nah&Fern November 2014
unabh채ngiges magazin zu den jugendmedientagen 2014 Herausgegeben von der Jugendpresse Deutschland e.v.
Foto, Titelfoto: Kai Peters
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Gegensätze zwischen Welten
Edit o rial
wir leben in einer Welt zwischen lokalen Nachrichten, globalen Prozessen und kulturellen Gegensätzen. welche scheinbaren realitäten dadurch entstehen, hat sich eleonora bartel gefragt.
Kulturmittler Brücke: Sie eröffnet Welten der vielfalt und Chancen.
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wischen Migrationsgeschichte und Nationalkultur, Klischee und Erwartungshaltung, Fremdheit und Gemeinsamkeit, globalem und lokalem Journalismus, Verantwortung und Political-Correctness-Scheren im Kopf, Abgrenzung und Ausgrenzung, Vielfalt und Rassismus: Menschen aus verschiedensten Ländern, mit den unterschiedlichsten Kulturen, Traditionen, Werten und politischen Systemen sollten wir mit Neugier und Verständnis begegnen – soweit die Theorie. Doch was passiert im Alltag? In unserer Welt finden Kriege statt und werden von den Medien nicht thematisiert. PolitikerInnen diskutieren über die politische Korrektheit des Begriffs „Sinti und Roma“, was deren soziale Situation nicht verbessert, sondern diese Menschen vergegenständlicht.
Brücken für Weltbilder Sind Medien Lückenfüller dieser Zwischenwelten? Oder bauen sie Brücken und eröffnen Welten? Medien können kultursensible Vermittler von Weltbildern sein, die intendierte Wahrheiten anderer Welten einbinden und transportieren. Beim Aufeinanderprallen von Welten können neue Horizonte entdeckt werden. Medienschaffende können als Grenzgänger jedes Missverständnis dazu nutzen, um Aufklärungsarbeit für einen offeneren Umgang im kulturellen Miteinander zu leisten, das die Welten verbindet. „Zwischenwelten heißt für mich, sich aufgeschlossen und neugierig zwischen Kulturen zu bewegen. Ich bewege mich zwischen vielen Welten: Als Berufspendler zwischen Zuhause und Arbeitsort. Aus Liebe zu Irland
Foto: Kai Peters
regelmäßig zwischen Deutschland und der grünen Insel. Wegen meiner Herkunft zwischen Großstadt und Provinz“, thematisiert Christiane Scholz von der Jugendpresse Deutschland die Mobilität unserer Generation.
Medien geben Vielfalt das Wort Die Vielfalt an technischen Möglichkeiten in der Medienlandschaft zeigt die Zukunft unserer multikulturellen Gesellschaft an. Welche Regeln der Zwischenweltlichkeit in sozialen, politischen oder virtuellen Welten müssen wir in unserem Miteinander beachten? Was wird in der Vermittlung der verschiedenen Weltbilder verkauft? Der Schritt von Wahrheiten zu Klischees ist kein großer. Wenn Leben und Erfahrungen der Menschen zunehmend von der Medialisierung geprägt sind, wird Pressefreiheit dann auf der ganzen Welt praktiziert? Das sind Fragen, die wir uns in der heutigen, vernetzten Welt stellen sollten.
Liebe Leserinnen und Leser, wenn ihr dieses Heft aufschlagt, seid ihr schon wieder quer durch Deutschland gereist. Die kurzen Nächte auf den Turnhallenböden sind längst vorbei, das Schlafdefizit ist wieder aufgeholt und vielleicht schon das nächste Praktikum in Sicht. Ihr habt leidenschaftlich Medien gemacht – die Jugendmedientage 2014 sind vorbei. Zwischen den Welten aus Multimedialität und Hyperlokalität hat die politikorange euch vier Tage begleitet, recherchiert, gefilmt, gebloggt und getwittert, um euch mit Erinnerungen und Informationen zu versorgen. Währenddessen habt ihr den Medienkosmos mit eurer heimatlichen Welt vernetzt – Videos geteilt, Fotos gepostet, Medienprofis getroffen und aus nächster Nähe in die Ferne geschaut: Wie verändert sich Journalismus in vernetzten ZwischenWelten? politikorange hat den Sprung aus dem mono- in den trimedialen Journalismus gewagt: In unserer Blog-, Video- und Printredaktion haben wir Tag und Nacht produziert. Schon während der Veranstaltung konntet ihr unter blog.politikorange.de Interviews lesen und Videos entdecken. In dieser gedruckten Ausgabe haben wir hinter QR-Codes zusätzliche Links versteckt. Viel Spaß beim Lesen! Inka Philipp & Nil Idil Cakmak In dieser Ausgabe verwenden wir nach Möglichkeit geschlechtersensible Sprache. In Interviews und direkten Zitaten wird der Wortlaut der zitierten Personen wiedergegeben. Daher wird hier unter Umständen darauf verzichtet.
In halt
»verwundert« Ein Gespräch mit Maija-Lene Rettig über die Sendung Karambolage. Seite 04
»vermarktet« Warum sich JournalistInnen immer besser präsentieren müssen. Seite 13 Eleonora Bartel 23 Jahre, Dortmund hat gelernt, dass unsere Medienwelten sich überlagern und mit gewollten Wahrheiten überbieten.
»verlinkt« Weitere Beiträge findet ihr auf unserem Blog: blog.politikorange.de
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z u r p e r s on Maija-Lene Rettig, geboren 1962 im finnischen Tampere, studierte Kunst, Anglistik und Erziehungswissenschaften in Bielefeld. Nach Stationen an verschiedenen Filmschulen arbeitet sie heute in Paris als Redakteurin fĂźr das deutschfranzĂśsische arte-Magazin Karambolage. Foto: Kai Peters, Montage: Paul Ramisch
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»Unser Anliegen ist es, intelligentes Fernsehen zu machen.«
Der Gegenstand. Die Frage. Das Ritual. Die Themen
bei Karambolage sind so bunt wie ihre Animationen – die auf niveauvolle Art Deutschland und Frankreich gerne mal auf den Arm nehmen. Yvonne Hein & Adrian Arab sprachen mit Redakteurin Maija-Lene Rettig.
Frau Rettig, wie kamen Sie zu Karambolage? 1996, als ich Claire Doutriaux kennenlernte, drehte sie zusammen mit Paul Ouazan ein Dokumentarmagazin, bei dem ich als Produktionsassistentin arbeitete. Vornehmlich war meine Aufgabe die Bildrecherche. Auch danach arbeitete ich gemeinsam mit Claire immer wieder an verschiedenen Sendungen für arte, jedoch auch an eigenen Filmen. Der letzte Film, der auch bei arte lief, hieß „Mein Zimmer unterm Dach". Direkt danach fing ich dann an, für Karambolage zu arbeiten.
