Philosophie Magazin Nr. 02 / 2013

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februar/märz Nr. 02 / 2013

Leben wir zu

schnell?

Beschleunigung, Rastlosigkeit, Dauerdruck: Die Zeit läuft uns davon. Oder sind wir es, die vor der Zeit flüchten?

Umberto Eco im Gespräch:

„Die Sprache ist eine permanente Revolution“

Konkurrenz oder Kooperation? Ernst-Wilhelm Händler streitet mit Sahra Wagenknecht

Leistungsdroge Crystal Meth Der tödliche Trip zum Übermenschen

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eilage von

Sammelb

Hannah

Arendt e Tier s handLebelen“nd sch, dar Vom tätigen der Person im Der Men„Vita activa nitt ode hüllung Ent : „Die en“ 24. Absch und im Sprech 5. Kapitel, Handeln

hannah Arendt Das Böse verstehen

Österreich: 7 €; Schweiz: 12,50 SF; Luxemburg: 7,40 €. Italien & Spanien: Auf Nachfrage.

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Text oben Deutschland 6,90 €

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Denker in diesem Heft Seite 62 >

Sein Roman „Der Name der Rose“ machte ihn weltberühmt. Im großen Gespräch erläutert der italienische Schriftsteller und Philosoph die Kraft sprachlicher Zeichen und verrät, warum er so sterben will wie Alfred Jarry. Ecos „Geschichten für aufgeweckte Kinder“ erschien kürzlich bei Hanser

ZweimOnatlich Nr. 02 – Februar/März 2013

Chefredakteur : Dr. Wolfram Eilenberger (V.i.S.d.P.) Stv. Chefredakteurin : Dr. Svenja Flaßpöhler Berater: Alexandre Lacroix Art-Direktion: Ralf Schwanen Layout: Nicole Skala Bildredaktion: Michael Biedowicz Verantwortliche Redakteure: Dr. Jutta Person (Büchersektion), Marianna Lieder (Autorendossier) Schlussredaktion: Sandra Schnädelbach Lektorat: Christiane Braun Internet: Cyril Druesne Praktikanten: Pia Frey, Katharina Schenk Autoren in diesem Heft: Dr. Pierfrancesco Basile, Adrien Barton, Dr. Ronald Düker, Florian Henckel von Donnersmarck, Prof. Dr. Antonia Grunenberg, Prof. Dr. Byung-Chul Han, Dr. Anja Hirsch, Jun.-Prof. Dr. Philipp Hübl, Jul, Frederike Kaltheuner, Prof. Dr. Étienne Klein, Prof. Dr. Markus Krajewski, Martin Legros, Tobias Lehmkuhl, Prof. Dr. Armin Nassehi, Prof. Dr. Robert Pfaller, Charlotte Pineau, Daniel Schreiber, Gert Scobel, Alban Sumpf, Nicolas Tenaillon, Katharina Teutsch, Tomi Ungerer, Dr. Annette Vowinckel, Prof. Dr. Bernhard Waldenfels, Dr. Eva WeberGuskar, Jürgen Wiebicke, Jakob Zanker Titelbild : © Lissy Elle Laricchia

Seite 56 >

Der Professor für Soziologie lehrt an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. „Weltbeziehungen im Zeitalter der Beschleunigung“ heißt sein jüngstes, viel beachtetes Werk (Suhrkamp, 2012). Im Dossier erklärt der Beschleunigungstheoretiker, warum Menschen Extrazeit brauchen

Seite 78>

Geschäftsführer und Herausgeber: Fabrice Gerschel Stv. Herausgeberin: Anne-Sophie Moreau

Seite 60>

Byung-Chul Han Der Professor für Philosophie und Kulturwissenschaften an der Berliner Universität der Künste hat den Abschluss-Essay des Titeldossiers geschrieben. Sein Buch „Müdigkeitsgesellschaft“ (Matthes & Seitz, 2010) ist ein internationaler Bestseller

Seite 12 >

Ernst-Wilhelm Händler Als Schriftsteller leuchtet der promovierte Philosoph und Unternehmer die Innenwelten des Kapitalismus aus. Im Zeitgeist streitet er mit der Linken-­ Politikerin Sahra Wagenknecht. Händlers neuer Roman „Der Überlebende“ erscheint im Frühjahr 2013

Annette Vowinckel Die habilitierte Kulturwissenschaftlerin arbeitet am Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam. Im Autorendossier erläutert sie die wichtigsten Begriffe in der Philosophie Hannah Arendts. Vowinckel wurde in Essen mit einer Arbeit zum Geschichtsbegriff bei Hannah Arendt promoviert

Seite 24 >

Vertrieb: AS-Vertriebsservice GmbH Süderstraße 77, 20097 Hamburg, Deutschland www.as-vertriebsservice.de Litho: tiff.any GmbH, Berlin Druck: NEEF + STUMME premium printing GmbH & Co. KG, Wittingen

Philipp Hübl Sein Buch „Folge dem weißen Kaninchen … in die Welt der Philosophie“ (Rowohlt, 2012) wurde ein Bestseller. Der Juniorprofessor für theoretische Philosophie an der Universität Stuttgart widerlegt im Zeitgeist die Annahme, Schönheitsoperationen seien ein Zeichen von Entfremdung

Seite 28 >

Anzeigen: MedienQuartier Hamburg Tel.: +49 (0)40 / 85 41 09 13 E-Mail: info@mqhh.de

Margarethe von Trotta Ihr hochgelobter Film „Hannah Arendt“ läuft gerade in den Kinos. Im Heft spricht die mehrfach preisgekrönte Schauspielerin, Drehbuchautorin und Regisseurin über die große jüdische Philosophin, der dieses Mal das Autorendossier gewidmet ist

Seite 75 >

Verlag: Philomagazin Verlag GmbH Brunnenstraße 143 10115 Berlin, Deutschland Tel.: +49 (0)30 / 60 98 58 219 E-Mail: info@philomag.de

Hartmut Rosa

Ronald Düker Der promovierte Kulturwissenschaftler ist Redakteur der Zeitschrift Literaturen. Im Grenzgang begibt er sich in die Provinz Oberfrankens und folgt dort den zerstörerischen Spuren der Leistungsdroge Crystal Meth bis über die tschechische Grenze

Nielsen IV: Markus Piendl – MAV GmbH Tel.: +49 (0)89 / 74 50 83 13 E-Mail: piendl@mav-muenchen.com

Seite 68 >

Anzeigen Buchverlage / Kultur / Seminare: Thomas Laschinski – PremiumContentMedia Tel.: +49(0)30 / 60 98 59 30 E-Mail: advertisebooks@laschinski.com Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Sabine Schaub Tel.: +49 (0)30 / 31 99 83 40 E-Mail: s.schaub@schwindkommunikation.de www.schwindkommunikation.de Abo-Service: Philosophie Magazin Leserservice PressUp GmbH Postfach 70 13 11, 22041 Hamburg Tel.: +49 (0)40 / 41 44 84 63 Fax: +49 (0)40 / 41 44 84 99 E-Mail: philomag@pressup.de Online-Bestellungen: www.philomag.de/abo

