr eine besondere Ausrichtung geben, nämlich die eines Weltbezugs. Welche Verbindungen lassen sich zwischen Kontemplation und Öffentlichkeit, zwischen geschützten und offenen Räumen herstellen? Innenräume gewähren und doch die Blickrichtung nach außen wagen – dieser ‹lebendigen Verbindung› versucht die doppelte Konferenz Form zu geben, hier sucht sie zugleich nach Gliederung und Zusammenhang, nach Brückenbau. Die Brücke ist letztlich nichts anderes als der Mensch selbst. Einzelne Menschen, die sich jahrelang mit Meditation in der Anthroposophie auf eigene Art beschäftigt haben, die miteinander gearbeitet haben, möchten ihre Erfahrungen teilen und dabei Neues lernen. Gerade darum vielleicht ist das Vorhaben auch von Unsicherheit geprägt. Ein Schulungsweg ist an sich unsicher, ist nicht geradlinig, wirft immer wieder Fragen und Zweifel auf. Bei einer Tagung zur Meditation, die aus übenden Menschen besteht, kommen wir Vorbereitenden nicht von dieser Unsicherheit weg. Und doch wollen wir es wagen, diesen Weg zu betreten, an der Brücke anfänglich zu bauen. Wir wollen, dass die Unsicherheit und die Anfänglichkeit teilhabend sein können, wir wollen sie zulassen. Denn darin, so vermuten wir,
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öffnen sich Räume, wo neue Verbindungen entstehen können. Lebendige Verbindungen zwischen Mensch und Mensch, zwischen Mensch und Geist, zwischen verschiedenen Räumen und Sphären. So klingt der Titel ‹Living Connections›. Das Äußere der Tagung: farbige Grafik, englischer Titel, Richtung nach außen – dies sind alles Formen, die aus dem Wunsch nach Offenheit und Gemeinsamkeit entstanden sind. Damit hoffen wir auch, dass sich Menschen angesprochen fühlen, die nie oder nur selten am Goetheanum waren. Die Tagung wird in vier Sprachen gehalten: Hauptsprache ist Englisch, mit Übersetzungen in die deutsche, spanische und französische Sprache. Die lange Namensliste ohne deutlich hervortretende Hauptpersonen soll die Wirklichkeit und Stimmung bei der Netzwerk-Arbeit wiedergeben: Es geht nicht um Autoritäten oder Leitung, sondern um das Miteinander, das Kollegiale, ja, um das Freundschaftliche. Bei der öffentlichen Konferenz werden die Podiumsgespräche und die Arbeitsgruppen immer von mehreren Menschen aus dem Netzwerk geleitet, so ist auch hier eine Form gefunden, die das Gemeinschaftliche ermöglichen möchte und auf ihm gründet. Und doch steht dieses Äußere nur im Dienste eines Inneren. Auch wenn die Zeit kurz ist und die sommerlichen Reize stark sind, soll es eine Tagung zur Meditation, zur inneren Kultur sein. Inhalt und Form der Tagung sollen eine Verbindung mit dem Inneren – anfänglich entdeckt oder auch schon lange geübt – herstellen und verstärken. Neue Fragen, Wahrnehmungen, Gedanken können dadurch entstehen. Wir können nicht wissen, was die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Tagung mitnehmen werden, was sie ihrer eigenen Lebenssituation neu hinzufügen können. Aber wir können und dürfen hoffen, dass unser Tagungstitel verwirklicht wird, dass lebendige Verbindungen entstehen. Zwischenmenschlich, innerlich, weltbezogen und nicht zuletzt zwischen der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft und einer Gesellschaft im weiteren Sinn. FT
Meditieren? Im Vorfeld der Tagung ‹Living Connections› führt Inessa Guseva Interviews mit Menschen aus dem Netzwerk der ‹Goetheanum Meditation Worldwide Initiative›. Die vollständigen Abschriften, der in Englisch gehaltenen Gespräche finden sich im Reader der Webseite: www.living-connections.info FT
Wie haben Sie begonnen zu meditieren?
Tho Ha Vinh
Eurythmist und Heileurythmist, Doktor der Erziehungswissenschaften. Buddhistischer Lehrer, ernannt vom Zen-Meister Thich Nhat Hanh. Leitet das Gross National Happiness Centre in Bhutan. Als er mich sah, begann er zu lachen. Es war zu lustig, dieser Ausländer in der Mitte von Nirgendwo.
1968 war ich Student in Paris und Teil der Studentenrevolution. Es war eine besondere Zeit für junge Menschen weltweit, die Gesellschaft infrage zu stellen. 1969 war ich auf dem Weg zurück nach Vietnam mit meiner Familie – die schlimmste Zeit des Krieges. Ich war gegen die Kriege und wollte nicht eingezogen werden. Stattdessen ging ich auf eine Wanderung ins Himalaja-Gebirge. Ich war umgeben von wilder Natur, und eines Tages verlief ich mich. Extreme Emotionen ergriffen mich, alles von Verzweiflung bis Selbstmitleid. Ich war sicher, ich würde sterben. An einem bestimmten Punkt tauchte ein Ort in mir auf, voller Frieden und Ruhe, erfüllt von Vertrauen. Plötzlich fühlte ich, dass mich die Natur nicht bedrohte, sie wurde ein Zuhause. Eine Erfahrung von Einheit, Einssein, vollendetem Frieden und Hingabe. In diesem Moment fühlte ich, was immer passieren möge, es wird gut sein. Eine Weile darauf kam ein alter Lama vorbei, der von Dorf zu Dorf zog, um Rituale abzuhalten. Als er mich sah, begann er zu lachen. Es war zu lustig, diesen Ausländer in der Mitte von Nirgendwo zu sehen. Ich war gerettet. – Etwas war passiert und ich hatte keine Möglichkeit, es zu begreifen. Ich wollte verstehen. Ich begann, einen tibetischen Lama zu treffen, er war auf der Flucht aus Tibet. Er wurde mein erster Lehrer der Meditation. Er erzählte mir, es sei möglich, diese Erfahrung bewusst zu erreichen. Ich dachte, vielleicht werde ich ein Mönch, doch ich war politisch engagiert, wollte diese soziale Arbeit nicht aufgeben, und ich wollte zurück zu meiner Freundin nach Wien. Wir haben gerade unseren 45. Hochzeitstag gefeiert. Warum Anthroposophie? Eine Gruppe junger Menschen ging öfters zu dem Laden einer Dame in Wien, sie hatte viel zu sagen. Als ich ihr erzählte, ich wüsste nicht recht, was ich tun sollte, sagte sie mir, ich solle zum Goetheanum gehen. Ich respektierte sie und so reiste ich nach Dornach. Da fand ich einen Satz in einer Broschüre: «Gott macht Eurythmie und als Ergebnis seiner Eurythmie entsteht die Form des Menschen.» Es ging um ätherische Kräfte, die den Menschen formen. Ich war tief beeindruckt und beschloss: Das ist es – Eurythmie ist, was ich machen werde. – Ich hatte diese intensive Frage, wie man das spirituelle Leben mit sozialem Engagement verbinden kann. Was mich an der Anthroposophie beeindruckte, war, dass spiritueller Weg und soziales Engagement zusammenkamen. – Ich definiere mich nicht, indem
ich sage ‹Ich bin Anthroposoph› oder ‹Ich bin Buddhist›. In allen Einrichtungen, in allen spirituellen Strömungen gibt es Dinge, die ich schätze und an denen ich hafte. Was ist das Einzigartige anthroposophischer Meditation? Wo ist Ihr Fokus? Für mich ist anthroposophische Meditation vor allem auf die kognitive Dimension ausgerichtet. Anthroposophie versteht sich selbst als ein Weg zu höherer Erkenntnis. Buddhistische Praktiken sind wesentlich detaillierter in den Dimensionen der Achtsamkeit und der Gefühle. – Der anthroposophische Anteil meiner Meditation ist der Gebrauch besonderer Inhalte, bestimmter Mantren, die sich auf spirituelle Erkenntnisse beziehen. – Ich praktiziere im Besonderen Achtsamkeit. Für mich ist es der stärkste Weg, mein eigenes Bewusstsein zu verstehen, stärker, als bestimmte Inhalte im Bewusstsein zu fassen, die meine Aufmerksamkeit auf etwas außer mir richten. Wirklich beobachten, wie Gedanken entstehen, wie Gefühle entstehen, und wie sie miteinander verbunden sind – es geht um die Beobachtung des Bewusstseins ohne spezifischen Inhalt. Es beginnt mit der Stabilisierung der Aufmerksamkeit, daraus erwächst die Fähigkeit zu beobachten. Es geht einfach darum, zu sehen, was passiert – eine rein phänomenologische Betrachtung des Bewusstseins. – Der dritte Teil meiner täglichen Übungen ist die Kultivierung bestimmter Gefühle und Geisteszustände. Zum Beispiel das Fokussieren eines Menschen, den man liebt. Wenn man weiß, diese Person leidet, fokussiert man die Aufmerksamkeit und sendet Liebe, Heilung, Güte. Von da aus geht man zu einem Menschen, in derselben Tätigkeit, den man nicht gut kennt. Ich bin Großvater. Wenn ich an meine Enkel denke, ist es sehr leicht, liebende Güte zu erleben. Wenn ich weiß, wie es sich anfühlt, wechsle ich zu jemandem, den ich nicht gut kenne, und versuche, dieselben Gefühle zu erzeugen. Dann stelle ich mir jemanden vor, der sehr lästig ist oder mich verletzt hat. Interview von Inessa In einem weiteren Schritt Guseva. Verdichteter kann ich auch an eine öfAuszug und Übersetfentliche Person denken, zung von Philipp Tok. von der ich denke, sie ist Vollständiges Gespräch: furchtbar. Diesen Men- www.living-connecschen in mir zu halten, tions.info/reader der gewöhnlich starke Antipathien in mir auslöst, bedeutet Güte und Mitleid zu entwickeln, mich daran zu erinnern, sie oder er ist ein Mensch wie ich und jene, die ich liebe. Er oder sie strebt nach Glück und hat das Potenzial, sich als ein höheres Wesen zu entwickeln.
