Umdenker November 2013
Unabhängiges Magazin Zum Kongress „Zukunft denken. Zukunft gestalten“ Herausgegeben von der Jugendpresse Deutschland
Foto, Titelfoto: Yvonne Daschowski
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Nicht wahr?
Edi tor i a l
Russland hetzt gegen Homosexuelle, die chinesische Bevölkerung wird unterdrückt. Täglich formen die Medien unser Bild von fremden Ländern. Was erschwert die Berichterstattung und warum kommt oft nur ein einseitiges Bild bei uns an? Ein Bericht von Luise Schneider
Liebe Leserin, lieber Leser, bist du ein Umdenker? Bist du bereit, aus vorgegebenen Bahnen auszubrechen, gegen den Strom zu schwimmen oder Einspruch zu erheben? 350 Jugendliche haben diese Frage mit einem eindeutigen JA beantwortet: beim Jugendkongress „Zukunft denken. Zukunft gestalten“ der Bundeszentrale für politische Bildung vom 2. bis 4. November. Die Redaktion der politikorange ist mit 11 Schreiberlingen angereist und hat für dich die spannendsten Eindrücke festgehalten. Vor Ort erkunden die zahlreichen Umdenker in 40 Workshops vielfältige Themen wie Globalisierung, Europa, die Wachstumsländer Brasilien, Russland, Indien und China und entwickeln im Anschluss eigene zukunftsträchtige Ideen. Um die Workshops ist ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm gesponnen: Sonntag ist Veggie-Day, hier gibt’s nur gesunde, fleischlose Mahlzeiten. Bei der Offline-FacebookPinnwand können sich die Teilnehmer mit Stift und Papier vernetzen. Oder sie gewinnen bei den abendlichen Lounges Einblicke in die verschiedenen BRICStaaten. Wer sich von den Workshops erholen will, kann in den Kinos den Abend ausklingen lassen. Unser Fazit: Genug Input gesammelt, jetzt ist es Zeit umzudenken. Viel Spaß beim Lesen und Blättern, Fabian und Jan
Welches Bild vermitteln uns die MEdien von fremden Ländern?
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auschalisieren, dramatisieren und manipulieren. Worte, mit denen Medien in der Regel nicht in Verbindung gebracht werden möchten. Doch genau diese Worte wählen die Teilnehmer bei der Analyse der ihnen vorliegenden Artikel. Die Diskussion ist Teil eines Workshops im Rahmen des Jugendkongresses. Die besprochenen Artikel stammen aus einer Vielzahl von Medien. Sie alle berichten über die gleichen Länder: Russland und China. Einen Nachmittag lang diskutieren 25 Teilnehmer darüber, auf welche Art die beiden Staaten in den Medien dargestellt werden. Weshalb wir kaum etwas über die zahlreichen Proteste in China wissen und warum wir bei Russland sofort an Unterdrückung denken. Unterstützt werden sie dabei von den eingeladenen Referenten Ann-Dorit Boy, politische Auslandsredakteurin der FAZ, sowie Daniel Satra, Nachrichtenreporter des NDR. Boy arbeitete als Auslandskorrespondentin in Moskau und Satra verbrachte mehrere Jahre in Peking.
Schwer zugängliche Informationen Laut einer Studie im Auftrag der EU finden in China jährlich bis zu 230 000 Proteste statt. Von der chinesischen Regierung werden sie jedoch weitestgehend verschwiegen. Nur ein kleiner Teil der
Proteste gelangt daher an die Öffentlichkeit. Der Zugang zu Informationen bleibt so auch Journalisten verwehrt. In Russland kommt erschwerend hinzu, dass Zahlen und Fakten zu vielen Themen gar nicht existieren. „Kein Mensch weiß, wie viele Menschen in Moskau wohnen“, berichtet Boy. „Warum? Weil viele dort illegal leben und nicht registriert sind.“ Auch wer selbst Daten erheben möchte, stößt auf Widerstand. Immer wieder begleiten sogenannte „Schutzengel“ die Journalisten. Sie verfolgen jeden Schritt der Reporter mit kritischen Augen. Wer zudem eine Kamera auf der Schulter trägt, ist auch für Außenstehende sofort als Journalist erkennbar. Sind diese unerwünscht, kann es mitunter zu Versuchen kommen, das Arbeitsgerät zu entreißen oder gar zu zerstören. Bedroht fühlen die beiden Journalisten sich im Ausland trotzdem nicht. Ihre größere Sorge gelte den Einheimischen vor der Kamera. „In China haben sie ja keine Hemmungen, jemanden einfach verschwinden zu lassen“, berichtet Satra. Wer unangenehm auffällt, dem drohe zudem das Gefängnis, ergänzt Boy.
AuSSenpolitik statt Kultur Neben den Bedingungen im Ausland sind es auch die deutschen Chefredaktionen, die die Berichterstattung entscheidend beeinflussen. Beiträge zur Kultur und Ge-
Foto: Yvonne Daschowski
sellschaft Russlands bilden die Ausnahme, während die unterdrückte Opposition, Außenpolitik und die Diskriminierung Homosexueller regelmäßig thematisiert werden. Da nur wenige Seiten oder Minuten für eine Vielzahl an Ländern zur Verfügung stehen, müssen die wichtigsten Informationen ausgewählt werden. Boy merkt jedoch auch an: „Ich wehre mich gegen den Vorwurf, dass es manipulativ ist, denn unsere Berichte sind nun mal wahr.“ Eine absolut neutrale Berichterstattung kann laut Boy dennoch niemand garantieren. Wer ein Land wirklich verstehen und kennenlernen will, sollte vor Ort eigene Erfahrungen sammeln. „Die beste Berichterstattung kann die eigene Reise ins Land nicht ersetzen. Man sollte sich nicht nur auf die Augen der anderen verlassen.“
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht.
Inha lt
»Versteckspiel« Wie viel Wasser verbrauchen wir wirklich? Seite 06
»Teste dich!« Welcher BRIC-Staat passt am besten zu dir? Seite 08
»Zukunftsland« Luise Schneider 22 Jahre, Berlin
China steckt sich weiterhin große Ziele. Der chinesische Diplomat Li Xiaosi im Interview. Seite 11
... verlässt sich am liebsten auf ihre eigenen Augen und lernt fremde Länder und Menschen vor Ort kennen.
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Politik ist ihr hobby
aber ein hartes Brot. Das finden auch die Kongressteilnehmer Dunya und Christian. Dennoch zählen sie Politik zu ihrer Freizeitbeschäftigung Nummer 1. Ein Einblick von Leonard Kehnscherper in junges politisches Engagement.
Eine Generation, zwei Meinungen: Dunya und Christian diskutieren spontan über den Mindestlohn.
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ewegt euch, empört euch, tut was! Egal ob linker Aktivist, alternde Punkband oder auch Bundespolitiker – politisches Engagement wird gefordert. Und das vor allem von jungen Menschen. Dass sie „die Zukunft“ sind, können sich viele Schüler, Auszubildende und Studierende selbst denken. Nur geht deshalb nicht jeder regelmäßig auf Demos, besucht in seiner Freizeit Seminare oder hält Reden in Planspielen. Der Jugendkongress der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) ist eine solche Veranstaltung von und für Engagierte. Zwei von ihnen sind Dunya und Christian.
