politikorange Erfüllung

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ERFÜLLUNG NOVEMBER 2017

UNABHÄNGIGES MAGAZIN ZU DEN JUGENDMEDIENTAGEN 2017 IN MÜNCHEN | AUSGABE 3 VON 3 | #JMT17


Foto, Titelfoto: Yevheniia Berezyna

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MOON, VALENCIA ODER JUNO – SOCIAL MEDIA HAT VIELE ORTE

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er Medienwandel ist das Thema im Jour- Leander gehört ebenfalls zur jungen Generanalismus schlechthin. Das Internet hat tion, die mit dem Internet groß geworden ist. das Berufsfeld entscheidend verändert und Zwar postet er nicht jeden Tag etwas Neues, damit einhergehend auch die gesamte Gesell- ist jedoch auf vielen Plattformen vertreten: schaft. In einer Zeit, in der alles schnelllebiger „Ich hab alles, was geht!“ Er unterstützt das wirkt, Informationen immer und überall per Konzept der Social-Media-Kanäle, die es ihm Knopfdruck verfügbar sind, hat das Internet ermöglichen, mit anderen Menschen in Koneine Parallelwelt geschaffen: Social Media. takt zu bleiben. „Heutzutage kann man nicht Auf Facebook, Instagram und Snapchat, mehr mit jedem telefonieren“, begründet er um die bekanntesten Plattformen zu nennen, seine vielfältige Nutzung, die ihm auch als können Menschen aus der ganzen Welt mit- Neuigkeitenbeschaffer der Nachrichten dient. einander in Kontakt treten und schließlich Die Welt, in der wir leben, unterscheiauch bleiben. Sie können Inhalte, Gedanken, det sich von der, in der wir online sind. Doch Bilder miteinander teilen und für eine riesige neben persönlichen Profilen und jeder MenZahl an Benutzerinnen und Benutzern vefüg- ge Selfies bietet Social Media zugleich eine bar machen. All diese Möglichkeiten führen Chance für den Journalismus, um Inhalte, zu einer neuen Form der Selbstinszenierung. Texte und Bilder der eigenen Homepage Denn neben den Grundgedanken der Verbin- besser verbreiten zu können. So übersteigt dung geht es in sozialen Netzwerken verstärkt die Zahl der Follower einiger Tageszeitungen auch um die eigene Person. durchaus die tatsächliche Leser- und Leserinnenzahl.

SELBSTDARSTELLUNG Das Selfie ist die Kunsterscheinung des 21. Jahrhunderts. Nicht jede Frau oder jeder Mann beherrscht es gleich gut, aber Übung macht Meister. Accounts vom eigenen Hund, Fitnessblogs oder Livestyle-Seiten – es gibt nichts, was es nicht gibt. Die Zahl der Follower übersteigt oftmals um Längen den eigenen Bekanntenkreis. Doch die Meinungen der jungen Menschen gehen beim Thema Selbstdarstellung via Social Media auseinander. Besonders deutlich wird das bei den Teilnehmenden auf den Jugendmedientagen. Bereits während der ersten Podiumsdiskussion am Donnerstagabend wurde darüber kontrovers diskutiert.„Mir sind die ständigen Selfies zu viel“, erzählt Nicola. Deshalb hat sie auch kein Snapchat: „Ich will auch nicht sehen, was andere Personen täglich essen.“ Ein Bild bei Instagram postet die 21-Jährige hin und wieder aber doch.

Liebe Leserinnen und Leser,

reichend. „Journalistinnen und Journalisten müssen immer sauber arbeiten“, findet Heywinkel, gibt aber zu, dass „das in der OnlineWelt, wo alles ziemlich schnell geht, manchmal vernachlässigt wird“. Trotzdem sei Social Media aber auch dafür verantwortlich, dass häufiger unseriöse Quellen gepostet werden. Natürlich bedarf es für die neue Art von Journalismus bei Social Media auch anderer Methoden: „Protagonisten vor der Kamera sind wichtig“, zählt der BILD-Mitarbeiter auf. Es brauche starke Bilder und es müsse mit einer Dramaturgie eine Geschichte erzählt werden.

