Berufsfeld Public Relations Karriereguide fĂźr den PR-Nachwuchs Herausgegeben von Miriam Melanie KĂśhler und Maike Althaus
Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme
Miriam Melanie Köhler und Maike Althaus (Hrsg.) (2011): Berufsfeld Public Relations. Karriereguide für den PR-Nachwuchs. polisphere library, Berlin/München/ Brüssel ISBN 978-3-9-3845616-3
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Printed in Germany Lektorat: Christoph Kehl Umschlaggestaltung: Sabrina Garcia, ESTUDIOESEGE, Buenos Aires/Argentinien Herstellung: GGP Media GmbH, Pößneck
Inhaltsverzeichnis
Miriam Melanie Köhler und Maike Althaus Ein Blick in das weite Feld der Public Relations Vorwort .............................................................................................................. S.
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Kapitel I: Arbeitgeber Anke Oßwald Der Kunde im Fokus PR-Berater in Agenturen.............................................................................. S. 13 Ulrich Nies Unternehmen: gemeinsam etwas unternehmen PR als integrale Unternehmenskommunikation ........................................... S. 23 Alexander Legowski Mit einer Stimme Kommunikationsarbeit in Verbänden .......................................................... S. 31 Sergius Seebohm Do you want an easy job? PR für NGOs................................................................................................ S. 41 Stephanie Bolsinger Wissen schafft Öffentlichkeit PR für Wissenschaftseinrichtungen ............................................................. S. 49
Kapitel II: Branchen und Spezialisierungen Alfred Jansen Beim Geld hört der Spaß auf! Karrierewege in der Finanzkommunikation................................................. S. 57 Hannes Hönemann und Gesa Junne Immer unter Strom Kommunikation für Energieversorger.......................................................... S. 65 Christina Sehnert Märkte, Menschen, Moleküle Healthcare-PR .............................................................................................. S. 73 Christian H. Schuster und Miriam Melanie Köhler Im Orchestergraben der Politik Politische Kommunikation........................................................................... S. 79
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Inhaltsverzeichnis
Lars Burmeister Geschichten für Marken Marken- und Produkt-PR als Zukunftsfelder der Markenkommunikation ...S. 87 Kai Hirdt und Torben Tost Es funktioniert – wenn man ein paar Spielregeln beachtet Social Media in der PR.................................................................................S. 93 Sven Griemert Tu Gutes und sprich darüber? Corporate Social Responsibility ...................................................................S. 103 Frank Martin Hein Mitarbeiter machen Marken Ohne Interne Kommunikation läuft nichts ...................................................S. 113
Kapitel III: Ein- und Aufstieg leicht gemacht Regine Bruns Nach der Ausbildung ist vor der Ausbildung Das PR-Volontariat ......................................................................................S. 123 Prof. Dr. Holger Sievert Quereinstieg auf Augenhöhe Probleme und Chancen fachfremder Jobwechsler in der PR ........................S. 133 Florian Busch-Janser und Anne Dreysel Im Visier der Kopfgeldjäger Aktive Karrieregestaltung mit Hilfe von Headhuntern.................................S. 141 Michael Kalthoff-Mahnke Netzwerken mit Tiefgang Was Young Professionals in der DPRG erwartet .........................................S. 147 Miriam Melanie Köhler und Maike Althaus Da wäre noch die Sache mit dem Geld Gehalt in der PR-Branche.............................................................................S. 151
Serviceteil: Top PR-Agenturen in Deutschland...............................................................S. 158 Auswahl weiterführender Informationen......................................................S. 174
Ein Blick in das weite Feld der Public Relations Vorwort von Miriam Melanie Köhler und Maike Althaus
Die Herausgeberinnen Miriam Melanie Köhler ist seit 2007 Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Zu ihren Aufgaben zählt die politische Kommunikation des Verbandes ebenso wie die Imagekampagne des deutschen Handwerks. Zudem lehrt sie an der Universität Augsburg zu Themen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Ehrenamtlich setzt sie sich als DPRG-Juniorensprecherin für die Belange der Young Professionals ein. Maike Althaus ist Koordinatorin für Kommunikation und Regierungsbeziehungen der REpower Systems Inc. in Montreal/Kanada. Zuvor war sie als Beraterin im PR-Bereich der IFOK GmbH tätig sowie in der Unternehmenskommunikation eines internationalen Wasserversorgers. Sie hat eine Ausbildung zur PR-Beraterin (PZOK) an der Deutschen Presseakademie (depak) absolviert und engagiert sich ebenfalls als DPRG-Juniorensprecherin.
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Miriam Melanie Köhler und Maike Althaus
Die Konkurrenz unter den Berufseinsteigern und Young Professionals im PRBereich ist groß. Nur wer sich frühzeitig und möglichst konkret mit der Berufsplanung auseinandersetzt, weiß, wohin die Reise gehen soll. Wer die Weichen entsprechend stellt, kann sich einen Startvorteil sichern. Die Krux dabei: Beschäftigt man sich mit dem Thema Berufs- und Karriereplanung in der PR, wirft dies schnell eine Menge an Fragen auf. Welche beruflichen Möglichkeiten eröffnet die PR-Welt überhaupt? Welche Branche oder welcher Arbeitgeber ist der richtige? Welche Qualifikationen sind gefragt? Welche Entwicklungsmöglichkeiten gibt es? Ist eine Spezialisierung sinnvoll und wenn ja, wann und welche ist die richtige? Im Gegensatz zu vielen anderen Branchen gibt es in der PR keine vorgezeichneten Berufswege. Auch Patentrezepte für den beruflichen Aufstieg in der PR sind nicht vorhanden. Selbst einen festgelegten Zugangsweg gibt es nicht, sodass bereits die Studienwahl zur Herausforderung wird. Das heißt jedoch nicht, der berufliche Erfolg in der PR ist dem Zufall überlassen. Im Gegenteil: Gerade weil das Berufsfeld so vielfältig ist und so unterschiedliche Möglichkeiten, Chancen und Wege bietet, lohnt es, sich intensiv damit auseinanderzusetzen. Und kaum etwas kann dabei so hilfreich sein wie der Rat derjenigen, die den Einstieg bereits hinter sich haben und erfolgreich im Berufsfeld tätig sind. Solche erfahrenen Experten sind es, die in diesem vorliegenden Buch zu Wort kommen. In 18 Artikeln geben sie Studenten, Absolventen, Young Professionals und Quereinsteigern wertvolle Hinweise und Tipps für den beruflichen Ein- und Aufstieg. Die Aufsatzsammlung bietet einen Überblick über das Berufsfeld der Public Relations mit seinen unterschiedlichen Einsatzbereichen und Themenfeldern, gibt einen Einblick in den Arbeitsalltag und erläutert die Anforderungen an PRSchaffende. Damit bietet sie Orientierung und dient als Handreichung für den Berufseinstieg und -aufstieg. Das Buch gliedert sich in vier Teile. Im ersten Teil nehmen die Autoren unterschiedliche Arbeitgeber unter die Lupe. Die Beiträge beleuchten den Berufsalltag in Agenturen und Unternehmen bis hin zu Wissenschaftseinrichtungen. Sie geben dem Leser Hilfestellung dabei herauszufinden, wo er am besten aufgehoben ist. So erläutert Anke Oßwald, Leiterin Beratung bei Scholz & Friends Agenda in Berlin, zunächst den Arbeitsalltag in Agenturen: von der PR-Konzeption und Ideenfindung über die Umsetzung bis hin zur Evaluation. Gefragt sind Teamplayer mit Dienstleistungsorientierung, bringt es die Autorin auf den Punkt. Ulrich Nies, Head of Corporate Communications bei Clariant International, skizziert die vielfältigen Aufgaben und Anforderungen an Kommunikationsschaffende in der Unternehmenskommunikation. Berufseinsteigern rät er, eher auf den Aufbau spezieller Stärken zu setzen als zu versuchen, alle Anforderungen gleichermaßen zu erfüllen. Wer die Karriereleiter in Unternehmen ganz nach oben klettern will, sollte sich zudem gezielt am Berufsfeld Kommunikationsmanagement ausrichten, so Nies.
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Alexander Legowski, Leiter der Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, unterstreicht, wie vielseitig und spannend das Spielfeld von Verbandskommunikatoren ist. Die Verbandskommunikation erfordert aus seiner Sicht vor allem Know-how und Einfühlungsvermögen sowie den Auf- und Ausbau von Netzwerken. Sergius Seebohm, Leiter Kommunikation bei ONE, betont, dass Kommunikation einer der Schlüsselfaktoren für den Erfolg von NGOs ist und gleichzeitig voller Herausforderungen steckt. Angesichts limitierter finanzieller und personeller Ressourcen werden von Kommunikationsprofis in NGOs vor allem Gespür für optimalen Mitteleinsatz und eine ausgeprägte Hands-on-Mentalität gefordert, erklärt Seebohm. Stephanie Bolsinger, Redaktionsleiterin an der TU Dortmund, zeigt schließlich, dass die Kommunikationsarbeit für Wissenschaftseinrichtungen genauso spannend ist wie die Wissenschaft selbst. Für sie sind interessante Meldungen hinter den Forschungsthemen „Perlen“, die es aufzuspüren gilt. Und dafür braucht es vor allem Neugierde und die Bereitschaft, ständig dazuzulernen. Wer dies mitbringt, dem eröffnet sich in einer Wissenschaftseinrichtung ein vielseitiges Berufsfeld. Der zweite Teil nimmt unterschiedliche Branchen und Spezialisierungsmöglichkeiten in den Blick. Dabei ist anzumerken: Das Feld der PR ist zu vielseitig, als dass an dieser Stelle auch nur annähernd dem Anspruch einer vollständigen Darstellung aller Branchen und Spezialisierungen Genüge getan werden könnte. Vielmehr handelt es sich um eine Auswahl von Bereichen, die aus Herausgebersicht besonders wichtig sind – heute wie in naher Zukunft. Alfred Jansen, Geschäftsführer von A&B ONE, entführt die Leser in die Welt der Financial Services Communications sowie der Capital Markets Communications. Wer die nötige Affinität zur Branche mitbringt, für den hört bei Geld der Spaß noch lange nicht auf, sondern fängt mit einer Tätigkeit im Bereich Finanzkommunikation erst richtig an, so das Resümee des Autors. Hannes Hönemann, Pressesprecher bei Vattenfall und Praktikantin Gesa Junne tauschen sich bei einem Gespräch in der Teeküche über die Licht- und Schattenseiten aus, die eine Kommunikationstätigkeit bei einem großen internationalen Energieversorger mit sich bringt. Dabei sind sie sich einig: Die Energiebranche ist ein riesiges Feld, in dem man einiges an technischem Know-how mitbringen oder erwerben muss, um erfolgreich zu kommunizieren. Daneben sind vor allem diplomatisches Geschick und Stressresistenz gefragt. Christina Sehnert, Leiterin der Abteilung Publications & Online Media von Bayer HealthCare, gibt Einblick in die Kommunikationsarbeit einer Branche, die sowohl von Politik als auch Medien gerne an den Pranger gestellt wird, sowie von einer Vielfalt an Themen und der Arbeit mit den unterschiedlichsten Menschen geprägt ist. Neben PR-Know-how ist in der Healthcare-Kommunikation aus ihrer Sicht vor allem eine geballte Portion Energie, gepaart mit Freude am Arbeiten und Neugierde gefragt.
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Christian H. Schuster, Inhaber des IFK Berlin, und Miriam Melanie Köhler, Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Zentralverband des Deutschen Handwerks, werfen einen Blick in den „Orchestergraben der Politik“, in dem es meistens laut und selten harmonisch zugeht. Neben einem hohen politischen Interesse und Verständnis kommt es in der politischen Kommunikation vor allem auf ein belastbares Netzwerk, ein ausreichend dickes Fell, ein sensibles Gespür für Themen sowie diplomatisches Geschick an. Lars Burmeister, Mitglied der Geschäftsführung der Bell Pottinger – MMK GmbH, gibt einen Einblick in das spannende und abwechslungsreiche Feld der Marken- und Produkt-PR. Wer als Berufseinsteiger in diesem Bereich tätig wird, erlernt fundamentale Strukturen und Denkweisen, die für nahezu alle Bereiche der Markt- und Medienkommunikation hilfreich sind, so der Autor. Vorausgesetzt werden allerdings Grundlagen im Bereich Marketing sowie journalistisches Handwerkszeug, Neugierde, Kreativität und Leidenschaft. Social-Media-Kommunikation ist mit Abstand die jüngste PR-Disziplin. Vorgefertigte Ein- und Aufstiegswege gibt es hier noch viel weniger als in anderen Bereichen. Trotzdem gibt es Mittel und Wege, sich auf den Bereich der Social Media zu spezialisieren und diese erfolgreich in der PR einzusetzen. Einige davon verraten Kai Hirdt und Torben Tost, PR-Berater bei der Hamburger Agentur Straub & Linardatos. Sven Griemert, Seniorberater CSR bei Johanssen + Kretschmer Strategische Kommunikation, erläutert nicht nur, was hinter dem sperrigen Begriff der Corporate Social Responsibility steckt, sondern beleuchtet auch die Kernaufgabe eines CSRManagers. Er geht darauf ein, wie es trotz einer in Deutschland noch dürftigen Ausbildungslandschaft gelingen kann, im CSR-Bereich Fuß zu fassen. Frank Martin Hein, Head of Communications Europe von Rolls-Royce, erklärt schließlich, was eine gelungene Interne Kommunikation ausmacht und warum es wichtig ist, mit den Grundlagen des Themas Unternehmenskultur vertraut zu sein. Erfolgreich in der Internen Kommunikation ist, so Hein, wer sich eine Reputation als ebenso verlässlicher wie kreativer Gestalter und loyaler, vertrauenswürdiger Berater aufzubauen vermag. Der dritte Teil befasst sich mit ausgewählten Themen zum Ein- und Aufstieg. Regine Bruns, selbstständige PR-Beraterin, setzt sich in ihrem Artikel mit einer der wichtigsten Einstiegsmöglichkeiten auseinander, dem Volontariat. Sie beleuchtet, was ein gutes PR-Volontariat ausmacht und gibt Tipps, auf was Berufseinsteiger achten sollten, damit das Volontariat nicht zur Mogelpackung wird, sondern zum gelungenen Start in den PR-Bereich. Prof. Dr. Holger Sievert von der Macromedia Hochschule für Medien und Kommunikation erläutert, warum Quereinsteiger in der PR heute nicht mehr so gefragt sind wie noch vor einigen Jahren – und warum sie entsprechend deutlich mehr für ihre inhaltliche und formale Qualifikation tun müssen. Er zeigt, welche Nachqualifizierungsangebote ihnen dabei zur Verfügung stehen und was bei ihrer Auswahl beachtet werden sollte, damit der Quereinstieg auch heute noch gelingt.
