L. Fritz No. 8 - Fotohochschulland NRW

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Foto hoch schul land NRW

No. 8
DAS MAGAZIN DER INTERNATIONALEN PHOTOSZENE KÖLN

Wie der Hunger nach Bildern das MediumakademisierteFotografie

Dana Bergmann über die Anfänge fotografischer Lehrtätigkeit an deutschen Kunst- und Gestaltungsschulen in den 1920er-Jahren an den Beispielen Burg Giebichenstein / Kunsthochschule Halle, Bauhaus Dessau und Folkwangschule Essen

Die Weimarer Republik war geprägt von gesellschaftlichen und kulturellen Umwälzungen. Neben den Erfahrungen des Ersten Weltkriegs waren die Entwicklung der modernen Großstädte und die industrielle Massenproduktion infolge der Industrialisierung die bestimmenden Themen der 1920er-Jahre. Die Herausbildung einer modernen Massenkultur, neuer Unterhaltungs- und Kommunikationsmedien und ein damit einhergehender Stil-Pluralismus in Kunst und Kultur bestimmten das Bild der Goldenen Zwanziger Jahre und waren wesentliche Voraussetzungen für die Entwicklung der (Neuen) Fotografie in dieser Zeit. Die moderne Informations- und Konsumgesellschaft brachte zudem Forderungen nach zeitgemäßen Ausdrucksmöglichkeiten und adäquaten Kommunikationsmitteln mit sich.

Printmedien, insbesondere Zeitschriften und Illustrierte expandierten und moderne Formen der Berichterstattung wie die Fotoreportage und der Bildjournalismus entstanden. Die neue Relevanz der Massenmedien und der modernen Kommunikation hatte einen entsprechenden Bedarf an Abbildungen und gezielter Vermittlung von Informationen zur Folge. Die Fotografie konnte diesen Anforderungen gerecht werden.

Die technische Neuerung des Mediums, etwa die Einführung der handlichen Leica-Kleinbildkamera ab dem Jahr 1925, sorgte dafür, dass Fotografie für mehr Menschen erschwinglich und allgemein verfügbar wurde. Die Verwendung der Handkamera machte neue Sichtweisen möglich, um den Alltag und das moderne großstädtische Leben auf adäquate Weise dynamisch und flexibel festhalten und zum Ausdruck bringen zu können. Die Verbreitung des Mediums und die Herausbildung einer neuen, modernen Bildsprache wurde dabei vor allem von fotografischen Amateur:innen gestützt und vorangetrieben.

In Deutschland setzte sich eine moderne fotografische Bildsprache durch, die als Neue Fotografie einen mediengerechten Umgang und die Anerkennung der Fotografie als eigenständiges visuelles Ausdrucksmittel samt seiner spezifischen Gesetzmäßigkeiten propagierte. Dabei kamen in der Neuen Fotografie so unterschiedliche Positionen wie das Neue Sehen und die Neue Sachlichkeit zusammen. Die Vertreter:innen des Neuen Sehens suchten nach einem adäquaten Ausdruck ihrer Lebenswelt: Mit Ausschnitten, ungewöhnlichen Perspektiven, Diagonalen, Spiegelungen, Verzerrungen und weiteren Experimenten mit der Kamera, dem Fotogramm, der Fotomontage und -collage loteten sie die gestalterischen Möglichkeiten des Mediums neu aus.

Die Neue Sachlichkeit hingegen kann als objektivierende Sichtweise beschrieben werden, die von einer sachlich nüchter-

nen und zurückhaltenden Bildsprache mit unmittelbarer Referenz auf die Wirklichkeit geprägt ist. Im Fokus liegen die Konzentration auf das zu fotografierende Objekt und dessen Eigenschaften, technische Professionalität und fotografische Präzision.

Die (Sach-)Fotografie wurde in den 1920er-Jahren zunehmend in die (Reklame-)Gestaltung aufgenommen. Sie war das ideale Medium, um Informationen zu vermitteln und die Objekte sachgerecht zu präsentieren. Im Fokus stand die Konzentration auf das Wesentliche im Sinne einer funktionalen Reklamegestaltung. Unternehmen und Industrie nutzten den wirtschaftlichen Vorteil, den die fotografische Vermarktung von Produkten mit sich brachte, denn die moderne Sach- oder Produktfotografie konnte mit der Präsentation der Objekte in der Reklame zum Kauf animieren. Es entstanden neue Anwendungsgebiete der Fotografie im gebrauchsgrafischen Kontext, etwa der gezielte Einsatz von Fotografie in Verbindung mit Schrift im Typofoto oder der Fotomontage. Und im Kontext dieser Entwicklungen taucht die Fotografie erstmals in den Lehrplänen der Kunst- und Gewerbeschulen auf.

1922 kam Hans Finsler unter anderem als Lehrer für Kunstgeschichte an die heutige Burg Giebichenstein / Kunsthochschule Halle, kurz Burg. Ab 1926 ist seine Auseinandersetzung mit der Fotografie erstmalig dokumentiert. Seine Motivation entwickelte sich aus der Notwendigkeit, die Erzeugnisse aus den Werkstätten und die Arbeiten der Schüler:innen sachgerecht aufzunehmen, um sie angemessen darstellen und vermitteln zu können. Parallel zu seiner autodidaktischen Beschäftigung mit dem Medium verlief auch seine Lehrtätigkeit in diesem Bereich. Ab 1927 ist der Fotounterricht offiziell im Lehrprogramm verzeichnet. Zwei Jahre später wurde eine Lehrstelle für Fotografie beantragt und die Einrichtung der neuen Abteilung für moderne künstlerische Fotografie an der Kunstgewerbeschule genehmigt. Den gleichen Status wie die übrigen Werkstätten erhielt die Fotoklasse allerdings erst 1930 mit der Anstellung Finslers als Lehrer für neuzeitliche, künstlerische Gegenstandsfotografie. Die Fotoklasse wurde nach Finslers Weggang 1931 und seiner Berufung 1932 zum Leiter der neu eingerichteten Fachklasse für Fotografie in Zürich – der ersten eigenständigen Fotoklasse an einer Schweizer Kunstgewerbeschule – bis zur Schließung durch die Nationalsozialisten 1933 von seinem Schüler, dem ehemaligen Bauhäusler Heinrich Koch weitergeführt.

Die wesentliche Aufgabe der Fotoklasse bestand darin, die Leistungen der Kunstgewerbeschule auf ideale Weise zu erfassen und zum Ausdruck zu bringen. Schließlich dienten die Produkt- und Sachfotografien in Ausstellungen oder auf Messen

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der Vermittlung und Präsentation der Objekte und gleichsam als Werbung für die Schule. Aus der Beschäftigung mit der Sach- und Objektfotografie wurde Hans Finsler schließlich zu einem der bekanntesten Vertreter:innen der Neuen Sachlichkeit.

Die Tätigkeit von Max Burchartz an der Folkwangschule in Essen lässt sich in zwei Schaffensphasen vor und nach dem Zweiten Weltkrieg einteilen: Zwischen 1926 und 1933 setzte er sich mit Werbegrafik und daran anknüpfend mit Fotografie auseinander, ab 1949 vermittelte er innerhalb der gestalterischen Vorlehre die Grundlagen moderner Gestaltung.

Burchartz gehörte zu den profiliertesten Vertretern moderner Grafikgestaltung und seine 1924 gegründete Bochumer Agentur „werbe-bau“ zählte zu einer der ersten in Deutschland. In den Anfängen der modernen Werbegestaltung kamen bei ihm bereits fortschrittliche Werbe- und Gestaltungsmittel zum Einsatz. Er verband visuelle Inhalte (zum Beispiel Fotografien) mit Textinformationen (Typografien), um diese einem übergeordneten Zweck zuzuführen. Es liegt nahe, dass Burchartz nach Essen berufen wurde, um das Lehrprogramm den Anforderungen von Wirtschaft und Industrie entsprechend auszurichten und die Schule damit öffentlichkeitswirksam präsentieren zu können; 1926 kam er als Hilfslehrer für allgemeine künstlerische Gestaltungslehre, Gebrauchsgrafik und Typografie nach Essen. 1927 erhielt er eine Professur für Typografie und übernahm die Leitung einer Fachklasse, in der er die Fächer Werbelehre und Gebrauchsgrafik beziehungsweise Reklamegestaltung, Typografie und später auch Fotografie unterrichtete. Schon mit seiner Anstellung als Hilfslehrer 1926 vermittelte er seine Vorstellungen von moderner Reklamegestaltung in Verbindung mit Fotografie als wesentlichem Bestandteil der grafischen Ausbildung. Um 1928 wurde eine Fotoabteilung mit Dunkelkammer, einem Aufnahmeraum und einer Grundausstattung von Fotogeräten eingerichtet. Aufnahmetechnik, Dunkelkammerarbeit, Vergrößerung und Ausschnittwahl sowie Reportage oder Sachfotografie waren Themen des Fotounterrichts, darüber hinaus vermittelte Burchartz technische Grundlagen und in Zusammenhang mit der Werbegrafik auch gestalterische Techniken wie Montage oder Typofoto. Der Fokus lag auf den Anwendungsgebieten der Fotografie und hier speziell auf der visuellen Verknüpfung von Fotografie und Typografie sowie der Einbettung fotografischer Aufnahmen in den gestalterischen Kontext – in Werbeanzeigen, Plakaten oder Prospekten. Ebenso wie Hans Finsler ging es Burchartz im Sinne der neusachlichen Fotografie darum, eine neue Sicht auf die Dinge zu erzielen und den Objekten einen zeitgemäßen, adäquaten und objektiven Ausdruck zu verleihen. Der fotografische Unterricht wurde unter seiner Leitung in den ausgehenden 1920er-Jahren ausgeweitet und professionalisiert und die Folkwangschule zu einer der führenden Ausbildungsstätten für Fotografie. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten endete die Zeit von Burchartz als Lehrer für Fotografie in Essen. Nachdem Albert Renger-Patzsch den Fotounterricht von 1933 bis 1934 übergangsweise übernommen hatte, konnten nach dem Zweiten Weltkrieg mit Werner Graeff von 1951 bis 1958 und Otto Steinert von 1959 bis 1978 zwei renommierte Gestalter beziehungsweise Fotografen nach Essen geholt werden.

1929 wurde Walter Peterhans als Lehrer an die neu gegründete Fotoklasse ans Bauhaus nach Dessau berufen, die er bis 1933 leitete. Im Gegensatz zu Burchartz und Finsler war Peterhans kein Autodidakt. Er hatte fotografische Reproduktions- und Druckverfahren an der Staatlichen Akademie für Graphische Künste und Buchgewerbe in Leipzig studiert, seine Meisterprüfung als Foto-

graf in Weimar absolviert und sich ab 1926/27 in Berlin als selbstständiger Werbe- und Porträtfotograf etabliert. Die Einführung eines systematischen Fotounterrichts und die fotografische Haltung Peterhans’ bildeten einen Gegenentwurf zu einem bis dahin freien, experimentellen Umgang mit dem Medium Fotografie am Bauhaus. Die fotografische Ausbildung zielte unter Peterhans auf eine möglichst genaue Erfüllung der optischen und chemischen Gesetze im Prozess der Bildentstehung ab, sodass die Arbeit der Fotograf:innen überwiegend im Fotolabor stattfand. Dafür wurden die notwendigen technischen und räumlichen Bedingungen geschaffen, Dunkelkammern eingerichtet und Vergrößerungsapparate angeschafft. Doch auch vor der Gründung der Fotoklasse lässt sich eine vielseitige Beschäftigung mit Fotografie am Bauhaus nachvollziehen. Die fotografierenden Bauhäusler:innen waren bis dahin überwiegend Autodidakt:innen, die neben freien fotografischen Arbeiten vor allem Zeugnisse des studentischen Lebens, private Bilder und Schnappschüsse aufnahmen. Zugleich wurde mit der Berufung von Peterhans der experimentellen Phase unter László Moholy-Nagy eine systematisch und technisch fundierte Ausbildung gegenübergestellt. Auch wenn Moholy-Nagy am Bauhaus nie offiziell Fotografie unterrichtet hat, erhielt das neue Medium unter ihm eine völlig neue Bedeutung, sodass die Fotografie am Bauhaus bis heute mit seinem Namen verbunden ist. Als Hauptvertreter des Neuen Sehens experimentierte er mit neuen Techniken und fotografischen Stilmitteln wie Fotogrammen, Fotomontagen oder -collagen, ungewöhnlichen Perspektiven, Aufund Untersichten, Verzerrungen, Ausschnitten, Unschärfen und Spiegelungen, Doppel- oder Mehrfachbelichtungen. Die Fotoabteilung war keine selbstständige Werkstatt, sondern der 1925 als „Werkstatt für Druck und Reklame“ am Bauhaus Dessau eingerichteten Werbewerkstatt untergeordnet. Fotografien von Produkten und Werkstatterzeugnissen, Architektur- und Sachaufnahmen lieferten das notwendige Bildmaterial für Ausstellungen und Kataloge und wurden als zeitgemäßes Kommunikations- und Gestaltungsmittel zur Reklame, in Publikationen, Prospekten oder Zeitschriften verwendet. Dies macht nicht nur die Ausrichtung der Fotografie am Bauhaus deutlich, sondern spiegelt auch die eingangs aufgezeigten zeittypischen Entwicklungen der modernen Werbegestaltung sowie die Anforderungen an das neue Medium wider.

Die Einrichtung der ersten Fotoklassen, die hier an den Beispielen aus Halle und Essen 1927 sowie am Bauhaus 1929 skizziert wurde, entsprach den zeittypischen Tendenzen. Mit Einbeziehung der Fotografie in die Lehre konnten die Schulen den zeitgenössischen Forderungen nach dem neuen Bildmittel Folge leisten und dem zunehmenden Bedarf an Fotografie in angewandten Kontexten und gestalterischen Zusammenhängen gerecht werden. Die Bedeutung des modernen Mediums wurde anerkannt und die Ausbildung oder Lehre den zeitspezifischen Entwicklungen und Anforderungen angepasst. Von Beginn an wurde die Fotografie auch als Dokumentations- und Informationsmedium innerhalb der Reklame, für Drucksachen oder Publikationen eingesetzt. Sach- oder Produktaufnahmen wurden verwendet, um die Erzeugnisse der Werkstätten und die Arbeiten der Schulen sachgerecht und adäquat zu präsentieren. Dabei muss das individuelle Engagement von Hans Finsler in Halle und Max Burchartz in Essen herausgestellt werden, haben doch beide in ihrer Funktion als Lehrende maßgeblich zur Gründung der Fotoklassen und Herausbildung eines medienspezifischen Fotounterrichts vor Ort beigetragen.

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Dana Bergmann
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How the Hunger for Images Academicized the Medium of Photography *

Dana Bergmann on the early days of teaching photography at German schools of art and design in the 1920s, drawing on the examples of Burg Giebichenstein / Kunsthochschule Halle, Bauhaus Dessau and Folkwangschule Essen

The Weimar Republic was characterized by societal and cultural upheavals. Alongside experiences from World War One, the development of modern cities and industrial mass production as a consequence of industrialization were the defining topics of the 1920s. The emergence of a modern mass culture, new entertainment and communication media and an associated pluralism of styles in art and culture defined the profile of the Roaring Twenties and were significant preconditions for the development of (New) photography during that period. In addition, the modern information and consumer society brought with it demands for up-to-date possibilities for expression and suitable means of communication.

Print media, especially periodicals and illustrated magazines, boomed and modern forms of reporting such as photoreportage and photojournalism came into being. The new relevance of mass media and modern communication gave rise to a correlating need for illustrations and targeted transmission of information. Photography was able to live up to these demands.

The medium’s technical innovation, for instance the introduction of the practical Leica 35mm camera from 1925, ensured that photography became affordable for more people and universally available. The use of the hand-held camera enabled a new way of seeing, so that people were able to capture and express the everyday and modern big-city life in a fitting way, dynamically and flexibly. The medium’s spread and the emergence of a new, modern visual language was supported and advanced along the way by amateur photographers in particular.

In Germany, a modern photographic visual language asserted itself: New Photography, which propagated media-appropriate handling and the recognition of photography as an autonomous visual means of expression complete with its specific regularities. That being said, New Photography united such varying positions as the New Vision and the New Objectivity. The representatives of the New Vision sought an appropriate form of expressing their lifeworld: with excerpts, unusual perspectives, diagonals, mirror images, distortions and other experiments using the camera, with the photogram, photomontage and collage they sounded out the medium’s design possibilities anew.

New Objectivity, by contrast, can be described as an objectifying way of seeing that is characterized by a soberly neutral and restrained visual language with direct reference to reality. The focus is on the object to be photographed and its properties, on technical professionalism and photographic precision.

