Rudolf Steiner Archiv Magazin 1

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R U D O L F S T E IN E R magazin


Abbildungen auf dem Umschlag entnommen aus Notizbuch 4 von Rudolf Steiner


3 Ed itorial

W a lter

K u g ler

Das Magazin Magazine sind Verschlusssache, sind das Herz jeden Archivs, jeder Bibliothek. Magazine als Zeitschriften dienen der öffentlichen Meinungsbildung, konzentrieren sich mehr auf Hintergründiges und weniger auf das aktuelle Geschehen wie etwa eine Tageszeitung. Zwei Arten von Magazinen, zwei Sprachen, scheinbar unvereinbar. Archivarbeiter wissen es schon lange: Nur der, der etwas verschliessen kann, kann auch öffentlich werden, denn das Verschlossene, um einmal im Licht der Öffentlichkeit zu bestehen, braucht die Abgeschlossenheit, die Stille, die Nacht-Tiefe der Magazine. Und sie wissen auch: Es ist das Bewusstsein von dem, was Öffentlichkeit ausmacht, was die Arbeit im geschlossenen Rahmen legitimiert, inspiriert und ihr einen Sinn gibt.

rudolf ste i n er a r c h i v magazin


Das Leben in und mit ‹zwei Welten› findet seinen Ausdruck auch in dem Titel der vorliegende Publikation: ArchivMagazin. Dieses lebt vom Wechselspiel: von Innen nach Aussen und umgekehrt. Den Darstellungen aus der aktuellen Forschungs- und editorischen Arbeit folgen ‹Zahlen-Bilder›, die die wirtschaftliche Dimension, der Rudolf Steiner Nachlassverwaltung, und im Weiteren der Fördergemeinschaften widerspiegeln. Danach gibt es Einblicke in Partnerschaften mit verschiedenen Kultureinrichtungen, insbesondere Museen, die inzwischen auf ihre Art das Werk Rudolf Steiners in die öffentliche Wahrnehmbarkeit transferieren. Und gegen Ende finden Sie Ihre Ansprechpartner im Archiv, vor- und dargestellt in Bild und Wort. Mit diesem Magazin, das zugleich eine neue Form des bisherigen Jahresberichtes der Fördergemeinschaften ist, verbinden wir durchaus die Absicht und die Hoffnung, den Kreis der Förderer deutlich zu erweitern, denn jeder Tag ist für die Archivmitarbeiter eine Gratwanderung, den Abgrund deutlich vor Augen, aber vor allem das Ziel, das Werk Rudolf Steiners der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Um dies zu erreichen, muss noch einiges geschehen. Darum hier einige Bemerkungen zum Stand der Dinge rund um die Gesamtausgabe.

«Editionen gehören, welchen Anspruch sie auch immer ha«Editionen welchen Anspruch sie auch immer haben, ben, zugehören, wissenschaftlichen Grossunternehmungen, sind zeit-, zu wissenschaftlichen Grossunternehmungen, sind zeit-, arbeits-, arbeits-, personal- und kosteninte personal- und kostenintensiv.» nsiv.» Eine Binsenwahrheit, wird so manch einer denken, gleichwohl ist das Gesagte deshalb nicht weniger wahr, vor allem dann, wenn man sich den Erfahrungshintergrund des Verfassers – es handelt sich um den renommierten Editionswissenschaftler Bodo Plachta – vergegenwärtigt. Hinter jeder Werkausgabe, so will der Autor deutlich machen, verbirgt sich ein kaum vorstellbares Arbeitspensum, dessen Aufwand in keinem Verhältnis zum Ertrag aus dem Bücherverkauf steht. Aber es ist wohl diese Diskrepanz, die letztlich die Qualität und zugleich den tieferen Sinn der editorischen Arbeit ausmacht, denn solche anspruchsvolle Unternehmungen entziehen sich dem Zugriff blossen ökonomischen Denkens. Editionen wollen gelesen werden, wollen wachrütteln. Dabei geht es um Interesse, Verstehen, Erleben, mithin um Geist. Und da herrschen eben andere Gesetze. Dass solch eine Arbeit dennoch nur geleistet werden kann, wenn die entsprechenden finanziellen Mittel vorhanden sind, ist kein Geheimnis. In welch einer Grössenordnung und in welch einem Zeitrahmen sich


5 die Herausgabe von Werkausgaben bewegt, zeigen die Angaben, die kürzlich die Herausgeber einer neuen Robert Walser-Ausgabe gemacht haben: Für die wissenschaftliche Erarbeitung der geplanten 45 Bände in einem Zeitraum von ca. 15 Jahren sowie die Herstellungskosten ergibt sich ein Finanzbedarf in Höhe von insgesamt gut 11 Millionen Schweizer Franken! – Vergegenwärtigt man sich den Stand der noch zu leistenden Arbeit an der Rudolf Steiner Gesamtausgabe, dann sieht die Lage nicht viel anders aus. Ein Blick in das Magazin des Rudolf Steiner Archivs macht es deutlich: Die Fülle der hier gelagerten Archivalien ist überwältigend: Viele Reihen von Stahlschränken beherbergen Tausende Briefe, Manuskripte, Fotos, Notizbücher, Skizzen und Zeitungsartikel sowie Stenogramme und Nachschriften der Vorträge und Ansprachen wie auch Aufzeichnungen von Diskussionsvoten an Mitgliederversammlungen und bei Sitzungen der verschiedensten Art. Nimmt man noch die zahlreichen Bauführungen und protokollierten Gespräche hinzu, dann ergibt sich im Hinblick auf die Gesamtausgabe folgendes Bild, das das Ergebnis einer über Jahre sich hinziehenden akribischen Bestandsaufnahme ist:

6.511 Anlässe, bei denen Rudolf Steiner das Wort ergriffen hat 1.630 Anlässe, von denen keine Nachschriften vorliegen 4.881 Anlässe, von denen Nachschriften vorliegen 3.937 In der Gesamtausgabe bisher veröffentlicht 944 Noch in der Gesamtausgabe zu veröffentlichen

Die Gesamtausgabe, dies zeigen die Zahlen deutlich, ist – entgegen einer leider schon weit verbreiten Meinung – noch längst nicht abgeschlossen! Ein grosses Stück Arbeit, ist noch zu leisten. Hierfür braucht es jedoch ein hohes Mass an Solidarität und Unterstützung. Denn es geht um einen in der Kulturlandschaft einzigartigen Autor, dessen Innovationskraft schon viel bewegt hat und noch mehr bewegen kann, weil es die Zeitverhältnisse erfordern. Ein Torso kann zwar auch Bewunderer finden, aber wohl auch nur deshalb, weil das Ganze nicht zu haben ist. Das Werk von Rudolf Steiner soll aber einmal als Ganzes zur Verfügung stehen. Den neuen Förderern sei schon heute ein grosses und herzliches «Danke» zugerufen. |

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Detail-Tonmodell des Menschhheitsrepräsentanten kurz nach Fertigstellung Ostern 1915 | Fotografie von Max Benzinger

7 d as pl ast is ch e werk

R ol a n d

H a lfe n

Vom Erkennen zum Erkunden Nach der Herausgabe des graphischen (2005) und des malerischen Werkes (2007) war das Jahr 2008 zur Gänze der Vorbereitung des nächsten Werkkomplexes gewidmet: dem plastischen Werk. Wer nur ein wenig von Rudolf Steiners Anregungen und Tätigkeiten auf dem Felde der Kunst kennt, der weiss auch immer schon, wie provisorisch diese gattungsorientierten Aufteilungen gegenüber einem Gesamtwerk sind, in dem fortwährend die Grenzen der herkömmlichen Kunstgattungen überschritten und unterlaufen werden. Was Steiner etwa im Programmheft des Kongresses von 1907 als graphische Siegelvignetten schuf, wurde noch, gleichsam im selben Atemzug, zu Formen gemalter Architekturplastik metamorphosiert. Und was sich aus diesen Anfängen heraus als das zentrale Grossprojekt entwickelte, die Goetheanum- und Wohnund Zweckbauten auf dem Dornacher Hügel, sollte vor allem anderen die innere Wandlungsfähigkeit des Menschen anregen.


Anschaulicher Fokus des ersten Goetheanum sollte die plastische Figurengruppe des sogenannten Menschheitsrepräsentanten sein, in der – so Steiner «zusammengefasst ist alles das, was an Formen lebte, und was jemals gesagt oder künstlerisch hätte dargestellt werden können im Goetheanum» (9. April 1923). Sie konnte – zunächst durch die Erschwerung der Arbeit nach dem Brand des Goetheanum, dann durch Steiners zu frühen Tod – niemals endgültig fertig geschnitzt werden, ist aber damals doch so weit gediehen gewesen, dass man sich entschloss, sie nach der Errichtung des zweiten Baus in einem eigens für sie geschaffenen Raum aufzustellen. Die wissenschaftliche Darstellung dieses Werkes umfasst zunächst die genaue Dokumentation der erhaltenen Modelle in Bild und Expertise, ferner die Publikation sämtlicher historischer Aufnahmen, die Heranziehung von Wortlauten Rudolf Steiners über die Gruppe und schliesslich die erhaltenen Erinnerungen von Künstlern und Mitarbeitern, die an der Entstehung dieser monumentalen Skulptur beteiligt waren. In der chronologisch orientierten Darstellung der Genese dieses aussergewöhnlichen Werkes wird erst deutlich, wie sich Steiners eigene Anschauung über die Gruppe im Laufe der Jahre entwickelt und in ihren Schwerpunkten verlagert hat. Aber es werden auch so manche Zusammenhänge deutlich, die über den unmittelbaren Umkreis der Arbeit hinausweisen. Ein Beispiel: Rudolf Steiner schuf das Modell für den Kopf der Mittelfigur den erhaltenen Dokumenten zufolge in dem relativ kurzen Zeitraum zwischen Karsamstag 1915 und dem Nachmittag des darauf folgenden Ostersonntags. Als wenige Monate später der soeben von Nürnberg nach Berlin berufene Theologe und bereits damals hochangesehene Prediger Friedrich Rittelmeyer nach Dornach kam, durfte er Steiner in seinem Atelier besuchen und mit diesem gemeinsam die Büste als ein Christusbild betrachten. Wenige Tage später hielt Rittelmeyer soeben seine fulminante Antrittsrede in der Berliner Friedenskirche, als Emil Bock zufällig auf dem Wege von Tegel nach Berlin an der Kirche vorbeikam, wo ihn die versammelte Menschenmenge neugierig machte und ihn dazu veranlasste, ebenfalls hineinzugehen. Der Eindruck des Redners war so stark, dass er bald darauf den Kontakt zu ihm suchte und später mit Rittelmeyer und anderen zum Gründerkreis der Bewegung für religiöse Erneuerung (später: Die Christengemeinschaft) gehörte. Der Überblick über die erhaltenen Vortragspassagen, in denen Steiner die Gruppe erwähnt, macht gleichwohl deutlich, dass er das Standbild niemals im herkömmlichen Sinne als religiöses Kultbild betrachtete, sondern primär als ein Kunstwerk, das es anschauend zu erkunden gilt: «Nicht darauf kommt es an – ich sage es immer wieder und wie-


