PASSIONS FRUCHT herbst 2011
Unabh채ngiges Magazin zum Sch체lerzeitungswettbewerb der L채nder 2011 HERAUSGEGEBEN von der Jugendpresse DEUTSCHLAND
Foto: Stephanie Winkler
VERSCHWENDE DEINE JUGEND
Editorial
Klassisch versteht man unter dem Begriff „Jugendmedien“ Dr. Sommer und Co.: Von älteren Herren produzierte und von jungen Menschen konsumierte Medien. Dabei geht es eigentlich um etwas völlig anderes. Jugendmedien werden von Jugendlichen für Jugendliche gestaltet. Von Lisa Gutscher Foto: Stephanie Winkler
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ugendeigene Medien gibt es immer mehr. In ganz Deutschland werden Redaktionen gegründet, die Magazine im Print -oder Onlineformat herausgeben. Junge, interessierte, kreative Köpfe schließen sich zusammen, um sich auszuprobieren, Ausdauer zu beweisen, Großes zu wagen, Niederlagen zu erleiden. Es ist die Liebe für das Projekt, das Interesse am Außergewöhnlichen, das Entdecken unergründeter Flure: Journalismus, eine Passionsfrucht. Die Verwirklichung eines Medium ist nicht einfach und verläuft meist nicht problemlos. Aber ist es nicht genau das, was junge Medienmacher suchen: die Herausforderung?
Der Kampf um die Anzeige Neben Schule oder Studium fehlt oft die Zeit um ein Medium langfristig organisieren zu können. Das ist ein Grund warum manche Projekte nur eine kurze Lebensdauer haben. Was an sich aber nicht zu verurteilen ist. Denn kann es nicht genau so spannend sein über einen kurzen Zeitraum ein einzigartiges, hochwertiges Magazin heraus zu geben, anstelle von schleppenden Ausgaben, die nach und nach auslaufen? Das größte Problem ist aber das Geld. Bei einen durchschnittlichen Verkaufspreis von ein bis zwei Euro kann ein Druck nicht refinanziert werden, es müssen Anzeigenpartner gefunden werden. Dabei ist es nicht immer einfach die Unabhängigkeit des Mediums zu bewahren. Manche Medien werden auch von Stiftungen gefördert, zum Beispiel von der Friedrich-Ebert-Stiftung oder von der Bundeszentrale für politische Bildung. David gegen Goliath – Spiesser gegen Bauer Verlag. In diesem Kampf geht es um Anzeigenkunden und Werbebudget. Doch die Kette spinnt sich weiter. Bei diesem Kampf geht es auch um die kleinen Magazine, wie Freihafen oder Noir, denen der Spiesser potentielle Anzeigenkunden wegschnappt. Noir und andere Jugendmedienmagazine haben keinen riesigen Verlag hinter sich und trotzdem produzieren sie gute Ausgaben. Verschiedene Jugendmedien distanzieren sich außerdem vom Spiesser, da dort Anzeigen ungenügend gekennzeichnet werden und Redakteure unbewusst als PRVerbreiter eingespannt werden. Noir ist ein Projekt der Jugendpresse Baden- Württemberg (JPBW). Junge Medienmacher aus dem Südwesten haben die Möglichkeit sich in print, online und im Radio auszuprobieren. Online ist die Noir umfangreicher, die Themen gehen wild durcheinander. In den PrintAusgaben werden ausgewählte Themen aufgegriffen, zu denen junge Medienmacher Artikel schreiben. Kai Mungenast von der JPBW betont: „Die Noir füllt die Lücke zwischen Schülerzeitung und Journalismus als Beruf“. Grundsätzlich ist die Redaktion aber gemischt: vom Schüler bis
mein baby: schülerzeitungmachen ist eine herzensangelegenheit.
zum Volontär ist alles dabei. „Ganz klar, die Noir ist eine Lernredaktion“, sagt Kai „und da dürfen auch Fehler passieren“. Über StudiVZ hat der Politikstudent Konrad Wenzel 2007 nach medienaffinen Studenten gesucht. Mit den Usern, die er fand, hat er das Online-Magazin backview gegründet. Die Redaktion ist dezentral strukturiert, die Redakteure kommen aus ganz Deutschland. Deshalb organisieren sich die Redaktion über Skype Konferenzen. Im wirklichen Leben treffen sie sich zwei bis drei Mal im Jahr. Die Redaktion selbst ist bunt gemischt: Vom Schüler bis zum Volontär ist alles mit dabei. Interessant sei dabei nicht nur der Lerneffekt, sondern vor allem auch die unterschiedlichen Ideen, die der Altersunterschied mit sich bringe, erklärt Konrad Wenzel. Zu Beginn war geplant, dass Redakteure, die sich gerade auf einem Auslandsaufenthalt in Europa befinden regelmäßig aus dem jeweiligen Land berichten. Geklappt hat es nicht. Jetzt versuchen die Redaktion über deutsche Schulen im Ausland an Redakteure zu kommen.
Crossmediale Präsenz Die Schülerzeitung inside wurde 2011 mit dem Sonderpreis „Schülerzeitung crossmedial“ ausgezeichnet. Ganz traditionell gibt die Redaktion eine Print-Ausgabe heraus. Zusätzlich werden Themen online aufgegriffen. Jedoch nicht nur schriftlich,
sondern auch in Bild und Ton. „Wenn man mit anderen Formaten, wie Video oder OTönen arbeitet, ist darstellerisch einfach mehr möglich“, sagt Tobias Rischen, Redaktionsmitglied der inside. Inside ist nicht nur auf ihrer eigenen Website vertreten, sondern auch auf Twitter, youtube und facebook. Tobias Rischen meint: „Wenn Spiegel und ZDF eine facebook-Präsenz haben, warum sollten wir keine haben?“. Man darf gespannt sein, was die Zukunft bringt. Schon jetzt sind Redaktionssitzungen via Skype, GoogleDocs und Dropbox weit verbreitet. Junge Medienmacher nutzen die Möglichkeiten des Internets, um sich auszutauschen, um auch dezentral Medien zu gestalten. Die Zerstreuung einer Redaktion über das ganze Bundesgebiet ist längst kein Hinderungsgrund mehr für jungen ambitionierten Journalismus, und der Beweis, wie ambitioniert an einem Gegengewicht zu den so genannten klassischen Jugendmedien gearbeitet wird.
Liebe Leserinnen und Leser, jedes Jahr gibt der Drogenbeauftragte eine Studie zu Jugendlichen und ihrem Drogen- und Alkohlverhalten heraus. Die meist „erschreckenden“ Zahlen geistern eine Woche durch die Medien und irgendwie ist alles schlimm. Eine Sucht wird aber in keinen Bericht erwähnt: die Medienmachsucht (MMS). Es fängt ganz einfach an: Man möchte nur mal probieren, nur mal einen kleinen Text schreiben, nur mal eine Kamera in die Hand nehmen und nur mal eine Seite layouten. Kurze Zeit später sitzt man zwischen Cola und kalter Pizza um drei Uhr in der Nacht mit noch fünf anderen Medienmachsüchtigen in einen kleinen Raum und redigiert noch die letzten Texte, bearbeitet noch ein Bild und vertröstet die Druckerei. Denn nur die Deadline gibt den besonderen Kick! Dieses Magazin ist allen jungen Medienmachern gewidmet, die von der Passionsfrucht „Medien“ gekostet haben und es heute lieben, eine noch warme Schülerzeitung in der Hand zu halten oder den fertigen Radiobeitrag zum ersten mal zu hören. Bei dem Schülerzeitungswettbewerb der Länder treffen sich jedes Jahr junge Medienmacher, die auch von der Chefredakteurin der National Geographic World, Kerstin Bode, bewundert werden. Die jungen Redakteure dieses Magazins schreiben warum sie das Web2.0 nicht unbedingt nutzen und was den großen Reiz beim ersten Artikel ausmacht. Wir stellen eines der ältesten Magazine von Jugendlichen, einem der jüngsten Magazine gegenüber und schauen was bei zwölf Jahren Unterschied doch noch gleich ist, und warum Studenten das Radio dem gedruckten Wort vorziehen. Viel Spaß mit dieser Passionsfrucht. Wir übernehmen gerne die Verantwortung wenn danach noch mehr junge Menschen an MMS „leiden“. Viel Spaß beim Lesen, Britt Schlünz und Andi Weiland
I nhalt
»Gretchenfrage« Die Hochschulradios Mephisto und eldoradio* trotzen Bologna. Seite 06
»Wissensdurst« Kerstin Bode über das Kindermagazin National Geographic World. Seite 12
»Nachtarbeit« In Schwerin wird die „Berlinale des Nordes“ rezensiert. Seite 16
Lisa Gutscher 20 Jahre, Stuttgart …liebt Jugendmedien und macht seit sie 14 ist bei welchen mit.