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Wie haben Sie mit Meditation begonnen? Mein Physikprofessor Dr. Ernst Katz stand am Anfang meiner anthroposophischen Meditationsarbeit. Anthroposophie und Alan Wallace zeigten mir die ganze Breite der Meditation. In mir wurden Fragen zur meditativen Praxis geweckt und ich bedauerte, dass es sehr wenige Lehrer in der anthroposophischen Gemeinschaft gab, die einem hier zur Seite stehen konnten. Als ich 1994 zum Generalsekretär der Anthroposophischen Gesellschaft in Amerika wurde, war es eine meiner ersten Initiativen, eine anthroposophische Meditations-Workshopreihe mit einigen Freunden zu begründen. Innerhalb der anthroposophischen Gemeinschaft haben wir jetzt die relativ junge und wichtige Goetheanum-Initiative, die sogenannte ‹Meditation Worldwide›. Sich in aller Bescheidenheit über geistige Erfahrungen auszutauschen, ist ein wichtiger Schritt, wenn es darum geht, eine spirituelle Gemeinschaft zu begründen. Warum meditieren Sie? Meine persönlichen Gründe haben sich im Laufe der Jahre verändert. Meine ersten meditativen Versuche galten einem stabileren emotionalen Leben. Bald bemerkte ich, dass sich mit der Anthroposophie ein Erfahrungsweg eröffnet, der über die Sinnenerfahrung hinausführt zu einem Feld des Übersinnlichen. Das hat mich in all den Jahren fasziniert. Der meditative Weg beginnt mit dem Gefühl der Demut, und führt hinüber zu verschiedenen Formen der Seelenhygiene und mündet schließlich in den Umgang mit dem mantrischen und visuellen Inhalt der Anthroposophie. Dieses geistige Gebiet ist wichtig, Interview von Inessa um die eigenen biograGuseva. Verdichteter fischen Ziele erfüllen zu Auszug und Übersetkönnen. – In jüngster Zeit zung von Wolfgang ist das Thema und die PraHeld. Vollständiges xis der spirituellen FreundGespräch: www.livingschaft wichtiger geworden. connections.info/reader Am Anfang schien mein spirituelles Streben ein relativ einsames Unternehmen zu sein. Im Laufe der Jahre wurde es gesellschaftlich wichtig. Workshops und verschiedene Wege, Meditation zu unterrichten, gemeinsam zu üben und Fragen gegeneinander und miteinander zu stellen, werden mir sehr wertvoll.
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Was ist das Besondere an der anthroposophischen Meditation? Sie hat tatsächlich einen besonderen Charakter, der viel mit der christlichen Tradition zu tun hat. Anthroposophische Meditation ist wissenschaftlich orientiert, sie ist auf das moderne Bewusstsein ausgerichtet und erkennt die Bedeutung des Individuums und den einzigartigen Charakter jeder Person. Die Beziehung zu einem Lehrer in der Anthroposophie ist daher unabhängiger. Es gibt keine Regel, keinen goldenen Weg, vielmehr muss jeder Mensch seinen ureigenen Weg finden. Die Wege sind nicht nur zwischen Anthroposophie und Buddhismus oder Hinduismus oder Sufismus individuell, sondern auch innerhalb der Anthroposophie selbst. Wir sollten uns davor hüten, die eigene Meditationspraxis als ‹die› Praxis zu verstehen. Was für mich als meditativer Weg funktioniert, das muss keinesfalls für jemand anderes das Richtige sein. Es ist wohl hilfreich, sich vorzustellen, dass es so viele Wege der Meditation gibt, wie es Menschen gibt. Anthroposophische Meditation zu lehren heißt deshalb weniger, bestimmte Praktiken zu lehren, als vielmehr, sich mit dem Schicksal anderer Menschen zu verbinden und sie dabei zu unterstützen, dass sie ihren ureigenen Weg finden. Mein persönlicher meditativer Weg beginnt damit, dass ich mir innerlich einen Bogen denke. Ich beginne mit anthroposophischen Studien, dann versenke ich mich in die Empfindung der Ehrfurcht, auch durch ein Gebet. Daraufhin beschreite ich den Bereich der seelischen Läuterung, der Seelenhygiene, mit einer der sechs Nebenübungen. Von dort schreite ich weiter zur eigentlichen Meditation. Dies kann eine Wortmeditation oder eine Bildmeditation sein. Durch solche Übungen tritt man in die Sphäre des Imaginativen ein. Wie ich in meinem Buch beschreibe, kann man einen Rhythmus auf die Aufmerksamkeit bringen, indem man zwischen fokussierter Konzentration und offener Empfänglichkeit schwingt. Es ist wie ein Atmen im Licht der Aufmerksamkeit. Diese Übung ist für mich entscheidend.
GESPRÄCH · DAS GOETHEANUM Nr. 23–24 · 2. Juni 2017
Arthur Zajonc 1978 bis 2012 Professor der Physik am Amherst College, Präsident des Mind & Life Institute, Gastprofessuren. Wie ein Atmen im Licht der Aufmerksamkeit.
Wie haben Sie angefangen zu meditieren?
Joan Sleigh
Aufgewachsen in Südafrika, Waldorflehrerausbildung in Deutschland, Klassenlehrerin und Lehrerausbildung in Kapstadt. Seit 2013 im Vorstand am Goetheanum. Ein subtiles, langsames Erwachen zu einem neuen Verstehen.