9 derum, wenn die Leute kommen und z. B. unsere Gruppe drüben ansehen – dass man denke, dass da in der Mitte der Christus steht, und da oben Luzifer und unten Ahriman. Das ist eines jeden Privatempfindung, das hat mit dem künstlerischen Empfinden und mit dem ganzen Werke im Grunde genommen gar nichts zu tun […] Die Linie, meine lieben Freunde, die gesucht worden ist, um den herabstürzenden Luzifer darzustellen, diese Linie in ihrem Zusammenstimmen mit dem ganzen Gebilde verständlich zu machen, ist unendlich viel bedeutungsvoller, als das für künstlerisches Empfinden eigentlich langweilige Auseinandersetzen: das ist Luzifer, das ist Ahriman…» (3. Nov. 1918). | Das künstlerische Werk von Rudolf Steiner, erschienen in der Gesamtausgabe: K 12 | Die Goetheanum-Fenster. Sprache des Lichtes | Entwürfe und Studien. 2., wesentlich erw. Aufl. 1996 | Textband. 72 S. mit 14 Zeichnungen. Bildband: 144 S. mit 131, davon 60 farbigen Abb., Format 23,5 x 390 cm | isbn 978-3-7274-3601 K 13-16/52-56 | Das malerische Werk | Mit Erläuterungen und einem dokumentarischen Anhang | Hardcover, 1. Aufl. 2007, 432 S. mit 265 meist farbigen Abbildungen | isbn 978-3-7274-3690-1 K 14 | Entwürfe für die Malerei der kleinen Kuppel des Ersten Goetheanum | Eine Mappe mit 21 losen Tafeln und einer Textbeigabe. 1. Aufl. 1962. Tafeln im Format 30 x 42 cm. Mappe kart. | isbn 978-3-7274-3610-9 K 45 | Das graphische Werk | Zwei Bände in Schuber 1. Aufl. 2005. Textband 320 S., Bildband: 288 S. mit 363 meist farbigen Abbildungen. Format 23,5 x 30 cm, | isbn 978-3-7274-3640 K 51 | Kleinodienkunst als goetheanistische Formensprache Die Entwürfe Rudolf Steiners und deren Ausführungen durch Bertha Meyer-Jacobs und andere Goldschmiede | Leinen 1. Aufl. 1984, 216 S. mit 102 schwarz/weissen und 179 farbigen Abbildungen isbn 978-3-7274-3650-5 K 54.0 | Ein malerischer Schulungsweg – Pastellskizzen und Aquarelle | Mappe 1. Aufl. 1986, mit 20 Farbtafeln und einem Textheft (56 S.). Format 20 x 32 cm | isbn 978-3-7274-3660-4 K 54.1 | Naturstimmungen. Neun Schulungsskizzen für Maler Mappe. 2. überarbeitete Aufl. 1999, mit 9 Tafeln und separatem Textheft. Format 41 x 32 cm | isbn 978-3-7274-3621-5 Alle erhältlich unter www.steinerverlag.com

Da s Pla stisch e Werk


10 Blatt aus dem Stenogrammblock zum Vortrag Rudolf Steiners vom 15. Januar 1917

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Ale x a n der

L ü s c h er

Ist der Osten links oder rechts? Vielleicht wird man sich denken: Was für eine seltsame Frage! Und doch ist es eine Frage, der man als Herausgeber von Rudolf Steiners Werken begegnen kann und auf die man gerne eine Antwort finden möchte. Das ist auch möglich, wenn man seine Aufmerksamkeit zunächst auf die konkreten Verhältnisse richtet, aus denen heraus eine solche Frage entsteht.



Im Vortrag vom 15. Januar 1917, gehalten im Rahmen der «Zeitgeschichtlichen Betrachtungen», spricht Rudolf Steiner über die unterschiedliche Art, wie die westlichen und die östlichen Slawen mit dem nicht-slawischen Westen in Verbindung stehen. So sagt er: «Die mitteleuropäischen Slawen, die westlichen Slawen, sind noch auf dem physischen Plane mit den Menschen im Westen verbunden. Dasjenige, was dahinter, weiter im Osten, liegt, ist mit den Menschen im Westen über die höheren Plane hinüber verbunden.» Und um die bildliche Anschauungskraft seiner Zuhörer zu unterstützen, zeichnet Rudolf Steiner auf die Wandtafel. Die Zeichnung ist im Original nicht erhalten geblieben, aber sie lässt sich aufgrund einer Skizze im Stenogrammblock rekonstruieren. Man muss sich also vorstellen: Rudolf Steiner nimmt eine grüne Kreide und zeichnet einen vertikalen Strich – dieser stellt die westlichen Slawen dar, zum Beispiel die Tschechen oder die Polen. Dann folgt rechts davon mit blauer Farbe ein weiterer vertikaler Strich: die nicht-slawische Menschheit des Westens. Und dann links mit weisser Farbe ein dritter Strich: die östlichen Slawen, die Russen. Wir haben also auf der Zeichnung als Abfolge von links nach rechts: die Ostslawen die Westslawen die westliche Menschheit (weisser Strich) (grüner Strich) (blauer Strich) Für unser gewöhnliches – mitteleuropäisch geprägtes – Empfinden ist die Zeichnung seitenverkehrt: Warum nur hat Rudolf Steiner den weissen Strich nicht rechts gezeichnet? Für uns liegt doch der Osten rechts – und nicht links wie auf seiner Zeichnung? Um eine Erklärung dafür zu finden, muss man sich ganz in die Lage Rudolf Steiners versetzen. Grundsätzlich wäre es möglich, dass Rudolf Steiner einen anderen, für uns unüblichen Blickwinkel angewendet hat. Wir Mitteleuropäer sind ja gewohnt, vom Süden in den Norden zu schauen, und da ist der Osten tatsächlich rechts. Was aber, wenn man von Nordeuropa Richtung Süden schaut? Da liegt der Osten links! Und so wäre die Zeichnung Rudolf Steiners durchaus korrekt. Da es aber in diesem Vortrag nicht darum ging, auf die Bedingtheit eines einmal eingenommenen Gesichtspunktes hinzuweisen, scheint eine andere Erklärung naheliegender. Und diese hängt mit der Frage zusammen, ob Rudolf Steiner mit dem Rücken zum Publikum gezeichnet hat oder ob er sich beim Zeichnen überhaupt nicht vom Publikum abgewandt hat. Man kann von letzterem ausgehen. Rudolf Steiner steht vor dem Publikum, spricht, nimmt mit der linken Hand eine grüne Kreide und macht zunächst in der Mitte der Tafel einen grünen Strich, ohne sich vom Publikum abzuwenden. Er wechselt die Kreide und zeichnet links davon mit


13 der gleichen Hand einen blauen Strich, die westliche Menschheit darstellend. Für ihn liegt dieser Strich richtigerweise links, für die Zuschauer erscheint er aber rechts, seitenverkehrt. Und nun kommt die rechte Hand zum Zug: Rudolf Steiner setzt rechts von der Mitte einen weissen Strich, die Ostslawen darstellend. Für das Publikum ist das aber links. Für beide – Zuhörer wie Rudolf Steiner – ist der Osten rechts und der Westen links, nur blicken beide in die entgegengesetzte Richtung, so dass die Zeichnung von Rudolf Steiner für den im Publikum sitzenden Zuhörer zunächst befremdlich erscheint. Dieses einfache Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, nicht vorschnell ein Urteil zu fällen, wenn man zunächst etwas nicht ganz richtig zu deuten weiss. Es empfiehlt sich, genauer hinzuschauen und sich zu fragen, welche konkreten Bedingungen lagen vor, die zu einer solchen, zunächst befremdlich anmutenden, Bildgestaltung führten. Das heisst nicht, dass Rudolf Steiner immer und in jedem Fall Recht hatte, also niemals einem Irrtum erlag. Im Vortrag vom 4. Dezember 1916 zum Beispiel passierte ihm offensichtlich eine Verwechslung, erwähnte er doch im Zusammenhang mit dem Russisch-Türkischen Krieg von 1877 bis 1878 den Grossfürsten Nikolaus, der nicht nur im Kriegsgeschehen von 1914 bis 1916, sondern «damals schon eine wichtige Rolle» gespielt hätte. Das ist nicht möglich, denn es gab in dem von ihm angesprochenen Zeitraum nicht nur eine Person, die Nikolaj Nikolaevič Romanov hiess, sondern es ist zu unterscheiden zwischen Nikolaj Nikolaevič Romanov dem Jüngeren und dem Älteren. Grossfürst Nikolaj Vater war russischer Oberkommandierender während des RussischTürkischen Krieges und starb 1891. Er konnte also nicht russischer Oberkommandierender bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs sein; diese Aufgabe fiel seinem gleichnamigen Sohn zu. Aber solche offensichtlichen Fehler sind selten und sind letztlich – das lässt sich ganz objektiv feststellen – im Hinblick auf die von Rudolf Steiner gemeinte Botschaft unerheblich. Ein anderer Fall. Wenn Rudolf Steiner im Zusammenhang mit dem Attentat vom 28. Juni 1914 in Sarajevo, wo der österreichisch-ungarische Thronfolger Franz Ferdinand ermordet wurde, feststellt, dass «jenes Attentat vom Juni 1914 ja nicht habe missglücken können», dann ist man als Kenner des genauen Ablaufs dieses Attentats versucht zu sagen, dass Rudolf Steiner nicht richtig über den genauen Ablauf der Dinge im Bilde war. Tatsache ist nämlich, dass an diesem Morgen erst der siebente Versuch erfolgreich war, als eigentlich niemand mehr mit der Verwirklichung des Mordplans rechnete, am wenigsten der Attentäter Gavrilo Prinzip. Wusste denn Rudolf Steiner das nicht? Nun, ihm kam es offensichtlich gar nicht auf den