Foto: Stephanie Winkler
GroSSe Verlockung: So fesselnd das Web 2.0 auch ist, für Schülerzeitungen ist es auch ein Zeitaufwand.
Copy und Paste ist da nicht…
Sich im Internet erfolgreich zu präsentieren, fällt den meisten Schülerzeitungsredaktionen sehr schwer. Kein Wunder. Die Betreuung von Website und Social Media Account ist aufwendiger als man denken könnte. Von Anna Claus
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as Internet hat mit der Jugend einiges gemeinsam! Es ist wandelbar, kontaktfreudig und in ständiger Bewegung. Und genau deshalb scheint es selbstverständlich, dass Schülerzeitungen die zahllosen Möglichkeiten des Internets nicht nur für ihre Recherche, sondern auch für interaktive Zwecke nutzen. Sei es, um mit regelmäßigen Updates Kontakt zu den Lesern zu halten, um ihre Texte zu veröffentlichen oder um zum Beispiel über Soziale Netzwerke neue Redaktionsmitglieder zu werben.
Die Seite aktuell halten Ihren Internetauftritt zu gestalten und immer zu aktualisieren, fällt den meisten Schülerzeitungsredaktionen jedoch sehr schwer. Ein Twitter-Profil ist sinnlos ohne den Schüler, der die Follower regelmäßig mit Neuigkeiten aus der Redaktion versorgt. Ein faceook-Account will samt Fotos und Statements eingerichtet sein. Eine Website gehört regelmäßig auf den neuesten Stand gebracht. Außerdem freuen sich Leser über eine Reaktion auf
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ihren Gästebucheintrag. Alle diese Aufgaben zu erfüllen braucht Zeit. Darüber hinaus sind zwei Eigenschaften nötig, die sich nicht selbstverständlich in ein und derselben Person wieder finden: Computer-Kenntnisse und originelle Kreativität. Nicht grundlos gibt es das Klischee vom klugen Computer-Nerd, der komplizierte Websites programmieren kann, sich aber zu gerne in der Designfarbe vergreift. Nicht viel ruhmreicher verläuft die Erfolgsgeschichte einer Onlinepräsenz unter der Leitung eines kreativen Freigeistes, dessen Lieblingsfunktion das Drücken der „Rückgängig-Taste“ ist, nachdem sich die Linien und Fotos auf dem Computerbildschirm auf mysteriöse Weise zu immer neuen Kombinationen verschieben. Apropos Fotos: Das Urheberrecht, das die uneingeschränkte Verwendung von Fotos aus dem Netz unmöglich macht, ist für Schülerzeitungsredaktionen ein schwieriges Thema. Welche Fotos dürfen ohne Absprache und kostenlos abgedruckt und im Internet verwendet werden? Sind diese Gesetze für die kleinen Redaktionen überhaupt ernst zu nehmen?
Recherche durch User Kein leichtes Thema, da wünscht man sich als Redaktion Geld und personelle Möglichkeiten um für die Nutzung des Web 2.0 einige Experten ins Boot zu holen. Der „Erwachsenen-Journalismus“ hat das große Potenzial von Social Media nämlich bereits erkannt und fast alle Medienorganisationen machen davon Gebrauch. Inzwischen werden sogar die User von Internetplattformen als aktive Quellen für Recherchezwecke genutzt. Der investigative Reporter Paul Lewis vom Guardian zum Beispiel, nutzt Social Media als Recherchetool. Er bittet registrierte Leser direkt um Mithilfe und fragt sie nach Spezialwissen zu einem bestimmten Thema. Seine Kollegin Mercedes Bunz, Kulturwissenschaftlerin und ebenfalls Journalistin beim Guardian, meint, dass dieses Einbeziehen der User in die Recherche „den Journalismus zuverlässiger machen könnte als bisher.“ Das Internet bietet also großartige Chancen, sich als Redaktion zu präsentieren, für sich zu werben und für seine
Artikel umfangreich zu recherchieren. Es kann die Schülerzeitung einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen. Gesellschaftlich relevante Themen zu behandeln, ist für eine Schülerzeitungsredaktion erstrebenswert! So erstrebenswert, dass auch der personelle und inhaltliche Mehraufwand, eine gute Onlinepräsenz zu betreuen ruhig in Kauf genommen werden sollte.
Anna Claus 19 Jahre, Fellbach …liebt es im Auftrag spanennder Reportagen durchs Land zu reisen. Natürlich mit der Facebook-App auf dem Handy.
„Könntest du da noch einmal rübergucken?“
Den ersten eigenen Artikel in der Schülerzeitung zu sehen erfüllt mit Stolz, doch bis zum Druck ist es meistens ein langer Weg. Selbstzweifel und Wortfindungsschwierigkeiten sind da nicht ausgeschlossen. Von Sonia Rivero s ist eine aufregende Mischung aus Unsicherheit und Vorfreude, die eigenen Sätze bald in zahlreichen Händen und Köpfen zu wissen. Doch den ersten Artikel zu veröffentlichen hatte bei mir ein langes Vorspiel. Der Weg von der ersten Idee bis zum Druck führte durch ein Auf und Ab zwischen Begeisterung über die neuste Eingebung, und die Enttäuschung über die grandios verstrickte Formulierung. Ich wollte so viel sagen und sein: ein bisschen klug, ein bisschen witzig und noch ein bisschen ich selbst. Meine Gedanken schwirren nicht mehr um den Artikel, sondern seine Wirkung: „Und was wird er dazu sagen und traut sie sich vielleicht nur nicht, mir zu sagen, ich solle lieber ganz von vorne …?“ Irgendwann ist alles in Form gebracht, zurechtgefeilt. Ja, das kann ich so vertreten. Aber in einem halben Jahr, da sehe ich das ganz anders, ist die Welt ganz anders, und ich erst! Dann landet die Endfassung erstmal auf dem Küchentisch. „Lies mal, ich hab da mal was geschrieben.“ Der Stolz der Eltern, wie raffiniert der Schützling mit 26 Buchstaben des Alphabets zu kombinieren weiß, hilft über weitere Unsicherheiten hinweg. Ein Artikel durchläuft viele Stadien, bis ihn die anderen Redaktionsmitglieder zu Gesicht bekommen, der erste meist doppelt so viele, wie spätere.