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Florian Busch-Janser und Anne Dreysel von BJP Interim Consultants plaudern aus dem Nähkästchen der Personalberater. Sie geben Einblick in deren Arbeit sowie wertvolle Hinweise für den Umgang mit ihnen. Und sie erläutern, was ein perfekter Bewerber aus Sicht der Personaler mitbringen sollte. Michael Kalthoff-Mahnke, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Public Relations Gesellschaft, erläutert, was die DPRG, den Berufsverband der PR-Schaffenden in Deutschland, ausmacht und warum der Verband gerade für Young Professionals besonders interessant ist. Als Herausgeberinnen des Buches widmen wir uns schließlich dem Thema Gehalt. Wer in die PR einsteigen möchte, sollte wissen, welche Gehälter er in unterschiedlichen PR-Positionen und Branchen erwarten kann. Wenngleich wir dazu raten, den Karriereweg eher an persönlichen Neigungen und der Freude am Arbeiten als am Lohnzettel auszurichten. Der abschließende Serviceteil des Buches stellt zehn der renommiertesten PRAgenturen Deutschlands vor. Er gibt Auskunft über deren Kompetenzen und Arbeitsschwerpunkte und informiert über Kunden, Standorte sowie Mitarbeiterzahl. Außerdem legt er dar, welche Einstiegsvoraussetzungen sowie Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten es in den unterschiedlichen Agenturen gibt. Wer sich bis zum Schluss durchgearbeitet hat, aber noch weitere Informationen rund um das Berufsfeld PR sowie den erfolgreichen Ein- und Aufstieg sucht, dem steht eine kleine Übersicht mit hilfreichen Links zur Verfügung. Bevor sich unsere Leser nun der Lektüre der einzelnen Beiträge und der persönlichen Karriereplanung widmen, möchten wir noch die Gelegenheit nutzen, unseren Dank auszusprechen. Dieser gilt an erster Stelle allen Autoren, die den Karriereguide mit ihren Beiträgen haben lebendig werden lassen. Einige von ihnen fiebern dem Erscheinen des Buches bereits fast so lange entgegen wie wir selbst und haben dabei bewiesen: Sie haben den langen Atem, der in vielen PR-Bereichen gefragt ist. Andere sind erst kurzfristig ein- und aufgesprungen und haben damit nicht weniger gefragte Qualifikationen demonstriert – Spontaneität und Einsatzbereitschaft. Ein herzlicher Dank geht zudem an unseren Lektor Christoph Kehl und unsere Grafikerin Sabrina Garcia für ihren unermüdlichen Einsatz und die gute Zusammenarbeit. Bedanken möchten wir uns auch bei denjenigen, die das vorliegende Buch finanziell unterstützt und auf diese Weise sein Erscheinen ermöglicht haben sowie bei all den Personen, die mit Rat und Tat den Entstehungsprozess dieses Buches begleitet haben. Nun wünschen wir allen Lesern eine interessante Lektüre und vor allem einen erfolgreichen Ein- und Aufstieg im Berufsfeld PR. Aber Vorsicht: „Einmal in Kommunikation verstrickt, kommt man nie wieder ins Paradies der einfachen Seelen zurück (auch nicht, wie Kleist hoffte, durch die Hintertür).“ (Niklas Luhmann) Berlin/Montreal, im Oktober 2011 Miriam Melanie Köhler und Maike Althaus
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Miriam Melanie Kรถhler und Maike Althaus
Kapitel I: Arbeitgeber Dieses Kapitel nimmt unterschiedliche Arbeitgeber unter die Lupe – von Agenturen über Unternehmen bis hin zu Wissenschaftseinrichtungen. Die Beiträge geben dem Leser Hilfestellung dabei herauszufinden, wo er am besten aufgehoben ist.
Der Kunde im Fokus PR-Berater in Agenturen von Anke Oßwald Leiterin Beratung bei Scholz & Friends Agenda
Die Autorin Anke Oßwald ist Leiterin Beratung bei Scholz & Friends Agenda in Berlin. Sie betreut dort Kunden und Kampagnen aus den Bereichen Politik, Verbände und Marken, darunter das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, den Zentralverband des Deutschen Handwerks und Mercedes-Benz. Vor ihrem Einstieg bei Scholz & Friends im Jahr 2007 war sie in einer Unternehmensberatung sowie in der politischen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit tätig. Sie studierte Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation in Berlin und Valencia/Spanien.
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PR-Agenturen als externe Kommunikationsprofis Das erfolgreiche Management von Kommunikation ist heute sowohl für Unternehmen als auch für politische Akteure überlebenswichtig. Professionelle Kommunikation schafft und sichert Handlungsspielräume und trägt damit entscheidend zur Zielerreichung von Organisationen bei. Die Anforderungen an das Kommunikationsmanagement, beziehungsweise an Public Relations als strategisch geplante und organisierte kommunikative Tätigkeit, sind dabei in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. PR-Akteure sind gefordert, komplexe Inhalte an zunehmend fragmentierte Anspruchs- oder Zielgruppen zu vermitteln. Sie müssen sich hierbei unter anderem mit einem veränderten Mediennutzungsverhalten und neuen Kommunikationskanälen auseinandersetzen. Die Mediennutzungsdauer liegt in Deutschland derzeit bei durchschnittlich etwa zehn Stunden pro Tag. Neben klassischen Medien wie Zeitungen, Zeitschriften, Hörfunk und Fernsehen ist das Internet aus dem Alltag der meisten Menschen mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Auch die Grenzen zwischen den einzelnen Medien verschwimmen zunehmend. Das World Wide Web ist heute nicht nur zentrale Quelle für Informationen zum politischen und wirtschaftlichen Tagesgeschehen, sondern spielt auch für das Konsumverhalten eine immer wichtigere Rolle. Die steigende Bedeutung von Social-Media-Netzwerken führt darüber hinaus dazu, dass Informationen in kürzester Zeit an eine große Zahl von Nutzern weitergetragen und von diesen bewertet, kommentiert und verändert werden können. Aufgrund der Verbreitung mobiler Endgeräte ist dies zudem überall und rund um die Uhr möglich. Die Menge an Informationen, die über die verschiedenen Kanäle täglich auf uns einströmt, ist dabei mittlerweile kaum noch zu überblicken. Allein die Anzahl der Werbebotschaften, mit denen jeder Einzelne pro Tag konfrontiert ist, wird auf über 3000 geschätzt. Führt man sich auf der anderen Seite vor Augen, dass man nur eine begrenzte Informationsmenge aufnehmen kann, sind nicht zuletzt aus diesem Grund angepasste Kommunikationsstrategien notwendig. Die Frage, wie, wann und in welcher Form man mit seinen Botschaften zu den relevanten Zielgruppen gelangt, ist also alles andere als trivial. „Unter den Bedingungen eines qualitativ und quantitativ ausdifferenzierten Mediensystems [...] verstärkt sich für Organisationen der Zwang zur Kommunikation und der Zwang, Aufmerksamkeit zu finden. Zugleich wird es angesichts der Flut von Informationen immer schwieriger, sich öffentlich Gehör zu verschaffen“, bilanzierte Ulrike Röttger bereits vor einigen Jahren (Röttger 2006: 10f.). Vor diesem Hintergrund verwundert es kaum, dass die Nachfrage nach professionell gestalteter Kommunikation groß ist. Unternehmen, Verbände und politische Institutionen wenden sich dabei mit unterschiedlichen Aufgabenstellungen an Kommunikationsagenturen. Sie reichen von eher kurzfristigen projektbezogenen Aufträgen bis hin zu Anfragen nach einer langfristigen strategischen Public-Relations-Beratung. Das heißt: PR-Agenturen können sowohl für die Gestaltung und Steuerung mehrjähriger Kampagnen beauftragt werden, als auch für die Unterstützung der täglichen Pressearbeit einer Organisation. Sie begleiten Produkteinführungen und Börsengän-
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ge ebenso wie politische Reformprogramme oder organisationsinterne Veränderungsprozesse. Agenturen bieten ihren Auftraggebern dabei Kommunikationsleistungen an, die diese selbst nicht, beziehungsweise nicht in dem erforderlichen Umfang oder der erforderlichen Qualität, erbringen können. Dabei erwarten Kunden von ihrer Agentur in der Regel Kenntnisse in der jeweiligen Branche sowie Erfahrung in der Steuerung komplexer Kommunikationsaufgaben. Daneben werden ein gutes Netzwerk, ein effizientes Projektmanagement und nicht zuletzt kreative Ideen vorausgesetzt. Über 1000 PR-Agenturen gibt es schätzungsweise allein in Deutschland. Darunter sind einige mit mehr als 100 Mitarbeitern und einem entsprechend differenzierten Angebot. Als wichtige Standorte für PR-Agenturen gelten neben Berlin die Städte Frankfurt, Düsseldorf, Hamburg und München. Darüber hinaus haben einige größere, in Deutschland tätige Agenturen auch Standorte im europäischen und außereuropäischen Ausland. Ein Blick auf die deutsche Agenturlandschaft zeigt zudem, dass neben den großen Netzwerkagenturen auch eine Vielzahl kleinerer spezialisierter Agenturen existiert, die in bestimmten Branchen wie Finanzdienstleistungen, Immobilien, Gesundheit oder IT aktiv sind oder sich auf bestimmte Marktsegmente wie die Erstellung von Geschäftsberichten oder die Umsetzung von PR-Events spezialisiert haben. Ob in einer größeren Full-Service-Agentur oder bei einem Spezialanbieter: Das breite Spektrum der Aufgaben macht die Arbeit in PR-Agenturen insgesamt zu einer spannenden Herausforderung. Wie der Arbeitsalltag in Agenturen aussieht, welche Voraussetzungen Bewerber mitbringen sollten und welche Aufstiegsmöglichkeiten es gibt, wird im Folgenden erläutert.
Vom Briefing bis zur Kampagne: Arbeitsalltag in PR-Agenturen So vielfältig wie die Aufgaben und Projekte ist auch der Arbeitsalltag in PRAgenturen. Allgemeingültige Aussagen sind dabei nur begrenzt möglich, denn die verschiedenen Agenturen setzen zum Teil unterschiedliche Schwerpunkte und folgen speziellen Arbeitsabläufen. In der Regel umfasst der Aufgabenbereich der PRBerater in einer Full-Service-Agentur aber alle Bereiche des Kommunikationsmanagements – angefangen bei der Analyse von Kommunikationsumfeldern über die Festlegung von Zielgrößen und die Planung von Strategien bis hin zur Umsetzung der konkreten Maßnahmen sowie der Wirkungs- und Erfolgskontrolle der durchgeführten Aktionen.
Analyse und Konzeption Bei der Entwicklung und Abstimmung von Kommunikationsstrategien und den daraus abgeleiteten Maßnahmen gibt es keine Standardlösungen. Bei der Vermittlung eines Regierungsprogramms werden andere Strategien zum Er-
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folg führen als bei der Einführung eines neuen Mobilfunk-Tarifs oder der Begleitung eines innovativen Forschungsprojektes. Zu Beginn der Zusammenarbeit mit einem Kunden steht dabei in der Regel ein mehr oder minder detailliertes Briefing, das heißt eine konkrete Aufgabenstellung an die Agentur. Im Gespräch zwischen Agentur und Auftraggeber wird dieses erste Briefing nochmals verfeinert. Problemstellung, Ziele und Erwartungen werden nach ersten Analysen genauer definiert oder ergänzt und mögliche Herangehensweisen abgesteckt. Das sogenannte ReBriefing als schriftliche Zusammenfassung dieses Prozesses dient als Grundlage des weiteren Vorgehens. Die konzeptionelle Arbeit setzt zunächst detailliertes Wissen über das kommunikative Umfeld voraus, in dem sich der Kunde bewegt. Dazu zählt die Kenntnis aller wichtigen Bezugsgruppen und Akteure in dem jeweiligen Bereich, der aktuellen politischen Rahmenbedingungen sowie eventuell bestehender (rechtlicher oder sonstiger) Beschränkungen. Recherche und kontinuierliches Monitoring kundenrelevanter Themen und Trends sind daher unabdingbar. Verschiedene Instrumente und Quellen sind dabei hilfreich: etwa Medienanalysen, Datenbankrecherchen, Studienauswertungen, Social-Media-Monitoring und Stakeholder-Gespräche. Von zentraler Bedeutung ist im Rahmen der Konzeption auch das Wissen über die generellen Bedingungen und Möglichkeiten der Themensetzung und Themenführung. Wesentlich stärker als die klassische Werbung, die im Zweifel auch mit hohem Media-Einsatz Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit erreicht, ist PR auf relevante Inhalte angewiesen. Welche das sein können, wie sie aufzubereiten sind und über welche Kanäle sie am effektivsten verbreitet werden – auch diese Fragen werden in PR-Konzepten beantwortet.