Anfang zwanzig begann ich zu meditieren. Als Kind fühlte ich mich geistig verbunden und das Gebet schien mir leicht und vertraut. In meiner Teenager-Zeit hörte ich auf, zu beten, weil es sich nicht mehr richtig anfühlte. Später, nach einer schweren Zeit als junge Erwachsene, begann ich wieder zu beten, als ich fühlte, dass ich Unterstützung brauchte, die ich im täglichen Leben nicht finden konnte. Durch das Gebet kam ich zur Meditation, mit Versen und Texten, die ich gelesen habe oder die mir gegeben wurden. Wer war die erste meditierende Person, der Sie begegnet sind? Meine Eltern sind Anthroposophen. Sie lebten einen klaren täglichen Rhythmus, wo Meditation dazugehört. So wuchs ich auf mit der Erfahrung, dass Meditation Teil des täglichen Lebens der Erwachsenen ist. Warum haben Sie die Anthroposophie als Grundlage gewählt? Als Teenager interessierte ich mich für verschiedene Religionen, Traditionen und Glaubenssysteme. Oft kam ich ins Gespräch darüber mit meinem Vater, der Priester war. Dann bekam ich früh mein erstes Kind und suchte nach innerer Kraft und Unterstützung. Ich wandte mich an das, was mir bekannt war, und das war die Anthroposophie. Warum meditieren Sie? Es gibt viele Gründe, warum ich versuche, zu meditieren. Einer der wichtigen Aspekte für mich ist, regelmäßig aus dem geschäftigen Fluss des Alltags zu treten, innezuhalten für Momente der Reflexion, Verbindung aufzubauen, Einsamkeit und innere Ruhe zu finden. Dies hilft, um mich auf ein größeres Bild des Lebens zu konzentrieren. Hier wird mein kleines Selbst mit einem größeren, noch echteren Selbst verbunden, das wiederum mit allen anderen Teilen der Welt und des Seins verbunden ist. Diese Verbindungen können viel Mut und Trost geben, indem ich die Realität einer größeren Wahrheit ahne. Noch nicht bewusst ergriffen, aber als ein subtiles, langsames Erwachen zu einem neuen Verstehen. Was ist die Einzigartigkeit der anthroposophischen Meditation? Die Einzigartigkeit ist der Versuch, ein bewusstes, selbstreflektierendes Bewusstsein oder eine Achtsamkeit zu bewahren. Ziel ist es, so objektiv wie möglich zu bleiben, sich nicht in die Fantasie oder imaginäre Bilder – die schön, aber illusionär sein können – hineinziehen zu lassen oder sie zu pro-
jizieren. Die Entwicklung von Unterscheidungsmerkmalen als aktiver Bestandteil des meditativen Prozesses ist ebenso wichtig wie eine bewusste objektive Sichtweise. Was sind Chancen und Herausforderungen der gemeinsamen Meditation? Mit Studierenden am Goetheanum arbeite ich zu Fragen der Entwicklung einer inneren Kultur, basierend auf Steiners ‹Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?›. Junge Menschen scheinen offen und bereit, diese Fragen zu besprechen. Das Gespräch über solche Praktiken bedarf jedoch der Sensibilität, einer Achtung der Privatsphäre und der absoluten Freiheit aller Beteiligten. Ich denke, dass wir vieles miteinander teilen können, vielleicht ist es sogar gut, persönliche Versuche, Kämpfe und Grenzen zu besprechen. Dies kann andere unterstützen und ermutigen, die Barrieren eines meditativen Weges, welche die meisten von uns erleben, zu überwinden. Ich würde jedoch vorsichtig sein, die tatsächlichen inneren Erfahrungen zu teilen. Ich glaube, das gehört der intimen Privatsphäre eines anderen Menschen an. Möchten Sie etwas hinzufügen? Es scheint, dass immer mehr vor allem jüngere Menschen mit wachsendem Bewusstsein das Vorhandensein eines verborgenen Aspekts ihres Wesens spüren. Es gibt mehr als das, was wir sehen und erleben in der wahrnehmbaren Welt. Durch viele traumatische und kritische Lebenssituationen ist es offensichtlich geworden, dass dieser innere Aspekt das Ruder und der Kiel sein kann, der uns hilft, durch die Herausforderungen des Lebens zu steuern. Können wir erkennen und akzeptieren, dass jeder Einzelne die notwendige Kraft in sich trägt, auf alle persönlichen Bedürfnisse und Krisen zu antworten? Kann jeder Mensch den inneren Führer, Unterstützer und Begleiter in sich finden? Ich möchte uns alle ermutigen, unseren eigenen FähigInterview von Inessa keiten zu vertrauen. Es braucht oft eine Begeg- Guseva. Verdichteter Auszug und Übersetnung, ein Gespräch mit zung von Aina Aasland. einer anderen Person, Vollständiges Gespräch: um das eigene Potenzial www.living-conneczu erwecken. Auf diese tions.info/reader Weise möchte ich Menschen sehen und ihnen begegnen: wissend, dass sie potenziell vollkommen sind, aber dass es einen anderen Menschen braucht, um dieses Potenzial zu erwecken.
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Terje Sparby Aufgewachsen in Norwegen, Doktor der Philosophie, Fachgebiet Deutscher Idealismus. Meditationsforschung, derzeit Mitarbeiter der Universität Witten/Herdecke, Bereich Psychologie und Psychotherapie. Kontinuierlich sein Potenzial einer höheren Erkenntnis erkennen.
Wie haben Sie angefangen zu meditieren? Durch die Begegnung mit einem vietnamesischen Flüchtlingskind, das damals in Norwegen in meine Klasse kam, als ich acht Jahre alt war. Aus irgendeinem Grund fingen wir an, über Meditation zu sprechen, und er zeigte mir, wie man meditierte. Wir saßen im Wald. Ich erinnere mich ganz genau. Ich denke, es war Neugier, oder etwas anderes, das ich nicht erklären kann. Warum haben Sie die Anthroposophie als Grundlage gewählt? Die anthroposophische Meditation halte ich für eine sehr umfassende Meditationsform, die sich zunächst auf das Ich, den Gedankenprozess konzentriert, innere Fähigkeiten entwickelt und dann schließlich in eine Welt hineinreicht, die über die gewöhnliche menschliche Erkenntnis hinausgeht. Aber es geht gleichzeitig auch darum, aus dieser Welt, aus dieser erweiterten Erkenntnis und Erfahrung, etwas zurückzubringen, das für die menschliche Gesellschaft und auch alle anderen Wesen nützlich sein kann. Dies schließt die Suche nach Wegen mit ein, Einsichten aus der eigenen Praxis so in die Welt zu bringen, dass sie für eine Erneuerung von Wissenschaft, Kultur, Medizin, Landwirtschaft und so weiter fruchtbar sein können. Was ist die grundlegende anthroposophische Meditation und Übung für Sie? Ich habe über die Jahre mit vielen verschiedenen Formen gearbeitet. Charakteristisch für anthroposophische Meditation sind jedoch neben der meditativen Arbeit mit den Mantren die sechs Nebenübungen – vor allem in Hinblick darauf, wie sie den Meditierenden unterstützen und auch unerwünschten Nebenwirkungen vorbeugen können. Sie helfen ihm, jene Seelenkapazitäten zu entwickeln und zu stärken, die ich als Grundlage einer tiefen spirituellen Praxis für notwendig erachte. Wo sehen Sie Ihren Fokus in der anthroposophischen Meditation? Könnten Sie Ihre Praxis und Ihr Forschungsfeld skizzieren? Mein Fokus liegt auf der Frage, wie anthroposophische Meditationstechniken so angewendet werden können, dass sie effektiv funktionieren und den Meditierenden kontinuierlich sein Potenzial einer höheren Erkenntnis erkennen lassen. Bei einigen Anweisungen ist mir unklar, wie der Fortschritt im Meditationsprozess konkret aussehen soll. Wie kann eine Meditation in eine außerkörperliche Erfah-
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rung vertieft werden, die eine umfassende ‹sinnliche Befriedung› in dem Sinne zur Folge hat, dass die Sinne vollständig ausgeschaltet sind? Antworten hierzu habe ich kürzlich in der buddhistischen Tradition gefunden. Der Fortschritt ist hier ganz klar skizziert: wie man den Geist stabilisieren und die Aufmerksamkeit verfeinern kann, sodass man sich ganz gezielt über eine ausgedehnte Zeitspanne ausschließlich auf ein Objekt zu konzentrieren vermag, ohne dass der Geist, unempfindlich gegen Hindernisse, auch nur eine Mikrosekunde abdriftet. Mir scheint, dass ein solches Konzentrationsniveau notwendig ist, um die Sinne abzuschalten und in die geistige Welt zu bewegen, wie dies in der Anthroposophie beschrieben ist. Wie hat Ihnen die Meditation in Ihrer Entwicklung und Ihrem Leben geholfen? Meditation war für mich ursprünglich ein Mittel, um auf eine tiefe, existenzielle Sehnsucht zu reagieren. Es war eine Methode, um mit einem Gefühl der Leere im Leben umzugehen, das ich seit meinen Teenager-Jahren fühlte. Später wurde sie sukzessive zu einem Instrument der Verwirklichung der ‹klassischen Ziele› im Sinne einer Erkenntnis höherer Welten, aber auch zu einem Mittel, um jenseits persönlicher Entwicklung meine eigentliche Aufgabe im Leben zu finden. Wo sind wir als anthroposophische Gemeinschaft, welche Wünsche haben Sie? Auf der einen Seite lässt sich in der anthroposophischen Bewegung heute eine positive Entwicklung dahingehend beobachten, dass verschiedene Menschen Interview von Inessa unterschiedliche Fortschritte Guseva. Verdichteter machen und ihre individuelAuszug und Übersetlen Erfahrungen und Einsichzung von Stephan Siber. ten miteinander teilen. Dieser Vollständiges Gespräch: Öffnung steht auf der ande- www.living-connecren Seite die ernüchternde tions.info/reader Tatsache gegenüber, dass die anthroposophische Meditation im Gegensatz zu anderen Schulen heute noch nicht weiter entwickelt ist und sich in mancher Hinsicht erst als Idee, als Potenzial präsentiert. Eine meiner Hoffnungen besteht darin, dass neben einer noch tiefer und umfassender werdenden anthroposophischen Praxis zukünftig auch eine Art Training angeboten wird, mit dessen Hilfe innerhalb einer bestimmten Zeitspanne ganz konkrete Fortschritte erzielt werden können.
