KARRIEREGUIDE PUBLIC AFFAIRS
Herausgegeben von unterstützt durch
Florian Busch-Janser Marie Pötter, Anne Dreysel & Barbara Krems
in der Ausgabe
2012, 8. überarbeitete Auflage
in der Reihe
BJP Edition
bei
polisphere - Berlin/München/Brüssel
Die politische Beratung steht in Deutschland noch am Beginn ihrer Entwicklung. Um einen Professionalisierungsgrad zu erreichen, wie er für Washington und Brüssel selbstverständlich ist, müssen nicht nur die Strukturen formalisiert, sondern vor allem Informationen über die Branche und die politischen Prozesse zur Verfügung gestellt werden. Mit der Herausgabe der BJP Edition will Busch-Janser Personalmanagement dazu beitragen, die vorhandene Wissenslücke zu schließen und gleichzeitig dem wissenschaftlichen Austausch ein Forum bieten. Durch das Angebot wird insbesondere bei Berufseinsteigern das Verständnis für die Branche Politik und Beratung gefördert und mehr Transparenz geschaffen, während Young Professionals durch eine breit gefächerte Themenauswahl Denkanstöße für die tägliche berufliche Praxis erhalten. Die BJP Edition wird bei polisphere – think tank for political consulting – verlegt und in Deutschland exklusiv über Amazon und die Parlamentsbuchhandlung vertrieben. „getting your things done“ - unter dieser Maxime stehen die BJP Interim Consultants Unternehmensberatungen, Kommunikationsagenturen und Kanzleien bei personellen Engpässen zur Verfügung. Wir verbinden Zeitarbeit mit Interim Management zu einem zukunftsweisenden Konzept: Unsere Mandanten bestimmen Qualifikation, Arbeitszeit und Einsatzdauer und wir stellen innerhalb weniger Stunden den passenden Interim Consultant vor - für’s Projektmanagement, als Urlaubs- oder Krankheitsvertretung, bei Auftragsspitzen und wann immer eine helfende Hand an den Standorten Berlin, München und Brüssel gebraucht wird. Lernen Sie uns kennen: www.bjp.eu Bisher sind in der BJP Edition erschienen: Politikberatung als Beruf Karriereguide Public Affairs Karriereguide Verbandsmanagement Karriereguide Washington
Political Leadership Die Strippenzieherinnen Praxishandbuch Lobbying Berufsfeld Public Relations
Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Florian Busch-Janser (Hg.): Karriereguide Public Affairs. Erschienen in der Reihe BJP Edition, 8. überarb. Auflage, polisphere, Berlin/München/ Brüssel 2012. ISBN 978-3-9-3845631-6 © polisphere – Alle Rechte vorbehalten Printed in Germany Satz und Layout: polisphere, Berlin/München/Brüssel Umschlag: Plett, Schulte und Partner, München Herstellung: GGP Media GmbH, Pößneck
CONTENT
WE WANT YOU!
Wie? - über den Campus zur Karriere im Public Affairs Management von Prof. Dr. Marco Althaus 9
Wer? - der Public Affairs-Berater von Hans F. Bellstedt
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Was? - Unternehmensberatung für Politikmanagement von Nicole Heyder
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PERSÖNLICH
Kommunikationsexperte - eine gute Ausbildung als Sprungbrett von Susanne Kamm
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Kundenbetreuer - Professional, Personality & Management Skills von Cornelius Winter
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Orchesterdirigent - Alleskönner oder Spezialisten? von Andrea Lichtenberg
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OFF-ROAD
Multikulti - als Quereinsteiger in die Public Affairs-Beratung von Ralf Welt
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Digital Natives - von der Orchideendisziplin zum Kerngeschäft Von Arne Klempert und Isabelle Loewe
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Born to be free - Freelancing von Natja Denk
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GOING ABROAD
Freude schöner Götterfunken - European Public Affairs von Gregor Kreuzhuber
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Dear Mr. President - Public Affairs im Ursprungsland USA von Gudrun Herrmann
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Vienna calling - PA-Wachstumsmarkt Wien von Andreas Kovar & Peter Köppl
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HART AN DER GRENZE Aus der Wirtschaft - politische PR für Verbände von Frank Kornberger
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Im Orchestergraben - Regierungskommunikation als Tätigkeitsfeld von Christian H. Schuster 103 Auf diplomatischem Parkett - PA-Beratung in der Außenpolitik von Daniel Florian
107
ATTACHMENT Traineeshipstudie
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Business Associations
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Headhunter
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Links & Blogroll
120
Bücher
121
Glossar
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Verhaltenskodex
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Agenturenverzeichnis
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INTRO Der Erfolg unseres Buches „Politikberatung als Beruf“ hat uns gezeigt, dass das Interesse an einer Tätigkeit im breiten Feld der Politikberatung groß ist, aber immer noch viele Fragen zu den Einsatzmöglichkeiten in den einzelnen Branchen der Politikberatung offen gebleiben sind. Um bei der Vielfalt auch einen vertiefenden Einblick zu ermöglichen, haben wir Praktiker dazu eingeladen in unserer Karriereguide-Reihe ihre spezielle Branche vorzustellen. Der Karriereguide Public Affairs stellt aus verschiedenen Perspektiven den Arbeitsalltag im Bereich der politischen Interessenvertretung - besser bekannt unter dem Stichwort Lobbying - vor. In der 8. vollständig überarbeiteten Neuauflage gibt dieser Führer durch die Wachstumsbranche Public Affairs sowohl Studenten und Absolventen, aber auch Young Professionals und Quereinsteigern eine Orientierung. Mit dem Ziel weitere Branchen im Bereich der Politikberatung für Interessierte zu erschließen, stehen neben den ortsbezogenen „Karriereguide Washington“ und „Karriereguide Brüssel“ auch ein „Karriereguide Politik“, ein „Karriereguide Verbandsmanagement“ und ein „Karriereguide Public Sektor“ auf unserer Agenda. Zudem haben die DPRG-Junioren in unserer Reihe einen Titel zum „Berufsfeld Public Relations“ veröffentlicht. Nicht nur unserem Karriereguide haben wir im 12. Jahr unseres Bestehens einen inhaltlichen Relaunch gegönnt – auch unser Branchenportal polisphere geht in der Version 3.0 online und bietet mehr Informationen als je zuvor. Ein Besuch lohnt sich: www.polisphere.de Zudem laden wir Sie herzlich ein sich unserem social network anzuschließen fan us: www.facebook.com/polisphere follow us: www.twitter.com/polispherefeed join us: www.xing.com/net/politischekommunikation/ Nach wie vor sind wir auch im real life aktiv: Young Professionals und Absolventen haben auf unserem jährlich stattfindenden CHECKPOINT die Möglich-
keit sich über die Branche zu informieren, die führenden Politikberatungen kennenzulernen und sich mit der Next Generation der Politikberater zu vernetzen. Weitere Infos und die nächsten Termine finden Sie auf der Website: www.ckpt.org Für jegliche Fragen, die sich bei der Lektüre des Karriereguides ergeben, stehen wir gerne persönlich zur Verfügung! Wir suchen auch regelmäßig Verstärkung für unser BJP-Team und freuen uns über ihre Bewerbung: „getting your things done“- unter dieser Maxime stehen die BJP Interim Consultants Unternehmensberatungen, Kommunikationsagenturen und Kanzleien bei personellen Engpässen zur Verfügung. Unsere Mandanten bestimmen Qualifikation, Arbeitszeit und Einsatzdauer und wir stellen innerhalb weniger Stunden den passenden Interim Consultant vor – für’s Projektmanagement, als Urlaubsoder Krankheitsvertretung, bei Auftragsspitzen und wann immer eine helfende Hand an den Standorten Berlin, München und Brüssel gebraucht wird. Lernen Sie uns kennen: www.bjp.eu
Ich freue mich auf Sie!
Florian Busch-Janser
Florian Busch-Janser ist Wirtschaftsjurist mit Schwerpunkt Arbeitsrecht und diplomierter Politikwissenschaftler. Als Managing Partner von BJP Interim Consultants hat er Zeitarbeit und Interim Management zu einem zukunftsweisenden Konzept verbunden und stellt Unternehmensberatungen, Kommunikationsagenturen und Kanzleien kurzfristig Berater zur Verfügung. Seine Erfahrungen als Unternehmer und Personalberater gibt er als Lehrbeauftragter an Studenten verschiedener Hochschulen und in Büchern weiter. Zudem engagiert er sich als Business Angel und unterstützt Initiativen wie „Ich mach mich selbständig“, die Schülern Mut zum Gründen macht. Dem dreifachen Vater liegt bei seiner Arbeit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf besonders am Herzen: Mit der Agenturfamilie unterstützt er Mütter beim Wiedereinstieg ins Berufsleben. Kontakt: fbj@bjp.eu
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WE WANT YOU!
Ich will Feuerwehrmann werden! Oder doch Public Affairs-Berater? Stellt man sich als Public-Affairs Berater vor, wissen weder Groß noch Klein viel mit dieser Berufsbezeichnung anzufangen. Outet man sich dann als Lobbyist, ist die Chance auf eine Reaktion – meist negativ – schon größer, aber kaum jemand weiß, dass es dabei nicht um Schwarze Koffer, sondern um die Organisation eines effizienten Kommunikationsprozesses zwischen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft geht. Diese Unwissenheit liegt zum einen daran, dass der Begriff Public Affairs immer noch sehr vielseitig verwendet wird, zum anderen sind gerade bei größeren Agenturen die Grenzen zwischen Public Relations und Public Affairs fließend. Die „öffentlichen Angelegenheiten“, um die sich ein Berater nach seinem Einstieg kümmert, erfordern nicht nur Kommunikationstalent, sondern vor allem praxisnahe Kenntnis der politischen Prozesse. Dabei reicht es nicht, wenn man täglich die Zeitung liest und den Unterschied zwischen Partei und Fraktion kennt. Inzwischen gibt es auch immer mehr spezialisierte Studiengänge, die Fachwissen vermitteln und praxisorientiert auf einer Tätigkeit an der Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft vorbereiten. Eine spezielle Studienrichtung ist aber noch immer nicht die Voraussetzung für den Einstieg in die Public Affairs Beratung. Viel wichtiger ist es, das theoretische Wissen durch Praktika in Politik und/oder Verwaltung zu untermauern und evtl. auch noch ein stabiles politisches Netzwerk mitzubringen. Dann heißt es auch schnell: Herzlich Willkommen in der Public Affairs Branche! Wie? Wer? Was? –Welche Ausbildung, welche Qualifikation, welche Herausforderung, welche Angebote, welche Möglichkeiten... Ziemlich viele Fragen... Unsere Autoren geben drauf Antworten – aus Sicht der Hochschule und der Praxis.
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Wie? - über den Campus zur Karriere im Public Affairs Management von Prof. Dr. Marco Althaus Professor für Sozialwissenschaften, Technische Hochschule Wildau Lohnt sich ein Studium nach dem Studium? Ist ein spezialisierter Master oder ein Weiterbildungslehrgang hilfreich für die nächsten Karriereschritte im Berufsfeld Public Affairs? Was ist die beste Kombination von Praxis, Wissen und Theorie? Wann ist der beste Zeitpunkt? Ist das neben dem Beruf machbar? Unterstützen die Arbeitgeber so etwas? Inwiefern tragen Bildungszertifikate und „lebenslanges Lernen“ zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit, der Employability, bei? Klare Orientierung für solche Fragen bleibt die Public-Affairs-Branche schuldig. Sie kennt keine rigiden Karrieremuster, Ausbildungsordnungen, breit anerkannte Lehrgänge, von Berufsverbänden empfohlene Standardcurricula oder Branchenprüfungen. Sie ist gut gefüllt mit Akademikern, doch rekrutiert wird quer durch alle Disziplinen. Wer zudem als Bologna-Absolvent in diesen Nischen-Arbeitsmarkt eintritt, findet derzeit wenige persönliche Vorbilder: Die Bachelor-Master-Struktur ist so neu, dass darauf noch niemand eine längere Karriere aufgebaut hat. Die allgemeinen Personal-Trends sind äußerst ambivalent und erfordern strategisches Denken, zumindest Nachdenken: •
Kein Weg ist wie der andere. Bildungs- und Karriereverläufe sind in diesem Berufsfeld sehr individuell. Profil ist ein Mix von formalen Qualifikationen, Wissen, Praxiserfahrungen, Netzwerken und Zufällen. Was für ein Profil man sich selbst schafft und schaffen will, ergibt sich vielfach erst nach einer Reihe von Berufsjahren.
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Arbeitgeber reagieren sehr unterschiedlich auf formale Abschlüsse und Weiterbildung, abhängig von Bedarf, Rekrutierungsmustern und PersonalPhilosophie. Verbände und Konzerne ticken zum Beispiel anders als Unternehmensberatungen, Kommunikationsagenturen anders als Anwaltskanzleien.
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Berufsberater unterscheiden zwischen Fachkarrieren und Managementkarrieren. Fachkarrieren basieren auf vertieftem Fachwissen und Projekterfahrung, Managementkarrieren auf Überblickswissen, Führungspraxis und eher häufigen Positionswechseln. Daraus ergeben sich unterschiedliche Prioritäten.