so schade es auch ist, aber alles hat einmal ein Ende. Nicht nur unsere Artikel müssen aufhören, wenn der Platz nicht mehr ausreicht, auch die heutige Ausgabe am letzten Tag der #JMT17 ist die dritte und damit letzte Printausgabe der Redaktion. Natürlich geht es aber auf unserem Online-Blog weiter. Auch auf den Social-Media-Kanälen der Veranstaltung, der Jugendpresse Deutschland und denen von politikorange werdet ihr noch viele Bilder und Texte zu sehen bekommen. Zum Schluss lohnt es sich, zurückzublicken. Eines steht fest: Wir haben gelernt, gelacht und gemacht. Sowohl unsere Redaktion, als auch das gesamte Orga-Team und natürlich ihr selbst, liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Doch mit dem Ende der Veranstaltung hört es nicht auf. Alle Erfahrungen werden uns in Zukunft auf verschiedene Art und Weise weiterhelfen. Wir perönliche haben gelernt, das nicht nur Online-Journalismus schnell ist. Auch unsere politikorange als Tageszeitung hat uns vor Herausforderungen gestellt. Jeden Abend stellten wir erneut mit Schrecken in den Augen fest, wie schnell die letzte Stunde vor Redaktionsschluss vergeht. Aber Stress schweißt ja zusammen. Und der Moment, in dem man morgens die frisch gedruckte Zeitung in den Händen hält, noch viel mehr. Nach drei Tagen ist unser syrisch-deutsch-ukrainisches Team mit seinen unterschiedlichen Temperamenten eingespielt und zusammengewachsen. Jetzt könnte es eigentlich einfach so weiter gehen... Aber dafür müssen wir wohl bis zu den Jugendmedientagen 2018 warten. vBis dahin können all die gesammelten Erfahrungen genutzt werden, um sich den Herausforderungen zu stellen, denen die Medien aktuell gegenüberstehen. Es heißt, das Vertrauen der enttäuschten Leserinnen und Leser wieder zurückzugewinnen. Es sollte Aufgabe aller jungen Medienmachenden und -begeisterten sein, sich gegen „FakeNews“ und „Hate Speech“ zur Wehr zu setzen.

EGO-TYP ALS JOURNALIST

Viel Erfolg dabei und bis 2018!

MITTAGESSEN: JETZT NOCH SCHNELL EIN BILD VON DEM TELLER UND DANN AB DAMIT AUF INSTAGRAM. VORHER NOCH SCHNELL DER SCHWESTER BEI SNAPCHAT ANTWORTEN. SOCIAL MEDIA HAT NICHT NUR DIE GESELLSCHAFT, SONDERN AUCH DEN JOURNALISMUS VERÄNDERT. JONAS GEBAUER SPRACH MIT MARK HEYWINKEL UND TEILNEHMENDEN DER JMT ÜBER CHANCEN UND RISIKEN.

DER MEDIENWANDEL: PRINT UND ONLINE GEHEN BEI DEN #JMT17 HAND IN HAND.

EDI TOR I A L

Foto: Yevheniia Berezyna

Neben seiner Anstellung, durch die er immer auf sämtlichen Kanälen online ist, ist er auch privat voll vertreten: „Ich habe mir angewöhnt, auf sämtlichen Kanälen meinen Namen zu sichern.“ Dabei sei eine gewisse CHANCE DURCH MEDIENWANDEL Selbstdarstellung unabdingbar, schließlich „muss man als Journalist auch ein Ego-Typ Gleichzeitig haben der Medienwandel und sein, weil man mit seinem Namen auch für die Ausweitung der Social-Media-Kanäle Beiträge steht.“ neue Berufe hervorgebracht. Mark HeywinDieser Meinung folgt auch Teilnehkel hat davon profitiert und verdankt diesem merin Marina: „Social Media geht gar nicht Wandel nun seine berufliche Situation. Erst ohne Selbstdarstellung, denn dafür wurde arbeitete er bei Ze.tt und inzwischen ist er es ja konzipiert“. Entscheidend sei jedoch, bei BILD für die Hochkantformate bei Insta- wie dabei der persönliche Schwerpunkt gegram und Snapchat verantwortlich. Bei den setzt werde. #JMT17 entwarf er nun mit einigen Teilnehmenden eine Instagram-Story für BILD. „Die Organisationsstruktur verändert sich enorm in den Verlagen“, berichtet Heywinkel und Jonas Gebauer ergänzt, dass zusätzlich auch die Art der In22, Bremen halte gewandelt wurden, die gepostet werden. Doch die Chance birgt zugleich einige ... schwitzt bei seiner Risiken. Gerade in Zeiten, in denen sich verdritten Ausgabe als Chefredakteur inwzischen mehrt populistische Töne im politischen und weniger als bei der ersten. gesellschaftlichen Tagesgeschäft etablieren, sind verkürzte Antworten und starke Überschriften als Informationsquelle nicht aus-

