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Musiker Stephan Krawcyk

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„Es ist der Mensch wohl klug genug für den kompletten Selbstbetrug, doch reicht die Klugheit oft nicht aus, für ein stilles Glück zu Haus.“

Stephan Krawczyk Sekunden-Lyrik, Bücher und „Konzerte sinnstiftenden Innehaltens“

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Foto: Nadja Klier

Er nennt die Verse „Sekunden-Lyrik“ und davon hat er viele. Nachhaltig bleibt Stephan Krawczyk im Gedächtnis seines Publikums, wenn er mit ehrlichen Worten berührt, sanft ist und sich empört. Seine Lieder sind gelebte, lebendige Geschichten. Ruhm interessiert ihn nicht, Wachsein schon! Auf die Insel luden ihn 2020 Freunde ein. Für einen Freund gab er ein Buch heraus. Es tut ihm gut, umgeben von der Schönheit der Insel zu sein.

Lieder Vom Verlieben singt er in „Heute wollen wir uns begleiten, weil die Wolken rötlich sind, und die Zeit in deinen Augen nicht so rasend schnell verrinnt …“, oder von „Schöne Welt dahin, dahin“ durch intelligente Waffensysteme, eingepflanzte Kontrollsysteme und menschenähnliche Roboter. Auch Lieder über das Vatersein, der dazugehörigen neuen Bereitschaft zur Verantwortung und die Zugeständnisse an Spiritualität findet man. Selbst scheinbar ganz banale Momente in „Hör doch ma uff“ mit dem Fuß zu wippen, die der ein oder andere als nervend kennt, werden besungen. Das, was Krawcyk beobachtet und was ihn beschäftigt, sei es kritisch oder fragend, wird in seinem Liedgut mit Melodien untermalt, und von seiner Gitarre und dem Bandoneon (davon hat er zwei und eins ist 115 Jahre alt) begleitet. Es sind seine besten musikalischen Freunde, die seine Texte wunderschön inszenieren. Er hat in seiner über 40-jährigen Laufbahn unzählige Lieder geschrieben. Ob nüchtern, witzig, kindlich – immer wieder überrascht er mit seiner spielerischen Wortgewandtheit und seinen musikalischen Kreationen, auch auf seinen CDs.

Bürgerrecht, Menschenrecht Zu verlassen, was man liebt, ist schmerzhaft und entwürdigend, wenn man dazu gezwungen wird. 1955 in Weida, Thüringen geboren – die Mutter war Postbotin, sein Vater war Bergmann – studierte er Konzertgitarre. Als junger Liedermacher zunächst beliebt und 1981 beim nationalen Chansonwettbewerb der DDR mit dem Preis des Kulturministers für „hervorragende künstlerische Gesamtleistung“ geehrt, kam er durch regimekritische Texte immer mehr in das Visier der SED. Massiv wurden Stasi-Spitzel auf ihn und seine damalige Frau angesetzt, es waren mehr als 80 und man versuchte sogar beide zu „beseitigen durch Nervengift“, wie er erzählt. In einem offenen Brief forderte Krawczyk den Chefideologen der SED, Kurt Hager, auf zu mehr „Freiheit und der Einhaltung der Menschenrechte“, weil er bei der Staatsveranstaltung in Berlin am 17. Januar 1988 zur legendären Luxemburg-Liebknecht Demo ein Transparent zeigen wollte, um auf sein Berufsverbot aufmerksam zu machen: „Gegen Berufsverbot in der DDR“. Mit vielen anderen wird er verhaftet. Nach 16 Tagen Stasi-Haft werden Krawczyk und seine Frau unter Androhung von 12 Jahren Haft in den Westen „zwangsausgebürgert“. Zuvor sickerte die Rebellion bis in den Westen durch, der Spiegel setzte am 31.1.1988 Stephan Krawczyk in der Ausgabe 5 aufs Titelbild. Die zunehmende Protestbewegung in der DDR führte nicht zuletzt zur politischen Wende und damit zur Maueröffnung am 9. November 1989.

Lebendig bleiben Man verbindet Krawczyk immer wieder mit seiner Vergangenheit, doch schon lange geht er seinen autarken Weg. In seinen Auftritten erinnern er daran, wie wichtig es ist, aufzustehen, sich und andere zu hinterfragen, einfach offen, neugierig und interessiert zu bleiben und vor allem keine Angst zu haben. Man kann ihn zu verschiedenen Themenabenden buchen, zu finden sind diese auf seiner Webseite. Dort heißt es, „seine Konzerte sind Orte sinnstiftenden Innehaltens“. Er hat tausende von Auftritten hinter sich, spielt in Theatern, reist auf Festivals, zu denen er geladen wird und geht u. a. auch ins Ausland, z. B. an deutsche Schulen, wo er Jugendliche animiert sich zu öffnen, um in den Dialog zu treten. Der Schriftsteller „Schöne wunde Welt“ war 1990 sein erstes Buch mit Prosa und Lyriktexten. Es folgten weitere, darunter der Roman „Das irdische Kind“ und seine Biografie „Der Narr“. Er wurde mehrmals mit Auszeichnungen geehrt (Bettinavon-Arnim-Literaturpreis, 1992, oder 2019 mit dem Bundesverdienstkreuz) und gerade hat er seinen dritten Betrachtungsband abgeschlossen, der im Herbst erscheinen wird. Fünf Manuskripte liegen in der Schublade. Man darf gespannt sein. Hinzu kommt das turbulente und fantasievolle Kinderbuch über „Stückchen und Fliege“, das hoffentlich bald erhältlich sein wird. Krawczyk ist ein forscher Denker und Beobachter, ein Mann, der die Sprache bewusst benutzt, denn „die Sprache macht den Zweibeiner zum Menschen und er kann das, was viele nicht mehr können, einfach zuhören!“ Vormerken sollte man sich seinen Auftritt „Lebensfreu.de“ am 3. April um 13 Uhr in der Kulturfinca Son Bauló, Cultura & Culina, Cami de Son Bauló 1 in Lloret de Vistalegre (son-baulo@son-baulo.com).

Foto: Ellen Liebner Foto: Ellen Liebner

Info & Kontakt:

www.stephan-krawczyk.de Spotify: Stephan Krawczyk  Nermin Goenenc, Fotos: Privat, Nadja Klier, Ellen Liebner, Roman Hillmann

Mit Udo Lindenberg

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