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Arbeitsplatz- und Arbeitgeberwechsel sind typisch und häufig. Personalfluktuation wird von Arbeitgebern vielfach gewünscht und forciert. Für
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Beratungsfirmen ist sie sogar Teil des Geschäftsmodells. Berater machen Portfoliokarriere, und das heißt bunte Bausteine sammeln. Das bedeutet aber auch: Wer sich berufsbegleitend weiterqualifiziert, tut dies eher für den nächsten und übernächsten statt für den jetzigen Arbeitsplatz. Weiterbildung, ob in Form eines akademischen Studiums oder nicht, dreht sich nicht nur um formale Abschlüsse, Fach- und Methodenwissen. Ebenso zentral sind persönliche Weiterentwicklung, Eigeninitiative, Lernbereitschaft, die Kompetenz zum Umgang mit Neuem und Unsicherheit, die Fähigkeit zur Reflexion. Das sind nur scheinbar „weiche“ Faktoren. Sie tragen zum Erfolg und zur Zufriedenheit erheblich bei, nicht zuletzt bei Karrierebrüchen, die in den Public Affairs recht wahrscheinlich sind. Schließlich geht es bei Berufsund Bildungs-Entscheidungen nicht nur darum, wohin man will und oder was man tun möchte, sondern wer man sein will. I. Weiterbildung strategisch angehen Die perfekte Blaupause hat also niemand zu Hand. Ob und wie Weiterstudieren oder Noch-einmal-Studieren ins eigene Konzept passt, hängt an der persönlichen Situation. Verfolgen wir daher beispielhaft die Gedanken von zwei jungen Leuten, die auch dieses Buch lesen könnten. Felix (23) steht vor dem ersten Hochschulabschluss oder ist BachelorAbsolvent. Er grübelt über Einstiegsstrategien. Caroline (30) hat schon fünf Jahre im Feld Public Affairs hinter sich und macht sich Gedanken über ihren Aufstieg. Der Einsteiger Felix sucht – im Prinzip – nach einer Traineestelle, einem Volontariat oder einem Direkteinstieg. Sein Bachelor ist ihm allerdings nicht genug, und so wägt er ab, was sinnvoller für ihn ist: Berufseinstieg in Vollzeit und irgendwann später ein Master? Berufseinstieg und alsbald ein berufsbegleitender Teilzeit-Master? Oder den Berufseinstieg aufschieben, sofort einen VollzeitMaster anschließen, eventuell im Ausland? Der Jungstratege will seinen Marktwert steigern. Vertiefung und Spezialisierung fände er gut. Die Kombination Bachelor/Master ist, findet er, eigentlich ganz gut, um zwei, drei Fachgebiete zu erschließen. Selbstkritisch schaut er auf sein Wissen und seine Fähigkeiten. Public Affairs ist interdisziplinär, ein Mix aus Kommunikation, Politik, Recht und Business. Vielleicht hat er Wirtschaft studiert, aber wenig Ahnung von Recht oder Europapolitik; oder er ist Sozialwissenschaftler und hätte gern BWL-Knowhow. Public Affairs, weiß Felix, wird überwiegend für und von der Wirtschaft gemacht. Der Master könnte Defizite des Bachelors ausgleichen. Beim Durchklicken der Online-Jobbörsen hat sich Felix etwas erschreckt. Viele Stellen für den Direkteinstieg, aber auch Volontariate, Traineeprogramme (bei Unternehmen oder Verbänden) sowie Referendariate stehen nur MasterAbsolventen offen. Und dann war da das Gespräch mit Tante Britta. Sie ist Beamtin. Mit ihr hat sich Felix über die Option öffentlicher Dienst unterhalten. Er will zwar kein Amtsstubenhocker werden, aber Politik führt Karrieren
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manchmal in den Regierungsapparat. Britta warnt: „Willst du ewig Sachbearbeiter sein?“ Ein Bachelor gelangt nur in den „gehobenen Dienst“. Er kann bei den Gehaltsstufen nur von A9 bis maximal A12 klettern. Der Aufstieg in den „höheren Dienst“ mit seinen Referenten- und Leitungsstellen ist schwierig. Der bleibt Mastern oder Staatsexaminierten vorbehalten. Um es mit Kanzlerin Merkel zu sagen, der Master ist alternativlos. Trotzdem hat Felix wenig Lust auf noch mehr Theorie. Gibt es einen praxisorientierten Master, bei dem man die Thesis als Werkstudent schreiben kann? Vielleicht ist ein Studium neben dem Beruf möglich. Aber berufsbegleitende Master verlangen ein paar Jahre Berufserfahrung. Im Bachelor war ein Auslandssemester nicht drin. Ist jetzt die Zeit, internationale Erfahrung zu sammeln und in einer Fremdsprache fit zu werden? Felix hat von Spezialstudiengängen gehört, die es in Deutschland gar nicht gibt. Spannend wäre es, aber auch eine Geldfrage und viel Organisationsaufwand. Und: Lernt man im Ausland das, was man hier benötigt? Felix ergattert erste Vorstellungstermine. Er erhält ein erstes Angebot als Trainee, Übernahme avisiert. Der Chef in spe murmelt etwas von Seminaren, wird aber nicht explizit. Soll er ihn fragen, ob der Arbeitgeber bereit ist, eine Weiterbildung zu unterstützen oder gar einen Anspruch im Arbeitsvertrag zu fixieren? Er scheut sich. Mit dem Master will er gar nicht erst kommen. „Uni und Beruf sind ja irgendwie auch völlig getrennte Welten“, meint Felix. Die Aufsteigerin Caroline arbeitet seit fünf Jahren bei Public-Affairs-Agenturen. Trainee, ein Intermezzo als Assistentin, Juniorberaterin, jetzt ordentlicher Consultant. Sie betreut eigenständig Projekte, leitet jüngere Kollegen an. Sie hat Routine – manchmal zu viel. Unzufriedenheit schleicht sich ein. „Es müsste“, meint Caroline, „jetzt mal weitergehen.“ Vielleicht hat sie bisher vor allem im Büro gesessen. Sie war die verlässliche Kraft im Hintergrund. Gern wäre sie mehr unterwegs. Sie möchte extern Anerkennung gewinnen, auf Augenhöhe mit ranghohen Partnern sprechen. Sie ist hungrig auf Abwechslung, Entdeckungen und Herausforderungen. Oder vielleicht ist es umgekehrt: Caroline legt inzwischen Wert auf zivile Arbeitszeiten und einen beherrschbaren Stressfaktor, und das Leben aus dem Koffer ist nicht mehr attraktiv. In fester Beziehung, denkt sie über Familie und Jobsicherheit nach. Das Gehaltskonto könnte auch üppiger gefüllt sein. Was sind eigentlich ihre Entwicklungschancen bei diesem Arbeitgeber? Muss sie wechseln, um aufzusteigen, oder ist der Aufstieg intern möglich und nur eine Frage von Leistung, Willen und Kompetenz? Caroline ist 30, wo steht sie mit 35? Sie vergleicht die Erfahrung von Branchenkollegen. In kleinen Organisationen heißt Aufstieg oft Ausstieg. Die Positionskarriere per Beförderung hat Grenzen, weil die Hierarchie flach ist und kein differenziertes mittleres Management existiert, ebenso wenig wie ein ausgefeiltes Personalentwicklungskonzept.
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Caroline beobachtet: Wer nicht zum Chef oder Partner aufsteigt, steckt als Mittelbauer in einer Sackgasse. Viele flexible Generalisten als Indianer, wenige Häuptlinge, das ist typisch. Im Consulting ist die Fluktuation hoch: Nicht nur wegen scheinbar gnadenloser Ausleseprozesse („Up or out“, „Grow or Go“), sondern weil der ständige Personalaustausch zum Geschäftsmodell gehört. Beratungsfirmen stellen mehr Nachwuchskräfte ein, als sie befördern können. „Mit Mitte 30 ist hier Schluss“, denkt sie. Consulting ist selten Lebensstellung, sondern Durchgangsstation. Caroline sieht sich deshalb nach Qualifizierungsangeboten um, die ihr den Absprung erleichtern. Wie Felix fokussiert sie auf einen Master. Auf ihren Arbeitgeber setzt sie dabei nicht. Wenn eine durchschnittliche Mitarbeiterin nur drei bis fünf Jahre im Betrieb bleibt, hat er nichts davon, ihr zwei Jahre lang einen berufsbegleitenden Master zu finanzieren, regelmäßiges Fernbleiben für Präsenzseminare und Prüfungen sowie eingeschränkte Einsatzfähigkeit zu tolerieren. Theoretisch könnte er mit Caroline einen Vertrag schließen, in dem sie sich dazu verpflichtet, für x Jahre zu bleiben (oder im Fall einer Eigenkündigung die Zuschüsse zurückzuzahlen). Doch genauso gut könnte er sich jemand Neues holen. Caroline könnte wie ihre beste Freundin Thea in eine große Organisation wechseln. Sie hätte mehr Optionen. Allerdings wäre die Frage: Soll sie auf eine Fach- oder Führungskarriere setzen? Möchte sie eine horizontale Expertenlaufbahn einschlagen, also auf Dauer als Projektleiterin ohne hohe Personalverantwortung tätig sein? Möchte sie ihre Kenntnisse vertiefen, um damit spezialisierter beraten oder komplexere Projekte mit höheren Budgets und Bedeutung bewältigen zu können? Caroline weiß nicht so recht, ob sie im Chefsessel wohlfühlen würde. Das hieße Gesamtverantwortung tragen, Repräsentieren, smartes Verkaufen unter Akquisedruck, vielseitige Herausforderungen, aber wenig fachliche Arbeit. Als Beraterin, Analystin, Researcherin, Wissensmanagerin käme sie nicht in die Top-Gehaltsklasse, aber der Weg als Expertin könnte bei einem Verband oder einem Konzern interessant sein. Sie hätte dann Gründe, ihr Spezialwissen und ihre Methodenkompetenzen zu erweitern. Anspruchsvolle Fachlehrgänge oder ein Fachstudium wären sinnvoll, etwa zu einem Politikfeld oder Rechtsgebiet, einer Technologie oder Branche. Caroline hat diverse Klienten aus Pharmaindustrie, Medizintechnik, Krankenversicherung und Biotechnologie betreut. Ein Master in Gesundheitswirtschaft und -politik würde sie reizen, oder auch Wissenschaftskommunikation. Die Alternative wäre der vertikale Aufstieg im Management. Vertiefung ihres Wissens wäre dann weniger sinnvoll als Verbreiterung. Da käme ein generalistischer MBA in Frage oder auch eine Kombination von Managementwissen und fachlichem Schwerpunkt. Die Kompetenzbasis muss zum Profil als Führungskraft passen – unternehmerisches Denken, Fähigkeiten zum Planen, Handeln und Entscheiden, zur Bewirtschaftung aller Ressourcen, Zeit, Geld, Personal, Informationen. Dazu gehören auch soziale und kommunikative „Soft
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Skills“, die für Verhandlungen, Konfliktmanagement, Gremien- und Führungsaufgaben sowie Repräsentation so wichtig sind. Abends beim Wein hat Caroline gelegentlich mit Freunden herumgesponnen: eine eigene Firma gründen, das wäre etwas. Gründen und Unternehmertum sind praktische Aufgaben, das ist Caroline klar. Sie hat aber von GründerLehrgängen und Master-Studiengängen für Entrepreneurship gehört. Andererseits: Wer eine eigene Firma am Markt platzieren will, benötigt ein hochwertiges inhaltliches Angebot, muss Trends, Tools und Innovationen kennen und erkennen. Könnte ein Master oder Lehrgang ihr einen großen Instrumentenkasten für die Public-Affairs-Arbeit öffnen? Manchmal denkt Caroline darüber nach, ob ihre bisherigen beruflichen Entscheidungen richtig waren. Ihr Einstieg war von Zufällen geprägt, fast eine Verlegenheitslösung. Sie hat sich einmal in einer Assistenzposition unter Wert verkauft oder vorschnell zum Job-Hopping verleiten lassen, als es in der damaligen Firma kriselte. Unangenehme Atmosphäre und Rivalitäten im Büro machen ihr manchmal Angst. Sie ist bei Aufgaben gelandet, die sie eigentlich nicht mag. Es wäre manches zu korrigieren in ihrem Berufsleben – könnte sie sich durch Weiterbildung neu erfinden? Vielleicht haben wir Caroline missverstanden. Sie braucht weder Karrierebeschleuniger noch Karrierekorrektur. Jenseits aller Nützlichkeiten erobert sie gern intellektuelles Neuland. Gleichgesinnte treffen macht Caroline in der Weiterbildung besonders Freude. Ihr Arbeitgeber weiß, dass Weiterbildung Caroline motiviert. Er hat ihr einige Tagesseminare bezahlt, schickt sie auf Messen und Kongresse mit Vorträgen und Workshops. Der Chef nennt das grinsend „die Goodies“. Aber das reicht ihr nicht. Nochmal richtig die Schulbank drücken, das ist ihr Wunsch; dicke Bücher lesen statt Kurzvermerke, Seminararbeiten und eine (vielleicht publikationsfähige) Thesis schreiben statt Konzeptskizzen und PowerPoint-Folien. Sie findet, den Freiraum dafür hat sie sich verdient. Nur… wenn ihr Arbeitgeber das partout nicht will, kann sie das ohne seine Unterstützung schaffen, als reine Privatsache? Ist es ratsam, ihm gar nichts zu erzählen? Gibt es Optionen, die die Berufstätigkeit nicht einschränken? Zur Not, indem sie den Jahresurlaub und die Freizeit opfert? Oder sollte sie eine längere Auszeit ohne Kündigung und mit Rückkehrrecht aushandeln, ein Sabbatical? Caroline weiß: Wem wie eine Auszeit gewährt wird, ist sehr unterschiedlich. Die Modelle reichen vom Arbeitszeitkonto-Ansparen über Gehaltsverzicht bis zum unbezahlten Urlaub. „In meinem Laden“, meint Caroline, „klappt das wohl kaum. Aber wie dann?“ Kosten, Nutzen, Chance und Risiko Felix und Caroline kalkulieren Kosten und Nutzen unterschiedlich. Neue Chancen oder das Ausfüllen von Defiziten, materielle oder immaterielle Dinge kommen in die Rechnung. Beide müssen sich darüber klar werden, was der konkrete Nutzen sein soll. Für keinen der beiden ist Bildung eine Patentlösung für alle beruflichen Wünsche oder Probleme. Ein Master als akademischer Grad ist für beide attraktiver als ein einfacher Kurs mit Teilnahmebescheini-
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gung, der auf dem Lebenslauf eine geringe Halbwertszeit hat. Ob sie damit aber Beförderungen und Gehaltssteigerungen erzielen können, ist offen. Und: Wenn beide einen Master absolvieren, wäre der langfristige Bonus für Felix größer oder für Caroline? Beide können irren und Fehler machen, die ernsthafte Konsequenzen haben. Dazu gehört das Risiko des Scheiterns. Nicht jeder Teilnehmer schließt erfolgreich und planmäßig ab, vor allem nicht bei berufsbegleitenden Studiengängen. Je länger er dauert, desto wahrscheinlicher sind Verzögerungen, Unterbrechungen und Abbrüche. Die Ursachen sind meist zeitliche Überlastung, Überraschungen am Arbeitsplatz sowie familiäre Umstände. Auch Lernmüdigkeit, Demotivation und Lernwiderstände kommen vor: weil die Studieninhalte nicht leicht auf den Arbeitsalltag übertragbar sind; weil man keinen Draht zu Dozenten oder anderen Teilnehmern findet; oder weil Methoden und Aufgaben schwierig sind – wer als Geisteswissenschaftler in einem MBA-Studium 10 Jahre nach der letzten Mathe-Schulstunde durch Rechnungswesen und Finanzmathematik ackern muss, hat daran nicht immer Spaß. Mit Kosten in der Kosten-Nutzen-Rechnung sind also nicht nur finanzielle gemeint. Dennoch: Spezialisierte Lehrgänge oder ein berufsbegleitendes Studium können schnell den Preis einer neuen Kücheneinrichtung oder eines Neuwagens erreichen. Hier gilt es zu rechnen, was bei der Finanzierung helfen kann: Bafög, Stipendien, Bildungskredit, Arbeitgeberzuschüsse, auch das Finanzamt, das Weiterbildungs- als Werbungskosten voll anerkennt (einschließlich Verlustvortrag). Lohnt sich die Investition? Wann sind die Kosten wieder eingespielt? Wie hoch ist die Rendite? Das kommt darauf an, wie viel man ausgeben muss, wie man rechnet, und wann das Studium wie in die Karriere eingebaut wird. Felix, der Einsteiger, verzichtet auf ein fiktives Einkommen, wenn er noch zwei Jahre einen Vollzeit-Master absolviert. Er muss seinen Lebensunterhalt, vielleicht Studiengebühren finanzieren. Aber das ist überschaubar. Der Verdienstausfall ist für gut bezahlte Berufstätige wie Caroline dagegen schmerzhaft, stiege sie vorübergehend ganz aus oder auf Teilzeitarbeit um. Der Gehaltsausfall muss vertretbar sein, die anschließende Gehaltssteigerung möglichst groß. Konsekutive Master sind an staatlichen Hochschulen oft gebührenfrei, berufsbegleitende weiterbildende Master eher nicht. Manche Master sind sehr teuer, die Bandbreite reicht von mehreren Tausend bis zu mehreren Zehntausend Euro an Studiengebühren. Bewerbungskosten (Sprachtests, Kompetenztests, Vorbereitungskurse) kommen hinzu. Wer an fernem Ort Präsenzphasen absolviert, muss Flüge, Fahrten, Hotel und Verpflegung bezahlen. Je höher die Gebühren und sonstigen Kosten liegen und je geringer das durch das Studium erreichte Gehaltsplus ist, desto länger dauert es bis zur Amortisation. Das sind Jahre, vielleicht aber auch ein Jahrzehnt oder mehr. Was für Akademiker wollen die Arbeitgeber? Zwar sind Public-Affairs-Karrieren von Wechseln geprägt, doch ist die Zusammensetzung des Personals bei den möglichen Arbeitgebern nicht identisch.