(Product) photography was increasingly adopted in (advertising) design in the 1920s. It was the ideal medium for conveying information and presenting the objects appropriately. The focus was on the essential, with functional advertising design in mind. Enterprises and industry seized the economic advantage offered by marketing products in photographs, since modern product photography had the ability to stimulate purchasing by presenting the objects in advertisements. New areas of application of photography arose in the utilitarian graphics context: the targeted deployment of photography in combination with text in the typophoto or in photomontage, for instance. And photography appears on timetables at art schools and vocational schools for the first time in the context of these developments.

In 1922, Hans Finsler joined today’s “Burg Giebichenstein / Kunsthochschule Halle”, Burg for short, as a teacher, among other roles. His work with photography is documented for the first time from 1926. His motivation arose from the necessity to record the products from the workshops and the works by the pupils objectively, so as to depict and convey them in an appropriate way. In parallel to his self-taught engagement with the medium, his teaching activity also proceeded in this field. Photography lessons are officially recorded on the teaching schedule from 1927. Two years later, a teaching post for photography was applied for and approval was issued for setting up the new department of modern artistic photography at the arts college. However, the photography class only attained the same status as the other workshops in 1930, upon Finsler’s appointment as teacher of contemporary, artistic object photography. Following Finsler’s departure in 1931 and his appointment, in 1932, as director of the newly established photography class in Zürich – the first independent photography class at any Swiss art college – and up to its closure by the National Socialists in 1933, the class was continued by his pupil and former Bauhaus member Heinrich Koch.

The photo class’s essential task lay in optimally recording and expressing the art college’s accomplishments. After all, the product photographs were used in exhibitions or at trade shows in order to communicate and present the objects, and served as promotion for the school, so to speak. Hans Finsler ultimately emerged from his engagement with product and object photography as one of the best-known representatives of the New Objectivity.

Max Burchartz’ activity at the Folkwangschule in Essen can be divided into two creative phases, before and after World

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War Two: between 1926 and 1933 he engaged with promotional graphic design and, by association, photography; from 1949, he taught the fundamentals of modern design on the preliminary design course.

Burchartz was among the highest-profile representatives of modern graphic design and his agency in Bochum “werbe-bau”, established in 1924, was one of the first in Germany. He was already using advanced promotional and design resources in the early days of modern promotional design. He combined visual content (photographs, for example) with text information (typographs), in order to assign these to a superordinate purpose. There are indications that Burchartz was called to Essen in order to accordingly align the teaching schedule to the requirements of business and industry and, in doing so, present the school in a publicly effective manner; he came to Essen as an auxiliary teacher of general artistic design, utilitarian graphics and typography in 1926. In 1927, he obtained a professorship in typography and took on the direction of a specialist class, in which he taught the subjects of advertising and utilitarian graphics, respectively advertising design, typography and, later, photography as well. Even upon his employment as an auxiliary teacher in 1926, he taught his ideas of modern advertising design in conjunction with photography as an essential component of graphic design training. In around 1928, a photography department with darkroom, a studio and basic photographic equipment was set up. Exposure technique, darkroom work, enlargement and cropping, along with reportage or product photography, were topics on the photo course; in addition, Burchartz taught technical basics and, in association with promotional graphics, also design techniques such as montage or typophoto. The focus lay on photography’s areas of application and, in this context, specifically on the visual coupling of photography and typography as well as on embedding photographic shots in the design context in advertisements, on posters or in brochures. Like Hans Finsler, Burchartz was concerned with achieving a new view of things, in the spirit of neo-objective photography, and lending contemporary, appropriate and objective expression to objects. Under his direction, the photography instruction was expanded and professionalized in the outgoing 1920s, and the Folkwangschule became one of the leading educational establishments for photography. Burchartz’s time as a teacher of photography in Essen came to an end when the National Socialists took power. After Albert Renger-Patzsch had transitionally taken on photography teaching from 1933 until 1934, Essen gained two renowned designers, respectively photographers, after the Second World War in the person of Werner Graeff, from 1951 until 1958, and of Otto Steinert, from 1959 until 1978.

In 1929, Walter Peterhans was appointed as a teacher to the newly founded photography class at the Bauhaus in Dessau, which he directed until 1933. Unlike Burchartz and Finsler, Peterhans was not self-taught. He had studied photographic reproduction and printing methods at the Staatliche Akademie für Graphische Künste und Buchgewerbe in Leipzig, completed his master’s examination as a photographer in Weimar and, from 1926/27, set himself up in Berlin as an independent commercial and portrait photographer. The introduction of systematic photography instruction and Peterhans’ photographic approach formed a counter-project to hitherto free, experimental handling of the medium of photography at the Bauhaus. Under Peterhans, the photographic training aimed at maximally precise fulfilment of the optical and chemical laws in the process of image creation, with the result the photographers predominantly worked

in the photo laboratory. Therefore, the necessary technical and spatial conditions were created, darkrooms set up and enlargement equipment was provided. Yet there is evidence of multifaceted occupation with photography at the Bauhaus even before the photo class’s founding. Up to that point, the photographing Bauhaus members had been predominantly self-taught, primarily taking, besides freelance photographic works, testimonies of student life, private pictures and snapshots. At once, upon Peterhans’ appointment, systematically and technically grounded training was counterposed against the experimental phase under László Moholy-Nagy. Although Moholy-Nagy never officially taught photography at the Bauhaus, the new medium gained a wholly new significance under him, with the result that photography at the Bauhaus is associated with his name to this day. As the foremost representative of the New Vision he experimented with new techniques and photographic stylistic devices such as photograms, photomontages or collages, unusual perspectives, top and bottom views, distortions, excerpts, blurriness and mirroring, or double or multiple exposures.

The photography department was not an independent workshop, but subordinate to the workshop set up at the Bauhaus in Dessau in 1925 as the “Workshop for Printing and Advertising”. Photographs of products and workshop creations, architecture and product shots supplied the necessary visual material for exhibitions and catalogues and were used as contemporary communication and design resources for advertising, in publications, brochures or periodicals. This not only illustrates the focus of photography at the Bauhaus, but also reflects the developments in modern promotional design, highlighted at the top of this article and typical of the time, as well as the requirements placed on the new medium.

The establishment of the first photography classes, outlined here based on the examples from Halle and Essen in 1927 as well as at the Bauhaus in 1929, was in line with the trends prevailing at the time. With the inclusion of photography in teaching, schools were able to follow contemporary calls for the new visual resource and meet the growing need for photography in applied contexts and design situations. The importance of the modern medium was recognised and training or teaching adjusted to period-specific developments and requirements. From the beginning, photography was also used as a documentation and information medium within advertising, for printed materials or publications. Product photographs were used in order to present workshops’ products and schools’ works objectively and appropriately. In the course of this, the personal dedication of Hans Finsler in Halle and Max Burchartz in Essen must be signalled: after all, both of them, in their capacity as teachers, contributed considerably to the establishment of photography classes and the emergence of media-specific photography teaching in situ.

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Dana Bergmann
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WERKSTATT, KLASSENRAUM & DUNKELKAMMER

Fotografie zu studieren ist heute an zahlreichen Standorten möglich. Doch das war nicht immer so: Daria Bona über die vielfältige Ausbildungslandschaft Nordrhein-Westfalens und darüber, wie sie sich entwickelt hat.

STUDIO, CLASSROOM & DARKROOM

These days, it is possible to study photography at numerous locations. That was not always the case, however: Daria Bona writes on the diverse training landscape in North Rhine-Westphalia and about the developments it has undergone.

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Obwohl die Fotografie mittlerweile auf eine fast 200-jährige Geschichte zurückblickt, gibt es die große Spannbreite fotografischer Ausbildungen, wie wir sie heute kennen, noch nicht lange. Die Entstehung erster eigenständiger Studienrichtungen und -klassen ist in Deutschland eng mit der Geschichte der Werkkunstschulen verzahnt, wo sich das technische Bildmedium ab den 1950er-Jahren nach und nach von den jeweiligen grafischen Abteilungen emanzipieren kann und sich die fotografische Praxis deutlich erweitert. Im Verlauf der 1960er etablieren sich hier sowohl bildjournalistische Inhalte als auch neue Berufsbilder, wie der „Fotografiker“ und später der „Foto-Designer“. Gleichzeitig wird das Medium zunehmend als künstlerisches Ausdrucksmittel verwendet und findet Eingang in Kontexte der Bildenden Kunst. Die politisch-sozialen Umbrüche der späten 1960er-Jahre bringen außerdem grundlegende bildungspolitische Veränderungen mit sich, in deren Zuge die Werkkunstschulen 1971 in die neu gegründeten Fachhochschulen eingegliedert werden. Dies wirkt sich nicht nur auf die Rahmenbedingungen zukünftiger fotografischer Lehre aus, sondern ermöglicht an vielen Standorten überhaupt erst die Einrichtung eigenständiger Fotoabteilungen oder zumindest einen strukturellen Ausbau.

In Nordrhein-Westfalen (NRW) sind es einzelne Akteur:innen, die die Bildung diverser Fotostudiengänge und -Schwerpunkte entscheidend vorantreiben. Ihre individuellen Positionen und ihr jeweiliger Umgang mit dem Bildmedium haben enormen Einfluss auf dessen zukünftige Entwicklung in der Lehre. Der Fotograf und Hochschullehrer Otto Steinert wird in seiner Rolle als Leiter der Fotoklasse der Staatlichen Saarländischen Schule für Kunst und Handwerk in Saarbrücken ab 1948 nicht nur für seinen autoritären Unterricht und das präzise Arbeiten in der Dunkelkammer bekannt. Er wird auch zu einem ersten Förderer des Fachs. Mit seinem Programm der „subjektiven Fotografie“ knüpft Steinert dabei sowohl in seiner eigenen künstlerischen Arbeit als auch in der Vermittlung bewusst an die Ideen, die Formsprache und die Techniken der Fotograf:innen des Neuen Sehens der 1920er- und 1930er-Jahre an. 1959 wechselt er an die Folkwang Werkkunstschule in Essen, wo er die Werkstatt für Fotografie neu einrichtet. Hier verlagert sich sein Unterricht zunehmend auf den Bildjournalismus und die Industriefotografie. Dank Steinerts maßgeblichem Einfluss in Essen, der Strahlkraft seiner Lehre sowie seiner guten Vernetzung werden weitere Stellen geschaffen und noch andere Abteilungen für Fotografie gegründet. Dies wird nicht zuletzt an der großen Anzahl seiner Studenten offensichtlich, die im Verlauf der 1960er-Jahre einige neu eingerichtete Positionen besetzen.

Einer seiner Schüler, Romain Urhausen, unterrichtet bereits von 1957 bis 1959 Fotografie, Fotografik und Film an den Werkkunstschulen in Dortmund. Im Anschluss baut Pan Walther dort das Fach in den Räumen einer ehemaligen Zeche in Dortmund-Dorstfeld weiter aus und gründet 1969 eine eigene Werkgruppe, die Abteilung

Although photography now looks back on a history extending for nearly 200 years, the spectrum of photography training opportunities, as we know them today, is not yet very old. In Germany, the emergence of early independent branches of study and classes is closely interlocked with the history of the schools of applied art, where the technological visual medium was able, from the 1950s, to emancipate itself little by little from the relevant graphic departments, and photographic practice widened considerably. Over the course of the 1960s, both photojournalism content and new career profiles established themselves in this area, such as the “photo and graphic artist” and later the “photo designer”. At the same time, the medium was used increasingly as an artistic means of expression and found its way into Fine Art contexts. The socio-political upheavals of the late 1960s additionally entailed fundamental education policy change, in the course of which schools of applied art were incorporated into the newly established universities of applied arts in 1971. This had impacts not only on the frame conditions of future photography teaching, but, at many locations, provided the very first opportunity to set up standalone photography departments or at least perform a structural expansion.

In North Rhine-Westphalia, it was lone stakeholders who crucially advanced the formation of various photography courses and focuses. Their individual standpoints and respective approaches to the visual medium had enormous influence on the latter’s subsequent development in teaching. The photographer and university teacher Otto Steinert, in his role as director of the photography class of the Staatliche Saarländische Schule für Kunst und Handwerk in Saarbrücken from 1948 onwards, became well-known not only for his authoritarian tuition and precise working in the darkroom. He also became an early promoter of the discipline. In doing so, with his “subjective photography” programme Steinert drew a conscious link, in both his own artistic work and in tutoring, to the ideas, language of forms and techniques of the photographers of the New Vision in the 1920s and 1930s. In 1959, he relocated to the Folkwang school of applied art in Essen, where he re-established the photography studio. Here, his instruction increasingly shifted towards photojournalism and industrial photography. His charismatic teaching, combined with his excellent connections on the photography scene at that time, had a considerable influence on the establishment of further photography departments. This became evident, not least, in the large number of his students who went on to occupy newly set-up teaching positions as the 1960s progressed.

One of his pupils, Romain Urhausen, taught photography, photographics and film at the schools of applied art in Dortmund as early as between 1957 and 1959. Subsequently, Pan Walther continued to expand the discipline there, in the premises of a former pit in Dortmund-Dorstfeld, and founded a dedicated working group, the Lichtbild department, there in 1969. Through his initiative it was possible to establish, upon the transition to university of applied sciences structures, the study focus photo/film design, which soon came to enjoy great popularity: in the early 1970s, there were about 65 people studying it – and in 1979, there were 270! A large bandwidth soon emerged in the different concentrations along the way: Walther developed, jointly with students, his “Foto Elementar” design

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Daria Bona
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Dortmunder Fotoklasse 1958 Romain Urhausen/Centre national de l’audiovisuel (CNA)

Lichtbild. Durch seine Initiative kann sich mit dem Übergang in die Fachhochschulstrukturen der Studienschwerpunkt Foto-/Film-Design etablieren, der sich bald großer Popularität erfreut: Anfang der 1970er-Jahre zählt er etwa 65 Studierende – 1979 sind es schon 270! Dabei zeichnet sich früh eine große Bandbreite in den unterschiedlichen Ausrichtungen ab: Walther entwickelt gemeinsam mit Studierenden seine Gestaltungslehre „Foto Elementar“, Harald Mante unterrichtet freie und experimentelle Farbfotografie und Adolf Clemens, ebenfalls Steinert-Schüler, Bildjournalismus. Daneben bieten nebenamtliche Dozenten Fächer wie Werbe- oder Industriefotografie, Film und Fernsehen, Fotografik und Siebdruck an.

Obwohl in Bielefeld erst 1979 offiziell die Studienrichtung Foto-/Film-Design eingerichtet wird, entsteht hier bereits im Vorhinein ein vielseitiges fotografisches Ausbildungsprogramm. 1960 wird Gottfried Jäger als technischer Lehrer eingestellt, der in Folge die Fotografie und Fotografik als Teilbereich der Werkgruppe Freie und angewandte Grafik stark ausbaut. Bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2002 wird er die Lehre in Bielefeld deutlich prägen. Anfang der 1970er-Jahre bilden sich dabei zwei markante Lehrbereiche heraus: Zum einen Jägers einzigartiges Fachgebiet der Generativen Fotografie, welches er gemeinsam mit Karl Martin Holzhäuser weiterentwickelt und vermittelt. Zum anderen ein sozialdokumentarischer Schwerpunkt, der zunächst von Jörg Boström geleitet und Anfang der 1980er durch Jürgen Heinemann erweitert wird. Ab 1979 finden zudem die jährlich stattfindenden Bielefelder Symposien über Fotografie statt, in denen Beiträge zur Theorie und Praxis des Mediums zusammengebracht und so Dialoge zwischen Hochschule und Berufsfeld eröffnet werden.

In Krefeld erhält Detlef Orlopp, der bei Steinert in Saarbrücken und Essen studiert hatte, 1961 einen Lehrauftrag an der Werkkunstschule (heutige Hochschule Niederrhein). Er bleibt bis ins Jahr 2000 und ist damit über vier Jahrzehnte zentrale Lehrperson des Bereichs Fotografie, welcher leider nur für eine kurze Zeit (1971–1973) einen eigenständigen Studienschwerpunkt bildet. Auch an den Werkkunstschulen (spätere Fach- oder Gesamthochschulen) in Aachen, Düsseldorf, Münster oder Wuppertal wird das Fach Fotografie als mehr oder weniger integraler Bestandteil des Studiengangs Grafik, Grafik-Design oder Visuelle Kommunikation beziehungsweise Kommunikationsdesign weiter ausgebaut.