POLITIK IST FUN, AUCH IN DER SCHULE Christian kommt aus der Nähe von Frankfurt am Main. Seit fünf Jahren schreibt er für die Frankfurter Neue Presse und die Oberhessische Zeitung. Mittlerweile leitet er Redaktionskonferenzen. Im Kreis- und Jugendparlament lernt er die bürokratischen Hürden der Politik kennen. An der Geschichtsaufarbeitung beteiligt er sich im Verein für ethische Landjuden, an EU-Themen bei den Jungen Europäischen Föderalisten. Zuletzt wählten seine Mitschüler Chri-
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stian zum Schulsprecher. Er ist 17 Jahre alt. „Nicht wenige unterschätzen das Schulsprecher-Amt“, betont er mit überzeugendem Blick. „Zumindest, wenn man es ernst nimmt“, fügt er hinzu. Christian nimmt es ernst. Er setzt sich gerne für neue Wärmetrockner auf den Schultoiletten ein. Die ganz großen Themen kann man eben nicht immer verhandeln. In seiner Wortwahl ist der Abiturient präzise. Kaum ein Wort ist überflüssig, keines unverständlich. Der 17-Jährige spricht wie ein Politiker, der weiß, wie ihn Journalisten verstehen. Seinen vollen Alltag bewältigt er mit viel Kaffee: „Und manchmal schwänze ich Sport, das gehört dazu.“ Nur ein Jahr älter und auch in ihrem letzten Schuljahr ist Dunya. Auf dem Jugendkongress veranstaltet sie Workshops mit dem teamGLOBAL. Zu Hause in Ludwigshafen und Mannheim ist die Grüne Jugend ihr großes Projekt. „Politik macht Spaß“, erzählt die 18-Jährige strahlend. „Ich komme so viel rum und treffe super interessante Menschen, die mich prägen“, erzählt sie. Aufgewachsen ist Dunya im Libanon. Die Erfahrungen dort, vor allem die Unterdrückung der Frau, und ihre stark politisierte Familie sind der Grund
für ihr Engagement. Im Gespräch merkt man Dunya an, wie viel sie zu sagen hat. Ihre Füße sind unruhig, ihre Augen feurig. Einen vollkommen anderen Hintergrund hat Christian. Sein Onkel war SPDAbgeordneter im Bundestag. „Außerdem habe ich zwei linke Hände und kann keinen Fußball spielen“, sagt er grinsend. Er hat seine „Nische“ gefunden – und sich so in der Schule profiliert. Seine Mitschüler geben ihm deshalb nicht nur Stimmen, sondern auch zweideutige Spitznamen wie „Mr. President“. Als ihn seine Mitschüler zum ersten Mal hinter der Theke eines Subway-Restaurants gesehen haben, waren sie ganz verblüfft von seinem ganz „normalen“ Nebenjob.
POLITISCH IST FAST ALLES Niemand nennt Dunya „Mrs. President“. Dafür ist sie die „Weltverbesserin“. „Letztlich finden alle gut, was ich so mache“, erzählt sie. „Freunde fragen mich auch manchmal, ob ich sie nicht mal zu einer Demo oder Veranstaltung mitnehmen kann“, strahlt Dunya wieder. Politikinteressierten Jugendlichen rät sie, in der Schule mit ihrem Engagement zu beginnen. „Man muss sich nicht gleich Richtung Brüssel oder Washington orientieren“, findet auch
Foto: Yvonne Daschowski
Christian. Sogar Schülervertretungen können auf Bundesebene mitmischen. Die Netzwerke der bpb sind ebenfalls gute Anlaufstationen. Das teamGLOBAL gibt es seit fast zehn Jahren und beschäftigt sich mit Nachhaltigkeit und Globalisierung. Die Mitglieder sind von der bpb ausgebildete Teamer. Sie kommen an Schulen und andere Bildungseinrichtungen und veranstalten Workshops zu Themen wie „Energie und Klima“ oder „Migration und Integration“. So kam das teamGLOBAL auch an Dunyas Schule – und nahm nicht nur sie mit. Ganz ähnlich ist es bei den Young European Professionals, den YEPs. Beide Netzwerke verstehen sich als Multiplikatoren, die wichtige Themen aufgreifen und an Gleichaltrige vermitteln. Eine Aufgabe, die noch lange kein Wissen voraussetzt, sondern nur Wissensdurst und Lernbereitschaft. Auf die Frage, ob sie ihr Engagement als elitär empfindet, antwortet Dunya nur: „Eigentlich ist doch alles politisch.“ Sei es die 16-Jährige, die mit ihrem Ausbildungsvertrag unzufrieden ist oder ob man im Sportverein einen kulturellen Beitrag leistet. Was Dunya und Christian einmal zu ihrem Beruf machen, wird die Zukunft zeigen. Solange bleibt die Politik – eben genau wie Malen, Zocken oder Posaunespielen – ein intensives Hobby.
»Es geht um Menschenleben«
Jedes Jahr flüchten tausende Afrikaner in maroden, überladenen Booten über das Mittelmeer nach Europa. Dabei ertrinken Hunderte. Nur ein Grund, weshalb die 20-jährige Kassandra Kate Ramey mehr Engagement von der EU fordert und in ihrem Workshop über Asylpolitik aufklärt. Ein Interview von Vanessa Reiber
Nach dem Tod von hunderten Flüchtlingen vor der italienischen Insel Lampedusa kündigte die EU „konsequente MaSSnahmen“ an, um solche Tragödien zukünftig zu verhindern. Trotzdem wird die bisherige Asylpolitik nicht in Frage gestellt. Was muss geändert werden? Der Umgang mit Flüchtlingen muss generell verändert werden. Asylgesuche müssen sorgfältiger geprüft werden. Wegen der starken Flüchtlingsströme werden Asylsuchende oft zu früh in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt. Außerdem muss dafür gesorgt werden, dass abgewiesene Flüchtlinge sicher in ihre Heimatländer gelangen.
Wie soll werden?
das
umgesetzt
Diese Flüchtlinge sollen in sicheren Booten zurückgebracht werden. Ihnen muss ausreichend Verpflegung zur Verfügung gestellt werden, damit sie auf der Rückreise nicht verhungern.
Die Bilder von überfüllten Flüchtlingslagern sind in allen Medien. Mittelmeerstaaten wie Italien, in denen viele Flüchtlinge ankommen, fordern mehr Unterstützung von der EU. Was muss verändert werden? Zuallererst muss die Prüfung der Asylanträge beschleunigt werden, damit Flüchtlinge nicht mehr monatelang auf eine Antwort warten müssen. Es ist für sie sehr belastend, nicht zu wissen, ob sie in der EU bleiben dürfen. Ein anderes Problem ist, dass Flüchtlinge ohne Arbeitserlaubnis nicht arbeiten dürfen. (Anm. d. Red.: Eine Arbeitserlaubnis können Asylsuchende erst nach neun Monaten erhalten.) Wenn sie arbeiten dürften, hätte das einen positiven Effekt. Sie könnten für sich selbst sorgen und damit wäre die EU weniger stark belastet. Bei der Aufklärung über politische Flüchtlinge herrscht ebenfalls Aufholbedarf. Oft lese ich Facebook-Posts, bei denen klar wird, dass viele Leute den großen Unterschied zwischen allgemeiner Migration und Asylbewerben gar nicht kennen. Sie sind
wegen politischer oder religiöser Verfolgung oder Kriegen geflüchtet und hoffen auf Schutz von der EU. Migranten wandern aus anderen Gründen ein, etwa zum Beispiel in der Hoffnung auf bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne.
Wo muss beim Thema Aufklärung angesetzt werden? Ich denke, dass Aufklärung immer der erste Schritt für ein Umdenken ist. Deshalb würde ich in den Schulen anfangen und das Thema Asyl in den Lehrplan aufnehmen. Zu viele Leute sehen Asylbewerber als Bedrohung für den Staat an. Dabei ist es viel wichtiger zu wissen, warum sie flüchten mussten.