Ideenfindung Angesichts medialer Informations- und Reizüberflutung besteht die zentrale Herausforderung in vielen Fällen darin, für bestimmte Aufgabenstellungen kreative Lösungen zu finden. Die Frage lautet dann oft, wie sich ein eher komplexes oder trockenes Thema so erzählen lässt, dass es von Medien aufgegriffen und von den gewünschten Zielgruppen wahrgenommen wird. Beispiel: Die Herausforderung bei der Entwicklung einer orchestrierten Kampagne zum CO2-Gebäudesanierungsprogramm der Bundesregierung lag darin, ein eher technisches Thema einprägsam darzustellen. Unter dem Claim „Heute die Energie für morgen sichern“ wurde hierfür zu Beginn ein zentrales Bildmotiv, ein Key Visual, gesucht. Das Key Visual sollte Aufmerksamkeit erregen und dazu ermuntern, sich über das Programm und die staatlichen Fördermöglichkeiten genauer zu informieren. In verschiedenen Brainstorming-Runden wurden Ideen entwickelt, für gut befunden oder wieder verworfen, Alternativen diskutiert und mit dem Kunden abgestimmt. Ei-
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ne überdimensionale rote Wollmütze, die Gebäuden aufgesetzt wurde, ist schließlich als zentrales Bildelement gewählt worden. Mit Blick auf die Zielgruppen der Hauseigentümer und Mieter, der mittelständischen (Bau-)Wirtschaft sowie weiterer Multiplikatoren im Bereich Bauen und Sanieren fokussierte sich die Kampagne dann auf drei Botschaften: Mit der Sanierung von Gebäuden lassen sich Heizkosten senken („gut fürs Portemonnaie“), der CO2-Ausstoß reduzieren („gut fürs Klima“) und Arbeitsplätze sichern („gut für die Wirtschaft“). In Absprache mit den Verantwortlichen im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung wurden auf dieser Grundlage weitere Kommunikationsmaßnahmen geplant. Dazu zählten Pressearbeit, Anzeigen- und Plakatschaltungen, Online-PR und Veranstaltungen. Da es sich um eine orchestrierte Kampagne handelte, umfasste die Projektsteuerung auf Agenturseite auch die kontinuierliche Abstimmung aller Maßnahmen in inhaltlicher, formaler und zeitlicher Hinsicht. Dies erforderte die Koordination der verschiedenen beteiligten Teams und Abteilungen aus PR, klassischer Werbung und Mediaplanung, Online-Kommunikation und Event.
Umsetzung der Maßnahmen Ein wesentlicher Teil der täglichen PR-Arbeit in Agenturen besteht schließlich in der Umsetzung der konzipierten Maßnahmen. So war ein Bestandteil der CO2-Gebäudesanierungskampagne die sogenannte „Mützentour“. Hierbei reiste eine Installation aus zehn mit Hausfassaden plakatierten Litfaßsäulen, auf denen überdimensionale rote Wollmützen angebracht waren, durch ganz Deutschland. In den Innenstädten von Berlin über Erfurt bis München machten die „Mützensäulen“ auf das Thema Energieeffizienz und Gebäudesanierung aufmerksam. Begleitet und unterstützt wurde die Tour durch regionale Pressearbeit. Inhaltlicher Anknüpfungspunkt waren dabei jeweils regionalisierte Daten zu Energie- und CO2-Einsparpotenzialen sowie zu Sanierungsquoten. Gemeinsam mit einem wissenschaftlichen Partner wurden diese Daten erhoben, aufbereitet und den regionalen Medien angeboten. Zudem wurde von der Agentur für jede Tour-Station eine entsprechende Pressemappe erstellt. Neben Daten und Fakten zum Thema Gebäudesanierung und Energieeinsparung enthielt die Mappe auch Hintergrundinformationen zu den staatlichen Fördermöglichkeiten, Fotos, Grafiken sowie Interviews und Statements. Diese wurden von der Agentur zusammengestellt, redaktionell aufbereitet und mit dem Kunden abgestimmt.
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Eindruck von der „Mützentour“ in Berlin (Quelle: BMVBS/Amin Akhtar) Zum PR-Projektmanagement auf Agenturseite gehörte daneben auch die Planung und Umsetzung der jeweiligen „Mützentour“-Auftaktveranstaltung vor Ort. Das umfasste unter anderem die Organisation eines Pressetermins, die regionale Medienbetreuung, die Ablaufkoordination sowie den Versand von Bild- und Textmaterial. Auf Wunsch wurden auch Interviewpartner, beispielsweise Energieberater, vermittelt.
Evaluation Ein wichtiger Aspekt ist die Evaluation der durchgeführten PR-Maßnahmen. Als Standard hat sich die Auswertung von Medienclippings, das heißt von Medienbeiträgen, die sich auf die geleistete PR-Arbeit beziehen, etabliert. Zunehmend wird außerdem auf umfangreichere Medienresonanzanalysen oder detaillierte Befragungen zurückgegriffen, um die Wirkung von Kampagnen zu erfassen beziehungsweise eine bessere Steuerung zu ermöglichen. Neben Erfahrungen in der Konzeption, Planung und Umsetzung erwarten Kunden auch in den Bereichen Evaluation und Wirkungskontrolle die entsprechende Expertise. Agenturen arbeiten hier häufig mit weiteren Anbietern, beispielsweise für Medienbeobachtung, zusammen. Die Auswahl, das Briefing und die Steuerung solcher externen Zulieferer fallen ebenfalls in den Aufgabenbereich der PR-Beratung in Agenturen.
Teamplayer mit Dienstleistungsorientierung: Was Agenturen von Mitarbeitern erwarten Auch wenn viele Prozesse innerhalb der PR-Planung und -Umsetzung in Agenturen und Abteilungen für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ähnlich ablaufen, gibt es doch einige Unterschiede. Insbesondere zwei Aspekte sind hervorzuheben: PR-Berater in Agenturen bieten Kommunikation als Dienstleistung an und müssen sich damit auf
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einem Markt gegenüber Wettbewerbern behaupten. Und: Diese Dienstleistung wird in der Regel nicht von einer Person erbracht, sondern erfordert eine enge Zusammenarbeit innerhalb eines Teams. Das heißt für die PR-Berater, dass sie in mehrfacher Hinsicht gefordert sind:
Hohe Kundenorientierung Kundenorientierung steht in Agenturen an erster Stelle. Mit Blick auf die Beratungsleistung muss dies jedoch nicht gleichzusetzen sein mit unbedingtem Erfüllungsgehorsam und schlichtem Abarbeiten beauftragter Projekte. Vielmehr schätzt eine Vielzahl von Kunden ihr Gegenüber auf Agenturseite als Partner, mit dem Briefings, Lösungswege und Umsetzungsvarianten auf Augenhöhe diskutiert werden können: Worin besteht das aktuelle Problem des Kunden? Was sind die Hintergründe? Was möchte der Kunde durch Kommunikation erreichen? Sind die Ziele realistisch? Welche Lösungen bieten sich an? Welche Besonderheiten gilt es (etwa in der Branche oder in der Organisationsstruktur des Kunden) zu beachten? Welchen Weg möchte man in der Umsetzung beschreiten? Aber auch: Was sind die budgetären Rahmenbedingungen? Was lässt sich realistisch innerhalb des Budgets umsetzen? Im Endeffekt geht es – für den Kunden wie für die Agentur – immer darum, durch Kommunikation einen echten und möglichst messbaren Mehrwert zu schaffen. Dafür bedarf es in der Regel zahlreicher Abstimmungsrunden, Telefonate und Feedbackschleifen – und einer hohen Beratungs- und Servicekompetenz der entsprechenden Berater.
Hohe Qualitätsorientierung Als professionelle Kommunikationsdienstleister sind PR-Agenturen gefordert, ihre Leistungen auf einem verlässlich hohen Niveau anzubieten. Übergreifend bezieht sich dies zum Beispiel auf die Qualität von Analysen und Konzeption, auf ein reibungsloses Projektmanagement mit transparenter Zeit- und Budgetplanung, auf den geübten Umgang mit verschiedenen Kommunikationsinstrumenten, auf eine hohe handwerkliche Qualität der entstehenden Texte sowie auf die professionelle Zusammenarbeit mit Medien und Journalisten. Diese stellen nach wie vor die zentrale Bezugsgruppe der PR-Arbeit dar. Es ist daher für die Berater notwendig, die journalistischen Arbeits- und Herangehensweisen zu kennen und zu antizipieren. Dies beginnt mit der Kenntnis der aktuellen medialen Agenda und setzt sich fort mit dem Wissen über bestimmte Produktionsbedingungen (beispielsweise Aufzeichnungsbedingungen für O-Töne, Nutzung von Abbildungen etc.) sowie der Beachtung journalistischer Arbeitsweisen (Themenplanungen, Redaktionsschluss etc.). Alle
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Zulieferungen an Medien, seien es Presseeinladungen, Interviews oder Infografiken, sollten den journalistischen Qualitätsstandards und Arbeitsroutinen entsprechen.
Unternehmerisches Denken PR-Agenturen sind gewinnorientierte Unternehmen. Auch aus diesem Grund sind eine gute Organisationsfähigkeit und ein effizientes und effektives Projektmanagement unabdingbar. Darüber hinaus zielt die Arbeit in Agenturen aber immer auch auf die Gewinnung neuer Kunden, die Erschließung neuer Geschäftsfelder und die Umsetzung neuer Ideen. Zum Alltag für PR-Berater gehört daher auch die Teilnahme an Ausschreibungen und Pitches, also Wettbewerbspräsentationen. Auftraggeber laden hierbei mehrere Agenturen dazu ein, ihre Konzepte und Ideen zu einer bestimmten Aufgabenstellung vorzustellen. Auf dieser Grundlage entscheiden sie, mit welcher Agentur sie bei einem Projekt zusammenarbeiten möchten. Im Rahmen eines Pitches ist es häufig notwendig, sich innerhalb kürzester Zeit in ein komplett neues Feld hineinzudenken und sich mit einem Produkt oder einem politischen Programm, mit dem man manchmal zuvor kaum Berührungspunkte hatte, en détail zu beschäftigen. Dabei hilft nicht nur ein solides Hintergrundwissen, sondern auch eine generelle Neugier gegenüber aktuellen Themen, gesellschaftlichen Entwicklungen und medialen Formen. Nicht zuletzt kommt es darauf an, einen Ansatz, eine Idee, ein Konzept auch so präsentieren zu können, dass auf diesem Weg ein (neuer) Kunde überzeugt werden kann.
Teamfähigkeit Ob in Pitchphasen oder innerhalb der regulären Projektarbeit: Arbeiten in Agenturen heißt Teamwork. Fast nie entstehen überzeugende Strategien oder kreative PR-Ideen allein im stillen Kämmerlein. Oftmals sind eine Vielzahl an Brainstorming- und Abstimmungsrunden notwendig, bis eine Idee gefunden ist oder ein Konzept steht. Dabei ist jeder gefordert, seine spezifischen Erfahrungen und Kenntnisse mit einzubringen. Das gilt umso mehr, wenn verschiedene Kommunikationsfachleute – beispielsweise aus der klassischen Werbung, dem Direktmarketing oder anderen Bereichen – mit am Tisch sitzen, wie es bei größeren Projekten oft der Fall ist. Nicht zuletzt dieser enge Austausch macht die Arbeit in einer Agentur so spannend. Arbeiten in Agenturen heißt daneben häufig auch Arbeiten unter hohem Zeitdruck. Die Fähigkeit zur Selbstorganisation und ein klarer Kopf sind wichtig, wenn am nächsten Tag eine wichtige Präsentation ansteht, gleichzeitig eine Pressemitteilung versandt werden muss und ein Journalist nach zusätzlichem Bildmaterial fragt.