Wenige Jahre nach der Gründung eigenständiger fotografischer Abteilungen und Studiengängen an den Werkkunstschulen wird 1976 mit der Berufung Bernd Bechers an die Kunstakademie Düsseldorf der erste Lehrstuhl für Fotografie an einer Kunsthochschule in NRW eingerichtet. Die gemeinschaftliche fotografische und künstlerische Arbeit des Ehepaars Bernd und Hilla Becher überträgt sich dabei auch auf die Lehre an der Akademie: Obwohl Bernd Becher

course; Harald Mante taught free and experimental colour photography, and Adolf Clemens, likewise a pupil of Steinert, gave instruction in photojournalism. Alongside them, adjunct professors offered subjects such as promotional or industrial photography, film and television, and photographics and screen printing. Although, in Bielefeld, the photo/film/design course of studies was only officially set up in 1979, there was a diverse photography training programme in place there even prior to that. In 1960, Gottfried Jäger was recruited as a technology teacher, and subsequently went on to significantly expand photography and photographics as a sub-area of the free and applied graphics working group. He went on to considerably shape teaching in Bielefeld until retiring from his professorship in 2002. In the early 1970s, two striking areas of teaching emerged along the way: for one, Jäger’s unique specialism of Generative Photography, which he advanced and taught jointly with Karl Martin Holzhauser. For another, a socio-documentary focus, which was led initially by Jörg Boström and widened in the early 1980s by Jürgen Heinemann. The annual Bielefelder Symposien über Fotografie, in addition, took place from 1979, bringing together contributions on the medium’s theory and practice and thus opening up dialogues between the university and vocational fields.

In Krefeld, Detlef Orlopp, who had studied under Steinert in Saarbrücken and Essen, received a teaching assignment at the school of applied art (today’s Hochschule Niederrhein) in 1961. He remained until 2000 and was hence, for four decades, the central teacher of photography, which sadly was a standalone study focus for a short time only (1971-1973). At the schools of applied art, too (later universities of applied sciences or comprehensive universities), in Aachen, Düsseldorf, Münster or Wuppertal, the discipline of photog-

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offiziell die Professur innehat, leiten sie gemeinsam die renommierte Fotoklasse zwanzig Jahre lang. Technischen Unterricht gibt es hier nicht: Der Umgang mit der Kamera, Filmentwicklung oder die Erstellung fotografischer Abzüge werden größtenteils autodidaktisch erlernt. So gestaltet sich das Studium der Freien Kunst – abgesehen von kunstwissenschaftlichen Seminaren – durch überwiegend selbstständiges Arbeiten, begleitet von gelegentlichen Gesprächen mit den Bechers und dem gegenseitigen Austausch und den Diskussionen innerhalb der kleinen Fotoklasse.

Auch in Köln zeichnet sich früh die Vielschichtigkeit des Mediums innerhalb verschiedener Ausbildungsstrukturen ab: 1954 wird im Umfeld der benachbarten Fotoindustrie und der Fotofachmesse Photokina eine Institution gegründet, die sich auf die Vermittlung technisch-wissenschaftlicher Kenntnisse der Fotografie spezialisiert: Die Staatliche Höhere Fachschule für Photographie. Als gemeinsames Projekt von Industrie, der Stadt Köln und dem Land Nordrhein-Westfalen knüpft sie dabei an eine traditionsreiche Vorgängerinstitution an: die Staatliche Photofachschule in Dresden, die im Zweiten Weltkrieg zerstört worden war. Die Neugründung der Institution am Standort Köln geht dabei insbesondere auf die Initiative zweier Personen zurück: Neben Bruno Uhl, Präsident des Verbands der Deutschen Photographischen Industrie und kaufmännischer Direktor der Firma Agfa, ist auch der Namensgeber dieser Publikation, Leo Fritz Gruber, maßgeblich daran beteiligt. An den benachbarten Kölner Werkschulen kann sich mit der Berufung eines „Künstlerlehrers für Fotografie“ im Jahr 1965 ebenfalls ein eigener fotografischer Bereich mit besonderer Ausrichtung etablieren. Bis dato wurde Fotografie hier in der der Abteilung für Angewandte Graphik, Buchkunst und Werbung angeschlossenen Werkstatt für Fotografie und Reproduktionstechnik gelehrt. Die Besonderheit der neuen Fotoklasse steckt dabei schon im Namen: Im Gegensatz zu den berufsbezogenen und sogenannten angewandten Ausbildungen anderer Werkkunstschulen, verspricht die „Klasse für Künstlerische Fotografie“ und das Studium der Freien Kunst die freie Bearbeitung individueller Themen, ohne Pflichtstundenanzahl oder vorgegebenes Curriculum. Bis zur Schließung des Fachbereichs Kunst und Design Anfang der 1990er-Jahre leitet in Köln ebenfalls ein ehemaliger Steinert-Schüler, Arno Jansen, die Fotoabteilung. Ab 1990 setzt sich die Lehre künstlerischer Fotografie in Köln mit der Neueröffnung der heutigen Kunsthochschule für Medien (KHM) im Diplomstudiengang Audiovisuelle Medien (heute Mediale Künste) fort. In der interdisziplinären Verschränkung von Kunst, Medien, Film und Wissenschaft werden hier die Möglichkeiten und Grenzen des Mediums – bis hin zur Auflösung des fotografischen Bilds –stetig neu verhandelt und ausgelotet.

Auch wenn die vielseitigen Geschichte(n) der individuellen Ausbildungsorte an dieser Stelle nur angerissen werden konnten, lässt sich an ihnen exemplarisch der Wandel des fotografischen Mediums nachvollziehen: über die Loslösung von der Grafik, die Bildung berufsbezogener und angewandter Schwerpunkte, bis hin zu ersten Designstudiengängen und der Etablierung der Fotografie in der künstlerischen Ausbildung. Im Verlauf der 1960er- und 1970er-Jahre entsteht in Nordrhein-Westfalen so ein komplexes und dichtes fotografisches Netzwerk, in dem sich vielfältige Umgangsformen und Bildsprachen herausbilden und sich Verständnis und Anwendung der Fotografie in den darauffolgenden Jahrzehnten in unterschiedliche Richtungen erweitern. Die Fülle und Diversität der Auseinandersetzungen mit dem Medium charakterisiert die Hochschullandschaft bis heute. Hier wird das Fotografische an zahlreichen Orten der Aneignung und Vermittlung stetig weiterund neugedacht – und das über den Klassenraum hinaus.

raphy was further expanded as a more or less integral component of the graphics, graphic design, or visual communication, respectively communication design, course of study.

A few years after the establishment of independent photography departments and courses at the schools of applied arts, the first photography professorship at an art university in NRW was set up in 1976, with the appointment of Bernd Becher to the art academy in Düsseldorf. In the process, the collaborative photographic and artistic work of the spouses Bernd and Hilla Becher also carried over to the teaching at the academy: although Bernd Becker held the professorship officially, they jointly led the renowned photography class for twenty years. There was no technical instruction here: handling the camera, developing film or creating photographic prints were, for the most part, self-taught. The study of Liberal Art thus took shape – aside from science of the arts seminars, art studies operated predominantly through autonomous working, accompanied by occasional conversations with the Bechers and mutual exchange and discussions within the small photography class.

In Cologne, too, the medium’s versatility soon became apparent within various training structures: in 1954, in the milieu of the neighbouring photography industry and the specialist photography trade show Photokina, an institution was founded that specialized in conveying technical, scientific knowledge of photography: the Staatliche Höhere Fachschule für Photographie. A joint project by industry, the City of Cologne and the state of North Rhine-Westphalia, it formed a link to a tradition-steeped predecessor institution: the Staatliche Photofachschule in Dresden, which had been destroyed in World War Two. The institution’s re-establishment at the Cologne location was credited, in particular, to the initiative of two people: alongside Bruno Uhl, chairman of the Verband der Deutschen Photographischen Industrie and commercial director of the company Agfa, this publication’s name-giver Leo Fritz Gruber was also a significant participant in it. At the neighbouring Cologne factory schools, it was likewise possible to establish a dedicated photography faculty with a specific focus, with the appointment of an “art teacher for photography” in 1965. Up until that date, photography had been taught there in the photography and reproduction technology studio attached to the Department of Applied Graphics, Book Art and Advertising. The particularity of the new photography class lies in its very name: in contrast to the vocational and so-called applied training programmes at other schools of applied art, the “Artistic Photography class” and the study of Liberal Art promised the free handling of individual topics, with no mandatory number of hours or specified curriculum. Up until the closure of the Art and Design faculty in the early 1990s, a former Steinert pupil, Arno Jansen, likewise led the photography department in Cologne. From 1990, the teaching of Artistic Photography in Cologne continued with the opening of today’s Academy of Media Arts Cologne (HMM) on the Audiovisual Media diploma course (Media Arts today). Here, in the interdisciplinary interleaving of art, media, film and science, the possibilities and limits of the medium, right through to the dissolution of the photographic image, were constantly renegotiated and sounded out.

Even though it has only been possible, here, to outline the multifaceted histories of the individual training locations, these stories provide exemplary echoes of the transformation undergone by the medium of photography: via the disengagement from the graphic, the emergence of vocational and applied focuses, through to early study courses on design and the establishment of photography in artistic training. Over the course of the 1960s and 1970s, a complex and dense photographic network thus arose in North Rhine-Westphalia, in which manifold approaches and visual vocabularies evolved, and understanding and application of photography expanded into different directions in the subsequent decades. The abundance and diversity of encounters with the medium characterizes the higher education landscape to this day. In that context, at numerous sites of appropriation and teaching, the photographic is constantly being further conceptualized and rethought – and that is happening beyond the confines of the classroom.

13
Bona
Daria Zwei Studentinnen der Staatlichen Höheren Fachschule für Photographie Köln beim Filmwechseln, 1950er-Jahre © Leo Busch/ Archiv TH Köln

1

Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft, Alfter / Alanus University of Arts and Social Sciences, Alfter

Gründung / Foundation

1973

Studiengang / Course of Studies

Bildende Kunst / Visual arts

Abschluss / Degree

Bachelor & Master of Fine Arts

Professuren für Fotografie / Professorships in Photography

1,5

Anzahl an Studenten /

Current Number of Students

350

Jährliche Studienanfänger /

Annual first-year students

80-100

Zulassung / Admission

Abitur oder hervorragende künstlerische Eignung / A-Levels or Excellent Artistic Aptitude

Kunsthochschule für Medien Köln / Academy of Media Arts Cologne

Gründung / Foundation

1990

Studiengang / Course of Studies

Mediale Künste / Media Arts

Abschluss / Degree

Diplom / Diploma

Professuren für Fotografie / Professorships in Photography

1

Anzahl an Studenten / Current Number of Students

400

Jährliche Studienanfänger / Annual first-year students

60

Zulassung / Admission

Abitur + Künstlerische Eignung / A-Levels + Artistic Aptitude

Hochschule Düsseldorf / University of Applied Sciences Düsseldorf

Gründung / Foundation

1971

Studiengang / Course of Studies

Kommunikationsdesign

Abschluss / Degree

Bachelor & Master of Arts

Professuren für Fotografie / Professorships in Photography

1

Anzahl an Studenten /

Current Number of Students

1.000

Jährliche Studienanfänger / Annual first-year students

170

Zulassung / Admission

Abitur + Künstlerische Eignung / A-levels + Artistic Aptitude

Kunstakademie Düsseldorf

Gründung / Foundation

1773

Studiengang / Course of Studies

Fotografie und Freie Kunst / Photography and Liberal Arts

Abschluss / Degree

Bachelor & Master of Arts

Professuren für Fotografie / Professorships in Photography

Anzahl an Studenten /

Current Number of Students

keine Angabe / Not Specified

Jährliche Studienanfänger /

Annual first-year students

keine Angabe / Not Specified

Zulassung / Admission

Abitur + Künstlerische Eignung / A-Levels + Artistic Aptitude

Folkwang Universität der Künste, Essen / Folkwang University of the Arts, Essen

Gründung / Foundation 1929

Studiengang / Course of Studies

Fotografie, Photography Studies and Practice & Photography Studies and Research

Abschluss / Degree

Bachelor, Master und Promotion in Theorie und Geschichte der Fotografie / and Doctorate in the Theory and History of Photography

Professuren für Fotografie / Professorships in Photography

6

Anzahl an Studenten / Current Number of Students 400

Jährliche Studienanfänger / Annual first-year students ca. 190

Zulassung / Admission

Abitur und/oder hervorragende künstlerische Eignung / A-Levels and/or Excellent Artistic Aptitude

Fachhochschule Dortmund / University of Applied Sciences and Arts Dortmund

Gründung / Foundation

1971

Studiengang / Course of Studies

Fotografie und Fotografie-Photographic Studies / Photography and Photography-Photographic Studies

Abschluss / Degree

Bachelor & Master of Arts

Professuren für Fotografie / Professorships in Photography

6

Anzahl an Studenten / Current Number of Students

430

Jährliche Studienanfänger / Annual first-year students

keine Beschränkung / No Restriction

Zulassung / Admission

Abitur + Künstlerische Eignung / A-Levels + Artistic Aptitude

© KHM © Alanus Hochschule
© Silviu Guiman © Kunstakademie Düsseldorf © Eric Fritsch © Peter Hanne
alanus.edu kunstakademie-duesseldorf.de
folkwang-uni.de
khm.de
fh-dortmund.de
hs-duesseldorf.de
NRW The
Universities for Photography in NRW 2 6 5 7 1 Köln Cologne Dortmund Bielefeld Essen Düsseldorf Münster Rhein Ruhr Bonn Alfter Aachen 3 4 Fachhochschule Bielefeld / University of Applied Sciences Bielefeld
/ Foundation 1971
of Studies Gestaltung
Studienrichtung Fotografie und Bildmedien
Design
Specialisation in Photography and Visual Media
Degree Bachelor & Master of Arts
Fotografie
Professorships in Photography 4 Anzahl an Studenten / Current Number of Students 250
Annual first-year students
Entrance Qualification and Entrance Examination 7 © Philip Fröhlich fh-bielefeld.de
Die wichtigsten Hochschulen für Fotografie in
most important
Gründung
Studiengang / Course
mit
/
with
Abschluss /
Professuren für
/
Jährliche Studienanfänger /
35 Zulassung / Admission Abitur/Fachhochschulreife + künstlerische Eignungsprüfung / A-Levels/Advanced Technical College

Die Bilder der Anderen

16

Pictures Done by Others

Matthias Langner 17
18 Fachhochschule Bielefeld

Die eigene Heimat ist ein Thema, das von vielen Fotografen aufgegriffen wird – besonders dann, wenn sie aus einer eher ländlichen Region stammen und fürs Studium in die Stadt gezogen sind. So ist es auch Matthias Langner ergangen. Aufgewachsen in Aurich, zog es ihn für seine Abschlussarbeit an der Fachhochschule Bielefeld wieder zurück nach Ostfriesland. Neben seiner Mittelformatkamera hat er aber auch einen kritischen Blick auf seine Heimat, ihre Romantisierung und den ostfriesischen Lokalpatriotismus im Gepäck. Dazu gehört auch die Fragestellung, wie es sein kann, dass die Natur und das Meer so hoch gehalten werden, „obwohl sie eigentlich gar keine Rolle mehr im Leben der Menschen spielen und alle sicher hinter dem Deich leben, auf dem sie bloß zwei Mal im Jahr spazieren gehen“, so Langner.

Besonders auffällig sei dabei die große Ansammlung an idealisierten Bildern und Fotografien, die er während seiner anderthalbjährigen Beschäftigung mit der Region immer wieder gefunden hat: Fischerboote, Windmühlen, Leuchttürme und saftige Wiesen mit Kühen drauf kleben als Fotografien an Schaufenstern und hängen als Gemälde in Wohnstuben, Werkstätten und an Wohnzimmerfenstern und werden sogar auf Sägen gemalt und auf eine Männerbrust tätowiert. Diese Bilder von Bildern stellt Langner den tatsächlichen Landschaften und ihren Bewohnern gegenüber und spielt bereits im Titel der Arbeit mit seiner Doppeldeutigkeit: „Fries“ meint ganz offensichtlich die Region und ihre Bewohner, steht aber eben auch für das Stilelement in der Architektur und den Bilderfries.

Damit schließt sich für den 33-Jährigen indirekt ein Kreis, denn Langner ist zwar Fotograf, hat sich aber schon immer gerne auch mit den Bildern anderer beschäftigt – sei es während seiner Ausbildung als Mediengestalter, während seines erstes Studiums des Kommunikationsdesigns oder aktuell als Buchgestalter im renommierten Steidl-Verlag in Göttingen. Wir werden in Zukunft also noch viel von ihm sehen – allerdings wäre es doch mehr als schade, wenn „Fries“ seine letzte eigene fotografische Arbeit bleiben sollte.