Zunächst haben Sie Anglistik studiert. Wie kamen sie letztlich zu einem deutsch-französischen Sender? Ursprünglich wollte ich Französisch studieren. Das ging in dieser Kombination in Bielefeld aber nicht, da ich den Studienplatz über ein Losverfahren bekam. Naiverweise dachte ich mir, ich könnte nur Kunst studieren und musste mich dementsprechend schnell entscheiden. Ich überlegte mir, Englisch ist auch eine schöne Sprache und so kam es dann letztendlich zu meinem Studium. Nach Frankreich kam ich dann, als ich erfuhr, dass das Deutsch-Französische Jugendwerk auch Stipendien für Filmemacher und Filmemacherinnen vergibt. Mit meinem Filmprojekt „Herbstblumen" habe mich dann für das sechsmonatige Stipendium in Paris beworben, welches ich auch bekam. Meine Zeit in Paris waren aber ziemlich harte Jahre mit vielen Jobs, die finanziell gerade zum Überleben reichten.
Welche Idee verfolgt Karambolage? Die Hauptidee kam von Claire, die selbst 16 Jahre in Deutschland gelebt hat. In dieser
Zeit sind ihr als Französin viele amüsante und komische Dinge aufgefallen. Ihr langer Wunsch war, dazu irgendwann einen Film zu machen. Um das Jahr 2000 herum kam ihr dann die Idee, wie man ein solches Projekt umsetzen könnte, ohne Gefahr zu laufen, in Stereotype und Klischees abzurutschen. Das Geheimnis von Karambolage ist, dass man immer von einem ganz konkreten Detail des Alltags ausgeht. Ein Anliegen von Claire ist, den Franzosen Deutschland auf eine Art und Weise näherzubringen, die nicht dem typischen Bild des Deutschen entspricht. Für viele Franzosen ist Deutschland immer noch dunkel und humorlos, wird oft mit der Farbe braun assoziiert. Dort möchte Karambolage gegenhalten. Auch wenn es vielleicht darauf hinausläuft, ist das Ziel von Karambolage aber nicht zwingend, Vorurteile abzubauen, sondern viel mehr den Dingen auf den Grund zu gehen, die uns im jeweils anderen Land verwundern. Daraus schöpfen wir unsere Ideen und Themen. Die besten Stücke sind einfach die, die auf eigene Erfahrungen und Erlebnisse zurückgehen.
Das Thema der Jugendmedientage ist „ZwischenWelten“. Auch Karambolage beschäftigt sich mit zwei Welten – der deutschen und der französischen. Welche Funktion erfüllt die Sendung in Hinblick auf die deutschfranzösische Freundschaft? Eine sehr wichtige. Jedoch nicht, weil wir es als unsere Aufgabe sehen, Franzosen und Deutsche miteinander zu versöhnen, sondern weil wir mit dem Finger auf die Unterschiede zeigen wollen: Was uns unterscheidet, was Missverständnisse hervorruft, Reibungen oder eben auch „Karambolagen“. Der Ansatz ist also kein völkerverbindender.
Unser Anliegen ist es, intelligentes Fernsehen zu machen, das auch Humor und Spott erlaubt.
Hat das französische publikum andere Ansprüche an intelligentes Fernsehen als das deutsche? Mittlerweile nicht mehr, nein. Heutzutage gibt es keinen Unterschied mehr, nein.
In den Medien gibt es einen ständigen Wandel zum Beispiel bei den Trends der Darstellung. Kann Karambolage den Wandel mitmachen, ohne die Grundidee oder die Zuschauer zu verlieren? Ich denke, Karambolage kann nur überleben, wenn wir weiterhin unseren anspruchsvollen Stil halten. Aber mittlerweile ist es ja nicht mehr nur das Fernsehen. Unsere Webseite hat eine immer größer werdende Bedeutung, gerade für junge Leute, die sich die Sendung eher online anschauen als Sonntagabend um 19:30 Uhr vor dem Fernseher.
Yvonne Hein 24 Jahre, Marburg Adrian Arab 17 Jahre, Bonn wissen jetzt, was ohne Internet alles schiefgehen kann.
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Auf Augenhöhe In den letzten Jahren
sind im Rahmen der digitalen Revolution ganz neue Informationsquellen entstanden. Welche Auswirkungen hat diese neue Öffentlichkeit auf traditionelle Massenmedien? Johannes Kolb über eine neue, fünfte Gewalt.
schau mir in die Augen: Medien dürfen die öffentliche Meinung nicht aus dem blick verlieren.
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ommunizieren in eine Richtung? Nee!“ Diese Zeile rappt Michi Beck von den Fantastischen Vier im Song „Lass sehen" auf dem Jubiläumsalbum „Rekord" – und trifft damit den Zeitgeist. Im Netz wird jeder Beitrag direkt geteilt, geliked, kommentiert, gehated. Früher hatten JournalistInnen eine Art Monopol in der Meinungsbildung: Wer seine Sicht der Dinge einbringen wollte, musste einen Leserbrief verfassen, zur Post bringen und auf eine Veröffentlichung hoffen. Viel Arbeit. Heute erfolgt Rückmeldung beinah in Echtzeit, das hat den Journalismus massiv verändert. Medien sind zwar nach wie vor die vierte Gewalt und als solche Prüf- und Informationsorgan für Legislative, Judikative und Exekutive. Sie werden heute aber wiederum von mündigeren LeserInnen, ZuhörerInnen und ZuschauerInnen kontrolliert. Nicht selten sind die KommentarschreiberInnen sehr gut in einem Themengebiet informiert und können wertvolle Zusatzinformationen zu Beiträgen liefern.