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Katharina Schenk In Athen und Leipzig studierte die Praktikantin des Philosophie Magazins Sozialwissenschaften, Politikwissenschaften und Philosophie. Im Denkort schildert sie, wie der Mystiker Jakob Böhme in seinem Haus in Görlitz seine große philosophische Vision erlebte

Seite 44 >

Jared Diamond In seinem soeben erschienenen Buch „Das Vermächtnis“ (Fischer, 2012) zeigt der US-amerikanische Evolutionsbiologe, was wir von traditionellen Kulturen lernen können. Warum das Zeitmessen in Neuguinea keinerlei Wert hat, erklärt er im Dossier

Die nächste Ausgabe erscheint am 14. März 2013 — Philosophie Magazin

Fotos: Serge Picard, Jörg Gläscher, Manfred Breuersbrock , Alexandra Kinga Fekete, Yves Borgwardt, privat, Thorsten Wulff, Trevor Good, Grit Schwerdtfeger, Lynn Goldsmith/Corbis

Redaktion : Brunnenstraße 143, 10115 Berlin, Deutschland Tel: +49 (0)30 / 60 98 58 215 E-Mail: redaktion@philomag.de

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Umberto Eco


inhalt 06 07 08 10 12

Zeitgeist > > > > >

Leserbriefe Kinder fragen, Tomi Ungerer antwortet Sinnbild Radar Dialog Konkurrenz oder Kooperation? Der Schriftsteller und Unternehmer Ernst-Wilhelm Händler streitet mit der Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht

20 > Presseschau 22 > Perspektive Mit Kant gegen den Klimawandel Neue Wege aus der globalen Blockade zeigt der Philosoph und Ökonom Ottmar Edenhofer

24 > Plädoyer Ein Schnitt für die Freiheit Schönheitsoperationen sind Ausdruck von Autonomie, argumentiert der Philosoph Philipp Hübl 26 > Lockerungen Freier denken mit Robert Pfaller. Diesmal: Falling in Love 28 > Grenzgang Die übermenschliche Dosis. Die Droge Crystal Meth führt

ins dunkle Herz der Leistungsgesellschaft. Eine Reportage

34 > Brauchen wir Traummasken? Markus Krajewski testet ein neues Produkt

Dossier 36 >

Leben wir zu schnell? Wir leben immer länger. Aber Zeit haben wir immer weniger. Technische Innovationen und ständiger Leistungsdruck können dieses Rätsel nur zum Teil erklären. Ein Dossier über die wahren Gründe der Beschleunigung und den Rhythmus des guten Lebens Mit Beiträgen von Jared Diamond, Svenja Flaßpöhler, Byung-Chul Han, Hartmut Rosa, Bernhard Waldenfels und anderen

die philosophen

Fotos: Yves Borgwardt, Camillo Büchelmeier, Quentin Bertoux/VU /Laif, Serge Picard, Olivier Marbœuf

62 > Das Gespräch Umberto Eco: „Die Sprache ist eine permanente Revolution“ Der italienische Philosoph und Schriftsteller über die Kraft sprachlicher Zeichen, Europas Mission und einen gelungenen Tod 68 > Denkort Görlitz, wo der Mystiker Jakob Böhme seine Visionen erlebte 69 > Die Kunst, immer recht zu behalten 70 > Hannah Arendt Ihre Philosophie des Handelns ist eine Antwort auf

Dieses Heft enthält eine 16-seitige Sammelbeilage: Arendts „Vita activa oder Vom tätigen Leben“ (Auszug)

die totali­tären Systeme des 20. Jahrhunderts. Gerade in Zeiten grassierender Politik­verdrossenheit rüttelt ihr Denken wach. Mit Beiträgen von Magarethe von Trotta, Annette Vowinckel und Frederike Kaltheuner

Bücher

80 > Die Ethik der Warteschlange Der amerikanische Philosoph Michael Sandel zeigt, was man für Geld nicht kaufen kann

82 > Musik als Mission Die wichtigsten Bücher zum Richard-Wagner-Jahr 85 > Scobel.mag Die Kolumne mit Durchblick 87 > Im Verhör Jürgen Wiebicke lauscht Friedrich Dechers

„Die Schule der Philosophen“

88 > Dichter und Wahrheit Jonathan Franzens neue Essaysammlung

91 92 94 98 Nr. 02 — februar/märz 2013

ermöglicht einen philosophischen Blick auf sein Gesamtwerk

> > > >

Projektionen Die Filmkolumne von Florian Henckel von Donnersmarck Agenda Philosophische Termine Comic + Spiele Sokrates fragt Tocotronic-Sänger Dirk von Lowtzow antwortet

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Konkurrenz oder Kooperation?

zeitgeist dialog

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Privateigentum, Individualismus, Wettbewerb. So lauten die Kern­ elemente unseres Wirtschafts­ systems. Sind sie alternativlos? Das kleinere Übel? Oder fehlt uns nur die Entschlossenheit zum Umbruch? Ein Streitgespräch zwischen dem Schriftsteller und Unternehmer Ernst-Wilhelm Händler und der Politikerin Sahra Wagenknecht Das Gespräch führte Wolfram Eilenberger Fotos Yves Borgwardt

D

ie Sozialistin und der Unternehmer, zwei Intellektuelle mit einem ganz eigenen Blick auf das System. Draußen eine bedrückend tiefe Wolkendecke, auch in Wagenknechts Bundestagsbüro fehlt es an fröhlichen Impulsen. Sparsam die Einrichtung, alles auf Funktionalität ausgelegt. Drei Schwarz-WeißFotografien, als einziger Wandschmuck, zeigen karge Winterlandschaften. Man begrüßt sich, aufmerksam, gespannt. Noch bevor Händler Platz nimmt, holt er Wagenknechts neues Buch „Freiheit statt Kapitalismus“ aus seiner braunen Aktentasche. Er habe es interessiert gelesen, sagt er in ausgesuchter Höflichkeit, aber „Verzeihung, so wie Sie sich das vorstellen, funktioniert das einfach nicht.“ Aber wie funktioniert es dann? Und was ist eigentlich mit „es“ gemeint? Die mentale Verfassung von Menschen im Hochleistungsbereich bildet ein Zentrum Ihrer Literatur, Herr Händler. Marx’ Begriff der Entfremdung liegt nahe.