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Vom Volontär zum Seniorberater: Karrierewege in Agenturen Für PR-Berater in Agenturen gibt es bislang keinen einheitlich festgelegten Ausbildungsweg. Als Voraussetzung für den Einstieg kann jedoch ein abgeschlossenes Hochschulstudium gelten. Gängige Fachrichtungen sind Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in Kombination mit Kommunikations- oder Medienwissenschaften. Aber auch andere Fachrichtungen, beispielsweise aus dem natur-, rechts- oder kulturwissenschaftlichen Bereich finden sich häufig, insbesondere in Agenturen, die sich auf eine bestimmte Branche spezialisiert haben. Gute Voraussetzungen bieten auch Studienrichtungen mit einem speziellen PR-Fokus, wie sie an einigen kommunikationswissenschaftlichen Instituten angeboten werden. Neben dem Studienabschluss sind praktische Erfahrungen in PR oder Journalismus von Vorteil, beispielsweise durch freie Mitarbeit in einer Redaktion oder ein Praktikum in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Auch Fremdsprachenkenntnisse und Auslandserfahrungen sind ein wichtiger Pluspunkt. Schließlich sind mittlerweile immer mehr Agenturen über die Grenzen Deutschlands hinweg aktiv oder arbeiten für Unternehmen, deren Arbeitssprache Englisch oder Französisch ist. Der klassische Einstieg in eine PR-Agentur erfolgt in der Regel über ein Volontariat oder ein Traineeship. Ein fundiertes Volontariat oder Traineeship dauert, abhängig von der Agentur, zwischen einem und anderthalb Jahren. Dabei erhalten die Auszubildenden einen genauen Einblick in die Arbeitsabläufe: Sie lernen nicht nur konkrete Projekte kennen, sondern absolvieren auch Schulungen zum Beispiel zu PRFormaten und -Texten, Analysetools oder Präsentationstechniken. Redaktionelle Austauschprogramme und Hospitanzen bei Medien aus dem Print-, TV- oder Online-Bereich können Volontären zudem die Chance bieten, die journalistische Seite (noch) genauer kennenzulernen. Nach dem Volontariat gibt es die Möglichkeit der Übernahme als Juniorberater. Mit zunehmender Erfahrung und wachsender Projekt-, Budget- und Teamverantwortung ist ein Aufstieg zum Berater und Seniorberater möglich.
Literatur Röttger, Ulrike (2006): Campaigns (f)or a better world. In: Röttger, Ulrike (Hrsg.) (2006): 63–83 Röttger, Ulrike (Hrsg.) (2006): PR-Kampagnen. Über die Inszenierung von Öffentlichkeit. Wiesbaden
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Unternehmen: gemeinsam etwas unternehmen PR als integrale Unternehmenskommunikation von Ulrich Nies Head of Corporate Communications bei Clariant International
Der Autor Ulrich Nies leitet die Corporate Communications der Clariant International in Muttenz bei Basel. In seine Verantwortung fallen die Interne und Externe Unternehmenskommunikation sowie die Koordination der globalen Kommunikation in den Regionen. Daneben leitet er die Kommunikation des Unternehmens in den Regionen Europa, Mittlerer Osten und Afrika. Er ist seit sechs Jahren Pr채sident der Deutschen Public Relations Gesellschaft (DPRG).
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Es war einmal vor nur einem Vierteljahrhundert Pressestelle, Werkzeitung, Betreuung des Umfeldes mit Werkführungen, Schul- und Kirchenkontakte und vielleicht noch die Organisation von Vorstandsveranstaltungen – so wäre ein Beitrag über Unternehmenskommunikation vor rund einem Vierteljahrhundert gegliedert worden. In der Kommunikationsabteilung arbeiteten die Pressesprecher – damals eher extrovertierte Journalisten aus der ortsansässigen Tagespresse, während sich die Redakteure der Werkzeitung aus ihren eher introvertierten Kollegen rekrutierten. Daneben waren in der Unternehmenskommunikation Mitarbeiter aus anderen Unternehmensfunktionen tätig: etwa Vorpensionierte für Werkführungen und den Pressespiegel sowie vielleicht als Exot ein Lehrer für die Schulbetreuung oder ein Theologe für die Kirchenkontakte. Ihre Kontrahenten waren bekannt. Sie kamen aus der Werbeabteilung und warfen Geld aus dem Fenster. Sie saßen in der Personalabteilung, in den Laboren oder Werkstätten, verhinderten kritische Berichterstattung oder verhunzten Pressemeldungen mit ihrem Fachchinesisch. Wer sich damals ausbilden ließ, hörte Sätze wie: „Schreiben Sie mal was Schönes!“, oder: „Lass die Hunde ruhig bellen, die Karawane zieht weiter.“ Und tatsächlich, sie zog weiter. Allerdings in eine andere Richtung, als die Karawanenführer damals dachten und sie ist bis heute auch noch nicht angekommen. Aber Hauptsache die Richtung stimmt – und das tut sie vielerorts. Unternehmenskommunikation ist heute – dort, wo sie ernsthaft betrieben wird, wo also Wertbeiträge für den Unternehmenserfolg messbar erbracht werden sollen – ein integraler Bestandteil der Unternehmensführung, der ebenso gemanagt werden muss wie Marketing, Vertrieb oder Forschung.
Integrale Unternehmenskommunikation heute „Hier ist der Beschluss, verpacken sie ihn so, dass wir keine schlechte Presse haben“ – in diesem Satz kommt ein Kommunikationsverständnis zum Ausdruck, das aus den 80er Jahren stammt, aber bis heute weiterlebt: Kommunikation als End-of-PipeWerkzeug. Auch diesen Aufgaben muss sich der Unternehmenskommunikator stellen. Die Rolle als Reparaturmonteur oder Weichspüler ist durchaus anspruchsvoll und verlangt hohe handwerkliche Kunst. Sie führt jedoch nicht zur nachhaltigen Steigerung des Unternehmenswertes. Allenfalls verhindert sie die Vernichtung von Werten. „Was nicht kommunizierbar ist, ist auch nicht umsetzbar.“ Der sogenannte Sanitycheck eröffnet immerhin die Chance, Schaden frühzeitig abzuwenden und sich die Frage zu stellen: „Wie dann, wenn es so nicht geht?“ Hier erfolgt die Einbeziehung der Kommunikation früher. Sie wird in der Entscheidungsfindung mit berücksichtigt, in der Regel ohne allerdings in die Zielformulierung und Mittelwahl einbezogen zu werden.
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Integral ist eine Kommunikation erst dann zu nennen, wenn sie in die Steuerungssysteme des Unternehmens eingebunden ist und dafür eingesetzt wird, die Unternehmensziele zu erreichen. Was kann Kommunikation zu einem Veränderungsprozess beitragen? Wie muss der Prozess kommuniziert werden, damit er erfolgreich ist? Was definieren wir als Erfolg? Wird Kommunikation auf diese Weise in Unternehmensprozesse einbezogen, kann sie messbare Beiträge dazu leisten, die Unternehmensziele zu erreichen und ihr Erfolg kann bzw. muss sich an der Zielerreichung messen lassen. Wer übrigens meint, integrale Kommunikation sei die Weiterentwicklung der integrierten Kommunikation, irrt sich. Richtig ist: Integrierte Kommunikation steht für den inhaltlich und zeitlich aufeinander abgestimmten Einsatz der Kommunikationswerkzeuge, um die Wirkung bei als relevant definierten Stakeholdern zu optimieren. Integrale Kommunikation bedient sich hingegen des integrierten Ansatzes zur Erreichung ihrer Ziele. Kennzeichnend ist das Zusammenwachsen der Internen und Externen Kommunikation aufgrund der kaum noch wahrnehmbaren Grenzen zwischen den Zielgruppen. Dies verlangt eine hohe inhaltliche und zeitliche Konsistenz der Botschaften und Maßnahmen. Organisatorisch lässt sich dies mithilfe einer integrierten Medienredaktion angehen, in der die Inhalte zentral für unterschiedliche Zielgruppen und über verschiedenste Medien aufbereitet werden. Der organisatorische Aufbau von Unternehmenskommunikation ist heute abhängig von Unternehmensstruktur und oft auch -herkunft sowie dem Gefüge in der Unternehmensleitung. Bei B2C-Unternehmen sind Marktkommunikation und PR meist getrennt und Teil verschiedener Vorstandsressorts. Oft berichten auch die Einheiten für Investor Relations an den Finanzvorstand, während die PR an den Vorsitzenden rapportiert. Ebenso vielfältig sind die Methoden, Regeln und Rollen bei der Steuerung von Kommunikation. Speziell bei global aufgestellten Unternehmen stellt sich die Frage, ob die Niederlassungen rund um den Globus und Kommunikationsfunktionen wie die Marktkommunikation oder Public Affairs zentral oder dezentral gesteuert werden sollen. Was soll bis wann, mit welchen Mitteln bei ausgewählten Zielgruppen erreicht werden? Kommunikationsstrategische Lösungen erfordern in aller Regel einen integrierten Ansatz, der über unterschiedliche Steuerungsmechanismen sichergestellt werden kann. Entscheidend bei allen Ansätzen ist eine klare Rollenbeschreibung jeder Kommunikationsfunktion mit Regeln für Berichtslinien und -arten sowie für Zielvereinbarungs- und -bewertungsprozesse. Diese werden in Form von Policies (bindend) und Guidelines (anleitend) niedergelegt. Diese Regeln können idealtypisch von zwei Ansätzen ausgehen: dezentrale Steuerung im Sinne von Kommunikationsnetzwerken zwischen Fachleuten, die in einer Vielzahl von Einheiten der Aufbauorganisation verankert sind. Oder: zentrale Steuerung durch die Zusammenfassung aller Kommunikationsfunktionen in einer Kommunikationseinheit.
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Aufgaben in der Unternehmenskommunikation Eine umfassend angelegte Unternehmenskommunikation umfasst die Disziplinen Corporate Communications mit Interner und Externer Kommunikation, Corporate Publications, Public Affairs, Investor Relations, Branding und Unternehmenswerbung mit Sponsoring, Marktkommunikation, Umfeld- und Stakeholderkommunikation sowie Stabsfunktionen für Planung, Projekte, Monitoring, Archiv und Controlling. So vielfältig wie die Aufgaben sind auch die Anforderungen an die Kommunikationsschaffenden in diesen Bereichen und damit auch die Voraussetzungen für Einsteiger. Für einige ausgewählte Disziplinen der Unternehmenskommunikation wird dies nachfolgend beleuchtet:
Planung, Controlling, Steuerung Die Kommunikationsplanung erfolgt in der Regel in einem jährlichen Turnus auf Grundlage der mehrjährig angelegten Kommunikationsstrategie sowie der im Branding festgelegten Markenwerte, Inhalte und Tonalitäten. Die Kommunikationseinheit erarbeitet lang-, mittel- und kurzfristige Themen sowie Maßnahmen und Budgets und stimmt sie mit der Unternehmensleitung ab. Dieser Prozess wird vom Leitungsteam der Kommunikation gesteuert und oft von einer Stabsfunktion beim Leiter Unternehmenskommunikation unterstützt. Aus dem Plan werden messbare Erfolgsgrößen abgeleitet, die dann im Laufe des Jahres mit verschiedensten Methoden möglichst kontinuierlich gemessen werden, um eine Nachsteuerung zu ermöglichen. Medieninhaltsanalyse, Medienmonitoring, Social-Media-Monitoring, Budgetkontrolle, Befragungen – die Messmethoden sind zahlreich. Über ihre Sinnhaftigkeit entscheiden die Kommunikationsziele. So muss über die Intensität eines Social-MediaMonitorings zum Beispiel anhand der möglichen Risiken für das Unternehmen entschieden werden. Besteht ein hohes Risiko, so ist das Monitoring nur sinnvoll im Rahmen eines definierten Issue-Management-Prozesses. Um in diesem Bereich Fuß zu fassen, sind Kenntnisse der Wirkungsforschung und Grundlagen der empirischen Sozialwissenschaften notwendig. Nur eine hinreichende Bewertungs- und Interpretationskompetenz kann die Auswahl passender Instrumente und ihre Nutzung für die Kommunikationsplanung sicherstellen. Grundwissen über kaufmännische Kenngrößen ist von Nutzen, wird allerdings in der Regel von Facheinheiten des Unternehmens zur Verfügung gestellt.
Medienarbeit Medienarbeit ist unverändert eine Kernkompetenz der Unternehmenskommunikation. Sie umfasst die Gestaltung der Beziehungen zu Journalisten aus
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Corporate-, Lokal-, Fach- und Publikumsmedien. Der Zuschnitt der Medien betreuenden Einheiten ist stark von den Zielmärkten der Unternehmen bzw. der Positionierung als B2C- oder B2B-Unternehmen abhängig. Wirtschaftsoder Corporate Medien werden meist von der Leitung der Unternehmenskommunikation bearbeitet, da hier CEO und CFO direkt involviert werden müssen. In diesem Bereich findet man am häufigsten Quereinsteiger aus den Medien. Kenntnisse über journalistische Arbeitsweisen, Bedürfnisse, Regeln und Zwänge sind unabdingbar und sollten möglichst durch eigene Tätigkeiten im journalistischen Bereich erworben werden. Während des Studiums sollten Praktika absolviert werden, die die Möglichkeit anschließender freier Mitarbeit bieten. Wichtiger als die Suche nach großen Namen bei der Praktikumsauswahl ist die Möglichkeit, selbst tätig zu werden und dies mit eigenen Beiträgen belegen zu können. Bei Volontariaten oder Traineeships sind häufig mehrmonatige Lernphasen in Medienredaktionen vorgesehen, was ein wesentliches Qualitätsmerkmal für diese Form der Ausbildung ist.
Public Affairs und Stakeholder-PR Public-Affairs-Arbeit wird sowohl von PR-Profis als auch von Seitenwechslern aus Politik, Verwaltung und Verbänden betrieben. Meist wird von Seite des Unternehmens eine Mischung aus unternehmensrelevanten Fachleuten (Ingenieure, Chemiker etc.) und PR-Profis angestrebt. Letztere bilden häufig die Schnittstelle zu anderen Stakeholdern wie Journalisten. Bei international aufgestellten Unternehmen ergibt sich oft die Möglichkeit eines Auslandseinsatzes. Umfeld-PR beinhaltet unter anderem die Organisation von Community Advisory Panels oder Besucherbetreuung. Sie ist bei PR-Profis weniger beliebt, rundet die eigenen Kompetenzen jedoch gut ab. Weitere Chancen bieten sich in der oft in Personal- und Sozialeinheiten angesiedelten Betreuung von weiteren speziellen Stakeholdern. Dazu gehören etwa die Talentsuche im Rahmen von Employer Branding, die PR für Kunst- und Kulturprogramme sowie vor allem CSR-Programme. Neben der Kompetenz zur Konzeptionierung und Organisation von Maßnahmen steht die Fähigkeit zu einem erfolgreichen Beziehungsaufbau auch außerhalb der eigenen Peergroup im Vordergrund. Zu empfehlen sind Weiterbildungen im Projektmanagement.