Bundesinnenminister HansPeter Friedrich sagte, Deutschland habe genügend Flüchtlinge aufgenommen. Dabei liegt Deutschland bei der Zahl der Asylbewerber in Relation zur Einwohnerzahl im Mittelfeld. Kann ein wirtschaftlich starkes Land wie Deutschland nicht mehr tun? Ja, ich denke schon. Jordanien zum Beispiel nimmt im Verhältnis zur Einwohnerzahl viel mehr Asylbewerber als Deutschland auf. Wir können uns weitere Aufnahmen von Flüchtlingen leisten. Es geht um Menschenleben!
Gab es für dein WorkshopThema einen bestimmten Anlass? Ich biete bei den Young European Professionals öfter Workshops zum Thema Asyl an. Ich habe Bekannte, die selbst in Flüchtlingslagern gelebt haben und mir davon erzählt haben. Das hat mich sehr berührt. Da es keine Aufklärung über Asyl in den Schulen gibt, finde ich es toll, wenn ich mein Wissen in Workshops weitergeben kann.
Glaubst du, dass die EU die Herausforderung Flüchtlings politik in der Zukunft Meistern wird? Das Thema Asylpolitik steht generell zu weit im Hintergrund. Wirtschaftliche Probleme wie die Euro-Krise stehen im
Die ONE JugendBotschafterin setzt sich für Flüchtlinge ein.
Mittelpunkt. Wenn die EU-Politiker ihre Haltung nicht ändern, hoffe ich, dass die Bürger durch Demonstrationen Druck machen. Leider ist die Meinung der Gesellschaft zur Asylfrage gespalten, es gibt auch viele Demonstrationen gegen die Aufnahme von Flüchtlingen. Das finde ich tragisch!
Foto: Yvonne Daschowski
Vanessa Reiber 19 Jahre, Ammersbek ... wünscht sich, dass die Seenotrettung im Mittelmeerraum verbessert wird und dass Flüchtlinge fair auf alle EU-Staaten verteilt werden.
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140 Liter Wasser für eine Tasse Kaffee
Das meiste Wasser, das für eine Tasse Kaffee oder zur Herstellung von Kleidung nötig ist, bekommen wir nicht zu Gesicht. der GroSSteil wird schon verbraucht, bevor wir den Hahn aufdrehen. Ein Bericht von Jana Kugoth
Nicht nur die Produktion von Lebensmitteln verbraucht Dutzende Liter Wasser. Die Herstellung einer Jeans kostet bis zu 10 000 Liter.
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as Wasser, was sich in einem Produkt versteckt, wird ‚virtuelles Wasser‘ genannt“, erklärt Sabrina Reindl, die den gleichnamigen Workshop leitet. Die Menge an virtuellem Wasser gibt an, wie viel Wasser tatsächlich bei der Produktion und beim Handel eines Gutes verbraucht wird. „Dieses Wasser kann zu keinem anderen Zweck mehr in Anspruch genommen werden“, ergänzt die 25-Jährige. Einmal für deinen Kaffee verbraucht, ist es nicht mehr einsetzbar. Das meiste Wasser, das wir für eine Tasse Kaffee benötigen, stammt nicht aus Deutschland. Denn bevor die gemahlenen Bohnen in die Maschine gelangen, haben sie einen weiten Weg zurückgelegt. Bauern bauen die Bohne in Brasilien an. Während des Wachstumsprozesses werden die Pflanzen regelmäßig bewässert, nach der Ernte gewaschen, in der Sonne getrocknet und anschließend über einer Gasflamme geröstet. All diese Prozesse erfordern Wasser. Hinter deinem Teelöffel Kaffeepulver für die morgendliche Tasse verbirgt sich die Wassermenge einer Badewanne. Das ist „so viel Wasser wie ein Bundesbürger täglich zum Waschen, Zähneputzen, Autowaschen und für die WC-Spülung verbraucht“, weiß die Workshopleiterin.
Ein kostbares Gut Wie kostbar Wasser ist, wissen wir. Deshalb nutzen wir die Stopptaste an der Toi lettenspülung und ersetzen, wo
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immer möglich, das Entspannungsbad durch eine schnelle Dusche. Trotzdem verbraucht jeder Bundesbürger täglich 126 Liter reines Wasser. Um alle täglich benötigten Produkte herzustellen, sind insgesamt 4 000 Liter oder auch 27 Bade wannen virtuellen Wassers notwendig. Das Wasser zum Aufbrühen deines Kaffees fällt mit Blick auf den gesamten Produktionsprozess also kaum ins Gewicht. Nicht nur in Lebensmitteln verstecken sich große Wassermengen. Für die Produktion einer Jeans werden beispielsweise bis zu 10 000 Liter Wasser benötigt, die Füllmenge eines etwas größeren Swimmingpools. Klingt gigantisch? Ist es auch. Den größten Wasseranteil bei der Jeansherstellung verschlingt die Baumwollproduktion. Die Baumwollpflanze braucht dabei nur knappe zwei Drittel dieser Wassermenge. Der andere Teil fließt in die Verdünnung des verseuchten Abwassers, das voll von Pestiziden und Düngemitteln ist.
Viele Fragen, schwierige Antworten Indien und die Türkei sind führend in der Baumwollproduktion. Deutschland importiert deshalb die Ware aus diesen Ländern. Und damit auch virtuelles Wasser. Wie viel Wasser Deutschland insgesamt aus einem Land wie Indien oder der Türkei einführt, misst der virtuelle Wasserfußabdruck – ähnlich wie der öko-
logische Fußabdruck den CO2-Verbrauch dokumentiert. Was den Verbrauch von Wasser angeht, leben wir in Deutschland auf ziemlich großem Fuß. In Indien und der Türkei ist Wasser kostbar. Die Sommer sind heiß, die Wasserqualität in vielen Gegenden schlecht. Und obwohl das Trinkwasser knapp ist, fließt viel Wasser in die Produktion von Baumwolle und anderen landwirtschaftlichen Gütern. Warum halten die Länder das dringend benötigte Trinkwasser nicht im Land? Warum exportieren sie die knappe Ressource in Form von virtuellem Wasser in die ohnehin reichen Industrie länder? Und warum werden Produkte, die in der Herstellung viel Wasser benötigen, nicht in wasserreichen Ländern produziert? Was in der Theorie einfach und naheliegend klingt, funktioniert in der Praxis nicht. In Deutschland kann Baumwolle nicht wachsen, da es die klimatischen Bedingungen nicht zulassen. Ein weiteres Problem: Wasserarme Länder sind meist auch wirtschaftlich schwach, sodass sie sich ohne Exporte nicht finanzieren können. Eine schnelle Lösung dieser Probleme ist nicht in Sicht.
Wasser sparen beim täglichen Einkauf Was also tun, um den weltweiten Wasserverbrauch zu senken und die Verteilung der Ressource Wasser gerechter zu gestalten? Ein Patentrezept gibt es nicht. Doch
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Kaffee und Jeans zeigen: Der Wasserverbrauch wird im Wesentlichen durch den Speisezettel und den persönlichen Lebensstil bestimmt. „Mit deinem täglichen Einkauf kannst du einen der vielen kleinen, sinnvollen Schritte gehen, um Wasser zu sparen“, rät Workshopleiterin Reidl. Als Faustregel gilt: Lieber regional und saisonal kaufen. Außerdem beansprucht die Produktion von Fleisch drei- bis siebzehnmal so viel Wasser wie die gleiche Menge an vegetarischen Nahrungsmitteln. Das ist einer der Gründe, weshalb der Sonntag des Jugendkongresses ein Veggieday war.