Händler: Vom Begriff der Entfremdung halte ich nicht viel. Jede Gesellschaft produziert die Menschen, die sie gebrauchen kann. Eine Kriegergesellschaft produziert Krieger, eine Mönchsgesellschaft Mönche. Der Kapitalismus produziert die Sorte von Menschen, die den Kapitalismus weiterbringen. Schwerer als das Problem der Ungleichheit wiegt die Tatsache, dass der Kapitalismus schon anfängt, uns zu prägen, ehe wir überhaupt mit dem Denken anfangen. Nach der klassisch-marxistischen Theorie gibt es einen Urzustand – der ist auch beschreibbar, er war vielleicht sogar einmal historisch realisiert –, und von diesem findet der Mensch sich entfremdet. Es gibt aber keinen solchen Zustand, sondern nur den Menschen, den die jeweilige Gesellschaft produziert. Die Idee einer natürlichen Urform des Menschen ist philosophisch irrig. Unser heutiges Problem ist, dass wir weitgehende Freiheit haben, uns aber – das klingt jetzt ein wenig nach Sozialkundelehrer – ein Wertekanon für diese Freiheit fehlt. Wir müssen etwas Neues etablieren, und diese Werte dürfen nicht nur die kapitalistischen Werte wie etwa Effizienz sein. Nr. 02 — februar/märz 2013

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Die übermenschliche Dosis Eine Reportage von der deutsch-tschechischen Grenze, wo die Droge Crystal Meth eine ganze Gesellschaft umzukrempeln beginnt. Das Problem des Aufputschmittels ist sein Image. Es passt perfekt zum Bedürfnis nach besserem Funktionieren in der Leistungsgesellschaft Von Ronald Düker Fotos Camillo Büchelmeier

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zeitgeist Grenzgang

K

urz vor Hof taucht am Straßenrand eines dieser generalstabsmäßig über ganz Deutschland verbreiteten, braunen Schilder auf, die von den Reizen und Besonderheiten der umliegenden Landstriche und Orte künden. „Genussregion Oberfranken. Land der Brauereien“ steht darauf, und während schon von der Autobahn hin und wieder ein barocker Kirchturm und in der Ferne das adventlich verschneite Fichtelgebirge zu sehen ist, riecht erst einmal alles nach heiler Welt. Nach Bayern, Bergen, Braten – und bekömmlichem, gutem deutschen Bier. Im Restaurant des Hotels „Goldener Hirsch“, einer traditionsreichen Bayreuther Nichtraucherherberge, servieren Kellnerinnen im Dirndl, doch ich weiß schon, dass etwas nicht stimmt, und wenn ich das nicht wüsste, hätte ich für diese Tour keinen Auftrag bekommen. In der Hölle Die Hölle liegt gleich auf der anderen Seite der Straße, sie heißt „Joker Casino“ und residiert in einem dieser Kästen aus Waschbeton, mit denen in den Siebzigern die Baulücken aufgefüllt worden waren, die der Krieg der alten Wagner- und Nazi-Stadt zugefügt hatte. Drinnen Cola gratis, solange ich Geld in einen Automaten werfe. Und ich muss nicht lange warten, bis sich die hektischen Gesten der anderen Spieler als Ausdruck einer Sucht entpuppen, die über das Spiel selbst hin-

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zeitgeist Grenzgang ausgeht: Rastlos, aber ganz und gar in ihr Tun vertieft, laufen sie zwischen mehreren Automaten hin und her, bedienen hier und dort die Apparatur, als könnten sie so den Verfall ihrer Geldeinlagen abwenden und ihrem Schicksal überhaupt ein Schnippchen schlagen. Zielstrebig betritt ein vielleicht gerade volljährig gewordener Mann in karierter Skateboarder-Jacke den Raum, im Schlepptau die deutlich jüngere Freundin, die apathisch an einem Apfel knabbert und bisweilen vergeblich versucht, Kontakt zu ihm aufzunehmen. Er aber hackt in manischer Geschwindigkeit auf den Tasten seines Automaten herum, auf dem ein Spiel namens „Extra Wild“ läuft. Seine aufgerissenen Augen scheinen vom Bildschirm angesaugt zu werden, wie hypnotisiert folgen sie den auf Walzen rotierenden Bildern. Er ist in einem Tunnel, der ihn die Außenwelt, bei seinem unberührten Glas Cola angefangen, vergessen macht. Wie lange kann man so starren, ohne zu blinzeln? Als er dann völlig unvermittelt aufspringt, seinen Rucksack schnappt und auf der Toilette verschwindet, ist die Freundin längst nicht mehr da. Und auch er selbst wird in der nächsten Stunde nicht mehr zurückkehren. Auf Crystal Meth vergisst man die Zeit. Herzlich

dazu einiger Glaskolben verschiedener Größe, einer Destillieranlage, einem Vakuumadapter, zweier Kondensatoren und einer Rührstange aus Teflon. „Crystal Meth: Die gefährlichste Droge der Welt“ titelte im Jahr 2006 der Stern und schürte damit die Angst vor einem Verhängnis, das auch in Europa bereits epidemisch zu werden drohe. Das Magazin zeigte dazu Gesichter mit schockierendem Hautausschlag und verfaulten Gebissen. Wer sich an den amerikanischen Meth-Junkies, die hier zu sehen waren, orientiert, hat ein verzerrtes Bild vor Augen. Die amerikanische Unterschicht, der White Trash aus dem suburbanen Trailer Park, muss völlig auf die Segnungen eines Gesundheitssystems mitteleuropäischer Art verzichten. Wer aber krankenversichert ist und sich behandeln lassen kann, dem ist sein Umgang mit der Droge womöglich über Jahre hinweg kaum anzusehen. Als der Tennisspieler Andre Agassi vor kurzem beichtete, in seiner aktiven Zeit auch Crystal Meth konsumiert zu haben, erinnerte man sich zwar daran, dass er Ende der neunziger Jahre überraschend in der Weltrangliste abgestürzt war, aber angesehen hatte man es ihm nicht. Und wer sagt eigentlich, dass Methamphetamin überhaupt eine Droge ist?

Nazi Crank, Hitlerspeed: Dass Crystal um Bayreuth verbreitet ist, grenzt an historische Ironie willkommen in der Suchtregion Oberfranken, Land des Methamphetamins! Crystal Meth, oder einfach Crystal, ist die geläufigste Bezeichnung für kristallines Methamphetamin, das, je nach Kontext, auch als Yaba, Glas, Crystal Speed, Superspeed, Ice oder Nazi Crank bekannt ist. Nach einer Schätzung der WHO ist Crystal heute die nach Cannabis weltweit am meisten konsumierte Droge. Um es herzustellen, sind einige Kenntnisse in Chemie erforderlich und eine Drogenküche, die schon auf engem Raum eingerichtet werden kann: Es bedarf

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Und nicht bloß ein besonders wirksamer Wachmacher für Gestresste und Workaholics?