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Interne Kommunikation Werkzeitung, Print- und elektronische Newsletter, Intranet, Push-Kommunikation, Bewegtbild- und Richmedia-Angebote, direkte und indirekte Kommunikation mit den internen Stakeholdergruppen – der Werkzeugkasten der Internen Kommunikation ist reich bestückt. Hinzu kommen verstärkt die Unterstützung bei Change-Prozessen und der Einsatz von Social Media. War in der Vergangenheit vor allem eine starke Medien- bzw. Redaktionskompetenz gefragt, so kommen heute Know-how im Beratungs- und Change-Mangement hinzu. In kaum einer anderen Kommunikationsfunktion sind die Fähigkeit zur analytischen Durchdringung der zu transportierenden Themen sowie die Kompetenz, Inhalte adäquat für unterschiedliche Zielgruppen zu übersetzen, so wichtig wie in der Internen Kommunikation. Ebenso gefragt sind gute Kenntnisse der Betriebsverfassung und verstärkt sind auch Kenntnisse der interkulturellen Kommunikation und der Psychologie wichtig, zum Beispiel hinsichtlich der Verarbeitung von Verlusterlebnissen oder der Wahrnehmung von Bedrohungen bei Veränderungsprozessen.
Social Media/Neue Medien Gehörte in den 90er Jahren das Internet zu der Speerspitze der Neuen Medien, so haben heute Social Media diese Rolle eingenommen. Am Anfang eines medialen Innovationszyklus erfolgt meist eine organisatorisch eigenständige Betreuung neuer Kommunikationswerkzeuge – so auch im Bereich Social Media. Am Ende des Zyklus, wenn das hierfür notwendige Knowhow vorhanden ist, werden die neuen Werkzeuge und ihre Anwendung dann wiederum in die herkömmlichen Kommunikationsstrukturen des Unternehmens eingegliedert. Die Halbwertzeit der Sonderstellung von Social-Media-Fachleuten ist also begrenzt. Von Einsteigern wird erwartet, dass sie die unterschiedlichen Social-Media-Instrumente sowohl einzusetzen als auch zu bewerten wissen. Diese Kompetenzen sind jedoch lediglich als eine Zusatzqualifikation anzusehen. Studiengänge, die Neue Medien in den Mittelpunkt stellen oder Abschlüsse mit Bezug darauf vergeben, sind mit Vorsicht zu genießen. Wer möchte sich schon heute noch als „Bachelor Intranetmanagement“ bewerben?
Einstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten Studium ist Pflicht, die Auswahl des richtigen Faches eher das Sahnehäubchen. Hier gilt: Neigung vor Taktik. Absolventen von Kommunikationsstudiengängen haben allerdings, was die Einstiegschancen angeht, die Nase vorn. Gerade PR-Absolventen bringen eine überdurchschnittliche Erfahrung im konkreten Einsatz von Kommuni-
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kationswerkzeugen mit. Wird Kommunikation dagegen lediglich im Zweitfach studiert oder ein Studium Generale absolviert, können aufgrund der Wissensbreite weitere Investitionen notwendig sein – etwa in eine Weiterbildung zum PR-Berater. Ausgedehnte Auslandsaufenthalte, englische Sprachkenntnisse auf Verhandlungsniveau, gesellschaftliches Engagement und Praktika, die idealerweise in dauerhafte freie Mitarbeiterschaften geführt haben, erhöhen die Einstiegschancen. Angesichts der kompakten Bologna-Pläne ist dies jedoch ein hoher, in Gänze nicht zu erfüllender Anspruch. Der Aufbau spezieller Stärken erscheint deshalb Erfolg versprechender als der Versuch, alle Anforderungen gleichermaßen zu erfüllen. Durch die Umstellung auf Bachelor- und Masterabschlüsse erfolgt der Berufseinstieg heute in der Regel früher als zu Zeiten von Diplom und Magister. Dies wurde von Unternehmen lange Jahre gefordert. Dennoch erscheinen sie nun, nach Einführung des neuen Systems, teilweise überfordert. Personalabteilungen stellen sich die Frage, was man von so jungen Menschen wohl erwarten kann. Ein PR-Volontariat bzw. Traineeship und/oder die Weiterbildung zum PR-Berater sind in jedem Fall für die Unternehmenskommunikation empfehlenswerte Einstiegswege. Dabei gilt es, die Inhalte der Ausbildung, Spezialisierungsgrad, Individualisierbarkeit und die Intensität der Betreuung zu hinterfragen. Sind inhaltliche Wissensvermittlung und Betreuung durch entsprechende Lehrpläne sowie erfahrene Betreuer gewährleistet, spielt es nur noch eine untergeordnete Rolle, ob das PR-Volontariat oder Traineeship direkt in einem Unternehmen erfolgt oder in einer Agentur, und erst im Anschluss der Wechsel in ein Unternehmen angestrebt wird. Der in Agenturen oft höhere Druck durch Kunden aus unterschiedlichen Branchen und die Pflicht, Wertschöpfungsbeiträge unmittelbar zu belegen, kann sich als prägend erweisen und so zum Erfolg im späteren Berufsleben beitragen. Der zu Anfang beschriebene Quereinsteiger in die Unternehmenskommunikation ist selten geworden. Immer noch suchen und finden zwar viele Journalisten den Weg in die PR. Der Wechsel der Schreibtischseite erfolgt aber immer früher und mit dem Bewusstsein, sich über die erlernten journalistischen Fähigkeiten hinaus die Kompetenzen des PR-Berufes aneignen zu müssen. Was die Entwicklungsmöglichkeiten anbelangt, gilt: Hierarchien in der Unternehmenskommunikation sind in aller Regel sehr flach. Mehr als drei Führungsebenen sind selten. So berichten meist nur fünf bis sechs sogenannte Direct Reports an den Leiter der Kommunikationseinheit. Diese wiederum stützen sich auf ein Team von gleicher Größe. Hieran schließt sich die Ebene der Fachleute ohne Personalverantwortung an. Wer in die Unternehmenskommunikation geht, muss sich darauf einstellen, dass sich seine Karriere überwiegend horizontal entwickeln wird: Unterschiedliche Themen, Projekte und Anspruchsgruppen sorgen für neue Herausforderungen. Die Bereitschaft, ständig zu lernen und sich von Vertrautem zu verabschieden, ist eine wichtige Voraussetzung für Zufriedenheit in diesem Berufsfeld. Projektmanagement in unterschiedlichen Rollen ist auch bei der Übernahme von Führungsaufgaben eine Kernkompetenz. In Großunternehmen wie im Mittelstand ist zudem interkulturelles
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Management gefordert. Andere Kulturen verstehen, auf unterschiedliche Bedürfnisse eingehen und sie für den Projekterfolg nutzen, dies zählt zu den Königsdisziplinen im Unternehmen. Wer in der Unternehmenskommunikation eine Karriere im vertikalen Sinne anstrebt, muss sich gezielt am Berufsbild des Kommunikationsmanagements ausrichten. Das Anstreben eines höheren akademischen Grades berufsbegleitend nach den ersten Erfahrungsjahren verbessert sowohl die Entwicklungschancen innerhalb des Unternehmens als auch die Attraktivität für einen anderen Arbeitgeber. Wichtig bei der Auswahl des Angebotes ist aber, dass nicht nur Wissenslücken geschlossen oder vorhandene Spezialisierungen verstärkt werden, sondern eine Ausrichtung auf das Management von Kommunikation erfolgt. Auch gilt: Nicht jeder fähige PR-Professional ist für Führungspositionen bestimmt. Ein Grundsatz, den sich auch Personalentscheider immer wieder vor Augen führen müssen. Wenn der beste Redakteur Leiter der Mitarbeiterkommunikation wird, oder der eloquenteste Pressesprecher Head of Corporate Media Relations, lässt sich im Unternehmen viel Schaden anrichten. Als Folge dieser Auswahl muss der Redakteur plötzlich eine Reihe anderer Redakteure persönlich führen und kommt kaum noch zum Schreiben oder er muss den Vorstand bei einem Veränderungsprojekt beraten, wo er doch lieber im Stillen Texte redigieren würde.
Mit einer Stimme Kommunikationsarbeit in Verbänden von Alexander Legowski Leiter Presse-/Öffentlichkeitsarbeit beim Zentralverband des Deutschen Handwerks
Der Autor Alexander Legowski ist seit 1999 Pressesprecher und Leiter der Abteilung Presseund Öffentlichkeitsarbeit des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) in Berlin. Er hat Soziologie, Politische Wissenschaften und Städtebau studiert. Nach Volontariat und Redakteurstätigkeit bei verschiedenen Tageszeitungen leitete er ab 1984 die Redaktion einer Fernseh- und Hörfunkagentur in Bonn für die damals neuen privaten Sender. Von 1988 bis 1999 arbeitete er im Studio Bonn des Fernsehsenders Sat.1 – als politischer Korrespondent, Reporter und Moderator sowie als stellvertretender Studioleiter.
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Das Ende der Verbände wäre das Ende der Demokratie Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder wird stets als „Genosse der Bosse“ in Erinnerung bleiben. Ein SPD-Politiker, der einen direkten Draht zu den wichtigsten Entscheidern der Wirtschaft pflegte. Ob Bankchef oder Vorstandsvorsitzender eines Dax-Konzerns – alle waren gerne gesehen im Bundeskanzleramt in Berlin, bei bestem Rotwein und kubanischen Zigarren. Verbände, die Banken oder die Industrie vertreten, gerieten da ein wenig ins Abseits. Viele ihrer Mitglieder ließen ihre Bosse persönlich beim Kanzler antichambrieren, wollten die notwendigen Kompromisse bei der Verbandsarbeit nicht mehr mitmachen. Die Magazine in Deutschland verkündeten das „Ende der Verbände“. Parlamentarische Demokratie ist aber Kleinarbeit. Ohne Verbände findet sich die Mehrheit unserer Wirtschaft in der politischen Willensbildung nicht mehr wieder. Verlierer dieser Entwicklung waren daher nicht allein die Verbände. Die mittelständischen Unternehmen – ob klein, ob größer, ob Handwerk, Handel oder Industrie – sie wurden von den Dax-Bossen nicht vertreten. Aber sie hatten auch weder Zeit noch Geld und schon gar nicht die Bedeutung, ins Allerheiligste des Kanzleramtes vordringen zu können. Je kleiner Unternehmen sind, desto wichtiger ist für sie daher die Zusammenarbeit und Interessenbündelung in einem Verband. Zweiter Verlierer: die Demokratie. Das klingt jetzt zu pathetisch? Mag sein. Aber es sind ja die Verbände, die den Ministerien, den Abgeordneten und ihren Mitarbeitern zuarbeiten. Die schon eine Meinungsbildung in der eigenen Verbandsstruktur geschaffen haben und diese Arbeit der Politik abnehmen. Die als Experten in den Anhörungen der Parlamentsausschüsse wichtiges Fachwissen einbringen. Großunternehmen sind sich selbst die Nächsten, legen nur vor, was ihnen allein hilft. Dritter Verlierer waren die Abgeordneten. Keinem Parlamentarier gefällt es, wenn der Bundeskanzler nicht mehr die Willensbildung in Partei und Parlament beachtet, sondern diese in kleinen Zirkeln betreibt und dann zu diktieren versucht. Das war später auch das Dilemma der Großen Koalition mit Bundeskanzlerin Merkel an der Spitze. Nach 2005 wurde vielen Gesetzen der Großen Koalition von der Presse der Stempel aufgedrückt: „mit handwerklichen Fehlern“. Der Vergleich hinkt sehr – Handwerker sind in Deutschland bestens ausgebildet, die Zahl ihrer Fehler also eher begrenzt. Politiker sind für ihren Beruf selten richtig ausgebildet. Wenn sie also untereinander die Gesetzesverabredungen auskungeln und den fachlichen Rat der Betroffenen etwa in Ausschusssitzungen gar nicht mehr hören wollen, wenn sie in einer Koalition eine satte Parlamentsmehrheit haben und die Opposition keine Rolle mehr spielt bei der Gesetzesarbeit, dann sind Fehler eher zwangsläufig. Erfahrungen aus der Praxis fließen nur durch Anhörungen der Betroffenen in die politische Diskussion ein. Auf den parlamentarischen Prüfstand kann nur eine starke Opposition die Gesetze stellen. Fehlt beides, fällt das fatal auf, wenn solche Gesetze in Kraft treten und die Folgen der Fehler sichtbar werden.