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Es gibt Präferenzen bei der Rekrutierung und Pfadabhängigkeit auf den Karrierewegen. Wichtig ist, Missverständnisse zu vermeiden. Das Berufsfeld Public Affairs wird nicht nur von überwiegend an Gesetzgebung arbeitenden Vollzeit-Lobbyisten und Kampagnenmachern bestimmt. Viel typischer sind breit angelegte Kommunikationsaufgaben, fachliche Zusammenarbeit mit Institutionen, strategische Begleitung von Projekten (z.B. im Bau, Public-Private Partnerships) oder Vertriebsaufgaben (z.B. im Unternehmensgeschäft mit dem Staat, Ausschreibungen, öffentliches Auftragswesen). Das heißt, nur ein Teil der Arbeitsplätze mit PA-Bezügen ist vollständig mit PA befasst. Der Beratungssektor Kommunikationsagenturen sind sehr offen. In Stellenanzeigen verzichten sie oft ganz auf die Angabe gewünschter Fächer und Abschlüsse. Häufig sind Sozial- und Geisteswissenschaftler mit Medien- und Politikfächern von der Universität. Betriebswirte und Juristen sind bei Agenturen eher selten, denn die Bezahlung ist vergleichsweise unattraktiv. Wer also BWL- und Rechtskenntnisse hat, bringt wichtige Expertise ein, die Wirtschaftskunden schätzen. Zudem versuchen sich Kommunikationsagenturen zunehmend als Unternehmensberater zu positionieren. Fachhochschulabsolventen sind bei Agenturen außerhalb des Mediendesigns selten, aber mancher Chef schätzt die praxisorientierte FHAusbildung. Bei großen Unternehmensberatungen dominieren Betriebswirte, aber oft gehört zur Philosophie, Absolventen anderer Fächer zu rekrutieren. Für den Wachstumsbereich „Public Sector“ sind Politik- und Verwaltungswissenschaftler interessant. Das gilt sogar für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften wie PWC oder KPMG, die viele Aufträge der öffentlichen Hand übernehmen. Neben der Strategie- und Organisationsberatung gibt es im Non-Consulting/Support Stellen für Rechercheure, Wissensmanager und Analysten. Große Anwaltssozietäten, die im PA-Geschäft tätig sind, rekrutieren so gut wie ausschließlich Volljuristen der besten Universitäten, zusätzlich wird eine Spezialisierung auf ein Rechtsgebiet oder ein Master of Laws (LL.M.) gern gesehen. Anders als Kanzleien stellen Unternehmensberater Bachelor-Absolventen ein (z.B. „Junior Associate“ bei Boston, „Junior Fellow“ bei McKinsey, „Consulting Analyst“ bei Roland Berger). Für Absolventen von Fachhochschulen und Berufsakademien sind die Aussichten bei Top-Beratungen düster. Markt- und Meinungsforschungsinstitute, die im politischen Raum tätig sind, suchen vor allem Mitarbeiter, die empirische Methoden nach wissenschaftlichen Standards beherrschen, aber auch in der strategischen Kommunikation zu Hause sind. Sozial- und Informationswissenschaftler haben hier eine Domäne, meist mit höheren Universitätsabschlüssen. Schließlich beteiligen sich Think Tanks an der PA- Schnittstelle. Ob universitär angebundenes Forschungsinstitut, Denkfabrik eines Verbands oder einer Gewerkschaft oder parteinahe Stiftung: Ein starkes wissenschaftliches Profil ist Voraussetzung, für Leitungsaufgaben oft die Promotion. Allerdings gibt es z.T.
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auch operative Programmbereiche, für die Projekt- und Kommunikationsmanager gefragt sind. Volkswirte und Sozialwissenschaftler gehören zum Stammpersonal, fast immer mit Universitäts- und nicht FH-Abschluss. Die Verbändewelt Die meisten Verbände haben wenig Profipersonal, Geschäftsstellen mit fünf Personen sind völlig normal. Nur große Verbände haben Personalabteilungen, die systematisch Personal entwickeln. Personalstarke Spitzenverbände wie BDI, BDA, DIHK, VCI oder VDI sind die Ausnahme unter den rund 8.000 Verbänden mit hauptamtlichen Geschäftsstellen. Nicht jeder Mitarbeiter in Verbänden hat mit Politik und Kommunikation zu tun, sondern eher mit Mitgliederservice, Weiterbildung, Rechtsberatung und Dienstleistungen in verbandseigenen GmbH. Weder für das Verbandsmanagement noch für Fachreferenten gibt es allgemein geregelte Qualifikationsstufen. Als Referent ist häufig der Direkteinstieg als Hochschulabsolvent mit ersten Berufserfahrungen möglich. Traineeprogramme für den Geschäftsführernachwuchs sind selten. Auf der Geschäftsführerebene findet man häufig Quereinsteiger. Dominant sind Juristen, Wirtschaftswissenschaftler sowie Ingenieure und Naturwissenschaftler. Sozial- und Geisteswissenschaftler stellen in der Regel nicht die erste Garde, sondern stehen in der zweiten Reihe. Aus welchen Disziplinen für Fachebenen rekrutiert wird, hängt vom Verbandszweck ab: Sozial- und Wohlfahrtsverbände stellen eher Sozialwissenschaftler ein, technikorientierte Verbände eher Ingenieure. Berufsverbände haben meist die für ihre Berufe typischen Absolventen als Referenten an Bord. Zunehmend wird über die Professionalisierung des Verbandsmanagements debattiert, was die Personalentwicklung allmählich zu beeinflussen beginnt. Ähnlich ist es bei Nichtregierungsorganisationen (NGO). Unternehmen Großunternehmen organisieren PA meist in der Kommunikationsabteilung, einer Vorstands-Stabsstelle oder einer Rechtsabteilung. Firmen in stark regulierten Branchen (z.B. Energie, Telekommunikation, Verkehr, Pharma) unterhalten eine bisweilen personalstarke (10-30 Mitarbeiter) Regulierungsabteilung, in der meist sowohl Juristen, Technik- oder Naturwissenschaftler als auch Politik- und Kommunikationsexperten beschäftigt sind. Unternehmensrepräsentanzen in Berlin, Brüssel und anderen Hauptstädten sind meist sehr klein und mit politisch erfahrenen Mitarbeitern besetzt. PA-Aufgaben werden in manchen Branchen in Vertriebsabteilungen sowie bei Tochtergesellschaften im Ausland erfüllt. Die Zahl der PA-Mitarbeiter ist im letzten Jahrzehnt zwar gestiegen, aber immer noch übersichtlich: Laut einer Studie, die 102 Großunternehmen befragte, lag sie 2007 durchschnittlich bei 17 direkt oder indirekt für PA in Deutschland zuständigen Mitarbeitern, bei 15 für die EU direkt oder indirekt zuständigen Mitarbeitern – bei den einzelnen Firmen schwankt die Zahl aber erheblich (Siedentopp, 2010, S. 232ff.). Der berufliche Hintergrund ist äußerst heterogen: In der Befragung (Mehrfachnennungen möglich) führten (operative) Tätigkeiten
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im Unternehmen (55 Prozent) und Medien (51) die Liste an, gefolgt von Politik (49), Verband (31), Verwaltung, Behörde oder Ministerium (28), Forschung und Wissenschaft (21), Beratung (19) und Sonstiges (13) (Siedentopp, 2010, S. 244f.). Auch wenn hier nicht nach Studienfächern gefragt war, ist klar: Bei Unternehmen wird fachlich außerordentlich breit rekrutiert. Entweder sind „Branchengewächse“ tätig oder Fach- und Führungskräfte werden Schritt für Schritt an PA-Aufgaben herangeführt, oder es werden Spezialisten von außen rekrutiert. Da für PA meist die Unternehmenskommunikation zuständig ist, sind dort PR- und Marketing-typische Einstiegskarrieren sichtbar, etwa Volontariate oder Traineeships. Ein Beispiel ist das auch in Europa durchgeführte „Public Affairs Development Program“ beim Chemiekonzern Dow, bei dem die Trainees neben Marketing- und Unternehmenskommunikationsstellen auch in die Government Affairs rotieren. Es richtet sich an Kommunikations- und Wirtschaftswissenschaftler (Dow Chemical Company, 2011). Andererseits ist PA auch Vorstandssache und Teil des strategischen Managements. Daher kann ein Einstieg in das Feld über eine operative Tätigkeit im Unternehmen oder über die Position eines Vorstandsassistenten gelingen, davon gibt es bei deutschen Firmen rund 6000 (Lang, 2005, S. 28). Das Karrieresprungbrett als „rechte Hand der Macht“ und „Einflüsterer des Vorstands“ (Hamacher, 2006) zieht nicht überraschend viele Betriebswirte, Wirtschaftsingenieure und Juristen an, oft mit einem sehr guten Master, MBA oder Promotion und erster Berufserfahrung, etwa als Trainee; der Einstieg direkt als Hochschulabsolvent ist eher die Ausnahme. Vom Assistenten des Finanzvorstands wird viel BWL-Fachwissen erwartet, vom Assistenten des Personalvorstands weniger. So haben manchmal auch Politikwissenschaftler, Germanisten oder Philosophen eine Chance (Schröder, 2010). II. Was und wie lernen? Weiterbildungsformate im Vergleich Weiterbildung außerhalb der Hochschule: Kommerzielle und nichtkommerzielle Akademien Weiterbildung gibt es in vielen Formaten: Halb- bis mehrtägige Seminare, Foren, Tagungen, Kongresse mit Sektionen und Workshops, Lehrgänge über mehrere Wochen und Monate, Präsenz- und Fernkurse. Manche sind durch Berufs- oder Branchenvereinigungen oder eine staatliche Stelle „zertifiziert“, unterliegen also einer externen Überprüfung. An kommerziellen Seminaranbietern und Trainern herrscht kein Mangel. Der Weiterbildungsmarkt ist groß, lukrativ und marketinggetrieben, aber auch in die Kritik geraten. 2008 machte der bissige Bestseller „Die Weiterbildungslüge: Warum Seminare und Trainings Kapital vernichten und Karrieren knicken“ Furore (Gris, 2008). Die Kernaussagen: Die meisten (Kurzzeit-) Seminare sind Augenwischerei und Geldverschwendung. Die Teilnehmer lernen dort nicht, was sie lernen sollen, und der Praxistransfer gelingt nicht. Überdies lernen Menschen nur dann substanziell etwas Neues, wenn sie es aus eigenem Antrieb heraus mit großer Anstrengung tun und diszipliniert über längere Zeit lernen. Kurzzeitseminare können Anregungen bieten, aber kein umfassendes
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Wissen vermitteln. Ohne Lernschleifen, Wiederholung und häufige Anwendung sowie Reflexion werden Inhalte schnell vergessen. Zudem verlassen sich Vorgesetzte zu sehr darauf, dass ihre Mitarbeiter eigenverantwortlich Seminarinhalte umsetzen, sie brauchen aber ein stark unterstützendes Umfeld. Wahr ist, dass Kurzzeitseminare inhaltliche Grenzen haben. Ein 1½-tägiges Seminar zu Pressemitteilungen kann die Teilnehmerin in die Lage versetzen, handwerkliche Grundregeln zu berücksichtigen und Texte zu optimieren. Ein 1½-tägiges Seminar über Corporate Social Responsibility oder Lobbying reißt eigentlich ein viel zu großes Feld auf. Danach ist der Teilnehmer oberflächlich informiert oder verwirrt, doch sicher nicht in der Lage, Stakeholderbeziehungen zu verändern oder ein komplexes Gesetzgebungsverfahren zu begleiten. Solche Seminare sind naturgemäß Einführungen. Eigentlich müssten sich die Teilnehmer im Anschluss dem intensiven Selbststudium widmen und am Arbeitsplatz mit Unterstützung von Team und Chef ein strukturiertes Lern- und Anwendungsprogramm aufsetzen – was selten geschieht. Im besten Fall ermöglicht ein umfassender Lehrgang (Abendstudium, Kompaktstudium, Fernstudium) abgestimmte Module, bindet mehrere Dozenten ein, integriert Theorie und Übungen, Gruppenarbeit oder Lokaltermine, fordert Lektüre in Lehrbriefen und Fachbüchern ab. Gruppenpräsentationen, Hausaufgaben, Prüfungen unterstützen Anwendung und Reflexion. Prüfungen sind zudem eher Nachweis der Kompetenz als simple Teilnahmebescheinigungen, insbesondere wenn der Anbieter Prüfungen einer anerkannten Branchenstelle ermöglicht (z.B. Prüfungs- und Zertifizierungsorganisation der deutschen Kommunikationswirtschaft, PZOK, www.pzok.de). Das Feld der Anbieter und Angebote ist nach Themenbereich sehr unterschiedlich. Zu Politischer Kommunikation und Lobbying ist das Angebot überschaubar, klammert man einmal Seminare der politischen Bildung aus. In den Katalogen der großen Management- und Medien-Seminaranbieter tauchen diese Themen nur gelegentlich auf. Die Deutsche Presseakademie (depak) und ihre Schwester Quadriga Akademie in Berlin haben derzeit das umfangsreichste Angebot einschließlich langer Lehrgänge; das Mutterunternehmen Helios Media veranstaltet auch den jährlichen „Politikkongress“. Einige LobbyingKurzseminare gehören zum Repertoire der Kölner Verbände-Seminare, die sich sonst eher auf Management, PR, Recht und Steuern konzentrieren; sie sind Partner des „Verbändekongresses“ der Deutschen Gesellschaft für Verbandsmanagement (DGVM). Die DGVM-Akademie selbst bietet einen Intensivlehrgang „Verbandsmanagement kompakt“ nebst Zertifikat (vier Tage zu Verbände und Recht, Öffentlichkeitsarbeit und Interessenvertretung, Verbandsmanagement und Finanzen, Mitgliederkommunikation und Führung); das Verbandsmanagement Institut (VMI) der Universität Freiburg (Schweiz) einen mehrwöchigen Diplom-Lehrgang „Verbands-/NPO-Management“. Zu Medien und Öffentlichkeitarbeit ist das Seminarangebot gewaltig. Hier sind auch viele Spezialthemen zu finden, von Issues Management und Krisenkommunikation bis Social Media. Anbieter sind sowohl eigenständige Akademien als auch Seminartöchter von Verlagen und Nachrichtenagenturen, PR-
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Agenturen und Einzelberater. PZOK-Lehrgangsprüfungen zum Abschluss „PRBerater(in)/PR-Referent(in)“ bietet nur eine Handvoll von Anbietern. Noch überwältigender ist das Seminar- und Lehrgangsangebot für kaufmännische und Managementthemen sowie für Rechtsgebiete. Wer genau weiß, was er sucht, kann gezielt recherchieren. Beispiele: Eine PAAgentur gewinnt als Kunden einen Verband der Investmentbranche – für den zuständigen Berater mag das Seminar eines Rechtsfachverlags zum Investmentrecht hilfreich sein. Betreut er ein IT-Unternehmen, das sich mit der Datenschutzproblematik auseinandersetzen muss, könnte ein Datenschutzseminar nutzen. Vertritt er das Praxisfeld Food, könnte ein Grundlagenseminar zum Lebensmittelrecht passen. Aus aktuellen Projekten und Mandaten lassen sich also Bildungsbedarfe destillieren. Kommerzielle Seminaranbieter investieren stark in Werbung, gerade im Internet. Wer drauflos googelt, landet zuerst auf deren Seiten. Das gilt ebenso für die meisten Seminar-Suchportale, denn diese lassen sich gute Platzierung bezahlen. Weiterbildungsangebote der Verbände, Kammern (z.B. IHK, Berufskammern) und Gewerkschaften mit ihren Bildungswerken und Verbandsakademien hingegen findet man oft nicht auf Anhieb. Sie haben kleinere Marketingbudgets, engere Zielgruppen und werben vor allem in Fachmedien. Trotzdem muss man sich für die meisten Themen keinen kommerziellen Anbieter suchen: Die Akademien des „Dritten Sektors“ decken so gut wie alles ab. Das gilt auch für alle Managementthemen. Wer sich z.B. als künftiger Agenturchef sieht, könnte sich für den Zertifikatslehrgang GmbH-Geschäftsführung einer IHK interessieren. Wer gezielt sucht, findet auch PA-relevante Seminare – zu politischen Themen, zu neuen Gesetzen und Recht, zur Praxis der Interessenvertretung, zu betriebswirtschaftlichen Fragen der Verbandsgeschäftsführung, zu Öffentlichkeitsarbeit. Manches verbandsnahe Institut hat spezifische Weiterbildungsformate entwickelt, so die Andreas-Hermes-Akademie das Verbands-TrainingsProgramm für junge Hauptamtliche in Agrarorganisationen. Manche Seminare sind sehr günstig und trotzdem offen für jeden Interessierten. Das von BDI, BDA und DIHK getragene Institut für Sozial- und Wirtschaftspolitische Ausbildung (ISWA) etwa erhebt für seine Politikseminare (aktuelle Grundsatzthemen) und Praxisseminare (Kommunikation und Verbandsarbeit) nur kleine Beiträge für Tagungsstätte und Verpflegung. Abschlusszertifikate vergibt es aber nicht. Die parteinahen Stiftungen haben längst den Status von Parteischulen verlassen. Sie suchen sich neue Kunden bei Verbänden, NGO und Initiativen. So finden sich Seminare zur Kampagnenführung, zur Medienarbeit, zur Strategieentwicklung, zum Projektmanagement, zu Verhandlungsführung, dem Management politischer Organisationen, zur Arbeit in Gremien, zu Fundraising und EU-Förderung sowie gelegentlich Lobbyarbeit. Einige der Zertifikatskurse sind sehr lang, umfassend und mit erheblichen Studiengebühren belegt (Stipendien gibt es gleichwohl auch), beim Preis jedoch absolut konkurrenzfähig.