Ursula Flatters Wieso meditieren Sie? Ich spüre, dass es mir wichtig ist, keine andere Aufgabe zu haben, als herauszufinden, was es bedeutet, Mensch zu sein. Ich will nicht etwas Bestimmtes, sondern nur, dass es etwas ist, von dem ich nichts fordere. Ein Leben ohne Meditation kann ich mir nicht vorstellen. Wo liegt die Einzigartigkeit der anthroposophischen Meditation? Sie macht uns menschlicher. Man meditiert nicht nur für die eigene Entwicklung, sondern auch für die Entwicklung anderer. Diesen liebevollen Impuls liebe ich. – Man will nicht nur selbst in den Himmel kommen, in der Anthroposophie. Nicht sich selbst von den irdischen Herausforderungen zu befreien, sondern diese tragen zu können und aus ihnen heraus zu wirken, darum geht es. Wo ist Ihr Schwerpunkt in der anthroposophischen Meditation? Meine zentrale Meditation sind die Mantren der Klassenstunden. Als Ärztin mache ich auch Übungen mit Pflanzen und Sinneswahrnehmungsmeditationen. Ich mache auch die medizinischen Meditationen und meditiere über Krankheiten, Patienten oder Heilpflanzen. Inzwischen kann ich auch ein wenig kreativ werden und meine eigenen Mantras finden. In welcher Beziehung stehen Menschen, die gemeinsam meditieren, zueinander? Jahrelang meditierte ich sehr zurückhaltend nur für mich. Erst nachdem ich einen Workshop von Arthur Zajonc besucht hatte, erkannte ich, wie eine Gemeinschaft entstehen kann, wie man Erfahrungen teilt und sich zu respektieren lernt. Man erlebt einfach mehr, wenn man miteinander meditiert. Wenn man jemanden danach wiedersieht, spürt man eine bestimmte Verbindung geistiger Qualität, die immer da ist. In meiner kleinen Klassenstunde in Umeå, im Norden Schwedens, hatte ich
einen Teilnehmer, der jedes Mal zum Treffen erschien, aber nie etwas sagte. Eines Tages, nach ungefähr zehn Jahren, bat ich ihn, einen Arbeitskreis vorzubereiten. Erst nach mehreren Wochen rief er mich zurück und sagte zu. An besagtem Tag trafen wir uns – und er war ganz weiß im Gesicht. «Der Hüter der Schwelle, das ist sehr ernst», sagte er – kein anderes Wort.Wir hatten danach ein wunderbares Gespräch und alle bedankten sich bei ihm, denn wir wussten, dass er einen Raum eröffnet hatte. Was sind die Errungenschaften und Herausforderungen von gemeinsamer Meditation? Wenn man miteinander meditiert, dann muss dies im Vertrauen, mit Respekt und in einem friedlichen Gemütszustand geschehen. Ich denke, es ist wichtig, ja nichts Theoretisches einzubringen, keine Meinungen und Diskussionen. Man muss wirklich an den Beiträgen der anderen interessiert sein, nicht nur mit dem Mund, sondern ganz vom Herzen. – Es darf nicht kommentiert werden, ein Gefühl von Liebe und Dankbarkeit muss aufkommen. Dann helfen wir uns gegenseitig, mehr Mensch zu werden.
Ärztin an der Vidarklinik in Schweden, die sie mitbegründet hat. Umfassende internationale Lehrtätigkeit, dazu gehören Seminare zum Thema Meditation. Man muss an den Beiträgen der anderen interessiert sein, nicht nur mit dem Mund, sondern ganz vom Herzen.
Würden Sie gerne etwas hinzufügen? Eine der Hauptaufgaben der Anthroposophischen Gesellschaft besteht für mich darin, eine Kultur der Meditation und der moralischen Kraft zu entwickeln. Die große Herausforderung besteht darin, unsere Urteilsfähigkeit in geisInterview von Inessa tigen Lebensfragen zu Guseva. Verdichteter Auserweitern. Steiner wird zug und Übersetzung von immer unser großer LehStav Szir. Vollständiges rer sein, aber man kann Gespräch: www.livingnicht die ganze Zeit zitie- connections.info/reader ren, um unsere eigene Meinung zu unterlegen oder jemanden zu überzeugen. – Meditation heißt, den Geist zu erforschen. Darin liegt die ganze Welt.
Wie haben Sie angefangen zu meditieren? Als ich 1967 in die Niederlande kam, wusste ich wenig über Anthroposophie oder Meditation. Am Institut für Organisationsentwicklung, wo ich zu arbeiten begann, umgaben mich Kollegen wie Bernard Lievegoed oder Lex Bos, die meditierten, um ihre Arbeit zu befruchten. So begann ich, in einer Gruppe ‹Wie erlangt man Erkenntnisse höherer Welten?› zu lesen. Wir übten und tauschten uns aus – weniger über die leisen Erfahrungen, mehr über methodisches Vorgehen. Dieses Buch eröffnete mir das Feld der Meditation. Später traten Steiners Karmaübungen (ga 236) hervor, die halfen, meine beruflichen Einblicke in zwischenmenschliches Ringen tiefer zu deuten. Wo liegt die Einzigartigkeit der anthroposophischen Meditation? Nehmen wir ‹Mindfullness›, die gerade sehr populär ist. Für viele ist Achtsamkeit ein erster Schritt, um Körper und Innenleben zu beobachten. Als Einstieg empfehle ich öfters praktische Bücher wie ‹Search Inside Yourself› von Chade-Meng Tan. Anthroposophische Meditation greift jedoch weiter: Es geht um die Ausbildung von Organen, um übersinnliche Welten wahrzunehmen – da gräbt man nach viel tieferen Quellen und Wurzeln. Wo ist Ihr Schwerpunkt in der anthroposophischen Meditation? Alle Übungen, welche helfen, Wandel wahrzunehmen: Wie zeigt sich eine Schule, eine Bank, ein Ministerium oder irgendeine Organisation in den Phasen ihrer Entwicklung? Kann ich Dynamiken erkennen, die einen Formwechsel veranlassen? Rudolf Steiner empfiehlt, einfach Wolken zu studieren: Schau dir ein paar Sekunden ihre Formen an. Schließ die Augen und bilde sie erinnernd nach. Öffne die Augen und schau auf die Veränderung. Schließe die Augen und halte auch das Interview von Inessa Gu- neue Bild im Beseva. Verdichteter Auszug wusstsein. Wiederund Übersetzung von Jonas holst du das einige von der Gathen. VollständiMale und wandelst ges Gespräch: www.livingdas erste Bild zum connections.info/reader zweiten und dritten und vierten um, wirst du fähig, feine Veränderungen wahrzunehmen. Diese Art ‹Fotografie› kann auch auf menschliches Verhalten angewendet werden. Um Veränderungsprozesse zu unterstützen, muss ich mitbekommen, was in den Zwischenschritten geschieht.