Foto: Stephanie Winkler
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Aber irgendwann lässt sich nichts mehr umschreiben oder noch ein bisschen treffender formulieren. Schluss. Punkt. Druck. Und plötzlich hat man einen Text außerhalb des Collegeblocks und findet seine eigenen Spuren schwarz auf weiß links oben auf der dritten Seite. Ohne Wenn und Aber, ohne Radiergummi. Für alle sichtbar und von niemanden einfach so wegklickbar. Viele Schüler haben sich mehr oder weniger wie ich, zu ihrem ersten Artikel durchgearbeitet und ihrer Kreativität eine neue Ausdrucksform gegeben. Das so zustande gebrachte Gesamtwerk vermittelt einen angenehmen Hauch der erwachsenen Arbeitswelt, allerdings ohne ihren oft strengen Perfektionismus. Egal ob es um eine Meinungsumfrage auf dem Schulhof oder ein Buchtipp geht – der erste Artikel bleibt immer in Erinnerung, auch wenn der Weg dahin steinig war.
Sonja Rivero 18 Jahre, Niederkassel-Rheidt …schreibt seit einigen Jahren für die Schülerzeitung und fühlt sich pudelwohl. lEUCHTENDE iDEE: DIE BESTEN ENTSTEHEN EINFACH SO. alle anderen brauchen fleiSS.
FruchtflEisch Druckerschwärze vs. Monitorflimmern! Wer macht das Rennen? „übergangsphase“
„in der hand“ Fotos: Stephanie Winkler
„perfekte ergänzung“
Max Nominacher
Elisabeth Mezger
Kurt Wiesenauer
„gedruckte Zeitungen Sind kommunikativeR. Perfekt ist eine Ergänzung vom Printmedium durch einen guten Onlineauftritt.“
„Wahrscheinlich befinden wir uns in einer Übergangsphase. es wird es wohl immer weniger gedruckte Schülerzeitungen geben!“
„das Tolle an gedruckten Zeitschriften ist, dass man sein Werk wachsen sieht und schlieSSlich in Händen hält.“
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Hörgenuss an den Unis
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ephisto ist in Goethes „Faust“ das schlaue, listige und hinterfragende Element. Vor 16 Jahren fühlten sich die Gründer des Leipziger Hochschulradios mephisto 97.6 genau davon inspiriert. Damals entstand das Radioprogramm aus dem Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft heraus. Gesendet werden heute Montag bis Freitag täglich vier Stunden, zwischen 10 und 12 Uhr das Vormittagsmagazin „Faustschlag“, von 19 bis 20 Uhr das Nachrichtenmagazin „direkt“. Im Anschluss daran folgen täglich wechselnde Themensendungen. Anne Eichhorn, Chefredakteurin bei mephisto 97.6, erinnert sich noch an ihre eigenen ersten Schritte im Bereich Hörfunk: „Wir haben damals in der Schule mal gemeinsam ein Hörspiel zusammengestellt, das war aber schon die große Ausnahme und mit viel technischem Aufwand verbunden“. An ihrer Schule gab es – wie im Großteil Deutschlands – nur eine Schülerzeitung. Dennoch glaubt Anne Eichhorn, dass gerade das Radio ein guter Weg ist, um genau die Dinge zu lernen, die man für alle Medienbereiche benötigt: „klare, verständliche und korrekte Ausdrucksweise sowie sprachliche Präsenz.“
S chül e rra dios m e phisto 97.6 in Leip z ig mephisto 97.6 ist das erste deutsche Lokalradio einer Universität Auf Sendung seit Mai 1995 mephisto976.uni-leipzig.de UKW-Frequenz: 97.6
e l dora dio* in Dortm un d eldoradio* sendet 24 Stunden täglich Auf Sendung seit April 1999 www.eldoradio.de UKW-Frequenz: 93.0
Foto: Sebastian Schütz / www.jugendfotos.de
Schlafmangel, Lern- und Prüfungsstress. Bundesweit klagen Hochschulgruppen über Mitgliederschwund. Schuld ist der BolognaProzess, der mit dem verkürzten Bachelor-Studium für mehr Prüfungen und weniger Zeit für ehrenamtliche Tätigkeiten neben dem Universitätsalltag sorgt. Das geht auch an den Hochschulradios nicht spurlos vorbei. Konrad Welzel blickt bei zwei der erfolgreichsten deutschen Campus-Sender hinter die Kulissen.
kur z sch l uss Herner Jugendliche machen Radio. Jeden 1. Sonntag im Monat ab 19 Uhr im Bürgerfunk auf Radio Herne oder online als Podcast. www.radiokurzschluss.de UKW-Frequenz: 90.8
Schülerradio als Ausnahme Auch die Chefredakteurin von eldoradio*, Stefanie Häger, betont den technischen Aufwand und das benötigte Wissen, weshalb Radio für Schüler meist eine größere Hürde sei. „Eine Zeitung kann man einfach auf dem Schulhof verteilen. Radio muss erst einmal einen Sendeplatz finden und das war gerade in Zeiten ohne Internet sehr schwierig“, erklärt sie. Dazu kommen die GEMA-Gebühren für das Abspielen von Musik, was für vergleichsweise hohe Kosten sorgt. Die Redaktion des in Dortmund ansässigen Hochschulradios eldoradio* entwickelte sich vor zwölf Jahren im Institut für Journalistik. Heute sendet eldoradio* täglich 24 Stunden. Journalistische Kernprodukte sind die Magazinsendungen „Toaster“ und „Vitamin e“ – die wochentags immer von 8 bis 10 Uhr bzw. von 16 bis 18 Uhr laufen. Dazu kommen zwischen 18 und 20 Uhr wechselnde Themensendungen. Der Name des Senders ist übrigens abgeleitet vom spanischen „el dorado“, was so viel heißt wie „das vergoldete Land“ oder „Paradies“. Wie bei anderen Medien geht es in erster Linie darum, die Zuhörer mit spannenden Inhalten zu locken. Die meisten deutschen Hochschulradios haben ei-
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Besonders bei Studenten steht das Radio im Vordergrund.
nen deutlich höheren Anspruch an sich als das reine Abspielen von Musik. Bei mephisto 96.7 liegt die Verteilung beispielsweise bei 40 Prozent Wortanteil und 60 Prozent Musik. Außergewöhnliche Aktionen stehen dabei genauso auf dem Programm wie ein breit gefächertes Programm. „Erst vor wenigen Wochen hatten wir ein Gewinnspiel, bei dem via facebook ein Netbook verlost wurde. Das sind Aktionen, die wir machen, um Hörer zu gewinnen – im Vordergrund steht aber das inhaltliche Programm“, erläutert Anne Eichhorn.
Zuschnitt auf die Zielgruppe eldoradio* setzt laut Stefanie Häger „viel Liebe und Zeit in die Musikauswahl“. Bei ihnen läuft grundsätzlich kein Mainstream, sondern innovative, neuartige Musik, was vor allem junge Nachwuchskünstler fördern soll. In einem wichtigen
Punkt unterscheiden sich mephisto und eldoradio*: Die Zielgruppe ist bei jenen klar auf die Studierenden in Dortmund zugeschnitten. Damit ist das Themenfeld auch klar abgesteckt. Die Redaktion von mephisto 96.7 legt ihren Schwerpunkt anders, denn sie sind das erste deutsche Lokalradio einer Universität und damit kein reines Hochschulradio. Der Vorteil liegt auf der Hand: „breitere Themenauswahl aus dem lokalen Geschehen. Der große Nachteil ist allerdings, dass wir manche Ideen wieder fallen lassen müssen, wenn es zu hochschulspezifisch ist“, erläutert Anne Eichhorn. Dafür gibt es bei mephisto 96.7 eben keine MensaSpeisepläne. Jammern über stressige BachelorStudiengänge sowie weniger Zulauf zu ihren Hochschulradios wollen und müssen die beiden Chefredakteurinnen allerdings nicht. Die Redaktion von mephisto 97.6 hat einen Weg gefunden, generell für
mehr Ansporn zu sorgen: „Zwar basiert die Mitarbeit bei uns auf Freiwilligkeit, sie lässt sich aber neuerdings auch als Zusatzqualifikation anrechnen – meist sogar als Praktikum“, erklärt Anne Eichhorn, „auch wenn die Redaktion durch die kürzeren Studiengänge natürlich öfter wechselt.“
Konrad Welzel 26 Jahre, Marburg …studiert Politikwissenschaft (Master) und findet es wichtig für die persönliche Entwicklung, wenn man sich schon in jungen Jahren ehrenamtlich engagiert.
