politikorange Jugend und Parlament 2015

Page 1

JUGEND UND PARLAMENT JUNI 2015

UNABHÄNGIGES MAGAZIN ZU JUGEND UND PARLAMENT 2015 HERAUSGEGEBEN VON DER JUGENDPRESSE DEUTSCHLAND


Cover und Foto Seite 2: Lukas J. Herbers

\\ 2


NUR DIE BESTEN NACH BERLIN

WIRFT MAN IN DIESEN TAGEN EINEN BLICK AUF DIE DEBATTEN, DRÄNGT SICH EIN VERDACHT AUF: JUP IST EINE ELITEVERANSTALTUNG. OB DAS STIMMT, HABEN ADRIAN ARAB UND NAM NGUYEN UNTERSUCHT.

Foto: Lukas J. Herbers

DIE KRAWATTE ZURECHTGERÜCKT: VORBEREITUNG AUF JUP

S

elbstbewusster Dresscode, eloquente Reden, fest gebundene Krawatten: Viele Teilnehmende bewegen sich sicher, manche fast staatsmännisch auf dem politischen Parkett des Bundestags. Das erweckt den Eindruck, dass die meisten Abgeordneten auf Zeit parteipolitisch aktiv sind und nur deshalb für Jugend und Parlament berufen werden. Kommen nur Parteisoldat*innen nach Berlin?

PREKÄR ELITÄR Die Teilnehmenden lehnen es nämlich durchaus nicht ab, sich als Teil einer besonderen Gruppe zu verstehen. „Viele hier nehmen sich als Elite wahr. Das hat auch mit der hohen Zahl der Bewerber zu tun“, sagt Madeleine Schneider. Die 19-Jährige aus Bonn wurde von ihrer Abgeordneten Claudia Lücking-Michel (CDU) vorgeschlagen. In einem Bewerbungsverfahren durchsetzen musste sich Madeleine nicht. Als Mitglied der Jungen Union wurde damit ihre fleißige Hilfe im Bundestagswahlkampf honoriert. Da stellt sich die Frage: Werden die Jugendlichen nach politischem Interesse oder doch nach Linientreue ausgewählt? Die Abgeordneten entscheiden, wer zu Jugend und Parlament entsendet wird. Wer sich außerparteilich engagiert, scheint gegenüber den Politik-Zöglingen weniger Chancen zu haben, überhaupt von Jugend und Parlament zu erfahren – geschweige denn, in den engeren Kreis der Bewerber*innen aufzusteigen.

PARTEILOS POLITISCH Andererseits haben längst nicht alle JungParlamentarier*innen ein Parteibuch im Regal stehen. „Obwohl ich nicht Mitglied in einer

Partei bin, konnte ich mit politischem Interesse und Gestaltungswillen meine Abgeordnete überzeugen“, erzählt Lydia Walka. Die 17-Jährige aus Stuttgart besucht ein Musikgymnasium, liebt Gesang und engagiert sich zusätzlich in einem Flüchtlingsheim. Vom Planspiel erfuhr sie durch Bekannte, fragte auf gut Glück bei ihrer Wahlkreisabgeordneten nach und kam auf diesem Weg eher zufällig in den Bundestag. Jugend und Parlament hat gewisse Züge einer Eliteveranstaltung, findet Lydia. Sie selbst sieht sich allerdings als Beispiel dafür, dass auch parteipolitisch Inaktive mitdiskutieren.

BEGEISTERUNG WEITERTRAGEN Sicher kommt der Eindruck, dass viele Teilnehmer*innen von Jugend und Parlament über kurz oder lang tatsächlich das Kürzel MdB hinter dem Namen tragen könnten, nicht von ungefähr. Alle eint jedoch, dass sie politikbegeistert sind. „Das Kriterium zur Teilnahme ist politisches Interesse“, findet auch Madeleine. So können die jungen Parlamentarier*innen stolz darauf sein, ihre politische Motivation gewürdigt zu sehen – und es als Auftrag verstehen, auch diejenigen, die diese Lust bisher nicht verspüren, damit anzustecken.

EDIT O RIAL Liebe Leser*innen, am Ende von vier Tagen Jugend und Parlament (JuP) rollen 311 Koffer vom Reichstagsgebäude zurück in Richtung Hauptbahnhof. Wenn Ihr das Parlament verlasst, streift Ihr auch die Identität der letzten vier Tage ab: Aus Abgeordneten werden wieder Schüler*innen, Studierende, Azubis. Neben den bunten Namensschildern soll Euch auch diese politikorange ans Planspiel mit seinen hitzigen Debatten, kurzen HostelNächten und überraschenden Wendungen erinnern. An vier Tage, in denen Ihr Parlamentsluft geschnuppert und Abgeordnetenschweiß vergossen habt. Falls ihr Euch fragt, was diese Sternchen zu bedeuten haben: In der politikorange nutzen wir diese Form der geschlechtersensiblen Sprache. Das Gender-Sternchen bei Leser*innen soll betonen, dass neben männlichen Lesern und weiblichen Leserinnen auch Lesende diese politikorange in den Händen halten, die sich keinem der beiden Geschlechter zugehörig fühlen. Doch auch diese Gruppe wollen wir ausdrücklich ansprechen – das Sternchen gibt Platz für die gesamte Bandbreite an Geschlechtsidentitäten. Viel Spaß beim Lesen wünschen Fabian Schäfer & Beat Seemann Chefredaktion

IN HALT

»Neuling«

Der erste Tag von Teilnehmer Gerold Stabel Seite 05

»Flüchtling«

Wie Navid Soltani aus Afghanistan in den Bundestag kam. Seite 07

»Kompromisse« Der Bundestagspräsident über Jugend und Parlament Seite 10-11

Adrian Arab 18, Bonn Nam Nguyen 20, Dresden ... lernten, dass Elite nicht zwingend unter sich bleibt.

3 //


LÜCKENLOS PARLAMENTSARBEIT IM SCHNELLDURCHLAUF: ZWISCHEN

DEBATTEN, FRAKTIONSSITZUNGEN UND ABSTIMMUNGEN BLIEB NICHT VIEL ZEIT. ANNIKA SPIEGEL UND CAROLIN KULLING LIESSEN DESHALB SÄTZE VERVOLLSTÄNDIGEN. JULIAN RÖHRICH

LISA KLOSE

Politik ist für mich... mehr als eine Lebenseinstellung.

Politik ist für mich… momentan viele schlaflose Nächte und schmerzende Füße.

20, WUPPERTAL

18, DÜSSELDORF

Besonders aufgeregt war ich vor… meiner ersten Ansprache.

Überrascht hat mich,… dass ich, obwohl ich eigentlich in der Linken bin, wohl sehr überzeugend die CVP-Fraktionsvorsitzende spielen kann.

Die PSG verdient gewählt zu werden, weil… sie sich für die Rechte der Arbeiter einsetzt und das in unserer heutigen Zeit sehr wichtig ist.

Kleiderordnung im Bundestag finde ich… grundsätzlich nicht nötig, da der Respekt dem Hause auf anderer Ebene entgegengebracht werden sollte.

In die Rolle hineinzufinden war… leicht, da ich selbst sozialdemokratisch orientiert bin.

ALINA SCHMIDT

JOHANNES STIER

Politik ist für mich… ein gutes Mittel, sich zu beteiligen, ganz gleich auf welcher Ebene. Dabei spielt es keine Rolle, in welchem Alter man ist oder aus welcher sozialen Schicht man kommt.

Politik ist für mich… ein wahnsinnig spannendes, komplexes Themenfeld.

20, HANNOVER

20, TÜBINGEN

Überrascht hat mich… dieser beeindruckende, riesige Apparat, der hier eingesetzt wurde, um das Ganze minutiös und perfekt zu planen.

Überrascht hat mich,… dass die Teilnehmer weltoffen sind.

In die Rolle hineinzufinden war… eine spannende und interessante Aufgabe.

Die APD verdient gewählt zu werden, weil… wir die Partei des kleinen Mannes aus dem Volk sind und uns für ihn stark machen.

