In hoheS Feld BegInnt dIe welt
BUSwarteh채USchen gefunden in Mecklenburg-Vorpommern von Brigitte arend und Franz riegel
In HoHeS Feld begInnt dIe Welt buSWArteHäuScHen gefunden in Mecklenburg-Vorpommern von brigitte Arend und Franz riegel Š 2015 brigitte Arend und Franz riegel texte dr. brigitte Arend Fotografie Franz riegel gestaltung | Satz | Herstellung power-riegel.de, 17168 Klein Markow 16 www.power-riegel.de | franz@power-riegel.de
Schwiessel Abzweig, 19. 11. 2012
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einführung
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Schöne Aussichten
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die Aura der Innenräume
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Hüben und drüben
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Aneignung des öffentlichen raums
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durchblicke
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Architektonische und räumliche Kontexte
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Alphabetisches Verzeichnis der abgebildeten buswartehäuschen
Karlshof Abzweig, 17.06.2012
Sietow, Knotenpunkt, 13. 07.2013
einführung Mecklenburg-Vorpommern ist dünn besiedelt. Im Hinterland der Städte und der tourismusregionen ist es still. es passiert nicht viel. Man hat den weiten blick. Aus unserem Küchenfenster in einem 21–Seelendorf in unserer Wahlheimat Mecklenburg-Vorpommern fällt unser blick täglich auf ein einsames buswartehäuschen unten an der dorfstraße. diese hat mittlerweile schon etliche Schlaglöcher und löst sich langsam auf. Vor 20 Jahren, als das blecherne durch ein hölzernes Wartehäuschen ersetzt wurde, gab es erzählungen älterer einwohner zufolge hier bis zu 30 Fahrschüler. Auch die erwachsenen im ort nutzten bis in die 80er Jahre hinein den öffentlichen nahverkehr. In den letzten fünf Jahren gab es nur noch einen einzigen Schüler, der den Schulbus an offiziellen Schultagen erwartete. Jetzt, nachdem dieser Junge das dorf verlassen hat, um in der Stadt eine Ausbildung zu machen, wartet niemand mehr auf den bus. der kommt an den Schultagen zwar noch vorbei, fährt aber, ohne anzuhalten, eine Schleife und verschwindet rasch aus dem blickfeld. das verwaiste Wartehäuschen steht weiterhin dort und rottet vor sich hin. Seither fallen Franz riegel die Wartehäuschen auf. erst in den späteren lebensjahren nach langen reisen und vielfältigsten lebens– und Arbeitsstationen hat es uns ins Hinterland Mecklenburg-Vorpommerns verschlagen. umherstreifen, verweilen und beobachten, dokumentieren und beschreiben, das Handwerkszeug der ethnologie und Soziologie, sind für uns lebenshaltung und notwendig zur Aneignung und Verankerung in jeweils neuen lebenswelten. und sie sind Quelle der künstlerischen Arbeiten des Weltreisenden und Fotografen Franz riegel – auch vor der eigenen Haustür. Auf nebenstrecken sind wir also bis in die hintersten Winkel des landes, indem wir seit 2005 leben, gereist, um es zu erkunden, seine geschichte und soziale realität zu recherchieren und zu verstehen, im wahrsten Sinne des Wortes uns ein bild der neuen Heimat zu machen. unterwegs haben wir dann immer mehr noch funktionstüchtige, aufgegebene sowie verfallene buswartehäuschen aufgespürt. die unglaubliche Vielfalt der Materialien und Formen, die verschiedenen Stadien des Verfalls, aber auch deren Verlorenheit in der landschaft hat uns fasziniert. Zunehmend waren die Wartehallen der Anlass, eine region zu erwandern oder mit dem Auto zu erkunden. Mit der Zeit verdichtete sich das buswartehäuschen für uns zur Metapher. die entdeckung all dieser, vormals meist unbeachteten Wartehäuschen in der weiten, demografisch, sozial und ökologisch „leer laufenden“ landschaft Mecklenburg-Vorpommerns begründete so einen Zyklus fotografischer Arbeiten Franz riegels, in denen sich vor allem das erleben sich vollziehender Zeit, von Übergang, Vergänglichkeit und gesellschaftlichem Wandel künstlerisch umsetzt.