Blogger und Journalisten, ein Gegensatz? JournalistInnen sind sich bewusst, dass zu ihren Rechercheergebnissen fast unmittelbar nach Veröffentlichung Feedback kommt - das motiviert im Idealfall zu noch hartnäckigerer Recherche. Und sorgt so für besseren Journalismus. Niemand möchte einen Shitstorm im Internet erleben, nur weil schlampig recherchiert wurde. MediennutzerInnen sind durch das Internet zu einer Art fünften Gewalt geworden
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- nicht nur durch die Kommentarfunktion. Jeder kann einen Blog gründen und seine Mitmenschen informieren, ohne dabei auf einschränkende journalistische Kriterien wie allgemeines Interesse oder Aktualität Rücksicht nehmen zu müssen. BloggerInnen sind freier als JournalistInnen. Die Möglichkeiten des Internets greifen auch PolitikerInnen dankend auf: Es ist viel einfacher, die Öffentlichkeit selbst mit Neuigkeiten aus der Gesetzgebung zu füttern, als den Umweg über Medienvertreter zu nehmen. Dazu kann man seine eigene Meinung ungefiltert verbreiten. Der damalige Bundesumweltminister Peter Altmaier twitterte noch während der Debatte über den neuen Bundespräsidenten: „Gauck ist der Beweis, dass es uns ernst war mit gemeinsamem Kandidat." Kein Journalist kann mit diesem Tempo mithalten. Trotzdem sind Qualitätsmedien nach wie vor wichtig, denn Hintergründe und Einordnung von Themen spielen nach wie vor eine große Rolle. Fiona Weber-Steinhaus vom Magazin Neon bestätigt das: „Auch wenn einige Blogger sehr gut arbeiten, glaube ich eher Qualitätsmedien wie zum Beispiel dem Spiegel, weil die viele Prüfinstanzen haben. Das Zwei-QuellenPrinzip und Einholen einer Gegenmeinung sind mir ganz wichtig, denn jedes Thema hat zwei Seiten.“ Die Macht der traditionellen Massenmedien hat sich verändert, sagt Rudolf Porsch von der Axel Springer Akademie: „Die Frage ist allerdings, ob sie sich qualitativ verändert hat. Sie hat sich auf jeden Fall stärker ausdifferenziert und ist in eine andere Form gegangen.“
Foto: Kai Peters
Aus konfrontation wurde ein interaktiver Dialog Mit Ausnahme des „Tatorts“ gibt es kaum noch Formate, die über Generationen- und soziale Grenzen hinweg konsumiert werden. Das hat zur Folge, dass große Medienhäuser nicht mehr so stark entscheiden, über welche Themen gesprochen wird. „Früher konfrontierten Medien ihre Nutzer mit Themen und Meinungen, heute findet ein interaktiver Dialog statt", so Porsch. Diese Entwicklung ist nicht nur eine Bereicherung für MediennutzerInnen, sondern auch für den Journalismus selbst. „Der Leserkontakt ist direkter und öffentlicher geworden“, so Fiona WeberSteinhaus. Unzählige kreative und dynamische Entwicklungen im Internet haben die etablierten Massenmedien dazu gezwungen, sich neu zu orientieren und diese Entwicklung gefördert. Letztlich tut uns das allen gut: Die Kommunikation läuft nicht mehr ausschließlich in eine Richtung!
Johannes Kolb 19 Jahre, Tübingen hat gelernt, nicht auf das andauernde Krisengejammer zu hören: Man kann es tatsächlich in den Journalismus schaffen.
Eine Gratwanderung
Kaum ein Bereich in den Medien ist so berüchtigt wie der Enthüllungsjournalismus. Adrian Arab beschäftigte sich mit der Frage, wann das Modell der Informationsfreiheit an seine Grenzen stöSSt.
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dward Snowden ist ein bekanntes Beispiel, Julian Assange ein weiteres: In immer kürzeren Abständen veröffentlichen sogenannte Whistleblower Informationen, die von ihren jeweiligen Regierungen als geheim eingestuft sind. Dabei sind die InformantInnen in vielen Fällen selbst in die Fälle verstrickt, die sie aufdecken. Denn es sind ihre Arbeitsplätze, etwa bei Geheimdiensten oder Regierungsbehörden, die ihnen den Zugang zu den Informationen erst ermöglichen. Nach den Enthüllungen flüchten die Whistleblower oftmals in andere Länder, denn sie befürchten rechtliche Verfolgung in ihrer Heimat. Die Verbreitung der Enthüllungen machen dann oftmals erst die Medien möglich so berichtete etwa die Washington Post als eine der ersten Zeitungen überhaupt von den Enthüllungen des US-Amerikaners Snowden und machte die unangenehmen Bekenntnisse einem Millionenpublikum zugänglich.
Enthüllungen sorgen für Bewunderung und Unmut In Deutschland sorgen solche Enthüllungen immer wieder für Bewunderung. So forderte etwa die Sprecherin für internationale Beziehungen der Linken, Sevim Dagdelen, „die Nominierungen für mutige Whistleblower für den Friedensnobelpreis“. In den USA hingegen hinterfragte selbst die Bevölkerung die Enthüllungen des WikiLeaks-Gründers Julian Assange kritisch. Dies ging so weit, dass einzelne Todesdrohungen ausgerufen wurden und Assange von Bob Beckel, Moderator des US-Senders FOX, als „Verräter“ bezeichnet wurde. Auch die Enthüllungen rund um den NSASkandal werfen die Frage auf, ob einzelne AktivistInnen nicht primär kommerzielle Ziele verfolgen. Die Position der amerikanischen Regierung zu den Enthüllungen ist eindeutig. Als „Geldmacherei“ bezeichnet US-Generalkonsul Kevin C. Milas das Verhalten von Snowden. Dabei befänden sich Medien und Whistleblower in einer Art Symbiose, in der beide voneinander profitieren. Hier wird auch die Macht der Medien deutlich. Nicht umsonst werden diese mitunter als die vierte Gewalt im Staat bezeichnet. Das Problem für Milas ergibt sich bei diesem Modell aus der fehlenden Legitimation: Die Medien seien niemand gegenüber verantwortlich, erklärt Mila. Damit wirft er die Frage auf, ob die Medien überhaupt eine Analogie zu den verbleibenden drei Staatsgewalten bilden können. Für Matthias Bannert, Redakteur der Bild, ist die Antwort auf diese Frage eindeutig: „Ich finde es wichtig, dass es ein weiteres Kollektiv gibt, das nicht durch Wahlen legitimiert ist." Denn für
Bannert entwickeln sich die Medien aus der Gesellschaft heraus, sie müssen also kontinuierlich zuverlässig arbeiten, um gekauft und gelesen zu werden.