JANNIS HUTT 18, KARLSRUHE

Fotos: Lukas J. Herbers

Politik ist für mich… eine Möglichkeit, eine bessere Zukunft zu gestalten. Überrascht hat mich,… wie klein der Plenarsaal doch von innen war. In die Rolle hineinzufinden war… nicht sehr einfach. Kleiderordnung im Bundestag finde ich... bis zu einem gewissen Grad vertretbar.

\\ 4

MAXIMILIAN GERHARDS 17, NEEF

Politik ist für mich… das Lösen von Problemen. Überrascht hat mich,… die Vielfalt der politischen Einstellungen. Die ÖSP verdient gewählt zu werden, weil... sie sich für die Natur einsetzt, und sie ist es wert, erhalten zu werden. Kleiderordnung im Bundestag finde ich… angemessen.


EINMAL IN DEN BUNDESTAG

311 TEILNEHMER*INNEN AUS GANZ DEUTSCHLAND SIND FÜR JUGEND UND PARLAMENT NACH BERLIN GEREIST. ALBERT WENZEL UND BRITT-MARIE LAKÄMPER HABEN EINEN VON IHNEN AN SEINEM ERSTEN TAG BEGLEITET.

V

iertel nach drei: Mit fünf Minuten Verspätung fährt der ICE „Oldenburg“ im Berliner Hauptbahnhof ein. Aus dem Zug steigt Gerold Stabel, 17 Jahre alt, knallgelbes Motivshirt, kurze Jeans. Auf der Nase sitzt eine schmale Brille, die rötlichen Haare fallen ihm in die Stirn. Vier Stunden hat er von Osterholz-Scharmbeck bei Bremen in die Hauptstadt gebraucht. Im Zentrum der Macht heißt es zuerst warten. Berlin empfängt die Teilnehmer*innen mit einem Sintflut-Gewitter.

In der Bahnhofshalle bilden sich Grüppchen – oft ist schon von Weitem zu erkennen, wer heute noch im Bundestag eincheckt. Gerold schaut sich um, stellt sich dazu und beginnt vorsichtig, erste Kontakte zu knüpfen. Die Menschentraube vergrößert sich stetig, Smalltalk ist angesagt. Ein Junggesellinnenabschied zieht vorbei und bietet der Gruppe Schnaps an, GEROLD STABEL: VON OSTERHOLZ-SCHARMBECK INS PARLAMENT einige greifen zu und scheinen es wohl nötig zu haben, sich Mut anzutrinken. auf der Webseite des Bundestages entdeckt und Um das beim Trinken störende Jackett loszu- war sofort begeistert. Sein Abgeordneter Anwerden, reicht einer von ihnen es kommentar- dreas Mattfeldt (CDU) hat seine Initiative unterstützt, obwohl er auch Kandidat*innen der los nach hinten. Hilfsbereit greift Gerold Stabel sofort zu, er ist durch sein Engagement beim Jungen Union im Blick hatte. Technischen Hilfswerk (THW) schließlich im Katastrophenschutz erfahren. Die Verwunde- VOM THW DIREKT IN DIE ENTWICKrung über seine eigene Reaktion währt nur LUNGSPOLITIK kurz, sofort findet er eine praktische Lösung und wirft das Jackett über einen nahestehen- Für alle geht es hinter den Sicherheitskontrollen dann endlich richtig los: An einem den Koffer. kleinen Tisch der Landesgruppe Nord der Arbeitnehmerpartei Deutschlands (APD) erhält JUP PER ZUFALL IM INTERNET ENTGerold eine dicke Mappe mit allen Details zu DECKT seinem Spielcharakter Prof. Martin Dietrich. Ein Jackenständer ist er auf jeden Fall nicht, Den Titel hat er sich gegeben, weil er „schon der 17-Jährige will nämlich auch in der Politik immer mal Professor sein“ wollte. Der Elftnicht nur eine Meinung annehmen, sondern klässler scheint mit der Partei und dem Chamit eigenen Ideen glänzen. Denn parteipoli- rakter, die ihm zugeteilt wurden, zufrieden. tisch engagiert der Klassensprecher sich im Das reicht aber noch nicht, um sich in den Gegensatz zu vielen, die am Nachmittag in kommenden Tagen zu beschäftigen. Dafür das Paul-Löbe-Haus strömen, nicht. Trotzdem liegt in der weißen Mappe ein unscheinbarer weiß er genau, welche Ansprüche er an eine Zettel, mit dem alle Abgeordneten ihren AusPartei hätte: „Ich erwarte, dass sie innere Dis- schuss nach Priorität wählen können. Für Gekussionen zulässt, aber nach außen geschlos- rold scheint besonders ein Ausschuss vorbesen auftritt.“ stimmt zu sein: der für Menschenrechte und Da der Regen mittlerweile den Washing- humanitäre Hilfe. Schließlich kennt er sich tonplatz überschwemmt, beschließt die Gruppe, dank seiner praktischen Erfahrung beim THW in die sonst weit weniger benutzte U-Bahnlinie mit diesem Thema aus. 55 einzusteigen, mit der sie in wenigen Minuten Um sechs Uhr abends geht es dann am Paul-Löbe-Haus ankommen. Die Gelassen- zum ersten Mal direkt in den Plenarsaal. heit, die Gerold sonst ausstrahlt, verfliegt lang- Der Gesamtschüler wirkt beeindruckt, er sam und weicht nach und nach der Aufregung scheint die Erhabenheit des Parlaments zu und Vorfreude. Seinen Namen als Abgeordneter spüren, während er und die anderen Jungim Planspiel kennt er zwar schon, doch seine Parlamentarier*innen vom Mitglied des ÄlteIdentität nicht. Die Veranstaltung hat er zufällig stenrates Bernhard Schulte-Drüggelte begrüßt

Foto: Lukas J. Herbers

werden. Die Hoheit des Parlaments ist aber nur das eine, auch etwas anderes hinterlässt einen bleibenden Eindruck: „Die Sessel sind unerwarteterweise sehr weich“, sagt Gerold mit einem Grinsen im Gesicht. Nach dem Abendessen geht es in die Landesgruppe APD-Nord zum Kennenlernen. Dort präsentiert ein gut gelaunter Michael Kresin vom Betreuer-Team, der nicht nur entfernt an den berühmten Designer Wolfgang Joop erinnert, den Ablauf des Planspiels.

THEORIE IN DER PRAXIS UMGESETZT Am nächsten Tag wird das Parlament zum Leben erwachen und der Schüler wird seiner Rolle als Abgeordneter Prof. Martin Dietrich gerecht werden müssen. Dass es ihm dafür nicht an Enthusiasmus fehlt, fällt sofort auf. „Ich möchte Politik endlich außerhalb des Schulunterrichts kennenlernen, durch und durch erleben“, erzählt er. Genau das konnte Gerold bei JuP vier Tage lang tun.

Britt-Marie Lakämper 18, Leipzig Albert Wenzel 17, Hamburg ... schwankten bei ihrer Reportage dazwischen, ob sie sich wie Eltern oder Orgas fühlen sollen.

5 //


DIE GUTE FEE WIR KENNEN SIE VOR ALLEM VOM

WASSERBRINGEN AM REDNERPULT. ALBERT WENZEL HAT MIT EINER SAALDIENERIN ÜBER IHRE ANDEREN AUFGABEN GESPROCHEN.

R

FRAU TINZMANN, WER IST IHNEN LIEBER: ECHTE ABGEORDNETE ODER JUP-ABGEORDNETE?

WELCHE UNTERSCHIEDE ERLEBEN SIE? Die Jugendlichen gehen hier natürlich mit einer anderen Einstellung in den Saal. Für sie ist das ja etwas ganz Besonderes. Das Klassenzimmer ist jetzt hier der Plenarsaal. Für uns ändert sich aber wenig.