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Nebenbei erschließt man sich ein recht gutes politisches Netzwerk. Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat die Akademie Management und Politik (MuP) mit drei Ausbildungsgängen Organisations-, Kommunikations- und Freiwilligenmanagement aufgelegt. Der GreenCampus-Bildungsverbund der Heinrich-BöllSiftung bietet einen Kursus zum „Politikmanagement-Zertifikat“. Bei der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit steht Politisches Management im Zentrum der Virtuellen Akademie wie auch von Präsenzseminaren; für ihre „Fertigkeitenseminare“ wirbt die Stiftung gar mit dem Slogan „Doping für Ihren Verband“. Die Hanns-Seidel-Stiftung hat einen Arbeitsbereich „Politisches Management“. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung hat einen „Ausbildungsgang Politikmanagement“. Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat unter den Stiftungen eines der stärksten managementorientierten Weiterbildungs-, Veranstaltungs- und Forschungsprogramme für Politische Kommunikation einschließlich einer regelmäßigen Jahrestagung. Studiengänge und wissenschaftliche Weiterbildung an Hochschulen Hochschulen stehen für mehr Theorie, mehr Tiefe, akademischen Zuschnitt. Vor allem haben sie als einzige das Recht, akademische Grade zu verleihen. Doch wissenschaftliche Weiterbildung muss nicht gleich ein ganzes Studium sein. Einige Hochschulen bieten umfangreiche Kataloge mit Seminaren, Lehrgängen und Sommerschulen. Einige vermarkten sich gut. Bei anderen muss man gezielt suchen, etwa nach An-Instituten und Praxistransfer-Zentren. Beispiele: Das Zentrum für Nonprofit-Management an der Universität Münster bietet mehrtätige Seminare in „Public Affairs Management“, „Corporate Social Responsibility“ und „Geschäftsführung in kleinen und mittleren NPOs“ an. Die Universität Hannover hat einen Lehrgang „Management in Non-ProfitOrganisationen“ im Angebot. Das Centrum für Verhandlungen und Mediation an der LMU München bildet in einem Lehrgang zum Wirtschaftsmediator aus. An der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer ist das Weiterbildungsprogramm nicht nur für Beamte gedacht, sondern es ist explizit offen für Interessierte aus Wirtschaft, Politik, Verbänden und NGO. Neben Einzelseminaren bietet die DHV zweimal jährlich das „Speyer-Semester“, ein dreimonatiges verwaltungswissenschaftliches Ergänzungsstudium auch für Karrieren „in Verbänden, im Schnittstellenbereich zwischen öffentlichem und privatem Sektor oder in ähnlichen Positionen“. Eigentlich als Station im Rechtsreferendariat konzipiert, ist es offen für Universitätsabsolventen aus Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Ein Vorteil bei Hochschulseminaren: Dort erworbene ECTS-Leistungspunkte können bei einem späteren Master-Studium angerechnet werden. Mehr als 6000 Master-Studienangebote zählt Hochschulkompass.de in Deutschland, aber nur rund 350 sind Teilzeitangebote (Stand September 2011). Die weitaus meisten sind konsekutive Vollzeit-Master, die sich an ein bestimmtes BachelorStudium anschließen. Wechsel von außerhalb sind manchmal schwierig. Nichtkonsekutive Master sind offener. Weiterbildende Master verlangen mindestens ein Jahr Berufserfahrung und werden in der Regel als berufsbegleitende
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Teilzeit-Studiengänge angeboten. Die Hochschulen sind recht frei darin, das Curriculum an Arbeitsmarktbedürfnisse anzupassen, den Titel bzw. Grad zu benennen (Master of…) und Studiengebühren zu erheben. Teilzeit-Master sind meist berufsnah. Sie pflegen Praxis-Partnerschaften. Studenten erstellen Konzepte, Präsentationen und Falllösungen, viele Praktiker leiten die Seminare. Vollzeit-Studiengänge werden hingegen nach den Profiltypen „stärker forschungsorientiert“ und „stärker anwendungsorientiert“ sortiert. Das ist verwirrend und nicht leicht abgrenzbar, aber wichtig: „Medien und Politische Kommunikation“ der FU Berlin und „Politische Kommunikation“ der Universität Bielefeld und der Universität Düsseldorf bilden – trotz praktischer Elemente – eher für die Wissenschaft aus, während der Master „Politikmanagement“ der Universität Duisburg-Essen Entscheider und Berater im Fokus hat. Faustregel: Kommt im Namen des Studiengangs das Wort „Management“ vor, dürfte er „stärker anwendungsorientiert“ sein. Die meisten Master in Medien- und Kommunikationsmanagement/PR gehören in diese Kategorie. Diese finden sich an Universitäten ebenso wie an Fachhochschulen (z.B. der Vollzeit-M.A. Information and Communication Science mit Studienschwerpunkt Public Affairs/Political Campaigning der Hochschule Mittweida). Ebenso die stärker im Feld Organisation verankerten Voll- oder TeilzeitStudiengänge für Nonprofit-Management der Universitäten Münster, Kaiserslautern, Heidelberg oder der Hochschule Osnabrück und Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin. Eine neue Herausforderung besteht in der jüngeren Klientel der BachelorAbsolventen, die den Berufseinstieg mit dem Master verbinden wollen. Für diese Young Professionals werden derzeit vor allem an privaten Hochschulen schnell neue Studiengänge kreiert. Diese Gruppe ist 25-30 Jahre alt und hat etwas andere Prioritäten als die klassische Weiterbildungsklientel (30-45), die in der Regel einen Diplom- oder Magisterabschluss oder ein Staatsexamen hat. Hier gibt es formale Tücken. So sind derzeit fast alle Teilzeit-Master auf 60-90 ECTS-Leistungspunkte ausgelegt, damit die Gesamtstudienzeit zwei Jahre nicht überschreitet. Der übliche konsekutive Vollzeit-Master hat aber 120. Für private Arbeitgeber ist die Punktzahl irrelevant, aber eine Einstufung in den höheren öffentlichen Dienst gelingt nur, wenn der Bewerber insgesamt 300 ECTSPunkte nachweisen kann (Muster: Bachelor 180 + Master 120). Wer nach sechs Semestern Bachelor-Studium einen 60-Punkte-Master aufsattelt, hat für den höheren Dienst 60 Punkte zu wenig. So fordert etwa die private Quadriga Hochschule Berlin für ihre 60-PunkteMaster (MBA) in Kommunikation und Public Affairs bereits 240 ECTS-Punkte von Bewerbern – was dem klassischen Diplomabschluss entspricht. Damit sichert sie den Absolventen die Laufbahnbefähigung für den höheren Dienst. Aber was tun Bachelor-Absolventen mit nur 180 Punkten? Ihnen wird angeboten, auf Antrag „eine einschlägige Berufsausbildung ersatzweise“ anzuerkennen (Quadriga Hochschule Berlin, 2011). Bei anderen Hochschulen werden Vormodule angeboten, also Extrakurse. Bei wieder anderen gibt es dazu gar
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keine Regeln. Wer als Bachelor im Teilzeit-Master studieren will, sollte wegen der Punktelücke nachhaken. Staat oder privat? Studiengänge zu Medien und Kommunikation verkaufen sich an privaten Hochschulen neben kaufmännischen Studiengängen hervorragend. Spezialangebote zu Public Affairs sind die Ausnahme, aber in vielen PR-Studiengängen integriert. Die Privaten haben auf den Bedarf reagiert. Sie bieten für Berufstätige oftmals sehr attraktive Studienformate (und Einzelseminare als „Executive Education“) an. Die Gebühren liegen jedoch häufig im fünfstelligen Bereich. Private Hochschulen sind elitär und teuer, flexibel und attraktiv – heißt es. Elitäre Business Schools sind jedoch die Ausnahme, typischer sind Hochschulketten, die auf ein sehr breites Publikum setzen. Es gibt forschungsintensive Privatuniversitäten, aber auch reine Berufsausbildungsstätten ohne großen akademischen Anspruch. Manche haben hohe Reputation, viele sind recht unbekannt. So einfach ist die Unterscheidung zwischen „Staat“ und „privat“ ohnehin nicht. Auch staatliche Hochschulen lagern ihre Weiterbildungs-Master in private Rechtsformen aus (Verein, GmbH), was mit Gebühreneinnahmen und Personalrecht zu tun hat. Private Hochschulen werden recht streng vom Staat beaufsichtigt. Sie müssen arbeiten wie staatliche Hochschulen und jedem Studenten garantieren, dass das Studium abgeschlossen werden kann, selbst wenn der Träger die Hochschule schließt. In den vergangenen Jahren sind mehrere private Hochschulen zusammengebrochen, sie verloren aufgrund akademischer Mängel ihre Akkreditierung (z.B. die UMC Potsdam, die aus dem PR Kolleg hervorging), gerieten in die Insolvenz (IU Bruchsal) oder gaben wegen Unwirtschaftlichkeit auf (IHB Berlin mit dem Bachelor-Studiengang Politikmanagement). Nicht zu unterschätzen sind auch öffentliche Kontroversen, die die Reputation einer Hochschule beschädigen – wie nicht nur kriselnde, sondern auch gesunde Institute wie die European Business School oder die Quadriga Hochschule Berlin erfahren mussten. Davon hören natürlich auch Arbeitgeber. Einige kommerzielle Anbieter haben ihre Lehrgänge durch Kooperationen mit Hochschulen zu staatlich anerkannten Studiengängen aufgewertet. In diesem Modell organisiert eine private Firma die Lehre, die Hochschule verantwortet die Prüfungen und verleiht den Abschlussgrad. Ein Beispiel ist der auch politische Kommunikation und Lobbyarbeit umfassende PR-Studiengang der Firma PRPlus, der durch die österreichische (staatliche) Donau-Universität Krems zum Master führt. Die Deutsche Universität für Weiterbildung ist sogar ein formales Joint Venture von Klett-Konzern und Freier Universität Berlin (Master „European Public Affairs“). Aus eigener Kraft des Verlags Helios Media hat sich dagegen aus der Deutschen Presseakademie die Quadriga Hochschule mit ihrem MBA „Public Affairs & Leadership“ entwickelt.