Li nkti pp Du möchtest wissen, wie groß dein persönlicher Wasserfußabdruck ist? Finde es heraus: waterfootprint.org
Jana Kugoth 25, Berlin ... versucht, trotz kleinem Geldbeutel ihre Lebensmittel nicht nur nach dem Preis auszuwählen.
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Kann mehr zu viel sein? Eine wachsende Wirtschaft ist ein zweischneidiges Schwert. Experten malen Bilder vom boomenden Schlaraffenland bis zum ausgebeuteten Endzeit-Staat. Über das Für und Wider des Wirtschaftswachstums streiten Jussra Zamani und Leonard Kehnscherper.
PRO
Wer Geld hat, soll es auch ausgeben! Denn das kurbelt die Wirtschaft an. Es ist ein großer und komplexer Kreislauf, den wir am Laufen halten müssen. Arbeiten, Geld verdienen, ausgeben, dann geht es von vorne los. Wer glaubt, er würde etwas Gutes tun, indem er sein Geld unter der Matratze versteckt, hat falsch gedacht. Doch warum ist eine wachsende Wirtschaft so wichtig? Wenn die Wirtschaftskraft steigt, brauchen Unternehmen mehr Angestellte. Das führt zu einer geringeren Arbeitslosigkeit und das wiederum zu mehr Wohlstand und weniger Sozialausgaben. So bleibt mehr Geld für den Staat, um es in Bildung, neue Straßen und Gesundheit zu investieren. Und auch die Leute haben mehr Geld in der Tasche, das sie ausgeben können. Länder wie China, die fleißig Ware produzieren, fördern unsere Wachstumsrate, indem sie ihre günstigen Produkte hier verkaufen. Also greift zu! Toll ist auch
die riesige Auswahl. Es geht vor allem um Angebot und Nachfrage. Je mehr Produkte, desto mehr Kundenwünsche werden abgedeckt. Für jeden ist was dabei, also keine Ausreden. Wir alle sehnen uns doch nach Smartphones, Kameras und Laptops mit der besten Technik. Und wehe, du kannst über deinen neuen Fernseher nicht skypen! Du hast noch das iPhone 4? Dabei gibt’s doch schon längst das 5s!
Jussra Zamani 20 Jahre, Bayreuth ... fragt sich, warum es noch Banken gibt, wenn man Geld in Supermärkte stecken kann.
CONTRA
W i r t s c h a f t - In Deutschland verdient man so viel liches Wachs- durchschnittlich in zwei Monaten. Aber tum bedeutet Wohlstand. Nach diesem sind die Deutschen deshalb glücklich? Motto handeln zumindest bedeutende Nein. Die Bevölkerung ist gestresst – Staatschefs. Die bitteren Folgen bekom- Burnout und Depression breiten sich aus. men wir in regelmäßigen Abständen ser- Es wird klar: Zu echtem Wohlstand führt viert. keine wachsende Wirtschaft allein. Die Bestes Beispiel ist China. Dort sorgt Bedingungen lauten: Geschonte natürlidie industrielle Überproduktion für ersti- che Ressourcen. Fair verteilte Vermögen. ckenden Smog, vergiftetes Trinkwasser Und ein humaner Arbeitsmarkt. Vielleicht und wahnwitzige Massentierhaltung. Die heißt es dann einmal in den Nachrichten: chinesische Wirtschaft wächst inzwi- „Die Wirtschaft in unserem Land stagniert, schen „nur“ noch wie 1999 - eine Not- der Wohlstand ist jedoch gewachsen!“ bremse der Regierung. Ständige Wachstumsbegleiterin ist die soziale Ungerechtigkeit. Am stärksten ist sie ausgeprägt in afrikanischen Leonard Kehnscherper Entwicklungsländern wie Angola. Dort 20 Jahre, Berlin wächst die Wirtschaft noch schneller als in China, jährlich um 11%. Das Export... fragt sich, inwiefern land ist im Ölrausch. Aber, genau wie ein pannenfreier Berliner Nahverkehr zur allgein den arabischen Ölstaaten, profitiert meinen Lebensqualität hauptsächlich die reiche Oberschicht. beitragen würde. Das jährliche Pro-Kopf-Einkommen bleibt in Angola bei etwa 3 800 Euro.
FruchtflEisch Was ist die größte Herausforderung der Zukunft?
Fotos: Yvonne Daschowski
„Ausgleich“
„Jugendarbeitslosigkeit“
„Meet & Greet“
Leonie Weis, 20 Jahre abiturientin
Stefan Kopolt, 26 Jahre Zollbeamter
Christiane Köster, 42 Jahre prodialog Support-Team
Ich denke, dass die Schere zwischen Arm und Reich in der Zukunft nicht noch gröSSer als heute werden darf.
Die erfolgreiche Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit ist das Wichtigste. Dann kann auch die Wirtschaft wachsen.
Das Schaffen von Frieden und Glaubwürdigkeit auf der ganzen Welt ist die gröSSte Herausforderung der Zukunft.
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Welcher BRIC-Staat bist du?
4. Ein L Liebste
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Im Jahr 2050 wird in den BRIC-Staaten die Post abgehen. Partys, Promis, Paradies. Wäre doch schade, wenn du da noch in Deutschland versauerst. Fragt sich nur: Welcher BRIC-Staat wird deine neue Heimat? Mach den Test, notiere dir die Buchstaben neben den Antworten und schau ganz unten nach der Auflösung. Von Katharina Grewe und Jana Kugoth
sein. atze ! K . r e od htsch . isch en.. mal Hundauf den T und Borsc Ess auch odka eisch ha. eim 1. B rf es gerne ein Rindfl gurken, Wn Caipirin k e z a l n r Di Bd l ei , Sa t ma mmt aviar A ko gst Du K eritif ers p a D m es als A t C gib
2. Beim Feiern... A wirfst Du gerne mit Farbbeuteln um dich. C ziehst Du leicht bekleidet durch die Straßen Rios. B hängst Du rote Lampen auf und tanzt wie ein Drache. D hast Du deinen ganz eigenen Kalender.
3. Beim Sport... B triffst Du Forrest Gump zur Ping-Pong-Diplomatie. D muss das Runde ins Eckige. A entspannst Du Dich trotz unmöglicher Verrenkungen. C schlitterst Du mit Gitterhelm übers Eis.
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Fotos: Tim Caspary, Claudia Hautumm//pixelio.de
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5. Du kannst am ehesten verzichten auf... B Facebook, Twitter, Youtube & Co. C Counter Strike. D Punk-Bands in Kirchen. A Rindfleisch.
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Überwiegend B: CHINA Das Reich der Mitte teilst du dir mit 1,3 Milliarden Menschen. Damit es nicht zu eng wird, gibt es seit Anfang der 80er Jahre die Ein-Kind-Politik. Dank festivalartiger Massenströme fühlst du dich auch ohne Geschwister in Großstädten nie einsam. Sollte sich doch mal niemand zum Reden finden, sorgen Leuchtwerbung im Tunnel und Musikvideos in der Metro für ständige Unterhaltung. Das Kontrastprogramm mit Ruhe und Tradition genießt du in kleinen Dörfern, die Zuflucht vom hektischen Alltag der Mega-Citys wie Shanghai bieten. Du wirkst bescheiden und ein wenig
Auflösung
distanziert, aber keineswegs unhöflich. Kraft schöpfst du aus den Weisheiten des Glückskeks sowie den Lehren Konfuzius‘.