Berichterstattung kennt Grenzen Sowohl Milas als auch Bannert sind sich in dem Punkt einig, dass Medien über ein enormes Machtpotenzial verfügen. Für umso wichtiger halten sie es, diese Stärke dosiert einzusetzen. Hier müssen sich JournalistInnen mitunter Gewissensfragen stellen, besonders wenn es um den Schutz bestimmter Personengruppen geht. Bannert empfiehlt hier folgendes Faktum im Hinterkopf zu behalten: InformantInnen in ihrer Heimat können selbst dann negative Konsequenzen davontragen, wenn der/die berichtende JournalistIn den Ort des Geschehens schon lange verlassen hat. Hier gilt es Sorge zu tragen, dass JournalistInnen ihre Quellen so auswählen und nutzen, dass die InformantInnen keinen Schaden nehmen sollten. Aus diesem Grund ist für Milas Medienzensur dann berechtigt, wenn Dritte, beispielsweise SoldatInnen, in Gefahr geraten könnten. Hierbei ist ein prominentes Beispiel die USBürgerin Chelsea Manning, die vor ihrer Geschlechtsumwandlung als Bradley Manning den US-Streitkräften diente: Sie nutzte ihre Position als IT-Expertin dazu, geheime Informationen über die Plattform WikiLeaks zu verbreiten. Auch wenn die Veröffentlichung letztlich erfolgreich war, musste sich Manning einem Prozess stellen. Nicht nur weil sie Geheimhaltungsverträge gebrochen, sondern in den Augen der US-Regierung auch Menschenleben in Gefahr gebracht hatte.
Videobericht über Kevin C. Milas
Adrian Arab 17 Jahre, Bonn hat enthüllt, dass es bei den Jugendmedientagen Kaffee in rauen Mengen gibt.
Geschichten von den JMT Knapp 300 Teilnehmer, vier Tage Zeit, spannende erlebnisse: Ideal für die investigative Recherche. Vanessa Reiber hat einige highlights notiert.
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arina im Telefonat mit ihrer Mutter: „Boah, dieses Rindfleisch! Es ist so zart, es ist so fein. Du hast es auf der Zunge und es zergeht. Das kannst du dir gar nicht vorstellen. Das könnte auch die Oma mit ihrem Gebiss essen.“ Neben ihr entdeckt Jasper das Buffet: „Burger hätten es auch getan.“ Nathalie dazu: „Also mein Highlight ist bisher das Buffet.“ Henry: „Ich frage mich, wann die Leute anfangen zu stinken. Viele sehen, dass es Gruppenduschen gibt und tun so, als wollten sie mit ihrem Handtuch und Duschbad unterm Arm nur zum Händewaschen.“ Veronika: „Hast du denn geduscht?“ Johanna: „Also in den Mädchenduschen wird mehr als nur geduscht. Da es nur zwei Abflüsse gibt, stand alles unter Wasser und es gab eine Riesenwasserschlacht in der Dusche.“ Aliena: „In der Turnhalle gab es keinen Mülleimer. Da haben wir einen aus einem Basketballkorb gebastelt.“ Lisa: „Könnt ihr auch Steckdosen basteln? Die sind in der Turnhalle auch Mangelware!“ Tom: „Dazu kann ich nur sagen: wer externe Handyakkus dabei hat, ist klar im Vorteil.“ Eigentlich wollten sie zur Frankfurter Rundschau, doch eine Gruppe landete zunächst in der Redaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, wo sie freundlich begrüßt wurde und es sich erstmal gemütlich machte. Beim zweiten Versuch landete sie bei der Frankfurter Neuen Presse. Mit einer knappen Stunde Verspätung schaffte sie es dann endlich in die richtige Redaktion. Ein Teilnehmer dazu: „Ich will wieder zur FAZ, da gab es Saft.“
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Endlich! Du hast die Turnhalle erreicht und schlüpfst müde in den Schlafsack.
Bascha Mika, Chefredakteurin der Frankfurter Rundschau,
turnhalle frankfurt
bahn
bremen
Du verpasst deinen Anschlusszug. Setze eine Runde aus.
Die Bahn streikt, du setzt eine Runde aus.
Bahnstreik, stau, polizeikontrolle: auf dem weg zu den jmt 2014 gibt es viele hindernisse zu überwinden, hier kannst du deine anreise nachspielen! Von Vanessa Reiber & Paul Ramisch
anreise mit hindernissen
Auf dem Weg zur Turnhalle verläufst du dich und landest am Sitz der GDL, genervt streikst du. Du setzt eine Runde aus.
\\ 8 Die Piloten streiken nicht und du kannst problemlos nach Frankfurt fliegen. Gehe ein Feld weiter.
Die S-Bahn zum Flughafen wird bestreikt, setze eine Runde aus.
berlin
flugzeug
Schnapp dir einen Würfel und drei MitspielerInnen. Eure Spielfiguren starten in Bremen, Berlin, München und Freiburg. Gewonnen hat, wer zuerst die Turnhalle erreicht. Bei Bedarf könnt ihr den Schwierigkeitsgrad erhöhen: Trifft deine Spielfigur auf ein Feld mit einer Spielfigur, muss die andere zurück auf das letzte Umstiegsfeld (Hauptbahnhof oder St. Peter). Viel Vergnügen und gute Fahrt!
s o f unkti o ni e rt' s
In der Kirche bekommst du ein Lunchpaket. Gestärkt rückst du ein Feld vor.
st. peter
Dein Chauffeur hat eine dicke Limousine und gibt Gas. Gehe ein Feld vor.
hbf
mitfahrgelegenheit
freiburg
Du bist angekommen, aber dein Gepäck steht noch in Berlin. Du wartest und setzt eine Runde aus.
Flixbus
münchen
Das Wlan im Flixbus funktioniert nicht, setze eine Runde aus.
Dein Bus gerät in eine Polizeikontrolle: Eine Runde aussetzen.
Kein Stau weit und breit, du darfst ein Feld vorrücken.
Du steigst in das falsche Auto nach München und musst umkehren, setze eine Runde aus.
Du stolperst über ein Kabel und musst ins Krankenhaus. Setze eine Runde aus.
In der Schlange beim Check-In stehen 32 Personen vor dir. Du setzt eine Runde aus.
Ihr steht im Stau, setze eine Runde aus.
steckt dir ihre Visitenkarte zu. Ein Traum. Gehe ein Feld vor.
Du besuchst einen Mini-Workshop. Begeistert rückst du ein Feld vor.
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Schreckgespenst Lokaljournalismus Schlechter
Mitmachjournalismus oder ernstzunehmende Arbeit? Mit der Frage, wie es um den Lokaljournalismus steht und wie sein Image aufzuwerten ist, setzten sich Nil Idil Cakmak & Vanessa Reiber auseinander.