Foto: Lukas J. Herbers

egine Tinzmann muss arbeiten. Als wir an ihrem Arbeitsplatz hinter dem Plenarsaal mit dem Interview beginnen möchten, klingelt ihr Telefon. Die Frau Präsidentin benötigt eine Packung Taschentücher. Dieses Problem löst sie selbstverständlich zuerst. Die 54-jährige Plenarsekretärin arbeitet hier schon seit dem Umzug des Bundestags nach Berlin 1999. Sie freut sich darauf, uns ein Inteview zu geben.

REGINE TINZMANN: KANN AUCH LAUFMASCHEN AUFHALTEN

Grundsätzlich finde ich die Veranstaltung Jugend und Parlament super. Aber was heißt besser? Anders, würde ich sagen. Vielleicht sehe ich einige der Jugendlichen ja später mal hier wieder. Bei einigen höre ich den Abgeordneten echt raus.

quasi auch machen - nur eben in kurz (lacht). Aber auch von der Laufmasche bis zum abgefallenen Knopf helfen wir den Abgeordneten diskret in allen Fragen.

GIBT ES ETWAS, WAS SIE AN DEN BUNDESTAGSABGEORDNETEN BESONDERS NERVT? Eigentlich nicht. Ich sage mal, man kann sich Vieles denken, aber man muss es ja nicht aussprechen. Ich habe bisher immer Glück gehabt und nur gute Erfahrungen gemacht.

AUSSER DEM WASSERBRINGEN: WORIN BESTEHT IHRE ARBEIT?

Albert Wenzel 17, Hamburg

Das Anreichen von Wasser ist nur ein kleiner Teil unserer Arbeit, wir kümmern uns zum Beispiel um das Verteilen von Drucksachen, die Anzeige an der Wand des Plenarsaals und den Gong zu Beginn der Plenarsitzung. Also das, was wir bei Jugend und Parlament jetzt

…findet Randomkürzen völlig unmöglich.

JACKE WIE HOSE ANGELA MERKEL SETZT AUF

HOSENANZÜGE UND DER ÖKOLOOK STEHT DEN GRÜNEN SCHON SINCE 1983. BRITT-MARIE LAKÄMPER SETZTE SICH IN DIE FRONTROW DES IMAGINÄREN RUNWAYS.

WER IN DIE POLITIK WILL MUSS WISSEN: WO DRÜCKT DER SCHUH?

E

s ist Sommer, es ist Juni. In Berlin heißt das, dass selbst die Pflastersteine am Spreeufer glühen und dem Hipster der Schweiß aus seinem sorgfältig festgesprayten Undercut tropft. Was tragen Abgeordnete an Tagen, an denen man sich an jedem Luftzug erfreut, der das tropische Klima im Bundestag erfrischt? Parlamentarier*innen scheinen allerdings, was die Bekleidung angeht, ziemlich hart im Nehmen zu sein. Hier im Parlament geht Etikette vor Komfort. Denn während die schmale Krawatte beim CVP-Abgeordneten nicht fehlen darf, ist der Blazer über dem Kleid der Parlamentarierin der APD ein Muss. Man möchte

\\ 6

Foto: Lukas J. Herbers

kaum darüber nachdenken, wie die Anzüge (Slim Fit) und Blusen nachher von der Haut gepellt werden. Einige Abgeordnete stehen trotz der Business-Avantgarde um sie herum zu der Unfähigkeit ihres Organismus, die Körpertemperatur zu regulieren, und erscheinen leger in Shirt und Jeans – in den stets beliebten Tönen der Unauffälligkeit: grau, weiß, blau, dunkelblau, schwarz. Mit diesen Farben passt man dann immerhin perfekt zum Plenarsaal, eine Art urban camouflage für die Vertreter*innen des Volkes. Besonders fashionable ist das natürlich nicht, viel eher langweilig. Es lässt sich allerdings nicht leugnen, dass einige Outfits glatt der Vogue entsprungen sein könnten: Der

Herr in der rosa Hose sieht aus, als wäre er auf direktem Weg von einem Polo-Turnier in Yale angereist. Das smarte Sommerkleid kombiniert mit funkelnden Sandalen lässt sich sowohl in der Debatte als auch im Urlaub tragen, es sei denn, der Ausschnitt ist zu tief. Der Abgeordnete, der auf Facebook fragte, welcher Stil im Bundestag angesagt wäre, erwartete keine Typberatung, sondern eine Liste von Konventionen, an die man sich zu halten habe. Und Regeln – ja, ein nerviges Sprichwort – sind dazu da, gebrochen zu werden. Ob nun jemand Angst hat, dass eine Krawatte ihn erwürgt, ein T-Shirt am besten zu ihr passt oder es doch die hohen Schuhe sein müssen – es ist und bleibt doch Jacke wie Hose. Kleider machen Leute, aber noch keine guten Politiker*innen.

Britt-Marie Lakämper 18, Leipzig … findet, dass Leipzig auf jeden Fall das neue Berlin ist, auch ohne Bundestag.


ABGEORDNETER SUCHT ASYL NAVID SOLTANI IST JUP-ABGEORDNETER UND DISKUTIERT DIE GESETZESENTWÜRFE MIT. DENNOCH FÄLLT ER AUS DEM RAHMEN: NAVID SITZT DERZEIT AN SEINEM ASYLANTRAG. JONAS ADLER STELLT IHN VOR.

D

Foto: Lukas J. Herbers

er 18-jährige Nanoch dauern – mindestens. vid lebt derzeit Seine Anhörung hat bein der Nähe von Kiel reits stattgefunden, ein forund wurde von der Abmeller Aufnahmebescheid geordneten Luise Amtswurde aber bisher nicht berg zu Jugend und ausgestellt. Darüber ärgert Parlament eingeladen. er sich sehr. Sein Eindruck Die Grünen-Abgeordnete ist, dass Asylverfahren von hatte den Flüchtling bei Afghan*innen tendenziell Gesprächen über die länger in der Bürokratie Flüchtlingsproblematik festhängen als andere. kennengelernt und ihm später einen JuP-Platz »VIELE HABEN EIN angeboten, um auf das FALSCHES BILD« Leben von Flüchtlingen Er wird zwar gut aufgezwischen Angst und nommen und erlebt nahezu Hoffnung aufmerksam keine rassistischen Anfeinzu machen. Von diesen dungen, trotzdem fühlt er Gefühlen ist auch Navids sich machtlos gegenüber Leben geprägt, seitdem NAVID: AUS AFGHANISTAN GEFLOHEN – den Behörden. Außerdem er seine Heimat verlas- IM BUNDESTAG DURCHGESTARTET kritisiert er die Haltung viesen hat: Ursprünglich lebte er in Rasni im Zentrum von Afghanistan, ler Deutscher gegenüber seinem Heimatland: floh jedoch von dort, als die Taliban die Regi- Sie denken sehr häufig, Afghanistan sei dank on eroberten. Sein Weg führte ihn unter an- der Zentralregierung in Kabul auf einem guderem über den Iran und die Türkei bis nach ten Weg, obwohl die Sicherheitslage weiterhin Deutschland, wo er schließlich einen Asylan- kritisch sei – Taliban und „Islamischer Staat“ trag stellte. Nach der komplizierten und lang- sind nur zwei Beispiele dafür. „Viele glauben, wierigen Flucht folgte das Asylverfahren. Das die Menschen hätten ein ruhiges Leben, aber ist ein Jahr her. Weitere sechs Monate wird es das hat fast keiner.“ Dass er an Jugend und

Parlament teilnehmen kann, findet Navid toll. Trotz Verständnisproblemen lernt er sehr viel bei der Veranstaltung. Er ist beeindruckt davon, vier Tage am wichtigsten Ort der deutschen Demokratie zu sein. „Es ist schon krass, hier sein zu dürfen.“

»JEDER INTERESSIERTE SOLLTE MITMACHEN DÜRFEN« Auch hofft der junge Mann, sein Interesse für Politik einmal selbst in einer Partei verwirklichen zu können, sobald er die deutsche Staatsbürgerschaft hat. Sein Wunsch für andere Flüchtlinge: „Jeder, der sich für Politik interessiert, sollte eine Chance erhalten, bei Veranstaltungen wie Jugend und Parlament mitmachen zu können.“

Jonas Adler 17, Holler … freut sich darüber, dass nicht nur Parteisoldat*innen, sondern auch ein Flüchtling zu JuP eingeladen wurde.