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Die Arbeit der Verbände kann helfen, Gesetze zu verbessern. Eine Regierung sollte daher ein offenes Ohr für Verbände haben und die Diskussion mit ihnen und ihren Repräsentanten pflegen. Bundeskanzlerin Merkel wusste sogar, sich mittels der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft politischen Ärger vom Hals zu halten. Sie unterbreitete den Verbänden ein Angebot, das sie nicht ablehnen konnten: Vor der Unternehmenssteuerreform bat sie die Interessenvertreter, ein gemeinsames Forderungspapier vorzulegen. So delegierte sie den politischen Streit an die Verbände, die sich untereinander einigen mussten. Merkel speist ebenfalls gerne mit Ackermann und Co. – aber sie lädt vor allem in Krisenzeiten auch gerne die Präsidenten der Verbände an den Tisch im Kanzleramt. Trotz der verstärkten Präsenz von Großunternehmen in Berlin und Brüssel, ein Ende der Verbände – und damit der Demokratie – muss Deutschland noch nicht befürchten, auch wenn dieses zwischenzeitlich immer wieder vorhergesagt wird.
Mit Kommunikation zum Erfolg Die bessere Ausgangslage hat im politischen Entscheidungsprozess eines demokratisch verfassten Staates immer der Verband, der aus der Masse herausragt. Dessen Mitarbeiter belastbare persönliche Netzwerke zu den politischen Akteuren und anderen wichtigen gesellschaftlichen Gruppierungen aufgebaut haben, dank einer Besetzung an der Spitze, die positiv auffällt. Und einer Kommunikationsarbeit, die auf die richtige Strategie setzt – damit alle erfahren, wie erfolgreich der Verband ist. Die Verbandskommunikation steht dabei im gleichen Spannungsfeld wie die anderer Organisationen auch, nur ist dies für die Verbandskommunikation von besonderer Bedeutung: Interne und externe Kommunikation müssen ineinandergreifen. Das heißt die Mitglieder und ihre Wünsche, die Herausforderungen durch die Politik und die Einflüsse anderer wichtiger gesellschaftlicher Strukturen müssen ebenso beachtet werden wie die Wahrnehmung durch die Medien. Zuvorderst sollte die Zufriedenheit der Mitglieder mit dem Verband gesichert werden. Sie geben die Ziele des Verbandes vor: Für die grundsätzliche Ausrichtung der Arbeit geschieht dies über die Satzung, die aktuellen Aktivitäten bestimmt die Mitgliederversammlung. Ohne eine erfolgreiche Mitgliederkommunikation wird jeder Verband ins Schleudern kommen. Erfolgreich ist die verbandsinterne Kommunikation immer dann, wenn der Geschäftsführer mit seinem Rechenschaftsbericht das Kontrollgremium und die Mitgliederversammlung überzeugt und die Entlastung für seine Geschäftsführung erhält. Dem einen gelingt das, indem die Finanzen stimmen, die Mitglieder sich mit ihren Anliegen ernst genommen fühlen und der Verband beim parlamentarischen Abend in Berlin ein Mitglied der Bundesregierung als Redner zu Gast hat sowie mehrere Abgeordnete aller Parteien, die im Bundestag vertreten sind. Eine Aufgabe, die die Geschäftsführung eines Verbandes meist problemlos noch alleine bewältigen kann.
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Andere Verbände können ihre Mitglieder erst zufriedenstellen, wenn der ehrenamtliche Präsident in regelmäßigen Abständen in der Tagesschau oder in einschlägigen Fernsehtalkshows auftaucht, wichtige politische Meinungsäußerungen ihres Verbandes in der überregionalen Tages- und Wirtschaftspresse erscheinen und zu den Mitgliederversammlungen Bundeskanzlerin oder Wirtschaftsminister erscheinen – natürlich mit möglichst vielen Journalisten im Schlepptau. Hier sind bei der Planung und Durchführung Kommunikationsexperten gefragt. Es gilt: Je stärker das Bild eines Verbandes durch externe Kommunikation und Medienberichterstattung geprägt werden soll, desto professioneller muss die Verbandskommunikation aufgestellt sein. Die Erwartungen an den Verband und damit an dessen Kommunikatoren hängen wesentlich auch davon ab, welche Mitglieder der Verband hat: Wer Großunternehmen zu seinen Verbandsmitgliedern zählt, trifft dort auf (meist höher bezahlte) Profis, was Presse-, Öffentlichkeitsarbeit und Lobbying angeht. Kritisch nehmen diese die Verbandsarbeit unter die Lupe, suchen nach dem Vorteil und Nutzen ihrer Mitgliedschaft für das eigene Unternehmen. Eine institutionalisierte Interne Kommunikation zwischen den Kommunikatoren ist dann ein Muss. Wer kleinere Unternehmen vertritt, findet dort viele Patriarchen aus (oft sehr erfolgreichen) Familienunternehmen, die ihren Weg lieber alleine gehen und in der Kommunikation gerne ihrem Bauch folgen. Gute Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ist für sie oft eine Erfahrung mit Aha-Effekt und kann einen Stein ins Rollen bringen. Wer sogar mit einer Kampagne punkten kann, überzeugt diesen Unternehmertyp vollends. Wer andere Verbände oder Kammern vertritt, findet dort zwar mehr oder weniger professionelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit vor, ist jedoch aufgefordert, den Takt bei der Kommunikation vorzugeben. Mit einer Stimme zu sprechen, das ist das Ziel dieser Verbände der Verbände – und manchmal gelingt das sogar. Gemeinsame Themenkonferenzen oder Ausschüsse, die ein- bis zweimal im Jahr tagen, helfen dabei. Egal, wen der Verband letztlich zu seinen Mitgliedern zählt: Die wichtigste Aufgabe ist es, Kommunikationsstrukturen aufzubauen, die dem Verbandserfolg dienen. Also beispielsweise: die Geschäftsführung professionell beraten, gute Kommunikation zu den Mitgliedern pflegen, für kontinuierliche Beachtung durch die Presse sorgen, erfolgreiches Agieren in Krisensituationen unterstützen, die Kooperation mit Agenturen oder externen Auftragnehmern zielorientiert moderieren, eine nutzerorientierte Internetplattform schaffen.
Arbeitsalltag: Einfühlungsvermögen, Know-how und Einsatz gefragt Die vielschichtigen Herausforderungen der Verbandskommunikation erfordern Know-how und Einfühlungsvermögen. Nur so gelingt es, die Spitze öffentlich zu profilieren und dafür zu sorgen, dass die Mitglieder mit einer Stimme sprechen. Es gilt, die Meinung deutlich in der Presse und der Öffentlichkeit zu artikulieren, ohne die Politik vor den Kopf zu stoßen – denn während Großmäuler bei der Presse zwar gerne gesehen sind, reagieren Politiker sehr empfindlich auf rein populistische Angriffe und Forderungen.
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Zudem ist es nicht leicht, auf Anhieb zu verstehen, wie ein Verband tickt, welche Informationswege es gibt. Hier ist es notwendig, in den Verband hineinzuhorchen, Kontakte über alle Ebenen zu nutzen und immer am Ball zu bleiben. Ohnehin ist es zur strategischen Themenfindung und -setzung in Verbänden meist unabdingbar, dass die Kommunikationsabteilung agiert. Erst der regelmäßige informelle Kontakt zu den unterschiedlichen Fachexperten im Haus fördert Themen zutage – ob beim Kaffee, in der Kantine oder auf dem Flur. Denken Sie immer daran: Warum sollte ein Rentenexperte kurzfristig handeln wollen – für ihn ist die Rente mit 67 das Maß aller Dinge. Das Statement für die morgige Zeitung muss der Sprecher angehen. Und: Warum sollte ein Experte in beruflicher Bildung eine Sprache pflegen, die auch künftige Azubis verstehen? Er setzt sich schließlich mit Wissenschaftlern oder Ministerialbeamten auseinander. Die Übersetzung für die Bild-Zeitung ist Ihr Job. Warum sollte ein Volkswirt Ihnen beim Konjunkturbericht auch nur das kleinste Detail unterschlagen? Er ist für die Empirie zuständig – der Sprecher für die Auswahl und Formulierung der relevanten Punkte im Pressestatement. Wenn der Verband gut geführt ist, erhalten die Kommunikatoren Unterstützung durch die Geschäftsführung: bei den Themen für die Pressearbeit und bei den Vorschlägen für eine öffentlichkeitswirksame strategische Themensetzung, für erfolgreiche Rede- und Diskussionsveranstaltungen und nicht zu vergessen, bei Journalistenreisen oder -events. Ein weiteres wichtiges Merkmal bei der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für Verbände ist die permanente Parallelität von aktuellen Anforderungen und mittel- und langfristigen Aufgaben. Damit wird nicht jeder gleich gut fertig. Gelernte Journalisten aus tagesaktuellen Medien sind schnell und zielgerichtet bei aktuellen Anfragen – tun sich aber schwerer damit, über Wochen hinweg den roten Faden für andere Aufgaben in der Hand zu halten. Frühere Agentur-Professionals erledigen auch unterschiedliche Aufgaben parallel termingerecht – dafür fehlt ihnen oft das Verständnis für die Abläufe in den Medien. Wer Kommunikation studiert hat, aber wenig Praxiserfahrung aufweist, bringt nicht unbedingt das Gespür für die Entscheidungsprozesse in einem Verband oder gar in der Politik mit – ohne intensive Einarbeitungszeit läuft es dann nicht. Verbandsarbeit hat zudem fast immer eine politische Komponente. Ob nun eine Rede geschrieben, ein Interview redigiert oder ein Statement formuliert, ob ein Flyer oder gleich eine Broschüre produziert wird: Die politische Dimension muss im Auge behalten werden. Daran muss man Freude haben. Achtung: Die politische Dimension erfährt eine Steigerung, wenn ein Ex-Politiker an der Spitze des Verbandes steht bzw. dorthin wechselt. Verbandssprecher sollten gute Kontakte zu Bürgermeistern, Landräten, Ministerien und Parteien haben – und zu ihren Kollegen dort. Wer konzertiert vorgeht, vermeidet Ärger und hilft beiden Seiten. Der Auf- und Ausbau von Netzwerken ist für Verbandskommunikatoren von zentraler Bedeutung. Gute Kontakte zu anderen Verbänden helfen, eigene Stärken und Defizite besser zu erkennen. Ein verlässliches Netzwerk bei Journalisten hilft aus
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schwierigen Situationen heraus. Wenn alles passt, nützt es auch dem Verband langfristig – um beispielsweise Themen zu besetzen und das Profil in der Öffentlichkeit zu schärfen. Dafür brauchen Verbandsvertreter einen langen Atem und unzählige Kontakte. Wenn Frühstück oder Arbeitsessen auf Spesen anfangen Freude zu machen und vor allem dazu dienen, gute Kontakte zu bestätigen, dann sollten Sie kein schlechtes Gewissen haben. Dann haben Sie vorher alles richtig gemacht.