Der Crystal-Krieg Nazi Crank, Hitlerspeed. Dass ich meine Nachforschungen ausgerechnet in Bayreuth beginne, hat, da die Droge nirgends so verbreitet ist wie in dieser Gegend, einen aktuellen Grund – aber auch eine historische Ironie. „Könntet ihr einen Gott schaffen? – So schweigt mir doch von allen Göttern! Wohl aber könntet ihr den Übermenschen schaffen.“ Also sprach Nietzsches Zarathus-

tra im Jahr 1883, und wo sonst klänge das Echo auf den deutschen Heros, der als Übermensch die Grenzen seiner geistigen und physischen Natur überschreitet, stärker nach als in Bayreuth, der Lieblingsstadt des Führers und dem Mekka des Wagner’schen Operndonners? Der deutsche Übermensch brachte es aber nur bis zum Soldaten. Pervitin hieß die deutsche Wunderdroge, mit der die Armee die Konzentration, Marschgeschwindigkeit und Opferbereitschaft ihrer Soldaten erhöhte. Allein zwischen April und Juni 1940 bezogen Wehrmacht und Luftwaffe 35 Millionen Tabletten von dem in Berlin ansässigen Pharmakonzern Temmler, dessen Produktion als kriegswichtig eingestuft worden war. Es ist medizinhistorisch belegt, dass das Tempo der sogenannten Blitzkriege, mit denen die Deutschen ihre Nachbarn überzogen, ohne Methamphetamin, das man auch als Hermann-Göring-Pillen oder Panzerschokolade bezeichnete, völlig unwahrscheinlich gewesen wäre. Nur auf die Urheberschaft an der Substanz konnte Deutschland keinen Anspruch erheben. „Wie beim Auto vom laufenden Band“, schreibt Hans-Christian Dany in seiner herausragenden Kulturgeschichte dieser Droge, „handelt es sich aber auch bei Methamphetamin um eine verfeinerte Übernahme aus dem Ausland und keine Eigenleistung der deutschen Nation.“ Zum ersten Mal hatte der japanische Pharmakologe Akira Ogata die Substanz schon 1921 in kristalliner Form synthetisiert. Beide Achsenmächte versuchten, ihre militärische Unterlegenheit pharmazeutisch zu kompensieren. Auch die Bomberpiloten über Pearl Harbor flogen im Rausch. Pervitin und Crystal Meth sind nur zwei Namen für dieselbe Droge, der Unterschied liegt aber in der Dosierung. Denn der Kick des viel höher konzentrierten und von den Abhängigen zumeist geschnupften Crystal ist ungleich stärker als der euphorisch empfundene Wachzustand, den die Soldaten nach Einnahme von Pervitin-Tabletten erlebten. In einem griechischen Restaurant in der Bayreuther

Der Traum von rauschhafter Aktivität: Hier lässt er sich gewinnbringend verkaufen. Seit der Grenzöffnung im Zuge des Schengener Abkommens 2007 floriert der Drogenhandel vor allem zwischen Oberfranken (oben: Bayreuth) und Tschechien (unten: Cheb)

Fälle, in denen Crystal-MethKonsum in Bayern festgestellt wurde*:

1832

1138 683

2009

2010

2011

Menge von sichergestelltem Crystal Meth in Bayern: 11 kg 5,6 kg 2,1 kg 2009

2010

2011

Quelle: Bayerisches Landeskriminalamt * Erhoben über Sicherstellung, Aussage oder chemische Laboruntersuchung

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Altstadt erklärt mir Roland HärtelPetri, was während des Rausches im Gehirn passiert. Härtel-Petri ist Oberarzt der suchtmedizinischen Abteilung der Bezirksklinik und gilt auf dem Gebiet der Methamphetamin-Sucht deutschlandweit als Koryphäe. Crystal, sagt er, und zerlegt dabei ein Stück gegrilltes Fleisch auf seinem Teller, ist viel besser fettlöslich als gewöhnliches Amphetamin, etwa in Form der Partydroge Ecstasy. Und weil die Blut-HirnSchranke, die Gifte vom Gehirn fernhalten soll, nichts anderes ist als eine Fettschicht, kommt Crystal in Hochgeschwindigkeit ebendort an. Zugleich verursacht Methamphetamin kaum Herzrasen, der Körper reagiert darauf außergewöhnlich gelassen. So können ungeheuer hohe Dosen des Wirkstoffs aufgenommen werden. Ein fataler Zusammenhang: Crystal, sagt Härtel-Petri, ist gefährlicher als alle anderen Drogen. Weil das Glücksgefühl auf dem Kick so groß und der Katzenjammer danach so unerträglich ist, macht es häufig schon nach der allerersten Einnahme abhängig. Dass im Gehirn Nervenzellen absterben, führt zu Gedächtnisproblemen, Fahrigkeit und schließlich zu Psychosen mit oft gewalttätigem Verhalten. Dabei, so klagt der Arzt, konsumieren die Leute in dem Glauben, es handle sich bloß um ein leistungssteigerndes Mittel. „Während sie aber noch glauben, die volle Kontrolle zu haben, rafft sie die Droge schon dahin.“

Provoziertes Leben Fatal sind auch die Bedingungen, unter denen sich Crystal hier, in der Nähe zur tschechischen Grenze, rasant verbreitet. Auch vor 2007 war die Droge in Oberfranken schon populär, aber erst mit dem Beitritt Tschechiens zum Schengener Abkommen und dem damit verbundenen Wegfall der regulären Grenzkontrollen explodierte das Aufkommen. In Metropolen wie Berlin, München oder Frankfurt noch eine Randerscheinung, ist Crystal hier aufgrund des weitaus niedrigeren Verkaufspreises und der immer besser werdenden Qualität zur Epidemie geworden. Vietnamesen kontrolNr. 02 — februar/märz 2013

lieren die Herstellung und den Verkauf auf den Asia-Märkten kurz hinter der Grenze, und beinahe täglich berichten Lokalzeitungen von Zugriffen der deutschen Fahnder. Es reicht allerdings nicht, nur die Straßen zu kontrollieren, deutsche Drogenkäufer sind auch mit dem Fahrrad oder zu Fuß über die grüne Grenze unterwegs. Zuletzt wurde von Brieftauben berichtet, die Crystal transportieren. Auch ich werde noch an die Grenze fahren, treffe aber zunächst Thomas, der hier so heißt, weil er anonym bleiben will. Das Gebäude der Suchtklinik Hochstadt beherbergte im 17. Jahrhundert ein Zisterzienserkloster, und

Die Leute glauben, es handle sich um ein leistungs­ steigerndes Mittel so friedlich es nun mit seinem hohen Giebeldach in der verschneiten Landschaft liegt, so friedlich hätte, entlang des Naturparks Frankenwald, auch die Fahrt hierhin sein können. War sie aber nicht. Während auf der glatten Bundesstraße Autofahrer in größtmöglicher Geschwindigkeit und mit nervöser Lichthupe unterwegs sind, frage ich mich, ob sie den am Straßenrand beworbenen Tanz wohl noch erleben werden: Man ahnt, worum es dabei geht, denn die Party wird unter einem Motto annonciert: „FUCK“. Ein bisschen ist es wie früher beim Bilderrätsel in der Hörzu – in dieser Idylle sind soundso viele Fehler versteckt, und bestimmt habe ich noch längst nicht alle gefunden. Thomas ist 37 Jahre alt, hat in seinem einem Leben aber schon so viel Pech gehabt oder, wie er selbst sagt, Scheiße gebaut, dass es eigentlich für mehrere davon reichen würde. Dabei wirkt er jetzt, wie er mir in T-Shirt,

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— Philosophie Magazin

Foto: Lissy Elle Laricchia


dossier

Leben wir zu

schnell?