Jonas Gebauer & Inga Dreyer (Chefredaktion und Projektleitung)

I NHA LT

»Pflichten« Karolina Warkentin im Gespräch über Recherche im Journalismus. Seite 5

»On Air« Gastautor Simon Dörr kommentiert die aktuellen Radio-Entwicklungen. Seite 6

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ZUR PER SON KA R OLI NA WA R KENTI N hat Politikwissenschaft in Frankfurt/Main studiert. Zwei Jahre lang volontierte sie bei der Funke Mediengruppe. Heute hat sie sich auch digitalen Journalismus spezialisiert und arbeitet fĂźr die Medien-Akademie Ruhr.

Foto: Felix Bosdorf

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»NICHT DER JOURNALIST IST INTERESSANT, SONDERN DAS THEMA!« RECHERCHE IST MEHR ALS GOOGELN HERBERT KARL MATHÉ HAT EINE KLARE UND EINDEUTIGE LEBENSEINSTELLUNG. GRENZEN WILL ER KEINE UND RESPEKT SEI AUCH NICHT IMMER VON VORTEIL. IN EINEM INTERKULTURELLEN RADIO UNTERSTÜTZT ER JUNGE MENSCHEN MIT MIGRATIONSHINTERGUND BEI IHREN SENDUNGEN. EIN INTERVIEW VON FELIX BOSDORF

HALLO FRAU WARKENTIN! WAS IST IHRE AUFGABE BEI DER MEDIEN-AKADEMIE RUHR? Ich bin als digitale Redakteurin für Aus- und Weiterbildung tätig. Dabei betreue ich die Zeitungsvolontäre. Die machen ein zweijähriges Volontariat bei einem großen Medienhaus. Dabei sind sie nicht nur praktisch tätig, sondern bekommen auch eine Ausbildung, welche ich mitbetreue. Da bekommen sie die Grundlagen vermittelt, damit sie in den verschiedenen Redaktionen einsatzfähig sind. Da geht es um die Basics, wie die journalistischen Stilformen, Presserecht, Recherche. Es geht aber auch eine Woche um digitalen Journalismus.

SIE HABEN DAS PROJEKT „STADTRAT UNTER DER LUPE“ INS LEBEN GERUFEN, UND DAFÜR DEN ECKENBERGER PREIS FÜR NACHWUCHSJOURNALISTEN ERHALTEN. WORUM GEHT ES IN DEM PROJEKT? Das war mein Volontärsprojekt. In der Zeit war ich in der Lokalredaktion der NRZ (Anm. d. Red. Neue Ruhr Zeitung) tätig und wollte was Politisches machen. Und dann habe ich mit dem Lokalchef gesprochen und der hat gesagt, wo keiner so richtig Zeit für hat, ist, mal den Stadtrat zu beleuchten. Einfach zu schauen, wer sitzt da? Welche schulische und berufliche Ausbildung haben Mitglieder des Stadtrates? Wieviel Zeit investieren sie in Ratsarbeit? Ich habe einen Fragebogen an alle Ratsmitglieder ausgegeben. Aus diesen Daten ist eine interaktive Infografik entstanden. Dafür habe ich mit der Berliner Morgenpost zusammengearbeitet.