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aubenzüchtervereine, Landfrauen, die Kuchen backen und Schützenfeste sind Stichworte, die man bei der Frage nach dem Lokaljournalismus sofort im Kopf hat. Pensionierte Oberstudienräte, frustrierte Hausfrauen und der Vereinsvorsitzende des Sportvereins – jeder darf das Käseblatt mitgestalten. Wichtige Ankündigungen wie der wöchentliche Bingonachmittag im Gemeindehaus und die nächste Kräuterwanderung dürfen neben gestellten Bildern oder Symbolfotos nicht fehlen. Den schlecht bezahlten JournalistInnen fehlt es an Zeit und Motivation, Redaktionsräume werden nur ungern verlassen. Die Meinungen der drei ortsansässigen PolitikerInnen bekommt man schließlich auch bequem per Telefon. Danach werden noch ein paar Wortungetüme wie „B-Plan“, „Giebelhöhe“ oder „Außenordnungssatzung“ in den Artikel eingebaut, damit LeserInnen auch bloß nicht zu Ende lesen.
Mehr als Terminankündigungen Oberflächlich betrachtet mögen diese Vorurteile stimmen. Allerdings ist der Lokaljournalismus gerade deshalb wichtig, weil er die direkte Umwelt abbildet und von Geschichten erzählt, die die BürgerInnen berühren. Gerade Geschichten über den Baum des Jahres 2014 oder Kaninchenzüchtervereine findet Jessica Schober von Wortwalz bedeutend. Sie ist davon überzeugt, dass gerade solche
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Geschichten spannend seien. Schober plädiert für den Lokaljournalismus, der uns an die Menschen heranführt und vielfältig ist. „Du kannst den Menschen am Frühstückstisch Geschichten erzählen, die vor ihrer Haustür passieren“, berichtet sie begeistert. Trotzdem hält sich das Klischee, dass in Lokalredaktionen nur langweilige Texte nach Schema F produziert werden, hartnäckig. Dabei kann Lokaljournalismus viel mehr als das: „Über guten Lokaljournalismus muss eine Stadt reden. Lokale Medien haben die große Chance, dass eine Stadt, ein Dorf, eine Region ins Gespräch kommt“, sagt Oliver Hollenstein, Hamburger Lokalredakteur bei der Zeit. Dadurch erfüllt Lokaljournalismus eine wichtige Funktion: Als meinungsbildendes Medium können durch ihn öffentliche Debatten moderiert und kultiviert werden.
Berichtet wird von werdenden Müttern, Ateliers und steigenden Mieten - eben über alles, was die Menschen in der Oranienstraße interessiert und bewegt. Neben innovativen Ideen brauchen LokaljournalistInnen Mut, um weiter zu bestehen, denn sie müssen ehrlich und kritisch berichten. Besonders in kleinen Orten sind sie stark abhängig von ihren Informationsquellen und somit auch schnell der Gefahr ausgesetzt, diese bei unangemessener Berichterstattung zu verlieren. Ein Bürgermeister beispielsweise, der am Vortag scharf kritisiert wurde, kann für die nächsten Artikel die Antworten verweigern, da negative Presse seinem politischen Ruf schadet. Somit sind die LokalredakteurInnen dem täglichen Balanceakt zwischen kritischer Berichterstattung und der Nähe zu Themen, die sie umgeben, ausgesetzt.
Lokaljournalismus 2.0 Taucht man weiter in die Tiefen des Lokaljournalismus ein, verlieren die populären Klischees noch mehr an Berechtigung. Hyperlokale Onlineprojekte wie Zoom Berlin oder Hamburg Mittendrin, die über Ereignisse in bestimmten Bezirken berichten, sind gefragt wie nie. Matthias Bannert von Zoom Berlin fragte sich im Juni 2012, als das Projekt noch in den Kinderschuhen steckte: „Wie kann man den Lokaljournalismus neu erfinden?“ Das hyperlokale Projekt stieß auf positive Resonanz: Die Geschichten seien zeitlos und das Feedback komme direkt von der Straße.
Nil Idil Cakmak 25 Jahre, Lyon Vanessa Reiber 20 Jahre, Bremen wissen jetzt, dass man Verlängerungssteckdosen nicht überstrapazieren darf.
Mehr Farbe durch Hyperlokalität
Lokaler als lokal zu sein bezeichnet Trendforscher Max Celko als Neuschaffung der Wirklichkeit. Welche Wirklichkeiten Medienmacher in Deutschland geschaffen haben, fanden Nil Idil Cakmak & Inka Philipp für euch heraus.
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in Beispiel eines hyperlokalen Journalismusprojektes ist Zoom Berlin, das 2012 von SchülerInnen der Axel Springer Akademie konzipiert und verwirklicht wurde. Matthias Bannert, Bild-Redakteur in Los Angeles, war selbst daran beteiligt und geht sogar noch einen Schritt weiter: Er bezeichnet das Projekt als „hyperhyperlokal“, da es sich allein auf die Oranienstraße in Berlin bezieht. Herausforderungen stellten für das Team vor allem die zwischenmenschlichen Beziehungen im Projekt, wie neue Hierarchien und Erfolgsdruck, dar. Dass ein offenes Miteinander und eine gute Crew wichtig sind, weiß auch Henry Lührs, der für das Hamburger Magazin Mittendrin als freier Redakteur tätig ist. Dem Bezirk HamburgMitte hatte es bislang an einem Stadtteilmagazin gefehlt, das zeigt besonders der positive Widerhall aus der Bevölkerung: Bis zu 3.000 LeserInnen erreiche Mittendrin laut Lührs pro Tag. Mit der App „Call-a-Journalist“ beweist es zudem einen innovativen Geist – per Click können RedakteurInnen an Orte des Geschehens gerufen und so auf berichtenswerte Ereignisse aufmerksam gemacht werden. „Hyperlokale Projekte sind sehr wichtig, weil sie eine andere Farbe in die Medienwelt einbringen“, erklärt Bannert. Damit auch ihr in eurem Heimatort eine solche Plattform schaffen könnt, haben wir bei den Profis fünf Tipps für euch gesammelt:
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Ort:
Die Nebenstraße mit fünf Häusern ist ungeeignet. Suche dir einen Ort, an dem du dich auskennst und der Geschichten erzählt. Team:
Ohne MitstreiterInnen läuft gar nichts. Denn ein starker Zusammenhalt und eine gute Kommunikation sind das A und O. Aufgaben:
Keiner von uns kann alles alleine stemmen, darum lotet eure Talente aus und werdet zu ExpertInnen auf diesem Gebiet. Themen:
Niemand interessiert sich für die verkommene Banane in eurer Tasche. Außer der Affe, der aus dem Zoo ausgebrochen ist, hat sie euch vorbeigebracht.