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Studium im Ausland Ein Vollzeitstudium mit Master-Abschluss im Ausland ist vor allem eine Option für Absolventen und junge Berufstätige, die noch mobil und ungebunden sind. Für Berufstätige, die keine Auszeit nehmen wollen, kommen nur Studiengänge in Frage, die ein Fernstudium mit übers Jahr verteilten Präsenzblöcken anbieten. Zweifellos macht man sich mit einem spezialisierten Studienabschluss interessant, den es in Deutschland nicht gibt. Politikpraxisnahe Studiengänge in einer Hauptstadt sind ein besonders starkes Signal. Akademische Grade wie diese stechen auf dem Lebenslauf heraus: Ein M.Sc. in Public Affairs and Lobbying der Brunel University London, ein MBA Affaires Publiques Européennes oder Master en Stratégie et Décision publique et politique des ISMaPP in Paris, ein M.Sc. in European Public Affairs & Lobbying der IEMI Business School in Paris, ein M.A. in Political Strategy and Communication am Standort Brüssel der University of Kent, ein M.A. in Public Communication der Universität Wien, ein M.Sc. in Political Communication, Advocacy and Campaigning der Kingston University London, ein M.P.S. in Political Management oder Legislative Affairs der George Washington University in Washington, ein Master in Public & Parliamentary Affairs der LUMSA in Rom, ein Master of European Affairs and Lobbying des Institut Catholique de Paris, ein M.Sc. International Business and Politics der Copenhagen Business School, ein Master of Public Advocacy and Action der Victoria University in Melbourne. Jenseits nationaler Kapitalen finden sich ebenfalls interessante Studiengänge – von Leiden bis Pamplona. Zudem sind PA-Spezialisierungen in Mainstream-Studiengängen möglich, insbesondere in Kommunikations- und Politikwissenschaft, Europastudien, Internationalen Beziehungen (z.B. Public Diplomacy). Auch internationale Business Schools offerieren mehr Anschluss an Politik und Non-Profit-Sektor, als man denkt. Wer hoch zielt, achtet auf Renommee. Ein M.P.A. der London School of Economics oder des Sciences Po in Paris ist eine Klasse für sich, ebenso wie ein M.A. des Europakollegs Brügge. Bei weniger bekannten Instituten gilt es zu recherchieren, wer den Grad vergibt. So ist der Executive Master of Advocacy des Institut Supérieur Européen du Lobbying (ISEL) in Paris und Brüssel ein Abschluss der Universität Straßburg. Hinter dem auch mit Lobbykursen ausgestatteten MBA der United Business Institutes in Brüssel steckten zunächst USProvinzuniversitäten, nun die britische University of Wales. Dazu muss man wissen, dass die belgischen Behörden keine Hochschulen anerkennen, die überwiegend oder ganz auf Englisch lehren. Dennoch ist Belgien dank der vielen Ausländer ein Mekka englischsprachiger Master-Studiengänge. Dubiose Titelmühlen sind im Feld PA noch nicht aufgefallen, wohl weil es zu speziell ist. Dennoch sollte man auf Akkreditierung und staatliche Anerkennung achten, den Hochschultyp bewerten sowie die Anabin-Datenbank (Anerkennung und Bewertung ausländischer Bildungsnachweise, www.anabin.de)
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der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen konsultieren. Und: Nicht jeden ausländischen Abschluss darf man in Deutschland führen. Inhaltlich stellt sich die Frage, ob sich ein national geprägtes Curriculum sinnvoll auf die deutsche Praxis übertragen lässt. Wer auf Europapolitik setzt, wird nach dem M.A. European Public Affairs der Universität Maastricht wenig Transferprobleme in Berlin haben, wer dagegen in den USA studiert, findet dort vorrangig Studieninhalte zu den USA. Genau das mag ja interessant sein, jedoch ist bei Rückkehr eine erhebliche Transferleistung gefordert. Fernstudium Berufstätige benötigen Flexibilität. Dafür sind Fernlehrgänge und Fernstudiengänge gemacht, die einen sehr hohen Anteil an Selbststudieneinheiten haben. Traditionell setzen sie auf Lehrbriefe, die man zu Hause studiert und Hausaufgaben einsendet. Sie werden zunehmend durch interaktive Arbeit auf ELearning-Plattformen ergänzt. Meist sind diese asynchron konzipiert: Das heißt, jeder Teilnehmer geht dann online, wann es ihm passt, und postet seine Beiträge zur Seminardiskussion in Foren. Jedoch werden auch synchrone Videokonferenzen und Chatrooms eingesetzt („Webinare“). So funktioniert z.B. das halbjährige „Kompaktstudium Politikmanagement“ und der mehrwöchige Lehrgang „Digital Public Affairs“ der Quadriga Akademie, eine Schwester der Quadriga Hochschule Berlin. Fernlerner werden oft für ihre Disziplin und ihr Durchhaltevermögen gelobt. Die Kehrseite der Medaille sind bei langen Studiengängen hohe Abbruchquoten. Wie beim Weiterbildungsstudium im Abend- oder Wochenblockformat sind 15-20 Stunden pro Woche für selbstständiges Arbeiten anzusetzen. Sind Präsenzblöcke eingeplant, heißt das oft lange Anreise. Über zwei Jahre gesehen, ist das alles andere als bequem. Für Partner, Familie und Freizeit bleibt wenig Luft. Trotz interaktiver E-Learning-Elemente ist Fernstudium vorrangig Selbststudium. Wer also gern im persönlichen Austausch mit Dozent und anderen Teilnehmern lernt und die Gruppe braucht, um sich zu motivieren oder sein Netzwerk zu pflegen, ist besser im Abend- oder Blockstudium aufgehoben. Bei privaten Fernlehrgängen ist in Deutschland die Zulassung der staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) vorgeschrieben, die die Seriosität der Inhalte prüft. Diese Art Verbraucherschutz gibt es für ausländische Anbieter, die im Internet zu finden sind, nicht. Hier ist sehr genau zu prüfen, wer hinter dem Angebot steckt. So gut wie alle deutschen Fernstudienanbieter setzen auf „blended learning“, d.h. einen Mix auf Lehrbriefen, E-Learning und Präsenzphasen. Reine OnlineStudiengänge findet man daher so gut wie ausschließlich im Ausland, vor allem in den USA, Kanada, Großbritannien und Australien. Die größte Bandbreite findet sich nicht überraschend bei Fern-MBAs und anderen Management-Mastern. Gleichwohl gibt es einige Angebote für Nonprofit-Management und Kommunikation, die sich zu prüfen lohnen. Ein spezifisches Beispiel aus dem PA-Feld ist der Master (M.P.S.) Political Management oder Strategic
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Public Relations der George Washington University in Washington, der inhaltlich identisch mit dem Präsenz-Abendstudium ist. Ein anderes der M.Sc. Public Communications Management der schottischen University of Stirling. Abschlüsse: Was ist denn das für ein Master? Bei Weiterbildungsstudiengängen dürfen Hochschulen von den Standardabschlüssen (M.A., M.Sc. u.a.) abweichen. Manche tun das nicht und vergeben einen M.A./M.Sc. „in…“. Andere erfinden hingegen einen „Master of…“ – solange das zuständige Ministerium das genehmigt, ist das legal, trägt aber auch zur Verwirrung der Arbeitgeber bei. Wieder andere richten sich an international verbreiteten Abschlüssen aus. Die für das Feld Public Affairs Interessantesten sind: Master of Public Policy (MPP), Public Administration (MPA), Public Management (MPM): Diese gehören in den Bereich der Verwaltungswissenschaften. Sie sind interdisziplinär angelegt (Politik, Wirtschaft, Verwaltung, Recht), haben Analytik und Politikberatung im Fokus und ermöglichen gute Einblicke in die Verwaltungsorganisation. Besonders nützlich dürfte der MPA/MPM für jene sein, die im Bereich „Public Sector“ einer Unternehmensberatung arbeiten wollen. Der MPP (manchmal auch: Master of Public Affairs, MPA) wird teilweise an „Public Policy Schools“ gelehrt (Konzept der Professional School). „Public Policy“ heißt auf Deutsch schlicht Politik. Der Unterschied zum klassischen M.A. in Politikwissenschaft ist die interdisziplinäre Ausrichtung (a) am Studium einzelner Politikfelder (Policy-Analyse) und (b) an Steuerungsprozessen des Staates (Government) und über den Staat hinaus (Governance). In den USA und später in Großbritannien wurde der MPP in den 1960ern als Qualifikation für „Analysten“ in Planungsstäben hoher Regierungsbehörden entwickelt. MPP-Absolventen sollten Entscheidungsprozesse beraten und begleiten, staatliche Programme und Etats konzipieren und evaluieren. Daher spielt Ausbildung in Forschungsmethoden, Makro- und Mikroökonomik, Statistik, Raumplanung u.a. eine zentrale Rolle, um z.B. formale Modelle erstellen und durchrechnen zu können (etwa nach der Frage: rechnet sich für den Staat eher eine Kindergelderhöhung oder eine Förderung von Kitas?). Ein MPP ist allerdings kein Abschluss für klassische Verwaltungsmitarbeiter, und in Deutschland passt er auch kaum zur legalistischen Verwaltungstradition. MPP-Studenten interessieren sich aber häufig für eine Tätigkeit in der Politik, bei internationalen Organisationen, Non-Profits, Verbänden und Think Tanks sowie Beratungsfirmen. Nur wenige Hochschulen bieten den MPP in Deutschland an, meist in Vollzeit. Einige MPP werden auf Englisch unterrichtet, um einen hohen Anteil ausländischer Studenten anzuziehen, oft aus Schwellen- und Entwicklungsländern (z.B. Willy Brandt School der Universität Erfurt, die Humboldt-Viadrina School of Governance Berlin oder die Hertie School of Governance Berlin). Der MPP-Ansatz ist zudem in Studiengängen erkennbar, die gar keinen MPP anbieten: So geht die Universität Duisburg-Essen (NRW School of Governance)
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mit dem M.A. „Politikmanagement, Public Policy & Öffentliche Verwaltung“ einen ähnlichen Weg, der aber stärker politische Kommunikation integriert und weniger international orientiert ist. Die Universität Lüneburg (Leuphana) offeriert den interdisziplinären M.A. Public Economics, Law and Politics, die Universität Halle-Wittenberg den M.Sc. Empirische Ökonomik und Politikberatung. Auch in den USA ist der MPP weniger verbreitet als der meist berufsbegleitende Master of Public Administration (MPA) oder Public Management (MPM). Diese sind „bodenständiger“ und richten sich an Verwaltungsbeamte, die sich um die betriebswirtschaftliche Umsetzung und Optimierung von Behörden kümmern – überwiegend mit Bezug zur Kommunal- und Landesverwaltung. Das ist bei den neuen MPA/MPM-Abschlüssen in Deutschland ähnlich. Es ist eine kleine Nische: höher qualifizierte Verwaltungswissenschaftler sind in der öffentlichen Verwaltung paradoxerweise eher selten, weil Uni-Juristen und FHVerwaltungswirte dominieren. Einen berufsbegleitenden MPA bietet z.B. die Universität Kassel an, die DHV Speyer die M.A.-Studiengänge Administrative Sciences und Öffentliche Wirtschaft sowie den berufsbegleitenden MPA Wissenschaftsmanagement. Verwaltungsausbildung ist im Übrigen meist an Fachhochschulen zu Hause, die Mehrzahl der Verwaltungs-FHen stehen jedoch nur Beamtenanwärtern offen. Eine Ausnahme ist z.B. die Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin mit ihrem MPA im Fernstudium. Master of Business Administration (MBA): Zum MBA-Studium an einer Business School gibt es eine Vielzahl von ausführlichen Ratgebern, die Zuschnitt, Teilnehmerkreise, Sinn und Unsinn dieses Abschlusses diskutieren. Hier ist für das Feld Public Affairs festzuhalten, dass zahlreiche internationale Business Schools heute Lehrveranstaltungen zu Unternehmenskommunikation, Stakeholder- und Politik/Wirtschafts-Beziehungen in das MBA-Curriculum integrieren. Nicht hinter jedem MBA steht eine echte Business School im angelsächsischen Sinn. Am MBA-Markt beteiligen sich viele Fakultäten. Die im Zuge harten Wettbewerbs ausgerufenen „Spezialisierungen“ sind allerdings kritisch zu sehen. Es spricht nichts gegen einen Schwerpunkt durch Wahlfächer. Grundidee eines MBA ist jedoch das „General Management“. In diesem Sinne ist der MBA kein vertiefendes Fachstudium, sondern Querschnittsqualifikation für Führungskräfte, die bereits ein Fachstudium absolviert haben. Ein „MBA in …“ ist der Grundidee nach ein Widerspruch in sich. Puristen kritisieren die Inflationierung des MBA-Titels und die Tatsache, dass viele Hochschulen MasterStudiengänge aus Prestigegründen zum MBA umdeklarieren. Arbeitgeber, die explizit einen MBA erwarten (z.B. Unternehmensberatungen), schauen daher genau auf Rankings und internationale Akkreditierungen. Fragwürdig ist auch der internationale Nimbus des MBA, wenn er nicht im Ausland absolviert wird. Viele deutsche MBAs haben wenig Internationales an sich, während „normale“ Master-Programme internationaler werden. Master of Laws (LL.M.): Hier dreht sich meist alles ums Wirtschaftsrecht. Der LL.M. ist eine Option auch für Nichtjuristen (z.B. Wirtschafts- und Sozialwis-
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senschaftler). Er hat seinen Ursprung als Aufbaustudium für ausländische Juristen an anglo-amerikanischen Law Schools. In Deutschland ist er nun regulärer Abschluss eines Wirtschaftsrechts-Studiums, auch an Fachhochschulen (früher Diplom-Wirtschaftsjuristen). Teilweise ermöglichen Aufbaustudiengänge eine Spezialisierung wie Europarecht oder IT- und Medienrecht. Allerdings sind nur wenige LL.M. für Nichtjuristen geöffnet (z.B. Universitäten Münster und Kaiserslautern, NRW-Verbundstudium FH Bielefeld, German Graduate School of Management & Law Heilbronn, im Ausland z.B. University of Kent am Standort Brüssel). Volljuristen haben mit einem LL.M. einen Bonus bei der Bewerbung in großen Anwaltskanzleien. Das Signal als internationale Qualifikation spielt der LL.M. vor allem dann aus, wenn er im Ausland studiert wird. An LL.M.Angeboten herrscht kein Mangel: Jurafakultäten rund um die Welt bieten ihn an, oft in Teilzeit und im Fernstudium. Geschätzt 50 internationale LL.M.Studiengänge sind online studierbar, unter den Anbietern sind renommierte Universitäten. Auch hier steht nur eine kleinere Zahl Nichtjuristen offen. Wie bei MPP, MPA und MBA gilt: Manche Hochschulen folgen dem LL.M.Konzept, vergeben aber einen anders lautenden Abschlussgrad. Fazit Eine Karriere im Feld Public Affairs ist planbar – ein bisschen. Ein Baustein für den Architekten der eigenen Karriere sind Bildungsabschlüsse. Zwar haben viele Arbeitgeber bei der Personalrekrutierung eine liberale, flexible Haltung zu Titeln, Abschlussniveaus, Studienfächern, Ausbildungs- und Hochschularten ihrer Bewerber. Doch trifft das nicht für alle Arbeitgeber zu, die für künftige Jobwechsel in Frage kommen. Sie haben oft präzise Vorstellungen davon, welche formalen Qualifikationen erforderlich sind. Am Ende ist aber entscheidend, wie die Konkurrenzbewerber qualifiziert sind: Je höher die Latte gelegt ist, desto mehr muss man sich strecken. Allerdings ist die formale Höherqualifikation nur ein Faktor von vielen. Mindestens ebenso wichtig ist das inhaltliche Profil. Interessante Menschen haben interessante Bildungswege, sie haben etwas Interessantes getan und können etwas Interessantes tun. Karrieregarantien indes gibt es nicht. Der Weg über den Campus kann auch ein mühsamer, teurer Irrweg sein. Wer nur aus instrumentellen Gründen Bildungszertifikate sucht, ohne echte Begeisterung mitzubringen, mag enttäuscht werden. Die Kunst ist lang, das Leben kurz. Neue Kompetenzen kann man auch informell entwickeln, das Ticket zum Aufstieg in Projekterfahrungen lösen. Für manche ist das der bessere Weg. Zudem machen manche Arbeitgeber aus ihrer Skepsis gegenüber „zu intellektuellen“ oder „überqualifizierten“ Bewerbern kein Hehl. Sie sagen frei heraus: Sie brauchen wenige Häuptlinge und Medizinmänner, aber viele Indianer. Das muss aber nicht der eigene Maßstab sein. Public Affairs ist eine Branche, die sich schnell weiterentwickelt. Ihre Professionalisierung geht mit Akademisierung und Spezialisierung einher. Die Stellen von morgen werden gezielter besetzt. Ein Studium und Weiterbildung sind in fünf oder zehn Jahren sicher
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mehr wert als heute. Langfristiges Denken ist gefragt. Es verspricht für klug geplante Investitionen in die eigene Bildung eine ordentliche Rendite. Eine verlinkte, kommentierte Auswahl von Weiterbildungsprogrammen und Hochschulstudiengängen hat der Autor in seinem Blog Public Affairs Manager auf http://pamanager.blogspot.com zusammengestellt. Quellen Dow Chemical Company. (2011). Early Career Programs. Abgerufen am 20. August 2011 von Dow Careers: http://www.dow.com/careers/programs/early.htm Gris, R. (2008). Die Weiterbildungslüge: Warum Seminare und Trainings Kapital vernichten und Karrieren knicken. Frankfurt: Campus. Hamacher, E. (30. September 2006). http://www.welt.de/printwelt/article156277/Die_rechte_Hand_der_Macht.html. Abgerufen am 20. August 2011 von Welt Online: http://www.welt.de/printwelt/article156277/Die_rechte_Hand_der_Macht.html Lang, H. R. (2005). Der Vorstandsassistent: Aufgaben und Karrierechancen. Wiesbaden: Gabler. Quadriga Hochschule Berlin. (2011). Studienvoraussetzungen. Abgerufen am 22. August 2011 von http://www.quadriga.eu/studium/bewerbung/studienvoraussetzungen Schröder, C. (12. März 2010). Jobeinstieg als Vorstandsassistent: Mehr als geliehene Macht? Abgerufen am 20. August 2011 von E-Fellows.net: http://www.efellows.net/show/detail.php/19208 Siedentopp, J. (2010). Public-Affairs-Management von Großunternehmen: Markt- versus Nichtmarktstrategien. Münster und Berlin: Lit.