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Foto: Stephanie Winkler
ursuppe: Am anfang jedes jugendmediums schmeiSSen junge idealisten all ihr kรถnnen in einen topf.
Foto: Stephanie Winkler
Himmel und hölle. Es ist nicht immer leicht – als medienmacher muss man sich ständig entscheiden.
Scrab steht für: schnell, clever, rasant, aktuell und bissig. Wir sind Schüler aus der Region Lüneburg (Niedersachsen) und veröffentlichen monatlich eine farbige Seite in der Landeszeitung Lüneburg. Genauer gesagt sind wir zwischen 15 und 22 Jahre alt und sind am letzten Donnerstag des Monats in der Zeitung. Außerdem veröffentlichen wir auf unserer Homepage Artikel, die es aus Platzgründen nicht in die Zeitung schaffen.
Zeitungsseite und Onlinemagazin, Lüneburg
scrab
Freihafen ist ein kostenloses Jugendmagazin aus Hamburg und wird ehrenamtlich von Jugendlichen für Jugendliche erstellt. Auslagestellen sind alle weiterführenden Schulen Hamburgs via Schulbehörde, alle Hamburger Bücherhallen, Universitäten in Hamburg, Kiel, Lüneburg und Umgebung und in Cafés und Bars in ganz Hamburg
Printmagazin, Hamburg
Freihafen
fr e ih af e n
TONIC ging im Sommer 2010 aus einem Zusammenschluss der Sieger verschiedener Schülerzeitungswettbewerbe hervor. Schnell wuchs das Projekt über die bisherigen Grenzen hinaus: Im rund 50-köpfigen Team sind heute junge, engagierte Medienmacher aus ganz Deutschland. TONIC wendet sich an Menschen zwischen 16 und 30 Jahren.
Print- & Onlinemagazin, Hamburg
Tonic
spieSSig, innovativ oder gähnend langweilig – jugendmedien sind sich nur in einem ähnlich: sie sind selbstgemacht.
Deutschland, deine jugendmedien
p o l l i
t o n i c s a z
Straßen aus Zucker ist ein von Jugendlichen selbstgemachtes Magazin, dass sich mit politischen Themen beschäftigt.
Printmagazin, Berlin
StraSSen aus zucker
polli-magazin ist das erste Medium in Deutschland, für das sowohl Jugendliche, junge JournalistInnen als auch Abgeordnete schreiben. Es ist das Magazin zum Berliner jugendFORUM im Rahmen von respectABel. pollimagazin.de ist ein Online-Medium. Junge AutorInnen und Abgeordnete schreiben Artikel zu den Diskussionsthemen des jugendFORUMs. Bislang sind über 500 Beiträge von rund 200 AutorInnen erschienen.
Onlinemagazin, Berlin
polli-magazin
Kurz und knackig – so präsentiert sich das Fresh-TV Magazin, die von und für Jugendliche gemachte Show aus dem Saarland. Mit aktuellen Beiträgen aus Jugendzentren, Musik, Nachrichten und alles was es sonst noch so Spannendes gibt.
TV-magazin, Saarbrücken
n o i r
NOIR ist das junge Magazin der Jugendpresse. NOIR besticht durch seine thematische Vielfalt in den Bereichen Politik, Gesellschaft, Wissen und Medien. NOIR schließt somit die publizistische Lücke zwischen kommerziellen, bundesweiten Medien und lokalem Jungjournalismus.
Printmagazin, Stuttgart
noir
o h e Lebensrausch ist ein Netzwerk aus ehrenamtlichen Helfern und Unternehmen. Dadurch enstand ein bunt gemischtes Team von Leuten aus ganz Deutschland. Lebensrauschen ist ein Jugendportal, auf der interessante Themen geschaltet werden, und zwar von jedem, der Lust hat bei uns mitzumachen. Unseren Job sehen wir in der Bereitstellung nötiger finanzieller/fachlicher Ressourcen und Koordinierung.
Onlinemagazin, Magdeburg
lebensrausch.com
Wir sind junge Journalistinnen und Journalisten, die in Leipzig studieren, leben und arbeiten. Leipzig ist voller Leben, Ideen, Kreativität – und da, wo die hiesige Presselandschaft oft aufhört, fragen wir noch weiter und berichten noch weiter – wie es der Name verspricht. Wir sprechen mit Personen, die wir wichtig und interessant finden, die Geschichten zu erzählen haben, Einblicke geben können. Und greifen Themen auf, die es sonst vielleicht nicht in die Lokalberichterstattung schaffen.
Onlinemagazin, Magdeburg
nochweiter
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fresh tv
n c w e it
h s c u a s r n b e l e
»Man kann sich nicht hinter kunstfertigen Formulierungen und einer lässigen Pose verstecken.«
Das Schreiben ist ein Kinderspiel
Interview mit Kerstin Bode – National Geographic World. VON andi weiland
Was ist das Konzept von National Geographic World? National Geographic World ist ein zweisprachiges, deutsch-englisches Wissensmagazin für Kinder zwischen 8 und 14 Jahren. Kinder sind von Natur aus wissbegierig und abenteuerlustig. Da lag es natürlich nahe ein NGMagazin für Kinder herauszugeben. Tierthemen sind eine unserer Hauptschwerpunkte. Da haben wir einen einmaligen Katalog mit Fotos und großartigen Reportagen. National Geographic ist in den USA eine Stiftung, die Expeditionen unterstützt. Es gibt also echte Entdecker und Abenteurer, die dann für National Geographic unterwegs sind und tolle Fotos machen und Geschichten aus den Urwäldern dieser Welt mitbringen.
Aber die Kinder können da nicht mitgehen? Die Kinder können da natürlich nicht mitgehen, weil das zu gefährlich wäre, aber wir bringen ihnen die Abenteuer-Geschichten nach Hause, was manchmal ja auch eine Aufgabe der Presse ist: ein Fenster zur Welt und ein eskapistisches Vergnügen. Ein wichtiger Teil unserer Arbeit ist, dass wir die Reportagen ergänzen und aufwerten, in dem wir Spiele und Sprachlern-Elemente hinzufügen, sodass die Kinder etwas ausfüllen oder ausmalen können. Denn unserer Erfahrung nach mögen es Kinder, mitzumachen und sich ein Heft auch physisch zu eigen zu machen.
Wie ist eine Redaktionssitzung bei Ihnen aufgebaut, wie konzeptionieren Sie die Themen, um sie dann der Zielgruppe nahe zu bringen? Wir sind nicht auf tagesaktuelle Entwicklungen angewiesen. Aber natürlich spielen z.B. Jahreszeiten und ak-
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tuelle Trends eine Rolle. So bringen wir beispielsweise eine Ausgabe mit einem Eisbären nicht im Hochsommer. Außer es passt vielleicht zum Thema Klimawandel. Wir schauen, was unsere amerikanischen Kollegen an neuen Themen haben und mischen die dann mit eigenen Geschichten, z.B. aus Deutschland. So entsteht schnell eine Mischung aus großen Tierreportagen, interessanten Sammelgeschichten,News, Witzen, Spielen, und einer Geschichte über Kinder in China oder am Thalia Theater in Hamburg Die größere Herausforderung besteht darin, Themenideen kindgerecht umzusetzen. Wie wählen wir die Bilder aus? Wie verläuft der Spannungsbogen? Welche Zusatzelemente wählen wir? Und manchmal bin ich mir auch nicht sicher, ob das alles so lustig ist, was wir uns ausdenken. Aber da muss man als Erwachsener versuchen, noch einmal ganz ehrlich und kritisch in sich hineinzuhören. Denn nichts ist schlimmer als lustig gemeintes, das dann öde und Onkelhaft rüberkommt. Kinder sind ja nicht blöd. Die merken, wenn man sie von oben herab behandelt. In größeren Abständen holen wir uns Blattkritiken auch von Kindern ein. Aber im Wesentlichen müssen wir uns, wie alle anderen Journalisten auch. auf unser Bauchgefühl verlassen. Darauf, was wir als Kinder toll fanden, aber auch, was wir als Eltern gut finden.