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genauen Ablauf des Attentats an, sondern auf die Art und Weise, wie dieses Attentat vorbereitet wurde. Und da war ihm wichtig, darauf hinzuweisen, dass verschiedene Gruppierungen zusammengewirkt haben müssen, und zwar so intensiv, dass das Attentat früher oder später einfach gelingen musste. Es sind solche Feinheiten in den Ausführungen Rudolf Steiners, auf die es sich empfiehlt, genau hinzuhören. Vieles wird von ihm manchmal nur ganz knapp angedeutet, und es bedarf schon besonderer Aufmerksamkeit, um die ganze Tragweite einer Aussage zu verstehen. Rudolf Steiner erwähnt zum Beispiel im Vortrag vom 16. Dezember 1916 das Buch des amerikanischen Historikers Brooks Adams, «Das Gesetz der Zivilisation und des Verfalles», das 1907 im «Akademischen Verlag» in Wien erschienen war. Und er führte im weiteren aus: «Für das europäische Geistesleben kam auch noch in Betracht, dass zum Beispiel die deutsche Übersetzung dieses Buches von Brooks Adams in einem Verlage erschienen ist, von dem man wusste, dass er im Dienste ganz bestimmter geistiger Richtungen steht – geistiger Richtungen, die der unsrigen, der anthroposophischen, ganz entschieden feindlich und abträglich sind.» Rudolf Steiner liess es bei diesen wenigen Hinweisen bewenden, und es blieb den Zuhörern überlassen, herauszufinden, um welche «bestimmten geistigen Richtungen» es sich denn genau handelte. Stellt man nun genauere Nachforschungen an, so führt die Spur zunächst zum Privatgelehrten und späteren Nationalsozialisten Wolfgang Schultz, dem Inhaber des kurzlebigen «Akademischen Verlages» in Wien, und über ihn weiter zur völkisch orientierten Wiener «Guido-von-List-Gesellschaft», in deren Dunstkreis sich auch der deutsche Theosoph Franz Hartmann, ein entschiedener Gegner Rudolf Steiners, bewegte. Zwei weitere Werke von Brooks Adams erschienen im «Verlag Lumen» des Ariosophen Jörg Lanz von Liebenfels, der ebenfalls zum Umkreis der List’schen Bewegung gehörte. Gewiss eine erste wichtige Erkenntnis zur Frage, welche konkrete Gruppierungen hinter den Bestrebungen zur Vernichtung der Anthroposophie standen. Trotz grosser Bemühungen konnte allerdings auf die zweite, ebenfalls sehr wichtige Frage, auf welche Weise es denn diesen okkult-völkischen Kreisen gelungen war, die Verbindung zu Brooks Adams herzustellen und sich die Rechte auf die deutsche Übersetzung seiner Werke zu sichern, keine Antwort gefunden werden. Das ‹Zufallen› spielt oft eine wichtige Rolle bei der Klärung scheinbar unlösbarer Fragen, sei es nun, ob man den Wortlaut eines russischen Schriftstücks sucht über die gezielte Ausschaltung Rasputins, des damaligen Zarengünstlings, oder die monumentalen Sätze des englischen Naturwissenschafters Michael Faraday über die Trennung von Wissenschaft und Glauben, deren originale Wortlaute in den bisherigen Ausgaben gefehlt haben. Oft muss man über Monate warten, bis sich


15 ein solcher glücklicher ‹Zufall› ereignet und man die entsprechende Lücke schliessen kann. So hatten wir über lange Zeit den Wunsch, Näheres über den Zusammenhang von König Jakob I. mit der Freimaurerei zu finden, der Rudolf Steiner bekannt gewesen sein dürfte. Und so neulich: wir stehen vor einem Büchergestell, machen einen zufällig gezielten Griff und haben das entsprechende Handbuch gefunden, in dem Jakob I. als «mason king» (MaurerKönig) bezeichnet wird. All diesen Erlebnissen liegt als Erfahrung zugrunde: Es braucht zuvor eine bestimmte innere Konzentration, damit einem überhaupt Erkenntnisse zuteil werden; es braucht sozusagen den uneigennützigen Wunsch, im Interesse der Sache das Dunkel erhellen zu dürfen. Und was es auch braucht, ist viel Geduld! Erstaunlicherweise lassen sich auf diese Weise manche Rätsel lösen, nie aber alle, denn trotz allen intensiven Forschens bleibt immer ein ungelöster Rest. Im vergangenen Jahr ist die Arbeit an der Neubearbeitung dieser Vorträge so weit gediehen, dass die geplanten drei Bände der «Zeitgeschichtlichen Betrachtungen» gegen Ende dieses Jahres erscheinen werden. |

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17 Brief Rudolf Steiners an Marie Lang, 1890. Übertragung auf Seite 19

wa r rudolf ste iner th eosoph?

J o h a n n es

N i lo

War Rudolf Steiner Theosoph? Rudolf Steiners Verhältnis zur modernen Theosophie ist bis heute sehr marginal untersucht worden. Ihr Einfluss auf seine Sichtweise der Dinge und Nicht-Dinge in den gut 10 Jahren, in denen er als offizieller Vertreter für die Deutsche Sektion der Theosophischen Gesellschaft tätig war, sei von geringer Bedeutung, denn eigentlich sei er immer Anthroposoph gewesen. So lautet die in anthroposophischen Zusammenhängen allgemein anerkannte, jedoch nicht kritisch hinterfragte Auffassung. Vieles spricht auch tatsächlich für diese Auffassung, zumal Steiner selbst an mehreren Stellen sein Verhältnis zur theosophischen Bewegung eher als ein distanziertes beschrieben hat und stets um die eigene Souveränität bemüht war. Was heisst das denn konkret? Hat er lediglich das theosophische Milieu «gebraucht» um seine Sache, die Anthroposophie, durchzuführen? In den Jahren, in denen er eindeutig als Theosoph auftrat und auch als solcher angesehen wurde, verkehrte er mit internationalen Führerpersönlichkeiten der theosophischen Weltgesellschaft, wie Bertram Keightley und Annie Besant kollegial. Ist nicht die Anthroposophie, in dieser Zeit, mit seinem Engagement in der Theosophischen Gesellschaft mitgewachsen, um erst allmählich ihre eigenen Formen zu finden? Die Rolle des theosophischen Erbes wurde als relevante Fragestellung bereits in der Pionierzeit der anthroposophischen Bewegung zurückgestellt. Zweifellos war Rudolf Steiners Arbeit in der Theosophischen Gesellschaft von Anfang an von einer ausgeprägten


Eigenständigkeit im Urteilen und Handeln bestimmt. Und die heftigen Auseinandersetzungen, die letztendlich zum Ausschluss der Deutschen Sektion aus der Theosophischen Gesellschaft und zur Begründung der Anthroposophischen Gesellschaft führten, hinterliessen einen bitteren Nachgeschmack, der das ganze «theosophische» Unternehmen in ein höchst fragwürdiges Licht stellte. Nehmen wir dagegen die produktiven Jahre vor dem Auseinanderbrechen in den Blick, sehen wir einen Steiner, der wohl eindeutig profiliert und eigenständig auftrat, und doch ganz und gar integriert war in das grosse Projekt ‹moderne Theosophie›. Niemand hätte im Jahr 1905 sagen können, dass Steiner nicht mit seiner ganzen Person hinter der theosophischen Weltsicht stand. Heute können und müssen wir genauer hinschauen und differenzierte Unterscheidungen treffen. Wo übernimmt Steiner Begriffe aus dem theosophischen Theoriegebäude, wo bildet er neue?1 Wie stellt er sich in die heterogene Landschaft der Theosophen, an was knüpft er an, was lehnt er ab? Eine weitere Frage, der ich an dieser Stelle etwas ausführlicher nachgehen möchte, betrifft Steiners Verhältnis zur Theosophie vor der Jahrhundertwende, also vor seiner aktiven Teilnahme in der Theosophischen Gesellschaft. Rudolf Steiner kam tatsächlich schon in Wien, in den 1880er Jahren, mit der noch ganz in den Anfängen steckenden theosophischen Bewegung in Berührung. 2 Aus den wenigen vorliegenden Dokumenten und den zum Teil uneindeutig datierbaren biographischen Daten ist es allerdings nicht einfach, sich ein klares Bild zu machen vom Ausmass und der Bedeutung dieser Auseinandersetzung. Dass die Quellen zum grossen Teil nur in Form von Erinnerungsliteratur vorliegen, macht es nicht einfacher. Und es ist verlockend, solchen Aussagen Priorität zu geben, die den eigenen Absichten nachkommen. Selbst wenn wir uns auf die Selbstaussagen Rudolf Steiners begrenzen, stossen wir aber auf Widersprüche. Das möge als Warnsignal gelten für Schnellurteiler. Es ist durchaus möglich, Zitate und Fakten zusammenzustellen, die eine eindeutig distanzierte Einstellung seitens Steiners dokumentieren. Genau so ist es möglich, Dokumente vorzulegen, die von einer intimen Nähe und von einem genuinen Interesse an theosophischen Themen sprechen. Ein abschliessendes Urteil ist noch nicht möglich, jedoch lässt sich eine Tendenz feststellen. Die besteht darin, dass

1 Als Beispiel sei der Begriff der Bewusstseinsseele genannt. Er ist in der theosophischen Literatur weder dem Wort noch der Sache nach zu finden. Vgl. Jörg Ewertowski, Die Entdeckung der Bewusstseinsseele, Stuttgart 2007, S. 17f. 2 Für die theosophische Bewegung im deutschen Sprachraum war Wien ein wichtiges Zentrum. Nicholas Goodrick-Clarke schreibt sogar: «Thanks to Eckstein’s enthusiasm, Vienna must be considered the principal centre of Germanspeaking theosophy in its earliest European years.»The modern occult revival in Vienna 1880-1910», in: Theosophical History Vol. 1/5, S. 104. 3 Siehe Brief von E. Bock an Werner Teichert, 14.12.1952, Rudolf Steiner Archiv 4 Friedrich Eckstein, Alte unnennbare Tage. Erinnerungen aus siebzig Lehrund Wanderjahren, Wien 1936, S. 184. 5 Wann genau Hartmann in Wien wohnte, konnte nicht nachgewiesen werden. Frühestes Datum ist jedoch der 21. Mai 1885. An diesem Tag trifft er, zusammen mit Blavatsky, von Indien kommend, in Neapel ein. 6 «Skizze eines Lebensabrisses (1861-1893)», in: Rudolf Steiner, «Selbstzeugnisse», hrsg. von Walter Kugler, Dornach 2007, S. 64f. Diese Begebenheit hat bei SteinerBiographen wenig oder keine Beachtung gefunden, vgl. Emil Bock «Rudolf Steiner. Studien zu seinem Lebensgang und Lebenswerk», Stuttgart 1967; Christoph Lindenberg, «Rudolf Steiner. Eine Biographie, Bd. 1, Stuttgart 1997.