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Vom dokumentarischen Ansatz zur raumerfahrung — Perspektivenwechsel Als wir beginnen, die buswartehäuschen aufzuspüren, sind wir zunächst beeindruckt durch den befremdlichen Anblick, die exotik, aber auch die architektonische Polyphonie der kleinen bauwerke. Im gegensatz zur zeitgenössischen, vor allem urbanen dIn-normierung finden sich unter den Wartehäuschen im Hinterland Mecklenburg-Vorpommerns echte Persönlichkeiten, die zum Sammeln und dokumentieren anstiften. dieser zunächst dokumentarische Ansatz in der Fotografie Franz riegels formalisiert sich in der strengen Anwendung der Zentralperspektive. So entstehen Serien von Fotografien dieser verlorenen, ihre Funktion einbüßenden Architekturen. Im nebeneinander von genormten typen einerseits und regional aus vorhandenen ressourcen entwickelten baukörpern andererseits erschließt sich eine Vielfalt architektonischer lösungen für die Funktion des geschützten Wartens. In touristenregionen beliebt ist das Fachwerkhäuschen, an der Küste zum teil reetgedeckt. Weiter ab von den Hauptströmen finden sich auch noch unikate, die den Zeitgeschmack der Sechziger atmen und etwa mit farbigen Kacheln oder leuchtend bunten glasbausteinen verziert sind. es finden sich einfache Quader, aber auch Architekturen mit Vorhallen, besonderen dachkonstruktionen, Hexagone oder rundbauten. Je nachdem, ob eine gemeinde gut wirtschaftet oder nicht, ob sie Menschen an sich binden kann oder nicht, wechseln an einzelnen Strecken die modernistischen glas– und Stahltypen, die in der nähe der Mittelzentren zu finden sind, mit relikten der 60er oder selbst gebautem. es finden sich improvisierte Ziegel- und Metallkonstruktionen, baracken sowie billige replika von Alpenhütten. Hier und da klingen in den Wartehallen Zitate aus dem offiziellen architektonischen repertoire und zeitgenössischer ornamentik an: Pavillons und bunker, tankstellen und brückenpfeiler, Kirchenfenster, Schießscharten und Fenstergitter, aber auch „eingeborenenhütten“ oder historizistische elemente wie Fachwerk gehören zu den Konnotationen. Während des dokumentarzeitraums zwischen 2010 und 2015 schließlich wurden viele der hier abgebildeten buswartehäuschen ersatzlos abgerissen oder durch leichte Stahlkonstruktionen in unterschiedlichen Farben mit glasscheiben ersetzt. Insofern betreibt Franz riegel auch ein Stück Spurensicherung. bedeutsamer aber ist ihm die Freude an der Vielfalt der Wartehäuschenpersönlichkeiten. Im laufe unserer Arbeit am Wartehäuschenprojekt fühlten wir uns dann immer mehr von der sinnlich–emotionalen Wirkung der bauwerke und der Ausstrahlung ihrer individuellen räume angezogen. der Philosoph Karlfried graf dürckheim prägte dazu 1932 den begriff der „leibhaftigen Herumwirklichkeit“. Franz riegel will dem betrachter in der Komposition seiner Fotografien, diese „leibhaftige“ erfahrung nahe bringen. diese konstituiertt sich aus einer empfindsamen Wahrnehmung der räumlichen Ausstrahlung der Wartehallen, ihrer einbettung in topographische umgebungsmerkmale aber auch der Wirkungen von licht. er beginnt daher, durch einen geregelten Perspektivenwechsel seine sinnlichen erfahrungen bildnerisch umzusetzen. er nimmt die betrachter quasi mit, lässt sie in die Wartehäuschen hineinsehen, in ihnen Platz nehmen, aus ihnen heraus die umgebung
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anschauen oder um diese herum gehen. So entstehen neben den Ansichten der Wartehäuschen von vorn mit der Zeit auch einsichten und Aussichten aus dem selben objekt, die seine einbettung in gesellschaftliche, ökologische Prozesse hervorheben. das eigentümliche an einem Wartehäuschen ist die gleichzeitigkeit von durchgangsort und Heimatort. dieser Aspekt wird in diesen Mehr–Perspektiven–Arbeiten verdichtet. So erleben wir Schutz und Verlorenheit zugleich. die Ausblicke offenbaren die leere der landschaft oder die trostlosigkeit und randständigkeit der vorhandenen gebäuderuinen aber auch das typische, den Heimatort. die einblicke offenbaren das Wesen, die Aura der Innenräume, die je nach Zuschnitt, Ausgestaltung oder Stadien der Funktionalität einladend oder abweisend wirken. das besondere