Ist es eine besondere Herausforderung für eine Zielgruppe zu schreiben zu der man selbst nicht mehr gehört? Ich glaube, es ist ein Trugschluss zu denken, dass man für eine Zielgruppe, zu der man selbst gehört, besser Magazine produzieren kann. Natürlich ist es bei einem Trend- und Lifestylemagazin hilfreich, wenn man die Szene auch kennt. Bei einem Kindermagazin sind Moden
nicht ganz so wichtig. Da geht es um den generellen Ton, um die Inhalte an sich, um Witz. Das sind aber auch Sachen, die sich in den letzten 20 Jahren nicht verändert haben. Die Themen haben sich vielleicht ein bisschen geändert, weil die Technologien fortgeschritten sind. Neben Natur-, Abenteuer und Tiergeschichten macht man jetzt z.B. auch Geschichten über den Klimawandel und erneuerbare Energien. Vielleicht ist auch die Aufmerksamkeitspanne ein bisschen kürzer geworden, aber grundsätzlich geht es bei Kindern noch nicht um modische Codes,
Worin liegen die besonderen Herausforderungen beim Schreiben für ein Kindermagazin? Man muss viel disziplinierter schreiben. Man muss es wirklich ernst meinen: Also wirklich keine langen Sätze zum Beispiel. Im Zweifel ist ein Relativsatz schon die schlechtere Wahl. Was auch wichtig ist: keine Fremdworte. Man ertappt sich regelmäßig dabei, wie man im ersten Impuls, aus purer Gewohnheit zu viel zu verschwurbelten Sätzen und Fremdworten greift. Ich glaube, dass der Journalismus für Kinder vor allem ehrlich sein muss. Mit Ironie kommt man hier nicht weit. Man kann sich nicht hinter kunstfertigen Formulierungen und einer lässigen Pose verstecken. Denn man muss die Zusammenhänge immer ganz genau erklären, sonst steigen dir die jungen Leser aufs Dach. Das hat etwas Reinigendes an sich.
Gibt es besondere Herangehensweisen, um ein Thema zu vermitteln? Ich habe das Gefühl, der Redakteur oder Autor schüttelt sich innerlich, bevor er an die Arbeit geht und befreit sich so von seinen üblichen Rezeptionsvorstellungen.
kerstin bode bei der preisverleihung des schülerzeitungswettbewerbs der länder. Schülerzeitungen sollen experimentierfelder sein, findet sie
Nach dem Motto: „Das weiß der Leser schon“, sollte man ja gerade nicht vorgehen. Man muss bei Null anfangen das Thema zu erklären, ohne dabei zu langweilen, übermäßig pädagogisch zu klingen oder den Leser für dumm zu halten.
Gibt es auch Themen , die für die Zielgruppe zu komplex sind? Eigentlich gibt es keine Themen, die zu komplex wären, aber die Themen müssen zur Marke National Geographic passen. Beispielsweise haben wir zu Fukushima nichts gebracht außer Büchertipps, so dass sich Interessierte selbst weiter informieren konnten. Wir haben einen relativ langen Vorlauf und wären mit dem Thema sehr spät gekommen. Außerdem hätte es nicht zu National Geographic World gepasst. Wir sind kein Nachrichtenmagazin.
Werden die Kinder bei NG World in eine Blase nur aus Entdeckungen und ganz ohne Gefahren gesetzt? Nein natürlich nicht. Aber tatsächlich sind wir nicht der Spiegel und auch nicht Yuno, um ein grobes Raster zu zeichnen. Wir haben bei uns keine Stargeschichten, wie es bei Yuno der Fall ist. Wir haben auch keine drastischen Elendsgeschichten, aber wir reden die Welt den Kindern auch nicht schön. Wir wenden uns einfach den Natur- und Tierthemen zu. Und da ist die Welt ja tatsächlich auch nicht immer in Ordnung. In jeder zweiten unserer Geschichten kommt „ist vom Aussterben bedroht“ oder der Klimawandel vor. Einfach, weil das leider die Wahrheit ist.
Sie waren bei der Preisverleihung des Schülerzeitungswettbewerbs der Länder. Wie haben Sie die neue Generation von jungen Journalisten erlebt?
Foto: Stephanie Winkler
Ich fand diese Generation junger und jüngster Journalisten super und ich fand auch die Hefte, die sie erstellt haben, wirklich bemerkenswert professionell. Das sind natürlich ganz aussichtsreiche Kandidaten für eine große journalistische Karriere. Ich war aber auch überrascht, dass Schülerzeitungen häufig von Lehrern als AG an Schulen betrieben werden. Ich bin der Überzeugung, dass Schülerzeitungen ein Experimentierfeld für Schüler sein sollen, sodass sie mitkriegen können, dass man selbst was bewegen kann. Diese Selbstständigkeit und Eigenverantwortung kann man nur in ihrer ganzen Tragweite erfahren, wenn man nicht von Lehrern angeleitet wird und man Sozialpunkte bekommt, weil es eine AG ist. Das läuft dem Gedanken der Freiheit ein bisschen zuwider. Dabei ist die Freiheit bei Schülerzeitungen so wichtig, um sich auszuprobieren und verrückte Sachen machen zu können. Zumindest wünsche ich diese beglückende Erfahrung ganz vielen jungen Journalisten.
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K om m entar
SCHÖNES SCHEITERN
Es gibt eine Todesart, die in den Medien nie auftaucht: der Präsentationstod. Viele Projekte scheitern schon in der Entstehung, weil der Enthusiasmus durch zu viele „aber“ ermordet wird. Dabei kann auch das Scheitern eine Option sein, findet Andi Weiland. Ein Kommentar
E
s ist die Idee, die dich aus dem Schlaf reißt, bei der du an den Computer springst und sie sofort runterschreibst. Du kannst den Morgen nicht erwarten, um die ersten Reaktionen von Freunden zu hören und was sie von deinem Projekt halten. Doch die Idee, die dir Augenringe bereitet hat, wird mit einem „Hm ja aber, ich glaube nicht, dass das erfolgreich wird!“ beerdigt.
Der Mythos der Garage Besonders in den jungen Jahren hat man noch die ganzen Ideen, möchte die Welt verändern oder sie wenigstens ein bisschen besser machen, doch an jeder Ecke lauert ein „aber“. Dabei besteht die großartige Chance auch, im Mut zu Scheitern. Ein Projekt muss nicht immer erfolgreich sein, bzw. woran misst sich der Erfolg? Die „Erfolgsstorys“ die überall erzählt werden, handeln oft von Männern und Frauen in irgendwelchen Garagen, die
irgendwas erfunden haben, was später einen großen Erfolg brachte. In der Verkürzung oder auch in der Verklärung dieser Geschichten wird oft vergessen, dass nicht jede Idee sofort erfolgreich war. Auch Unternehmen wie Apple und Microsoft haben Fehler gemacht, sind mit Projekten, wie zu teuren PCs (Macintosh Portable), schlechten Telefonen (Kin) oder mp3-Playern (Zune) gescheitert. Google stellt jedes halbe Jahr wieder Projekte ein, die nichts geworden sind, aber sie haben es wenigstens versucht. Und aus diesen Scheitern konnten viel mehr Erfahrungen gezogen werden, als aus den reinen Nichtstun. Vielleicht würde es das Netzwerk „Google+“ heute nicht geben, wenn man „Buzz“ oder „Orkut“ – ja genau niemand kennt die – nie gestartet wäre. Vielleicht würde das ZEITmagazin heute kein Lead Award-Gewinner sein, wenn man aus der ersten Auflage nichts gelernt und es einfach noch einmal probiert hätte.