19 Steiner einerseits die organisierte Theosophie ablehnt, dass er aber andererseits grosses Interesse und ein Verständnis für die Art und Weise, wie sie in aller Stille durch Persönlichkeiten wie Friedrich Eckstein und Marie Lang lebt, bekundet. Hierzu ein Beispiel. Es handelt sich um einen kurzen Brief von Rudolf Steiner ohne Datum und Ortsangabe. Ausserdem ist die Empfängerin nicht mit Namen angesprochen. Dass es sich um einen Weihnachtsgruss aus Weimar, wahrscheinlich aus der Weihnachtszeit 1890 und, dass es sich um einen Brief an Marie Lang handelt, dürfen wir annehmen. Dies soll im Einzelnen nachgewiesen werden; zunächst aber der Wortlaut des Briefes: «Hochgeschätzte gnädige Frau! / Lassen Sie es sich gefallen, wenn sich unter die Stimmen, die Ihnen und / Ihrem lieben Gemal frohe Weihnachtsfeiertage wünschen auch die des fernen Freundes mischt, der Ihnen von tiefster Seele heraus hiermit den Festesgruss übersendet. / Mein stetiger Wunsch ist es, dass die Zeit, in welcher sich unsere Lebens- und Wahrheitspfade wieder finden und an die Sie selbst ja glauben, recht bald erscheine. Mit den besten Grüssen an Sie und Ihren Gemal / Ihr / Steiner.» Der Brief ist Emil Bock Anfang der 50er Jahre während seiner Recherchen zum Lebensgang Rudolf Steiners in die Hände gekommen.3 Bock hat ihn Erwin Lang, dem jüngsten, damals aber schon betagten Sohn Marie Langs, abgekauft. Offensichtlich hatte dieser den Brief von seiner Mutter geerbt. Erwin Lang hatte ursprünglich 25 Briefe in Aussicht gestellt, davon sind nur der obige und ein ebenso kurzer an den Ehemann Maries, Edmund Lang, aufgetaucht. Ob die übrigen überhaupt existiert haben, ist unklar, jedoch eher unwahrscheinlich. Rudolf Steiners Bekanntschaft mit Marie Lang beginnt frühestens Ende September 1889 und endet zunächst, als er am 29. September 1890 Wien in Richtung Weimar verlässt. In dem Haus des Ehepaares Lang in der Belvederegasse hatte sich ein enger «Freundschaftsbund», wie Friedrich Eckstein berichtet, gebildet. 4 Dieses Milieu wird die Stimmung, in der Steiner seine letzte Zeit in Wien verbringt, massgebend prägen. Dabei spielte die Theosophie eine nicht unbedeutende Rolle. Friedrich Eckstein leitete die seit 1886 bestehende Wiener Loge der Theosophischen Gesellschaft und Marie Lang hat den theosophischen Schriftsteller Franz Hartmann, der für eine längere Zeit bei H. P. Blavatsky in Indien gelebt hatte, in den Kreis eingeführt. Mit Eckstein war Steiner schon lange vertraut, vielleicht schon aus der Studienzeit an der Technischen Hochschule. Hartmann, der für ein Jahr bei Eckstein in Wien wohnte, hat er wahrscheinlich auch kennengelernt.5

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In seinem autobiographischem Vortrag vom 4. Februar 1913 berichtet Steiner über jene Zeit: «Damals traten mir auch die Wiener Vertreter der theosophischen Bewegung nahe. Mit allem, was sich in dieser Zeit um den vor kurzem verstorbenen Franz Hartmann gruppierte, und auch mit anderen Theosophen kam der, von dem hier die Rede ist [R. Steiner], in einen recht freundschaftlichen und intimen Verkehr. Das war in den Jahren 1884-1885, als die theosophische Bewegung überhaupt erst anfing, bekannt zu werden.»6 Steiner erzählt weiterhin, in dieser Zeit den «Esoterischen Buddhismus» von A. P. Sinnett wie auch «Licht auf dem Weg» von Mabel Collins, die beide gerade in deutscher Übersetzung erschienen waren, gelesen zu haben und scheint damit klar zu stellen, dass er sich schon damals mit theosophischer Literatur befasst hat. Als er dann 1889 mit dem Kreis um Marie Lang in Berührung kommt, ist er also schon mit der Theosophie vertraut. Der Kreis um die charismatische Marie Lang hat sich laut Friedrich Eckstein im Frühjahr 1888 gebildet und entwickelt sich rasch zu einem Treffpunkt theosophisch Interessierter. Lang selbst hatte sich bereits «mit Feuereifer auf diesen Gegenstand geworfen».7 Den Sommer verbringt man auf Schloss Bellevue in der Umgebung von Wien. Hier bildet sich die «Kolonie» weiter aus. 8 Neben Eckstein und Franz Hartmann stösst auch ein junger Diplomat und Theosoph aus München, Graf Karl zu Leiningen-Billigheim, hinzu, der später Sekretär der Wiener Loge wurde.9 Eckstein hat in seinen Lebenserinnerungen eine Schilderung hinterlassen, die uns den gepflogenen Lebensstil nahebringt: «Das Leben in unserer Sommerkolonie gestaltet sich überaus reizvoll. [Hugo] Wolf arbeitete fleissig an seinen Liedern und liebte es, uns das gerade erst komponierte vorzuspielen, jeder von uns ging seiner Arbeit nach und an den Abenden fanden wir uns zu dem von Marie Lang bereiteten gemeinsamen vegetarischen Mahle ein, bei schönem Wetter auf der geräumigen Terrasse oder unter einer mächtigen Linde.»10 Auch Rosa Mayreder, die sich selber nicht als Theosophin verstand, und übrigens auch nicht Steiner als Theosophen einstufte 11, nimmt Teil an der ‹Sommerkolonie›, die sich einige Jahre lang in den Sommermonaten im Schloss Bellevue treffen wird.12 War Eckstein eher schweigsam, was die spezifisch theosophischen Inhalte anbelangt, so war

7 Eckstein, siehe Anmerkung 4, S. 185. Die Quellenlage zu Marie Lang ist sehr spärlich. Das Ausmass ihrer Tätigkeiten in der theosophischen Bewegung ist unklar. Dass es sich aber nicht um eine Nebensache für sie handelte, bezeugt die Tatsache, dass Steiner sie später, um das Jahr 1910, in ihrer theosophischen Gruppe in Wien besuchte. Vgl. hierzu Alexander Strakosch, Lebenswege mit Rudolf Steiner, Strasbourg, s.n., S. 257 8 Eckstein, Siehe Anmerkung 4, S. 184. 9 Nicholas Goodrick-Clarke, siehe Anm. 1, S., 103. 10 Eckstein, Siehe Anmerkung 4, S. 185. 11 Rosa Mayreder, Mein Pantheon. Lebenserinnerungen, Dornach 1988, S. 180: «Da ich ihn für einen überzeugten Theosophen hielt, vermied ich anfänglich, das Gespräch auf diesen Punkt zu lenken; allmählich aber stellte sich heraus, dass er seinerseits dasselbe von mir glaubte und aus demselben Grunde der Theosophie im Gespräch mit mir ausgewichen war. Auch er hatte sich in diesem Kreise nur mit dieser geistigen Richtung näher bekannt machen wollen, stand ihr aber viel entschiedener feindlich gegenüber als ich. Mir war die Theosophie ein Gebiet, auf dem ich mich nicht heimisch fühlte, weil ich keine geistige Eignung für die Art des Erkennens besass, er hingegen erklärte sie rundweg als eine Schwachgeistigkeit und ermahnte mich dringend, mich gründlich von ihr abzuwenden [...]». 12 Harriet Anderson, in: Rosa Mayreder, Tagebücher 1873-1937, hrsg. und eingeleitet von Harriet Anderson, Frankfurt a. M. 1988, S. 17. 13 Rosa Mayreder, Siehe Anmerkung 10, S. 178. 14 GA 258, S. 21 15 GA 39, S. 86


21 Rosa Mayreder um so redseliger, jedoch nicht ganz ohne Ironie: «Dort oben, wenn die Stadt wie ein zweiter Sternenhimmel mit zahllosen Lichtern zu unseren Füssen flimmerte [...], lauschte ich hingegen der sonoren Stimme, die das Leben in so poetische, so farbenprächtige, so verheissungsvolle Mysterien tauchte. Da vermählte sich die Märchenwelt des deutschen Waldes den Geheimnissen des Orients, die von berufenen Hütern über Zeiten und Völker hinweg treulich weitergegeben wurden; das Christentum, bis zum Überdruss profaniert durch den Handlagerdienst im Alltag, erhielt eine neue weihevolle Gestalt, indem es sich in die Priestergewänder von Samothrake und Eleusis hüllte und wieder hinunterstieg in die Königsgrüfte der ägyptischen Pyramiden, wo es seine tiefsten Symbole empfangen hatte; ein geheiligter Geheimbund, von dem der Ungeweihte durch unverbrüchliche Zeichen fern gehalten wurde, umschloss dieses phantastische Reich tellurisch-kosmischen Erkennens, in dem der Mensch eine höhere Weihe durch die geheiligte Einheit von Natur und Geist gewann, jene Einheit, die über Raum und Zeit hinweg auch das mystische Gesetz Karma verbürgte, kraft dessen das Schicksal des Einzelnen in der Kette seiner Inkarnationen zum Werk seiner eigenen Handlungen wurde.»13 Zweifelsohne hatten theosophische Inhalte einen bedeutenden Stellenwert in dem Kreis um Marie Lang. Aber welche Rolle spielte eigentlich Steiner in diesem Zusammenhang und wo lag sein Motiv, so viel Zeit mit diesen Persönlichkeiten zu verbringen, die er immerhin «eine Zeitlang eigentlich recht oft, manchmal jeden Tag» getroffen hatte?14 In dem oben zitierten Brief an Frau Lang ist vom «Wahrheitspfade» die Rede. Ist dabei die Theosophie gemeint? Oder führte Steiner mit ihr ganz andere Gespräche, über Goethe z.B.? Lassen wir für einen Moment die Möglichkeit gelten, dass sich Steiner tatsächlich auf die Theosophie eingelassen hat, und übrigens: warum wäre dies nicht denkbar?, dann haben wir in dem Brief ein erstes Zeugnis für sein «theosophisches» Engagement. Oder müssen wir doch sagen, er habe sich bloss ins theosophische Fahrwasser für einen kurzen Moment verirrt? Aus Weimar berichtet er etwa ein Jahr später in einem Brief an Pauline Specht von einem Souper bei der Grossherzogin von Weimar: «Es wird Sie vielleicht interessieren, wenn ich Ihnen mitteile, dass bei der Erbgrossherzogin recht flott über Yogi, Fakire und indische Philosophie gesprochen wurde. Sie können sich denken, dass ich da wieder recht gründlich untergetaucht bin in das mystische Element, in dem ich eine Zeitlang in Wien fast besorgniserregend geschwommen habe.»15 |

wa r rudolf ste iner th eosoph?