Prof. Dr. Marco Althaus Professor für Sozialwissenschaften an der Technischen Hochschule Wildau bei Berlin und stellvertretender Vorsitzender des Vorstands des Wildau Institute of Technology e.V. Zuvor war er u.a. Leiter des Deutschen Instituts für Public Affairs in Berlin, Leiter der Unternehmenskommunikation der SPDMedienholding DDVG, Pressesprecher des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Verkehr sowie Journalist bei verschiedenen Tageszeitungen. Er hat mehrere Fachbücher und zahlreiche Aufsätze veröffentlicht und ist neben der Hochschullehre in der Weiterbildung und Wirtschaftsund Politikberatung tätig. Kontakt: marco.althaus@th-wildau.de
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Wer? - der Public Affairs-Berater - Mitakteur im Gesamtgefüge namens Politik von Hans F. Bellstedt - Gründer und Inhaber der Hans Bellstedt Public Affairs GmbH (hbpa) „Was machen Sie, Public Affairs? Hat das nicht etwas mit Lobbying zu tun?“ So oder ähnlich klingt es einem oft entgegen, wenn man im Sportstudio, auf einer Abendgesellschaft oder außerhalb des politischen Berlin über seinen Beruf als Berater für politische Kommunikation berichtet. Der Berufsbezeichnung Public Affairs haftet bis heute etwas Unscharfes, Erklärungsbedürftiges, zuweilen auch Obskures an. Das führt zu Missverständnissen, Fehlinterpretationen und mitunter auch zu Misstrauen. Das muss jeder wissen, der sich für eine Laufbahn in unserer Branche entscheidet. Wir stehen, anders als Ärzte, Automechaniker oder auch Staatsbeamte, unter einem steten Rechtfertigungsdruck. Dieser Druck sollte aber diejenigen, die sich an der Schnittstelle von Wirtschaft und Politik als Brückenbauer engagieren wollen, mitnichten davon abhalten, dieser Neigung zu folgen. Ganz im Gegenteil: Der Bedarf an intelligenter, zielgerichteter Übersetzertätigkeit zwischen Unternehmen auf der einen sowie Parlament und Regierung auf der anderen Seite war vermutlich selten so groß wie heute. Und er wird, davon bin ich fest überzeugt, weiter zunehmen. Woran liegt das? Ein Hauptgrund besteht darin, dass die gesellschaftlichen Teilsysteme „Wirtschaft“ und „Politik“ immer stärker auseinanderdriften, der Dialog zwischen den jeweiligen Akteuren immer schwieriger wird. Die Finanzkrise seit 2007/08 hat dazu wesentlich beigetragen: Der Glaube, dass nur der Staat es noch richten und unsere Volkswirtschaft vor dem Absturz bewahren kann, ist weiter verbreitet denn je. Die Medien befördern diesen Glauben mehrheitlich und stellen „die Konzerne“ oder – besonders beliebt – „die Spekulanten“ – zunehmend an den Pranger. Vor diesem Hintergrund nimmt der Drang der deutschen wie insbesondere auch der EU-Politik zu, den Unternehmen immer mehr Fesseln anzulegen, ein dichtgeflochtenes Netz der Regulierung, Vorschriften und Verbote über sie zu werfen. Und entgegen der weitverbreiteten Unterstellung, die Unternehmen lieferten ganze Gesetzesvorlagen, sind es heute zunehmend Bürgerbewegungen, Umwelt- und Verbraucherschützer sowie letztlich der Boulevard, die die Agenda der Politik maßgeblich mitbestimmen. Man muss diesen Wandel im Umfeld der Politik berücksichtigen und begreifen, um das Anforderungsprofil des Public Affairs-Managers zu definieren. Es genügt eben heute nicht mehr, einen Forderungskatalog der Industrie über den
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Tisch zu schieben und zu sagen: „So muss das Gesetz aussehen, damit Deutschland wieder auf die Beine kommt“. Wer mit dieser Attitüde in ein Gespräch mit einem Abgeordneten oder Ministerialbeamten hineingeht, der schleicht mit leeren Händen wieder heraus. Die Hausaufgaben des PABeraters setzen viel früher an, und sie reichen viel weiter: In unserer global vernetzten, vollständig digitalisierten Welt muss sich der PA-Berater zunächst als eine Art Gesellschaftsseismograph auf den Weg machen. Er muss ausschwärmen, in die Zivilgesellschaft, die Welt der Nichtregierungsorganisationen (NRO/NGO) wie auch in den digitalen Raum hineinhorchen und möglichst früh jene Trends aufspüren, die - mit entsprechendem Zeitverzug - das Handeln der Politik beeinflussen werden. Manches, was heute noch in den Feuilletons oder auf den Wissenschaftsseiten der Zeitungen diskutiert wird, kann übermorgen Gegenstand eines Gesetzgebungsverfahrens sein. Selbiges gilt für die Debatten im Social Web, deren Eigendynamik zu unterschätzen grob fahrlässig wäre. Die seismographische Recherchephase ist notwendige Vorbedingung für das, was darauf folgt: nämlich die harte, oftmals mühselige und nicht selten auch von Rückschlägen geprägte Tagesarbeit des Politikberaters. Vereinfacht gesagt, lässt sich diese Tätigkeit in zwei Bereiche unterteilen: Beratung zum einen, Dienstleistung zum anderen. Die Beratung basiert auf der Umfeldanalyse, die der Public Affairs-Manager für seinen Klienten erstellt: Letzterer erwartet ein Konzept, welches ihm dabei hilft, die für ihn als Wirtschaftsakteur relevanten Rahmenbedingungen zu erkennen, zu verstehen und ihre Weiterentwicklung mitzugestalten. Ein solches Konzept, idealerweise auf mehrere Jahre angelegt, fungiert als Ausgangspunkt für das operative Ausrollen von PA-Maßnahmen. Obenan stehen die Unternehmensziele, zu deren Realisierung Public Affairs einen erkennbaren Beitrag leisten soll. Es folgen die Themen, die in den politischen Raum hinein getragen werden, ebenso wie die Akteure („Stakeholder“), mit denen diese Themen besprochen werden sollen. Mitgetragen werden sollte das Konzept nicht allein von den Public Affairs-Verantwortlichen auf der Kundenseite, sondern nach Möglichkeit auch vom Vorstand. Denn Politik geht ein Unternehmen als Ganzes an, und somit auch seine Leitung. Im Zentrum steht fast immer die Frage, wen genau der Kunde zu welchem Zeitpunkt mit welcher Botschaft aufsuchen sollte. Hier sind die Pfadfinderqualitäten des PA-Beraters ebenso gefragt wie seine Detailkenntnis der politischen Prozesse sowie sein Kontaktnetzwerk. Die Namen der zuständigen Referatsleiter aus dem Organigramm eines Ministeriums herauszusuchen, ist dabei das eine – den betreffenden Mann oder die betreffende Frau schon zu kennen, hingegen das andere. Unnötig zu betonen, dass daraus auch Differenzierungsmöglichkeiten zwischen den einzelnen Anbietern im PA-Markt resultieren – das Adressbuch ist eine starke Währung. Hinzu kommt die Suche nach dem geeigneten Format: Sollte der Kunde dem Staatssekretär einen Brief schreiben, ihn zum Vier-Augen-Gespräch treffen oder ihn um den Key notespeech auf dem Parlamentarischen Abend in Berlin-Mitte bitten? Fingerspitzengefühl, das richtige Gespür sowie Kreativität sind Qualitäten, ohne die es im PA-Geschäft nicht geht.
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Ohne Sitzfleisch geht es allerdings auch nicht. Denn wenn die anzufragenden Gesprächspartner benannt, das Thema für das Positionspapier gefunden und der Termin für das Abgeordnetenfrühstück festgelegt sind – spätestens dann mutiert Public Affairs zur Dienstleistung: „Ist der Termin mit dem energiepolitischen Sprecher der xy-Fraktion jetzt eigentlich bestätigt? Habt Ihr die Korrekturen des Kunden in das Positionspapier zur Bankenregulierung eingebaut? Und wie viele Zusagen haben wir schon für den gesundheitspolitischen Round Table erhalten?“ So oder ähnlich hallt es an einem gewöhnlichen Arbeitstag über die Flure einer jeden PA-Beratung. Adressverteiler erstellen, Druckfahnen Korrektur lesen, Catering-Angebote einholen – der Bandbreite der Services rund um das Kerngeschäft PA-Beratung sind keine Grenzen gesetzt. Jeder Anbieter muss für sich entscheiden, welche Wertschöpfungstiefe er selber erbringen will. Dass die Kunden es vorziehen, Leistungspakete aus einer Hand angeboten zu bekommen, liegt dabei auf der Hand. Die Abende in einer PA-Beratung können lang werden, sehr lang sogar. Aber der PA-Berater wird auch belohnt! Die zu bearbeitenden Themen sind spannend, die Vielfalt der Aufgaben enorm, die Begegnungen mit den Kunden wie auch mit den Akteuren des politischen Betriebs immer interessant. Welcher junge Berufstätige kann schon von sich sagen, morgens mit einem Kreis von Fraktionsreferenten gefrühstückt, mittags letzte Hand an ein Themenheft zur Energiewende gelegt und abends dem Vortrag eines Bundesministers beigewohnt zu haben – vieles von dem, was am nächsten Tag in der Zeitung steht, hat der Public Affairs-Berater vorher schon aus nächster Nähe miterlebt oder sogar mitgestaltet. Wer das politische Zeitgeschehen mit Leidenschaft verfolgt – der ist in unserer Branche bestens aufgehoben. Dass die inhaltlichen Erwartungen des Kunden an den PA-Berater dabei ebenso zunehmen wie die als „ethisch“ etikettierten Anforderungen, denen er sich ausgesetzt sieht, macht nicht den geringsten Teil des hier zu definierenden Jobprofils aus. Inhaltlich wird es vom Kunden zunehmend vorausgesetzt, dass sein PA-Berater sich möglichst tief in die jeweilige Industrie hinein arbeitet, deren Spezifika versteht und auf dieser Basis plausible Erklärungsansätze in Richtung Politik erarbeitet. Das sollte leistbar sein. Hingegen drohen die Verhaltensvorschriften, mit denen Medien und einige NGO die Public AffairsBranche überziehen wollen, allmählich über das Ziel hinaus zu schießen. Es steht außer Frage (und wird von keinem Branchenvertreter ernsthaft bestritten), dass Vertrauenswürdigkeit, Berechenbarkeit und Verlässlichkeit den Interessenvertreter an der sensiblen Schnittstelle von Wirtschaft und Politik in besonderem Maße auszeichnen sollten. Auch ist unbestritten, dass der Public AffairsBerater im persönlichen Gespräch mit Vertretern der Politik ein weitreichendes Maß an Transparenz an den Tag legen sollte. Wenig zielführend jedoch sind Forderungen, wonach der Lobbyist seine sämtlichen Kunden, Honorarumsätze pro Mandat sowie die im Kundenauftrag zu beobachtenden Gesetzgebungsverfahren offenzulegen habe. Hier sollte man die Kirche im Dorf lassen und von unserer Branche nicht das verlangen, was bei klarem Verstand niemand von einem Anwalt, einem Unternehmens- oder Steuerberater abfordern würde.
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Wichtiger erscheint uns die Frage, mit welchem Selbstverständnis der Public Affairs-Berater sich für diesen Beruf entscheidet. Denn ob er oder sie es will oder nicht – der Interessenvertreter ist, sobald er vor die Tür der ihn beschäftigenden Agentur tritt, ein Mitakteur im Gesamtgefüge namens Politik. Und in diesem Gesamtgefüge geht es nicht nur darum, schöne Produkte zu verkaufen. Sondern es geht um die Gestaltung unseres Gemeinwesens mitsamt all seiner Chancen, Verwerfungen, Herausforderungen. Viele tausend Akteure drehen an vielen kleinen, einige sogar auch an größeren Rädern – am Ende entscheidet sich, wohin das große Ganze sich bewegt. Und daraus leitet sich die eigentliche, über den Tag und das einzelne Projekt hinausreichende Anforderung an den Public Affairs-Berater ab: sich stets auch Gedanken darüber zu machen, wer im Zusammenspiel zwischen Wirtschaft und Politik, Medien und Gesellschaft wofür Verantwortung trägt. Es gilt, neben den legitimen Partikularinteressen des jeweiligen Mandanten, stets auch den Blick auf das Gesamtgebilde zu richten: „Kein branchenspezifisches Gesetz ist gut, wenn es für die Volkswirtschaft insgesamt schlecht ist“, hat Ex-BDI-Chef Ludolf-Georg von Wartenberg es einmal treffend formuliert. Wer sich bemüht, beim Brückenbauen zwischen Wirtschaft und Politik dieser Maxime zu folgen; wer sich demnach bei seiner Arbeit als PA-Berater von Überzeugungen leiten lässt – der kann der düsteren Ahnung einer stirnrunzelnden Tischdame, wonach Public Affairs „doch etwas mit Lobbying zu tun“ hat, mit großer Gelassenheit begegnen.
Hans Bellstedt (Dr. phil.) ist Gründer und Geschäftsführender Gesellschafter der Hans Bellstedt Public Affairs GmbH. Bis Ende 2007 leitete er die 1999 von ihm gegründete Kommunikationsagentur Plato GmbH. Bellstedt war zuvor Mitarbeiter von Karl Lamers, MdB (1990-1991), Büroleiter von DIHT-Präsident Hans-Peter Stihl (1992-1995) sowie Referent für Vorstandspublikationen bei der ABB Asea Brown Boveri AG. Der 48jährige ist Lehrbeauftragter für Public Affairs an der TU Berlin, Herausgeber des 2010 erschienenen Sammelbands "Public Affairs. Strategien und Instrumente der Interessenvertretung für Wissenschaft, Wirtschaft und Institutionen" sowie politischer Kolumnist auf www.carta.info sowie atlantic-community.org. Kontakt: hb@hbpa.eu
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Was? - Unternehmensberatung für Politikmanagement von Nicole Heyder - Personalleiterin bei Advice Partners Politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen beeinflussen direkt und indirekt die Entscheidungen jeder Organisation, unabhängig von Art, Branche und Beschäftigungszahl. Tendenzen in der Steuer- oder Arbeitsmarktpolitik, Gesetzesänderungen oder Umweltschutzmaßnahmen sind mögliche Auslöser, um die vielfältigen Instrumente der Public Affairs einzusetzen. Public Affairs (PA) nehmen Einfluss auf die Gestaltung des Umfeldes und erweitern dadurch den Handlungsspielraum des Unternehmens. Angesiedelt in der strategischen Unternehmensplanung dienen PA den einzelnen operativen Unternehmenseinheiten bei der Erfüllung ihrer Ziele und dienen dem frühzeitigen Erkennen zukünftiger Problemstellungen. Externe Entwicklungen, die Auswirkungen auf das Unternehmen haben, können so aktiv gesteuert werden. Damit werden PA zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor und zur Schnittstellenfunktion zwischen Wirtschaft und Politik. Das Ziel von Public Affairs ist die Schaffung eines entscheidenden Beitrags zur Steuerung der strategischen, operativen und finanziellen Entwicklung einer Organisation bzw. eines Unternehmens. Ausgehend von systematischer Recherche und gründlicher Analyse eröffnen PA neue Handlungschancen und Spielräume. Zusammenfassend gesagt: PA beinhaltet die Unterstützung von Unternehmen, Institutionen und Verbände bei ihrer politischen Kommunikation, der Interessenvertretung, dem Politikmanagement, den Beziehungen zwischen Wirtschaft und Politik sowie der Entwicklung kompletter nationaler und internationaler Kommunikationsprogramme von der Strategie bis zur Umsetzung. Ausgezeichnete Kenntnisse öffentlicher und politischer Organisationen und Organe sowie Verbindungen in Berlin und Brüssel sind hierbei grundlegend. Die Wege durch Institutionen und Instanzen müssen vertraut, ein dichtes persönliches Kontaktnetz in Medien, Politik, Wirtschaft, und Gesellschaft vorhanden sein. Das Spektrum der Aufgaben von PA variieren dabei je nach Zielsetzung. So kann es um die Mitgestaltung gesetzgeberischer Prozesse gehen oder um die Erlangung eines öffentlichen Mandates für ein Produkt, das eine kritische öffentliche Debatte hervorrufen kann oder bereits ausgelöst hat. Abhängig vom Bedarf liegt der Schwerpunkt bei der Organisation von Dialogprozessen mit Kritiker-Organisationen, beim Aufbau von Branchen übergreifenden IndustrieAllianzen oder beim Lobbying.
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I) Instrumente von Public Affairs – Das Handwerkszeug des PA-Beraters Verwaltung, Ministerien und Politik sind mehr denn je auf den Austausch und Dialog mit der Wirtschaft angewiesen. Politische Entscheidungsträger sind daher stark daran interessiert, eng mit den Nutznießern oder auch Leidtragenden ihres Handelns zu kommunizieren. Der PA-Berater konzipiert und gestaltet diesen Dialog zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und Politik von der kommunalen bis zur internationalen Ebene. Hierfür stehen ihm verschiedene Instrumente zur Verfügung.