Auch zwei andere Beispiele auf den Medienmarkt zeigen, dass der Mut zum Scheitern erfolgreich sein kann: Ende der Achtziger gab es in Deutschland ein einmaliges Lifestyle-Magazin namens „Tempo“, welches zehn Jahre lang im Mediendschungel für Furore sorgte und dann eingestellt wurde. Was auch eine gute Entscheidung war, denn neben dem Scheitern sollte auch das Aufhören am schönsten Moment immer eine Option sein. Nichts ist schlimmer als über seinen Zenit hinaus zu sein, man denke nur an Mick Jagger und die The Rolling Stones. Das Dortmunder Musikmagazin Visions wurde 1989 in einer kleinen dreihunderter Auflage unbeirrt von Daniel Oeding und Michael Lohrmann an den Mann gebracht und heute gehört das Magazin mit einer Auflage von 35.000 Exemplaren zu den wichtigsten Magazinen im Alternativen Musikbereich. Tempo und Visions sind nicht nur vom Namen her zwei Beispiele dafür, dass man immer den Mut
zum Scheitern bei einen Projekt braucht und es viel wichtiger ist, mit 100 Prozent für eine Idee einzustehen und sie umzusetzen. Denn nichts ist schlimmer als eine Idee durch irgendwelche „aber“ und „das wird doch nicht erfolgreich sein“ sterben zu sehen, bevor sie nicht wenigstens einen Tag gelebt hat.
Andi Weiland 26 Jahre, Berlin …biss das erste mal richtig in die Passionsfrucht bei der Berliner Zeitung und ist seit über zehn Jahren abhängig vom gedruckten Wort.
manchmal verengt sich der blick und das lieblingsprojekt endet in einer sackgasse.
Foto: Stephanie Winkler
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m e ie d a k a n e t is
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e/jo ur n
en en d lier des ern gsatu n n n gr i u t ! i w ir s e e b z r r G e l we e ttb
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Auf die Filme, fertig, los!
Was 1995 mit einer Handvoll Filmbesprechungen begann, gehört inzwischen zur „Berlinale des Nordens“ einfach dazu: Unter dem Namen „filmab!“ begleitet eine wechselnde Redaktion jedes Jahr das Filmkunstfest in Schwerin, rezensiert dutzende Streifen, interviewt aufstrebende Filmemacher und ist dabei vor allem eins: Ein Beweis für jungen, mutigen Kulturjournalismus. Von Tino Höfert
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in Maimorgen in Schwerin – oder schinen angeschmissen hat und wartet. vielmehr noch Nacht? Es ist 3.51 Uhr. Der Ladebalken in Martins MailproNoch neun Minuten bis zur Deadline. gramm schleicht Stück für Stück voran. Während es langsam draußen dämmert Noch fix ein paar Zeilen hinzu: „Guten und die ersten Vögel ihre Morgenhymnen Morgen, anbei erhalten Sie die filmab! anstimmen, klackern die Tasten noch hef- – Ausgabe #3. Auflage: 500 Stück.“ Letzte Kontrolle der pdf-Datei, ein Klick auf tig in der Pfaffenstraße 4. Layouter Martin setzt schnell den Aufmacher für die Ti- „Senden“, fertig – 04.03 Uhr. Puh, das telseite, während Chefredakteur Tino eilig war knapp. noch mal alle Rezensionen gegenliest und letzte Fehler herausstreicht. Täglich unabhängig Der Redaktionsraum in der Jugendgästeetage hat inzwischen ein ansehn- Bei „filmab!“ gehört der Zeitdruck liches Level kreativer Unordnung erreicht: schlicht dazu: Jedes Jahr Anfang Mai, Quer verstreut liegen Laptops, Schreib- wenn das Filmkunstfest im Schweriner blöcke, Stifte, Festivalkataloge, Kameras, Capitol seine Tore öffnet, quartiert sich Ladekabel, leer geschlürfte Kaffeetassen eine junge Redaktion in einer Wohnung und natürlich jede Menge DVDs. An der ein, um das Festival journalistisch zu Moderationswand hängt im Großformat begleiten. Veranstaltet wird das filmab!der Seitenplan für die kommende Aus- Projekt seit 1995 vom Jugendmediengabe. Diese hat 16 Seiten, pro Seite ein verband Mecklenburg-Vorpommern e.V. Artikel. Doch die Autoren dieser Artikel (JMMV), einem Landesverband des sind schon nicht mehr anzutreffen, inzwi- Jugendpresse Deutschland e.V. Wie in schen liegen sie schon friedlich schlum- einer professionellen Redaktion gibt es auch hier zwei Chefredakteure, einen mernd in ihren Betten. 3.59 Uhr. Schnell, schnell, sonst Layouter, Bildredakteure, zehn schreibkommt gleich der nervöse Anruf von willige Autoren und natürlich ein Mädder Druckerei, die bereits die Druckma- chen oder Jungen für alles. Jedes Jahr Filmab! ruheloser redaktionsalltag und jede menge spaSS.
sehen Layout und Team komplett anders aus, einige Gesichter sieht man aber wieder. Sie kommen von Schülerzeitungen, Studentenmagazinen oder wollen freie Fotografen werden. Was ihnen gemeinsam ist: Sie machen es ehrenamtlich. Und sie entscheiden selbst, über welche Filme und Veranstaltungen sie schreiben wollen. Täglich wird ein Magazin mit Rezensionen, Interviews und Hintergrundberichten im handlichen A5-Format an den Festivalstätten ausgelegt. Selbstverständlich kostenlos. Zwischen 40 und 50 Artikel entstehen pro Seminar aus der Feder junger Filmkritikerinnen und Kritiker. Das Besondere dabei: Die Berichterstattung der Redaktion wird nicht vom Festivalveranstalter finanziert, sondern in Kooperation mit Partnern des JMMV wie dem Presse-Club MV und der Friedrich-Ebert-Stiftung. „So bleiben wir unabhängig und müssen nicht davor zurückschrecken, einen Film auch mal leidenschaftlich zu zerreißen.“, weiß Marco Herzog. Der 22-jährige Student ist im JMMV aktiv und kümmert sich seit 2009 um die Organisation des Seminars. Er ist sich sicher: „Ohne filmab! würde dem Filmkunstfest etwas fehlen.“
Weg vom Printjournalismus?
Fotos: Privat
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Der technische Wandel ist auch hier nicht spurlos vorübergegangen: Wo anfangs nachts im Schnellverfahren die Fotofilme entwickelt werden mussten, kann sich der Leser heutzutage online durch die Bildergalerien des filmab!-Blogs klicken. Über 400 Blogartikel sind in den letzten Jahren unter filmab.jmmv.de veröffentlicht wurden. Zusätzliche Videos, Podcasts, einen eigenen Twitteraccount und die Redaktionswebcam komplettieren das multimediale Angebot, um eine Brücke zwischen Print und Online zu schlagen. Und mit jedem mal kommt eine Neuerung hinzu. Wenn filmab! eine eigene Fernsehserie wäre – wie sehe dann das nächste Staffelfinale aus? Folgt eine Umstellung von Schwarzweiß- auf Farbdruck? Werden wir eine Liveübertragung der spannendsten Interviews schalten? Oder hat sich das Magazin dann schon längst vom Printformat verabschiedet und erscheint nur noch als Tablet-App? So oder so: Seiner Grundprämisse wird sich das Projekt treu bleiben: Ein kritischer und unabhängiger Begleiter des Filmkunstfestes zu sein.