Nil Idil Cakmak 25 Jahre, Lyon Inka Philipp 25 Jahre, Karlsruhe
Support:
Wenn das Taschengeld oder der Rest des BAföG nicht reichen, sucht nach Menschen, die hinter euch stehen und ein bisschen mehr auf dem Konto haben.
haben #Twitter zu schätzen gelernt.
FruchtflEisch Zwischen welchen Welten stehst du?
Fotos: Kai Peters
»Herz & Kopf«
»NRW & Fernweh«
»Arbeit & Traum«
Robert Borgs, 22 Jahre Mannheim
Philip Oppenlaender, 17 Jahre Herne
Anne Pammler, 20 Jahre Mittweida
Zwischen Herz und Kopf. Ich filme unglaublich gerne, muss damit aber auch langsam mal Geld verdienen.
zwischen meiner Heimat in Nordrhein-Westfalen und Fernweh.
Zwischen den Radio-, Veranstaltungstechnikund Traumwelten.
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Vorsicht vor Schwarz-weiSS-malerei
Rassismus in den Medien hat viele Gesichter: Einige Journalisten berichten über ihn, andere erfahren ihn am eigenen leib. Eleonora Bartel & Yvonne Hein haben diese komplexe Thematik näher betrachtet.
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inem Journalisten passiert es recht schnell, dass er Probleme mit einem politischen Lager bekommt“, erklärt René Wappler, Redakteur der Lausitzer Rundschau. „Lügenpresse" lautet der Vorwurf, wenn er kritisch und nicht im Sinne der ExtremistInnen berichtet. Anlass dazu war ein Artikel über Rechtsextremismus in seiner Stadt, Spremberg. Eine Reaktion aus der
men außen vor zu lassen, berichtet Wappler. „Doch das hat sich als Trugschluss herausgestellt, denn obwohl viele Medien damals diese Strategie verfolgten, wurde die rechte Szene aggressiver“, erklärt er weiter. Aber der Grat zwischen innerer Überzeugung und objektiver Berichterstattung ist genauso schmal wie die der Kluft zwischen Konservatismus und Rechtspopulismus.
rassismus: nur stereotype, die man überstreichen kann?
Szene kam sofort: Am nächsten Tag war das Redaktionsgebäude mit rechten Parolen, Innereien und Blut von Tieren beschmiert. Für Wappler hat es Folgen, wenn er über Rechtsextremismus berichtet. Die AktivistInnen kamen bis in die Redaktion, wollten Einfluss auf die Berichterstattung ausüben, beleidigten die JournalistInnen und bedrohten sie sogar. Regelmäßig kommt es zu Wiedersehen vor Gericht, doch die rechtsextreme Szene gibt nicht auf.
Berichterstattung über die rechte Szene Viele Zeitungen berichten gar nicht über rechtsextreme Vorfälle und wenn, nur kurz und knapp. Mehr eine Faktensammlung, bloß keine Wertung, bloß keine Kritik. Es sei oft die Angst, die RedakteurInnen hindere, ins Detail zu gehen und die Auffassung, dass eine fundierte Berichterstattung rechte Aktivitäten verstärken könne. Letzteres sei besonders zu Beginn der 90er Jahre der Hauptgrund gewesen, rechtsextreme The-
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Foto: moemoe, jugendfotos.de, CC-Lizenz
Das Verwischen der Grenzen ist auch auf anderen Wegen im Journalismus erfahrbar. „Wir lesen fast täglich Rechtspopulistisches in der Zeitung und nehme es kaum wahr“, erläutert Enes Elma. „‚Der 43-jährige Täter erstach seine Freundin‘ oder ‚Der Mann türkischer Herkunft erstach seine Freundin‘. Sehen Sie den Unterschied?“, fragt sie. Negatives über MigrantInnen würde auch länger von der Presse behandelt werden als Positives, behauptet Elma und bringt das Thema „Ehrenmord" als Beispiel an. Besonders Rassismus sei stark verbreitet, dazu zähle auch die Reproduktion von Klischees. Passend hierzu ist die Studie des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration von 2013. Das Bild von Mus-limInnen sei „eher negativ“ oder „viel zu negativ“ behaftet, gaben 70 % der 9.200 befragten Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte an. Diese Umfrage stützt ein Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), nach dem die Integrationspolitik im Einwanderungsland Deutschland als einengend bezeichnet wurde.
Der Umgang mit Klischees „Klassifizieren und Kategorisieren sind journalistische Tätigkeiten. Dank dieser können LeserInnen und ZuhörerInnen unsere Beiträge verstehen. Wir sind besonders in der Gefahr Rassismus zu befördern, ohne es zu wollen“, erklärt Rudolf Porsch, stellvertretender Direktor der Axel Springer Akademie. Klischees seien Erwartungshaltungen und böten Sicherheit. Sie seien vergleichbar mit dem Bild der Begegnung mit einem Löwen, bei dem man sich des Klischees der möglichen Gefahr bedienen würde. Die Reproduktion von negativen Bildern über MuslimInnen sei allerdings eine klare Diskriminierung. Es werden Weltbilder produziert, die einer Aufteilung in westliche, christliche, östliche sowie orientalische Welten folgen. Diese Bilder können sich zu Stereotypen gegen verschiedene Volksgruppen entwickeln und somit zu gefestigten Klischees werden. Als JournalistIn zu lernen mit diesen Klischees umzugehen und trotzdem der Aufgabe der Trennung wichtiger und unwichtiger Information gerecht zu werden, ist schwierig. Die freie Journalistin Kübra Gümüsay bemängelt: „Über verfestigte Darstellungen von marginalisierten Gruppen hat es bisher keine ausreichende Reflektion von Journalisten gegeben, die ihre Meinung als die Norm empfanden“. Mehr Menschen mit Migrationsgeschichte in der Branche würden bestimmte Inhalte verändern, weil sie andere Lebensrealitäten in persona mitbrächten, vermutet Hadija Haruna, Redakteurin bei YouFM. Und die Zeit-Politikredakteurin Özlem Topçu stellt fest: „Journalisten sind keine Gleichstellungsbeauftragten. Uns hat dieser Migrationshintergrund geprägt, politisiert und vielleicht zum Journalismus gebracht. Wir wollten selbst über uns schreiben, anstatt über uns schreiben zu lassen.“
Eleonora Bartel 23 Jahre, Dortmund Yvonne Hein 24 Jahre, Marburg haben gelernt, wie wichtig Kultursensibilität sein kann.