(dz)

19
Matthias
University of Applied Sciences Bielefeld
Langner

Home is a theme taken up by many photographers – especially when they come from a rather rural region and moved to the city to study. That is Matthias Langner’s backstory too. Having grown up in Aurich, he was drawn back to East Frisia for his final project at the University of Applied Science in Bielefeld. Besides his medium-format camera, however, he also brought with him a critical gaze on his home region, its romanticization and East Frisian local patriotism. Comprised here, too, is the question of how can it be that nature and the sea are held up so high “when, actually, they no longer play any role in people’s lives at all and everyone lives safely behind the embankment, where they just go for strolls a couple of times a year,” says Langner.

Especially striking, he reports, is the large accumulation of idealized images and photographs he repeatedly found during his 18-month project on the region: fishing boats, windmills, lighthouses and lush meadows with cows on are stuck on shop windows in photograph form and depicted on canvases hung in living rooms and workshops and at front-room windows, and even painted on coffins and tattooed onto a man’s chest. Langner juxtaposes these images of images with the actual landscapes and their inhabitants and plays with ambiguity in the very title of his work: “Fries” quite obviously denotes the region, but it also closely resembles the term for the style element in architecture and the pictorial frieze.

A circle is thereby indirectly closed for the 33-year-old, for, though Langner is a photographer, he has always enjoyed dealing with the pictures made by others – be it during his training as a media designer, during his first course of study in communication design or, currently, as a book designer at the renowned publishing house Steidl in Göttingen. We will, therefore, be seeing a lot by him in the future – however, it would be more than a shame if “Fries” were to remain his final self-authored photographic work. (dz)

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Fachhochschule Bielefeld
University of Applied Sciences Bielefeld

Tagtäglich werden wir auf Social Media und Shopping-Portalen mit Fotografien von meist sehr schönen Menschen überflutet. So geht es auch Stina Hellmann. Die Studentin der Alanus Hochschule in Bonn fragt sich beim Betrachten ihrer Smartphone-Timelines, wie groß der Druck dieser Menschen sein muss, ständig neuen Content erschaffen zu müssen, um die Follower und Abonnenten bei Laune zu halten. Gleichzeitig beschäftigte sie sich mit der Frage, die auch der Titel ihrer Arbeit ist: „What is Realness?“

Die 25-Jährige benutzte dafür Fotos, die speziell für die Verwendung auf Instagram angefertigt wurden. Es sind schöne, von Hautunreinheiten befreite und gefilterte, aber letztlich oberflächliche Frauenporträts. Diese Bilder lud sie in weitverbreitete Apps wie Photoshop Express, um mit den gleichen Werkzeugen, mit denen üblicherweise Pickel und Falten überdeckt werden, zusätzliche Irritationen zu erzeugen: ein zweiter Mund, ein drittes Auge oder Piercings im ganzen Gesicht. Mit der App Motion Portrait wiederum hauchte sie diesen nun gruseligen Schönheiten

Die Geister, die wir riefen

Leben ein: Frankensteins Monster erwacht zum Leben und hat gleich die Geister mitgebracht, die wir mit unseren Selfies riefen. Konsequenterweise präsentiert die gebürtige Sauerländerin ihre Arbeit nicht als Fine-Art-Prints im hübschen Holzrahmen, sondern als Loops auf iPhones, die sie an die Ausstellungswand hängt. Außerdem kann man sich die gesamte Arbeit auf seinem eigenen Smartphone anschauen – den QR-Code dazu liefert sie gleich mit. Allerdings will die Studentin, die nun in das fünfte Semester der Alanus Hochschule in Bonn kommt, dieses Social-Media-Phänomen vor allem beobachten und reflektieren und keinesfalls kritisieren. Sie selbst habe zwar einen eigenen Instagram-Account, nutze diesen aber nur zum Betrachten der Bilder anderer. Sie selbst habe noch kein einziges Foto gepostet: „Ich bin einfach nicht so gut darin“, sagt Hellmann und lacht dabei. (dz)

22
Hochschule, Bonn
Alanus

The We Summoned

ay after day, we are inundated on social media and in shopping portals with photographs of people who are mostly very attractive. This is likewise the experience of Stina Hellmann. When contemplating her smartphone timelines, the student at the Alanus University in Bonn wonders how great the pressure on these people must be to persuade them to constantly create new content, to keep followers and subscribers happy. Simultaneously, she is occupied with the question that is also her dissertation’s title:

“What is Realness?”

In this pursuit, the 25-year-old used photos that had been specially produced for use on Instagram. Free from skin impurities and filtered, these photos of women are, while attractive, ultimately superficial. She uploaded these images to commonly used apps such as Photoshop Express, in

order, using the same tools normally used to conceal spots and wrinkles, to generate additional flaws: a second mouth, a third eye or piercings right across the face. In turn, using the Motion Portrait app, she breathed life into these now hideous beauties: Frankenstein’s Monster awakens to life and has brought along the phantoms we summoned with our selfies. Consistently, the Sauerland native presents her work not in the form of fine-art prints in pretty wooden frames, but in loops on iPhones, which she hangs on the exhibition wall. In addition, viewers can look at the full work on their own smartphones – she delivers the QR code for this alongside. However, it is the primary intention of the student – now starting the fi fth semester at the Alanus University in Bonn – to observe and reflect on this social media phenomenon and in no way to criticize it. While she herself, she reports, has an Instagram account, she only uses it to look at other people’s pictures. She says she has never posted a single photo herself: “I’m just not that good at it,” Hellmann laughs. (dz)

23
Alanus University, Bonn
Stina Hellmann

Wem gehört die Stadt ?

24 Kunsthochschule für Medien Köln

Who Owns the City ?

Johann Husser
25 Academy of Media Arts Cologne

Häuserfassaden, Stahlbeton, Netze, Planen und Werbebanner. In seiner Serie „Proposal for a city“ beschäftigt sich Johann Husser mit Aspekten der Stadtentwicklung und ihrer fotografischen Repräsentation. In verschiedenen Formaten und auf unterschiedlichen Bildträgern treffen hier Baumaterialien und -Zustände aufeinander, die uns tagtäglich im Stadtbild begegnen. Dabei treten die spezifische Materialität und Haptik der einzelnen Fragmente in einen visuellen Dialog.

In den 3D-Visualisierungen der Bauzaunplanen bewohnen gerenderte, gesichtslose Figuren die Häuser der Zukunft. Hier lösen sich die idealisierten Visionen durch digitale Bearbeitungen in verschobene Perspektiven und verschwommene Nebel auf – und erscheinen plötzlich als brüchige Utopien. Der Modus des „Dekonstruierens“ wird Teil des künstlerischen Prozesses: Bauten und Banner werden fotografiert und mithilfe von Algorithmen neu zusammengesetzt, die Bearbeitungen im Bild dabei deut-

lich sichtbar gemacht. Sie imitieren die (offenen) Gebäudestrukturen und demaskieren gleichzeitig die „dokumentarische“ Abbildfunktion der Fotografien. Vom Stadtraum in den Bildraum: Die Baustelle erweist sich hier auf mehreren Ebenen als Ort der (De-) Konstruktion.

„Proposal for a city“ ermöglicht ein Nachdenken über urbane Räume. In welcher Form beeinflussen die omnipräsenten Um- und Neubauten unsere Interaktionen in und mit dem Stadtraum? Inwiefern prägen architektonische Strukturen und ihre stetige Transformation unsere Wahrnehmung und unser visuelles Gedächtnis? Nicht zuletzt eröffnet die Serie auch kritische Fragen, die der Bauboom und die zunehmenden Gentrifizierungsprozesse mit sich bringen: Wem gehört die Stadt, wer wird in ihr sichtbar, und wer kann sie mitgestalten? Husser studierte Raumplanung an der TU Dortmund sowie Fotografie an der FH Dortmund. 2022 schloss er sein Diplomstudium der Medialen Künste an der Kunsthochschule für Medien Köln ab. (db)

26
Kunsthochschule für Medien Köln

House façades, reinforced concrete, nets, tarps and promotional banners. In his series “Proposal for a city”, Johann Husser examines aspects of urban development and its representation in photographs. Here, in various formats and on different image carriers, encounters take place between construction materials and states we find in the city profile day to day. In the process, the individual fragments’ specific materiality and haptics enter into a visual dialogue.

In the 3D visualizations of fence tarpaulins, rendered, faceless figures reside in the future houses. Here, the idealized visions are dissolved by digital editing into shifted perspectives and swirling mist – and appear, all of a sudden, as brittle utopias. The mode of “deconstructing” is made part of the artistic process: buildings and banners are photographed and re-composited with the aid of algorithms; in the process, the editing steps are made clearly visible in the image.

They imitate the (open) building structures and, at the same time, unmask the photographs’ “documentary” illustrative function. From urban space into image space: in this context, the building site proves itself, on several levels, to be a place of (de)construction. “Proposal for a city” facilitates a rethink of urban spaces. In what form do the omnipresent conversions and new developments influence our interactions in and with the cityscape? To what extent do architectonic structures and their steady transformation shape our perception and visual memory? Not least, the series also lays open critical issues entailed by the construction boom and the increasing gentrification processes: Who does the city belong to, who gets seen in it, and who can help shape it? Husser studied spatial planning at TU Dortmund as well as photography at the University of Applied Sciences Dortmund. In 2022 he completed his diploma studies in Media Arts at the Academy of Media Arts Cologne. (db)

27
Johann
Academy of Media Arts Cologne
Husser

Zeitgenössische Künstler nutzen meist dezente Bilderrahmen für ihre Ausstellungen, denn ihre Arbeiten sollen bestenfalls von den Rahmen unterstützt, auf keinen Fall aber visuell überlagert werden. Für den privaten Gebrauch scheinen diese – im wahrsten Sinne des Wortes – Rahmen-Bedingungen hingegen nicht zu gelten und wer sich einmal auf die Suche begeben hat, wird von Geschmacklosigkeiten aller Art geradezu überschüttet. Da gibt es blinkende, barocke, pinke und neonfarbene Rahmen in Herz-, Haus- und Würfelform oder als Schneekugel und mit Lichterketten und Wäscheklammern ausgestattet. Eleonora Arnold kennt sie alle. Die 28-Jährige beschäftigt sich seit rund zwei Jahren in ihrer Serie „Frames & Displays“ mit kitschigen Bilderrahmen. Dabei sind die Objekte bei ihr nicht nur Halter und Präsentationshilfen, sondern werden selbst zu Akteuren für Fotogramme und Luminogramme. So hat Arnold in Schüttelrahmen je ein Blatt Fotopapier gelegt, es zwei Sekunden lang belichtet und entwickelt. Die roten Miniatur-Herzen und die weißen Plastik--Schneeflocken schweben nun vor einem Fotogramm ihrer selbst statt vor einem lustigen Familienfoto mit Hund, wofür sie eigentlich bestimmt waren. Ein anderer Bilderrahmen hat – man mag es kaum glauben – kleine LED-Lichter verbaut, deren Licht sich ebenfalls direkt in das von der Künstlerin platzierte Fotopapier eingeschrieben hat. Und bei wieder anderen Rahmen hat die gebürtige Wiesbadenerin die floralen Dekorationen abgebrochen und für Cyanotypien verwendet, die nun in den Rahmen selbst zu bestaunen sind. Die Bilderrahmen setzen sich also quasi selbst in Szene – und bekommen nun endlich in der Kunstwelt die Aufmerksamkeit, die sie seit Langem einfordern. (dz)

32
Bedingungen Folkwang Universität der Künste, Essen
Beste Rahmen

Top

Frame Conditions

Most often, contemporary artists use understated picture frames for their exhibitions, because ideally, their works are meant to be supported, but definitely not visually meddled with, by the frames. For private use, by contrast, these – in the truest sense – frame conditions seem not to apply: set off on a search and be practically overwhelmed by tackiness in all its forms. There are flashing, baroque, pink and neon-coloured frames in heart, house and dice shapes, or in the form of snow globes, and adorned with light chains and clothes pegs.

Eleonora Arnold knows them all. The 28-year-old has been dealing with kitsch picture frames for about two years in her series “Frames & Displays”. Along the way, the objects are not just holders and presentation aids in her project, but themselves become protagonists for photograms and luminograms. Arnold inserted a sheet of photographic paper into each shake frame, exposed it for two seconds, and developed it. The miniature red hearts and white plastic snow globes now float in front of photograms of themselves instead of the funny family & dog photos they were in fact intended for. Believe it or not, another picture frame comprises little LED lights, whose light has likewise directly become inscribed in the artist’s positioned photo paper. And with other frames, in turn, the Wiesbaden native broke off the floral decorations and used them for cyanotypes, which are now there to be admired in the frames themselves. The picture frames therefore show themselves off, so to speak – and now finally achieve the art-world attention they have long been clamouring for. (dz)

33
Eleonora Arnold
Folkwang University of the Arts, Essen eleonoraarnold.de

Unbekanntes

Unfamiliar
35 Terrain Territory Lea Franke

„Wir sind zwei moderne Hexen. Wir glauben, dass Wissenschaft und Magie sich nicht ausschließen, ganz im Gegenteil. Räuchern hilft uns immer und wir zelebrieren das gerne in der Natur mit einer kleinen Lebensspirale. Bei diesem Ritual waren wir außerdem an einem Bachlauf, den wir besungen haben und der uns geholfen hat, alles wegzuspülen.“

“We are two modern witches. We believe that science and magic are not mutually exclusive – not at all. Burning incense always helps us and we enjoy celebrating that outdoors with a small spiral of life. In addition, during this ritual we were by a running stream, which we celebrated in song and which helped us to wash everything away.”

Die Corona-Pandemie hat nicht nur für eine Digitalisierung des Unterrichts gesorgt, sondern auch so manchen Studenten aus seiner Komfortzone heraus, auf unbekanntes Terrain bewegt. So auch Lea Franke. Die heute 28-Jährige sah sich vor zwei Jahren mit der Tatsache konfrontiert, dass sie wegen des Social Distancings plötzlich keine Menschen mehr fotografieren konnte, was für sie eine mittlere Katastrophe bedeutete, da sie sich auf Porträts spezialisiert hatte. In ihrem Seminar wollte sie Menschen fotografieren, die sich mit Spiritualität beschäftigen, „aber niemand wollte sich mit mir treffen“, erinnert sie sich.

Also änderte Franke ihr Konzept und fotografierte zum ersten Mal überhaupt Landschaften, sogenannte Kraftorte, die in ganz Deutschland existieren. Eine völlig neue Erfahrung für die Studentin, und oft musste sie lange warten, bis die Orte menschenleer waren: „Teilweise gibt es dort einen richtigen Spiri-Tourismus, vor allem an besonderen Tagen wie der Sommersonnenwende.“

Als danach Porträts noch immer nicht möglich waren, entschied sie sich, im Internet Gegenstände wie Bergkristalle, Qigong-Kugeln, Räucherstäbchen und Tarotkarten zu kaufen und diese vor bunten Stoffen, wie sie unter Esoterikern sehr beliebt sind, zu fotografieren. Erst im dritten Anlauf gelang es ihr schließlich, Menschen bei ihren rituellen Handlungen zu porträtieren wie etwa bei einer Kerzenmeditation, bei Heilungsritualen oder beim Räuchern. Dass sie von jeder Person nur ein Foto für ihr Projekt mitgebracht hat, war aber ebenfalls eine neue Erfahrung für Franke, die Menschen meist über längere Zeiträume fotografisch begleitet. Für ihre eigene künstlerische Entwicklung war es wichtig, die Arbeit, die sie in einem Seminar an der FH Dortmund begonnen hat, selbstständig fortzuführen und zu beenden. „Im Seminar arbeiten immer ganz viele Menschen mit an einem Projekt. Das ist toll, aber auch anstrengend und kann erdrückend sein. Das alleinige Arbeiten an ‚Connected – Project About Spirituality‘ hat mir viel Selbstbewusstsein gegeben.“ (dz)

36
Fachhochschule Dortmund
37 Lea Franke
Felsenmeer, Hemer
University of Applied Sciences and Arts Dortmund
Klusberge, Halberstadt

The covid pandemic not only meant digital teaching, it also moved many a student out of the comfort zone, into unfamiliar territory. It moved Lea Franke as well. Two years ago, the now 28-year-old saw herself confronted with the fact that, owing to social distancing, she was suddenly unable to photograph people – a minor catastrophe for her, since she had specialised in portraits. In her study group, she intended to photograph people who deal in spirituality, “but nobody wanted to meet with me,” she recalls.

Therefore, Franke altered her concept and, for the first time ever, photographed landscapes – so-called power places, which exist all over Germany. It was a completely new experience for the student, and often she had to wait a long while for the places to be deserted: “There’s real spiritual tourism there sometimes, especially on special days like the summer solstice.”

When portraits continued to be impossible after that, she decided to purchase objects such as mountain crystals, qi gong balls, incense sticks and tarot cards online, and take photographs of them against colourful fabrics of the kind very popular among esoteric people. Only at the third attempt did she finally manage to take portraits of people going about their rituals – meditating by candlelight, for instance, or performing healing acts or burning incense. Bringing along just one photo of each person for her project, though, was likewise a new experience for Franke; she usually photographically accompanies people over longer periods.