der digitalfotografie ist es, dass der Fotograf, auf das, was sich in der Fotografie findet, reagieren kann. die trouvaille, der Ausschnitt, der sich erst – ähnlich wie beim Warten – durch achtsame beobachtung und sich Zeit nehmen erschließen kann, ist ein kennzeichnender Aspekt im Ausdruck der Arbeiten von Franz riegel. es finden sich bilder, die die in ihrer Farbigkeit und transparenz an Kirchenfenster erinnern. Andere detailaufnahmen zeigen reduzierte Kritzeleien, wie sie gefangene an Zellenwänden hinterlassen, aber auch Signaturen, Spuren von Aufklebern und Abschabungen auf transparenten und halbtransparenten Materialien, die gleichsam vor den durchscheinenden landschaften im licht schweben sowie reflexionen des Außenraums auf glasflächen daneben finden sich skurrile architektonische oder Ausstattungsdetails, die in ihrer Farbigkeit oder ästhetik in seltsamem Kontrast zu der Verlassen– und Verlorenheit der orte stehen. dazu komponiert Franz riegel Fotografien, die den ort Wartehäuschen in seinem räumlichen Kontext zeigen. Hier erscheint es als landmark in der Weite der menschenleeren landschaft, ästhetisch wie funktional als Fremdkörper. diese bilder leben von der Spannung zwischen Horizontale und Vertikale: die oft messerscharfe Horizontlinie, schnurgerade Markierungslinien auf dem Asphalt oder die bodenplatten der Haltestellen verschieben den Wahrnehmungsprozess in die tiefe und spiegeln sowohl die grenzenlose Weite des landes als auch metaphorisch die Zeitläufte wider. die Horizontale wird jäh durch die vertikalen linien der objekte geschnitten. dieser immer gleiche formale bildaufbau erfasst die Spannung zwischen der Weite des raums und der enge des ortes. teilweise durchdringen sich diese, indem durch glasscheiben oder Aussparungen der umgebende ökologische raum durch die Architektur durchscheint.
Fragmente, Spuren Zersetzung — Visualisierung sich vollziehender Zeit In Mecklenburg-Vorpommern beginnt Franz riegel erstmals, sich auch künstlerisch mit dem thema Zeit zu beschäftigen. bei seiner Ankunft in seinem gehöft legt er sich auf einer übrig gebliebenen betonfläche einen Spiegel zu Füßen, den er über Jahre den elementen aussetzt. den langsamen Prozess der Verwitterung, die Flüchtigkeit der Spiegelungen, die eine stetige Veränderung von Farbe, Konsistenz und Formenspiel hervorrufen,
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dokumentiert er fotografisch und verarbeitet diese Fotografien später zu durchscheinenden, sich in Schichten überlagernden digitalen bildern, die Zeit als Fluss steter Veränderung sichtbar machen. Auch das buswartehäuschen lässt sich als objekt begreifen, an dem sich Zeit als erosionsprozess vollzieht. Seine ursprüngliche Funktion verliert sich langsam, es wandelt sich in einen verlassenen ort, wird zum Schäbigen objekt. In seinem materiellen Zerfallsprozess spiegelt sich die erosion eines Zeitalters ebenso wie die erosion gesellschaftlicher Prozesse. Mutwillige Akte der Zerstörung, Zersetzungsprozesse an den Materialien, Überlappungen und Schichtungen von Übermalungen, beklebungen, reparaturmaßnahmen lassen sich als eine Manifestation verschiedener epochen, eine gleichzeitigkeit von Vergangenheit und gegenwart begreifen, die Franz riegel in seinen Fotografien zu einer bildlichen Aussage verdichtet. Spuren der einwirkenden elemente und der Menschen, die diese orte genutzt haben, schreiben sich in das Material ein. der Prozess des Verlorengehens des ortes und des Vergehens der Zeit kondensiert in seltsam durchscheinenden poetischen bildern, deren verschiedene Schichten einander durchdringen. es bleibt unklar, wo Innen, wo Außen ist, wo der Anfang und wo das ende ist: diese bilder sind still, bewegungslos, menschenleer. Sie erzeugen in ihrer Statik den eindruck sich vollziehender Zeit. einige Arbeiten, die Zeitläufte erfahrbar machen, sind als Schwarzweiß-Aufnahmen konzipiert. Hier wird nochmals auf einer anderen ebene das Vergehen und das Vergangene in den bildern umgesetzt, indem das Zitat der Schwarzweißfotografie mit dem gefühl der vergangenen Zeit spielt. tatsächlich sind einige der objekte im Verlaufe des Projektes entweder durch neue ersetzt oder gänzlich entfernt worden.