Filmkunstfest M- V Seit 1991 hat Schwerin ein eigenes Filmfestival. Im Vergleich zu großen Festivals wie der Berlinale oder Cannes, bei denen das Blitzlichtgewitter auf rote Teppiche so groß wie Fußballfelder einbricht, zeigt man sich in Mecklenburg-Vorpommerns Landeshauptstadt angenehm bescheiden. Wozu im VIP-Gedrängel mitschwimmen, wenn man auch gemütlich mit Popcorn einfach nur schöne Filmkunst sehen möchte? In verschiedenen Wettbewerbskategorien laufen Spielfilme, Kurz- und Dokumentarfilme. Außerdem bringt eine Länderreihe Abwechslung auf der Leinwand. Mit den Jahren hat sich das Filmkunstfest zur „Berlinale des Nordens“ gemausert: Anfangs der Treffpunkt einer kleinen Filmemacherszene, wo die Leinwand sporadisch aus Bettlaken zusammengebaut wurde, ist auch in Schwerin der Glamour eingezogen. Heute übernimmt der Ministerpräsident des Landes die Schirmherrschaft und der Ehrenpreis „Goldener Ochse“ ging schon in die Hände von Leinwandgrößen wie Mario Adorf, Hannelore Elsner und Katrin Sass. Trotz alledem: Der rote Teppich ist hier noch immer so groß, dass er in jedes Wohnzimmer passen würde. www.filmkunstfest-mv.de
Tino Höfert 22 Jahre, Rostock …studiert Politik- und Erziehungswissenschaften. Wenn er abends im TV einen Tatort, sieht, fragt er sich oft, wie wohl die filmab!-Rezension dazu aussehen würde.
GEDRUCKTE FREIHEIT
Mittwochabend in einem Gebäude der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Etwa zwölf Studenten sitzen an einem runden Tisch auf dem mehrere Magazine liegen. „14“ prangt in grüner Schrift oben darauf. Kurz nach 19 Uhr ergreift eine junge Frau das Wort. Lisa Gutscher war bei der Redaktionssitzung des 14 Magazins dabei. Foto: Stephanie Winkler
Toller Ausblick: eine gute redaktionssitzung macht lust auf die vor einem liegende ausgabe.
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4 ist die Quersumme aus 0761, der besteht immer aus zwei Studierenden. Es betonen sie, ein Magazin für ganz FreiVorwahl Freiburgs, und seit Oktober sei eben doch viel Arbeit, neben dem Stu- burg zu sein. Von der Universität wol2009 der Name eines studentischen Ma- dienalltag. len sie unabhängig sein, dass bedeutet, gazins. Junge Redakteure, Grafiker und „Die Geisteswissenschaften sind in- dass sie den Druck des Magazins mit Fotografen der Universität Freiburg ha- nerhalb der Redaktion proportional öf- Anzeigen und aus dem Erlös des Heftes ben sich zu einer Redaktion zusammen- ter vertreten“, berichtet Sarah lachend. abdecken müssen. Mit den Anzeigen sei geschlossen. Sie wollen sich austoben, „Aber wir hatten auch schon eine Biologin es immer wieder ein Kampf, sagt Sarah. ausprobieren, sich frei schreiben, Platz und einen Jurist.“ Die Redakteure geben Zwar gibt es inzwischen feste Anzeigenfür außergewöhnliche Dinge haben. nicht einfach nur ihre Artikel ab. Es sei kunden, dennoch war es nicht immer „Und ein kleines bisschen auch verste- ein gemeinsamer Prozess: gemeinsam einfach genügend Partner ausfindig mahen, wie so ein Magazin funktioniert“, besprechen, Artikel schreiben, Artikel chen. „Heute klappt das ganz gut. Wir sagt Sarah Kern. Sie ist seit einem Jahr redigieren. In den Redaktionssitzungen konnten bei dem aktuellen Heft zum Chefredakteurin des 14 Magazins. Die werden verschiedene Vorstellungen ein- ersten Mal den Druck ausschließlich Idee sei 2009 auf einer Autofahrt von gebracht und ausdiskutiert. Meist ent- mit Anzeigen finanzieren“, berichtet Brandenburg nach Freiburg entstanden. stehen dort die besten Vorschläge. Über die Chefredakteurin. Das liege wohl vor Zu dieser Zeit gab kein ernst zu neh- mehrere Wochen haben sie einmal eine allem daran, dass es in Freiburg einige mendes Magazin aus Freiburg, kurzer- Artikelidee ausgeklügelt, jede Woche wur- Anzeigenkunden gäbe, die den inhalthand gründeten die Studierenden selbst de sie besser und am Ende sei ein außer- lichen Wert des Heftes erkennen und eins. gewöhnlicher Artikel entstanden. es gerne unterstützen möchten, ohne Die Kernredaktion besteht aus zehn sich wirtschaftlich viel von der Anzeige bis zwölf Mitgliedern. Mitmachen kann zu erhoffen. Früher mussten sie immer Der Anspruch: unabhängig jeder. „Die Studenten mit weniger Erfah- von der Uni schnell einige Hefte verkaufen, um dann rung im Schreiben übernehmen kleinere die Druckerei bezahlen zu können. „Im Artikel oder arbeiten erst einmal organi- Von montags bis freitags, von 12–14 Uhr, Moment versuchen wir, uns einige fisatorisch mit, um sich in den Prozess ein- wird das Magazin vor den Mensen der nanzielle Polster anzulegen, um Geld Studentenstadt verkauft. Außerdem ist für Recherchen zu haben“, erklärt Sazufinden“, erklärt Sarah. es noch in ausgewählten Buchläden und rah. Die Chefredakteurin hofft, dass das Eine rotierende Chefredaktion Cafes Freiburgs erhältlich. „Es ist immer Magazin zu einem Selbstläufer wird. Beganz schön, zu verkaufen, man kommt zahlt wird von den Redakteuren keiner. Meist arbeiten die Studenten in der Re- mit den Menschen ins Gespräch“, be- „Alles was bei uns passiert, ist ehrenamtdaktion ein Jahr intensiv zusammen. Da- richtet Sarah. „Dort stellt sich manch- lich“, sagt Sarah. Sie hätten allerdings nach kommen neue Mitglieder, alte gehen. mal heraus, dass die unscheinbarsten auch ein Unternehmen gründen können Die Chefredaktion wechselt meistens Artikel der Verkaufsrenner sind“. Das 14 und versuchen Profite zu machen. Aber nach zwei Ausgaben. Andere sollen auch Magazin wird in einer Auflage von 3 000 das war nicht ihre Intention. Sie wollten, die Möglichkeit haben sich zu versuchen. Exemplaren gedruckt. 2000 davon ge- dass sich das 14 Magazin als Institution „Und in der Zeit nach dem 14 Magazin hen an Studenten, der Rest an die ganze in der Stadt und an der Universität etagibt es ja auch noch andere Aufgaben“, Stadt. Von Anfang an wollten sie kein bliert, um immer wieder neuen Studiesagt Sarah und lacht. Die Chefredaktion reines Uni-Magazin sein, ausdrücklich ren die Möglichkeit zu geben, sich aus-
zuprobieren. Deswegen haben sie einen eigenen Verein gegründet, um rechtlich abgesichert zu sein.