For her own artistic development, it was important to continue and complete the work she had begun in a study group at FH Dortmund by herself. “In the study group, a whole lot of people always collaborate on one project. That’s great, but also an effort and it can be overwhelming. Working on my own on ‘Connected – Project About Spirituality’ gave me lots of self-confidence.” (dz)

38
Fachhochschule Dortmund
Titan Aura Quarz
39 Lea Franke
University of Applied Sciences and Arts Dortmund
Equilibrium B79

In seiner Serie „Assuming Control“ untersucht Max Dauven Online-Memes. Diese zirkulieren als Bilder, Bild-Text-Kombinationen oder Videos im Internet, wo sie als kollektives und partizipatorisches Kommunikationsmittel kontinuierlich versendet, kopiert, manipuliert und umgedeutet werden. Als teilnehmender Beobachter verbrachte der Künstler viele Stunden in Sozialen Medien und Internetforen, um den Mechanismen und Dynamiken der fluiden Inhalte auf den Grund zu gehen.

In seinen Arbeiten nutzt Dauven spezifische Elemente aus Memes, um so eine Art visuelles Lexikon ihrer charakteristischen Codes und Formen zu erschaffen. Im fotografischen Prozess kehrt er ihre Entstehungsmechanismen dabei in gewisser Weise um: Anstatt diese einfach digital zu erstellen oder zu bearbeiten, löst er die einzelnen Versatzstücke aus ihren Kontexten, setzt sie in aufwändig inszenierten Arrangements physisch im Studio neu zusammen und hält diese fotografisch fest. Die spezifische Ikonografie und Ästhetik der Memes, die wir in der Regel in niedriger Auflösung auf kleinformatigen Bildschirmen wahrnehmen, erscheinen nun verfremdet und überdimensioniert im Raum. In den einzelnen Arbeiten treffen wiederkehrende Referenzen, beispielsweise sogenannte „Glowing Eyes“, in unterschiedlichen Kombinationen aufeinander und erzeugen so neue (Symbol-) Bilder. Auch die Hängung und Anordnung der sieben Arbeiten verweist auf ein spezifisches Meme („loss.jpg“).

Als analytisch-spielerische Untersuchung vernetzter Kommunikationspraktiken und -kulturen bewegt sich die Diplomarbeit an den Grenzen von Onlineund Offline-Räumen, zwischen analoger und digitaler Fotografie. Einige Bilder wecken bei Betrachter:innen gewisse Assoziationen, andere sind kaum – oder nur mit dem nötigen Insiderwissen – zu entschlüsseln. (dz)

What (do) you think it Memes?

In his series “Assuming Control”, Max Dauven examines online memes. These circulate in the form of images, image-text combinations or videos on the Internet, where – being collective and participatory means of communication – they are continuously sent, copied, manipulated and interpreted. As a participating observer, the artist spent many hours on social media and Internet forums, getting to the bottom of the mechanisms and dynamics of content in flux. In his works, Dauven uses specific elements from memes, in order thus to create a kind of visual lexicon of their characteristic codes and forms. In doing so, during the photographic process he inverts their origination mechanisms, in a way: instead of simply creating or editing these digitally, he detaches the individual movable pieces from their contexts, physically recomposes them in elaborately staged arrangements in the studio, and captures these in photographs. The memes’ specific iconography and aesthetics, which we usually perceive in low resolution on small monitors, now appear alienated and oversized in the room. In the individual works, recurring references, so-called “glowing eyes”, for example, clash in different combinations and thus generate new (symbolic) images. The hanging and order of the seven works also refers to a specific meme ( „loss. jpg“).

As a playfully analytical examination of networked communication practices and cultures, the diploma project moves on the boundaries of online and offline spaces, between analogue and digital photography. Some images awaken certain associations among beholders, while others are barely decipherable – or are legible only to those with the necessary insider knowledge. (dz)

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assuming-control.de Kunsthochschule für Medien Köln
Max Dauven Academy of Media Arts Cologne

Utopie als Prozess

Für ihr Projekt „Y-Topia“ begleitet Jana Bauch seit 2021 eine Gruppe von Aktivist:innen, die im Rheinischen Braunkohlerevier für Klimagerechtigkeit und gegen kapitalistische Ausbeutung kämpft. An der Abrisskante des Tagebau Garzweiler II stellen sich Robin, Indigo und Wanja der vom Energiekonzern RWE geplanten Rodung der Wälder und dem Abriss zahlreicher Dörfer entgegen. In einem selbstgebauten Baumhausdorf im Wald und auf dem Hof des letzten Anwohners Lützeraths haben sie die Besetzungen „Unser aller Wald“ und „Lützerath lebt“ eingerichtet. Hier werden nicht nur Protestaktionen organisiert, sondern auch solidarische und ökologisch nachhaltige Lebenskonzepte erprobt, patriarchale und kapitalistische Strukturen kritisiert und Geschlechterrollen und -identitäten im Alltag neu verhandelt. Wie wollen wir in Zukunft leben und wie funktioniert das, sozial- und klimagerecht in einer großen Gemeinschaft?

Die Bilder sprechen vom gegenseitigen (Kompetenz-) Austausch, von Selbstermächtigung und vom Zusammenhalt. Gleichzeitig zeigen sie die anstrengende, belastende Lebensrealität auf, die mit dem aktivistischen Einsatz und dem Leben in freier Natur verbunden ist: Es ist kalt, es gibt keinen Rückzugsort und die Gefahr von Räumungen durch die Polizei ist allgegenwärtig. Ihr Aktivismus führt die drei Protagonist:innen Anfang 2022 nach Puebla in Mexiko, wo sie gemeinsam mit den „CompañerXs“ gegen die Unterdrückung und Ausbeutung des globalen Südens und für indigene Selbstbestimmung auf die Straßen gehen.

„Y-Topia“ zeichnet ein sensibles Porträt einer Gruppe junger Menschen, die sich für gesellschaftlichen Wandel und Gerechtigkeit einsetzt. Bauch bringt Außenstehenden Ziele und Vorstellungen dieser „Generation Y“ näher und vermittelt ein eindringliches Bild der fortschreitenden landschaftlichen und kulturellen Zerstörung im Rheinland, ein Bild, das erneut deutlich macht: Die Klimakatastrophe betrifft uns alle. Jetzt ist der Zeitpunkt, ihr entschieden entgegenzutreten.

Das andauernde Projekt, mit dem Jana Bauch 2021 ihren Master abschloss, wurde 2022 mit dem Dokumentarfotografie-Förderpreis der Wüstenrot Stiftung ausgezeichnet. (db)

Hochschule Düsseldorf / Peter Behrens School of Arts

Jana Bauch

Utopia as Process

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Hochschule Düsseldorf / Peter Behrens School of Arts

Since 2021, for her project “Y-Topia”, Jana Bauch has been accompanying a group of activists who are fighting for climate justice and against capitalist exploitation in the Rhineland’s brown coal sector. At the tear-off edge of the Garzweiler II opencast mine, Robin, Indigo and Vanja are taking a stand against the clearing of forests and the demolition of numerous villages planned by the energy concern RWE. In a self-built treehouse village in the forest and on the yard of the last local resident Lützerath, they have established the “Forest for All” and “Lützerath Lives” occupations. Here, not only are protest measures organized, but solidary and ecologically sustainable living concepts are being tried out, patriarchal and capitalist structures criticized, and gender roles and identities renegotiated in everyday life. How do we want to live in the future and how can it work, under the prevalence of social and climate justice in one big community?

The images speak of mutual exchange (of skills), of self-empowerment and cohesion. Simultaneously, they highlight the strenuous, burdensome life reality that is associated with activist engagement and living outdoors: it is cold, there is no refuge and the risk of clearances by the police is ever-present. In early 2022, their activism took the three protagonists to Puebla in Mexico, where together with the “CompañerXs” they took to the streets against the oppression and exploitation of the Global South and in support of indigenous self-determination.

“Y-Topia” draws a sensitive portrait of a group of young people committed to societal transformation and justice. Bauch familiarizes outsiders with the goals and ideas of “Generation Y” and conveys a haunting image of the advancing destruction of landscape and culture in the Rhineland, an image which once again makes one thing clear: the climate catastrophe affects us all. Now is the time to take decisive action against it.

The ongoing project, with which Jana Bauch completed her Master in 2021, was distinguished with the Wüstenrot Foundation Documentary Photography Award in 2022. (db)

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Jana Bauch

Abrasionen des Ichs

Bereits seit 2019 ist Katharina Ley „auf der Suche nach der Eigenbildlichkeit des Fotografischen“ und stellt dabei die Frage nach dem fotografischen Abbild und der Fotografie selbst, also dem Trägermaterial, auf das wir schauen und das wir meist gar nicht als solches wahrnehmen. Dabei ist sie auf Schleifpapier als Werkzeug gestoßen, mit dem sie Fotografien bearbeitet und letztlich stückund schichtweise abträgt, so dass nur noch das darunterliegende Trägermaterial sichtbar wird und bleibt. Auf den Betrachter wirken diese Abrasionen – der Begriff stammt aus der Medizin und meint die Abnutzung der Zahnsubstanz – zunächst, als hätte Ley das Foto durch eine zerkratzte Glasscheibe aufgenommen, oder wie eine geisterhafte Langzeitbelichtung. Es ist ein Wechselspiel zwischen Verbergen und Sichtbarmachen, in dem beide Begriffe nicht mehr eindeutig zu definieren sind.

Auf den Höhepunkt getrieben hat es die heute 28-Jährige 2020 mit ihrer vierteiligen Schwarzweiß-Reihe „Ohne Titel (Selbst mit Schleifpapier)“. Darin sehen wir Ley, wie sie mit beiden Händen einen etwa buchgroßen Gegenstand hält und diesen scheinbar über die tatsächliche Oberfläche des Bildes reibt. Wie der Titel verrät, handelt es sich dabei um ein Stück Schleifpapier und im Laufe der Serie kratzt dieser einen Großteil der Bildoberfläche ab – und zwar nicht nur metaphorisch, ganz praktisch und physisch löst sich nicht nur das Bild, sondern auch die Fotografie selbst auf, wird zerstört und abgetragen. Wir sehen Kratzer und Schleifspuren, die in der reproduzierten Form in diesem Magazin nicht die wirkliche Tiefe wiedergeben können wie auf dem Original, das produktionsbedingt ein Unikat ist. Was dennoch sehr gut vermittelt werden kann, ist das langsame, stoische, aber stetige Auslöschen der Künstlerpersönlichkeit durch die eigene Hand beziehungsweise das Verschwinden der Künstlerin hinter ihrem Werk. Im Spiel mit ihr wird die Fotografie als Abbild und als Trägermaterial intelligent und zugleich ästhetisch reflektiert. Wir dürfen gespannt auf mehr sein. (dz)

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Folkwang
Universität der Künste, Essen

Abrasions of the Ego

Since 2019, Katharina Ley has been “searching for the self-imagery of the photographic”, raising as she does so the question of the photographic depiction and of the photograph itself, therefore the supporting material we look at but usually fail to perceive as such. Along the way, she came across sandpaper as a tool, which she uses to work on photographs and ultimately to remove them piece by piece and layer by layer, with the result that only the underlying supporting material becomes and remains visible. These abrasions – the term comes from medicine and means wear on the tooth enamel – initially give the beholder the impression that Ley has taken the photo through a scratched glass pane, or as a ghostly long exposure. It is an interplay between concealing and making visible, in which both concepts can no longer be clearly defined.

Ley, now aged 28, reached the point of culmination in 2020, with her four-part black-and-white series “Untitled (Self with Sandpaper)”. In it, we see Ley holding an approximately book-sized object and seemingly rubbing it over the actual surface of the picture. As the title reveals, this object is a piece of sandpaper and, as the series progresses, it scratches off a major part of the image surface – and indeed not only metaphorically, but entirely practically and physically until not only the image, but the photograph itself is dissolved, is destroyed and worn away. We see scratches and traces of abrasion, which in their reproduced form in this magazine cannot recreate the true depth as experienced in the original, which due to its making is a unique piece. What, however, can be carried across very effectively is the slow, stoic, but steady extinction of the artist personality by her own hand, respectively the artist’s vanishing behind her work. In interaction with her, the photograph as a depiction and as a supporting material is reflected intelligently and simultaneously aesthetically. We can rightly look forward to more. (dz)

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Katharina Ley
Folkwang University of the Arts, Essen

„Für mich war Kunst nie etwas Heiliges“

Dana Bergmann und Damian Zimmermann sprechen mit dem Publizisten und Kuratoren

Klaus Honnef (82) über die Unterscheidung in E- und U-Kultur, die große Ernsthaftigkeit an den heutigen Hochschulen und darüber, warum früher manches einfacher war.

Dana Bergmann: Herr Honnef, wie haben Sie die Pandemie erlebt? Ihnen wurde ja auch in vielerlei Hinsicht die Basis für Ihre Arbeit entzogen.

Mit dem zunehmenden Alter und einigen gesundheitlichen Problem bei meiner Frau und mir und dann auch wegen der Pandemie bin ich zuletzt nur wenig in Ausstellungen gegangen. Das Fatale ist, dass man zwar immer schreibt, man bräuchte Kunst zum Leben … (lacht) Das ist aber nicht so ganz wahr. Ich habe hingegen unheimlich viel gelesen.

Damian Zimmermann: Die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig die Kultur ist – selbst, wenn ich den ganzen Tag Netflix schaue, ist das ja Kultur. Die Bedeutung von Kunst hat hingegen eher gelitten. Ich bin nach dem Lockdown auch nicht als erstes ins Museum gerannt.

Natürlich. Ich gehöre zu einer Generation, die zutiefst bürgerlich und zugleich antibürgerlich ist. Das ist unser Widerspruch. Und diese bürgerliche Unterscheidung zwischen hoher und niederer Kunst steckt in uns drin. Ich habe mich immer für die niedere Kunst interessiert, vielleicht weil ich vergnügungssüchtig war, aber vielleicht auch aus Protest gegen das Kaiser-Karls-Gymnasium in Aachen, auf das ich ging, und auf sein humanistisches Weltbild. In den 1950er-Jahren gab es aber auch nicht sehr viel an Vergnügen, und in dieser Zeit habe ich das Kino für mich entdeckt. Manchmal haben mein Freund Rainer und ich die Schule geschwänzt und an einem Tag drei Filme geschaut. Und was ich gehasst habe, waren von Anfang an die Kunstfilme. Nicht die Experimentalfilme, die liefen ja nicht im Kino. Aber Filme wie „Der Rest ist Schweigen“ von Helmut Käutner oder „Richard III.“ von Laurence Olivier und solche anspruchsvollen Sachen. Ich habe dann lieber John Wayne in einem Western gesehen (lacht). Ich mag bis heute nicht diese Unterscheidung in E und U, also ernste und Unterhaltungskultur. Schmeißt die E-Kultur endlich auf den Müll. Kultur ist Kultur, und da gibt es schlechte Werke und es gibt blendende Werke. Das ist alles!

DZ: Sie haben mal gesagt, dass Sie keine Fotografie mögen, die unbedingt Kunst sein will. Da gibt es offensichtlich eine Parallele.

Für mich war Kunst nie etwas Heiliges. Diese Sicht teile ich mit Max Ernst. Wenn Kunst wie eine Monstranz vor sich hergetragen wird … ich kann es nicht sehen. Ich kriege die Krätze, wie man früher gesagt hätte. In der Zeit, in der ich die Fronten vom Kritiker zum Kurator wechselte, war alles im Umbruch, und es war wirklich alles möglich, und jeder konnte machen, was er wollte. Das heißt, dass auch nicht gefragt wurde, ob je-

Foto: Damian Zimmermann

mand ein Examen und einen Doktortitel hat. Wenn jemand wie ich aus dem Journalismus kam und dann noch einen Kunstverein mitbegründet und erfolgreich geführt hat, war alles möglich. Erfolg war der eigentliche Gradmesser. Viele sogenannte Außenseiter sind damals in Erscheinung getreten. Rolf Wedewer war Filmjournalist und Karl Ruhrberg war wie ich Sport- und Theaterjournalist. Diese Leute hatten von Beginn an eine ganz andere Haltung. Wir haben zwar alle Kunst ernst genommen, aber auch andere Kunst als nur die bürgerliche. Es war die große Zeit der Avantgarde und deshalb fiel ich nicht weiter auf (lacht).