Überwiegend D: RUSSLAND Von Moskau bis Wladiwostok. Den flächenmäßig größten Staat erkundest du mit der Transsibirischen Eisenbahn. Immer dabei: Matrjoschka, deine bunte Schachtelpuppe, ein Geschenk Deiner Babuschka. Wird es im Winter zu kalt, hältst du dich mit Wodka und Uschanka warm. An warmen Sommertagen entspannst du mit dem Bestseller „Krieg und Frieden“ am Schwarzen Meer. Deine Wände sind mit Postern des sexy Präsidenten in Gesellschaft unterschiedlichster Landestiere beklebt. Die passende Schusswaffe darf natürlich nicht fehlen. Doch eigentlich bist du ganz harmlos und für deine Gastfreundschaft bekannt. Du begrüßt deine Gäste aber erst, wenn sie zur Tür herein sind. Alles andere bringt Unglück!
Überwiegend C: BRASILIEN Ein Leben ohne Karneval und Caipi? Für dich kaum vorstellbar. Genauso wichtig: Fußball, deine Leidenschaft. Brasilianscher Fußball ist um einiges flotter und emotionsgeladenener als in die deutsche Bundesliga. 2014 rückt Brasilien ins Zentrum der Fußballwelt, die WM kommt! Fußball verbindet – über regionale und soziale Grenzen hinweg. Und doch gibt es nicht DAS Brasilien. Zu vielfältig sind die Landschaften im flächen- und bevölkerungsmäßig fünftgrößten Staat der Erde. Natürlich weißt du, dass entgegen der weit verbreiteten Annahme nicht Rio de Janeiro die Hauptstadt ist, sondern Brasilia. Von Stararchitekt Niemeyer im Landesinnern entworfen, sollte sie die Menschen verbinden. Unter Brasilianer gilt sie jedoch noch immer als menschenfeindliche Architekturwüste.
Überwiegend A: INDIEN Dein Leben soll bunt sein, Elefanten jagen dir trotz ihrer Größe keine Angst ein und Kühe sind dir heilig: In Indien, dem siebtgrößten Land der Erde, gehörst du zur Mehrheit. Mehr als 50 Prozent der 1,2 Milliarden Inder sind jünger als 25 Jahre. Die Verständigung ist für dich kein Problem. Neben Hindi und den 800 verschiedenen Dialekten ist nämlich Englisch die zweite offizielle Amtssprache. Auch das politische System lehnt sich an England an. Indien ist die größte Demokratie weltweit. Bei der Nahrungsaufnahme isst dein Auge mit. Rotes indisches Dal und gelber Curry sind genau das Richtige für dich. Und scharf muss es sein. Doch in deinem Land ist nicht alles bunt und schön. Ein großes Problem: Jeder dritte Inder kann weder lesen noch schreiben.
Fotos: Terry George, seriouslysilly, forfunofficial, flickr.marcus, Laura Turner, Xavier Donat, Nathan Jones, Dennis de Mesmaeker//flickr.com
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Z ur Person Li Xiaosi Herr Li Xiaosi, geboren 1962, ist seit Juni 2013 Gesandter der Botschaft der Volksrepublik China in Deutschland. Er begann seinen diplomatischen Werdegang 1985 als Attaché in der Westeuropa- Abteilung des chinesischen Außenministeriums. Nach mehreren Stationen in Deutschland, China und als Generalkonsul in Zürich kam er 2013 wieder nach Deutschland. Li Xiaosi ist verheiratet und Vater einer Tochter.
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»China ist noch nicht perfekt« Die Zukunft in Fernost
Deutsche Medien sollten objektiver über China berichten, fordert LI Xiaosi, der Gesandte der Volksrepublik China in Deutschland. IM INTERVIEW erklärt Der DIPLOMAT auSSerdem, wieso „Made in China“ das neue „Made in Germany“ werden kann. Ein Interview von Fabian Schäfer
Herr LI, wo steht China heute in der Welt?
Was können wir in Deutschland von China lernen?
Seit der Gründung der Volksrepublik China vor 64 Jahren, besonders seit der Einführung der Reformund Öffnungspolitik vor mehr als 30 Jahren, hat sich Chinas Wirtschaft schnell entwickelt, das Leben der Bevölkerung erheblich verbessert und das Land enorm verändert. Dennoch bleibt China ein Entwicklungsland. Sein Bruttoinlandsprodukt pro Kopf liegt auf Platz 86 in der Welt. Die Bevölkerungszahl ist riesig und die Wirtschaftsgrundlage schwach, dazu ist die Diskrepanz zwischen Stadt und Land sowie zwischen Regionen groß. Chinas Wirtschaftsstruktur ist anders als optimal und die Produktivität noch sehr niedrig. China braucht noch Generationen, um die Modernisierung zu verwirklichen und das Niveau von Amerika und Europa zu erreichen. Vor einigen Tagen habe ich in einer deutschen Zeitung einen Kommentar gelesen, demnach China nicht mehr Entwicklungsland und sogar zu stark für ein Schwellenland sei. Meiner Meinung nach ist das übertrieben. China verfolgt als das einzige ständige Mitglied des UN-Sicherheitsrats unter den Entwicklungsländern eine unabhängige und friedliche Außenpolitik und spielt eine immer wichtigere Rolle zur Wahrung des Friedens und der Stabilität sowie zur Förderung der gemeinsamen Entwicklung in der Welt.
Sowohl Chinesen als auch Deutsche haben traditionelle Tugenden. Ein Beispiel wäre die Bescheidenheit und Toleranz von Chinesen. Sie wollen ihre eigene Meinung anderen nicht aufzwingen.
Wie möchte China in 20 Jahren in der Welt dastehen und wie will ES in Zukunft von der Welt gesehen werden? Ende des letzten Jahres hat China sich für seine zukünftige Entwicklung ehrgeizige Ziele gesetzt: Erstens, bis 2020 sowohl das Bruttoinlandsprodukt als auch das Einkommen der Bevölkerung im Vergleich zu 2010 zu verdoppeln und eine Gesellschaft mit bescheidenem Wohlstand aufzubauen. Zweitens soll China bis Mitte dieses Jahrhunderts zu einem wohlhabenden, demokratischen, zivilisierten und harmonischen Land aufgebaut werden. Wir streben nach innen Harmonie und Rechtsstaatlichkeit an, nach außen Frieden und Zusammenarbeit. Wir werden Reformen und die Öffnung vorantreiben, Energie und Ressourcen sparen, die Umwelt schützen und das Lebensniveau der Bevölkerung weiter erhöhen. Somit können wir eine nachhaltige Entwicklung der Wirtschaft und Gesellschaft verwirklichen. Gleichzeitig werden wir die internationale Zusammenarbeit zum gegenseitigen Nutzen und gemeinsamen Gewinn intensivieren. Ein wohlhabendes, stabiles und starkes China bedeutet keine Bedrohung, sondern ist eine Chance für die ganze Welt. Wir hoffen, dass andere Länder China fair und objektiv betrachten und seiner Entwicklung mehr Verständnis und Unterstützung gewähren.