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Warum meditieren Sie? Am Anfang war es Neugier. In unserer ersten Studiengruppe nahmen wir an, bald Engel oder Elementarwesen zu sehen. Später klärte sich das Interesse und wurde bescheidener. Mittlerweile ist das Hauptmotiv, meine beruflichen Fähigkeiten zu heben: Meditation hilft, Forschungsfragen zu vertiefen und Menschen in Konflikten Hilfestellung zu geben. Brauchen Meditierende einander? Für mich ist freundschaftlicher Austausch wichtig, vor allem über das ‹Wie›. Wie hast du dieses Mantra verstanden? Wie jene Schwierigkeit überwunden? Zu klären, was man liest und lebt. Lasst uns Missverständnisse aus dem Weg räumen, um auf einem tieferen Level zusammen einzusteigen. Wo sehen Sie Probleme in der Szene? Vielerorts ist ehrliches – aber qualitatives – Feedback noch ein Tabu. In Österreich arbeiteten wir in einer Gruppe daran, über allzu Höfliches und Schmeichlerisches hiauszukommen. Solcher Austausch schützt vor Einseitigkeiten. Wo geht´s lang? Immer mehr Menschen sehnen sich nach Meditation. Ein Hauptmotiv ist dabei Stressbewältigung. Viele wollen eine innere Insel, um sich zurückziehen zu können. Natürlich ist es wichtig, innere Stille zu suchen und sich zu zentrieren, aber es reicht nicht, der Welt hin und wieder zu entfliehen, um im Alltag seinen Egotrip durchzuziehen. Anthroposophie strebt zusätzlich die Verwandlung des ganzen Charakters an. Aber kaum jemand weiß, dass hier ein systematischer Übungsweg zu finden ist. Es braucht mehr meditative Einführung. Überschaubare Üb-Gruppen, in denen Menschen Erfahrungen und Fragen teilen können, ohne missionarischen Beigeschmack. Wichtig ist dabei, nicht abzulehnen, wo jemand meditativ herkommt, sondern darauf hinzuweisen, wie der Weg tiefer gehen könnte. Wie kann ich anfangen? Achte darauf, was in dir vorgeht – das ist der erste Schritt. Am Anfang vieler Mantras schreibt Steiner: «Fühle so und so …» Einige Anthroposophen ‹denken› aber nur, wie sie das nun fühlen können, treten aber nicht in das Gefühl ein. Dies erst mal zu fühlen, könnte man Selbstempathie nennen. Und damit geht es los!
GESPRÄCH · DAS GOETHEANUM Nr. 23–24 · 2. Juni 2017
Friedrich Glasl
Friedrich Glasl wurde 1941 in Wien geboren, er studierte Politikwissenschaften und Psychologie. Seit 50 Jahren ist er beratend als Konfliktforscher und Mediator in Organisationen, Unternehmen sowie international in Krisensituationen unterwegs. Lasst uns Missverständnisse aus dem Weg räumen, um auf einem tieferen Level zusammen einzusteigen.
Wie verstehen wir die Freie Hochschule für Geisteswissenschaft in der heutigen Zeit?
Freie Hochschule für Geisteswissenschaft? Im Hinblick auf die Vorkonferenz zu ‹Living Connections› sprach Inessa Guseva mit Ron Dunselmann, ehemaliger Vorstand der holländischen Gesellschaft, Bodo von Plato, Goetheanum-Vorstand, Robin Schmidt, Forschungsstelle Kulturimpuls.
Ron Dunselman Es ist eine Schule, in der ich mir bewusst werde, wer ich bin, woher ich komme, wohin ich gehe und wie ich mit der Welt verbunden bin. Es ist ein Weg, auf dem ich mich selbst und die Welt wahrhaftig kennenlerne und mit der geistigen Welt in Verbindung treten kann. Er bringt die Einsicht und die Erfahrung, dass geistige und menschliche Wesen die Zukunft gemeinsam gestalten, füreinander und für die Welt. Robin Schmidt Ich glaube, diese Mitverantwortlichkeit für die Realität der Welt ist die große Erfahrung des 20. Jahrhunderts. Stellt man sich dieser Erfahrung, dann betritt man eine Sphäre des Bewusstseins von einer radikalen Freiheit des Menschen auf der einen Seite und dem Wunder der Schönheit der Welt andererseits. Für mich ist der Ausgangspunkt der Hochschule für Geisteswissenschaft die Frage, wie man diese Verantwortung für die Welt weiterträgt. Die Schule bietet mir einen Weg der Meditation, einen Weg der Verbindung mit der Welt, der zu einem Punkt führt, an dem diese Verantwortung, die Fähigkeit des Verstehens und die Schönheit der Welt keine Widersprüche mehr sind. Ron Dunselman Beginnt man, durch die Schule mit den 19 Klassenstunden zu arbeiten, kann einem Hilfe begegnen: in der Entwicklung der eigenen Persönlichkeit und in dem Auffinden von Gedanken, die zugleich Antworten auf die Bedürfnisse der Welt im Ganzen sind. Bodo von Plato In der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft geht es – wie in jeder Hochschule – um ein Verhältnis zur Wahrheit. Für die Freie Hochschule für Geisteswissenschaft wird die Haltung zu Wahrheit ausschlaggebend: Es handelt sich um ein Verhältnis zur Wahrheit, das das Geheimnis nicht enthüllt, um es zu vernichten, sondern es offenbart, um ihm gerecht zu werden (Walter Benjamin). Ich denke, dass gerade das Leben mit den Mantren der Klassenstunden ein Verhältnis zum Geheimnis des Menschseins begründet, in dem wir weder meinen zu wissen noch vor seiner Unergründlichkeit verzweifeln. Wahrheit wird zu einem Weg, tätig und verbindlich. Robin Schmidt Ich denke, die Gestaltung einer Beziehung zu einem anderen Wesen, man kann es eine Beziehung zu Wahrheit, zu Schönheit oder Güte nennen, trägt das Merkmal wahrer Freundschaft und Gastfreundschaft. Der Mensch wird zum Gastgeber für den anderen. In der Anthroposophie wird diese Gastfreundschaft eine
Begegnung mit geistigen Wesen genannt. Dies ist keine hierarchische Beziehung der Anhängerschaft oder Offenbarung, sondern eine Beziehung des Dialogs und der Gastfreundschaft. Das Geistige ist gastfreundlich, ist dem Menschen ein Gastgeber, und auf der anderen Seite kann das Geistige mein Gast sein und es liegt an mir, eine Kultur zu schaffen, die diese Gastfreundschaft fördern würde. Für mich ist die Freie Hochschule für Geisteswissenschaft eine Schule der Freundschaft mit der Welt, der Freundschaft oder Gastfreundschaft mit dem Geist – und Meditation ist der Akt dieser Gastfreundschaft. Inessa Guseva Ich denke, keiner von uns in der anthroposophischen Gemeinschaft ist ein Meister, aber wir arbeiten alle seit Jahren mit den Unterrichtsstunden und mit Meditation, wir haben alle Erfahrung. Wir entwickeln uns und arbeiten gemeinsam als Forscher. Der Austausch von Erfahrungen auf Augenhöhe ist ein wichtiger Teil einer Gemeinschaft von Individuen, die auf spiritueller Freundschaft beruht. Bodo von Plato Wie können wir auf dieser Basis eine Schule bilden? Und wer ist eingeladen, Teil davon zu sein? Soweit ich sehe, gründet die verbindliche Mitwirkung in der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft in einer individuellen Entscheidung, in der Entscheidung, Ja zu einem Erkenntnisweg zu sagen, der Mensch Weiterhin war Nathaniel und Welt verbinden Williams, University of Albawill. Im Entscheiden ny, beteilligt, dessen Voten, wird immer ein Ich wie das gesamte Gespräch sichtbar und wirkauf der Webseite nachzulesam. Entscheidung sen sind: www.living-conist ein begründendes nections.info · Verdichteter Moment der Anwe- Auszug und Übersetzung senheit. Die mantri- von Miriam Wahl. schen Meditationsinhalte, die für die individuelle, innere Arbeit gemeint sind und die der Hochschule zugrunde liegen, richten sich an diejenigen, die eine Entscheidung getroffen haben. Sie richten sich gleichsam an Anwesende. Die Schule sucht das Zusammenwirken derer, die in diesem Sinne präsent sein wollen – in sich und in der Welt. Ron Dunselman Diese innere und freie Entscheidung bringt auch die innere Geste und Stimmung mit sich, durch die sich geistige Wesen eingeladen fühlen können, da zu sein, sich einem Gespräch anzuschließen. Durch diese Entscheidung entsteht ein Raum der Verantwortung, zu dem jeder beiträgt. Es ist eine spirituelle, lebendige Kraft, welche die Arbeit möglich macht.