DZ: Ich beobachte heute an den Hochschulen einen sehr großen Ernst und einen Wechsel, was die Besetzung der Führungspositionen an den Ausstellungshäusern für Fotografie angeht. Früher waren es oft aktive Fotografen, die die Leitung übernommen haben. Heute kommen sie eher aus der Theorie. Das hat sicher Vorteile, aber manchmal fehlt mir eine Verbindung zu einer gewissen Basis, was es schwer macht, das Publikum abzuholen. Ich weiß aber auch nicht, ob das Publikum in den 60er- oder 70er-Jahren weniger Berührungsängste gegenüber der Kunst hatte.

Naja, das war in gewisser Weise schon anders. Zeitgenössische Kunst war noch nie so populär wie heute. Wenn wir damals Performance oder Minimal Art gezeigt haben, wurden wir als mutig bezeichnet. Und heute kommt kaum eine Kritik ohne das Wort „konzeptuell“ aus. Ich gehöre ja zu den Promotoren der Konzeptkunst, und das waren damals maximal 100 Leute auf der ganzen Welt, die sich für den Kram interessierten. Keiner von uns hätte sich vorstellen können, dass Lawrence Weiner zum Weltstar oder dass alles, was Douglas Huebler schuf, relativ rasch gekauft wird. Und selbst beim sehr schwierigen Joseph Kosuth –wenn er eine Retrospektive hat, berichtet sogar das Fernsehen darüber.

DB: Kunst ist total in geworden. Das sieht man schon an der Menge der Leute, die Kunstgeschichte studieren. Das gilt genauso für die Fotografie. Wegen des Smartphones denkt jeder, dass er mit dem Medium etwas anfangen kann.

DZ: In den Medien wird heute aber doch eher weniger über Kunst berichtet. Kunstkritiken in den Tageszeitungen gibt es heute auch fast gar nicht mehr, und berichtet wird meist nur dann, wenn es Blockbuster-Ausstellungen sind oder bei Auktionen Rekorderlöse erzielt werden.

Der Diskurs hat sich völlig gewandelt. Warum ist Kunst populär? Sie bringt Spektakel, sie bringt etwas Neues und sie hat den Charme des Geldes – das darf man

nicht vergessen. Man kann heute also kompetent über Kunst reden, ohne in die Geheimnisse der Mechanismen der Kunst einzudringen. Und es ist, wenn Sie so wollen, auch ein demokratisches Prinzip. Wir haben die Kunst damals noch für elitär gehalten und wollten durch sie die Welt besser verstehen, also Bewusstsein schaffen für die Zusammenhänge dessen, was wir erleben. Dieser Dünkel ist vorbei. Ich glaube nicht, dass das Interesse an einer ernsthaften Auseinandersetzung mit der Kunst quantitativ gesunken ist. Ich glaube, es lesen noch immer so viele Leute Kunstkritiken wie früher. Nur hat sich das ganze System verändert. Früher fanden die Kunstkritiken fast ausschließlich in den Tageszeitungen statt und keine noch so kleine Zeitung hätte gewagt, einen Volontär zu einer Kunstausstellung zu schicken. Heute gibt es die Kunstkritik kaum noch in den Zeitungen, genauso wie es Zeitungen kaum noch gibt. Dafür gibt es zahlreiche Magazine, gedruckt wie online.

Das Interesse an der Beschäftigung mit Kunst anhand von Lektüre ist nicht geringer geworden, es hat sich nur verlagert. Es ist aber so, dass sich der Diskurs im harten Kern des Kunstzirkels total verändert hat –da wird eigentlich kaum noch über Kunst diskutiert, sondern über das Geld. Wir hingegen haben uns damals wirklich über künstlerische Fragen unterhalten und gestritten. Das war sehr intensiv und manchmal auch richtig heftig, es kam vor, dass jemand sauer wurde und verschwand. In dem Maße und in der Intensität gibt es das heute nicht mehr.

DB: Das glaube ich auch. Wann wird denn schon mal eine Ausstellung verrissen? Es wird ja immer nur noch beschreibend über Ausstellungen berichtet.

DZ: Loben ist einfacher und wer kritisiert, macht sich selbst zum Ziel der Kritik. Der Galerist Julian Sander hat kürzlich gesagt, dass niemand als blöd dastehen will, und deshalb gehen viele erst gar nicht in Galerien oder man unterhält sich möglichst unverfänglich über Kunst, weil man ansonsten Gefahr läuft, dass andere erkennen, dass man keine Ahnung hat.

DB: Das ist bei der Kritik doch genauso. Du kannst nur Kritik äußern, wenn du möglichst viel weißt, denn wie sollst du sonst eine Gegenthese formulieren?

Ich glaube nicht, dass die Kritiker damals mehr gewusst haben (lacht). Als ich anfing, Kritiken zu schreiben, war der Verriss die übliche Methode, also der Verriss dessen, was neu aufkam. Andererseits gab es auch das, was ich die „empathische Kritik“ genannt habe, also aus der Sicht der Künstler zu schreiben und deren Vorstellungen dem Leser nahezubringen. Das

war dann zwangsläufig positiv. Eine Form der affirmativen Kritik, die dennoch kritisch war gegenüber gesellschaftlichen Institutionen wie Museen und einer Öffentlichkeit, die diese Kunst meist ablehnten. Wir haben dann denjenigen, die sich sozusagen den Verriss zum Konzept gemacht haben, lustvoll vorgehalten, wie sich die Kunstkritik immer wieder geirrt hat. Wobei das auch gar nicht immer stimmte. Manchmal waren die Verrisse deutlich näher am Gegenstand als die Lobeshymnen im Aufbruch der Avantgarde. Dieser Stachel, den wir gesetzt haben, hat wohl auch den Eindruck hinterlassen, dass man sich um keinen Preis blamieren möchte – wie Sie es gerade geschildert haben. Aber es kommt noch etwas hinzu: Wir hatten damals ja noch relativ verbindliche Kriterien.

DB: Sie waren 1980 der erste Professor für die Theorie der Fotografie. Jetzt, 40 Jahre später, hatten Sie während der Pandemie an der FH Dortmund einen Lehrauftrag im Masterstudiengang Photographic Studies. Was haben Sie dort genau gemacht? Und was hat sich verändert?

Ich habe den Eindruck, dass die Studenten ernsthafter und kompetenter geworden sind. Sie wissen, worum es geht. Sie wissen auch, dass es schwierig ist, sich mit dem Studium eine berufliche Existenz aufzubauen. Das war früher anders. Damals kamen und gingen sie, wie sie wollten, und waren auch nicht besonders kooperativ. Ich hatte den Eindruck, dass viele aus dem Bereich der Kunstfotografie zu mir kamen, um von mir zu profitieren und zum Weltruhm geliftet zu werden. Ich war ja nun einmal Museumsdirektor.

Eigentlich wollte ich gar nicht mehr unterrichten, aber Prof. Dirk Gebhardt hat mir so unverschämte Komplimente gemacht, da konnte ich nicht widerstehen (lacht). Zudem hatte ich völlig freie Hand bei der Ausgestaltung. Ich hatte mir vorgestellt, Kriterien zu entwickeln, und habe im ersten Semester gewisse Komplexe zusammengefasst und dargestellt. Leider bin ich ein technischer Idiot und konnte das online nicht entsprechend visualisieren. Ich war da also auf meine Worte allein angewiesen. Im zweiten Semester war das besser, weil mir einige Studenten dabei geholfen haben. Da habe ich etwa 25 Fotografen aus der Geschichte in den Mittelpunkt gestellt, die ich für heute entscheidend halte. Ich habe versucht, mit Hilfe von Bildern klarzumachen, warum sie so wichtig sind und wieviele von den Fotografien dieser Leute heute noch in unseren Köpfen stecken, oft ohne dass man es weiß. Und vor allem, dass man das wissen muss, wenn man künstlerische Fotografie studiert, weil man sonst nur das produziert, was schon dagewesen ist.

DB: Sie haben also Grundlagenwissen vermittelt.

Ja, ich bin sehr für eine Grundlagenforschung, auch gerade bei Bildern. Aus einem einfachen Grund: Bilder regieren uns, ohne dass wir wissen, wie Bilder in unserem Hirn funktionieren. Und es gibt dazu kaum Literatur – weder in der Psychologie noch in der Ästhetik. Die Neurobiologie hat da eine gewisse Forschung geleistet, aber auch sehr viel Unsinn produziert. Im Grunde sind wir noch immer bei László Moholy-Nagys These, dass wir alle Analphabeten sind im Bezug auf Bilderwissen. Ich finde deswegen das Buch „Das Leben der Bilder“ von W. J. T. Mitchell sehr wichtig. Es ist sehr theoretisch, sehr anschaulich und auch sehr anregend, aber es müsste nun auch in die Praxis umgesetzt werden und jungen Leuten die Fähigkeit vermitteln, Bilder herzustellen, die das alles beinhalten. Das Schwierige dabei ist, dass es einfach sein muss, damit es in die Köpfe der Leute hineinkommt. Es geht um den Doppeleffekt, den Bilder haben. Bilder sind fast immer dialektisch. Bilder sind Bilder und Texte zugleich, wie auch umgekehrt. Dieses merkwürdige Konglomerat, das alle Welt benutzt. Künstler versuchen hier immer wieder einzugreifen, und in der Fotokunst sehe ich auch verheißungsvolle Momente, aber das ist alles viel zu speziell und mit wenig Bezug zum Alltag der Menschen.

DZ: Oft habe ich das Gefühl, dass Kunst nur für andere Künstler produziert wird, weil die das verstehen, andere Leute werden aber nicht mehr abgeholt.

Das ist diese Kunstfrage, die mich so stört. Als ich als Filmkritiker anfing, galt Alfred Hitchcock als bloßer Thriller-Regisseur. Heute gilt sein „Vertigo“ unter Kritikern als der beste Film aller Zeiten. Zu meinen Kriterien gehört durchaus auch das Vergnügen, das man bei der Beschäftigung mit Kultur haben kann. Vergnügen hat mein Denken vielleicht mehr verändert als tiefe philosophische Texte. An Hegels Ästhetik bin ich elendig gescheitert. Ich hatte es mal als Urlaubslektüre dabei – das war ein fataler Fehler.

anything sacrosanct”

Dana Bergmann and Damian Zimmermann speak with the publicist and curator Klaus Honnef (82) about the distinction between S-culture and E-culture, the great profundity found at today’s universities, and about why some things used to be simpler.

Dana Bergmann: Herr Honnef, what was your experience of the pandemic? After all, the basis for your work was taken away, in many respects.

With advancing age and with me and my wife suffering a number of health problems and then because of the pandemic as well, I’ve only gone to exhibitions a few times lately. The awkward thing is, though we’re always writing you need art to live... (laughs) That’s not entirely true. I have been doing an incredible amount of reading, however.

Damian Zimmermann: The pandemic has demonstrated how important culture is – even if I do spend all day watching Netflix, that’s culture. The importance of art, on the other hand, has taken a bit of a dent. Dashing into a museum wasn’t the first thing I did either, after lockdown.

Of course. I belong to a generation that is profoundly bourgeois and simultaneously anti-bourgeois. That’s the contradictory thing about us. And this bourgeois distinction between high and low art is wired into us. I’ve always been interested in low art, maybe because I was addicted to fun, but maybe also out of protest against the Kaiser-Karls-Gymnasium in Aachen, where I went to school, and its humanist worldview. There wasn’t a lot of fun to be had in the 1950s, though, and that’s when I discovered cinema. Sometimes my friend Rainer and I would play truant and watch three films in one day. And what I hated, from the start, were art films. Not the experimental films – those didn’t get shown at the cinemas. But films like “The Rest is Silence” by Helmut Käutner or “Richard III” by Laurence Olivier and sophisticated things like that. I preferred seeing John Wayne in a Western (laughs). To this day I dislike this distinction between S and E, between Serious and Entertainment culture. Throw away the E- culture and be done with. Culture is culture, and there are works that are poor and there are works that dazzle. That’s all there is!

DZ: You once said you didn’t like any photography that was determined to be art. There is obviously a parallel there.

For me, art was never anything sacrosanct. I share this view with Max Ernst. When art is carried forth like a monstrance… I can’t watch. I get all itchy, as we might have once said. At the time I changed fronts from critic to curator, everything was in turmoil, and every conceivable thing was possible, and everyone could do what they liked. That also means nobody ever asked whether someone had passed an exam and earned a doctorate. When someone like me came out of journalism and then founded an art society and successfully managed it, anything was possible. The only yardstick was success. Many so-called outsiders emerged at that time. Rolf Wedewer was a film journalist and Karl Ruhrberg, like me, was a sport and theatre journalist. These people had an entirely different approach from the start. We took all art seriously, but different art as well to just the bourgeois kind. It was the heyday of the avantgarde and that’s why I never got noticed. (laughs)

DZ: Nowadays in higher education I’m observing extreme earnestness and a change in the way management positions are filled at institutions that exhibit photography. It often used to be active photographers who took on the management. These days managers tend to have theoretical backgrounds. I’m sure that’s got its advantages, but sometimes I see a lack of any connection to a certain basis, which makes it difficult to meet the audience halfway. Though I also

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“For me, art was never

don’t know whether the audience had fewer reservations about art in the 60s or 70s. Well, it was different in some ways. Contemporary art is more popular now than ever before. Whenever we exhibited Performance or Minimal Art back then, we were described as bold. And these days, hardly any critique can get by without the word “conceptual”. As you know, I’m one of the promoters of concept art, back then there were 100 people in the whole world, at most, who took any interest in the stuff. None of us could have imagined that Lawrence Weiner would become a global star or that everything Douglas Huebler created would get bought relatively fast. And even with the very heavy-going Joseph Kosuth –when he’s got a retrospective, even the television reports on it.

DB: Art is totally in now. You can see that by the number of people studying art history. The same goes for photography. Because of smartphones, everyone thinks they can get involved in the medium.

DZ: We aren’t hearing much about art in the media these days, though. Art critiques have also almost vanished from newspapers, and usually we only get to hear about blockbuster exhibitions or record-breaking auction proceeds.

The discourse has undergone a total transformation. Why is art popular? It brings spectacle, it brings something new and it has the allure of money – we mustn’t forget that. So nowadays, it’s possible to talk competently about art without delving into the mysteries of its mechanisms. And it is also, if you like, a democratic principle. In the past, we still believed art to be an elite thing and sought to use it as a way of understanding the world better, raising awareness of the nexuses of what we experience. That conceit is gone. I don’t believe that interest in serious engagement with art has lessened quantitatively. I believe that as many people read art critiques nowadays as before. It’s just that the system has changed. Once upon a time, art critiques were almost exclusively published in newspapers and no newspaper, be it ever so minor, would have dared send a trainee to an art exhibition. Nowadays, art critiques in newspapers are a rarity, exactly the way newspapers are a rarity. Though there are plenty of magazines, in print and online. Interest in engaging with art based on reading has not dwindled, it has merely relocated. It’s true, though, that the discourse within the hard core of the art circle has totally changed – in actual fact, the discussion rarely turns on art these days, but on money. We, on the other hand, used to really talk about and argue over artistic matters. It was very intense and things got quite fierce sometimes, you’d have somebody taking offence and storming off. You don’t see anything of that degree and intensity these days.

DB: That’s what I think too. When do exhibitions ever get critically savaged? Reports on exhibitions are just getting more and more descriptive.

DZ: Dispensing praise is easier and if you criticize, you put yourself in the crosshairs of criticism. The gallerist Julian Sander recently said that nobody wants to look stupid, and that’s why many people don’t even go into galleries in the first place. Or you keep conversations about art as innocuous as possible, because otherwise you run the risk of other people spotting you’ve got no idea.

DB: And it’s exactly the same with criticism. You can only express criticism if you know as much as you possibly can, because how can you be expected to formulate a counter-thesis otherwise?

I don’t believe critics knew more back then. (laughs) When I started writing critiques, savaging was the usual method, so you savaged things that were new and emerging. On the other hand, there was what I dubbed “empathic critique”, which is writing from the artists’ viewpoint and familiarizing readers with their ideas. That was inevitably positive. It was a kind of affirmative criticism, which was, however, critical towards society’s institutions, such as museums, and a public sector that generally rejected the relevant art form. We enjoyed remonstrating with people who made savaging a concept, so to speak, about how art criticism kept making mistakes over and over. Although that wasn’t always true. Sometimes, the savagings were considerably closer to the topic than the choruses of praise that ushered in the avantgarde. That sting we planted probably also left behind the impression that we were determined not to make fools of ourselves – as you described it a moment ago. But there’s another thing to consider, too: We still had relatively binding criteria back then.

DB: In 1980, you were the first Professor of Photography Theory. Now, 40 years later, you taught on the Master of Photographic Studies course at the University of Applied Sciences Dortmund during the pandemic. What did you do there, exactly? And what has changed?

It is my impression that students have become more serious and competent. They know what it’s about. They also know that it is difficult to build up a professional existence through studying. That used to be different. In the past, students came and went as they pleased, and weren’t especially cooperative either. I had the impression that many came to me from the field of art photography in order to benefit from my wisdom and be elevated to world fame. When I was just a museum director, you know.