Und was schätzt China besonders an Deutschland oder den deutschen Bürgern? Zum Beispiel die Zielstrebigkeit und Gründlichkeit. Sie lernen nie aus. Wir können voneinander lernen. Deutschland und die Deutschen sind in China angesehen. Erstens ist Deutschland in den Augen der Chinesen eine große Kulturnation. Die deutsche Philosophie, Literatur, Kunst oder Musik ist bei den Chinesen sehr beliebt. Zweitens, dass die Deutschen in der Lage sind, für ihre Geschichte geradezustehen, ihre Vergangenheit aufzuarbeiten und sich um Versöhnung mit den Nachbarländern zu bemühen, hat auch den Respekt von den Chinesen verdient. Drittens ist Deutschland sehr innovationsfreundlich. „Made in Germany“ ist dank dessen hervorragender Qualität weltweit berühmt. BMW, Mercedes Benz, Volkswagen, Siemens und Bosch sind in China landesweit sehr bekannt und gefragt.
Produkte ,,Made in China‘‘ dagegen haben in Deutschland oft keinen guten Ruf. Wie soll sich das in Zukunft ändern? Nach langjähriger Verbesserung steht „Made in China“ heute für preisgünstige Produkte mit guter Qualität. Überall in Deutschland, von normalen Supermärkten bis zu noblen Warenhäusern, findet man Produkte aus China. Die Deutschen sind doch sehr wählerisch und würden keine Produkte mit schlechtem Ruf akzeptieren. Chinesische Produkte sind bei den deutschen Verbrauchern sehr beliebt, weil sie viele praktische Vorteile bringen und zu einer höheren Kaufkraft beitragen. Markenaufbau benötigt aber Zeit. Als Deutscher kennen Sie sicher die Geschichte von „Made in Germany“. Vor mehr als 100 Jahren stand ,,Made in Germany“ noch für billige und minderwertige Produkte. Durch unermüdliche Bemühungen der deutschen Unternehmen zeichnet heute „Made in Germany“ hochwertige Produkte mit hervorragender Qualität aus. Ich bin davon überzeugt, dass „Made in China“ von dem Erfolg von „Made in Germany“ viel lernen und profitieren kann.
Auch allgemein ist China nicht selten negativ konnotiert, zum Beispiel in Sachen PressE freiheit, Menschenrechte oder Umweltverschmutzung. Wie soll sich das ändern?
Inwieweit ist Chinas Regierung bereit, vor allem in diesen Punkten den internationalen Forderungen nachzukommen? Als Diplomat habe ich jahrelang in Deutschland gearbeitet und gelebt. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, dass es eine große Kluft gibt zwischen China in der deutschen Berichterstattung und China in Wahrheit. Die westlichen, darunter auch die deutschen Medien, sind immer noch daran gewöhnt, China mit einer tief verwurzelten Voreingenommenheit und Doppelmoral zu betrachten. Sie bilden sich wohl ein, dass nur Westliches das Richtige und Beste sei. Das hindert sie daran, umfassend und objektiv über China zu berichten oder China zu kommentieren. Ich nenne ein Beispiel dafür. Vor ein paar Tagen raste ein Geländewagen in eine Menschenmenge vor der Verbotenen Stadt in Peking und ging daraufhin in Flammen auf. Dabei wurden viele unschuldige Zivilisten und Touristen getötet oder verletzt. Nach ersten Ermittlungen hat die Polizei den Vorfall als einen Terroranschlag eingestuft. Jeder, der unvoreingenommen ist und ein Gewissen hat, würde so einen Terroranschlag scharf verurteilen. Leider habe ich festgestellt, dass es in deutschen Medien Kritik und Zweifel an den chinesischen Behörden hagelt, aber eine Stellungnahme zu dem Terrorakt ist nicht zu finden. Das schadet dem Image der Deutschen sehr, die sich gerne für Rechtsstaatlichkeit, Gerechtigkeit und Fairness einsetzen. China ist noch nicht perfekt. In der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung sind wir zurzeit mit vielen Herausforderungen und Problemen konfrontiert. Die chinesische Regierung ist entschlossen, diese Probleme anzupacken und zu lösen, was dem Bedürfnis der eigenen Entwicklung Chinas entspricht, und auch zu Frieden und gemeinsamer Entwicklung der Welt beitragen wird. Es kann aber keine Rede davon sein, den Forderungen gewisser Länder nachzukommen.
Fabian Schäfer 19 Jahre, Köln ... möchte jetzt vor Ort erkunden, wie sich Chinas Zukunft entwickelt.
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Mit dem Zirkel an die MAcht
Und mit Papier ganz nach oben. Was Basteln mit dem Welthandel zu tun hat. Katharina Grewe sammelte Eindrücke des Planspiels „World Trading Game“.
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s herrscht Aufruhr im Kongo. Frankreich verweigert Entwicklungshilfe und Japans übermäßige Produktion verschlechtert die Umweltbedingungen im Land. Um weiteren Schulden zu entgehen und dem Wettbewerb standzuhalten, schließen sich der zentral afrikanische Staat und Togo zur Afrikanischen Allianz zusammen. Sie produzieren nun gemeinsam. Im Workshop zum World Trading Game am Sonntagvormittag simulieren die Teilnehmer als Vertreter sechs unterschiedlicher Länder vereinfachte Arbeitsprozesse des Welthandels. In Kleingruppen stellen sie einfache geometrische Figuren aus Papier her und verkaufen diese an die Weltbank. Ziel ist es, am Ende möglichst viel Geld auf dem Konto zu haben. Hierbei starten die Industrieländer mit Kapital, Schere, Zirkel und Lineal und nur einem Blatt Papier, während ärmere Staaten viele Seiten besitzen und trotzdem bereits verschuldet sind. Zinsen, schwankende Marktpreise und verzögerte Informationsflüsse sorgen zusätzlich für Spannung. In zwei Räumen schneiden und kleben die einen, während die diplomatischen und wirtschaftlichen Vertreter der Gruppen sich bemühen, in Verhandlungen mit Konkurrenten und Bank zu treten. Heute sind nicht nur Industrienationen, Entwicklungs- und Schwel-
lenländer am Geschehen beteiligt, sondern auch UNO und Spekulanten, die ihre ganz eigene Strategie haben. Zwei Journalisten sind für den Informationsaustausch zwischen den Akteuren zuständig. „Presse!“, ruft es von allen Seiten. Denn um mit Nachbarstaaten zu verhandeln und sich auszutauschen, müssen die Gruppen entweder Diplomaten aussenden oder sich auf die Kooperation mit den Medien verlassen. Um die höchsten Erträge zu erzielen, werden geheime Handelsabkommen geschlossen, die Presse beschuldigt Frankreich der Korruption und Wettbewerbsverzerrung und niemand sieht seine Interessen bei der UNO so wirklich vertreten. In den finalen Spielminuten werden hektisch die letzten Kreise und Dreiecke gebastelt. Es staut sich am Bankschalter, alle wollen noch möglichst viel verkaufen. Vor allem von dem bunten Papier, das doppelt so viel wert ist. Auch wenn das gar nicht alle wissen. Denn erst in der abschließenden Evaluationsrunde erhalten die Teilnehmer vollen Einblick in die Rollenbeschreibungen der unterschiedlichen Akteure und die Spielbedingungen. Sie untersuchen Parallelen zur Realität und reflektieren ihr Verhalten. Viele berichten überrascht von Veränderungen im Verlauf des Spiels. „Am Anfang ging es uns noch um Nachhaltigkeit und Umweltschutz“,
Utensilien des Handelsspiels
berichtet ein Teilnehmer, „aber irgendwann war allen nur noch die Gewinnmaximierung wichtig.“ Das afrikanische Bündnis sorgt übrigens für die größte Überraschung des Vormittags. Durch die Zusammenlegung ihrer Produktion und geschickten Ressourcenhandel erzielen Kongo und Togo nicht nur gigantische Wachstumsraten, sondern lassen auch in der Gesamtwertung Brasilien, Indien und die Industriestaaten weit hinter sich.