DAS GOETHEANUM Nr. 23–24 · 2. Juni 2017 · GESPRÄCH
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Living Connections Weltweite Perspektiven auf anthroposophische Meditation
Freitag, 7. Juli
Diese Konferenz ist eine Einführung in anthropo-
15 Uhr Eröffnung
sophische Meditation. Sie ist für alle, die einen
15¾ Uhr World Café
tieferen Einblick in deren Grundlagen und Methoden gewinnen wollen. Mitwirkende aus der ganzen Welt kommen, um Erfahrungen aus ihrer Praxis in Wissenschaft, Kunst, im beruflichen und alltäglichen Leben zu teilen. Es wird einen Einblick in die heutige Praxis anthroposophischer
16½ Uhr Arbeitsgruppen 18½ Uhr Abendessen 20 Uhr Begegnung Poesie und Meditation 21½ Uhr Nachtcafé
Meditation geben – so wie sie ist, und was sie durch neue Verbindungen werden kann. Der Titel ‹Living Connections› – ‹lebendige Verbindungen› – bezieht sich einerseits auf die Verbindung mit uns selbst, einem inneren Dialog, der uns mit einem Höheren verbinden kann. Und andererseits bezieht er sich auf meine Beziehung
Samstag, 8. Juli 9 Uhr Panels Meditation und Wissenschaft heute 10¼ Uhr Tee
zu einem Gegenüber: zu Menschen, zur Natur
11 Uhr Arbeitsgruppen
und zu den Wesen in der Welt. Es ist das Ziel
13 Uhr Mittagessen
dieser Tage, intime, erkundende Räume durch Begegnungen und Gespräche zu eröffnen, in denen lebendige Verbindungen entstehen und entdeckt werden können – als unterstützende Impulse für eine offene Zukunft.
15 Uhr Open Space 18 Uhr Abendessen 20 Uhr Begegnung Musik und Meditation 21½ Uhr Nachtcafé
Jeder ist willkommen, unabhängig vom eigenen Hintergrund, von Vorwissen und vom Erfahrungshorizont. Mitarbeitende aus anthroposophischen Institutionen sowie aus allen beruflichen Kontexten, Studierende, Arbeitslose, Eltern und Rentner aus Nord, Süd, Ost und West sind herzlich eingeladen, an dieser Erkundung teilzunehmen! Diese Veranstaltung ist Teil der ‹Goetheanum Meditation Worldwide Initiative›. Dieses Netzwerk begann vor zehn Jahren mit einer kleinen Gruppe, heute umfasst es mehrere hundert Menschen weltweit. Ihre Motivation ist, die anthroposophische Meditation zu erforschen, zu entwickeln und in der heutigen Welt sichtbarer zu machen.
erkunden und anmelden 20
www.living-connections.info
Sonntag, 9. Juli 9 Uhr Panels Meditation und Gesellschaft heute 10¼ Uhr Kaffee 11 Uhr Arbeitsgruppen 12¾ Uhr Abschlussrunde 13½ Uhr Ende
Beitragende Alain Tessier Alexandra Traun Andreas Heertsch Anna-Katharina Dehmelt Antje Schmidt-Kühl Arthur Zajonc Auke van der Meij Bart Vanmechelen Bodo von Plato Carina Schmid Clarine Campagne Dorian Schmidt Doris Dodrimont Don Jamison Elaine Upton Edward de Boer Elaine Beadle Elizabeth Wirsching Emil Schibler Emily Fletcher Fergus Anderson Franz Romeijn Friedrich Glasl Gia van den Akker Gunhild von Kries Hilda Boersma Ian Trousdell Ignaz Anderson Inessa Guseva Jaap van der Weg Jana Loose Jean-Michel Florin Joan Sleigh Johannes Nilo John Ralph Josien de Vries Lela Prangulasvili Louis Marie Dèfeche Luke Fischer Marjatta van Boeschoten Mark Geard Matthias Bölts Michael Howard Michael Mösch Milou Dunselman Nodar Belkania Nathaniel Williams Paul Mackay Perry Havranek Peter Neurath Pim Blomaard Praxede Dahan Regula Nilo Remco Bakker Rik Ten Cate Rinke Visser Robin Engelen Robin Schmidt Ron Dunselman Rudi Ballreich Seija Zimmermann Silke Sponheuer Simon Reakes Terje Sparby Tho Ha Vinh Torsten Arncken Tristan Chaudon Ueli Hurter Uli König Ursula Flatters Ursula Zimmermann Willem Meesters Wolfgang Kilthau Wolfgang Tomaschitz
Vorkonferenz
5. bis 7. Juli 2017 Die 19 Klassenstunden – ein Meditati onsweg Diese Vorkonferenz für Mitglieder
der «Freien Hochschule für Geisteswissenschaft»* fokussiert den meditativen Weg der 19 Klassenstunden. Diese Stunden wurden von Rudolf Steiner 1924 gegeben, um einen zeitgenössischen Weg spiritueller Vertiefung zu ermöglichen, der auf eine lebendige und dialogische Verbindung mit der heutigen Welt und ihrer spirituellen Dimension baut. Die verschiedenen Elemente dieser Vorkonferenz erlauben eine exemplarische Vertiefung und eine Orientierung über den gesamten Weg dieser 19 Meditationen. *Näheres zur Hochschule: www.goetheanum.org
Mittwoch, 5. Juli 19 Uhr Eröffnung Plenum 1 «Freie Hochschule für Geistes wissenschaft»: Fragen und Anliegen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer 20½ Uhr Betrachtungen zur 1.-7. Klassenstunde, eingeleitet durch zeitgenössische Musik
Donnerstag, 6. Juli 9 Uhr Betrachtungen zur 7.-11. Klassenstunde, eingeleitet durch zeitgenössische Musik 11 Uhr Runder Tisch 1 Übungen und Gespräch zu den Meditationen in den 19 Klassenstunden 16 Uhr Runder Tisch 2 19 Uhr Plenum 2 «Freie Hochschule für Geisteswissenschaft»: Erfahrungsaustausch zu Formen fruchtbaren Arbeitens 20½ Uhr Betrachtungen zur 12.-16. Klassenstunde, eingeleitet durch zeitgenössische Musik
DAS GOETHEANUM WOCHENSCHRIFT FÜR ANTHROPOSOPHIE
Ich bestelle Ein Jahr CHF 130 / € 120¹ · In der Schweiz CHF 160² Ermäßigt³ CHF 65 / € 60¹ · Schweiz CHF 80² Inklusive PDF-Ausgabe via E-Mail Jahresabo verschenken Adresse extra beilegen Frau Herr
Vorname Name
Freitag, 7. Juli 9 Uhr Betrachtungen zur 17.-19. Klassenstunde, eingeleitet durch zeitgenössische Musik 11 Uhr Runder Tisch 3 12 Uhr Plenum 3 ‹Freie Hochschule für Geisteswissenschaft»: Ergebnisse und Zukunftsimpulse
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Straße, Nr. PLZ, Ort Land E-Mail Unterschrift ¹ Wechselkursabhängig ² Inkl. Schweizer Mitteilungen ³ Nachweis ganztägiger Berufsausbildung beilegen
Adresse: Das Goetheanum – Wochenschrift Postfach, 4143 Dornach · Schweiz Tel. + 41 61 706 44 61
Direkt im Internet bestellen: www.dasgoetheanum.com
KLEINANZEIGEN Pro 50 Zeichen CHF 7. Mindestpreis CHF 21 Annahmeschluss ist Donnerstag der Vorwoche. Inserate@dasgoetheanum.ch Bernsteinketten für Baby und Kinder, Fr. 31.50. Alfred Neuman, Naturtextilien und Mineralien, Herzentalstr. 40, CH–4143 Dornach, Tel. +41 61 701 38 26 Zimmervermietung an Tagungsgäste Nähe Goetheanum, Grosses Doppelzimmer mit eigener Dusche/WC und Teeküche, Tel. +41 78 693 04 50, email: i.arnold@gmx.ch NW/Peloponnes-Ferien im "Garten der Musen" am Strand, leicht erreichbar mit Zug/Auto/Fähre ab Venedig/Ancona bis Patras oder Flug nach Athen Unterkunft ab 15€ Ps/Tag für Einzelreisende, Familien, Orchester Chöre, Tel. +30 2103461034, www.idyllion.eu
Die Ostseemysterien Spurensuche auf Gotland
Studienreise
LIBRO Antiquariat & Buchhandlung
Spezialgebiet: Anthroposophie | An- und Verkauf
Peter Pfister | Erika Häring, Hauptstraße 53, CH-4143 (Ober-) Dornach Telefon 061 701 91 59 | Fax 061 701 91 61 | E-Mail: libro@vtxmail.ch Öffnungszeiten: Di – Fr 9.30 - 18.30 Uhr (durchgehend)
vom 12. -19.9.2017
mit W. Giezendanner und C. Jost. Auskunft und Anmeldung: jost@christengemeinschaft.ch Tel 061 301 70 64
Sa 8.30 - 16.00 Uhr | Montag Ruhetag
Das Alters- und Pflegeheim Sonnengarten will seinen Bewohnerinnen und Bewohnern eine individuelle Lebensgestaltung im Alter ermöglichen. Dafür steht eine kompetente Mitarbeiterschaft und als Umfeld eine moderne Infrastruktur sowie ein wunderbarer Garten zu Verfügung. Zurzeit leben und arbeiten im Sonnengarten an die 220 Menschen. Wichtige Mittel zum Erreichen dieser Ziele sind ein weltoffenes anthroposophisches Menschenbild, das den ganzen Menschen anspricht und ernstnimmt, eine fortlaufende Weiterbildung und Weiterentwicklung der Betreuungs- und Pflegekompetenz sowie der Zusammenarbeit aller Mitwirkenden. Das Qualitätsverfahren „Wege zur Qualität“ dient als Arbeitsgrundlage für die dialogische Führung.