Herausforderungen suchen und annehmen! Das Spielfeld für Verbandskommunikatoren ist vielseitig, spannend und bietet immer neue Aufgaben. Egal, ob Sie für einen großen Verband tätig sind oder für einen kleinen. Ob Sie in Berlin sitzen oder in Bad Windsheim, ob Sie für Energiekonzerne lobbyieren oder für die Campingwirtschaft. Denn in der Kommunikation gibt es immer etwas zu verbessern. Sie landen etwa in einem Verband, in dem der Geschäftsführer oder Präsident Kommunikation vor allem für seine Sache hält? Bauen Sie doch mit neuen Ideen und Methoden ein breites und schnelles Kommunikationsnetzwerk zu den Mitgliedern auf, knüpfen Sie die Netzwerke des Verbandes zu den jeweiligen Fach- bzw. Tagesmedien engmaschiger. Sie schaffen so eine Basis, um künftig die Aktionen des Verbandes dank intensivierter Kommunikation intern wie extern erfolgreicher zu machen. Der Stellenwert der Kommunikation im Verband steigt. Dumm wäre, wer als Verbandsverantwortlicher die neuen Angebote seiner Pressestelle nicht nutzt. Sie sind in einem Verband gelandet, der regional Freiberufler, beispielsweise Ärzte, vertritt und nicht mehr erwartet als die Durchführung von zwei Pressekonferenzen pro Jahr und das Abfassen von zwei Pressemeldungen pro Monat? Warum machen Sie nicht aus der Homepage des Verbandes einen aktuellen Auftritt mit allen wichtigen Servicekategorien für die Mitglieder? Einem Themenservice für Journalisten sowie aktuellen Informationen für die Öffentlichkeit? Spätestens zum nächsten Ärztestreik oder zur nächsten Gesundheitsreform gibt der Verband regional den Ton an. Der Vorsitzende steht in bestem Licht da und kann sich auf der Mitgliederversammlung als zukunftsorientiert preisen lassen. Der Verband spart dank nun ausschließlich internetbasierter Kommunikation auch viel Geld. Davon sollte er seiner Kommunikationsabteilung etwas abgeben. Und ihr natürlich auch in Zukunft Gehör schenken, wenn sie Pläne für eine neue Kommunikationsstrategie vorlegt. Ihr Verband sitzt fernab der pulsierenden deutschen Metropolen? Das heißt nicht, dass die Arbeit weniger spannend und vielseitig sein muss. Bei meiner eigenen Arbeit stoße ich (erfreulicherweise) auf viele Pressesprecher unserer regionalen und fachbezogenen Mitgliedsorganisationen, die ein engmaschiges Netz zu den regionalen beziehungsweise branchenorientierten Medien geknüpft haben. Sie arbeiten mit Verlagen, Anzeigenabteilungen und Redaktionen gleichermaßen gut zusammen und kooperieren mit regionalen Hörfunk- und Fernsehanbietern. Sie wissen mit spannend aufbereiteten Veranstaltungen mediale Höhepunkte zu setzen. Und sie klinken sich in regionale Aktionen mit anderen Partnern ein und pushen dabei gezielt die eigenen Mitglieder. Diese Erfahrungen zeigen: Wer bewusst in der Region arbeitet, der hat
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es selbst in der Hand, seinen Job spannend und erfolgreich zu machen. Deutschland ist tatsächlich das Land der Ideen – und die sind nicht auf München, Frankfurt, Köln oder Berlin beschränkt. Ihr Verband ist zu klein, bündelt zu wenige Interessen oder vertritt eine Branche, die nicht interessant genug ist, um wahrgenommen zu werden? Auch kleine Verbände können sich eine stärkere mediale Wahrnehmung erarbeiten. Suchen Sie sich gegebenenfalls mächtige oder interessante Verbündete. Diese lassen sich finden. Denn selbst für anerkannte, mächtige Verbände lohnt sich das Zusammenwirken mit kleineren, um in entscheidenden politischen und gesellschaftlichen Debatten die Ziele tatsächlich wirksam durchsetzen zu können. Sie sind für einen Branchenverband tätig, dessen Mitglieder hoffnungslos hinter dem Mond leben. Die statt durch zielgerichtete Kommunikation immer wieder mit dilettantischen Aktionen auffallen. Sie sind es leid, dass alle Welt über Ihren Verband und die Branche lacht. Schreiben Sie doch einfach ein Buch darüber, wie eine verbesserte Kommunikation in der von Ihrem Verband vertretenen Branche funktionieren könnte. Gehen Sie ein Jahr bei den Mitgliedern mit Workshops hausieren. Ihr Buch hat dann das Zeug zum internen Bestseller – und die Kommunikation Ihrer Mitglieder sollte messbar professioneller werden. Sie vertreten eine Branche mit einem schwierigen Ruf in der Öffentlichkeit? Bringen Sie starke Fakten und Zahlen mit und suchen sich einen Partner mit weißer Weste für Ihre Presseaktivitäten – der Erfolg in der Öffentlichkeit wird nicht lange auf sich warten lassen. Beide Seiten sind zufrieden. Ihre Mitglieder stimmen der Erhöhung des Mitgliedsbeitrages zu, nachdem ihnen der Link zum Bericht der Tagesschau zugeschickt wurde. Und die Chancen Ihres Verbandes, auch bei der Politik endlich einmal vorbehaltlos gehört zu werden, steigen. Die Beispiele sind nicht aus der Luft gegriffen, sondern es handelt sich um Erfahrungen aus der Praxis, die beliebig fortsetzbar sind. Kommunikation soll Nutzen bringen. Der Kommunikator ist Experte und Dienstleister seines Verbandes. Es ist erstaunlich, welche Erfolge sich einstellen können, wenn die Kommunikation richtig eingesetzt und ständig verbessert wird. Dabei ist es nach meiner Erfahrung egal, ob die Kommunikatoren Erfahrungen aus einem Studium, aus der beruflichen Praxis in anderen Bereichen, dem Journalismus oder aus der Arbeit in Agenturen oder Unternehmen mitbringen. Da das Spektrum der Verbandsarbeit breit ist, kann jede Erfahrung wertvoll sein, um den Verband voranzubringen. Sie müssen nur in den jeweiligen Verband hineinhorchen und feststellen, wie Sie Ihre mitgebrachten Talente, das Gelernte und Ihre Erfahrungen möglichst erfolgreich einsetzen können. Die enge Zusammenarbeit mit der Verbandsspitze ist dabei unabdingbar – im Idealfall profitiert ja der Chef persönlich von der verbesserten Kommunikation. Letztlich gilt für die Verbandskommunikation: Keine Herausforderung ist zu schwierig, wenn das Team stimmt und die Verbandsspitze begreift, dass sie mit ihren Öffentlichkeitsarbeitern offen zusammenarbeiten sollte. Keine Aufgabe muss langweilig sein – frischen Wind in verstaubte Verbandsstrukturen zu lenken ist aller Ehren wert.
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Kreativität ist auch bei der eigenen Karriere gefragt In der Verbandskommunikation sind im vergangenen Jahrzehnt immer häufiger Journalisten zum Zuge gekommen. Das hat die Verbände spürbar erfolgreicher in ihrer Medienarbeit gemacht. Es sind parallel dazu immer mehr geschulte Kommunikationsexperten dazu gekommen – von den Hochschulen, aus Agenturen oder auch Experten, die die steigende Zahl ausgezeichneter Weiterbildungsangebote genutzt haben. Das bringt einen Schub an Professionalität in die Verbandsarbeit. Es erhöht gleichzeitig die Anforderungen, die an die Verbandskommunikatoren von heute und morgen gestellt werden – sowie den Wettbewerb unter den Bewerbern für die entsprechenden Stellen. Schnelles Texten, klare Ansprache, stringente Argumentation, kreative Ideen und politisches Verständnis werden vorausgesetzt. Aber auch Erfahrung im Umgang mit Medien, die Fähigkeit zur Beratung bei Kommunikationsstrategien oder auch die Durchsetzungsfähigkeit im eigenen Verbandsgefüge werden gebraucht. In größeren Verbänden kommt die Fähigkeit zur Teamarbeit dazu. Berufseinsteiger, die in der Verbandskommunikation Fuß fassen wollen, sollten entsprechendes Kommunikations-Know-how mitbringen und frühzeitig Praktika absolvieren. Nutzen Sie Beziehungen oder sprechen Sie als Student rechtzeitig vor, circa ein Jahr im Voraus. Wer den Einstieg schafft, den erwarten neben interessanten Aufgabenfeldern annehmbare Gehälter, die sich an der Größe und Bedeutung des Verbandes, der Potenz seiner Mitglieder und der Positionierung der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Verbandsgefüge orientieren. Die Gehälter von Journalisten oder PR-Agenturprofis werden erreicht, in Führungspositionen übertroffen. Wer mehr verdienen will, muss vom Verband zu einem Großunternehmen wechseln. Wer die ganz große Karriere anstrebt, der landet bei Verbänden oft in der Sackgasse. Bereichs- oder Abteilungsleiter Kommunikation oder Presse- und Öffentlichkeitsarbeit mit Sprecherfunktion ist meist die Endstation. In die Geschäftsführung rücken in der Mehrzahl Juristen auf. In einem großen Verband muss das nicht wehtun: Die Arbeitsanforderungen in Führungspositionen sind hoch, Überstunden und auch gelegentliche Wochenendarbeit selbstverständlich, die Bezahlung meist angemessen. In einem kleineren Verband dagegen stößt man nach ein paar Jahren oft an den Punkt, dass die Aufgaben nicht mehr den eigenen Ansprüchen genügen. Planen Sie rechtzeitig den Absprung, wenn der Weg in die Geschäftsführung versperrt sein sollte. Zum Beispiel zu einem anderen Verband, in dem Sie schneller die Nummer eins werden können. Oder erweitern Sie ihren Aktionsradius. Beispiel: Ihr Verband entwickelt Schulungen für seine Mitglieder – Sie übernehmen das Marketing. Oder: Teile der Mitgliedschaft wollen ihr Angebot als touristische Attraktionen vermarkten – Sie lassen sich zum Geschäftsführer wählen und organisieren OnlineAuftritt, Broschüre und regelmäßige publikumswirksame Veranstaltungen. Sie sind der Profi und schaffen sich zusätzliche regionale oder fachspezifische Standbeine – die Verbandsarbeit bleibt der Schlüssel dazu. Auch eine freiberufliche Tätigkeit und die Beratung und Arbeit als Dienstleister bei unterschiedlichen Verbänden kann für einen Profi eine reizvolle und finanziell lohnende Alternative sein. Exzellentes Networking in den Jahren davor kann eine belastbare Basis schaffen.
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Für Mitarbeiter auf der Referentenebene ist der Umstieg in die Pressestelle eines Mitgliedsunternehmens oder überhaupt eines größeren Unternehmens oft reizvoll. Die Arbeitsintensität nimmt zwar zu, dafür wächst das Gehaltskonto und auch die Karriereaussichten verbessern sich. Die Grenzen zwischen der Kommunikation und den unterschiedlichen Ausprägungen der politischen Beratung sind fließend geworden. Das ermöglicht exzellenten Profis den Sprung in neue Bereiche. Die Präsenzen der Großunternehmen in Berlin und Brüssel brauchen nicht nur juristisch vorgebildete Lobbyisten, sie stellen auch gerne Mitarbeiter ein, die über beste Beziehungen zu Politik und Medien verfügen. Die Leitung dieser Repräsentanzen ist dann in Reichweite!
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Do you want an easy job? PR f端r NGOs von Sergius Seebohm Leiter Kommunikation bei ONE
Der Autor Sergius Seebohm ist seit 2007 Leiter Kommunikation bei der entwicklungspolitischen Organisation ONE. Vor seiner Funktion bei ONE betreute er bei der Beratungsgesellschaft Johanssen + Kretschmer Strategische Kommunikation Kunden wie das Bundespresseamt, verschiedene Bundesministerien, die Coca-Cola GmbH oder studiVZ. Seebohm studierte Politikwissenschaften, Philosophie sowie Rechts- und Literaturwissenschaften in Berlin und D端sseldorf. Er ist Mitglied im Vorstand der Deutschen Gesellschaft f端r Politikberatung (de'ge'pol).
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Du und ich. Und sonst noch ein paar Leute. Wir sind auf der guten Seite. (Sportfreunde Stiller) Der Film „Thank you for smoking“ erzählt die Geschichte des Tabak-Lobbyisten und PR-Profis Nick Naylor, der an einer Stelle im Film deprimiert ist und an seiner Aufgabe zweifelt. Doch sein Sohn Joey erkennt, welches Talent sein Vater besitzt und muntert ihn auf mit den Worten: „Like you always said: ‚If you want an easy job, go work for the Red Cross.’” Die offensichtliche Botschaft: Weil der PR-Beruf davon lebt, die eigenen Argumente in die Öffentlichkeit zu tragen und für ein gutes Image zu sorgen, liegt die wahre Meisterleistung darin, das erfolgreich für jemanden zu tun, den alle hassen. Erst dann zeigt sich, wie brillant man wirklich argumentiert, wie gut man tatsächlich öffentliche Zustimmung organisiert. Macht man aber PR für die gute Seite, hat man es leicht. Alle finden toll, was man tut. Eines stimmt ganz sicher: Man wird auf einer Party selten Empörung erleben, wenn man von sich erzählt, man arbeite für den Klimaschutz oder bedrohte Tierarten. Da haben es Waffenhändler und Tabaklobbyisten sicher schwerer. Aber haftet der Arbeit für die gute Sache nicht auch etwas leicht Seltsames an? So als würde man sich die Welt zu einfach strukturieren, ohne Widersprüche und ganz banale Schwierigkeiten zu akzeptieren? Allen, die sich für eine Karriere bei einer Nichtregierungsorganisation (NGO) interessieren, sei versichert: Auch diese Branche ist nicht frei von Herausforderungen. Zunächst aber: Was genau ist eine Nichtregierungsorganisation? Obwohl die Bedeutung des Akronyms NGO – non-governmental organization – genau genommen auch auf den Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) oder die Evangelische Kirche in Deutschland zutrifft, hat sich im Sprachgebrauch eine allgemein übliche Verwendung etabliert: Danach sind NGOs Organisationen der Zivilgesellschaft, die sich den Themenfeldern Umwelt, Entwicklung, Menschenrechte, mehr und mehr aber auch ökonomischen Fragen der Globalisierung widmen. Sie arbeiten auf zahlreichen Ebenen: Sie betreiben politische Lobbyarbeit, informieren die Öffentlichkeit und engagieren sich häufig nicht zuletzt auch selbst in konkreter Projektarbeit, um soziale oder ökologische Probleme zu bekämpfen – etwa durch den Betrieb eines Kinderheims, die Pflege eines Naturschutzgebiets oder Ähnliches. Beispiele für erfolgreiche soziale Bewegungen gibt es von der Abschaffung der Sklaverei im 18. Jahrhundert über die Bemühungen um das Frauenwahlrecht, den Umwelt- und Naturschutz bis hin zu aktuellen globalen Herausforderungen wie dem Klimaschutz und der Bekämpfung extremer Armut. NGOs werden oft in Feldern tätig, in denen Politik und Wirtschaft – aus den verschiedensten Gründen – eine Leerstelle lassen, das heißt in denen der etablierte Politikbetrieb ein Problem trotz offensichtlichen Handlungsdrucks nicht angeht. Sie bilden damit ein Bindeglied zwischen Entscheidungsträgern und den betroffenen Gesellschaften. Die Mitgründerin des Forums Umwelt & Entwicklung, Barbara Unmüßig, hat NGOs deshalb als „Vorreiter und Lückenbüßer politischer Partizipation“ bezeichnet (Unmüßig 2003). Was heißt das für ihre Kommunikation? Der öffentliche, transparente Auftritt einer NGO bestimmt Motivation und Engagement der Mitglieder ebenso wie das Image in