Foto: Yvonne Daschowski
Katharina Grewe 21 Jahre, Passau ... hat gelernt, dass eine Schere ohne Papier nicht viel wert ist.
Was kostet die Welt?
Erhöhung des Spitzensteuersatzes, Wiedereinführung der Vermögenssteuer – von den Reichen in Deutschland wird viel gefordert. „Die da oben“ äuSSern sich selten dazu, wie es sich im Reichtum lebt. Wir lassen jemanden zu Wort kommen, der mit seinem dicken Portemonnaie den Kamin beheizen könnte. Eine Glosse von Michael Kruse
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enn ich über mein angebliches Leben in den Medien höre, dann müsste ich aus dem Feiern gar nicht mehr rauskommen: Jetset-Leben, Kaviar, schöne Frauen. Die „schrecklich glamouröse Familie“ Geiss, welche ihren angeblichen Reichtum auf dem Unterschichtensender RTL II zur Schau stellt, setzt genau solche Standards. Unter uns Superreichen spricht man da auch gerne mal vom Bauernadel… Wenn hingegen andere über mich sprechen, dann gehöre ich zu den reichsten Menschen Deutschlands, die Geld scheffeln und sich vom Leben der Mittelschicht immer mehr entfernen. Als Sinnbild des Bösen sei ich nur reich geworden, weil ich andere ausbeuten würde und einen Großteil meines Geldes in der Schweiz oder Liechtenstein versteckt habe. Dabei besitze ich dort nur kleine Villen für Kurz ausflüge oder zum Ski fahren.
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Als Sohn aus reichem Hause habe ich exzellente Startbedingungen gehabt: In der Zeit auf einem Privatinternat habe ich für eine gute Note sehr viel getan. Ich habe mein Privatleben geopfert, hatte kaum Freunde – alles für das perfekte Abitur! Aber dieses hat es mir dann ermöglicht, an der Yale University in den USA als Jahrgangsbester abzuschließen. Darauf bin ich natürlich mehr als stolz, schafft schließlich auch nicht jeder. Darum lautet auch mein Lebensmotto: Von nichts kommt nichts. Gute Noten, gutes Geld, gutes Leben. Stolz bin ich darauf, woher mein Geld kommt: Ich habe mein gesamtes Vermögen auf eine Karte gesetzt und mit einem unheimlichen Risiko ein Unternehmen gegründet, welches heute ein führender Internetkonzern ist. Mut zeichnet mich aus. Dass ich mir damit meine
Wohnsitze um den Globus, den Helikopter im Garten und die kleinen Gefälligkeiten des Lebens mehr als verdient habe, steht ganz außer Frage. Zumal ich über den Spitzensteuersatz jährlich eine höhere siebenstellige Summe an Vater Staat abführe. Wenn jetzt die Gutmenschen von SPD, Grünen und der Linkspartei kommen und mir noch mehr nehmen wollen, da läuft mir die Galle über. Allein wenn diese Tagträumer ihren Mund schon aufmachen, kriege ich Bluthochdruck! Wofür soll ich noch mehr bezahlen? Es wird doch alles nur noch schlimmer in Deutschland. Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied. Auch in Deutschland kann sich jeder auf den Hosenboden setzen und vom Tellerwäscher zum Millionär werden. Wer das nicht schafft, hat eben Pech gehabt: So läuft das im Kapitalismus! Und
bevor all die Roths, Gabriels und Wagenknechts in diesem Land die Reichen weiter an den Pranger stellen, sollten sie besser die Möglichkeiten zum eigenen Wirtschaften verbessern und verstehen: Wer mehr leistet, verdient auch mehr. So wie ich!
Michael Kruse 18 Jahre, Lingen ... hat seinen Namen nicht auf der Liste der reichsten 500 gefunden. Dabei hätte er sich das Geld mehr als verdient.
Es wird eng
Artenvielfalt, Lebensräume und Ökosysteme. Sie alle müssen geschützt werden – das wird seit Jahren gepredigt. Im Workshop zu Biodiversität lernen die Teilnehmer, wie die Realität aussieht. von Jussra Zamani
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Workshopteilnehmer stellen sich ihrer ersten Aufgabe: Sie bekommen je eine Schnur, die sie kreisförmig auf dem Boden legen und in deren Mitte sie sich stellen. Nach wenigen Minuten wird zum Wechsel aufgefordert. Bei jeder Aufforderung müssen sich die Jugendlichen einen neuen Kreis suchen, dabei werden jedes Mal Schnüre weggenommen. Es ist nun so eng, dass sich eine Teilnehmerin an eine andere geklammert hat, um gerade noch im Kreis stehen zu können – Ziel ist ein Gefühl dafür zu bekommen, was es bedeutet, wenn Lebensräume immer enger und kleiner werden. Schnell kommen sie auf eine Idee und knoten ihre Schnüre anschließend zu einem Ganzen zusammen – so ensteht ein größerer Raum und alle haben Platz. Die jungen Hobbybiologen haben sich in dem Workshop „Biodiversität im Fokus – Biologische Vielfalt“ zusammengefunden. Die Leiterinnen des Workshops, Marlene Grauer und Sophie Perl, haben sich vorgenommen, junge Menschen für den Schutz der Umwelt zu begeistern und ihnen zu erklären, was Biodiversität bedeutet. Es geht um biologische Vielfalt aller Arten und wie diese geschützt werden kann. Einen besonderen Bereich stellen die „gege-
benen Dienstleistungen“ der Natur dar, also Wasser und Bodenbildung, die leider einfach so hingenommen werden. Sie sind praktisch kostenlos. Viele Menschen unterstützen gefährdete Ökosysteme deshalb nicht, weil man sich dann für etwas einsetze, wenn es einem an etwas fehle. „Erst wenn es kaputt ist, denkt man darüber nach“, erklärt Grauer. Den Staat würde es etwa zwei bis vier Milliarden Euro kosten, wenn er Ökosysteme künstlich erzeugen müsste.
Kamtschatka als Vorzeigeort Die Jugendlichen sollen sich näher mit der russischen Halbinsel Kamtschatka befassen und kennenlernen, indem sie sich zuerst in Gruppen mit verschiedenen Texten in die Thematik einlesen. Was sie aber noch nicht wissen, ist, dass die Texte verschiedene Interessengruppen abdecken. Ziel der Methode ist es, ihnen zu zeigen, wie Politik funktioniert und wie Entscheidungen getroffen werden. Wie kommen Naturverbände auf einen Nenner und was können sie unternehmen, wenn die Wirtschaft Pipelines und Wohngegenden bauen will? Die Jugendlichen entwickeln durch das Spiel ein Verständnis für beschlossene Ge-
Interessiert lesen die Teilnehmerinnen Texte über Biodiversität
setze, die nicht immer auf das Interesse der Allgemeinheit abgestimmt sind. Dies geschieht auf politischer und regionaler Ebene am Beispiel von Kamtschatka. Trung Tran, 18 Jahre alt und Teilnehmer, findet es schade, dass das Thema zu sehr auf einen Ort begrenzt sei. „Ich hätte mir mehr zu Biodiversität im Allgemeinen gewünscht.“ Doch Kamtschatka sei aufgrund seiner Naturvielfalt ein gutes Beispiel, die Biodiversität besser zu ver-
Foto: Yvonne Daschowski
stehen, findet Julia Luneva, Auslandsstudentin aus Russland. Die große Aufgabe lautet nun: Wie soll Kamtschatka in 30 Jahren aussehen?