Wachsende Mobilität, digitale Revolution, ständig steigende Leistungsanforderungen: Je größer das Ausmaß der Beschleunigung, desto knapper die Zeit. Unermüdlich hetzen wir ihr hinterher, passen unser Leben dem immer schnelleren Rhythmus an – und sind doch immer zu spät. Aber ist es wirklich die Zeit, die uns davonläuft? Oder sind es eher wir, die vor der Zeit fliehen? Und wie sähe er eigentlich aus, der Rhythmus des guten Lebens? Mit Impulsen von Jared Diamond /// Svenja Flaßpöhler /// Byung-Chul Han /// Armin Nassehi /// Hartmut Rosa /// Bernhard Waldenfels und anderen

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dossier Leben wir zu schnell?

Von Svenja Flaßpöhler

Jedes sich öffnende Zeitfenster weckt die Neigung, es sogleich zu takten und zu füllen. Der Stillstand ist angstbesetzt auszuhalten. Die keineswegs nur erzwungene, sondern eher zwanghafte Aktivierung des Smartphones während ruhiger Zugfahrten spricht eine genauso deutliche Sprache wie die weithin etablierte Überbuchung des sogenannten Freizeitprogramms oder narkotisierendes Fernsehen nach Feierabend: Jedes sich öffnende Zeitfenster weckt die Neigung, es sogleich zu takten und zu füllen. Das Wort „Zeitvertreib“ ist in dieser Hinsicht erhellend.

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Die Dehnung der Zeit wird erlebt als im wahrsten Sinne „tödliche Langeweile“. Ihre Dauer gemahnt an den absoluten Stillstand, das angstbesetzte Stillstehen der Zeit. Vorlaufen zum Tode Dabei könnten es gerade diese Momente sein, die den Weg zum Selbst weisen – und zwar nicht trotz, sondern wegen ihrer Eigenart, uns in ihnen dem Nichts ausgeliefert zu fühlen. Die „Grundbefindlichkeit der Angst“, so Martin Heidegger in seinem Hauptwerk „Sein und Zeit“, wirft den Menschen auf seine Sterblichkeit, seine „Nichtigkeit“, seine Abgründe zurück und setzt an die Stelle des hektischen Besorgens die „Sorge“ um das eigene Dasein. Nur im „Vorlaufen zum Tod“ findet der Mensch die „Entschlossenheit“ zu werden, der er ist. Sinn bekommt das Sein erst durch die Konfrontation mit dem Nichtsein; wer schon einmal reale oder psychische Todesangst empfunden und daraufhin sein Leben geändert hat, weiß, was Heidegger meint. Dass sich niemand widerstandslos auf diese Aufgabe einlässt, war dem Philosophen durchaus bewusst: Die Geschäftigkeit des „man“ ist behaglich. Sie schützt uns vor uns selbst und lenkt uns ab von dem Faktum der begrenzten Lebensdauer. Von Termin zu Termin zu jagen, ist weitaus angenehmer, als sich mit Zweifeln und Todesangst auseinanderzusetzen. Gelassenheit Das Verhältnis zur eigenen Endlichkeit ist also entscheidend für das Verhältnis zur Zeit: Je weniger angstbesetzt der Tod ist – religiöser Glaube spielt hier durchaus eine Rolle –, desto gelassener ist der Mensch. Dem wahrhaft Gelassenen ist jede Hektik, jeder übertriebene Aktionismus fremd, weil das Unverfügbare – in seiner reinsten Form der Tod – nicht als Anderes, Fremdes negiert, sondern als — Philosophie Magazin

Foto: „The Purist" aus der Serie „Hermès" 2008, Courtesy Galerie Thaddaeus Ropac, Salzburg, Paris, Foto: Studio Wurm

W

ieder ist ein Jahr verflogen, entfleucht in den Äther; der hehre Vorsatz, das Leben langsamer anzugehen, hat sich nicht eingelöst. Angesichts des ungeminderten Tempos macht sich leicht Fatalismus breit: Ist mir eine Entschleunigung überhaupt möglich, wenn doch maßgeblich äußere Zwänge die innere Hektik verursachen? Eine drängende Deadline nicht einhalten, nur weil Sonntag ist? Nach Feierabend nicht mehr auf E-Mails reagieren? Weniger arbeiten, sobald der Körper Alarmsignale aussendet? Nur wie? Technischer Fortschritt, Steigerungslogik und ständig wachsende Leistungsanforderungen takten den Tag. Und nicht der eigene Biorhythmus. So zutreffend diese Beobachtung sein mag (siehe auch das Interview mit Hartmut Rosa, S. 56): Sind es wirklich nur soziale Mechanismen, die uns auf Effizienz und Beschleunigung trimmen? Oder liegen die Gründe nicht auch in uns selbst? Obwohl allenthalben mehr Muße eingeklagt wird, scheinen wir tatsächlich kaum fähig, Zeit überhaupt


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dossier leben wir zu schnell?

n e t u n i M 0 n1 i t s e T e s Der zeitlo

Wie

Sie?

1. Sie haben Kopfweh und sehen zu,

✦ Wahrheitsgemäß mit Ihren eigenen Karrierevorstellungen ✪ Mit einer zurechtgelegten Geschichte, von der Sie glauben, sie werde Ihre Einstellungschancen maximieren ✖ Sie weisen die Frage freundlich zurück, da Sie nicht an ein zeitlich stabiles Selbst glauben und ohnehin nicht in derart langen Zeiträumen planen

Sie beobachten, wie die Sonne glühend rot im Meer versinkt. Ihr erster Gedanke ist: ✪ Jetzt ein Foto machen! ✦ Noch in einer Million Jahren wird sie so untergehen ✖ Wie schön, das erleben zu dürfen

2. Wenn Sie an etwas Unendliches

4. Seit vier Stunden sitzt Ihr

Zurück-Liefergarantie von 30 Minuten, nach 45 Minuten klingelt der Bote. ✦ Sie nehmen die Pizza an, weigern sich aufgrund der Garantie aber zu bezahlen ✖ Sie bezahlen und erwähnen die Garantie mit keinem Wort ✪ Sie erkundigen sich nach dem Grund der Verspätung

denken, denken Sie … ✪ An die Weite des offenen Meeres ✖ An einen Kreis ✦ An eine Zahlenreihe

3. Bei einem Einstellungsgespräch antworten Sie auf die Frage „Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?“ folgendermaßen:

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5.

wie sich Ihre Schmerztablette in einem Glas Wasser auflöst? Was tun Sie in der Zwischenzeit: ✦ Gar nichts, Sie haben ja Kopfschmerzen ✪ Sie rühren mit einem Löffel im Glas, um den Prozess zu beschleunigen ✖ Sie erfreuen sich am ästhetischen Schauspiel des Auflösens

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Gegenüber im Zugabteil schweigend da und starrt aus dem Fenster. Das macht Sie … ✪ Extrem traurig, da dieser Mensch offensichtlich ernste Probleme hat ✖ Neugierig, da Sie das auch gerne können würden ✦ So unruhig, dass sie aufstehen und sich einen neuen Platz im Großraumwagen suchen

6. Ihr Pizzaservice hat eine Geld-

7.