In actual fact, I never even intended to teach again, but Prof. Dirk Gebhardt paid me such outrageous compliments that

I couldn’t resist (laugh). What’s more, I had completely free rein when it came to lesson planning. I had imagined developing criteria, and put together and presented certain sets in the first semester. Unfortunately, I’m a technological idiot and was unable to visualize that accordingly online. So I was reliant on my words alone. In the second semester it was better, because a few students helped me with it. There, I placed the focus on about 25 photographs from history which I consider to be crucial for today. Using images, I tried to explain why they are so important and how many of the photographs of these people are still in our heads, often without our being aware of it. And above all, that you need to know it when you’re studying artistic photography, because otherwise you’ll just be producing things that have gone before.

DB: You taught basic knowledge, then. Yes, I’m very much in favour of fundamental research, precisely for images too. For a simple reason: images govern us, without our being aware of how images function in our brain. And there’s hardly any literature on that subject – either in psychology or in aesthetics. Neurobiology has delivered a certain amount of research on it, but it’s produced a lot of nonsense too. Basically, we’re still at László Moholy-Nagy’s theory that we are all illiterate in reference to visual knowledge. That’s why I think the book, “What Do Pictures Want?” by W.J.T. Mitchell is very important. It is very theoretical, very descriptive and also very stimulating, but now it also needs to be put into practice and young people need to learn the skill of producing images that comprise all that. The difficult thing here is that it needs to be simple, so that it gets into people’s heads. It’s about the twofold effect that images have. Images are nearly always dialectic. Images are images and texts simultaneously; the same applies vice-versa. This remarkable agglomeration, used by all the world. Artists repeatedly try to intervene here, and I also see promising elements in photo art, but that is all too specific and bears little relation to people’s everyday lives.

DZ: I often have the feeling that art only gets produced for other artists, because they understand it, but other people are no longer being met halfway. That’s that art question that bothers me so much. When I started out as a film critic, Alfred Hitchcock was regarded as a mere director of thrillers. Today, his “Vertigo” is regarded among critics as the best film of all time. One of my criteria is absolutely the pleasure one can have when engaging with culture. Enjoyment has perhaps altered my thinking more than profound philosophical texts. I failed miserably on Hegel’s Aesthetics. I once took it away to read on holiday – that was a fatal mistake.

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Artist Meets Archive #3

Die Photoszene-Residency geht in die dritte Runde The Photoszene Residency Enters Its Third Round

Bereits zum dritten Mal findet in diesem Jahr das erfolgreiche Programm „Artist Meets Archive“ (AMA) der Internationalen Photoszene Köln statt. Das Kernanliegen von AMA ist es, die fotografischen Bestände der Kölner Archive und Sammlungen in den Fokus zu rücken. Dafür lädt die Photoszene Köln international agierende Künstler:innen ein, die hiesigen und oft verborgenen fotografischen Bestände Kölner Museen und Archive in einem neuen, zeitgenössischen Kontext zu betrachten und vielleicht auch gegen den Strich zu bürsten.

Nach den pandemiebedingten Einschränkungen der letzten Jahre konnten in diesem Jahr bereits alle vier teilnehmenden Künstler:innen ihre Residency in Köln einnehmen. Als erster Teil des Programms bietet das Recherchejahr den Künstler:innen nicht nur Zugang und Einblicke in die fotografischen Bestände der teilnehmenden Partnerhäuser, sondern auch Gelegenheiten, diese und ihre Arbeiten besser kennenzulernen und gemeinsam Fragen an die Bestände und Perspektiven auf sie zu entwickeln. Nicht selten und umso willkommener sind die überraschenden, neuen und durchaus herausfordernden Fragestellungen, die dieser Dialog zwischen Artist und Archive mit sich bringen kann.

Im zweiten Teil des Programms folgt die Ausstellungsentwicklung, an dessen Ende die Präsentationen in den jeweiligen Häusern während des nächsten Photoszene-Festivals vom 12. bis 21. Mai 2023 (und darüber hinaus) steht. Außerdem wird es bereits in diesem Jahr wieder ein Symposium geben, das sich unter dem Titel „Die Geste des Zeigens“ auf Fotoalben in den fotografischen Archiven konzentriert. Das Symposium findet am 22. Oktober 2022 am Stadtarchiv Köln statt.

Auf den folgenden Seiten stellen wir die diesjährigen Künstler:innen und die gastgebenden Institutionen vor.

The successful “Artist Meets Archive” (AMA) programme by Internationale Photoszene Köln takes place this year for no less than the third time. The core concern of AMA is to place the spotlight on photographic holdings in Cologne’s archives and collections. To that end, Photoszene Köln invites artists who work internationally to contemplate the local, often hidden photographic stocks of Cologne’s museums and archives in a new, contemporary context and perhaps even add a controversial twist.

Following the recent pandemic-based restrictions, all four participating artists have been able to take up their residency in Cologne this year. As part one of the programme, the research year not only provides the artists with access and insights into the participating partner venues’ photographic holdings, but also opportunities to get to know the latter and the works in them better and jointly develop issues and perspectives on the stocks. Not uncommon and all the more welcome are the surprising, new and thoroughly challenging issues that this dialogue between Artist and Archive may entail.

again feature a symposium which, under the title “The Gesture of on

The symposium will take place at the Stadtarchiv Köln on 22 Oc-

Exhibition development follows as part two of the programme, which culminates with presentations in the respective venues during the ensuing Photoszene Festival from 12 to 21 May 2023 (and beyond). In addition, this year will also once again feature a symposium which, under the title “The Gesture of Showing”, focuses on photo albums in the photographic archives. The symposium will take place at the Stadtarchiv Köln on 22 October 2022.

We introduce this year’s artists and host institutions on

We introduce this year’s artists and host institutions on the following pages.

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© Silviu Guiman / Internationale Photoszene Köln

Die Künstler:innen und die Archive

Die bildende Künstlerin und Fotografin Lebohang Kganye (*1990 in Johannesburg / Südafrika) erwarb 2014 ein Diplom in Bildender Kunst an der Universität von Johannesburg und macht derzeit ihren Master in Bildender Kunst an der Witwatersrand University in Südafrika. Im Jahr 2022 vertritt Kganye als eine von drei zeitgenössischen Künstler:innen Südafrika auf der Biennale in Venedig. Ihre fotografischen Arbeiten verbinden das Archiv mit performativen und skulpturalen Elementen, um sich kritisch der Form des Erzählens und Erinnerns zu nähern.

Das Historische Fotoarchiv im Rautenstrauch-Joest-Museum beherbergt rund 100.000 fotografische Objekte von der Frühzeit der Fotografie bis in die 2000er-Jahre aus nahezu allen Regionen der Erde. Die Bilder aus unterschiedlichen Erwerbungszusammenhängen sind inhaltlich eng mit der Expansion des deutschen Kaiserreiches verbunden. Oftmals unter ungleichen Machtverhältnissen entstanden, werfen die fotografischen Zeugnisse viele Fragen zum Umgang mit ihnen auf.

Fine artist and photographer Lebohang Kganye (*1990 in Johannesburg / South Africa) acquired a degree in Fine Art at the University of Johannesburg in 2014 and is currently studying for her Master in Fine Art at the Witwatersrand University in South Africa. In 2022, Kganye was one of three contemporary artists to represent South Africa at the Biennale in Venice.

Her photographic works combine the archive with performative and sculptural elements in order to take a critical approach to narrating and remembering.

The Historical Photographic Archive in the Rautenstrauch-Joest-Museum houses approximately 100,000 photographic objects from the early days of photography into the 2000s from virtually all regions of the Earth. In terms of content, the pictures arising from various acquisition contexts are closely associated with German imperial expansion. Frequently created under unequal power relations, the photographic testimonies throw up many questions concerning the way they are dealt with.

lebohangkganye.co.za

rautenstrauch-joest-museum.de

Pablo Lerma (*1986 in Barcelona / Spanien) ist ein bildbasiert arbeitender Künstler, Verleger und Pädagoge. Er studierte Malerei und Studio Art an der Universität Barcelona, General Studies of Photography am Institut d’Estudis Fotogràfics de Catalunya und Bild & Text am Ithaca College in New York. Aktuell unterrichtet Lerma Social Art Practice an der Willem de Kooning Academy in Rotterdam. An der Schnittstelle von Bild und Text arbeitend, beschäftigt er sich in seinen fotografischen Installationen oder Publikationen bevorzugt mit visuellen Archivmaterialien, die Konzepte von Zeit, Identität und Gegenerzählungen thematisieren.

Das NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln widmet sich dem Gedenken an die Opfer des NS-Regimes sowie dem Erforschen und Vermitteln der Geschichte Kölns im Nationalsozialismus. Von 1935 bis 1945 befand sich an dessen Sitz im EL-DE-Haus die Zentrale der Kölner Gestapo. Heute werden dort verschiedenste Zeugnisse zur Geschichte Kölns während des Nationalsozialismus gesammelt. Darunter befinden sich etwa 125.000 Objekte des Bildarchivs, die vor allem Fotografien und Fotoalben von den 1870er-Jahren bis in die Gegenwart umfassen.

Pablo Lerma (*1986 in Barcelona / Spain) is an image-based artist, publisher and educator. He studied Painting and Studio Art at the University of Barcelona, General Studies of Photography at the Institut d’Estudis Fotogràfics de Catalunya and Image & Text at Ithaca College in New York. Lerma currently teaches Social Art Practice at the Willem de Kooning Academy in Rotterdam.

Working at the interface between image and text, he is preferentially occupied in his photographic installations or publications with visual archive materials that thematize concepts of time, identity and counter-narratives.

The NS-Dokumentationszentrum of the City of Cologne is devoted to the memory of the victims of the NS regime as well as to the research and teaching of Cologne’s history under National Socialism. The headquarters of the Cologne Gestapo was located at its site in the EL-DE-Haus from 1935 until 1945. Today, a diverse array of testimonies to Cologne’s history during the National Socialist period is gathered there. Among these are some 125,000 objects from the image archive, which primarily encompass photographs and photo albums from the 1870s to the present day.

pablolerma.com

museenkoeln.de/ns-dokumentationszentrum

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Lebohang Kganye meets Rautenstrauch-Joest-Museum Pablo Lerma meets NS-Dokumentationszentrum © Lerato Ntombela © Pablo Lerma

The Artists and the Archives

Naoya Hatakeyama meets Museum für Ostasiatische Kunst

Der in Tokio lebende und arbeitende Fotograf Naoya Hatakeyama (*1958 in Rikuzen-takata, Präfektur Iwate, Japan) schloss 1984 sein Kunststudium beim japanischen Fotografen und Fototheoretiker Kiyoji Otsuji an der Universität Tsukuba ab. Sein überwiegend aus Landschaftsfotografien bestehendes Œuvre beschäftigt sich seit den 1980er-Jahren mit dem wechselseitigen Verhältnis von Natur und Zivilisation und dokumentiert dieses Spannungsfeld. Seit dem Tōhoku-Erdbeben 2011 ist das fotografische Nachdenken über die vom Tsunami zerstörte Landschaft in den Fokus seiner Arbeit gerückt. Das Museum für Ostasiatische Kunst der Stadt Köln ist das einzige Museum in der Bundesrepublik Deutschland, das ausschließlich auf die Kunst Ostasiens spezialisiert ist. 1913 eröffnet, ging das Museum aus der überwiegend in Ostasien erworbenen Kunstsammlung des Gründerehepaars Adolf und Frieda Fischer hervor. Zum Bestand gehören auch rund 1.500 Fotografien, die teils auf Reisen in den lokalen Fotostudios erworben, teils von Adolf Fischer selbst aufgenommen wurden.

Tokyo-based photographer Naoya Hatakeyama (*1958 in Rikuzentakata, Iwate Prefecture, Japan) completed his art studies under the Japanese photographer and photography theorist Kiyoji Otsuji at the University of Tsukuba in 1984. His œuvre, which consists chiefly of landscape photographs, has been dealing with the reciprocal relationship between nature and civilization since the 1980s, documenting this field of tension. Since the Tōhoku earthquake of 2011, photographic reflection on the landscape destroyed by the tsunami has moved into the focus of his work.

The Museum für Ostasiatische Kunst of the City of Cologne is the sole museum in the Federal Republic of Germany to specialize exclusively in the art of East Asia. Opened in 1913, the museum originated in the art collection collated in East Asia by the spouses Adolf and Frieda Fischer. The holding also comprises approximately 1,500 photographs, partly acquired on travels in local photography studios and partly taken by Adolf Fischer himself.

museum-fuer-ostasiatische-kunst.de

Lilly Lulay (*1985 in Frankfurt/Main, Deutschland) studierte Fotografie, Bildhauerei und Mediensoziologie an der HfG Offenbach und der Hochschule für Bildende Künste (ENSBA) Bordeaux. Durch Einsatz von Stickerei oder Malerei dekonstruiert sie in ihren Collagen, Videos und Installationen die zweidimensionale, rein visuelle Wahrnehmung von Fotografien und hinterfragt zugleich die Bilderfluten des digitalen Zeitalters. Lulay wird sich mit dem Nachlass des Kölner (Stereo-)Fotografen Karl-Heinz Hatlé beschäftigen. Dieser Nachlass wurde 2008 von dem Kölner Gymnasial- und Stiftungsfonds dem Rheinischen Bildarchiv übergeben. Gemeinsam mit Schüler:innen der Gesamtschule Holweide wird Lulay die erste AMA-Junior-Ausgabe umsetzen.

Das Rheinische Bildarchiv (RBA) der Stadt Köln ist mit einem Bestand von 5,5 Millionen Fotografien eines der größten öffentlichen Bildarchive Deutschlands. Seit seiner Gründung im Jahr 1926 produziert, sammelt, bewahrt und vermittelt es Fotografien, zu denen neben anspruchsvollen Sach- und Architekturaufnahmen und Fotodokumentationen für die Kölner Museen auch ca. 120 Fotograf:innen-Nachlässe zählen.

Lilly Lulay (*1985 in Frankfurt/Main / Germany) studied Photography, Sculpture and Media Sociology at the University of Art and Design (HfG) in Offenbach and at the University of Fine Arts (ENSBA) in Bordeaux. Through the use of “analogue” techniques such as embroidery or painting, in her collages, videos and installations she deconstructs the two-dimensional, purely visual perception of photographs and at the same time queries the visual inundations of the digital age. Lulay will be dealing with the papers of Cologne-based (stereo-) photographer Karl-Heinz Hatlé. These papers were transferred to the Rheinisches Bildarchiv by the Kölner Gymnasial- und Stiftungsfonds in 2008. Lulay will join pupils from the Gesamtschule Holweide in realising the first AMA Junior Edition.

With a holding of 5.5 million photographs, the Rheinisches Bildarchiv (RBA) of the City of Cologne is one of Germany’s biggest public archives. Since its establishment in 1926, the archive produces, collects, preserves and procures photographs which also include, besides sophisticated product and architecture shots and photographic records for Cologne’s museums, approximately 120 photographers’ papers.

lillylulay.de

rheinisches-bildarchiv.de

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Lilly Lulay meets Rheinisches Bildarchiv © Helena Weber oder Marion Mennicken, RBA © Enrique Ramirez

Was wird eigentlich aus dem

Bundesinstitut für Fotografie?

Juristische Ein- und Ausblicke von / Legal Insights and Outlooks by

Wolfgang Lorentz

Am 24. November 2019 hat der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags 41,5 Millionen Euro für ein deutsches Fotoinstitut beschlossen. Seitdem vernehmen wir nur noch diverse Absichtserklärungen. – Wie zum Beispiel Interpretationen einer Machbarkeitsstudie, Personal- und Standortfragen, wonach neben Essen auch Düsseldorf in Betracht kommen soll, obwohl auf dem Gelände „Zeche Zollverein“ wesentlich mehr Platz geboten werden kann.

So stellt sich die Frage: Auf welcher Rechtsgrundlage fußt dieses Projekt? Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags bestimmt die Geldangelegenheiten der Bundesregierung. Beschlossen wurde eine sogenannte Verpflichtungsermächtigung. Grundsätzlich besteht die „Jährlichkeit des Haushalts“, wonach der Haushaltsplan generell nach Jahren getrennt aufzustellen ist. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist die Verpflichtungsermächtigung.