FruchtflEisch Worauf sollten wir einen Tag lang verzichten?
Fotos: Yvonne Daschowski
„Ausgleich“
„Strom“
„Alles“
Harald Welzer, 55 Jahre Sozialpsychologe
Henrika Kleineberg-Massuthe, 20 Jahre Praktikantin
Laura Brinkmann, 26 Jahre Heilpädagogin
Das würde ich den Leuten selbst überlassen. Eigentlich sollte man aber auf alles verzichten, was einem nicht gut tut.
Auf Strom! Allerdings abgesehen von Krankenhäusern. Ich habe auch mal ein Jahr ohne Strom gelebt – gar kein Problem.
„Eigentlich auf alles, was mit Konsum zu tun hat. Von mir aus könnte übrigens auch jeder Tag ein Veggie-Day sein.
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Weniger Kohle für mehr Saft
Kaffeemaschine und Toaster. Smartphone und iPod. Ob beim Frühstück oder der Kommunikation, all diese Dinge brauchen eins: Strom. Immer mehr Menschen verbrauchen immer mehr Energie. Ganz selbstverständlich – oder doch nicht? Geht uns bald der Saft aus? Von Michael Kruse
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m 15:30 Uhr brennt im Seminarraum auf jeden Fall noch das Licht. Strom gibt es anscheinend noch genug. Ob das in Zukunft auch so ist, das wollen Alena Hahn und Ricarda Thimm mit uns Workshopteilnehmern in den kommenden zweieinhalb Stunden klären. Dazu sollen wir uns erst einmal in bestimmte Ecken stellen, je nachdem ob wir denken, dass uns der Saft wirklich einmal ausgeht oder eben nicht. Die meisten stehen wie ich in Ecke C. Wenn es nach uns geht, regelt der technologische Fortschritt das schon. Irgendeine Lösung hat es schließlich für jedes Problem gegeben. Wie groß dieses Problem ist, machen uns Alena und Ricarda in ihrem darauffolgenden Vortrag deutlich. In nur drei Generationen intensiver Energienutzung haben wir die Grenzen unseres Wachstums mehr als erreicht. Mit der industriellen Revolution und der Erfindung der Dampfmaschine hat damals alles angefangen. Der Siegeszug der Nutzung von Kohle und Co. nahm seinen Lauf: Vor etwa 150 Jahren entstanden in Europa die ersten großen Kohlebergwerke. Schließlich hatte die neue Industrie einen riesigen Hunger auf Energie. Nun stehen die größten Kohleförderstätten des Planeten in China. Für die Werkbank der Welt wird die Hälfte der weltweiten Fördermenge verbrannt. Riesige Mengen. Doch auch im deutschen Energiemix machen Steinund Braunkohle noch fast ein Viertel der Energieträger aus. Damit waren wir 2011 auf Platz sechs der Länder mit dem größ-
Die Workshopteilnehmerinnen erarbeiten sich ihr „Energieszenario 2050“
ten CO2-Ausstoß. Ein Spitzenplatz, auf den man eher weniger stolz ist. Grund genug, unser eigenes Erfolgsszenario einer gelungenen Energiepolitik im Jahr 2050 zu erstellen. Wir machen uns jeweils zur viert auf die Suche nach Möglichkeiten, die Welt zumindest in unseren Gedanken zum Besseren zu verändern. 100, 50, 35 – hinter diesen Zahlen verstecken sich die Prozentanteile der
erneuerbaren Energien. Während die Bundesregierung sich als Ziel gesetzt hat, 2050 die Hälfte der Energie aus alternativen Quellen zu gewinnen (siehe Kasten unten), sind wir uns über den genauen Wert uneinig. Natürlich, 100 Prozent wären wünschenswert, doch ob das jemals realistisch sein kann? Zweifelnde Blicke schweifen durch den Raum. Wir sind uns nicht sicher.
Energi e mi x i n D e u ts c hl a n d 2012
2050
11,7% 23,9% 8%
33,4%
52,8% 24,6%
20,9% 21%
Mineralöl Erneuerbare Energien
Erdgas Sonstiges
Kohle Kernenergie
Quelle: Bundesumweltministerium
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Im Rahmen der Energiewende plant die Bundesregierung neben dem Ausstieg aus der Atomenergie einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien. Zusätzlich wird im Strategiepapier des Bundesumweltministeriums davon ausgegangen, dass der Gesamtenergieverbrauch sich im Jahr 2050 im Vergleich zu 2012 etwa halbieren wird. Dahinter steckt auch die Vorstellung, den Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen im Vergleich zu 1990 um 80 bis 95 Prozent zu senken. Um diese Ziele zu erreichen, gibt es das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Darin sind beispielsweise Vergütungen und Förderungsbedingungen für die Einspeisung von erneuerbaren Energien in die Stromnetze geregelt. Ein weiterer wichtiger Bestandteil ist der Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie bis zum Jahre 2022.
Foto: Yvonne Daschowski
Einig sind wir uns hingegen, dass es bei der Energiewende positive und negative Auswirkungen gibt. Wenn alles gut läuft, dann können wir die Früchte des Wagnisses schon in wenigen Jahren ernten. Wir betreten zum Teil technologisches Neuland, das uns aber auch marktwirtschaftliche Vorteile bringen kann. Mit richtiger politischer Förderung kann dieses große Potential gefördert werden. Wenn aber die falschen Hebel in Bewegung gesetzt werden, kann die Energiewende zu Netzproblemen und flächendeckenden Stromausfällen führen. Und für den Fall, dass der Strom da ist, wird dieser immer teurer. Wird die EEGUmlage (siehe Kasten) nicht der aktuellen Entwicklung angepasst, dann führt dies zu einer großen sozialen Ungerechtigkeit bei den Strompreisen. Wir als Workshopteilnehmer sind uns einig: Hier ist die Politik gefragt. Sie muss den Schalter umlegen, um die Energiewende nicht nur zu denken, sondern mit uns allen aktiv zu gestalten. Die passenden Ideen haben wir schon entwickelt.
Michael Kruse 18 Jahre, Lingen ... Hat seinen Hauptenergieträger auf der Liste des BMU vermisst. Kaffee war nirgends zu finden.
f risc h , f r u ch t i g, s e l bs tge p r e s s t – m it m achen @po lit ik o ran g e.de
Impr essum Diese Ausgabe von politikorange entstand während des Jugendkongresses „Zukunft denken. Zukunft gestalten“, der vom 02. bis 04. November 2013 am Werbellinsee stattfand.
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ls Veranstaltungszeitung, Magazin, Onlinedienst und Radioprogramm erreicht das Mediennetzwerk politikorange seine jungen Hörer und Leser. Krieg, Fortschritt, Kongresse, Partei- und Jugendmedientage – politikorange berichtet jung und frech zu Schwerpunkten und Veranstaltungen. Junge Autoren zeigen die große und die kleine Politik aus einer frischen, fruchtigen, anderen Perspektive.
politikorange – Das Multimedium
Herausgeber und Redaktion: politikorange c/o Jugendpresse Deutschland e.V. Alt-Moabit 89, 10559 Berlin www.politikorange.de
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In einer Gesellschaft, in der oft über das fehlende Engagement von Jugendlichen diskutiert wird, begeistern wir für eigenständiges Denken und Handeln. politikorange informiert über das Engagement anderer und motiviert zur Eigeninitiative. Und politikorange selbst ist Beteiligung – denn politikorange ist frisch, jung und selbstgemacht.
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Illustration: Yvonne Daschowski