FRUCHTFLEISCH Chefsache: Was würden Sie als Bundeskanzler*in angehen?

Fotos: Lukas J. Herbers

»ABRÜSTUNG«

»HAUSHALT«

»SCHULE«

BIRGIT WÖLLERT 65 JAHRE, SPREMBERG DIE LINKE, MDB

KLAUS-PETER WILLSCH 54 JAHRE, HOHENSTEIN CDU, MDB

KAI GEHRING 37 JAHRE, ESSEN BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, MDB

AM WICHTIGSTEN WÄRE ES MIR, DIE RÜSTUNGSEXPORTE ZU BEGRENZEN.

DER HAUSHALT SOLLTE DAUERHAFT AUSGEGLICHEN GEHALTEN WERDEN.

DAS KOOPERATIONSVERBOT IN DER BILDUNG AUFHEBEN, UM MEHR FÜR SCHULEN ZU TUN.

7 //


ALLE GLEICH?! DIE JUP-FRAKTIONEN DISKUTIERTEN ÜBER MEHR CHANCENGLEICHHEIT BEI BEWERBUNGEN. ANNIKA SPIEGEL BEGLEITETE DEN GESETZESENTWURF AUS PERSPEKTIVE DER PSG.

H

Foto: Lukas J. Herbers

erkunft, Alter, Gezu Vornamen, Geschlecht, schlecht – Eigenschaften, Adresse, sexueller Oriendie bei Jobvergaben keine Rolle tierung, religiöser Weltanspielen sollten, scheinen in der schauung und politischer Realität dennoch Gründe für Auffassung erweitert. Auch Absagen zu sein. Die Abgeordaudiovisuelle Medien sollen neten debattieren deshalb über einer Bewerbung nicht mehr chancengleiche Bewerbungen beigefügt werden. bei Bundesbehörden. Rosenberg war selbst Ein Gesetz soll verbindein wenig überrascht, dass liche Vorgaben für weniger sich die Opposition im AusDiskriminierung in Bewerschuss so stark einbringen bungsverfahren schaffen. Der und auch für Streit zwischen ursprüngliche Entwurf der CVP und APD sorgen konnBundesregierung beinhaltet, te: „Ich dachte eigentlich, lediglich Geburtsort und -dadass es für eine kleine Optum sowie Bewerbungsfoto zu positionspartei schwerer sein streichen. Doch die PSG kam wird. Doch ÖSP und APD ihrem Ziel einer vollständigen hatten teilweise ähnliche TRAUMVORSTELLUNG DER PSG: Anonymisierung im Ausschuss PERFEKT ANONYMISIERT Vorstellungen wie wir." Berecht nahe. „Wir haben im Aussonders die Nennung des schuss sehr viel durchkriegen können und sind Nachnamens führte zu Konfliktpotenzial. Wähdarauf auch sehr stolz“, sagt Matthias L. Rosen- rend die CVP strikt gegen die Streichung von berg, Sprecher des PSG-Arbeitskreises Beruf und Nachnamen aus Bewerbungen war, sprachen Arbeitswelt. So wird das Gesetz um Angaben sich PSG sowie ÖSP dafür aus. „Der Name ist der

Grundbaustein einer Bewerbung und verrät sehr viel über eine Person. Auch der Nachname kann Hinweise zur ethnischen Herkunft geben“, sagt Rosenberg. Nur die APD war bei diesem Punkt gespaltener Meinung. Bis zur Abstimmung in der Plenardebatte blieb es deshalb spannend, ob der Änderungsantrag von PSG und ÖSP zur Streichung des Nachnamens von der APD unterstützt wird. Doch der Antrag wird abgelehnt und der vorgeschlagene Gesetzesentwurf gegen die Stimmen von PSG und ÖSP angenommen. Rosenberg zeigt sich mit der Arbeit der PSG dennoch zufrieden, auch wenn das Ziel der kompletten Anonymisierung nicht erreicht wurde.

Annika Spiegel 21, Heidelberg ... findet Gleichstellung und deshalb Gendern sehr gut.

EINWANDERUNG AUF ZEIT WIE SOZIAL DARF’S

SEIN? DIE VERHANDLUNGEN ZUM GESETZ ZUR STEUERUNG DER EINWANDERUNG SIND FÜR DIE APD EINE GRATWANDERUNG. BRITT-MARIE LAKÄMPER WAR DABEI.

P

ause im Innenausschuss, APD und CVP können sich nicht einigen. Erhitzte Gemüter versuchen Kriterien für Einwanderungen festzulegen. Die Bundesregierung legt dem Parlament einen neuen Gesetzentwurf zur Regelung der Migration nach Deutschland vor. Der Fokus liegt hierbei auf Einwanderer*innen, die in die Bundesrepublik migrieren, um hier zu arbeiten. Besonders für die APD kommt es hierbei zur Zerreißprobe: Wirtschaftlichkeit und soziale Gerechtigkeit vertragen sich bei vielen Konzepten

nicht. Dennoch ist es der APD besonders wichtig, eine Aufnahme für Migrant*innen zu ermöglichen, wenn der Stellenmarkt es zulässt. Dies soll ein Test prüfen, der unter anderem die Fähigkeit zur Existenzsicherung, zur kulturellen Integration und die Qualifikation der Antragstellenden feststellen soll. Beim ersten Test noch im Heimatland soll dabei die wirtschaftliche Leistung stärker für die Bewertung des Antrags ins Gewicht fallen. Konkret bedeutet das, dass beispielsweise ein Stellenangebot vorliegt oder die Migrant*innen ihre Existenz selbst sichern können. Beim zweiten Test nach Ablauf der dreijährigen Aufenthaltserlaubnis liegt der Fokus auf der kulturellen Eingliederung in der Bundesrepublik, bei Bestehen erhalten die Migranten*innen eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. „Die Integrationsfähigkeit soll in der Ausgangssituation, nämlich vor der Arbeitsmigration, keine Hürde sein“, sagt der zuständige APD-ArbeitsgruppenFoto: Lukas J. Herbers AUCH NICHT EINFACH: EINWANDERUNG IN DEN BUNDESTAG sprecher Michael Köst-

\\ 8

ler. Heftige Diskussionen innerhalb der großen Koalition gibt es auch darüber, wie die beratende Kommission, die alle zwei Jahre die Mindestpunktzahl des Tests anpasst, zusammengesetzt sein soll. Man einigt sich darauf, den Vorsitz dem Bundesinnenminister anzutragen und eine Kommission aus Abgeordneten zu bilden. Mit dieser Änderung am ursprünglichen Entwurf möchte die APD die Rolle des Parlaments in der Demokratie stärken. Dafür wurde in den Entwurf des Innenausschusses die Forderung der CVP übernommen, dass verschiedene Aufnahmeverfahren von Migrant*innen nicht simultan laufen können. Die anstrengenden Verhandlungen und Zugeständnisse von beiden Seiten haben sich allerdings gelohnt: Das Gesetz wird mit einer überwältigenden Mehrheit vom Parlament verabschiedet.

Britt-Marie Lakämper 18, Leipzig ... hätte in vielen Sitzungen gerne ihren Senf dazugegeben.


KEINE IDYLLE IN ILLYRIEN DIE ÖSP KÄMPFT UM EINE VOLLWERTIGE EU-BEITRITTSPERSPEKTIVE FÜR ILLYRIEN. NAM NGUYEN WAR DABEI, ALS DIE STIFTE FLOGEN.

I

durchsetzen. Der Ausschussvorsitzende von der CVP schränkt zudem die Redeanteile der Opposition ein, sodass Kompromissversuche der ÖSP verhindert werden. Das wurmt deren Ausschussmitglieder so sehr, dass sogar ein grüner Stift in Richtung CVP fliegt – nur wieder ohne Erfolg.