Das politische Monitoring: Um effektiv und zielgerichtet agieren zu können, müssen alle politischen Aktivitäten in den jeweils relevanten Themenfeldern kontinuierlich beobachtet und analysiert werden. Aus der detaillierten Analyse werden die Folgen bezüglich der jeweiligen Interessenlage abgeschätzt und Handlungsoptionen formuliert. Das politisches Audit: Das politische Audit beinhaltet eine Risikoanalyse, eine umfassende Stakeholder- und Isssueanalyse. Als Stakeholder wird eine Person oder Gruppierung bezeichnet, die ihre berechtigten Interessen in einem politischen Prozess wahrnimmt. Dies ermöglicht die gezielte Abschätzung mögli-
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cher Tendenzen bzw. die Beurteilung absehbarer Entwicklungen durch Kontakt zu Experten und Betroffenen. Die Strategieentwicklung und -beratung: Jede Public Affairs-Aktivität setzt eine Strategie voraus, die das Ziel und die Zielrelevanz bestimmt. Inhalt der Strategie sind unter anderem die Planung der zu realisierenden Maßnahmen, der vorhandenen Ressourcen sowie eine detaillierter Zeitstrahl. Weiterhin muss ein klares, verständliches Profil erstellt werden, dass gegenüber gesellschaftspolitischen Entscheidungsträgern kommuniziert werden kann. Issue Management: Um die eigenen Interessen zu wahren, müssen wirtschaftliche, gesellschaftliche und / oder politische Themen aktiv mit gestaltet und gesteuert werden. Ein mögliches Instrument dazu ist die Konzeption und Umsetzung von themenorientierten Kampagnen. Frühwarnsysteme: Um negative Konsequenzen abwenden zu können, müssen potenziell kritische Themen frühzeitig erkannt werden. Die Planung und Implementierung eines Frühwarnsystems innerhalb eines Unternehmens/einer Organisation ist daher unerlässlich. Government Relations/ Lobbying /Networking: Das Lobbying dient dem Aufbau von politischen Netzwerken und der Bildung von strategischen Allianzen. Wichtige relevante Entscheidungsträger und Meinungsführer in der Politik werden identifiziert und das Gespräch mit ihnen gesucht. Die inhaltliche Vorbereitung (Positionspapiere, Dossiers und Argumentationslinien), Begleitung und Nachbereitung der Gespräche sind für ein optimales Ergebnis unumgänglich. Speaker opportunities sowie die Planung und Umsetzung von Veranstaltungen zur zielgerichteten Präsentation der eigenen Positionen (Parlamentarischer Abend, Kongress/Seminar etc.) ergänzen die Lobbyarbeit. Public Relations: Bei Bedarf können die Public Affairs-Aktivitäten durch gezielte Ansprache politisch orientierter Presse- und Medienvertreter unterstützt werden. Hierbei handelt es sich zumeist um die Kommunikation von Teilerfolgen und Zwischenergebnissen der politischen Arbeit. Die Pressearbeit unterstützt hierbei, Entscheidungsträger zu informieren und neue politische Unterstützer zu gewinnen. Krisenprävention und -kommunikation: Nicht vorhandene Krisenpräventionskonzepte und unvorbereitete Kommunikation können aus internen Unternehmenskrisen schnell existenziell bedrohliche Situationen schaffen. Daher sind produkt- und unternehmensbezogene Risiken zu analysieren und ein Konzept zur Vermeidung negativer Folgewirkungen zu erarbeiten. Event Management: Die Vorbereitung, Konzeption und Durchführung verschiedener Veranstaltung dient zur Unterstützung der Lobbyarbeit (siehe Government Relations/ Lobbying /Networking)
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II) Der Arbeitsalltag des PA-Beraters Die aktive Mitgestaltung des politischen Meinungsbildungsprozesses basiert auf der genauen Kenntnis und Analyse des politischen Klimas. Politische Entwicklungen müssen frühzeitig erkannt, die wichtigsten Trends identifiziert werden. Einen Großteil seiner Arbeit verrichtet der PA-Berater daher nicht nur in seinem Büro am Schreibtisch sondern zusätzlich in der Pflege und dem Ausbau eines persönlichen Netzwerkes, über das er Informationen, die nicht in der Öffentlichkeit diskutiert werden, erhalten kann. Für jeden neuen Kunden wird ein auf sein Problem ausgerichtetes Konzept inkl. einer Strategie entwickelt. Ein darauf aufbauend zu erstellender Projektplan unterstützt den Berater in der praktischen Umsetzung des Konzeptes. Gleichzeitig kontrolliert er den Erfolg der eingeschlagenen Strategie und modifiziert sie gegebenenfalls. Der Projektplan ist daher dynamisch und wird regelmäßig gepflegt. Da sich politische Prozesse zumeist über einen langen Zeitraum entwickeln, ist die Zusammenarbeit zwischen Kunden und Berater langfristig ausgelegt. Im Laufe der Zusammenarbeit ist eine regelmäßiges Hinterfragen und Kontrollieren der formulierten Strategie und Teilziele unablässig. Zu den Grundaufgaben eines Beraters gehört die beständige Beobachtung des für seinen Kunden relevanten Themenfeldes (Themenfeldanalyse) und die Kontaktaufnahme und -pflege zu den entscheidenden Opinion Leadern. Ziel ist ein gegenseitiger Informationsaustausch und die Positionierung des Kunden als kompetenten Ansprechpartner bei den Zielpersonen. Diese Gespräche mit beispielsweise Bundestagsabgeordneten und deren Mitarbeitern oder Referatsleitern in Ministerien müssen ausführlich vorbereitet werden, so dass der Kunde optimal informiert und mit geeigneten Argumenten in das Gespräch treten kann. In der Gesprächsvorbereitung wird die gesamte Koordinierung des Termins vom Berater übernommen, d. h. ein geeigneter Gesprächspartner identifiziert, angesprochen und vom Berater durch ein kurzes Factsheet zum Kunden mit den wichtigsten Daten sowie ein Positionspapier auf das eigene Anliegen vorbereitet. Auf Grundlage eines definierten Gesprächsziels wird für den Kunden ein ausführliches Dossier zum politischen Gesprächspartner erstellt sowie eine Argumentationslinie erarbeitet, die erwartbare Gegenargumente aufgreift und in einer nachvollziehbaren Argumentationskette entkräftet. Beide Papiere dienen dem Kunden zur sicheren und effektiven Gesprächsführung. Die Vorbereitung der Gespräche nimmt somit im Arbeitsalltag einen größeren zeitlichen Wert ein als das Gespräch an sich. Neben der Begleitung des Kunden zum Gesprächstermin, bei dem der Berater je nach Situation und Wunsch des Kunden eine moderierende, rein beobachtende oder mitpräsentierende Funktion einnimmt, gilt es in der Nachbereitung des Gesprächs dem Kunden ein Feedback (Wie war die Gesprächsführung? Ist das Ziel erreicht worden? Was waren kritische Punkte? etc.) zu geben. Ein Dankesbrief und unter Umständen weiterführendes Material für den politischen Partner sorgen danach für die Festigung des Kontaktes. Der Aufbau einer Arbeitsbeziehung zum Gesprächspartner ist Ziel und Aufgabe des Beraters.
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Auch außerhalb des engen politischen Bereichs muss der PA-Berater die relevanten Entwicklungen beobachten und den Kontakt zu wichtigen Playern (Verbände, Wirtschaftsunternehmen, NGOs etc.) suchen. Strategische Allianzen mit diesen Stakeholdern können die Schlagkraft verstärken und ein größeres Gehör verschaffen. Hier muss der PA-Berater entscheiden, ob und mit wem entsprechende Allianzen eingegangen werden sollen. Durch Veranstaltungen für unterschiedliche Zielgruppen wird das Anliegen des Kunden einer breiteren Teilöffentlichkeit vorgestellt und diskutiert. Aufgabe des Beraters ist es hier, die geeignete Form der Veranstaltung (Workshop, Kamingespräch, parlamentarischer Abend etc.), den geeigneten Rahmen sowie den geeigneten Zeitpunkt zu identifizieren. Er erstellt das Konzept der Veranstaltung, entscheidet über den Einladungsverteiler und spricht mögliche Gastredner an. Hierbei muss er sich eng an den Arbeitsalltag und die Gewohnheiten seiner festgelegten Zielgruppe orientieren, um seiner Veranstaltung Erfolgschancen zu sichern.
III) Einstiegsmöglichkeiten Public Affairs sind ein relativ neues Phänomen in Deutschland, die Branche ist jung und befindet sich im Aufbau. Entsprechende Ausbildungsmöglichkeiten sind rar gesät. Dies liegt auch an einer nicht eindeutig Definition von Public Affairs. Oft wird von Public Affairs gesprochen, jedoch politische PR gemeint. Public Affairs sind, wie bereits erwähnt, nicht die öffentlichkeitswirksame Pressearbeit oder die Kampagne eines Ministeriums oder einer politischen Partei, sondern die Vertretung spezieller Interessen gegenüber der Politik. Daher bilden viele PA-Agenturen ihr Personal intern aus und bieten mit einem Traineeship von 1-2 Jahren eine anerkannte Einstiegs- und Ausbildungsmöglichkeit. Ein Trainee erhält ein „Training-on-the-job“, das durch interne oder externe Fortbildungsmaßnahmen ergänzt wird. So lernt er die wesentlichen Werkzeuge eines PA-Beraters im Berufsalltag kennen und erhält eine weitergehende theoretische Grundlage. Er ist Teil eines Teams und arbeitet einem Berater zu. Ein Trainee erfüllt u.a. organisatorische Projekttätigkeit, übernimmt Recherchen und Monitoringberichte, erstellt Präsentationen und sorgt für die Vorund Nachbereitung interner und externer Meetings. Er unterstützt das Team bei der Konzeption, Organisation und Durchführung von Veranstaltungen. Voraussetzungen für die erfolgreiche Bewerbung für ein Traineeship sind ein abgeschlossenes Hochschulstudium sowie erste Erfahrungen im politischen Raum (Praktikum in einem Abgeordnetenbüro, im Ministerium oder bei einem Verband). Neben einem grundsätzlichen Interesse an politischer Arbeit, muss ein Grundverständnis und -wissen über den Aufbau und die Struktur der deutschen und europäischen Politik vorhanden sein. Betriebswirtschaftliches Denken und Handeln sowie die Fähigkeit sich selbständig und schnell in neue Themengebiete einzuarbeiten und für sich zu gewinnen sind unabdingbar. Um ein guter Berater zu werden, müssen darüber hinaus ausgeprägte analytische
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und strategische Fähigkeiten, kommunikative Kompetenzen und ein überzeugendes Auftreten vorhanden sein. Engagement außerhalb des Büroalttags wie der Besuch von politischen Veranstaltungen am Abend wird erwartet und dient dem Auf- und Ausbau des persönlichen Netzwerkes. Der so genannte Quereinstieg auf einer höheren Ebene (Junior- und Seniorberater) ist ebenfalls möglich, setzt jedoch eine mehrjährige Erfahrung im politischen Management voraus (Mitarbeit oder Leitung eines Abgeordnetenbüros, Führungsposition innerhalb eines Verbandes etc.) und ein hohes Maß an Flexibilität und Anpassung an die Anforderungen an den Agenturalltag. Während bei den meisten politischen Berufsgruppen eine thematische Homogenität herrscht, muss der PA-Berater in einer Agentur fähig sein, sich gleichzeitig mit 2-3, oft sehr unterschiedlichen, Themenfedern intensiv zu beschäftigen und dafür zu begeistern. Dies bei einem hohen Arbeitspensum und knappen zeitlichen Fristen. Doch gerade diese Herausforderung macht für viele den Reiz der Arbeit innerhalb einer Agentur aus.
Nicole Heyder Jg. 1971, Senior Consultant bei Advice Partners, Politikwissenschaftlerin mit Schwerpunkt (Ost-)Europa, heute tätig in den Bereichen Public Affairs sowie Business-to-Business, davor in der Betreuung von Kampagnen für das BPA zur EU-Osterweiterung sowie in der Erstellung von Studien für das BMWi u.a. zur Unternehmenskultur in Osteuropa. Kontakt: nicole.beck@advicepartners.de
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PERSÖNLICH
Die Public Affairs Branche professionalisiert sich – das zeigen spezialisierte Studiengänge an den Hochschulen, Berufsverbände und das Selbstverständnis der Akteure. Inzwischen haben sich deshalb nicht nur bei den großen Playern der Public Affairs-Branche auch feste Ausbildungsprogramme für Public Affairs Berater etabliert. Im Unterschied zur Unternehmensberatung steigt man in Agenturen trotz Hochschulabschluss nicht gleich als Berater ein, sondern muss erst ein Volontariat oder Trainee-Programm absolvieren. In 12-18 Monaten wirft man einen Blick in alle Bereiche des Agentur-Business. Vor allem durch Learning-bydoing wächst man in diesen Bereich hinein. Ergänzt wird die praktische Erfahrung jedoch in der Regel durch theoretische Weiterbildungsangebote, die den Trainee in die vielseitigen Aspekte der Public Affairs einführen. Zwei Personalverantwortliche und ein Geschäftsführer geben auf den nächsten Seiten einen Überblick über die unterschiedlichen Ausbildungsangebote und beschreiben den perfekten Berater – er ist Kommunikationsexperte, Kundenbetreuer und in Zukunft immer häufiger auch Orchesterdirigent.