Erstausgabe von 1913

U rs

D i etler

Neuauflagen Aus der Editionsarbeit Wer sich mit dem umfangreichen Gesamtwerk Rudolf Steiners näher bekannt macht, trifft – neben der Tatsache der stattlichen Zahl von 340 Bänden – auf eine grosse Fülle verschiedenster Veröffentlichungen, die im Laufe der letzten 100 Jahre erschienen sind. All diese Publikationen können in ihren vielfältigsten Formen und ihren aufeinander folgenden Auflagen im Rudolf Steiner Archiv eingesehen werden. Da stehen fein säuberlich aufgereiht kleine Erstdrucke auf bräunlichem, billigem Papier, stattlich gebundene Erstauflagen, aber auch jene, immer noch in öffentlichen wie persönlichen Bibliotheken


23 anzutreffenden, überformatigen Manuskriptdrucke. Wer heute eine dieser alten Ausgaben besitzt, wird möglicherweise dazu neigen, die seine für die beste Ausgabe des betreffenden Vortragszyklus oder des einzigartigen, geliebten Aufsatzes zu halten. Wir im Archiv werden oft mit dieser durchaus verständlichen Haltung konfrontiert. Ein prüfender Blick auf ein einzelnes Werk – nehmen wir einmal das zurzeit vor einer Neuauflage stehende GA 17, «Die Schwelle der geistigen Welt» – zeigt jedoch bald, dass sich die Situation vom editorischen Gesichtspunkt aus etwas komplexer ausnimmt. Die vorliegende 7. Auflage von 1987 wurde sicherlich mit Sorgfalt erstellt; ein heutiger Leser wird jedoch einen editorischen Anhang vermissen, in dem die Entstehungs- und Editionsgeschichte dieser von Rudolf Steiner 1913 verfassten Schrift von zentraler Bedeutung dargestellt wird. In welchem Kontext der Werk- und anthroposophischen Wirkungsgeschichte, mit welcher Zielsetzung, wurde sie verfasst? Wie verhält sich die Erstausgabe, der in kurzem Abstand eine zweite als Nachdruck folgte, zu der von Rudolf Steiner erstellten Neuauflage von 1918, die einige inhaltliche Änderungen aufweist, die mit der Fortentwicklung der Anthroposophie im Zusammenhang stehen und die er mit einem Nachwort versah? Geben das im Archiv vorhandene Manuskript und die (nicht vollständig vorhandenen) Korrekturfahnen nähere Aufschlüsse? Wie und nach welchen Gesichtspunkten gingen die früheren Herausgeber vor? Stammen gewisse Varianten von den ersten Setzern, die ja durchaus auch ihre Gewohnheiten und Lesarten hatten? Eine Neuauflage dieser Schrift fordert somit ein behutsames Vorgehen, bei dem es sämtliche vorhandene Unterlagen (Manuskripte, Fahnenabzüge usw.) zu prüfen gilt. So wird nun die bestehende Ausgabe von 1987 mit der Ausgabe letzter Hand, d.h. der letzten von Rudolf Steiner selbst durchgesehenen und akzeptierten Ausgabe, kollationiert und bei offenen Fragen auch das Manuskript und die Korrekturfahnen konsultiert. Dieser Blick ‹in die Werkstatt› ist ausserordentlich aufschlussreich und durchaus nicht nur für Fachleute interessant, zeigt er doch präzise auf, dass Rudolf Steiner seine Gedanken und den Sprachgestus im Zusammenwirken mit seinen Zuhörern und Lesern fortlaufend weiterentwickelte; so ersetzte er das Wort «Hellsichtigkeit» in der Ausgabe von 1918 meist durch das Wort «übersinnliche Erkenntnis» oder «Geist-Anschauung». Die Kollationierung wird einige Änderungen zu Tage fördern, die im Anhang unter der Rubrik ‹Textkorrekturen› ausgewiesen und begründet werden. Der Leser wird so auch zu einer ‹gesicherten› Fassung kommen, die ihm in grösstmöglicher Transparenz das Zustandekommen der neuen Auflage aufzeigt. Er hält damit eine gediegene Studienausgabe in Händen, die ihm das Wort Rudolf Steiner so authentisch wie möglich vermittelt. |

neuauflage


24 Courtney-Dokument Autoreferat von Rudolf Steiner, Februar 1919

neuz ug a n g

S te p h a n

W i d m er

Courtney Dokumente Im Frühling 2008 veranstaltete das Goetheanum in Dornach eine erste Welt-Heileurythmie Tagung. Zu dieser reisten 780 Heileurythmisten und Ärzte aus 33 Ländern an, unter ihnen auch Alice Stamm. Sie kam aus Kalifornien und suchte einen geeigneten Aufbewahrungsort für die sich in ihrer Obhut befindlichen Originale von Rudolf Steiner. Mitte Juni gelangten in einem schlichten Briefumschlag per Post aus den USA die sogenannten «Courtney Dokumente» ins Rudolf Steiner Archiv. Die «Courtney Dokumente» bestehen aus zwei handschriftlichen Aufsätzen zur Dreigliederung mit den Titeln: «Die wirkliche Gestalt der sozialen Fragen erfasst aus den Lebensnotwendigkeiten der gegenwärtigen Menschheit» und «Die vom Leben geforderten wirklichkeitsgemässen Lösungsversuche für die sozialen Fragen und Notwendigkeiten» und einem Brief Rudolf Steiners an Ralph Courtney vom 16. Dezember 1919.



Der in den USA geborene Ralph Courtney war in London und Paris als Literaturagent und Journalist tätig; er lernte Rudolf Steiners Schriften über die Vergabe der Publikationsrechte von «The way of initiation» kennen. 1906, als Ralph Courtney für die «Associated Press» in Paris arbeitete und sich Rudolf Steiner für Vorträge in Paris aufhielt, kam es zu einer ersten Begegnung. Im Februar 1919, beim ersten Treffen der internationalen Arbeiterorganisation in Bern, von welchem er für die «New York Tribune» berichtete, erfuhr Ralph Courtney, dass Rudolf Steiner gleichzeitig dort zwei öffentliche Vorträge zur Sozialen Frage und über die Dreigliederung hielt. Nach dem zweiten Vortrag kam es zu einer persönlichen Unterredung mit Rudolf Steiner. Da Ralph Courtney im Verständnis der gesprochen deutschen Sprache Schwierigkeiten hatte, brachte Rudolf Steiner für ihn die beiden Vorträge handschriftlich zu Papier. Rudolf Steiner hielt nach dem ersten Weltkrieg über 100 Vorträge zur sozialen Frage und zur Dreigliederung. In den beiden Referaten der Vorträge vom 6. und 7. Februar in Bern fasst Rudolf Steiner seine grundlegenden Gedanken zu diesen Themen zusammen. Im ersten Aufsatz erläutert er die Situation und die Forderungen des Proletariats auf einem geschichtlichen Hintergrund. Die Fragen, welche sich ihm daraus ergeben sind: Wie kann die Leerheit der Menschen im Seelischen verstanden werden? Hängt die Menschenwürde, wie es in proletarischen Kreisen diskutiert wird, von der ökonomischen Tatsache ab, dass die Arbeitskraft als Ware betrachtet wird? Sind die ökonomischen Kräfte die einzigen wirklichen sozialen Kräfte? – Seinen Lösungsvorschlag, die Dreigliederung des sozialen Organismus, zeigt er im zweiten Artikel auf. Er vergleicht den sozialen Organismus mit dem menschlichen: Dort funktioniert der Gesamtorganismus aus den relativ selbständigen Teilorganismen: dem Nervens-Sinnes-System, dem rhythmische System (Atmung, Blutkreislauf und Bewegung) und dem Stoffwechselsystem. Übertragen ins Zusammenleben der Menschen ergeben sich die Bereiche der Wirtschaft, des öffentlichen Rechts und des geistigen Lebens (Wissenschaften, Bildung, Kunst). Diese sollten selbst verwaltet, souverän mit einander verkehren. In dieser Gestaltung der Gesellschaft sah Rudolf Steiner eine mögliche Lösung der wirtschaftlichen und sozialen Probleme seiner Zeit. Ralph Courtney setzte sich durch die Begegnungen mit Rudolf Steiner für die Dreigliederung des sozialen Organismus ein und veröffentlichte die «Kernpunkte der sozialen Frage» in englischer Sprache. Im Brief vom 16. Dezember 1919 bedankt sich Rudolf Steiner für seine Bemühungen um die Publikation der «Kernpunkte» und schlägt vor, dass Bernhard Shaw eine Rezension schreiben sollte, welche dem Buch beigelegt werden könnte.