KOMMT DAS LAND IN DIE EU? Der ÖSP bleibt nur noch eins: Eine Enthaltung, um nicht den Vorwurf zu provozieren, die ÖSP sei gegen den Beitritt Illyriens zur EU. EUBeitritt: Ja, bitte! Illyrien-Abschottung: Nein, danke!

Foto: Lukas J. Herbers

llyrien an der Adria: Der kleine Küstenstaat in Südosteuropa sorgt für Wirbel im Bundestag. Der Balkanstaat unterhält seit 20 Jahren intensive Beziehungen mit der Europäischen Union. 2015 sollen nun offizielle Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden. Für die ÖSP ist es nicht einfach, schlagkräftige Argumente zu finden, um sich gegenüber der Großen Koalition zu behaupten. „Wir argumentieren sowieso ideologisch“, sagt Benedikt Blank (ÖSP). Als Mitglied der Jungen Union könne er die Argumente der Grünen schwer nachvollziehen, geschweige denn überzeugend vermitteln. Während die Opposition in der „Berliner Runde" sprachlos ist, präsentieren sich die Regierungsparteien selbstsicher und geschlossen. Erst in den Arbeitsgruppensitzungen formen sich in der ÖSP klare Linien zum Antrag. Es sollen Beitrittsverhandlungen mit Illyrien aufgenommen werden, was jedoch der Partei nicht weit genug geht: Sie fordert den Eintritt in den SchengenRaum und die sofortige Arbeitnehmer*innen freizügigkeit. Junge Menschen aus Illyrien hätten so endlich Perspektiven in Europa.

AUCH DIE ÖSP FORDERT: EU-MANTEL ÜBERLEGEN!

Im Ausschuss für EU-Angelegenheiten gehen solidarisch fünf Hände nach oben, sobald die Volksparteien mit Lohndumping, Kriminalitätsraten oder Stufenmodellen argumentieren. Dennoch kann die Opposition aufgrund schwacher Fraktionsstärke nur Schönheitskorrekturen im Wortlaut des Gesetzestextes

Nam Nguyen 20, Dresden … fragt sich, wie grün die Jugend in Illyrien wirklich ist.

»TIERQUÄLEREI UNVERMEIDBAR«

WIRTSCHAFTLICHKEIT CONTRA TIERWOHL – DARUM GEHT ES BEIM NEUEN TIERSCHUTZGESETZ. ALBERT WENZEL HAT DER CVP BEI DER DEBATTE ÜBER DIE SCHULTER GESCHAUT.

D

Foto: Lukas J. Herbers

as ist bloß ein Tropfen auf den heißen Stein“, resümiert der Sprecher der zuständigen Arbeitsgruppe der CVP. Das sagt er natürlich nicht in seiner Rolle als CVP-Arbeitsgruppensprecher Bela Mittelstädt, sondern als Timon Dzienus, seit fünf Jahren Mitglied der Grünen Jugend. Die Bundesregierung brachte einen Gesetzentwurf in den Bundestag ein, der das Kürzen von Schnäbeln verbieten und andere Eingriffe am Nutztier unter Auflagen stellen soll. Dazu haben die Konserva- TYPISCH CVP: GEMÜTLICHES GULASCH TROTZ TIERQUÄLEREI tiven eine klare Meinung: Der Entwurf geht ihnen viel zu weit. Sie haben Angst beim „ahnungslosen“ Koalitionspartner APD um die Wählerstimmen der Landwirt*innen. durchgedrückt wurden, bleibt leider keine Zeit, Das Schnäbelkürzen sei als Prävention von die Ausschussmitglieder über die Strategie zu Kampfverletzungen unerlässlich. In der Ar- informieren. Dementsprechend empfiehlt der beitsgruppensitzung wird zudem ein sehr Ausschuss, beim Schnäbelkürzen eine Betäubung hoher Bürokratieaufwand befürchtet. Schlus- vorzuschreiben. Die Katastrophe für die größte sendlich einigen sich die zuständigen Abge- Bundestagsfraktion ist damit nahezu perfekt – ordneten darauf, den Gesetzentwurf massiv zu und das unter anderem mit den Stimmen ihrer eientschärfen. „Tierquälerei ist sowieso unver- genen Leute. Der Fraktionsvorstand ist sprachlos. meidbar“, kommentiert ein CVP-Abgeordneter Doch wo ein Problem ist, ist auch eine zynisch. Lösung. Kurz mit Gotthilf Trollinger-Lemberger, Nachdem über Nacht diese Forderungen, APD-Fraktionsvorsitzender, gequatscht und einen laut Fraktionsvorstand in „über drei Stunden“ entsprechenden Antrag ausgehandelt – Problem

gelöst. Doch so einfach lässt sich die APD-Fraktion nicht übergehen. In der Fraktionssitzung geht es hoch her. Trollinger-Lemberger gerät ins Schwimmen, die Fraktion kocht. Antrag der CVP von der APD abgelehnt. Dementsprechend steht am Abend nach dem Krach ein Koalitionsausschuss an, um einen Kompromiss zu finden – oder anders gesagt: eine schwammige Formulierung. Man einigt sich darauf, schmerzvolle Methoden abzulehnen. Aber da die CVP davon überzeugt ist, dass das Schnäbelkürzen schmerzfrei sei, bleibt es davon ausgenommen. „Die Gerichte werden die richtigen Entscheidungen dazu treffen“, hofft Bela Mittelstädt, der CVP-Sprecher. Alle sind glücklich. Jedenfalls bis zwölf Uhr, dem Ende des Planspiels. Danach bleibt für den 19-jährigen Timon Dzienus nur noch ein Urteil: „Blödsinn."

Albert Wenzel 17, Hamburg … war unter den CVPLandwirtschützern*innen als "Schatten von der Presse" bekannt.

9 //


ZU R P E R S O N Prof. Dr. Norbert Lammert (CDU) ist seit 2005 Pr채sident des Deutschen Bundestages. Er leitet die Plenardebatten im Parlament und gilt als 체berparteilich anerkannt. Bei Jugend und Parlament h채lt er jedes Jahr die Abschlussrede.

Foto: Lukas J. Herbers

\\ 10


»DIE FÄHIGKEIT ZUM KOMPROMISS IST DIE DEMOKRATISCHE KARDINALTUGEND«

ROLLENWECHSEL

ÜBER SPONTANEITÄT IM PARLAMENTSBETRIEB UND FREIHEITEN IM POLITIKGESCHÄFT SPRACH BUNDESTAGSPRÄSIDENT NORBERT LAMMERT IM INTERVIEW MIT TIM NEUMANN UND JENS MOGGERT.

HERR LAMMERT, DIE TEILNEHMER*INNEN SCHLÜPFEN BEI JUP IN NEUE ROLLEN. WIE SCHWIERIG WÄRE ES FÜR SIE, VIER TAGE LANG BUNDESTAGSABGEORDNETER EINER ANDEREN PARTEI ZU SEIN? Die Frage stellt sich ja für mich glücklicherweise nicht. Allerdings ist mir die Konstellation, eine Rolle spielen zu sollen, die man inhaltlich gar nicht vertritt, durchaus vertraut. Ich habe in meinem ersten Leben vor der Politik in Managerseminaren politische Argumentationstrainings gemacht, bei denen ich den Managern genau das zugemutet habe: Sich in Rollendebatten mit Thesen auseinanderzusetzen, die sie inhaltlich nicht vertraten und sich mit anderen auseinandersetzten, die das nun bekämpften. Dabei habe ich damals die erstaunliche Erfahrung gemacht, dass die Leute Thesen, die sie inhaltlich nicht vertraten, argumentativ dennoch wirkungsvoller vermitteln konnten als die Positionen, für die sie inhaltlich standen.

WAS IST DIE WICHTIGSTE EIGENSCHAFT, DIE ANGEHENDE BERUFSPOLITIKER*INNEN MITBRINGEN SOLLTEN? Es gibt nicht die wichtigste Eigenschaft. Sondern es gibt viele subjektive und objektive Anforderungen, denen übrigens niemand komplett entsprechen kann. Aber je besser sie sich miteinander verbinden, desto größer sind wiederrum die Erfolgsaussichten. Nicht nur im Blick auf die Wahlerfolge, sondern vor allem auf die politischen Gestaltungsaussichten.