WAS WAR DAS ZIEL? Wir haben uns überlegt: Wie können wir die Zahlen so aufarbeiten, dass die Bürger einen Nutzen davon haben? Die Idee war, dass die Köpfe der Ratsmitglieder erscheinen und man es so filtern kann, wie man es gerade braucht. Wenn man ein Interesse daran hat: Wer ist eigentlich für Schule verantwortlich? Da kann man über einen Reiter „Schule“ auswählen und da werden alle angezeigt, die das Thema Schule bearbeiten. Es ist im Grunde eine Grafik, die mit Daten unterfüttert ist und den Menschen die Ratsmitglieder etwas näherbringen soll.

WAS MÜSSEN JOURNALISTINNEN UND JOURNALISTEN TUN, UM IN DER HEUTIGEN ZEIT INTERESSANT ZU SEIN?

Journalisten müssen gar nicht interessant die Ansprache viel schneller und effektiver, sein, mehr die Themen, die sie interessant als wenn man versucht, diese Menschen aufbereiten. Und ich finde, daran hat sich über Pressestellen, Telefonate und Sonauch nicht viel geändert. Ich muss dem Le- stiges zu kontaktieren. ser klarmachen: Warum muss er genau das, was ich hier gerade geschrieben habe, kon- WIE KANN MAN IN ZEITEN VON sumieren. Da bieten sich mir heute unglaub- „FAKE NEWS“ SICHERSTELLEN, lich viele Möglichkeiten. Das sage ich meiDASS MAN VERIFIZIERTE INFORnen Volos immer wieder. Ihre Arbeit ist zwar MATIONEN ERHÄLT? in einer Zeitung, das heißt aber nicht, dass alles, was sie machen, geschriebener Text sein muss. Man kann Artikel aufbereiten mit Es ist deutlich schwerer geworden, durch die O-Tönen, kleinen Videoschnipseln, Infogra- ganze „Fake-News“-Debatte. Es war noch nie fiken, Beiträgen aus den Sozialen Netzwer- leicht, Informationen zu einhundert Prozent ken. Da ist so viel möglich, dies dem Leser zu verifizieren. Aber dadurch, dass, wenn irgendetwas in der Welt passiert, sofort daverständlich zu vermitteln, wenn man sich einem Thema wirklich annimmt und dafür rüber getwittert wird und sofort Beiträge auf brennt. Nicht der Journalist ist interessant, Facebook eingestellt werden, wird es noch sondern das Thema! schwieriger. Es sind ja nicht nur Medienleute, die einen bestimmten Informationsanspruch SIE HABEN HEUTE EINEN WORK- haben. Jeder kann dann Infos rausposaunen. Da liegt die Schwierigkeit, dass man als JourSHOP ZUM THEMA RECHERCHE nalist darauf achten muss: Woher habe ich GEGEBEN. KÖNNEN SIE UNS die Information? Eine gute Quellenprüfung TIPPS GEBEN? ist wichtig und auch, sich das Material anzuOft steht man vor einem Thema und weiß schauen und Videos und Fotos nicht einfach dann gar nicht: Wie gehe ich das jetzt an? zu übernehmen, sondern zu checken. Und Und stehe vor einem Berg an Informationen das ist eben auch eine Zeitfrage. und weiß erstmal nicht weiter. Das heißt, wir lernen im Workshop, Struktur in das WELCHE INDIKATOREN GIBT Ganze zu bringen: Wo starte ich, was muss ES, UM VERTRAUENSWÜRDIGE ich machen? Einer der Punkte ist, die Aus- QUELLEN ZU ERKENNEN? gangsinformationen zu überprüfen und checken, was ich bereits erfahren habe. Stimmt Wie institutionell ist eine Quelle? Also, das überhaupt? Und sich dann systematisch wenn ich jetzt beispielsweise den offizizu überlegen, mit wem kann ich darüber re- ellen Account der Bundeskanzlerin habe, den? Wo finde ich Informationen und wie dann kann ich recht sicher sein, dass das, überprüfe ich diese? Und da dann Schritt für was sie da schreibt, klar ist und als AnSchritt weiterzugehen, sein Thema insoweit haltspunkt genommen werden kann. Das zusammenfassen, dass man es in eine These heißt, Behörden und andere Medienhäuverpacken kann. Es gibt viele Möglichkeiten ser sind in der Vertrauenswürdigkeit hoch um an Informationen zu kommen: von dem einzustufen. Immer hellhörig sollte man persönlichen Gespräch, dem Telefonat, der werden, wenn Privatpersonen InformatioRecherche im Internet bis zu Social Media. nen publizieren, die gilt es zu überprüfen Ich bin der Meinung, dass Facebook und und zu hinterfragen. Da muss man sich Twitter noch viel zu wenig für die Recherche den Account der Person genau angucken. genutzt werden. Wir sprechen ja auch von Social Bots, die gestartet werden. Auf Twitter ist dies beispielsweise ganz verbreitet, dass hinter WAS SIND TYPISCHE FEHLER? einem Account eigentlich keine Person Ein Punkt ist, das Recherche mehr ist als steckt, sondern ein Programm, das so pronur Googeln. Aber das ist momentan das, grammiert ist, dass es sich in Diskussionen einmischt. Und da muss ich einfach sicherwas alle damit verbinden. Google hat die Art und Weise, wie wir etwas suchen oder stellen, dass ich nicht darauf reinfalle. Der Anspruch sollte immer sein, mit angehen stark verändert. Weil es einfach der Quelle ins Gespräch zu kommen, wenn omnipräsent ist. Aber gleichzeitig nutzen man sie zitieren will. Es gilt dabei das Zweiviele Google nicht effizient. Das heißt, ich gebe Tipps weiter, wie man schneller und Quellen-Prinzip. Bloß, weil einer etwas behauptet, muss es ja nicht stimmen. besser an Informationen kommt, und eben die Sozialen Netzwerke zu nutzen, um Kontakte zu verschiedenen Personen zu ge- IMMER MEHR JUGENDLICHE winnen, weil mittlerweile alle Personen des TEILEN IHR LEBEN ONLINE MIT öffentlichen Lebens einen Facebook- und DER WELT. WAS WÜRDEN SIE Twitter-Account nutzen. Ganz häufig ist da