27 Nach mehreren Besuchen in Dornach machte Rudolf Steiner Ralph Courtney das Angebot, die «Futurum AG» in den USA zu vertreten. Ralph Courtney übersiedelte 1921 nach New York, betrieb dort ein vegetarisches Restaurant, gründete eine Dreigliederungsgruppe und initiierte den biologisch-dynamischen Hof «Threefold Farm» in Spring Valley. Ralph Courtney hat die Niederschriften und den Brief wohl mit nach Amerika genommen. Lange Zeit galten die Dokumente als verschollen. Offenbar sind sie aber schon sehr früh in die Hände von Alice und Fred Heckel gekommen, welche am Aufbau der «Threefold Farm» beteiligt waren. In den achtziger Jahren tauchten die beiden Aufsätze und der Brief in den Papieren von Alice Heckel auf. Es kam zu einer ersten Veröffentlichung im «Anthroposophical Society’s Newsletter» in den USA. In jener Zeit wohnte Alice Stamm im gleichen Haus wie Alice Heckel. Beim Tod von Alice Heckel überbrachte eine Nachbarin Alice Stamm die Dokumente. Über Jahre blieben sie in ihren getreuen Händen. Die «Courtney Dokumente» werden zu einem späteren Zeitpunkt in geeigneter Weise veröffentlicht werden. |

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Rudolf Steiner Nachlassverwaltung Der Verein zur Erhaltung, Erforschung und Veröffentlichung des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachlasses von Rudolf Steiner, ist der Träger des Rudolf Steiner Archivs und Herausgeber der Rudolf Steiner Gesamtausgabe. Er hat eine intensive Phase des Wandels hinter sich: 2002 Umstrukturierung und Umzug des Archivs von der Rudolf Steiner Halde in das Haus Duldeck 2003 Nach aufwendigen Vorbereitungen ist die Gesamtausgabe in digitaler Form (HDD) verfügbar 2004 Beginn der Arbeit an einer Neufassung der Editionsrichtlinien in einem eigens dafür eingerichteten Expertenkreis 2007 Ausgliederung des Rudolf Steiner Verlages aus Gründen der Sicherstel lung der Archivbestände im Falle eines Konkurses des Verlages sowie der Erlangung der Gemeinnützigkeit Nach der erfolgten Ausgliederung des Verlages, der sich neu als Aktiengesellschaft konstituiert hat (www.steinerverlag.com), ist die Rudolf Steiner Nachlassverwaltung inzwischen als gemeinnütziger Verein anerkannt mit der Zweckbestimmung der Erhaltung, Erforschung und Veröffentlichung des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachlasses von Rudolf Steiner. In einem Vertrag zwischen der Verlags AG und der Nachlassverwaltung ist die Fortführung der Gesamtausgabe und Verfügbarkeit bisher erschienener Bände als oberste Priorität der Verlagsarbeit festgeschrieben. Grosse Sorge bereitet nach wie vor die finanzielle Sicherstellung der Archiv- und insbesondere der editorischen Arbeit. Aus Eigenmitteln wie Honorare durch die Verlags AG und Lizenzerträge aus Vereinbarungen mit Dritten sowie Mieteinnahmen kann lediglich ein Viertel des Finanzbedarfs gedeckt werden. Soll der Archivbetrieb mit seinen vielfältigen Aufgaben (Edition, Dokumentation, Ausstellungen, Auskünfte, Betreuung von Archivbenutzern usw.) in der bisherigen Form weitergeführt werden, benötigt die Nachlassverwaltung pro Jahr Spenden und Legate in der Grössenordnung von CHF 600.000. Jede Spende, in welcher Grössenordnung auch immer, und jedes Legat ist ein wesentlicher Beitrag dazu, dass Rudolf Steiner und die Anthroposophie eine Stimme im Kulturleben erhält, eine Stimme, die angesichts der Verhältnisse in Politik, Wirtschaft und Kultur gehört werden sollte. Der Vorstand: Cornelius Bohlen (Präsident), Prof. Dr. Walter Kugler, Christoph Langscheid, Dr. med. Eva-Gabriele Streit


29 finanz en

Gerüstaufbau für Dachreperaturen am Haus Duldeck, Mai 2009

Lang sch e id

Finanzen 2008 Erstmalig legen wir Ihnen die Jahresrechnung in der von unserer Revisionsstelle, BMF ProConsulting AG, zusammengefassten Form vor. Der Revisionsbericht enthält keine Vorbehalte und kann auf Wunsch eingesehen werden. Im Berichtsjahr 2008 konnte ein ausgeglichenes Ergebnis erzielt werden, Jahresgewinn CHF 5.344. Dies war auf Grund einer grossen Schenkung sowie auch ausserordentlicher Spendeneingänge über die Fördergemeinschaften möglich. Mitte 2007 wurde die Ausgliederung des Verlages aus der Nachlassverwaltung vorgenommen. Daher können im Verhältnis zu den Jahreszahlen 2007 keine aussagekräftigen Vergleiche gezogen werden.

RUDOLF STEINER N ACH L A S S V E R W A L T U N G

C h r i sto p h


A U F W AN D 2008 | chf

Personalaufwand

725 296.65

Betriebsaufwand Vertriebskosten

0.00

U/R/E Maschinen / EDV

16 618.95

Fahrzeugaufwand

0.00

Versicherungen

5 249.35

Transportkosten

5 431.00

27 299.30

Zinsaufwand Bank/PC-Zinsen und Spesen

E R T R AG

2008 | chf

Umsatz-/Projekterträge

232 778.23

Honorare / Lizenzen

132 345.66

365 123.89

Erlöse

Debitorenverluste

0.00

0.00

Warenaufwand Waren-/Projektaufwand

211 715.66

211 715.66

153 408.23

Übrige Erträge

24 840.40

40 352.62

Abschreibungen

141 356.05

Verwaltungsaufwand Drucksachen, Büromaterial

15 273.90

Kommunikationsaufwand

6 922.15 129.10

Honorare / Beratungskosten

30 780.65

Übrige Büro- u. Verwaltungskosten 9 988.05

63 093.85

Werbung Werbekosten

20 835.75

Reise- und Repräsentationsspesen

15 795.70 36 631.45

Liegenschaftserfolg

Finanzerträge Zinserträge

4 760.97

Hypothekarzinsen

Verbandsbeiträge

Erlösminderungen

Bruttogewinn

10 751.25

Kursdifferenzen

32 016.70 0.00 32 016.70

Mieterträge

112 006.00

U/R/E Liegenschaften

-113 819.86

Ausserordendlicher Aufwand

Übriger Erfolg Spenden, Zuschüsse

911 738.60

911 738.60

1 097 163.53

-1 813.86 54 656.35

Steuern

1 319.40

Jahresgewinn / -verlust

5 344.00

1 097 163.53


31 finanz en

Erfolgsrechnung 2008 Rudolf Steiner Nachlassverwaltung E rtr a g Die Umsatz-/Projekterträge über CHF 232.778 setzen sich zusammen aus den Mitgliederbeiträgen CHF 2.900, aus den Ausstellungserträgen CHF 10.814, aus allgem. Archiv Erträgen über CHF 13.902, aus den Zweckgebundenen Beiträgen über CHF 109.871 sowie den Erträgen des Archivshops über CHF 95.289. Die Honorare/Lizenzen über CHF 132.345 setzen sich zusammen aus den Zahlungen des Verlages CHF 100.814, dem Anteil der Fremdlizenzen CHF 27.204 und aus Abdruckgenehmigungen CHF 4.325. Der Waren-/Projektaufwand 18.913, aus Archivaufwand CHF 128.131, und Archivshop CHF 64.671. Der Zinsertrag über CHF 32.016 setzt sich zusammen aus den Zinsgutschriften des Verlages und der Stiftung Edith Maryon. Der übrige Erfolg über CHF 911.738 setzt sich zusammen aus allgem. Spenden CHF 68.182, aus Zuwendungen der beiden Fördergemeinschaften CHF 393.555 und aus einer grossen Schenkung CHF 450.000.

Aufw a n d Die diversen Aufwandspositionen sind in der Jahresrechnung detailliert aufgeführt. Wie oben erwähnt, können aber keine aussagekräftigen Vergleiche zu den Vorjahreszahlen gezogen werden. Die Abschreibungen mit Total CHF 141.356 setzen sich zusammen aus Abschreibungen auf den mobilen und immobilen Sachanlagen.

RUDOLF STEINER N ACH L A S S V E R W A L T U N G

von CHF 211.715 setzt sich zusammen aus Austellungaufwand CHF


A K TI V EN

31.12.2008 CHF

Flüssige Mittel Kasse

1 793.70

Postcheck

57 176.78

Banken

315 111.86

Geldverkehr / Kreditkarten

1 335.50

PA S S I V E N

375 417.84

Forderungen

Kurz- und mittelfr. Verbindlichkeiten

Verrechnungssteuerguthaben

177.35

31.12.2008 CHF

Allgemeine Kreditoren

23 886.65

Transitorische Aktiven

71 276.61

Darlehen Int. Fördergemeinschaft

71 453.96

Transitorische Passiven

191 042.00

214 928.65

Umlaufvermögen

446 871.80

0.00

Langfristige Verbindlichkeiten

Hypothekardarlehen

Finanzanlagen Wertschriften

1.00

Beteiligungen

750 002.00

Darlehen

700 000.00

1 450 003.00

Zweckgebundene Mittel

Büromobiliar

3.00

Nachlass Rudolf Steiner

1.00

EDV-Anlage / Kommunikation

2.00

EDV-Hompage

1.00

Immobilien

2 385 902.00

2 385 909.00

0.00

Diverse Darlehen

47 000.00

Rückstellung Eventualverpflicht.

80 000.00

867 000.00

Fremdkapital

Sachanlagen

740 000.00

1 081 928.65

Eigenkapital Geäufnetes Vereinskapital

3 275 510.15

Aussch. Eventualverpflichtung

-80 000.00

Archiv Rudolf Steiner Verlag Jahresgewinn/-verlust Stand 31.12.

1.00 5 344.00 3 200 855.15

Anlagevermögen

3 835 912.00

Eigenkapital / Vereinskapital

3 200 855.15

4 282 783.80

4 282 783.80


33 finanz en

Bilanz 2008 Rudolf Steiner Nachlassverwaltung Akt i ve n Das Umlaufvermögen betrug per Ende 2008 CHF 446.871. Dies aufgrund der kurz vor Jahresende noch eingegangenen grossen Schenkung. Die Finanzanlagen über CHF 1.450.003 setzen sich zusammen aus Beteiligung an Rudolf Steiner Verlag AG CHF 750.000 und Editions Anthroposophiques Romandes und Editrice Anthroposofica Milano CHF 2, aus Darlehen gegenüber der Rudolf Steiner Verlag AG CHF 300.000, Darlehen gegenüber der Stiftung Edith Maryon CHF 400.000, und Wertschriften CHF 1. Die Immobilian den Rudolf Steiner Verlag neu vermietet wurde. Die Immobilien wurden im Berichtsjahr mit 1% vom Buchwert abgeschrieben.