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der Öffentlichkeit und damit die politische Anerkennung. Kommunikation ist deshalb einer der Schlüsselfaktoren für den Erfolg und – denkt man an das für die allermeisten NGOs existenziell wichtige Spendenaufkommen – sogar für das Überleben. Deshalb gehören Kommunikation, PR, Kampagnen und Fundraising oft zu den am professionellsten geführten Bereichen. Sie sind auch wichtig für die Kernressource jeder NGO: Glaubwürdigkeit. Die allermeisten Organisationen genießen, verglichen mit Politikern oder Wirtschaftsvertretern, in der Öffentlichkeit einen Glaubwürdigkeitsvorsprung. Aber hier liegt auch eine Gefahr, denn "der moralische Bonus in der Öffentlichkeit [kann] verloren gehen [...], wenn sich eine NGO zu offensichtlich professioneller PR bedient", warnt zu Recht der Sozialwissenschaftler Jeffrey Wimmer von der TU Ilmenau (Wimmer 2003: 145-160). Die Kommunikation einer modernen NGO muss diesen Balanceakt leisten. Der PR-Verantwortliche trifft dabei auf zwei massive Hürden, die das Kommunizieren für eine NGO – anders als der Filmlobbyist Nick Naylor vermutet – schwierig machen: Ich nenne sie die Aufmerksamkeits- und die Machthürde. Erstens die Aufmerksamkeitshürde: Die Themen der meisten NGOs sind oft schwer zu vermitteln. Denn – seien wir ehrlich – ihre Anliegen interessieren den Normalbürger in der Regel kaum. Sie finden sich, wenn überhaupt, auf den hinteren Seiten einer Tageszeitung wieder und das auch nur sporadisch im Jahr, wenn es einen Anlass gibt: Welt-Aids-Tag, G-8-Gipfel, die drohende Todesstrafe für einen verfolgten Bürgerrechtler oder – das dann teils etwas breiter – ein tragisches Ereignis wie etwa eine schwere Naturkatastrophe. Es ist oft schon als Erfolg zu verbuchen, wenn sich überhaupt eine Berichterstattung über das Thema realisieren lässt. Ein erstes Interesse flaut meist schnell wieder ab und die differenzierte Position der eigenen Organisation zu den dahinter liegenden, meist hoch komplexen Problemstellungen, bleibt auf der Strecke. Zweitens – damit kommen wir zur Machthürde – sind NGOs eigentlich schwach. Das heißt, sie werden sowohl von der Politik als auch von den Journalisten nicht ohne Weiteres ernst genommen, können im politischen Prozess nichts entscheiden und haben wenig finanzielle Ressourcen, so dass auch reichweitenstarke Kampagnen nur schwer zu realisieren sind. Das ist ein veritables Problem. Denn wie will eine NGO, die ja kein Teil des institutionalisierten Politikbetriebes ist, Druck auf den politischen Prozess ausüben, wenn nicht über die Medien? Als Antwort auf diese beiden Herausforderungen haben viele Organisationen eine bemerkenswerte Kreativität entwickelt. Greenpeace ist sicher die Organisation, der es mit als erster gelang, Bilder zu inszenieren, die so spektakulär waren, dass die Medien nicht daran vorbei kamen – und damit auch nicht an der politischen Agenda. Die Organisation von bunten, schrillen, provokativen Events mit Fotomotiv gehört nach wie vor zum Standardinstrumentarium von NGOs. Eine Waffe, die zunehmend stumpfer wird. Es gibt mit der Menge an Organisationen einfach eine Inflation derartiger Aktionen und für viele Journalisten gehören sie auf den Konferenzen dieser Welt mittlerweile eher zur Gipfelfolklore als zur ernsthaften politischen Auseinandersetzung. Das soll aber nicht heißen, dass die Kreativität damit erledigt ist. Im Gegenteil. Die neue, die ungewöhnliche, die originelle Ansprache wird auch weiter
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eine der erfolgversprechendsten Methoden für die PR einer NGO bleiben. Und da gibt es viel Raum jenseits des Foto-Stunts. Zur Überwindung der Aufmerksamkeitshürde kann man außerdem auf Prominente zurückgreifen. Menschen, die selber eine Nachricht wert sind, können es leichter schaffen, den Blick der Medien auf ein Thema zu lenken – eine Methode, die aber auch nicht unumstritten ist. Eine weitere Methode zur Überwindung der Aufmerksamkeitshürde ist der Bereich Social Media. Es liegt natürlich nahe, dass eine Branche mit engagierten Unterstützern, aber knappen Budgets und einem gewissen Handicap im Internet das ideale Kommunikationsinstrument findet, um an den Gatekeepern der klassischen Medien vorbeizukommen. Hier finden sich auch wirksame Methoden, Anfangsinteressierte im Dialog zu halten und so längerfristig an die Ziele der Organisation zu binden. Viele NGOs haben im Netz mit denselben Anlaufproblemen zu kämpfen wie andere Organisationen auch. Aber es gibt bereits die ersten erfolgreichen Web-2.0-Kampagnen, mit denen Großkonzerne in die Knie gezwungen wurden. Interessanten Austausch und spannende Fallbeispiele zum Thema NGO-Kampagnen im Netz bietet der Blog http://www.kampagne20.de. Die vierte Brücke ist der gesamte Bereich des klassischen Customer Relationship Managements, das insbesondere im Fundraising zum Einsatz kommt, das die Grenze zum Marketing berührt und natürlich die ganze Bandbreite der Dialogkommunikation umfasst. Fünftens und letztens soll das ganz klassische Werkzeug der PR-Arbeit weder vergessen noch unterschätzt werden: zuverlässig recherchierte Fakten und gut aufbereitetes Expertenwissen. Letztlich muss dies immer die Basis jeder Botschaft sein und wird auch der beste Grund bleiben, warum ein Journalist den Aussagen einer Organisation vertraut. Hier gelten natürlich die gleichen Grundsätze wie bei der PR-Arbeit in jeder Branche: Komplexes muss einfach gemacht und Einfaches einfach gelassen werden. Das ist nicht immer leicht, gerade wenn man in einer Organisation an der Schnittstelle zwischen Öffentlichkeit und Fachexperten sitzt. Womit wir bei der Frage angelangt wären, was interessierte Berufseinsteiger können und wissen sollten.
„Geeignete Bewerber auf diese Stelle sollten …“ Aus den oben geschilderten Herausforderungen, denen man bei der Kommunikation in NGOs begegnet, lassen sich die Kompetenzen ableiten, die geeignete Kandidaten besitzen sollten. Selbstverständlich gehören dazu die Eigenschaften, die im Kommunikationsberuf ohnehin gefordert sind, nämlich eine gewisse Aufgeschlossenheit, großes sprachliches Können, die Fähigkeit, komplexe Themen ohne zu großen Substanzverlust zu erzählen, und das Gespür dafür, aus Fakten eine Geschichte zu machen. Unverzichtbar ist ein Mindesttalent im Projektmanagement. Und wer zudem in die strategische Kommunikationsplanung einsteigen will, sollte Spaß am Konzipieren haben. Für die Arbeit in NGOs gelten aber noch ein paar Besonderheiten. Hier ein Überblick:
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Ganz sicher sollte man zu den inhaltlichen Anliegen der NGO eine Affinität haben. Noch besser ist es, wenn man auch inhaltlich bereits mit den wichtigsten Themen der Organisation vertraut ist. NGOs sind personell oft schwächer besetzt als vergleichbare Organisationen aus der Wirtschaft. Gefragt sind daher Menschen mit Hands-on-Mentalität, sprich: Handlungsbedarf erkennen, Verantwortung übernehmen, auch banalste Dinge schnell selber erledigen – denn meist gibt es niemanden, der es stattdessen übernimmt. Knappe Budgets und Aufmerksamkeitshürden sind für NGOs ein großes Thema. Erfolgreich zu sein heißt daher oft, die wenigen Ressourcen mit kreativen Mitteln optimal einzusetzen. Kompetenzen im Bereich Social Media werden zudem immer wichtiger. Die knappen Budgets der Organisationen übersetzen sich auch in Gehälter, die unter dem Durchschnitt liegen. Während in der freien Wirtschaft zuweilen ein Schmerzensgeld gezahlt wird, wenn man bei einem besonders unbeliebten Unternehmen anheuert, sind NGOs in der komfortablen Lage, dass viele Menschen gerne für sie arbeiten – auch für weniger. Hinzu kommt: Die meisten NGOs finanzieren die Gehälter ihrer Angestellten aus Spenden. Und die Spender wollen zu Recht, dass ihr Geld hilft – und keine Dienstwagen finanziert. Insgesamt muss man als Arbeitnehmer also mit etwas weniger Leistungen und Komfort rechnen als in anderen Branchen. Eine weitere Besonderheit: Hierarchien in NGOs sind oft flach. Das heißt aber nicht, dass sie nicht existent sind. Vieles läuft über informelle Rangordnungen. Zuweilen fallen manche Entscheidungen eher konsensual und manchmal vielleicht auch etwas umständlicher als in straff organisierten Unternehmen. Man braucht daher oft ein feines Gespür dafür, wer wann gefragt werden muss, und eine hohe Frustrationstoleranz, wenn zuweilen viele Kollegen mitbestimmen und mitentscheiden. Der allgemeine Umgangston ist bei den meisten NGOs sicher etwas zwangloser und vielleicht auch freundlicher als in Verbänden oder Unternehmen. Aber auch hier arbeiten ganz normale Menschen. Ehrgeiz, Konkurrenz und Meinungsverschiedenheiten gibt es natürlich auch bei NGOs.
Was tun? Einsteigen und Aufsteigen Wer sich von all diesen Umständen nicht abschrecken lässt, sondern sich im Gegenteil angesprochen fühlt, der findet seinen Weg in die NGO-Szene zweifellos am einfachsten über geeignete Praktika. Unter den Praktikumsbewerbern sind solche besonders beliebt, die in ihrem Lebenslauf bereits persönliches Engagement für die Themen der Organisation erkennen lassen, zum Beispiel durch eine entsprechende Schüler-AG, ein freiwilliges soziales Jahr, das weltwärts-Programm des Bundesentwicklungsministeriums und so weiter. Für die handwerkliche PR-Ausbildung sei zudem aber zu einer breiten Vielfalt an Praktikumserfahrungen geraten. Es sollte mindestens eine journalistische Station (bei Hörfunk, Fernsehen, Print- oder OnlineMedien) darunter sein, besser sind zwei. Zudem ist es hilfreich, den Arbeitsalltag
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einer Agentur kennenzulernen – nicht zuletzt, wenn man später Dienstleister steuern will. Auch die inhaltliche Kompetenz eines PR-Verantwortlichen ist äußerst wichtig. Wer also schon vor oder während des Studiums weiß, dass der spätere Arbeitgeber eine bestimmte NGO sein soll, kann das mit den entsprechenden Fachstudiengängen unterstützen. Je nach Themenfeld der gewünschten Organisation liegen hier (Meeres)Biologie, Geografie, Politik- oder Sozialwissenschaften nahe. Sicher alles andere als zwingend, aber vielleicht interessant ist die mittlerweile große Vielzahl hoch spezialisierter Studiengänge, die noch spezifischer auf einen Karriereweg etwa im Bereich Klimaschutz oder Entwicklungspolitik vorbereiten. Wer sich dadurch inhaltlich genau vorbereitet, kann zu einem gefragten Experten für die Organisation und zu einem geschätzten Ansprechpartner für Journalisten werden. Nach dem Studium folgt als erste Station häufig ein allgemeines Traineeship bei einer Agentur oder aber direkt ein PR-Volontariat bei einer NGO. Nach wie vor sind auch Quereinsteiger aus Agenturen, anderen Branchen oder aus dem Journalismus erfolgreich, aber der Weg über das Volontariat ist sicher hilfreich, weil man dann den berühmten Fuß in der Tür hat. Die meisten größeren Organisationen bieten mittlerweile solche Ausbildungsstellen an. Solange der Begriff „PR-Volontariat“ nicht geschützt ist, gilt hier natürlich dasselbe, wie auch in der freien Wirtschaft: Man sollte sorgfältig prüfen, was als Ausbildungskomponente angeboten und garantiert wird und wie lange das Programm läuft. Ein zweimonatiges Edelpraktikum ist definitiv kein richtiges Volontariat. Und wenn man einmal drin ist – wie geht es dann weiter? Die Pressestellen von NGOs können eine halbe Stelle bei einer kleinen Organisation bis hin zu großen Abteilungen mit mehreren Teams umfassen. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Aufstiegsmöglichkeiten von der Größe dieser Abteilungen beeinflusst werden. Zuweilen führt der Weg von der Öffentlichkeitsarbeit oder der Kampagnenführung aber auch in Leitungspositionen innerhalb der Organisation – eine Durchlässigkeit des Karrierewegs, die so in anderen Branchen wohl seltener ist und sicher mit der zentralen Funktion von Kommunikation bei NGOs zusammenhängt. Im eingangs zitierten Films beantwortet Nick Naylor die Frage, warum er für die Tabaklobby arbeitet, mit dem Satz: „Weil ich gut darin bin.“ Wie wir gesehen haben, ist auch bei NGOs viel Talent gefragt. Auch die gute Sache braucht gute Leute.
Literatur Donsbach, Wolfgang/Jandura, Olaf (Hrsg.) (2003): Chancen und Gefahren der Mediendemokratie. Konstanz Unmüßig, Barbara (2003): Ein bunter Haufen namens NGO. Online verfügbar unter: http://www.bpb.de/veranstaltungen/QOJALO,0,0,Ein_bunter_Haufen_namens_NG O.html (Stand: 25.09.2011)
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Wimmer, Jeffrey (2003): Wie erfolgreich ist die politische PR von NGOs? Medienberichterstattung 端ber die Weltwirtschaftsgipfel. In: Donsbach, Wolfgang/Jandura, Olaf (Hrsg.) (2003): 145-160