EMPFEHLEN, WIE MAN MIT PERSÖNLICHEN DATEN UMGEHEN SOLLTE? Das rege Nutzen der Sozialen Netzwerke hat auch was für sich, es ist eine neue Art der Kommunikation. Aber es birgt die Gefahr, dass man sein ganzes Leben online breit tritt und da sollte man sich eigentlich überlegen, ob man will, dass andere alles von mir wissen. Man sollte unterscheiden, was kann ich teilen, was hat das für Auswirkungen? Man kennt ja all die Fälle, wo Leute naiv irgendwas gepostet haben und sich dann wundern, wenn das Thema dem Arbeitgeber nicht gefällt. Man sollte überlegen, mit welchen Infos über sich selbst man gefunden werden will. Ich finde, wenn man die Sozialen Medien für sich nutzt, kann das ein Weg sein, um sich selbst und seine Arbeit bekannter zu machen. Wenn man dann gegoogelt wird und Blogbeiträge gefunden werden, dann wird man viel eher als kompetent wahrgenommen.

VIELE TEILNEHMENDE DER JMT17 STEHEN VOR DER ENTSCHEIDUNG, WAS SIE MACHEN SOLLEN, UM IM BERUFSFELD MEDIEN ERFOLGREICH ZU SEIN. WAS HAT IHNEN IHR STUDIUM DER POLITIKWISSENSCHAFTEN GEBRACHT? Es ist wirklich so, dass ich nach der Schule relativ planlos war und nicht wusste, was ich machen soll. Den Bereich Politik fand ich spannend. Mich haben auch Sprachen interessiert, ich habe im Nebenfach empirische Sprachwissenschaft studiert. Es hat mir Spaß gemacht, Seminararbeiten zu schreiben und ich bin dann relativ schnell in die freie Mitarbeit eingestiegen. Dadurch hat sich ein Fokus herauskristallisiert. Das war mein Einfallstor in die Medienbranche. Aber Journalist kann man mit jedem Studiengang werden. Wenn man schon nebenbei als freier Mitarbeiter Erfahrungen sammelt, dann ist der Einstieg mit jedem Hintergrund möglich.

Felix Bosdorf 24, Magdeburg … will wissen, wie sich „Fake News“ bekämpfen lassen.