P a ss i ve n Das kurzfristige Fremdkapital hat sich im Berichtsjahr auf Grund eines Darlehenserlasses der Internationalen Fördergemeinschaft um CHF 200.000 auf die Hälfte reduziert, neu CHF 214.928. In den Transitorischen Passiven über CHF 191.042 sind die zweckgebundenen vorausbezahlten Beiträge für diverse Archivprojekte enthalten. Das langfristige Fremdkapital hat sich im Berichtsjahr aufgrund der Bildung einer Rückstellung für eine Eventualverpflichtung leicht erhöht auf CHF 867.000. Das Vereinskapital reduzierte sich im Berichtsjahr auf CHF 3.200.855. |

RUDOLF STEINER N ACH L A S S V E R W A L T U N G

en bestehen aus dem Haus Duldeck sowie dem Verlagshaus, welches


Fördergemeinschaften Finanzbericht 2008 Spenden zur Förderung des Rudolf Steiner Archivs können über zwei selbständige Vereine einbezahlt werden. Sie haben sich ganz der Förderung des Archivs verpflichtet. Diese Vereine sind als gemeinnützig anerkannt und steuerbefreit. Die Internationale Fördergemeinschaft Rudolf Steiner Archiv hat im Jahre 2008 Zuwendungen an das Archiv über CHF 315.000 geleistet. Darin enthalten ist ein Darlehenserlass in Höhe von CHF 200.000. Für Druck und Versand des Jahresberichts wurden CHF 1.713 ausgegeben. Mit einer Spende an die Anthroposophische Medienstelle Schweiz über CHF 1.000 sowie Bank- und Verwaltungskosten von CHF 810 ergibt sich ein Gesamtaufwand von CHF 318.524. Dem gegenüber stehen Spendeneinnahmen von CHF 258.703 Zinserträge über CHF 97 und eine Vermögensabnahme von CHF 59.963. Das auf Bankkonten gehaltene Eigenkapital per 31.12.2008 beläuft sich auf CHF 17.715 und ergibt die Bilanzsumme. Die Fördergemeinschaft Rudolf Steiner Archiv e.V., nimmt Spenden aus Deutschland entgegen. Im Jahre 2008 hat sie rund CHF 200.000 an das Archiv überwiesen. Davon sind CHF 78.555 als Zuwendungen erfolgt, der Rest kam als zweckgebundene Spende verschiedenen Projekten zugute. Für Verwaltung, Porto und Computer wurden ca. CHF 9.000 aufgewendet. Per Jahresende verfügte die deutsche Fördergemeinschaft über Bankguthaben und Eigenkapital von rund CHF 10.000. Dies entspricht zugleich ihrer Bilanzsumme. Die Zuwendungen der Fördergemeinschaften über CHF 393.555 in der Ertragsrechnung der Rudolf Steiner Nachlassverwaltung setzen sich zusammen aus CHF 315.000 von der Internationalen Fördergemeinschaft und CHF 78.555 von der deutschen Fördergemeinschaft. | Helfen auch Sie mit einer Spende: Internationale Fördergemeinschaft Rudolf Steiner Archiv (Schweiz) Herr Eduard Willareth: edwilla@gmail.com Kto.Nr. 12906 24 | Raiffeisenbank Arlesheim IBAN CH44 8077 6000 0012 9062 4 | BIC RAIFCH22 Fördergemeinschaft Rudolf Steiner Archiv e.V. (Deutschland) Herr Enno Schmidt: mail@enno-schmidt.de Kto.Nr. 356 242 00 GLS Bank | BLZ. 430 609 67 IBAN DE25 4306 0967 0035 6242 00 | BIC GENODEM1GLS


35 Spe nde n Aufruf

Haus Duldeck, einstürzende Eingangstreppe, 2008

Wofür noch Geld gebraucht wird In einem besonderen Haus zu arbeiten, ist ein Geschenk. Aber solch ein Geschenk bedarf auch der intensiven Pflege. Bereits vor Monaten wurden Schäden am Dach und den Dachrinnen festgestellt. In einem ersten Schritt wurden Offerten für die Renovationsarbeiten eingeholt und anschliessend die Denkmalpflege in Kenntnis gesetzt. In der Woche nach Ostern wurde mit den Renovierungsarbeiten begonnen, die Ende Mai abgeschlossen werden konnten. Die Kosten belaufen sich auf knapp CHF 60.000. Hiervon übernimmt die Denkmalpflege gut 1/3 der Kosten. Das Betreten des Hauses Duldeck ist nicht immer ein stolperfreies Unternehmen, denn: die Treppe ist ‹nur angeklebt›, hat kein Fundament und droht immer tiefer abzusinken und auseinander zu brechen. Die Renovierungskosten werden sich gemäss Offerte in der Grössenordnung von CHF 40.000 bewegen. In diesem Sinne rufen wir alle Liebhaber von aussergewöhnlichen Dachkonstruktionen, Dachrinnen und Treppengestaltungen oder grundsätzlich von Rudolf Steiners architektonischem Gestaltungswillen auf, etwas zur Rettung von Haus Duldeck beizutragen. Der grosse Dank des Hauses sei allen Spendern gewiss. |


Portrait Rudolf Steiners von Joseph Rolletschek, Weimar um 1890

Restaurationsprojekt Neuer Firnis «Eine Persönlichkeit, die durch und durch liebenswürdig wirkte, und mit der man im Gespräch gern das Herz aufschloss.»1 Mit diesen Worten erinnert sich Rudolf Steiner an die Begegnung mit Joseph Rolletschek (geb. 1859). Aus Böhmen stammend, studierte er an der Prager Kunstakademie, war Meisterschüler des Wiener Malers Fritjof Smith und wurde als Portrait- und Landschaftsmaler bekannt. Der Weimarer Grossherzog Karl Alexander stellte ihn auf Lebenszeit als Hausvogt seiner Kunstgalerien ein. Joseph Rolletschek portraitierte Rudolf Steiner um 1890. Dieses Portrait, wurde im Frühjahr 2009 restauriert: das Bild wurde entstaubt und gereinigt, die losen Malschichten gefestigt, die vielen Ausbruchstellen gekittet und retouchiert, störende Bronzefarbreste einer früheren Rahmung entfernt und schliesslich ein neuer Firnis aufgetragen. Da der Originalrahmen nicht mehr vorhanden war, musste das Bild neu gerahmt werden. Nun ist das Bild in einem einwandfreien Zustand und für Ausstellungen verfügbar. | Steiner Rudolf, Mein Lebensgang, Dornach 2000 (GA 28), S. 299.

1


37 Zuku n ft

Reisepass ausgestellt 1924 im Österreichischen Konsulat Zürich

150 Jahre Rudolf Steiner Geburtstagstournee 2011 Von Kraljevec bis Koberwitz und weiter durch Europa. Rudolf Steiner ist in einer Bahnstation geboren und in zwei weiteren aufgewachsen, auch später verbrachte er viele Stunden seines Lebens in Zügen und Wartesälen, er las dutzende von Büchern auf Reisen, schrieb in wackelnden Waggons Briefe und bereitete sich, zwischen anderen Passagieren sitzend, auf Vorträge und Besprechungen vor. Später gab es viele Arbeitsstunden im Auto – unterwegs zwischen Dornach und Stuttgart – und so ist auch manchem Dokument das ‹Leben auf Reisen› deutlich anzusehen. Sich innerlich wie äusserlich in Bewegung zu versetzen, möge eine Möglichkeit sein, diesem Geburtstagsjahr gerecht zu werden. Angedacht sind Ausstellungen und Aktionen an Steiners Wohn- und Wirkstätten, von ganz klein und persönlich bis hin zu Führungen, Lesungen und Kongressen zur Aktualität der Anthroposophie. – Wir freuen uns sehr, wenn wir über Veranstaltungen die für 2011 in diversen Städten bereits in Vorbereitung sind, informiert werden – damit ein grosser Tourneeplan entstehen kann. | Konzept und Idee: Vera Koppehel archiv@rudolf-steiner.com


Vitra Design Museum Architekt: Frank O. Gehry Foto Walter Kugler

Rudolf Steiner | Die Alchemie des Alltags Ausstellung 2010 Die Idee zu diesem Grossprojekt entstand im renommierten Vitra Design Museum in Weil a. Rhein, dessen Kuratoren nun seit Monaten in Zusammenarbeit mit dem Rudolf Steiner Archiv und der Kunstsammlung am Goetheanum intensiv mit der Realisierung befasst sind. Die Ausstellung wird in einer Reihe von namhaften Museen, beginnend im Kunstmuseum Wolfsburg im Mai 2010, gezeigt werden. Über Sinn und Zweck dieses Projektes heisst es in einer Vorankündigung des Vitra Design Museum: «Die Ausstellung soll zeigen, aus welchen Quellen sich das Steinersche Weltbild speiste, was seine anhaltende Faszination und Provokation ausmacht und in welcher Form sein Gedankengut sich auf Künstler und Gestalter bis in die Gegenwart auswirkt. Sie ist die erste umfassende Retrospektive von Steiners Werk und verfolgt nicht zuletzt das Ziel, das theoretische wie praktische Schaffen dieses UniversalGelehrten und -Gestalters auch ausserhalb der ihm nahestehenden Kreise zu würdigen und zur Diskussion zu stellen.» | Wolfsburg, Stuttgart, Weil a. Rhein, Wien, Den Haag, Mailand, …


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Rudolf Steiner, Modell Zweites Goetheanum, Gipsabguss Hermann Obrist, Modell Bergkirche, Gips

Hermann Obrist Skulptur | Raum | Abstraktion um 1900 Das Museum Bellerive in Zürich zeigte vom 6. März bis zum 7. Juni 2009 eine erste, umfassende Werkschau des Schweizer Künstlers Hermann Obrist (1862-1926). Hermann Obrist, der Begründer der Jugendstil-Bewegung in Deutschland, arbeitete als Bildhauer für Brunnen und Grabdenkmäler und gestaltete Stickereien und Möbel. Er versuchte anspruchvolles Handwerk mit den bildenden Künsten zu verschmelzen; aus dem Studium der Natur entwickelte er abstrakte Formen für kunstgewerbliche Entwürfe und plastische Werke. Um Einflüsse und Umfeld zu zeigen, wird die Ausstellung ergänzt mit Werken der Künstler Henry van de Velde, Wenzel Hablik, Hermann Finsterlin und Rudolf Steiner; so steht in der Schau der Entwurf für die Bergkirche von Hermann Obrist neben dem Modell zum Zweiten Goetheanum. Zu einer persönlichen Begegnung zwischen Hermann Obrist und Rudolf Steiner ist es nicht gekommen; nachgewiesen sind gemeinsame Bekannte und Bücher von Rudolf Steiner in der Bibliothek von Hermann Obrist. Die Ausstellung wird vom 16. Juli bis zum 27. September 2009 in der Pinakothek der Moderne in München zu sehen sein. | www.museum-bellerive.ch | www.pinakothek.de/pinakothek-der-moderne