HABEN SIE EIN BEISPIEL FÜR EINE SOLCHE ANFORDERUNG? Zwei ganz wesentliche Voraussetzungen sind fachliche Kompetenz und kommunikative Begabung. Das eine kann das jeweils andere nicht ersetzen.

WIE KÖNNTE DIE VERANSTALTUNG OFFENER UND BEKANNTER WERDEN, AUCH FÜR NICHT PARTEIPOLITISCH ENGAGIERTE JUGENDLICHE?

Ich weiß gar nicht, ob wir diesen Bedarf haben. Denn wir machen jetzt seit 34 Jahren diese Veranstaltung und haben nach meiner Erinnerung noch nie am Ende Plätze frei gehabt, sondern immer umgekehrt das Auswahlproblem gehabt.

der vertritt ganz sicher nicht sich und seinen Wahlkreis, sondern den Deutschen Bundestag. Und wenn er sagt: Das bekomme ich nicht geregelt, ich schaffe das nicht einmal bei meiner eigenen Hochzeit – dann muss er ja auch nicht unbedingt Schriftführer werden.

ABER WENN ES EIN ZIEL IST, AUCH JUNGE MENSCHEN DAFÜR ZU BEGEISTERN, DIE NOCH NICHT SO VIEL MIT POLITIK ZU TUN HABEN: WÄRE NICHT EINE ÖFFENTLICHE AUSSCHREIBUNG EIN MÖGLICHER WEG?

SIE BETONEN ALLJÄHRLICH IN IHRER ABSCHLUSSREDE, DASS DAS WESEN DER POLITIK DER KOMPROMISS SEI. WIE WEIT SOLLTE KOMPROMISSBEREITSCHAFT GEHEN?

Ich stünde dieser Überlegung durchaus aufgeschlossen gegenüber. Jedenfalls haben wir nicht ein Absatzproblem, wie bei Produkten, die in den Regalen liegen bleiben.

WAS KÖNNEN SIE ALS MITGLIED DES BUNDESTAGES VON DEN JUPPARLAMENTARIER*INNEN LERNEN? Es gibt ganz sicher eine viel höhere Spontaneität in der Urteilsbildung, als es bei lang dienenden Parlamentariern der Fall ist. Die Spontaneität reicht nicht aus, weil dann, wenn jeder als programmierter „Sponti“ durch die Gegend liefe, nie die Aggregation von Meinungen zustände käme, die für Mehrheitsbildungen notwendig ist. Das Vorwegnehmen einer voraussichtlich notwendigen Justierung der eigenen Position nimmt natürlich auch ein Stück von Profil und Vitalität. Da haben die Jungparlamentarier real existierenden Abgeordneten genau das voraus, was diese den „Spontis“ an Erfahrung voraus haben.

LAUT DER GOLDENEN VERHALTENSREGELN FÜR JUP SOLLEN SCHRIFTFÜHRER*INNEN EINE KRAWATTE TRAGEN UND ANGEMESSEN GEKLEIDET SEIN. FÜR WIE ZEITGEMÄSS HALTEN SIE DIESE KLEIDERORDNUNG? Es macht einen Unterschied, ob ich als Privatperson irgendeine Veranstaltung besuche oder ob ich als Volksvertreter in den dafür vorgesehenen Verfassungsorganen diese Aufgabe wahrnehme. Wer da oben im Präsidium sitzt,

Die Bereitschaft und Fähigkeit zum Kompromiss ist nach meiner festen Überzeugung die demokratische Kardinaltugend. Eine Demokratie kann ohne diese Fähigkeit nicht funktionieren. Das bedeutet nicht, dass jeder Einzelne in jeder Situation bereit sein muss Kompromisse einzugehen. Deswegen hat es ja im Übrigen auch seinen guten Sinn, dass wir die Freiheit des Mandats und damit auch die Freiheit der eigenen Urteilsbildung nicht nur als rhetorisches Postulat, sondern als Verfassungsprinzip festgehalten haben.

WIE HÄUFIG IST DIESE FREIHEIT DA? Erstens glaube ich, muss es sich um eine wichtige Sache handeln, wenn man am Ende im Plenum des Bundestages anders abstimmt als die eigene Fraktion. Es ist ein bisschen zu viel verlangt, wenn man in Dingen, die man selber für nicht so fürchterlich wichtig hält, den Ehrgeiz entwickelt, pausenlos die eigene Position gewissermaßen dem Rest der Kolonne vorzuführen. Und das zweite Kriterium ist aus meiner Sicht: Man sollte, bevor man anders stimmt als die Fraktion, mindestens subjektiv davon überzeugt sein, dass man von dem Thema so viel versteht wie die Fachleute der Fraktion, denen die Mehrheit folgt.

Tim Neumann 19, Düsseldorf Jens Moggert 24, Jena … ließen sich auch durch eine dreistündige Terminverschiebung nicht beunruhigen.

11 //


DEB AT T E

VON DER ROLLE

MEHR SCHAUSPIEL ALS PLANSPIEL? CAROLIN KULLING UND BRITT-MARIE LAKÄMPER DISKUTIEREN, OB DIE ZUFÄLLIGE ROLLENVERGABE BEI JUP AUFGEGEBEN WERDEN SOLLTE.

Foto: Lukas J. Herbers

IN EINER ANDEREN HAUT: DIE KOMFORTZONE VERLASSEN

PRO

Sobald die 311 Teilnehmer*innen von Jugend und Parlament die Türen des Bundestagsgebäudes betreten, sind sie gezwungen, Namen, Alter sowie politische Gesinnungen abzulegen und sie gegen eine fiktive Spielidentität einzutauschen. Ob ihnen ihre neue Biografie zusagt und sie sich in diese hineinversetzen wollen, ist dabei unwichtig. Das Ziel dieses Planspiels ist es doch, jungen Politikinteressierten zu zeigen, wie die Arbeitsweise und die Probleme von Bundestagsabgeordneten aussehen können. Das beinhaltet auch, sich Meinungen zu bilden, sie zu vertreten und standhaft zu verteidigen. Mit vorgegebenen Rollen und Denkweisen wird aber höchstens das schauspielerische Talent der Teilnehmer*innen trainiert, nicht aber ihr Durchsetzungsvermögen und ihre Argumentationsfähigkeit. Gute Politiker*innen vertreten im besten Fall nur jene Entscheidungen, für welche sie einstehen können und welche sie für tragbar halten. Bei Jugend und Parlament dagegen argumentieren die Probeparlamentarier*innen

\\ 12

so, wie ihre fiktive Rolle es ihnen aufzwingt – worunter oftmals die Glaubwürdigkeit des Einzelnen und damit häufig die Qualität der Debatten leidet. Viele JuP-Abgeordnete lehnen ihre zugeloste Identität aber nicht nur ab, sondern weigern sich auch strikt, diese anzunehmen. Das zeigt sich zum Beispiel in Situationen, in welchen die linksgerichteten Fraktionen plötzlich eine stark begrenzte Aufenthaltsgenehmigung für zwölf Monate fordern, während sich konservative Politiker*innen dagegen auflehnen. Authentizität sieht anders aus, aufrichtig geführte Debatten auch. Lasst die Teilnehmenden also doch sein, wer sie sind – das können sie schließlich am besten.

Carolin Kulling 18, Pritzwalk … isst zur Not auch Kekse vom Boden.