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M EIN UN G

»SCHREIBT, WAS IHR GERNE LESEN MÖCHTET«

AM DRITTEN TAG DER JUGENDMEDIENTAGE GAB ES VIELE INTENSIV-WORKSHOPS – VON DER DREHBUCHWERKSTATT BIS ZUM DIGITALEN STORYTELLING. AHMAD ALMOHAMAD HAT EINEN VON IHNEN BESUCHT UND BERICHTET DARÜBER, WIE MAN ÜBER SOZIALE UND POLITISCHE THEMEN SCHREIBT.

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oktor Margit Roth leitete das Seminar und erzählte viel von ihrer Erfahrung, sie hat einen sozialen Beruf gelernt, Germanistik studiert und am Ende ist sie zum Journalismus gekommen. Sie mag fotografieren und schreiben in Verbindung mit sozialen Themen. Sie schreibt für eine Zeitung namens BISS, die über obdachlose Menschen in München berichtet. Die Zeitung kostet 2,20 Euro und viele Menschen aus der Mittelschicht kaufen sie. In dem Workshop sprach sie mit den Teilnehmern und Teilnehmerinnen über wichtige Themen. Wie finde ich mein Thema? Und wo recherchiere ich? Wo finde ich eine Ansprechpartnerin oder einen Ansprechpartner?

WO BEGINNE ICH MEINE RECHERCHE? Danach haben wir kleine Übungen gemacht, jeder Teilnehmer und jede Teilnehmerin mussten ein Thema aussuchen und darüber etwas erzählen. Interessant war Margit Roths Tipp: „Schreibt, was ihr gerne lesen möchtet oder interessant ist.“ Flucht, Gewalt gegen Frauen, Sucht, Prostitution, Minderjährige, Wohngemeinschaften und Obdachlose waren die meisten Themen, die die Teilnehmer und Teilnehmerinnen ausgesucht haben. Danach sind wir zu einem wichtigen Punkt gekommen: Wo recherchiere ich mein Thema? Sie hat uns zur Übung drei Themen gegeben: Palliativ-Medizin, Obdachlose und „Vermüllte“. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen habe viele Vorschläge gemacht, wo man recherchieren kann: im Hospiz, in Kranken-

AHMAD ALMOHAMAD BESUCHT DEN WORKSHOP BEI MARGIT ROTH VOM OBDACHLOSEN-MAGAZIN „BISS“

häusern, bei Ärztinnen und Ärzten, die da arbeiten, in Wohnheimen, im Internet, auf der Straße und in der U-Bahn oder an S-Bahn-Stationen sowie bei Angehörigen der betroffenen Menschen, im Sozialamt und anderen Orten.

ARTIKEL WERDEN BEI „BISS“ VERÖFFENTLICHT Nach der Pause ging es um die konkreten Themen für die Artikel, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gern erarbeiten wollen. Sie haben ihre eigenen Artikel über junge Obdachlose recherchiert und geschrieben. Die Artikel werden bei BISS publiziert .

Am Ende habe ich zwei Teilnehmerinnen gefragt, was sie in dem Workshop gelernt haben. Janina, 25 Jahre alt und aus Aachen, erzählt: „Ich fand den Workshop sehr interessant ich habe ihn gewählt, weil ich Obdachlosen-Magazine kannte. Es ist nicht einfach, über kritische Themen zu schreiben, es geht tatsächlich direkt um Menschen und man soll versuchen, nicht über jemanden zu schreiben, sondern die Perspektive von den anderen einzunehmen.“ Larissa, 19 Jahre alt und aus Frankfurt, berichtet: Der Workshop war sehr interessant und ich hab viel gelernt über journalistisches Arbeiten.“

Foto: Yevheniia Berezyna

Es wird immer über soziale Themen geschrieben. Deswegen sind Thema, Ort, Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen der Grundstein für jeden Artikel.

Ahmad Almohamad 25, Berlin … interesssiert sich für Journalismus, weil es ihm Spaß macht, Menschen zu treffen und zu schreiben.

LASST DAS RADIO LEBEN!