Zur Mitgestaltung dieser Aufgaben suchen wir eine neue
Leitung Die Aufgabe erfordert in dieser Position eine reife und ausgeglichene Persönlichkeit mit Fachkompetenz, Erfahrung in der Führung und Vertretung einer Institution sowie lebenspraktischer Verbundenheit mit der Anthroposophie. Wenn Sie diese Aufgabe anspricht und herausfordert, freuen wir uns auf Ihre Bewerbung mit den üblichen Unterlagen einschliesslich eines Lebenslaufs, in dem Sie beschreiben, wie die neue Aufgabe zu Ihrer Lebenssituation steht. Bewerbungen zuhanden Vorstand Gemeinnütziger Verein Sonnengarten – an: vorstand@sonnengarten.ch
Eine Anzeige schalten? inserate@dasgoetheanum.com Tel. +41 61 706 44 61 Alle Infos unter: www.dasgoetheanum.com
VERANSTALTUNGEN AM GOETHEANUM 2. BIS 15. JUNI 2017 Ticket-Schalter: Di–So, 8–18.30 Uhr; Fr–Sa, 8–20 Uhr | Telefonisch: Di–Sa, 14–18 Uhr | Tel. +41 61 706 44 44 | Fax +41 61 706 44 46 | tickets@goetheanum.ch | Änderungen vorbehalten
AUSSTELLUNGEN 25. März bis 7. Januar 2018 Täglich von 8 bis 22 Uhr Brentanos Studio Øya. 77 Bilder von Hannes Weigert Westtreppenhaus 6. April bis 20. September Täglich von 8 bis 22 Uhr Maximilian Woloschin (1877-1932) "Er ging allein am menschenleeren Ufer" (Gedicht Sergej O. Prokofieff über Maximilian Woloschin) Vitrinen- Ausstellung Foyer 25. Mai. bis 27. August Täglich 8 bis 22 Uhr Monatsbilder Ausstellung von Konstanze Brefin-Alt Nordgalerie 3. Juni bis 30. Juli Täglich von 8 bis 22 Uhr Verwandlung Eurythmieformen des Seelenkalenders Rudolf Steiners und Bilder von Christine Schwarz-Thiersch. Künstlerische Gestaltung: Dragan Senfner. Vernissage mit Ansprache von Ursula Zimmermann am 3.6.2017 um 14 Uhr. In Zusammenarbeit mit der Sektion für Redende und Musizierende Künste und der Sektion für Schöne Wissenschaften Terrassensaal
4. bis 30. Juni Täglich von 8 bis 22 Uhr 52 Bilder Malerei inspiriert durch den Seelenkalender. Werke von Béatrice Cron, Dozentin Alanus Hochschule Alfter. Vernissage am Sonntag 4. Juni um 14 Uhr mit einer Ansprache von Marcelo de Veiga Vorstandsetage
Bild: Konstanze Brefin-Alt 52 Bilder VERANSTALTUNGEN Freitag, 2. Juni 2. bis 4. Juni 16. Kunstwissenschaftliches Kolloquium Mit Roland Halfen u.a. Auf Einladung. Teilnahme von neuen Interessierten auf Anfrage bei der Sektion: ssw@goetheanum.ch 2. bis 5. Juni Pfingsttagung Das Mysterium der Wirklichkeit im Anthroposophischen Seelenkalender Vom pfingstlichen Wirken Michaels im Jahreslauf. Pfingsttagung mit Michael Debus, Jean Michel Florin, Christiane Haid, Stefan Hasler,
IMPRESSUM Das Goetheanum, Wochenschrift für Anthroposophie, 1921 von Rudolf Steiner und Albert Steffen begründet Titelsignet nach einer Skizze von Rudolf Steiner Herausgeber Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft, vertreten durch Justus Wittich Redaktion@dasgoetheanum.ch Louis Defèche (LD), Wolfgang Held (WH), Sebastian Jüngel (SJ), Lea Madeleine Ronner (MR), Ste-
Gudrun Merker, Carina Schmid, Catherine Anne Schmid, Beatrice Schüpbach, Virginia Sease, Dragan Senfner, Joan Sleigh, Angelika Stieber, Ursula Zimmermann
20 Uhr «Wenn aus den Weltenweiten...» Goetheanum Eurythmie-Bühne, Kairos Eurythmie Projektensemble, Eurythmeum CH Grosser Saal
17 Uhr Pfingsttagung Rudolf Steiners Weg zur Wirklichkeits-Erkenntnis und der Jahreslauf Vortrag von Michael Debus Grosser Saal
Montag, 5. Juni 9 Uhr Pfingsttagung Eurythmie – die Wochensprüche werden sichtbar Vortrag von Stefan Hasler mit Eurythmiedemonstration Grosser Saal 11.30 Uhr Pfingsttagung Plenum Musikalischer Ausklang mit Musik zu den Wochensprüchen von Raphael Simcic. Abschluss in Eurythmie Grosser Saal 14.30 Uhr Jahreslaufkreis Wöchentliche vertiefende Naturbeobachtung. Treffpunkt vor dem Südeingang Seminarraum
20 Uhr «Kann ich die Seele weiten» Aphoristische Naturbetrachtung und Seelenkalender in Eurythmie. Goetheanum Eurythmie-Bühne, Kairos Eurythmie Projektensemble, Eurythmeum CH. Naturbetrachtungen von Jean-Michel Florin. Grosser Saal
Samstag, 3. Juni 7 Uhr Vogelbegegnungen 2017 GanztagsExkursion zum Kaiserstuhl Exkursion in anthroposophischen Naturbetrachtung mit Hans-Christian Zehnter. Abfahrt ab Speisehaus am Goetheanum um 7 Uhr mit Privat-PKWs (40/20 CHF exklusive Fahrtkosten). Information und Anmeldung: Hans-Christian.Zehnter@goetheanum.ch 9 Uhr Pfingsttagung Michaels Wirken im Jahreslauf und in den Jahresfesten Vortrag von Christiane Haid. Anschliessend Eurythmiedemonstration Grosser Saal 14 Uhr Goetheanum Führung/Guided Tour Kartenverkauf am Empfang/Tickets at the reception (DE, EN) Treffpunkt am Empfang 14 Uhr Verwandlung Eurythmieformen des Seelenkalenders Rudolf Steiners und Bilder von Christine Schwarz-Thiersch. Künstlerische Gestaltung: Dragan Senfner. Vernissage mit Ansprache von Ursula Zimmermann Terrassensaal 15 Uhr Kunstwissenschaftliches Kolloquium Zwischen Himmel und Erde - das Verhältnis der chinesischen Kunst zur Vertikalen Vortrag von Alexander Schaumann. Kollekte Englischer Saal 20 Uhr «Ich fühle wie entzaubert ...» Liederabend mit Vertonungen des Seelenkalenders von R. Simcic und H. Feller und Liedern zu den Jahreszeiten von L. v. Beethoven, J. Brahms, F. Poulenc, R. Schumann, F. Schubert. Mit Marret Winger, Sopran; Steffen Hartmann, Klavier Grosser Saal Sonntag, 4. Juni 9 Uhr Pfingsttagung Der meditative Weg zur Wirklichkeit in den Wochensprüchen Vortrag von Michael Debus mit Eurythmiedemonstration Grosser Saal 17 Uhr «Wenn Seelenfülle sich mit Weltenwerden einen will» Seelenkalendervertonungen von Heiner Ruland im erweiterten Tonsystem. Claudia Nicolai, Christoph Quadflieg und Holger Schimanke, Gesang Grosser Saal
phan Siber (ST), Philipp Tok (FT), Jonas von der Gathen (JG). Die Redaktoren verantworten mit ihrem Kürzel Text und Bild. Gestaltung · Produktionsleitung Nina Gautier (NG) Künstlerische Leitung Philipp Tok, Geschäftsführung Louis Defèche Abo@dasgoetheanum.ch Christine Yokoyama Tel. +41 61 706 4467 (Mo-Do 9-12 Uhr) Inserate Michèle Melzer inserate@dasgoetheanum.com Tel.