Ein guter Freund prahlt am Telefon damit, nun sämtliche 7 Bände — Philosophie Magazin

Foto: Heidi Lender

ticken

Jeder Mensch hat sein eigenes Verhältnis zur Zeit. Der eine blickt nostalgisch zurück, die andere schaut proaktiv nach vorn und packt die Gelegenheit beim Schopfe. Was ist mit Ihnen? Leben Sie in der Vergangenheit, der Zukunft – oder zählt für Sie nichts als die Gegenwart?


von Prousts Meisterwerk „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ gelesen zu haben. Wie reagieren Sie? ✦ Sie rechnen im Stillen nach, wie lange das wohl gedauert haben mag ✖ Sie nehmen sich vor, die ersten beiden Bände in den kommenden Ferien zu lesen ✪ Sie sehen im Internet den Wikipedia- Eintrag zu diesem Werk nach

8. Den Zustand des Todes stellen

Sie sich subjektiv folgendermaßen vor: ✪ So wie den Zustand vor Ihrer Geburt ✖ Als zeitlose, dunkle Leere ✦ Ähnlich ihrem jetzigen Leben, nur angenehmer

9.

Wie alt wollen Sie mindestens werden? ✖ Mindestens 70 Jahre alt ✦ Mindestens 85 Jahre alt ✪ keine Angaben, da Sie Lebensqualität nicht in Jahren messen

10. Auf die Frage eines Kleinkindes

„Wie viel Uhr ist auf der Sonne?“ antworten Sie: ✦ Indem Sie ihm die aktuelle Uhrzeit auf der Erde nennen ✪ Indem Sie erklären, dass es auf der Sonne keine Uhrzeit gibt ✖ Sie geben offen zu, mit der Frage überfordert zu sein

11. Dem Satz des britischen

Philosophen Alfred North Whitehead „Wissen hält nicht länger als Fisch“ stimmen Sie … ✪ Vollständig zu ✦ Überhaupt nicht zu ✖ Indifferent, aber Sie nehmen sich vor, ihn für eine passende Gelegenheit im Gedächtnis zu behalten

12. Ihr Partner/Freund sieht sich seit

einer halben Stunde einen „Tatort“ an, Sie stoßen nun dazu und … ✪ Erkundigen sich nach dem bisherigen Handlungsverlauf ✦ Wundern sich lautstark über die absurde Story Nr. 02 — Februar/März 2013

✖ Halten die Klappe und versuchen, dem Geschehen so gut wie möglich zu folgen

13.

Ein komplett unverplantes Wochenende macht Sie … ✖ Glücklich ✦ Depressiv ✪ Sie machen keinen Unterschied mehr zwischen Wochentagen und Wochenenden

14. Um in extrem kalten Gewässern

(z. B. finnischen Seen) baden zu gehen, wenden Sie folgende Strategie an: ✦ Sie nässen sich erst an Oberkörper und Beinen und gehen dann langsam hinein ✖ Sie hüpfen forsch vom Steg ✪ Sie stehen lange zögernd an der Wasserscheide und gehen dann zurück zum Liegestuhl

15. Sie haben ein Treffen mit

einem Freund vereinbart, der immer pünktlich ist. Wie verhalten Sie sich? ✖ Sie kommen ebenfalls exakt zum vereinbarten Zeitpunkt ✦ Sie gestehen sich eine Verspätung von maximal 15 Minuten zu ✪ Pünktlichkeitsfanatiker nerven Sie, Sie sagen deshalb kurzfristig noch ab

16. Sie planen Ihren großen Sommerurlaub …

✦ Mindestens sechs Monate im Voraus ✖ Nie früher als sechs Monate im Voraus ✪ Im Sommer fahren alle, deshalb arbeiten Sie da lieber durch

17. Sie erwarten eine extrem

wichtige E-Mail. Was dazu führt, dass Sie … ✪ Alle dreißig Sekunden Ihren Posteingang überprüfen ✦ In der Zwischenzeit zahlreiche, extrem sinnlose E-Mails an Freunde und Bekannte versenden ✖ Einen längeren Spaziergang ohne Smartphone machen

18. Das älteste Möbelstück, das Sie besitzen, ist:

✦ Älter als 50 Jahre ✖ Älter als 150 Jahre ✪ Älter als 250 Jahre

19. Bei Partys von guten Freunden

gehen Sie in der Regel … ✖ Als einer der Ersten ✦ Mit dem ersten großen Schub ✪ Als einer der Letzten

20. Wie stehen Sie persönlich zum

Thema Mittagsschläfchen? ✖ Würde ich gerne öfter machen ✦ Das ist was für Kleinkinder und ältere Menschen ✪ Ein Ding der Vergangenheit

21.

Wie bestimmen Sie die ideale Kochlänge Ihres Frühstückseis? ✪ Mit einer Eieruhr ✖ Rein nach Gefühl ✦ Sie sehen hin und wieder auf die Uhr

22. Zu Ihrem runden Geburtstag

erhalten Sie von Freunden einen edlen französischen Rotwein aus Ihrem Geburtsjahr. ✖ Sie bieten an, ihn auf der Stelle in fröhlicher Runde zu trinken ✦ Sie nehmen sich vor, die Flasche erst beim nächsten runden Geburtstag zu öffnen ✪ Sie beginnen eine Diskussion darüber, weshalb Weine mit dem Alter eigentlich besser werden

23. Mit welchem Satz können Sie sich am ehesten identifizieren? ✪ Zeit ist Geld ✖ Früher war alles besser ✦ Alles zu seiner Zeit

24.

In den letzten Sekunden des Jahres … ✦ Zählen Sie laut bis zum Glockenschlag 12 Uhr ✪ Ziehen Sie sich zur Besinnung an einen ruhigen Ort zurück ✖ Drücken Sie Ihre(n/r/m) Liebste(n) fest die Hand

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dossier leben wir zu schnell?

„Menschen brauchen

Extrazeit”

Was ist das, ein gutes Leben? Immer mehr Menschen haben keine Zeit, sich diese Frage überhaupt zu stellen. Ein Gespräch mit dem führenden Beschleunigungstheoretiker Hartmut Rosa über Gegenwartsschrumpfung, Rastlosigkeit und das mögliche Glück einer antwortenden Welt Das Gespräch führte Svenja Flaßpöhler

die technische Beschleunigung: das intentionale Beschleunigen zielgerichteter Prozesse. Ich will etwas erledigen, eine Arbeit ausführen, etwas herstellen und versuche, das in kürzerer Zeit zu tun. Wir gehen nicht zu Fuß, wir nehmen den Zug oder das Auto oder das Flugzeug. Wir schicken keine Brieftauben oder berittene Boten, sondern wir telefonieren und schicken E-Mails. Dazu kommt, zweitens, die Beschleunigung des sozialen Wandels.