CONTRA

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Er fühlt sich immer dann wohl, wenn das Heimat- und Zugehörigkeitsgefühl in ihm aufkeimt. Wäre es deshalb nicht schön, wenn alle Teilnehmer*innen mit diesem guten Gefühl nach Berlin reisen könnten, in freudiger Erwartung auf parlamentarische Arbeit im Kreise politisch Gleichgesinnter? Nein. Denn wer stets in seiner Komfortzone bleibt, wird sich selbst die Chance verbauen, neue Horizonte zu entdecken. Dazu gehört auch, Kontakte über die Grenzen des eigenen politischen Denkens hinweg zu knüpfen und offen gegenüber Neuem zu bleiben. Neuen Menschen, vielfältigen Meinungen und Argumentationsweisen und ungewohnten Blickwinkeln eine Chance zu geben. Als Juso im Planspiel einen Abgeordneten der CVP mimen zu müssen, lockt aus der Reserve und hilft, den eigenen Standpunkt weiter auszudifferenzieren und weiterzuentwickeln. Nicht nur inhaltlicher, sondern auch menschlicher Austausch ist ein elementarer Teil von JuP. Die auf Zufall beruhende Einteilung der

Teilnehmenden beeinflusst auch das soziale Umfeld der Einzelnen innerund außerhalb des Spiels. In einem so kurzen Zeitraum ist es durchaus bereichernd, es zu wagen, sich nicht in seinem sowieso angestammten Milieu herumzutreiben. Unabhängig vom persönlichen Gewinn für die Teilnehmer*innen durch eine zufällige Auswahl ihrer Rollen im Planspiel trägt diese auch zur Qualität des Spiels bei: Man misst die jungen Parlamentarier*innen eben auch daran, wie gut sie es verstehen, sich in ihren Rollen zurechtzufinden. Es wäre zu einfach, wenn alle sie selbst bleiben könnten. Jugendliche für vier Tage den ambitionierten und verantwortungsvollen Beruf von Politiker*innen ausüben zu lassen, verlangt viel ab. Vor allem aber, dass man über sich selbst hinauswächst.

Britt-Marie Lakämper 18, Leipzig … trank Kaffee in Massen statt in Maßen.


ZWISCHENFRAGE GEFÄLLIG?

MAN SOLL AUFHÖREN, WENN ES AM SCHÖNSTEN IST. DAS TRIFFT AUCH AUF JUGEND UND PARLAMENT ZU – DENN DAS PLANSPIEL ENDET STETS MIT DER ZWEITEN PLENARDEBATTE. JONAS ADLER HAT ZUGESCHAUT.

P

unkt neun im Plenarsaal: Regierungsfraktionen aus. Zu eiDer Gong ertönt, Abgeordner echten Überraschung kommt nete und Besucher*innen erheben es beim letzten Tagesordnungssich. Bundestagsvizepräsidentin punkt, aber nicht im erwarteten Petra Pau (Die Linke) betritt den Sinne: Am Tag zuvor hatten CVP Saal und heißt alle herzlich willund APD wegen des Tierschutzkommen. Sie eröffnet die Ausgesetzes noch kurz vor dem Koasprache zur Tagesordnung. Dabei litionskrach gestanden. Davon ist werden die Jugendlichen von ihr im Plenum aber nichts mehr zu wie selbstverständlich mit „Kolsehen. Das Wesen der Demokraleginnen und Kollegen“ angetie ist eben doch der Kompromiss. sprochen – auch wenn sie ihnen Für den heitersten Moment zwischendurch einige Dinge erder Debatte sorgten nicht die klären muss. Etwa zum Thema Teilnehmer*innen, sondern VizeZwischenfragen: Viele der junpräsidentin Claudia Roth: Als ein gen Abgeordneten wollen wähjunger Mann, der im Planspiel rend der Debatte zwar welche jedoch über 50 Jahre alt ist, vom Foto: Lukas J. Herbers VOLLE KONZENTRATION: SPANNUNG OHNE ZWISCHENRUFE stellen – doch lange weigern die Rednerpult wegtritt, sagt sie, er Redner*innen sich, diese zuzulassen. sähe „doch gar nicht so alt aus“ und müsse ihr ÜBERRASCHENDERWEISE DOCH Das wird anfangs brav akzeptiert. Erst „seine Adresse geben“. Ein großer Lacher in einach vielen abgelehnten Zwischenfragen häu- KEINE ÜBERRASCHUNG ner ansonsten vorhersehbaren Plenarsitzung. fen sich missmutige Zwischenrufe aus dem Inhaltlich versprach die Debatte im Vorfeld Plenum, doch endlich einmal eine Frage zu- wenig Spannung: Was sollte schließlich bei der zulassen. Auch die Sitzungspräsident*innen enormen Regierungsmehrheit schon schiefgeermutigen, sich diesen zu stellen. Ungeachtet hen? Obwohl die vielen Reden, besonders die Jonas Adler dessen nehmen die Teilnehmenden ihre Rolle der Opposition, zwar verlorene Liebesmüh zu 17, Holler während der Debatte sehr ernst: Sie wirken sein schienen, geben die Abgeordneten sich … weiß seit der Plenardebatte, selbstsicher, obwohl es für die meisten die viel Mühe dabei. Regierung und Opposition dass er ganz bestimmt nicht erste Rede an solch einem geschichtsträch- diskutieren teilweise sehr emotional. Und Stenograf wird – ist viel zu tigen Ort ist. Die Jugendlichen hören ihren doch tritt gegen Ende der Tagesordnungsanstrengend! Kolleg*innen aufmerksam zu und applaudie- punkte das vorhergesehene Ergebnis auch ein: die Abstimmungen gehen im Sinne der ren an den richtigen Stellen.

FRUCHTFLEISCH Chefsache: Was würdest du als Bundeskanzler*in angehen? »SCHOKOLADE«

Fotos: Lukas J. Herbers

»AUTOBAHN«

»BILDUNG«

MAXIMILIAN WIMSDORF 20 JAHRE, SIEGEN

MIRIAM NEIDT 17 JAHRE, LECK

ANJA HENKE 17 JAHRE, BRANDENBURG A.D. HAVEL

ICH WÜRDE DIE GESCHWINDIGKEITSBEGRENZUNGEN AUF AUTOBAHNEN AUFHEBEN.

ICH WÜRDE DIE STEUERN AUF SCHOKOLADE ABSCHAFFEN

ICH WÜRDE ENDLICH MEHR GELD FÜR BILDUNG LOCKERMACHEN.

13 //


EINGESTAMPFT DIESES MAL ER-

AN Z EIG E

SCHEINT KEINE SPIELPRESSE: FÜR DIE ORGANISATOR*INNEN EINE NOTWENDIGE ÄNDERUNG, FÜR EHEMALIGE TEILNEHMENDE SCHADE. ADRIAN ARAB BERICHTET.

S

kandal: CVP-Abgeordneter mit zwei Planspiel: Bei Jugend und Parlament müssen Kolleginnen im Hostelzimmer gesichtet. sich die Nachwuchsabgeordneten keinem Dazu Hintergrundberichte, Kommentare, in- Wahlvolk stellen. Er kritisiert daher, dass die vestigative Recherchen: In den vergangenen Presse ihren Auftrag als vierte Gewalt im Staat Planspielen griff der „Adlerkurier“ als Spiel- gar nicht realistisch wahrnehmen kann: „Ohne presse ins Geschehen ein. Dieses Jahr wurde er abgeschafft. Ziel des „Adlerkuriers“ war es, das Prinzip der vierten Macht im Staat zu simulieren. So sollten die jungen Po l i t i k e r * i n n e n stets daran erinnert werden, dass ihr Verhalten inner- und außerhalb Foto: Lukas J. Herbers LEERE PRESSELOUNGE: DIESES JAHR IST HIER NICHTS LOS des politischen Betriebs von öffentlichem Interesse ist: „Als Jour- Wähler bleiben berichtete Skandale ohne Konnalisten konnten wir manchmal allein durch sequenzen für die Teilnehmer. Eine eigene unsere Fragen den Spielverlauf beeinflussen“, Spielpresse ist daher zwar schön, rechtfertigt sagt Mona Lisa Eigenfeld, letzte Chefredakteu- aber nicht den erheblichen organisatorischen rin des Adlerkuriers. und finanziellen Aufwand.“ Die ehemaligen Redakteur*innen finden die Entscheidung trotzdem schade. Mona Lisa DIE ÖFFENTLICHKEIT IST RAUS Eigenfeld findet: „Ohne den Adlerkurier fehlt Die Spielpresse berichtete tagesaktuell von ein Element des Planspiels. Das Nachhaken, Debatten sowie Auseinandersetzungen und Aufdecken und Teamworken hat uns nicht nur behandelte auch inhaltliche Themen. Sowohl zusammengeschweißt, sondern ganz besondeverbale Ausreißer und Skandale außerhalb des re Einblicke in den Parlamentsbetrieb ermögPlanspiels als auch geheime Koalitionstreffen licht.“ wurden dokumentiert. Ein ehemaliger Teilnehmer kritisiert die Abschaffung: „Es war schon sehr interessant, morgens im Adlerkurier zu Adrian Arab lesen, dass der Fraktionskollege hinter dem 18, Bonn Rücken einen Alleingang vorbereitet.“ Gerade ... durfte gemeinsam mit Reibei engen Abstimmungen habe der Einfluss ner Calmund das Feierabendder Presse das Spannungspotential noch einbierchen im „Ossis" genießen. mal erhöht. Anders bewertet Cheforganisator Jochen Guckes die Bedeutung der Spielpresse für das