Dienstag, 6. Juni 17.30 Uhr Sprechchor für Jedermann/Jederfrau Mit Jens-Peter Manfrass. 12 CHF, Tickets am Saaleingang Konferenzraum Mittwoch, 7. Juni 20 Uhr Die Geheimwissenschaft (GA 13) Ein weiteres Angebot des Zweiges am Goetheanum. Elsbeth Lindenmaier, verantwortlich Konferenzraum 20 Uhr Zweig am Goetheanum ‹Das Michaelmysterium› (GA 26) Halde Saal 20.15 Uhr Zum ‹Lebensgefüge der Musik› von Wilhelm Dörfler Monatliche Arbeitsgruppe. Auskunft über Folgetermine bei: Otfried Doerfler: odoerfler@ bluewin.ch Ostsaal 4 Donnerstag, 8. Juni 19 Uhr Offener Abend in der Jugendsektion Gemeinsames Kochen mit darauffolgendem Gespräch zu aktuellen Themen (DE, EN) Jugendsektion
Freitag, 9. Juni 9. bis 11. Juni Religionslehrer-Tagung Die drei Wege der Seele zu Christus - Wege der Entwicklung 17 Uhr Grundlagen der Anthroposophie VI: Wirklichkeit Letztes von sechs Wochenendseminaren: Von Individualisierung und einer neuen Gesellschaftlichkeit. Mit Constanza Kaliks, Robin Schmidt und Bodo von Plato Nordatelier 19.30 Uhr Oskar und die Dame in Rosa Szenische Lesung für zwei Schauspieler. Von Eric-Emmanuel Schmitt. Aus dem Französischen von Annette und Paul Bäcker. Bearbeitet von Barbara Stuten. Mit Barbara Stuten und Fabian Horn. Bodo Bühling, Regie. Aufführungsrechte: Der Autor Eric-Emmanuel wird von der Agentur Dominique Christophe, Paris, in Zusammenarbeit mit Theaterverlag Desch, Berlin,
+41 61 706 44 61 (Mo-Do 10-14 Uhr). Es gelten die Mediadaten 2017/1. Anzeigenschluss am Mittwoch der Vorwoche 12 Uhr. Rechtliches Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine Haftung übernommen. Mit der Einsendung stimmt der Autor und Inhaber des Urheberrechts der vollständigen oder teilweisen Veröffentlichung zu. Für die korrekte Bezeichnung geschützter Namen wird keine Haftung
vertreten. www.theater-verlag-desch.de. Im Anschluss Gespräch mit den Schauspielern und dem Regisseur Südatelier 20 Uhr Religionslehrer-Tagung Die Wege der Seele zu Christus Vortrag von Friederike Kenneweg Schreinereisaal
Samstag, 10. Juni 14 Uhr Goetheanum Führung/Guided Tour Kartenverkauf am Empfang/Tickets at the reception (DE, EN) Treffpunkt am Empfang Sonntag, 11. Juni 11. bis 15. Juni Ausbildungsseminar für den freien Religionsunterricht 11 Uhr Religionslehrer-Tagung Der Schreitende: Christus kommt uns aus der Zukunft entgegen Vortrag von Claus-Peter Röh mit Grundsteinspruch (eurythmisch) Schreinereisaal 16.30 Uhr Oskar und die Dame in Rosa Szenische Lesung für zwei Schauspieler. Siehe 9. Juni, 19.30 Uhr Südatelier 20 Uhr 10. Klassenstunde, frei gehalten Für Mitglieder der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft Grosser Saal Montag, 12. Juni 12. bis 13. Juni International Trainers Forum Auf Einladung (EN) 12. bis 15. Juni The Founding of the Anthroposophical Society at the Christmas Conference 1923/24 With Virginia Sease. Tickets at the entrance. 60 (40) CHF 14.30 Uhr Jahreslaufkreis Wöchentliche vertiefende Naturbeobachtung. Treffpunkt vor dem Südeingang Seminarraum Dienstag, 13. Juni 17.30 Uhr Sprechchor für Jedermann/ Jederfrau Mit Jens-Peter Manfrass. 12 CHF, Tickets am Saaleingang Südatelier Mittwoch, 14. Juni 14. bis 18. Juni 9. Weltweite BiographieKonferenz Auf Einladung (DE, EN) 20 Uhr Die Geheimwissenschaft (GA 13) Ein weiteres Angebot des Zweiges am Goetheanum. Elsbeth Lindenmaier, verantwortlich Südatelier 20 Uhr Zweig am Goetheanum ‹Das Michaelmysterium› (GA 26) Rudolf Steiner Halde Saal
Donnerstag, 15. Juni 19 Uhr Offener Abend in der Jugendsektion Gemeinsames Kochen mit darauffolgendem Gespräch zu aktuellen Themen (DE, EN) Jugendsektion
übernommen. Ungekennzeichnete Abbildungen sind zur Verfügung gestellt. Nachdruck und Übersetzung bedürfen der Erlaubnis von Autor und Redaktion. Druck Birkhäuser+GBC AG, CH-4153 Reinach, Schweiz Anschrift Wochenschrift ‹Das Goetheanum›, Postfach, 4143 Dornach, Schweiz www.dasgoetheanum.com © 2017 Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft, Dornach, Schweiz. ISSN 1422-7622
DAS GOETHEANUM Nr. 23–24 · 2. Juni 2017 Einzelheft € 3.50 · CHF 4.50 Im Abo € 2.65 · CHF 3.20 www.dasgoetheanum.com
Meditation Seite 6
Meditation ist – kein Nachdenken oder Reden über etwas – ein Akt, der sich in tiefster Einsamkeit vollzieht. Von Bodo von Plato
Living Connections Seite 10
Die erste öffentliche Tagung am Goetheanum zur Meditation. Einblick in die Fragen der Vorbereitenden. Von Aina Aasland
Warum meditieren? Seite 12
Im Gespräch: Tho Ha Vinh, Arthur Zajonc, Joan Sleigh, Terje Sparby, Ursula Flatters, Friedrich Glasl Von Inessa Guseva INHALT Blicke SEITE 2-5 Existenzinnerlichkeit Stephan Siber Ein Mensch spricht Andreas Laudert Sieben Fragen Miriam Wahl Energisches Vorgehen Dirk Kruse Wahrhaftig Gretchen Sebastian Jüngel Beuys Film Bernhard Steiner
Zusammenhänge SEITE 6-9
Meditation – Vom Klang einer Welt mit menschlichem Antlitz Bodo von Plato
Gespräch SEITE 10-21 Living Connections Aina Aasland Warum meditieren Sie? Tho Ha Vinh · Arthur Zajonc · Joan Sleigh Terje Sparby · Ursula Flatters · Friedrich Glasl Freie Hochschule für Geisteswissenschaft? Inessa Guseva · Ron Dunselman Robin Schmidt · Bodo von Plato
Zu dieser Ausgabe Vom 7. bis 9. Juli 2017 findet am Goetheanum die erste öffentliche Tagung statt, die sich ganz der Meditation widmet. Nähere Informationen: www.living-connections.info Die grafischen Elemente für die Präsentation der Tagung entwickelte Philipp Tok.
Warum meditieren Sie? THO HA VINH Verloren im Himalaja-Ge-
birge, hatte ich 1969 eine Erfahrung, in der sich mir eine andere Wirklichkeit eröffnete. Seither arbeite ich daran, diese Wirklichkeit bewusst zu betreten. – Ich stehe am Morgen auf und meditiere. Darauf zu verzichten, wäre ähnlich unangenehm, wie nicht zu duschen. Für meinen Geist muss ich ebenso sorgen wie für meinen Leib. – Außerdem beobachte ich einen großen Unterschied in Bezug auf das, wie ich auf alltägliche Situationen reagiere. Meditation gibt mir einen starken Boden aus innerer Ruhe und die Fähigkeit, mit schwierigen Situationen öffnend umzugehen. – Zudem ist sie ein Weg, mein inneres Leben zu kultivieren. Positive Qualitäten, die ich schätze, wie Mitgefühl, Altruismus, Freundlichkeit oder Großzügigkeit, sind einerseits Teil unserer menschlichen Natur, zugleich bedürfen sie der Entwicklung, der Pflege. – Und dann gibt es die Erkenntnisdimension: die Meditation ist ein Weg, mich selbst und die Welt zu verstehen, sie ist mein Weg zu tieferem Wissen und Selbsterkenntnis. Siehe Interview im Heft