AUF DEN JUGENDMEDIENTAGEN 2017 IST SIMON DÖRR ALS TEILNEHMER UNTERWEGS. EIN BEREICH HAT ES IHM BESONDERS ANGETAN: DAS RADIO. DESHALB HAT ER SICH AUF DEN #JMT17 SEINEM LIEBLINGSMEDIUM IN WORKSHOPS UND ERZÄHLCAFÉS GEWIDMET. ER BESCHREIBT, WAS RADIO BESONDERS MACHT UND KOMMENTIERT, WAS SICH ÄNDERN MUSS, DAMIT ES SO BLEIBT.

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adio ist ja eigentlich tot, schon alles komplett überholt.“ Diesen Satz höre ich immer wieder. Nicht unbedingt von Menschen, die tatsächlich auch in der Branche arbeiten, sondern eher von denjenigen, die lieber auf Spotify oder andere MusikStreamingdienste setzen, um dem musikalischen „Einheitsbrei“ zu entkommen. So lautet jedenfalls oftmals die Argumentation.

RADIO IM WANDEL Tatsächlich hat sich das Radio als Medium gewandelt. War es in seinen Anfangsjahren ein wichtiges, wenn nicht sogar das wichtigste Informationsmedium, ist es heute häufig nicht viel mehr als eine Begleiterscheinung, die man im besten Fall billigend in Kauf nimmt. Das Problem sind dabei nicht die Interessen der Hörerinnen und Hörer, die sich auch innerhalb einer bestimmten Zielgruppe mal ändern können. Aus meiner Sicht liegt das Problem bei den

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Sendern selbst, die vermehrt versuchen, sich einander immer weiter anzugleichen und dabei ist es egal, ob öffentlich-rechtlich oder privat. Wie also herausstechen? Mit klaren Inhalten, mit einem besonderen und vor allem spezialisierten Musikstil, mit einer innovativen Idee. Ein gutes Beispiel für eine besondere Art des Radios liefert der Sender „Good Morning Deutschland“. Was klingt wie eine deutsche Morningshow unter vielen, ist ein Projekt des Offenen Hauses der Kulturen in Frankfurt. Hier senden Geflüchtete sechs Mal in der Woche für zwei Stunden LiveWebradio-Programm. Den Verantwortlichen geht es darum, den Menschen aus vielen unterschiedlichen Ländern eine Stimme zu geben, mit ihnen zu sprechen statt über sie. So lautet auch das Motto des Senders. Menschen soll Raum für ihre vielfältigen Vorstellungen, Meinungen, Hintergründe und Ideen gegeben werden.

Das Medium Radio bietet dabei gewissermaßen eine Win-Win-Situation. Denn von der regelmäßigen Redaktionsarbeit profitieren nicht nur die Mitarbeitenden der Sendung, die sich ausprobieren können und journalistische Erfahrungen sammeln. Die Zuhörerinnen und Zuhörer können in verschiedene Kulturen reinhören und ganz nebenbei neue Sprachen entdecken, denn die Sendungen des Frankfurter Projekts werden immer in drei Sprachen übersetzt.

Sind diese Kritierien erfüllt, bin ich davon überzeugt, dass das Radio weiterlebt. Auch in Zeiten von Musik-Streaming-Diensten und illegalen Download-Möglichkeiten hat ein gut durchdachtes und spezifisches Sendeformat im Radio einen echten Mehrwert. Vor diesem Hintergrund bleibt das Radio als Rückzugsort für all diejenigen, die mehr wollen als den täglichen „Einheitsbrei“, eine gute Alternative.

NEUE FORMATE SCHAFFEN Genau das ist es, was die deutsche Radiolandschaft im Moment gut brauchen kann. Es braucht mehr Formate, die sich mit gesellschaftlichen Problemen auf verschiedene Weisen auseinandersetzt und ihnen zugleich Beachtung schenkt. Fernab von Klicks, Likes und Kommentaren gilt es, verstärkt auf Inhalte mit Überzeugung zu setzen, ohne direkt auf Einschaltquoten zu achten.

Simon Dörr 17, Mainz … hört nicht nur gern Radio, sondern macht es auch selbst. Deshalb hat er Antworten auf den Wandel des Mediums.