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Herr Rosa, was machen die gehetzten Menschen von heute falsch? Setzen sie nicht die richtigen Prioritäten, um ein gutes Leben zu führen? Die Lebensführung wird heute nicht von der Frage „Was ist mir wichtig?“ geleitet. Viel entscheidender sind Beschleunigungsprozesse, die unser Leben bestimmen und die mit der Entwicklung moderner Gesellschaften zusammenhängen. Deshalb ist auch der Versuch verfehlt, durch ein richtiges „Zeitmanagement“ sein Leben in den Griff zu bekommen. Das verstärkt den Druck auf den Einzelnen nur noch. Welche Beschleunigungsprozesse meinen Sie genau? Wenn Menschen vom hohen Tempo ihres Lebens reden, meinen sie mindestens drei verschiedene Bereiche. Erstens

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… der Beschleunigung des eigenen Lebens. Ja. Es ist wie auf einer nach unten fahrenden Rolltreppe: Die Rolltreppe befördert mich nach unten, wenn ich nicht nach oben laufe. Das unmittelbare Anschauungsbeispiel ist der E-Mail-Account. Ich renne nach oben, indem ich anfange, die Mails abzuarbeiten. Und dann, puh – endlich bin ich durch. Doch in dem Moment, in dem ich mich irgendeiner anderen Tätigkeit widme, fange ich an zurückzurutschen: Unaufhörlich eintreffende neue Nachrichten — Philosophie Magazin

Foto: Jörg Gläscher

Hartmut Rosa ist Professor für Soziologie an der Universität Jena sowie Gastprofessor an der New School University, New York. Jüngste Publikation zum Thema: „Weltbeziehungen im Zeitalter der Beschleunigung. Umrisse einer neuen Gesellschaftskritik“ (Suhrkamp, 2012)

Wir trennen uns schneller, wechseln häufiger die Arbeit? Zum Beispiel. Die Welt wird als instabil erfahren, weil die Stabilitätszeiträume abnehmen. In diesem Zusammenhang ist Hermann Lübbes Begriff der „Gegenwartsschrumpfung“ hilfreich: Die Vergangenheit ist die Zeit, die nicht mehr gilt, die Zukunft ist die Zeit, die noch nicht gilt – und die Gegenwart ist die Zeit, in der die Dinge bleibende Geltung haben: Diese Zeit schrumpft. Die Welt ändert sich um Sie herum in zunehmendem Tempo – und Sie müssen immer schneller laufen, um damit Schritt zu halten. Was die dritte Dimension der Beschleunigung wäre…


befördern mich wieder nach unten. Dabei stehen wir aber nicht nur auf dieser einen, sondern gleichzeitig auf vielen abwärtsgleitenden Rolltreppen: Jetzt hab ich mich endlich upgedatet, hab den neuesten Computer, Hardware und die besten Programme. Und nach zwei Tagen kommen die ersten E-Mails: Ihre Firewall ist nicht mehr up to date, Ihr Adobe-Player ist veraltet. Man steht überall auf rutschenden Abhängen, und das erzeugt die Erfahrung von Zeitknappheit, auf die wir mit dem Versuch antworten, die Zahl der Erlebnis- oder Handlungsepisoden pro Zeiteinheit zu steigern, mehr Dinge zu tun oder zu erleben. Dabei sollte uns der technische Fortschritt doch eigentlich mehr Zeit schenken. Zumindest war das die moderne, zu Teilen auch marxistische Utopie: Freiheit durch Automatisierung … Ja, aber moderne, kapitalistische Gesellschaften sind nun einmal durch eine Steigerungslogik gekennzeichnet: Sie müssen wachsen, beschleunigen, Informationen verdichten, damit sie Bestand haben. Das Problem ist nun, dass die Wachstumsraten immer über den Beschleunigungsraten liegen. Natürlich kann ich eine E-Mail doppelt so schnell schreiben wie einen Brief: Wenn ich früher zehn Briefe schreiben musste und dafür eine Stunde gebraucht habe, brauche ich für zehn E-Mails eben nur noch eine halbe Stunde. Jetzt lesen und schreiben wir aber nicht nur zehn E-Mails pro Tag, sondern 40, 50. Und das können wir nur erledigen, wenn wir schneller werden. Ein anderes Beispiel: Wir sind zwar heute viel mobiler als früher, fahren mit dem Auto, fliegen, aber dafür werden auch die Wege

„Man steht überall auf rutschenden Abhängen, und das erzeugt die Erfahrung von Zeitknappheit“ länger, die wir zurücklegen. Oder nehmen Sie die Waschmaschine: Die spart uns extrem viel Zeit, aber dafür wechseln wir jetzt täglich die Kleider. Es ist die Steigerungslogik, die das Zeitproblem hervorruft. Und es ist nicht nur der Kapitalismus, der diese Steigerungsraten erzwingt … Welche anderen Strukturen sind verantwortlich? Moderne Gesellschaften funktionieren über Konkurrenz. Die Position, die jemand einnimmt in der Welt, ist nicht mit der Geburt festgelegt, sondern wird in einem dynamischen System ausgehandelt. Und die Tatsache, dass wir über Wettbewerb Positionen und Güter und Status und Anerkennung vergeben, macht Zeit per se zum entscheidenden Faktor. Denn das Verteilungskriterium ist Leistung. Leistung ist Arbeit durch Zeit. Sie kennen doch sicher diesen schönen Spruch: Die Konkurrenz schläft nie. Man muss in dem Moment, in dem man ausruht, davon ausgehen, dass die anderen einem schon wieder einen Schritt voraus sind. Diese Gesellschaft ist so eingerichtet, dass alle Nr. 02 — februar/märz 2013