Nach der Legaldefinition des Paragrafen 6 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) ermächtigt das Parlament die Verwaltung, die kommenden Haushaltsjahre rechtsverbindlich zu belasten. Das bedeutet, dass entsprechend festgesetzte Beträge bereitgestellt werden müssen. Die Verpflichtungsermächtigung soll zwei Funktionen erfüllen. Einerseits sichert sie das Budgetrecht des Parlaments, also die Bewilligung von Geldern für bestimmte staatliche Vorhaben – wie das Bundesinstitut für Fotografie. Andererseits wird der Verwaltung die rechtliche Bindung für kommende Haushalte erlaubt. Somit werden die 41,5 Millionen bis zur Ausführung des Vorhabens bei den Ausgaben künftig berücksichtigt. Eine zeitliche Bindung ist nicht vorgesehen, sodass grundsätzlich Planungsfreiheit gegeben ist. Die Beanspruchung der Verpflichtungsermächtigung setzt voraus, dass die Gebote der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit eingehalten werden. Aus diesen Gründen hat die ehemalige Staatsministerin und Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Monika Grütters, die oben benannte notwendige Machbarkeitsstudie im Juli 2019 – also vor dem Beschluss des Haushaltsausschusses – in Auftrag gegeben. Das Ergebnis dieser Studie sieht Essen als den am besten geeigneten Standort vor. In nahezu gleichberechtigter Form wird in dieser Studie auch Düsseldorf vorgeschlagen. Diese wichtige Studie wurde am 10.03.2021 der Öffentlichkeit vorgestellt. – Also nach dem Beschluss des Deutschen Bundestags, der sich einseitig für Düsseldorf entschieden hat. Das Land NRW möchte eine Kofinanzierung in derselben Höhe beisteuern; wobei die Stadt Düsseldorf ein geeignetes Grundstück am Ehrenhof zur Verfügung stellen wird. Die zeitliche Abfolge – Veranlassung einer Machbarkeitsstudie, parlamentarische Abstimmung, Veröffentlichung der Studie – ist nicht zielführend. Diese Vorgehensweise ist wohl auch mit dem Kompetenzgerangel zwischen den beiden erwähnten Städten zu erklären. Die Nachfolgerin von Monika Grütters, Claudia Roth, erwähnt in der Vorstellung ihrer kulturpolitischen Projekte das Vorhaben eines Bundesinstituts für

On 24 November 2019, the Budget Committee of the German Bundestag resolved to set aside 41.5 million Euro for a German photography institute. Since then, we have only been hearing various expressions of intent. – Such as, for example, interpretations of a feasibility study and questions of staff and location, according to which – besides Essen – Düsseldorf is also to come under consideration, even though significantly more space can be provided on the “Zollverein” coal pit complex in Essen.

The question thus arises: on what legal basis does this project stand? The Budget Committee of the German Bundestag determines the monetary affairs of the Federal Government. A socalled commitment appropriation is what was resolved. Generally, “budget annuality” prevails, which means that, as a rule, the budget schedule is to be drawn up separately on a year-by-year basis. The commitment appropriation forms an exception from this principle.

According to the legal definition of Paragraph 6 of the German Federal Budget Code (BHO), the Parliament empowers administrative bodies to charge against the upcoming budget years with legally binding effect. That means that accordingly stipulated sums must be made ready. The commitment appropriation is designed to fulfil two functions. On the one hand, it secures the Parliament’s budget right, therefore the approval of funds for certain state-funded projects – like the Federal Institute of Photography. On the other hand, administrative bodies are handed the legal obligation for upcoming budgets. As a consequence, the 41.5 million Euro are taken into consideration in future expenditure up to project execution. No time commitment is provided for, meaning that planning freedom basically prevails. When commitment appropriation is claimed, it is assumed that the dictates of necessity and cost efficiency will be complied with. For these reasons, the former Minister and Federal Government Commissioner for Culture and Media, Monika Grütters, ordered the abovementioned required feasibility study in July 2019 – therefore prior to the Budget Committee’s resolution. The findings of this study provide for Essen as the most suitable location. Düsseldorf is also proposed in this study, on an almost equal basis. This important study was presented to the public on 10.03.2021 –so after the resolution of the German Bundestag, which unilaterally decided upon Düsseldorf. The state of North Rhine-Westphalia would like to contribute co-financing in the same amount; the city of Düsseldorf will provide a suitable plot of land at the Ehrenhof. The chronological sequence – organization of a feasibility study, parliamentary vote, publication of the study – is not productive. This way of proceeding is presumably also explained by the tussle for expertise between the two mentioned cities. Monika Grütters’s successor, Claudia Roth, omits to mention the Federal Institute of Photography plan when presenting her culture policy projects. This silence leaves ample room for speculation.

So – What is to Become of the Federal Institute of Photography?

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Fotografie nicht. Dieses Schweigen lässt viel Raum für Spekulationen.

Die wesentlichen Aufgaben der Staatsministerin sind unter anderem die Weiterentwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen für den Kultur- und den Medienbereich über die deutschen Grenzen hinaus sowie „Kultureinrichtungen und -projekte von nationaler Bedeutung zu fördern und für die kulturelle Repräsentation des Gesamtstaates in der Bundeshauptstadt Berlin zu sorgen“. In diesem Sinn hat die ehemalige Staatsministerin Grütters gehandelt. Sie hat zu Recht die Errichtung eines Bundesdeutschen Fotoinstituts auf den Weg gebracht. Schließlich existieren in Deutschland beachtliche Fotosammlungen. Die erwähnte Machbarkeitsstudie empfiehlt eindeutig die Installierung eines bundesdeutschen Fotomuseums. Schließlich blickt die Fotografie auf eine 180-jährige Geschichte zurück. Sie hat sich technisch von der Glasplatte über das Fotopapier bis hin zur Digitalität weiterentwickelt und bietet vielfältige Möglichkeiten, mit Abbildungen zu verfahren. So hat sich die Fotografie von handwerklichen bis zu industriellen Produkten verändert.

Die Begründung für ein solches Institut sieht die Studie im Wesentlichen in den Aufgaben der Archivierung von Fotografien, der Forschungsarbeit und Wissensvermittlung. Zu den Archivarbeiten zählen laut Studie „Erfassung und Erhalt des nationalen fotografischen Erbes“, wie Konservierung, Restaurierung, Digitalisierung, Neuproduktion, Sammeln und Betreuung von Vor- und Nachlässen, Entwicklung von Standards für Ordnung und Katalogisierung sowie Vernetzung von Datenbanken und Katalogen. Entsprechend soll die Forschungsarbeit das Gebiet der Fotografie national und international proaktiv vorantreiben. Dies wird durch Archivierung, Konservierung, Restaurierung, Neuproduktion, Initiierung / Zusammenführung von Forschungsvorhaben und -kooperationen erfolgen. Die von der Studie erfasste „Wissensvermittlung“ hat die Bündelung vorhandenen Wissens zur Aufgabe, welche allen interessierten Gruppen zur Verfügung zu stellen ist. Hierzu gehören die Bündelung von Fachkenntnissen, Beratung anderer Einrichtungen, Fachbibliothek, Kabinettausstellungen, Veröffentlichungen und Öffentlichkeitsarbeit.

Die Fotografie gehört nach all den verschiedenen technischen und gesellschaftlichen Umbrüchen mit ihren Verwerfungen und Fortschritten immer noch zu den wichtigsten Medien unserer Gesellschaft. Fotos dokumentieren einerseits Zeitgeschehen, belegen naturwissenschaftliche Gegebenheiten, bilden technische Produktionen ab, erfassen Einblicke in andere Kulturen und Lebensformen gesellschaftlicher Gruppierungen und können andererseits Kunst sein. Daher ist die Fotografie auch vom Schutz des Urheberrechts erfasst und zählt zu den „Bildenden Künsten“. Sind Fotos reine Dokumentation, unterliegen sie sogenannten Leistungsschutzrechten, welche dem Urheberrecht verwandt sind. Hierzu gehören auch profane Urlaubsfotos. Fotos sind insgesamt aus unserer Welt nicht wegzudenken und auch wesentlicher Bestandteil sämtlicher Medienträger. Daher erkennt die Studie dringenden Bedarf für das Bundesinstitut.

Bei allem Verständnis für aktuelle Standortfragen, persönliche Befindlichkeiten einzelner und Personaldiskussionen – obwohl noch nicht einmal der Grundstein für diese Unternehmung gelegt ist –, ist eine baldige Lösungsfindung erstrebenswert. Die aktuelle Staatsministerin schweigt.

Haushaltspläne haben auf Bundesebene den Rang eines Gesetzes und legen für einen bestimmten Zeitraum – in der Regel ein bis zwei Jahre – Einnahmen und Ausgaben fest. Zudem kann die Verwaltung ermächtigt werden, im Rahmen der jeweiligen Beträge Verpflichtungen einzugehen. Ansprüche oder Verbindlichkeiten werden jedoch durch den Haushaltsplan und die Beschlüsse weder begründet noch aufgehoben. Verjährungen für die zweckbestimmte Verwendung von bereit gestellten Geldern gibt es nicht. Die 41,5 Millionen Euro sind für unbestimmte Zeit verfügbar. Theoretisch könnten sie auch von einer neuen Regierung übernommen werden. Die Angelegenheit ist also schwebend und die Realisierung offen. Dennoch ist die Chance, ein für die Fotografie in Deutschland so wichtiges Institut zu schaffen, noch nicht vertan.

The State Minister’s core tasks include cultivating the legal frame conditions for the field of culture and media beyond the German borders, along with “promoting cultural institutions and projects of national importance and ensuring cultural representation of the state as a whole in federal capital Berlin”.

Former State Minister Grütters acted with that in mind. She rightly got the setting up of a Germany-wide photography institute under way – Germany has some formidable photography collections, after all. The mentioned feasibility study unequivocally recommends the establishment of a Germany-wide photography museum. Let us not forget, photography has a 180-year history behind it. Technologically, it evolved from the glass plate via photographic paper to digitality and offers diverse opportunities to process images. Photography has thus made the switch from artisanal to industrial products.

In essence, the study sees justification for an institute of this kind in the tasks of archiving photographs, conducting research, and imparting knowledge. According to the study, archiving involves “capturing and preserving national photographic heritage”, performed through tasks such as preservation, restoration, digitization, reproduction, collecting and looking after bequests and inheritances, developing standards for ordering and cataloguing, as well as interconnecting databases and catalogues. Accordingly, research work is required to proactively advance the field of photography nationally and internationally. This will take place by means of archiving, preserving, restoring and reproducing, and initiating / merging research projects and partnerships. The “imparting of knowledge” recorded by the study has the task of pooling existing knowledge, which is to be made available to all interested groups. This includes the pooling of expert knowledge, advice to other institutions, specialist library, cabinet displays, publications and public relations work.

After all the various technological and societal upheavals, with their distortions and advances, photography is still one of our society’s most important media. Photos, on the one hand, document contemporary events, prove scientific facts, illustrate technical production processes, capture insights into other cultures and ways of life of societal groups and are able, on the other hand, to be art. Photography is therefore under the protection of copyright law, as well, and is included among the “Fine Arts”. If photos are pure documentation, they are subject to so-called ancillary copyrights, which are related to copyright law. Mundane holiday snaps are also included. All in all, photos are a vital part of our world and also a significant component of all media carriers. That is why the study identifies an urgent need for the Federal Institute.

With all respect for current location issues, individuals’ personal sensitivities and staffing debates – although the foundation stone of this enterprise has not even yet been laid – an imminent solution is desirable. No pronouncements are forthcoming from the current State Minister.

At the federal level, budget schedules hold the rank of a law and establish income and expenditure for a certain period – generally one to two years. In addition, administrative bodies can be empowered to enter into obligations within the scope of the respective amounts. However, the budget schedule and the resolutions neither justify nor cancel claims or liabilities. There are no statutes of limitations for the dedicated use of funds already provided. The 41.5 million Euro are available for an indefinite period. Theoretically, they could also be taken on by a new government. The matter is therefore up in the air and realization open. Nevertheless, the opportunity to create such an important institute for photography in Germany is not yet squandered.

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Kunst hat Recht(e) / Art’s Right(s)

Kein anderer Name ist in Köln so eng mit der Fotografie verbunden wie der von Leo Fritz Gruber. Geboren wurde er am 7. Juni 1908 in der Domstadt. Er studierte Philosophie, Germanistik, Kunstgeschichte, Theaterwissenschaft, Zeitungswissenschaft, Völkerkunde und Sprachen. 1933 emigrierte Gruber nach London und arbeitete dort als Werbe- und Fotokopie-Fachmann sowie für die Jahrbücher „Modern Photography“ und die Zeitschrift „Gebrauchsgraphik“. Zurück in Köln, baute L. Fritz Gruber die von Bruno Uhl neu gegründete Fachmesse Photokina mit auf und erfand die bis heute legendären „Bilderschauen“, in denen bereits 1950 nationale wie internationale Fotografen (teilweise zum ersten Mal in Deutschland) gezeigt wurden – unter anderem hatte 1951 hier August Sander seine erste große Schau, durch die er weltweit bekannt wurde. Im selben Jahr initiierte Gruber die Gründung der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh), 1977 legte die Sammlung Gruber mit über 1000 Arbeiten den Grundstock für die Fotografische Sammlung des neu gegründeten Museum Ludwig. L. Fritz Gruber starb am 30. März 2005 im Alter von 96 Jahren. 2012 wurde ein Platz in der Kölner Innenstadt nach ihm benannt. Mit unserem Magazin „L. Fritz“ wollen wir die Verdienste und die jahrzehntelange Leidenschaft L. Fritz Grubers in Erinnerung halten.

Impressum / Imprint

Titel / Cover:

Katharina Ley, aus der Serie „Ohne Titel (Selbst mit Schleifpapier)“

Photoszene-Magazin

L. Fritz

Chefredaktion / editor-in-chief

Damian Zimmermann (dz)

Mitarbeiter dieser

Ausgabe / Contributors of this issue

Dana Bergmann, Daria Bona (db), Wolfgang

Lorentz, SophieCharlotte Opitz, Inga

Schneider, Helena Weber

Lektorat / copy-editing

Stefan Ripplinger

Übersetzung dt-engl / Translation ger-engl

Alexandra Cox

Grafische Gestaltung / Graphic design

Studio Carmen

Strzelecki

Lithografie / Lithography

Pre Print Partner GmbH & Co. KG

Mauritiuswall 35-39

50676 Köln

Druck / Print Buch- und Offsetdruckerei Häuser GmbH & Co.KG

Venloer Straße 1271 50829 Köln

Papier / Paper

Maxioffset 110 g/m2

Herausgeber / Publisher

Internationale

Photoszene Köln gUG

Im Mediapark 7

50670 Köln +49-(0)221-966 72 377 info@photoszene.de www.photoszene.de

Artistic Board

Heide Häusler, Inga Schneider, Damian Zimmermann

Geschäftsführung / Managing director

Heide Häusler

© 2022

Internationale

Photoszene Köln

gemeinnützige Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), die Fotografen und Autoren.

Gendering Die Redaktion macht keine inhaltlichen oder stilistischen Vorgaben und überlässt es ihren Autorinnen und Autoren, in welcher Art und Weise sie ihre Artikel

In Cologne, no other name is so closely associated with photography as that of Leo Fritz Gruber. He was born on 7 June 1908 in Darmstadt. He studied philosophy, German language and literature, art history, drama, journalism, geography and languages. In 1933 Gruber emigrated to London and was employed there as an advertising and photocopy specialist, as well as at the annuals “Modern Photography” and the magazine “Gebrauchsgraphik”. Back in Cologne, L. Fritz Gruber helped to build up the photokina trade show, newly founded by Bruno Uhl, and invented the still-legendary “Bilderschauen”, in which, as early as in 1950, both national and international photographers (sometimes for the first time in Germany) were exhibited – among others, August Sander had his first big show here, which made him world-famous. In the same year Gruber initiated the founding of the German Photographic Association (DGPh); in 1977 the Gruber Collection, comprising more than 1000 works, laid the foundation for the Photographic Collection at the newly established Museum Ludwig. L. Fritz Gruber died on 30 March 2005 at the age of 96. A square in Cologne’s inner city was named after him in 2012. We wish to sustain the memory of L. Fritz Gruber’s contributions and decades-long passion with our magazine “L. Fritz”.

gendern. Bisherige Ausgaben / Ältere Ausgaben von „L. Fritz“ können Sie gerne bei uns bestellen. Schreiben Sie uns einfach eine E-Mail an info@photoszene.de Zudem können Sie alle Ausgaben von „L. Fritz“ auch online finden unter www.issuu.com/ photoszene

If you like to order previous issues of “L. Fritz”, just send an email to info@photoszene.de You can also find all issues of “L. Fritz” online at www.issuu.com/ photoszene

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Warum L. Fritz? Why L. Fritz? © Nane Weber
Gefördert von / supported by Partner AMA-Partner Marketingpartner

THE FAMILY OF MAN

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O URG
UNESCO Memory of the World CLERVAUX CASTLE, LUXEMB
STEICHENCOLLECTIONS-CN A.LU
Detail, Sanford Roth

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