F R IS C H, F R UC HTIG, S E L B S T G EPRES S T – M IT M ACHEN @PO LIT IK O RAN G E.DE

I MPR ESSUM Diese Ausgabe von politikorange entstand am 4. November 2017, dem dritten Tag der Jugendmedientage in München. Herausgeber und Redaktion: politikorange c/o Jugendpresse Deutschland e.V., Alt-Moabit 89 10559 Berlin, www.politikorange.de Chefredaktion (V.i.S.d.P.): Jonas Gebauer (joge95@gmx.de)

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rintmagazine, Blog und Videos: politikorange erreicht sein Publikum über viele Kanäle und steht neuen Wegen offen gegenüber. Junge, kreative Köpfe berichten in wechselnden Redaktionsteams aus einer frischen Perspektive. Ob aktuelle Themen aus Politik und Gesellschaft oder die kritische Begleitung von Veranstaltungen – politikorange ist mittendrin.

POLITIKORANGE – DAS MULTIMEDIUM politikorange wurde 2002 als Veranstaltungszeitung ins Leben gerufen. Rund 130 Ausgaben wurden seither produziert. Seit Anfang an gehören Kongresse, Festivals, Parteitage und Events zum Programm. 2004 kamen Themenhefte hinzu, die aktuelle Fragen aus einer jugendlichen Sichtweise betrachten. 2009 nahm politikorange Video und Blog ins Portfolio auf und präsentiert spannende Beiträge unter den Labels politikorange TV und blog.politikorange.de.

WO KANN ICH POLITIKORANGE LESEN?

jugendlicher Perspektive. Frei nach dem Motto: frisch, fruchtig, selbstgepresst.

Gedruckte Ausgaben werden direkt auf WER MACHT POLITIKORANGE? Veranstaltungen und über die Landesverbände der Jugendpresse Deutschland Junge Journalistinnen und Journalisten e.V. verteilt. Im Online-Archiv auf politi- – sie recherchieren, berichten und komkorange.de können digitalisierte Magazine mentieren. Wer neugierig und engagiert durchgeblättert und Videos aufgerufen in Richtung Journalismus gehen will, ist werden. Printausgaben können kostenlos bei politikorange an der richtigen Adresnachbestellt werden – natürlich nur, so- se. Genauso willkommen sind begeisterte lange der Vorrat reicht. Für das Stöbern Fotografinnen und Fotografen, Videoreauf dem Blog genügt der Aufruf von blog. dakteurinnen und Videoredakteure sowie kreative Köpfe fürs Layout. politikorange politikorange.de. funktioniert als Lehrredaktion: Die Teilnahme ist kostenlos und wird für jede Ausgabe WARUM EIGENTLICH neu ausgeschrieben – der Einstieg ist damit POLITIKORANGE? ganz einfach. Den Rahmen für OrganisaWelchen Blick haben Jugendliche auf Po- tion und Vertrieb stellt die Jugendpresse litik und gesellschaftliche Veränderungen? Deutschland. politikorange bietet jungen Menschen Du willst dabei sein? Infos zum Mitzwischen 16 und 26 Jahren eine Plattform machen gibt es unter politikorange.de­, in für Meinungsaustausch und den Ausbau unserem Newsletter und via Facebook und eigener Fähigkeiten. Engagement und Be- Twitter. geisterung sind die Grundpfeiler für journalistisch anspruchsvolle Ergebnisse aus mitmachen@politikorange.de

Bildredaktion: Yevheniia Berezyna (eugenia.beresina@gmail.com) Felix Bosdorf (f.bosdorf@gmx.de) Layout: Maximilian Gens (m.gens@jugendpresse.de) Redaktion: Felix Bosdorf, Zakarya Ibrahem, Ahmad Almohamed, Naseh Qutaisch, Saad Yaghi Projektleitung: Inga Dreyer (i.dreyer@jugendpresse.de) projektbetreuender Bundesvorstand: Julian Kugoth (j.kugoth@jugwnspresse.de) Maximilian Gens (m.gens@jugendpresse.de) Druck: Süddeutscher Verlag Zeitungsdruck GmbH, Auflage: 500 Exemplare Ein besonderer Dank gilt allen unseren Interviewpartnerinnen und Interviewpartnern sowie dem Team der Jugendpresse Deutschland.

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