Nischen, oder alle Plateaus, auf denen man anhalten, verschnaufen und sagen könnte „So, das hab ich jetzt. Jetzt ist es genug“ permanent erodiert werden. An den Universitäten wird evaluiert, im Netz zählt die Klickrate … Man kann sich der Position in der Welt nicht mehr sicher sein. Umso dringlicher will man sich seiner Weltbeziehung versichern. Über likes, die man bei Facebook bekommt, oder die Zahl der Freunde. Oder man guckt bei Amazon, auf welchem Verkaufsplatz das eigene Buch gerade steht. Permanent ist man auf diesen Rückbezug angewiesen, weil man die Welt als antwortende Welt erfahren will … Womit wir bei Ihrem Begriff der Resonanz wären, den Sie in Ihrem jüngsten Buch entwickeln. Haben wir hier einen Anfangspunkt für die Frage, worin ein gutes Leben besteht? Ja, wobei die Frage des guten Lebens in modernen Gesellschaften natürlich grundsätzlich sehr schwierig zu beantworten ist. Der westliche Wertepluralismus ist das Resultat der Erkenntnis, dass eine Definition des guten Lebens immer etwas Gewaltförmiges hat. Dabei besteht die Gefahr, dass eine soziale Gruppe einer anderen eine bestimmte Konzeption des guten Lebens aufzwingt. Und deswegen hat man gesagt: Lasst uns doch diese Frage privatisieren! Die Idee dabei war, dass jeder seine Konzeption des gelingenden Lebens ausleben kann. Aber jetzt sehen wir, dass moderne Subjekte häufig gar keine wirkliche Konzeption eines gelingenden Lebens haben. Das gute Leben wird zu einer Leerstelle? Das Problem liegt darin, dass aufgrund der Privatisierung des Guten die kollektiven Bedingungen für eine Verwirklichung des gelingenden Lebens aus dem Blick geraten sind. Dass es bei der Lebensführung Zwänge gibt – etwa den Beschleunigungszwang –, sehen wir nicht mehr, weil wir gesagt haben: Jeder muss selbst wissen, was er aus seinem Leben macht. Also müssen wir jetzt fragen: Gibt es strukturelle Bedingungen, unter denen Menschen Leben als gelingend oder misslingend erfahren? Welche wären das? Lange Zeit hat die Annahme vorgeherrscht, dass diese Voraussetzungen wesentlich in Freiheitsbedingungen bestehen. Optionenvermehrung und den Abbau von Zwang haben wir immer als Königsweg verstanden, ein gelingendes Leben führen zu können. Ist ja auch irgendwie klar. Wenn ich homosexuell bin, ist es wichtig, dass man mir nicht die Sexualpraktiken vorschreibt. Aber ich glaube, dass die blinde Vermehrung von Optionen und der Abbau von Zwängen nicht per se zum guten Leben führen, weil dazu ein paar andere Bedingungen auch kollektiver Natur erfüllt sein müssen. Das Wesentliche ist, eine gelingende Weltbeziehung entwickeln zu können. Es geht also ganz zentral um Resonanz.

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Die Philosophen Umberto Eco

„Die Sprache ist eine permanente Revolution“ Seiner Herkunft nach Philosoph, wurde Umberto Eco als Romanautor und kosmopolitischer Essayist zu einer intellektuellen Legende. Die Leichtigkeit, mit der er alle Themen angeht, zeigt, dass Denken eine lustvolle Tätigkeit ist Das Gespräch führten Charlotte Pineau und Martin Legros Fotos von Serge Picard

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mberto Eco ist eine geheimnisumwitterte Figur. Wie ist aus diesem Kind einer einfachen Familie im Piemont der kosmopolitische Intellektuelle geworden, der er ist? Als Enkel eines Druckers und Sohn eines Buchhalters verbrachte Eco den Krieg mit seiner Mutter in den Bergen, wo sich der Salesianerorden Don Bosco seiner annahm und in ihm die Liebe zu der Philosophie des heiligen Thomas von Aquin wachrief. Wie ist aus dem Autor zweier erfolgreicher Mittelalterkrimis und ein paar ironischer Essays über den Zeitgeist ein Gelehrter geworden, der sich heute wie ein Magier von Peking über São Paulo nach Paris durch die Welt bewegt, um seine intelligente und vergnügte Meinung über den Triumphzug der Simulakren zum Besten zu geben, über den Niedergang des Buches, über Verschwörungstheorien – oder über Charlie Brown als „Moment des universellen Bewusstseins“? Um dieses Geheimnis zu lüften, haben wir uns mit ihm im Louvre getroffen, wo er 2012 auf Initiative des Instituts Transcultura eine Kommission von Künstlern, Architekten und Intellektuellen aus Europa und China versammelt hatte. Das Ziel? Die Einübung einer Art intellektueller Gymnastik, die seiner Meinung nach nötig ist, wenn es gelingen soll, in der großen Konfrontation zwischen den Kulturen, die sich vor unseren Augen abspielt, Orientierung zu finden. Das, was er „geistige Vielsprachigkeit“ nennt oder die Fähigkeit, nicht nur eine einzige Sprache zu sprechen, sondern die feinen und entscheidenden Unterschiede zwischen den Kulturen auszumessen.

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Romanautor, Mittelalter-Historiker, Massenkultur-Kritiker, Semiotiker, Kolumnist … Sie sind ein vielseitiger Intellektueller. Aber angefangen haben Sie mit der Philosophie. War das Ihre erste Berufung? Man möchte immer mehrere Dinge im Leben machen. Mit drei Jahren wollte ich Zugführer werden. Meine Berufung ist am Gymnasium entstanden, wo ich einen wunderbaren Lehrer hatte. Ich hatte auch zwei ältere Freunde, die Philosophie studierten. Sie versuchten, mir zu zeigen, wie dumm ich war, und das weckte meinen Stolz! Trotzdem musste ich kämpfen, um Philosophie studieren zu dürfen. Mein Vater kam aus einer Familie mit 13 Kindern und wollte, dass ich Anwalt werde. Für ihn bedeutete ein Philosophiestudium, Hungerleider zu werden. Er sah mich schon, wie ich jeden Morgen um 5 Uhr den Zug nahm, um in irgendeinem abgelegenen Dorf im Piemont zu unterrichten. Aber am Ende habe ich ihn widerlegt … Welche Philosophen waren für Sie wichtig? Der heilige Thomas, als Argumentationsmodell. Von seinen Thesen bleibt vielleicht nichts übrig, doch die Art, wie er seinen Gedanken ein System gab, ist fantastisch. An der Universität haben mich zwei Bücher geprägt: Lockes „Versuch über den menschlichen Verstand“ und Spinozas „Ethik“. Zwei gegensätzliche Strömungen der modernen Vernunft, Empirismus und Rationalismus …


Nr. 02 — Februar/März 2013

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— Philosophie Magazin


Die Philosophen

Die Klassikerin

Hannah

Arendt Ihr Leben und Werk sind aufs Engste mit den politischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts verbunden. Im Jahr 1933 zwangen die Nationalsozialisten sie ins Exil nach Frankreich, schließlich in die USA. Drei Jahrzehnte später führte ihr Bericht über den Prozess um NS-„Verwaltungsmassenmörder“ Eichmann zu internatio­nalen Kontroversen und erneuten Anfeindungen. Sie prägte den Begriff von der „Banalität des Bösen“, analysierte den spezifisch modernen Terror totalitaristischer Regime, vor allem aber ging es ihr darum, der Politik die Würde zurückzugeben. Für Arendt existieren Menschen nur „im Plural“. Seine Berufung zur Freiheit kann der Einzelne demnach nur verwirklichen, wenn er handelnd auf der „Bühne der Welt“ in Erscheinung tritt. Gerade in Zeiten grassierender Politikverdrossenheit bleibt Arendts Denken aktuell Illustrationen von Olivier Marbœuf

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SEIT 1971 ÜBERZEUGT, DASS ES S KEINE GESCHMACKVOLLERE FORTBEWEGUNG GIBT.

NICHTS FÜR UNENTSCHLOSSENE. SEIT 1842.


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