DER JOURNALIST ALS MARKE
Viele Medienmenschen sind Vollprofis darin, sich selbst zu präsentieren - besonders im Internet. Johannes Kolb findet das gut.
DER BÜCHNER Hitler: Streng Geheim
Kai WIR SIND
MÄNNER BRAUCHEN BÄRTE
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ein Haus, mein Auto, mein Boot, mein Workload." Das ist das Schema, nach dem ManagerInnen klischeehaft ihr Turboleben beschreiben wollen. Das Pendant für JournalistInnen ist: „Mein Schreibstil, meine Kreativität, meine Unverwechselbarkeit, mein Kaffeekonsum.“ Das ist in unserer Branche auch bitter nötig, denn ohne ein gewisses Maß an narzisstischer Selbstdarstellung hinterlässt man im Journalismus, gerade online, keine Spuren. Auf die Gefahr hin, dass erfahrene KollegenInnen mich müde lächelnd berichtigen: Der Beruf des Journalisten ist von einer schillernden und stellenweise glamourösen Aura umgeben. Ist das nicht der Grund, warum wir alle unbedingt in die Medien wollen? Harald Martenstein, der berühmte und omnipräsente Kolumnist der Zeit, hat es geschafft, sich seit Jahren ein unverwechselbares Image aufzubauen, die „Marke“ Martenstein ist vom Zeit-Magazin nicht mehr
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TOLLE WERBUNG
FUSSI: 1:1
WOCHENZEIT
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WISSEN UND KU
HLEN ZWEIMAL WÄ OKRATIE M
FÜR MEHR DE
l Ramisch
Illustrationen: Pau
wegzudenken. Gemeinsam mit seinem Kollegen Axel Hacke beim SZ-Magazin ist er in Deutschland die Instanz in puncto Kolumne. So einen Status kann man nicht ohne beharrliche Arbeit am eigenen Profil erreichen.
senes Maß an Narzissmus, Eitelkeit und Willen zur Selbstdarstellung. Die Bedeutung eines Artikels steigt mit dem Markenwert des Journalisten, von daher ist es ein dringendes Gebot, dass man sich in unserer Branche ein klares und konstantes Profil zulegt.“
Digitale Identität Durch die digitale Revolution sind zahlreiche Möglichkeiten zur Interaktion zwischen RedakteurInnen und Usern möglich geworden. Dazu braucht es ein gewisses Maß an Selbstvermarktung: Blogs, Facebook, Google+ oder Twitter bringen JournalistInnen näher an ihre Zielgruppe. Dort gibt es Zusatzinfos zu der Person hinter dem Beitrag, AutorInnenen können sich im Internet ein unverwechselbares Profil schaffen. Das ist unabdingbar geworden, wie Rudolf Porsch, stellvertretender Direktor der Axel Springer Akademie, erklärt: „Zum Berufsstand des Journalismus gehört ein sehr ausgewach-
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rudolf porsch über selbstvermarktung
Johannes Kolb 19 Jahre, Tübingen hat gelernt, dass es in der Neon tatsächlich eine Vorgabe für nackte Frauen gibt.
J essica scho b er Ein schwarzer Hut, eine blaukarierte Bluse, ein Rucksack und ein offenes Lächeln zeigen, dass Journalismus nicht viel braucht – außer Mut und Ideen. Inspiriert von einer Bäckergesellin auf der Walz tippelt Jessica Schober seit August 2014 durch die deutsche Redaktionslandschaft, um mehr über das Geschichtenerzählen zu lernen. Die Journalistenschule München legte für sie den Grundstein der Ausbildung zur Journalistin. Nun möchte sie in „verschiedenen Meisterbetrieben“ ihr Profil vervollständigen. In ihrem einmaligen Projekt, der Wortwalz, begibt sie sich dabei auf eine mediale Entwicklungsreise: Ihr Steckenpferd ist der Lokaljournalismus. Dort kann sie ganz nah an den Menschen gehen und sich auch journalistisch ausprobieren, denn für Jessica dient der Journalismus als Alibi für die eigene Neugier. Nil Idil Cakmak Foto: Kai Peters
Foto: Kai Peters
„Ich wollte einen Weg finden, die Fragen zu stellen, die man sich sonst nicht traut zu stellen oder auf die keiner kommt“, sagt Tilo Jung, Krautreporter und Moderator des YouTube-Formats Jung & Naiv. Wenn ihm eine Antwort zu unkonkret ist, bohrt er nach. „Warum?“ ist wohl seine am häufigsten gestellte Frage. Tilo lässt sich nicht verbiegen, er duzt alle seine Gäste und führt seine Gespräche ohne Notizen. Wie das ankommt, ist ihm egal. Er macht, was ihm Spaß macht und probiert sich aus. Meistens macht er irgendwas mit Medien, so war er schon als Schüler als freier Lokalreporter in seiner Heimat in Mecklenburg-Vorpommern unterwegs. Dabei hat er stets nur über Dinge geschrieben, die ihn interessiert haben. Was nach Jung & Naiv kommt, weiß er noch nicht. „Ich höre irgendwann auf, wenn ich keine Lust mehr habe“, meint Tilo. Vanessa Reiber
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Von „Bio-Deutschen“, Würde und GröSSenwahn
Videobeitrag zum poetry slam
Während die LOKFÜHRER die Jugendmedientage bestreikten, bestritten Slammer die Bühne des Poetry Slams zum Thema Toleranz. ausgewählte Eindrücke, protokolliert von Eleonora Bartel
Fotos: Kai Peters
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lammerin und „Muslimerin“ Betül Demir [1] sitzt nach eigenen Angaben hauptberuflich an ihrem BAföG-Antrag und hat Zukunftsperspektiven als Hasspredigerin.