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Kommunikationsexperte - eine gute Ausbildung als Sprungbrett von Susanne Kamm - Ausbildungsleiterin der fischerAppelt Gruppe Die Bedeutung von Public Campaigning in einer stark ausdifferenzierten Mediengesellschaft steigt kontinuierlich und damit auch der Wunsch vieler Berufseinsteiger, Kommunikationsexperte für Public Affairs zu werden. Flexible Strukturen, feste Werte und eine ganzheitliche Ausbildung legen den Grundstein bei der agentureigenen Nachwuchs-Rekrutierung und Ausbildung, um in der dynamischen Kommunikationslandschaft einen Schritt voraus zu bleiben. Exzellente Kommunikationsarbeit lebt von Beratern, die sich durch Denken und Dialogfähigkeit profilieren. Besser fragen, Entwicklungen und Ideenpotenziale vorausdenken, den kreativen Punkt machen – im Feld von Public Campaigning, in dem Prägnanz ein entscheidender Erfolgsfaktor für erfolgreiche Kommunikation ist, wird diese Fähigkeit eines Talents, das langfristig einen eigenständigen Beitrag zum Erfolg der Agentur leisten soll, zum Schlüsselelement. Politische Willensbildung, Entscheidungsprozesse, Programme und Leistungen sind komplex sowohl in den Bedingungen ihres Zustandeskommens als auch in ihren Auswirkungen. Kommunikatoren haben daher die Aufgabe, sie durch ein intelligentes Differenzmanagement von Realität und Kommunikation in eine vereinfachte, leicht verständliche und greifbare Darstellung zu transformieren. In Lösungen für den Auftraggeber zu denken, heißt daher, eine Kampagnendramaturgie zu kreieren, die mit Blick auf die Medienlogik und die Nachrichtenfaktoren arbeitet. Sie muss auf die Bedürfnisse der öffentlichen Wahrnehmung abgestimmt sein und deren – oft noch gar nicht artikulierten – Erwartungen erfüllen. Zugleich müssen Themen zugespitzt, neue Themenfelder kartographiert werden, dazu sind spannende, eskalationsfähige Kampagnenformen und klare Botschaften zu entwickeln: Es geht darum, Kompetenz authentisch zu inszenieren, Akzeptanz zu generieren und das Image zu profilieren. Mit einer ganzheitlichen, systematischen Ausbildung und spezifischem „Training on the Job“ geben wir den Volontären und Young Professionals das Rüstzeug mit, sich langfristig als Beraterpersönlichkeiten zu entwickeln, die neue Perspektiven schaffen und kommunikative Brücken zwischen den Disziplinen schlagen. Unsere Kompetenz ist die Kommunikation über integrierte Kommunikationskanäle. Das bedeutet immer ein synchronisiertes Zusammenspiel der Disziplinen. Neben der Affinität für politische Themen und fundierten Kenntnissen über die politische Landschaft in Deutschland sind Volontäre und Young Professionals daher auch immer gefordert, sich schnell in neue Themenbereiche einzuarbeiten und sich im Team mit strategischen, visuellen oder kontextuellen Elementen einer integrierten Dramaturgie auseinanderzusetzen. Sie sollten zudem Spaß haben, kreative Maßnahmen zu entwickeln und erfolg-
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reich die Umsetzung von Projekten im Team mit zu verantworten. Eine vorherige spezifische Ausbildung mag dafür von Vorteil sein, eine spezifische Weiterbildung in der Agentur würde zu kurz greifen. Um sich in der Agentur für Public Campaigning zu empfehlen und für die Arbeit an der Schnittstelle von Wirtschaft und Politik zu qualifizieren, sind individuelle Kernkompetenzen aus- und aufzubauen, die jeder in einer modernen und sich wandelnden Kommunikationslandschaft benötigt, um sie auf wechselnde kommunikative Aufgaben assoziativ transformieren zu können. Entscheidend ist ein sich kontinuierlich weiterentwickelndes Sachverständnis und praxisorientierte Kommunikationserfahrung. Die Kunst der Kundenführung, Agenturerfahrung, Vernetzung mit den Disziplinen, Überzeugungskraft gegenüber Unternehmen, Institutionen und öffentlichen Auftraggebern sind mittelfristig Vorraussetzung für die Etablierung eines authentischen und kompetenten Beraterprofils. Nur mit diesen Fähigkeiten können Berater mehr als operative Umsetzer sein, nämlich: Integrativ tätig werden und den kommunikativen Prozess von Anfang als strategischer Partner, Initiator und Impulsgeber auf Augenhöhe begleiten. Wer bei uns daher den Karriereeinstieg als Volontär oder Young Professional im Bereich des Public Campaigning sucht, muss überzeugen. Wir besetzen keine vorgefertigten Positionen, wir suchen Köpfe. Was wir von einem Bewerber erwarten, ist die Verbindung von Intelligenz, Reflexionsvermögen, Passion und einer hohen Kommunikationssensibilität. Um sich als Experten für die Inszenierung und Kommunikation von komplexen und vielschichtigen Themen zu etablieren, haben Volontäre und Young Professionals ein ausbaufähiges Potenzial mitzubringen und sind kontinuierlich gefordert, ihren Intellekt mit ihrer Kreativität zu verbinden. Wir fördern Talente, die selbstständig Kommunikationsideen und Strategien weiterentwickeln können und absolut teamfähig sind, aber genug motivierende Gestaltungskraft besitzen, um im Zusammenspiel mit unseren Spezialisten für Werbung, Design, Text, Internet und TV erfolgreiche integrierte Kampagnen zu gestalten. Dem Kopf, dem wir zutrauen, sein Wissen als Politologe, Betriebswirtschaftler, Jurist, Geisteswissenschaftler, Werber oder Designer mit seinen Kompetenzen als Berater oder Gestalter zu verknüpfen, versuchen wir unsere über 20 Jahre Erfahrung in der richtigen Mischung von kreativer und strategischer Kompetenz zu vermitteln. Für die Entwicklung einer individuellen und souveränen Beraterpersönlichkeit geben wir daher gleichzeitig Rahmen und Raum. Manager und Umsetzer sein. Kreative Impulse setzen, Performance zeigen, ein Wissensfundament in jeden kommunikativen und strategischen Prozess integrieren, interne Tools integrativ und intuitiv anwenden, Erfahrungen assoziativ nutzen. Wir verlangen viel. Unseren Anforderungen werden Ausbildungsprogramme von der Stange nicht gerecht. Auf dem Weg zum originären Beraterprofil sind neben theoretischem und operativem Know-How der Fach-, Methoden- und Kommunikationskompetenz auch persönliche Strategien zu entwickeln, die eine eigene Performance verbessern. Daher haben wir eine spezifische Ausbildung geschaffen und ein intensives, qualitativ anspruchsvolles und professionelles Programm
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für integrierte Kommunikation aufgesetzt, damit wir auch erwarten können, was wir fordern. Consulting - Creating - Campaigning - diese drei Schlüsselbegriffe beschreiben den komplexen Prozess der Kommunikation. Sie sind unser Modell, mit dem wir Botschaften profiliert und klar vermitteln. An ihnen orientiert sich eine sinnvolle Auswahl geeigneter Instrumente: vom komplexen Profiling-Prozess über die kreative Ideenfindung für Design, Werbung und Text bis hin zur operativen Umsetzung durch Maßnahmen moderner PR und Public Affairs, Themenmanagement in den Kanälen Events, Sponsoring, Internet und TV – in allen Kommunikationsdisziplinen. Aus ihnen resultiert ein spannendes Arbeitsumfeld mit vielen Gestaltungsspielräumen, höhere Anforderungen an integratives Denken, starke Auftritte und punktgenaue Konzepte. Auf diese drei Elemente bezieht sich auch unser internes Aus- und Fortbildungsprogramm für die Volontäre: Challenge. Das spezifische Modell gießt ein breites Fundament und vermittelt die notwendigen Kenntnisse, um eine Spezialisierung und weitere Qualifikationen im „Training on the Job“ zu ermöglichen. Die Struktur des Volontariats gliedert sich in drei Bereiche. Die erste Säule beinhaltet die Reflexion, Vertiefung und Einordnung von Basis und Benchmarks in der agentureigenen „Academy“. Hier ist neben der Vermittlung von allgemeinen Kernkompetenzen im Bereich von Medienarbeit, Projektmanagement, betriebswirtschaftlichen Grundlagen, Konzeption, integrierter Kampagnenführung und Evaluation auch die Kommunikationsarbeit im Bereich von Public Affairs als expliziter Bestandteil abgedeckt. Es werden Fragen behandelt, die Einblicke in Wirkungsweisen und Herausforderungen des Public Campaigning geben sowie sich mit politischen Strategien, Government Relations, Arena-Analyse, Stakeholder- und Issues-Management, CSR oder Web Activism befassen. Externe Referenten bringen Themen wie das aktuelle Spannungsfeld von politischer Kommunikation und öffentlicher Information auf den Punkt: Sie spiegeln in der Darstellung aktueller Fälle, Diskussionen und eigener Erfahrungen das relevante Wissen zu Medien-Kampagnen, Effizienzkriterien und Messbarkeit von Multiplikatoren-Kommunikation wieder und gehen in Fragerunden auf die "Do’s & Don’t’s" in der Presse-Arbeit ein oder geben einen Einblick in ihre Erfahrungen mit Lobbying. Anhand von Cases und exemplarischen Kampagnen aus der Agentur werden die spezifischen Herausforderungen greifbar, offen und transparent präsentiert und analysiert: Wie wird Public Affairs durch strategische und grafische Konzepte des Public Campaigning in der Praxis umgesetzt und eingesetzt, um wirtschaftliche und/oder überwirtschaftliche Ziele zu erreichen? Was ist bei der Entwicklung von Maßnahmen zu beachten? Was erwarten Institutionen oder Organisationen aus dem öffentlichen Sektor von einer Kommunikationsagentur? Was sind besondere Spannungsfelder oder Herausforderungen? Wie können politische Entscheidungen, Programme und Leistungen für unterschiedliche Anspruchsgruppen erlebbar und verständlich gemacht werden? Welchen speziellen Herausforderungen steht Public Campaigning gegenüber?
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Die zweite Säule unseres Ausbildungsprogramms stellt Cases in den Mittelpunkt. Mit realen Fallstudien motivieren wir unsere Volontäre, selbstständig den Code of Communications zu entschlüsseln und ihre Fähigkeiten, Flexibilität, Potenziale, Willensbereitschaft und Assoziations- und Transferkompetenz zu beweisen. Die Bearbeitung erfolgt in Gruppen mit Volontären aller Agentur- und Kommunikationsbereiche. Sie sind gefordert, sich schnell und integrativ einzudenken, spezialisierte Aufgaben untereinander eigenverantwortlich zu verteilen und diese Rolle mit Engagement und Leistungswillen, aber in Interaktion und Teamwork selbstständig zu gestalten. Volontäre und Young Professionals nehmen hier erstmal selbst den Part des Spezialisten ein. Die dritte und tragende Säule des Programms ist das „Training on the Job“. Volontäre und Young Professionals sind von Beginn an in integrierte Teams und bestehende Kundenprojekte eingebunden. Mit einem Mentor werden regelmäßig Erfahrungen, Lernprozesse, Aufgaben, Verantwortungsbereiche, Tonalität in Meetingkultur und Kundenkontakt sowie Stärken reflektiert und individuelle Entwicklungsstufen festgesetzt. So werden sie in einem konstanten Prozess in alle Tätigkeiten des Tagesgeschäftes eingewiesen und als Berater zunehmend vor dem Kunden und in der Agentur etabliert. Bilaterale Diskussion, der Austausch über neue Ideen, die ständige Aktualisierung und das Setzen von eigenen Schwerpunkten, die Adaptionen von Themen und Innovationen, die den Markt und den Kunden bewegen – solche Praxiseinblicke, die eine eigene individuelle Professionalisierung und Kommunikationskompetenz formen, kann keine theoretische Ausbildung zusammen addieren. Was wir mit Academy und Coaching Camp fördern ist die Ganzheitlichkeit der Fortbildung durch die Vermittlung von gesetzten Themen, Inhalten und Methodenkompetenzen, die auf dem Weg zum gänzlichen Beraterprofil gelernt sein sollten. Darauf bauen wir dann mit weiteren agenturinternen Fortbildungsbausteinen kontinuierlich auf. Volontäre und Young Professionals, die sich als Experten für die Vermittlung und Kommunikation von komplexen und vielschichtigen Themen im Bereich von Public Affairs etablieren, haben ein ausbaufähiges Potenzial für diesen Bereich bewiesen und sind kontinuierlich gefordert, durch die Verbindung von Wissen, Können und Kreativität ihr Talent und Potenzial auch sichtbar zu entfalten. Wir können sie auf dem Weg als Spezialist für den Bereich des Public Campaigning unterstützen, indem wir ihre seriösen Sach- und Prozesskenntnisse stärken, vervollständigen und prägen, damit sie für die intensiven und herausfordernden Entwicklungen von Kommunikationsmarkt, Institutionen und Organisationen aus dem öffentlichen Sektor gerüstet sind. Dafür erwarten wir von ihnen, Kommunikationskompetenz in Beratung, Führung und Team zu entfalten, eine Campaigning-Kompetenz im Bereich von Strategie und Kreativität zu entwickeln, eine Projektmanagement-Kompetenz mit einem fundierten Verständnis für Prozesse und das Controlling zu stärken sowie eine Methodenkompetenz über kommunikationsspezifische Tools und ihre Vernetzung zu verankern.
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Entscheidend bleibt letztlich, sich selbst zu fordern, Akzente im daily business und darüber hinaus zu setzen, also etwa ein ausgeprägtes journalistisches Verständnis zu entwickeln und kontinuierlich eine gute Vernetzung in bundesweite, regionale und lokale Medien zu erweitern. Das Ziel muss sein, nicht nur Schritt zu halten mit wechselnden Herausforderungen und Anforderungen in der Steuerung, Kreation und Gestaltung von Kampagnen im öffentlichen und institutionellen Sektor, sondern den Veränderungen von Kommunikation, Medien und Erwartungen sensibel und vorausschauend zu begegnen. Die Identifikation von Strukturen und Mustern aus Beobachtungen und der Transfer für die tägliche Arbeit, das ist es, was für uns zählt.
Susanne Kamm M.A., Jg.1964, Studium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaften sowie BWL an der Ruhr-Universität Bochum, anschließend journalistische Ausbildung beim WDR. Bis 2009 leitete sie als Partnerin und Geschäftsführerin über 10 Jahre den Agentur-Standort der fischerAppelt Gruppe in München, bis heute ist sie für das Ausbildungsprogramm für Volontäre Challenge³ bei fischerAppelt zuständig. Kontakt: muenchen@fischerappelt.de
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Kundenbetreuer - Professional Skills, Personality Skills, Management Skills von Cornelius Winter - Managing Partner bei Ketchum Pleon Beamer und Laptop sind aufgebaut. Um einen Tisch versammelt sind der Kommunikationschef eines bekannten deutschen Technologie- und Dienstleistungsunternehmens sowie Berater und Vertreter der Geschäftsführung von Ketchum Pleon. Die Anwesenden im Raum bitten die Trainees erwartungsvoll hinein. Lampenfieber stellt sich ein. „Guten Tag! Vielen Dank für die Einladung zur Präsentation!“, begrüßt das vierköpfige Team die Runde. „Zur Einstimmung haben wir einen Film für Sie mitgebracht!“ Die Filmszenen gefallen, die Zuschauer lachen. Das Eis ist gebrochen. Es kann losgehen. Analyse, Ziel, Strategie, Taktik, Maßnahmen – jedes Teammitglied beherrscht seinen Präsentationsteil und stellt ihn sicher vor. Nach einer Stunde ist es geschafft. Das Team wartet auf das Feedback des Kunden und ganz besonders auf das der Kollegen. Vier Wochen haben 18 Trainees von verschiedenen Ketchum PleonStandorten in vier Teams selbstständig ein Kommunikationskonzept entwickelt. Mit der Präsentation des Konzeptes haben sie ihre Abschlussprüfung erfolgreich absolviert. Sie ist Teil der Traineeausbildung bei Ketchum Pleon, der europäischen Kommunikationsberatung für Public Relations und Public Affairs. Mitarbeiter mit Expertise in vielfältigen Branchen und Kommunikationsdisziplinen Als Marktführer investiert Ketchum Pleon gezielt in die Rekrutierung und Ausbildung seines Nachwuchses. Seit 2000 können sich Berufseinsteiger um ein Traineeship bei der Agentur bewerben. Erste Erfahrungen in der Kommunikationsbranche sollte ein Bewerber in jedem Fall mitbringen, zum Beispiel durch ein Praktikum in einer Kommunikationsagentur oder in einer entsprechenden Abteilung auf Unternehmensseite. Ebenso qualifizieren Tätigkeiten in Redaktionen, politischen Institutionen sowie Vereinen oder Verbänden für ein Traineeship. Oft lernen die Trainees den Arbeitsalltag bei Ketchum Pleon auch schon vor ihrer Bewerbung als Praktikant oder Student kennen. Das kann den Einstieg ins Berufsleben erleichtern. Interne Abläufe und Strukturen sind vertraut, Ansprechpartner bekannt und dem Arbeitgeber fällt es durch die vorherige Zusammenarbeit leichter, den Bewerber einzuschätzen und zu bewerten. Neben den praktischen Kenntnissen zählt ein abgeschlossenes Studium zu den Anforderungen, die an Bewerber gestellt werden. Ein politik- oder kommunikationswissenschaftliches Studium ist sicherlich von Vorteil, doch nicht zwingend erforderlich. Die akademische Bandbreite der Mitarbeiter von Ketchum Pleon spricht dafür. Neben Kommunikations- und Politikwissenschaftlern beraten Historiker, Rechts- und Sozialwissenschaftler, Informatiker oder Ingenieure Kunden aus Branchen wie der Automobilindustrie, dem Gesundheitswesen, Technologie- und Versorgungssektor, Finanzwesen, der Konsumgüter-
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