Abgrenzung von der Online-Datenflut Einen Internetauftritt und eine facebook-Präsenz hat das 14 Magazin. Nicht um Artikel zu veröffentlichen, sondern um Termine anzukündigen und um das Heft zu bewerben. Die Redaktion habe sich entschieden, ein hochwertiges und in Freiburg einmaliges Print-Magazin herauszugeben, sagt Chefredakteurin Sarah Kern. „Wir wollen auf diesem Weg auch gezielt in Abgrenzung von den Online-Datenfluten eine kleine Auswahl von besonderen Beiträgen präsentieren“. Wöchentlich plant die Chefredakteurin etwa einen Tag für das Magazin ein: Graphikern hinterher telefonieren, Anzeigenakquise, Werbekonzepte erstellen, die Redaktion zusammenhalten, mit der Druckerei kommunizieren. „Es ist einfach etwas total besonderes, wir können hier machen was wir wollen und es macht wirklich großen Spaß“, beschreibt sie ihre Arbeit. Die Redaktionssitzung geht zu Ende. Einige brechen auf – müssen noch eine Arbeit für die Uni fertig schreiben. Andere wollen gemeinsam noch etwas trinken gehen. Die Magazine auf dem Tisch werden zusammen gepackt. Der Raum leert sich, das Licht wird ausgeknipst. Bis zur nächsten Ausgabe.
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Das gesunde Prozent Eitelkeit
Im Demzember 2007 ging nach einem halben Jahr Arbeit zwischen San Francisco, Paris und Hamburg die Seite »ilikemystyle.net« online. Drei Männer hatten den Plan eines Social Networks, das sich an mode- und stilbewusste Menschen überall auf der Welt richtete. Die User sollten Bilder ihrer Looks hochladen und die der anderen kommentieren können. Vor kurzer Zeit haben die Gründer für ihre Seite bei den LeadAwards in Hamburg abgestaubt, Deutschlands führende Auszeichnung für Online- und Print-Medien. Unter anderem in der Kategorie Newcomer of the Year. Friederike Krüger sprach mit Gründer Adriano Sack (43) über sein Projekt und die Preisverleihung. Foto: Privat
Was sind das für User, die bei „I like my style“ Fotos von sich veröffentlichen? Wen wollt ihr mit eurer Seite ansprechen und wie funktioniert sie?
wo er stundenlang in Modemagazinen blätterte, um die Outfits später nachzuschneidern (wir waren sehr arm) und in dem Club zu tragen, in dem er arbeitete. Irgendwie habe ich mich damals angesteckt.
Und welches ist dein liebstes Kleidungsstück?
Alle. Jeder kann sich durch die Bilder klicken. Wer sich anmeldet, kann selbst Bilder hochladen, kommentieren, Freunde sammeln, Beiträge für den Blog schreiben. Wen wir ansprechen wollen: Menschen mit einem gesunden Prozentsatz Eitelkeit, überdurchschnittlichem Stilempfinden, einem Schuss Selbstironie. Männer, Frauen, alles dazwischen. Jung, sehr jung oder forever young.
Das wechselt regelmäßig. Derzeit ist es ein Jeanshemd von Dries van Noten, das aussieht, als habe man es mit Bleichmittel bespritzt (Kritiker nennen es „Kuhhemd“).
Gab es schon Outfits eurer User, die dich so richtig aus der Fassung gebracht haben?
Vor gut zwei Wochen fanden die LeadAwards in Hamburg statt und ihr wart unter den Preisträgern. Ja, wir wurden als Newcomer of the Year mit Gold ausgezeichnet. Silber wurde uns für die Modestrecke Bless Iceland verliehen. Dann gab‘s noch Bronze für die Partyfotoserie „Remember where you lost it“, benannt nach einem eher kitschigen Ibiza-Techno-Sampler. Und schließlich noch lobende Erwähnungen für die Bademodenstrecke SplishSplash und die Illustrationsstrecke Sketches of Style!
Wie war es für dich, neben den Nido-Redakteuren von Gruner + Jahr oder den Machern vom ZEITMagazin zu stehen? Auf privater Ebene: Nett. Beruflich gesehen: Spektakulär. Wir haben es ohne großen Verlag oder Geldgeber auf die gleiche Bühne geschafft wie Gruner+Jahr und Holtzbrinck. Darauf sind wir ein bisschen stolz.
Wie seid ihr damals auf die Idee zu „I like my style“ gekommen und wie habt ihr sie umgesetzt? Die Idee für das Social Network hatten Klaus-Peter Frahm und ich im Sommer 2007, als Social Networks begannen, die
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mag stil und trägt auch privat kuhhemden – adriano sack.
Welt zu verändern. Das Thema Mode fanden wir naheliegend, weil es zwei entscheidende Berührungspunkte zum Phänomen der Social Networks gab: Auch Mode ist getrieben von dem Drang, wahrgenommen und gesehen zu werden, und eine sehr visuelle Angelegenheit. Das Printmagazin Ilikemystyle Quarterly gründeten Eva Munz und ich, weil wir die Bilder und Menschen auf unserer Website faszinierend finden und das Konzept für neuartig und innovativ halten.
Gab es Unterstützung? Das Heft finanziert sich durch Verkauf und Werbung. Außerdem, wie immer bei solchen Projekten, durch massive Selbstausbeutung. Ein eigentlich wohlmeinender Kollege, natürlich fest angestellt, gratulierte mir nach dem Launch mit den Worten: „Tolle Idee. Du wirst nie einen Cent damit machen.“ Wir arbeiten immer noch daran, dass er Unrecht behält. Am meisten haben uns bisher Mercedes-Benz und adidas geholfen.
Ein Junge hatte die Vornamen der Backstreetboys auf seinem T-Shirt stehen. Ich glaube in Helvetica. Ein Musterbeispiel für maximalen Effekt bei reduziertem Aufwand.
Nun ist die Seite online, das Heft verkauft sich, was gibt’s heute noch für euch zu tun? Wir sind Chefredakteure und Geschäftsführer von Website und Printmagazin. Wir sind für alles zuständig: vom Briefmarken kaufen bis zur Welteroberungsstrategie.
Bist du damit am Ende oder soll es weitergehen? Wir wollen die Website renovieren, sie schneller, lustiger und „stickier“ machen. Wir wollen das Magazin natürlich permanent verbessern. Wir suchen derzeit einen Partner, mit dem sich das zeitnah realisieren und finanzieren lässt.
Woher kommt denn eigentlich dein Interesse für Mode? Als ich mit meinem damaligen Freund Felix in Madrid lebte, hat er mich jeden Sonntagnachmittag nach dem Aufstehen in einen Zeitschriftenladen geschleppt,
Wo kommen die meisten eurer Blogger/innen her? Wie weit reicht eure Seite? Um die ganze Welt. Ein ordentlicher Anteil kommt aus Deutschland, danach USA und Asien.
Und, Adriano, hast du nach mehr als drei Jahren einen Lieblingsblogger? Nein. Das wechselt jeden Tag. Sehr sympatisch ist mir Brianboy, weil er auch dann noch sehr intime Auskünfte über seine Sexhygenie gab, als Marc Jacobs schon zu seinen Fans gehörte.
Frederike Krüger 20 Jahre, München …fragt sich seit der Recherche: Was war zuerst da, der Account oder der Stil?
f risc h , f r u ch t i g , s e l bs tg e p r e s s t – m it machen @po lit iko ran ge.de
I mpr essum diese Ausgabe von politikorange entstand während des Schülerzeitungswettbewerbs der Länder im Sommer/Herbst 2011. Herausgeber und Redaktion: politikorange – Netzwerk Demokratieoffensive c/o Jugendpresse Deutschland e.V., Wöhlertstraße 18, 10115 Berlin www.jugendpresse.de
A
ls Veranstaltungszeitung, Magazin, Onlinedienst und Radioprogramm erreicht das Mediennetzwerk politikorange seine jungen Hörer und Leser. Krieg, Fortschritt, Kongresse, Partei- und Jugendmedientage – politikorange berichtet jung und frech zu Schwerpunkten und Veranstaltungen. Junge Autoren zeigen die große und die kleine Politik aus einer frischen, fruchtigen, anderen Perspektive.
politikorange – Das Multimedium
Wie komm’ ich da ran?
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