"Mit Kopftuch&Shoulders schäumt es am besten!" „Ich hasse es allgemein glücklich wirken zu müssen, um nicht unterdrückt zu wirken. Ich hasse es, wenn mich Menschen fragen, ob ich mit Kopftuch bade und es auch noch glauben, wenn ich antworte: ‘Äh, ja! Mit Kopftuch&Shoulders schäumt es am besten!‘ Und es gibt ein Wort, das ich am meisten hasse: Integration. Man wird gefragt: ‘Fühlst du dich eher deutsch oder türkisch?‘ Viele würden antworten: ‘Wie fühlt man sich als Ganz-Deutscher oder Bio-Deutscher?‘ Wir sollten einsehen, dass wir beides reden, beides verstehen und – viel wichtiger – beides fühlen.“ Farnaz Nasiriamini [3] slammt über „Das Lächeln“ und die Menschenwürde. „Gib mir dein Lächeln, denke ich. Ja, Mona-Lisa ist einzigartig! Sollte nicht jeder von uns genau so wertvoll behandelt werden? Müsste nicht jeder von uns auch einen
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Tresor um sein Herz tragen? Einen Tresor, der uns vor allen Übeln der Welt schützt und unantastbar erscheinen lässt, der uns wie ein unsichtbares Medaillon Würde verleiht. Ein Gemälde, das nicht umarmen kann, ist wertvoller als ein Flüchtling. Man sagt, Kapitalismus ist Egoismus zum Systemabo. Einzigartig? Wertvoll? Nachdenklich stand das junge Mädchen vor der Mona-Lisa. Diese Frau ist mehr wert.“ Hager Ali [4] streikt im „Reality Check“ mit der Bahn mit: „Meistens sind es Dialoge wie: ‚Worauf spezialisierst du dich so in deinem Studium?‘– ‚Also mich interessieren Medien, politische Partizipation, …‘ – ‚Das ist ja so mutig von dir, dass du so gegen die Unterdrückung deiner Familie einsetzt!‘ – ‚Äh, ja.. sie zahlen das Studium... also...‘ Das Problem ist eher bei denen zu verorten, die den Fortschritt nicht mitbekommen haben oder diesen nicht wahrhaben wollen: ‚Ja, genau! Ich denke …!‘ – ‚Oh, Gott! Sie denkt! Ketzerei!‘ – ‚Sie sind doch nicht von hier, oder?‘ – ‚Äh, doch.‘ – ‚Nein, nein! Woher kommen Sie?‘ – ‚Aus Frankfurt!‘ – ‚Nein, nein, nein! Woher kommen Sie?‘ – ‚AUS FRANK-FURT!‘ – ‚Sie müssen doch nicht gleich so unfreundlich werden. Ich meine, wenn’s Ihnen nicht
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passt, können Sie wieder dahin zurückgehen, wo Sie herkamen.‘– ‚Würd ich gerne! Leider fahren die Bahnen nicht.‘“ Systemkritiker „Rapper Vincent“ [5] strebt nach Erkenntnis: „Sie suchen die Schuld beim System, obwohl schuldig nur der Mensch ist. Was uns zeigt, dass jeder auf der Suche nach sich selbst ist. Ich hab eigentlich eh die Scheiße satt, doch bin durstig nach Erkenntnis. Ja, ich weiß, und wahrscheinlich wird man älter und wahrscheinlich übernimmt man dann die Meinung seiner Eltern. Oder findet sich selber und hört auf mit diesen Fragen. Hört auf, auf eine Antwort, die man glauben kann zu warten. Denn zu viel Tugend und Moral ist mir vor Ort vorbestimmt, ich bin zu Höherem bestimmt – flüstert so ‘ne Stimme in mir, die etwas nach Größenwahn klingt.“
Reaktionen des Publikums Hannah Fleckenstein [2]: „Bio-Deutsche!“ Pascal Ertl [6]: „Mitten in die Fresse!“ Jil Blume [7]: „Politische Meinungen poetisch äußern – das verdient Respekt.“
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Wir bedanken uns bei unseren Druckpartnern:
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FRIS CH, F RUCHTIG , S ELB S TGEPRE S S T – MITMACHEN@POLITIKORANGE.DE
Im pressum Diese Ausgabe von politikorange entstand während der Jugendmedientage 2014, die vom 6. bis 9. November 2014 am Frankfurt am Main stattfanden.
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rintmagazine, Blog und Videos: politikorange erreicht sein Publikum über viele Kanäle und steht neuen Wegen offen gegenüber. Junge, kreative Köpfe berichten in wechselnden Redaktionsteams aus einer frischen Perspektive. Ob aktuelle Themen aus Politik und Gesellschaft oder die kritische Begleitung von Veranstaltungen – politikorange ist mittendrin.
POLITIKORANGE – DAS MULTIMEDIUM politikorange wurde 2002 als Veranstaltungszeitung ins Leben gerufen. Rund 130 Ausgaben wurden seither produziert. Seit Anfang an gehören Kongresse, Festivals, Parteitage und Events zum Programm. 2004 kamen Themenhefte hinzu, die aktuelle Fragen aus einer jugendlichen Sichtweise betrachten. 2009 nahm politikorange Video und Blog ins Portfolio auf und präsentiert spannende Beiträge unter den Labels politikorange TV und blog.politikorange.de.
Wo kann ich politikorange lesen? Gedruckte Ausgaben werden direkt auf Veranstaltungen und über die Landesverbände der Jugendpresse Deutschland e.V. verteilt. Im Online-Archiv auf politikorange.de können digitalisierte Magazine durchgeblättert und Videos aufgerufen werden. Printausgaben können kostenlos nachbestellt werden – natürlich nur, solange der Vorrat reicht. Für das Stöbern auf dem Blog genügt der Aufruf von blog.politikorange.de.
WARUM EIGENTLICH POLITIKORANGE? Welchen Blick haben Jugendliche auf Politik und gesellschaftliche Veränderungen? politikorange bietet jungen Menschen zwischen 16 und 26 Jahren eine Plattform für Meinungsaustausch und den Ausbau eigener Fähigkeiten. Engagement und Begeisterung sind die Grundpfeiler für journalistisch anspruchsvolle Ergebnisse aus
jugendlicher Perspektive. Frei nach dem Motto: frisch, fruchtig, selbstgepresst.
WER MACHT POLITIKORANGE? Junge JournalistInnen – sie recherchieren, berichten und kommentieren. Wer neugierig und engagiert in Richtung Journalismus gehen will, ist bei politikorange an der richtigen Adresse. Genauso willkommen sind begeisterte FotografInnen, VideoredakteurInnen und kreative Köpfe fürs Layout. politikorange funktioniert als Lehrredaktion: Die Teilnahme ist kostenlos und wird für jede Ausgabe neu ausgeschrieben – der Einstieg ist damit ganz einfach. Den Rahmen für Organisation und Vertrieb stellt die Jugendpresse Deutschland. Du willst dabei sein? Infos zum Mitmachen gibt es unter politikorange.de, in unserem Newsletter und via Facebook und Twitter. mitmachen@politikorange.de
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politikorange Jugendpresse Deutschland e.V. Alt-Moabit 89, 10559 Berlin www.politikorange.de Chefredaktion (V.i.S.d.P.):
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