HEBT DEN ADLER AUS DER ASCHE! EIN KOMMENTAR VON NAM NGUYEN UND TIM NEUMANN s stimmt, eine Spielpresse kann als Boulevardblatt nur eine Randposition einnehmen. Eine allein skandalisierende Berichterstattung leistet keinen Beitrag zu Jugend und Parlament, zumindest solange die Wähler*innenschaft das nicht bestrafen kann. Doch der Adlerkurier war keine Boulevardzeitung. Die Spielpresse hat das Planspiel bereichert. Beiträge zu Gesetzentwürfen und kontroversen Positionen bringen auch überparteiliche Perspektiven in den sonst parteipolitisch eingeschränkten Fokus der Abgeordneten.

\\ 14

9,– pro Tag

-Pass

chein für einen Interrail Bonus: 50-Euro-Guts

Diese Zeit gehört Dir.

M E IN UN G

E

Egal wohin, egal wie oft. Mit dem DeutschlandPass.

Zusätzlich können Teilnehmende ein Gefühl dafür entwickeln, wie Presse zu nutzen ist und inwieweit Journalist*innen den Abgeordneten über die Schulter schauen dürfen. Modelle wie JuP sind vereinfacht. Dennoch muss der Anspruch sein, der Wirklichkeit so nahe wie möglich zu kommen. Dass JuP als Simulation andere Verfassungsorgane wie den Bundesrat nicht berücksichtigt, ist der akzeptable Preis für die gute Durchführbarkeit. Ohne Presse ist dieser Preis zu hoch. Dass es machbar ist, hat der Adlerkurier bewiesen.

Zwischen 27. Juni und 13. September 1 Monat lang beliebig oft durch Deutschland reisen. Auch im ICE. Zum Beispiel für nur 9 Euro am Tag zwischen 19 und 26 Jahren in der 2. Klasse. Weitere Passangebote auch für Jugendliche bis 18 Jahre und für Erwachsene ab 27 Jahren erhältlich. Besonders günstig können Erwachsene zu zweit oder als Familie reisen. Weitere Informationen zu allen Passangeboten unter bahn.de/deutschlandpass

Die Bahn macht mobil.

DZGD_D_Pass_60x270_4c.indd 1

22.06.15 14:52


FRIS CH , F RU CH T I G, S E L BS TGE P R E S S T – M IT M ACHEN @PO LIT IK O RAN G E.DE

IM PRESSUM Diese Ausgabe von politikorange entstand während der Veranstaltung Jugend und Parlament, die vom 13. bis 16. Juni 2015 in Berlin stattfand.

P

rintmagazine, Blog und Videos: politikorange erreicht sein Publikum über viele Kanäle und steht neuen Wegen offen gegenüber. Junge, kreative Köpfe berichten in wechselnden Redaktionsteams aus einer frischen Perspektive. Ob aktuelle Themen aus Politik und Gesellschaft oder die kritische Begleitung von Veranstaltungen – politikorange ist mittendrin.

POLITIKORANGE – DAS MULTIMEDIUM politikorange wurde 2002 als Veranstaltungszeitung ins Leben gerufen. Rund 135 Ausgaben wurden seither produziert. Von Anfang an gehören Kongresse, Festivals, Parteitage und Events zum Programm. 2004 kamen Themenhefte hinzu, die aktuelle Fragen aus einer jugendlichen Sichtweise betrachten. 2009 nahm politikorange Video und Blog ins Portfolio auf und präsentiert seither spannende Beiträge unter den Labels politikorange TV und blog. politikorange.de.

WO KANN ICH POLITIKORANGE LESEN?

WER MACHT POLITIKORANGE?

Gedruckte Ausgaben werden direkt auf Veranstaltungen und über die Landesverbände der Jugendpresse Deutschland e.V. verteilt. Auf politikorange.de können digitalisierte Magazine durchgeblättert und Videos aufgerufen werden. Printausgaben können kostenlos nachbestellt werden. Für das Stöbern auf dem Blog genügt der Aufruf von blog.politikorange.de.

Junge Journalist*innen – sie recherchieren, berichten und kommentieren. Wer neugierig und engagiert in Richtung Journalismus gehen will, ist bei politikorange an der richtigen Adresse. Genauso willkommen sind begeisterte Fotograf*innen, Videoredakteur*innen und kreative Köpfe fürs Layout. politikorange versteht sich als Lehrredaktion. Die Teilnahme ist kostenlos und wird für jede Ausgabe neu ausgeschrieben – der Einstieg ist damit ganz einfach. Den Rahmen für Organisation und Vertrieb stellt die Jugendpresse Deutschland e.V. Du willst dabei sein? Infos zum Mitmachen gibt es unter politikorange.de, in unserem Newsletter und via Facebook und Twitter.

WARUM EIGENTLICH POLITIKORANGE? Welchen Blick haben Jugendliche auf Politik und gesellschaftliche Veränderungen? politikorange bietet jungen Menschen zwischen 16 und 26 Jahren eine Plattform für Meinungsaustausch und den Ausbau eigener Fähigkeiten. Engagement und Begeisterung sind die Grundpfeiler für journalistisch anspruchsvolle Ergebnisse aus jugendlicher Perspektive. Frei nach dem Motto: frisch, fruchtig, selbstgepresst.

www.politikorange.de mitmachen@politikorange.de

Herausgeber: politikorange c/o Jugendpresse Deutschland e.V. Alt-Moabit 89, 10559 Berlin www.politikorange.de Chefredaktion (V.i.S.d.P.): Fabian Schäfer (timfabianschaefer@gmail.com) Beat Seemann (beat92seemann@gmx.de) Redaktion: Adrian Arab, Albert Wenzel, Annika Spiegel, Britt-Marie Lakämper, Carolin Kulling, Jens Moggert, Jonas Adler, Nam Nguyen, Tim Neumann Bildredaktion: Lukas J. Herbers (ljherbers@gmail.com) Layout: Benedikt Bungarten (benedikt@a-and-b.de) Projektleitung: Viktoria Hahn (v.hahn@jugendpresse.de) Tino Höfert (t.hoefert@jugendpresse.de) Druck: LASERLINE – Digitales Druck­ zentrum Bucec & Co. Berlin KG Auflage:  900 Exemplare

Foto: Lukas J. Herbers

15 //


»ICH LASSE MICH NICHT ZWINGEN, VOR ALLEM WENN ES SICH LETZTLICH UM EINE GESCHMACKSUND DEFINITIONSSACHE HANDELT.« (Alexander Süßmair, Schriftführer und Abgeordneter der Fraktion Die Linke)

DEINE JUPKRAWATTE ZUM AUSSCHNEIDEN

EIN SCHLIPS IST EIN STATEMENT – OB GETRAGEN ODER BEWUSST VERWEIGERT. WER SICH AN DIE ETIKETTE HALTEN WILL, FINDET HIER EINE LÖSUNG: DANK BUTTONS GANZ INDIVIDUELL NACH INTERESSEN UND ANSCHAUUNGEN GESTALTBAR.


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.