Teilnehmer der Forschungstage während der Ausstellungseröffnung im Haus Duldeck

Rudolf Steiner Forschungstage November 2009 Seit Februar 2005 treffen sich zweimal jährlich wissenschaftlich und anthroposophisch interessierte Studenten im Rudolf Steiner Archiv, um gemeinsam die Frage nach der Tragfähigkeit der Wissenschaftlichkeit der Anthroposophie zu behandeln. Gleichzeitig befragen sie den heute gängigen Begriff von Wissenschaft. Dabei kommt es ihnen in erster Linie darauf an, mit anderen zusammenzukommen, die sich konstruktiv mit konkreten Forschungsfragen und methodischen Überlegungen beschäftigen. Das gegenseitige Interesse für die Arbeit des anderen und eine Offenheit für kritische und undogmatische Gedankengänge zeichnete die bisherigen Treffen aus. Dabei gibt es zwei Schwerpunkte: zum einen die Möglichkeit, Referate von Forschungsprojekten – entweder als Zwischenbericht oder schon abgeschlossenes Projekt – in einer offenen und interessierten Atmosphäre vortragen und diskutieren zu können. Andererseits die konkrete gemeinsame Frage zu verfolgen, was die Wissenschaftlichkeit der Anthroposophie in der heutigen Zeit ausmachen kann. Die Forschungstage sind eine Initiative von Lydia Fechner (Redaktion «Die Drei»), Vera Koppehel und Johannes Nilo und konnten im Februar 09 bereits zum 9. Mal stattfinden. | Nächstes Treffen: 13. und 14. November 2009 | http://www.steinerforschungstage.net


41 Weitere Veranstaltungen kann man dem Newsletter entnehmen, der etwa alle sechs Wochen versendet wird. Anmeldung unter: www.rudolf-steiner.com

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Wenn Archive sich treffen … … dann finden sich ‹dichte Erinnerung› und dokumentarisches Knowhow. Wir zogen aus zu staunen und zu lernen an diesem Tag – und: unsere Erwartungen wurden übertroffen. Da war die freundliche und kompetente Betreuung durch MitarbeiterInnen während des ganzen Tages, da waren die vier grosszügigen Gebäude auf der Anhöhe, das ehrwürdige Schiller-Nationalmuseum, das Deutsche Literaturarchiv, das Literaturmuseum der Moderne und das Collegienhaus; und da waren vor allem die archivalischen Schätze in einer ungeahnten Fülle. Wir sprechen hier u.a. von 1200 Nachlässen und Teilnachlässen, von 1100 literarischen Zeitschriften, von 5000 Notendrucken und Notenhandschriften, von 24 000 Bild- und Tonträgern, von 150 000 Briefen von und an Cotta und 200 000 Objekten der Kunstsammlung.

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Nach einer allgemeinen Einführung bekamen wir Einblicke in die Sammlung der Handschriften, die wohlgeordnet und nach neuestem Standard aufbewahrt werden. Wir bewunderten handschriftliche Manuskripte und auratische Objekte wie das berühmte Hufeisen von Christian Morgenstern, entzifferten Briefe und erkannten uns synchron – gleichsam spiegelbildlich – in der Rolle des staunenden Besuchers und des Schätze ausbreitenden Archivars wieder. Beeindruckt haben die materialgerechte und strukturell vorbildliche Aufbewahrung der Manuskripte und die übersichtliche, digitale Katalogisierung, die auch im Internet konsultiert werden kann: für uns überzeugende Konzepte, die als Anregungen nachhaltig wirken. Nach diesen Entdeckungen trafen wir uns zum Gespräch über digitale Erfassung der Archivalien und über zeitgemässe Öffentlichkeitsarbeit. Das Literaturarchiv Marbach präsentiert sich in Broschüren, Faltprospekten, eigenen Schriften und Schriftenreihen zeitgeistig und gediegen zugleich. Zum anderen erwartete uns ein sachkundiges Feuerwerk von Massnahmen und Projekten im Bereich Archivierung, Edition, Digitalisierung und Katalogisierung. Hier werden spannende Innovationen realisiert, neue Verfahren entwickelt, exemplarisch Lösungen gesucht. Unsere Stifte rasten gleichsam über die Notizpapiere, um all die spezifischen, für uns relevanten Details festzuhalten. Auch diese Anstösse werden im Hause Duldeck aktiv weiterverfolgt. So ging es um Entsäuerung von Dokumenten, geschickte Bibliographierung, um das Einscannen von Bildern, um das schrittweise und schonende Vorgehen bei der Digitalisierung von Manuskripten. Der Nachmittag war dann der visionär gestalteten Präsentation der Nachlässe im Literaturmuseum der Moderne gewidmet, 2006 nach Plänen von David Chipperfields Architects erbaut. Im Fokus eines fein durchdachten Lichtkonzepts «leuchteten» Kafkas Manuskript zum «Process», Rilkes «Karussel», Schwitters «Anna Blume» und Heideggers «Sein und Zeit». Die liebevoll gestaltete Sonderausstellung «Wandernde Schatten. W.G. Seebalds Unterwelt» vertiefte das Erlebnis, das uns Stephan Widmers schöne Lesung aus Seebalds «Austerlitz» im Zug während der Hinfahrt verschaffte. Nach diesem Tag verstehen wir nun auch alle Besucher des Rudolf Steiner Archivs besser, die nach einem Tag des Forschens oder einer Führung durch das Archiv spontan äussern: «Noch mal hin – bald!» |


Mitarbeiter

Ansprechpartner

Urs Dietler Gesamtausgabe; Spezialgebiete: Anthroposophie, Philosophie, Christologie; EDV; stellvertretender Archivleiter Claudia Forster Archivshop mit Bücherverkauf – auch auf Bestellung; Terrassencafé; Empfang Dr. Roland Halfen Gesamtausgabe; Spezialgebiete: bildende Kunst, Anthroposophie, Philosophie; Bild-Datenbanken Christof Hatebur Finanzen und Administration (ohne Bild) Hartmut Kahlert Bibliothek; Buch-Antiquariat Vera Koppehel Öffentlichkeitsarbeit; Ausstellungen; Sekretariat; Archiv-Führungen; Projekte Prof. Dr. Walter Kugler Gesamtausgabe; Ausstellungen; Archivleiter; Mitglied im Vorstand der Rudolf Steiner Nachlassverwaltung Dr. Alexander Lüscher Gesamtausgabe; Spezialgebiete: Geschichte, Politik, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Johannes Nilo Gesamtausgabe; Spezialgebiete: Philosophie, Geschichte der Anthroposophischen Gesellschaft Michel Schweizer Stenographie Stephan Widmer Archivierung; Datenbanken; Ausstellungen; Betreuung von Archivbenutzern; Stenographie Weitere Mitarbeiter Brigitte Kowarik: Archivshop; Christiane und Gerd Rohrbach: Hausdienste; Max Savin: Buchhaltung; studentische Hilfskräfte; Praktikanten Stellenprozent gesamthaft: 780%.


Die Kabiren von Rudolf Steiner. Drei Figuren samothrakischer Gottheiten für die Aufführung der ‹Klassischen Walpurgisnacht› in Goethes Faust. 1917. Drei Gipsabgüsse, farbig getönt. 21x34x46 cm. 780 CHF / 500 Euro

Archivshop Im Erd- und Untergeschoss des Hauses Duldeck befinden sich die Ausstellungsräume sowie ein Archivshop, der die Rudolf Steiner Gesamtausgabe und ausgewählte Literatur im Angebot hat. Besonderheiten im Sortiment sind das Buchantiquariat, die handgefertigten Eurythmiefiguren, Modelle des Goetheanums und Abgüsse der Kabiren. Auch Faksimiles der Wandtafelzeichnungen in Originalgrösse und ein Film, der im Haus Duldeck gedreht wurde, sind käuflich zu erwerben. Eine Lese-GA, Zeitschriften und das Gesamtwerk in digitaler Version stehen zur Verfügung. Bei gutem Wetter lädt das Terrassencafé mit Blick ins Grüne zum Verweilen ein. | Archivshop und Ausstellung im Haus Duldeck Mittwoch bis Freitag 10.30 bis 12 Uhr und 14 bis 18 Uhr | Samstag 10 bis 16 Uhr +41 61 706 82 17 | archivshop@rudolf-steiner.com


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«Es ist von Bedeutung, dass solch ein Haus einmal gebaut werden konnte. Denn es steht da als ein lebendiger Protest gegen alles Althergebrachte im Baustil und in der Bauart.» Rudolf Steiner, 29.Juli 1916

Haus Duldeck Seit dem Herbst 2002 ist das von Rudolf Steiner als Wohnhaus entworfene und in den Jahren 1915 – 1918 in unmittelbarer Nachbarschaft zum Goetheanum errichtete Haus Duldeck Sitz des Rudolf Steiner Archivs. – Das zu den innovativsten Bauten des frühen 20. Jahrhunderts zählende Bauwerk beherbergt den gesamten Nachlass von Rudolf und Marie Steiner. Bevor dies möglich wurde, mussten umfassende Renovierungsmassnahmen durchgeführt und ein unterirdischer Anbau an der Ostseite des Hauses realisiert werden, in dem, gegliedert in zwei Raumeinheiten, heute die persönliche Bibliothek Rudolf Steiners, ein Versammlungsraum sowie das Archivmagazin mit seinen vielfältigen Beständen untergebracht sind. |


Kosmetik

Unser Heilpflanzengarten

Aus der Natur für den Menschen. Seit mehr als 40 Jahren begleitet die Dr.Hauschka Kosmetik Menschen mit einem bewussten Lebensstil. Unser Pflegekonzept unterstützt die Eigenaktivität und damit die Regeneration der Haut und wirkt nachhaltig. Dabei legen wir Wert auf die Verwendung hochwertiger Rohstoffe und Heilpflanzen, die aus biologischem Anbau stammen und unter fairen Bedingungen gewonnen werden. www.dr.hauschka.de


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r체ttiweg1515| 4143 | 4143dornach dornach| schweiz | schweiz| tel | tel+41 +416161706 70682821010 r체ttiweg fax +41 61 706 82 20 | archiv@rudolf-steiner.com | www.rudolffax +41 61 706 82 20 | archiv@rudolf-steiner.com | www.rudolfsteiner.com| | |redaktion. | redaktion.vera verakoppehel koppehel| gestaltung. | gestaltung.philipp philipptok tok steiner.com | schrift.syntax syntaxv.v.hans hanseduard eduardmeier meier| fotos. | fotos.charlotte charlottefischer, fischer, | schrift. rolandhalfen halfen| druck. | druck.nomos nomosverlagsgesellschaft, verlagsgesellschaft,baden-baden baden-baden roland | | rechtstr채ger: rudolf steiner nachlassverwaltung, dornach | rechtstr채ger: rudolf steiner nachlassverwaltung, dornach


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