erzählerische Wirkung — buswartehäuschen als Metaphern für das, was im land vorgeht die Verlorenheit der kleinen bauwerke und Infrastrukturreste vor der Weite des landes und des Himmels spiegelt eindrücklich gesellschaftliche und demografische Veränderungen in einer sich durch Agroindustrie und entsiedelung wandelnden Kulturlandschaft wider. Insofern ist dieser bildband auch ein fotografisches Portrait unserer Wahlheimat Mecklenburg-Vorpommern. Man sieht den Wartehäuschen an, dass sie kaum noch genutzt werden. Insofern sind sie Sinnbilder für das, was im land vorgeht. In diesen kleinen bauwerken verdichten sich objektiv-rational aber auch sinnlich-emotional Spuren einer früheren Zeit, aktuellen gesellschaftlichen und demografischen Wandels und zukünftiger entwicklungen. Im ruralen Kontext erzählen sie geschichte und geschichten zugleich. Für viele Menschen war Mecklenburg-Vorpommern in den letzten Jahrhunderten ein durchgangsland. die großgrundbesitzer haben bis weit ins ende des 19. Jahrhunderts hinein Pächter von bauernstellen im Jahreswechsel wieder entlassen. gleiches galt für tagelöhner, Knechte und deren Familien sowie Schnitter und andere Saisonarbeiter. Manche orts– und Flurnamen weisen bis heute auf die oft prekären lebensbedingungen
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hin. Wir fanden orte wie „Alt ungnade“ und Hungersdorf“. es war ein Kommen und gehen. In den Kriegen zogen tausende von Soldaten sowie Flüchtlingen durch oder fanden zeitweilig ein dach über dem Kopf. Zu Zeiten der ddr wurden dazu neubauern angesiedelt, von denen etliche wegen oft prekärer Arbeitsbedingungen wieder aufgeben mussten. Später wurden Flächen enteignet und zu Produktionsgenossenschaften zusammengefasst, so dass manche gegenden erneut Zuzüge aus anderen regionen erfuhren und Plattenneubauten für die zahlreich erforderlichen Arbeitskräfte am rande der Felder und Weiden errichtet wurden. Zudem wurden große Agglomerationen von betonställen, Feldfruchtlagerstätten und Maschinenhallen für Ackerbaugeräte inmitten der landflächen errichtet. diese stehen heute nach der erneuten Privatisierung der landwirtschaftlichen Flächen großenteils wieder leer, teilweise werden sie von den heute dort ansässigen großbauern erhalten und für heutige nutzungsanforderungen umgebaut. Wo zu ddr-Zeiten etwa 120 Menschen in der landwirtschaft tätig waren genügen heute vielleicht schon vier. es gibt auch die Sehnsuchtsorte in Mecklenburg-Vorpommern. Stille und liebliche Winkel, in denen die von der letzten eiszeit erschaffene topographie mit sanften Moränenhügeln, spiegelglatten Söllen und Seen sowie mächtigen jahrhundertealten Hudeeichen aufwartet. Prächtige gutshäuser, die im alten glanz erstrahlen, herrliche Küstenwälder und kilometerlange, dünengesäumte Strände. Manche Altstadtkerne und ihre trutzigen dome und Kirchen sind in die liste des uneSco Kulturerbe aufgenommen worden. Aber dazwischen liegt menschenleeres Agrarland. 63 Prozent der Fläche wird landwirtschaftlich genutzt. Viele Hektar umfassen die Areale, auf denen bis zum Horizont nur eine Feldfruchtsorte zu finden ist. Hier draußen sieht man Felder, Weiden und den oft dramatischen Himmel, der sich weit über den Horizont spannt. Man hat einen freien blick auf die Kulturlandschaft. diese dient heute der agroindustriellen erzeugung von energie für biogasanlagen, nahrungsmitteln für die Fleischproduktion und zu einem geringeren teil für Menschen. In großen Schwärmen lassen sich hier Kraniche und andere Zugvögel nieder. das rotwild traut sich auch am tage aus der deckung, um zu fressen. Vereinzelt finden sich Spuren der Menschen, die hier gelebt und gearbeitet haben oder übrig geblieben sind: kleine Vorwerke ehemaliger güter oder Weiler, die oft mehre Kilometer von einander entfernt sind. Mecklenburg-Vorpommern ist das am dünnsten besiedelte bundesland in deutschland. Heute leben nur ungefähr 1.600.000 Menschen auf ca. 23.180 km2. nur acht Prozent des Areals entfallen auf Siedlungs– und Verkehrsflächen. In den Wartehäuschenbildern erschließt sich eben auch eine soziale dimension. Sie erzeugen eine Ahnung von gesellschaftlichen Prozessen, die sich als soziale Kraft manifestieren. In diesen Serien werden der ort Wartehäuschen und der ihn umgebende raum des Hinterlandes zu Zeichen einer sozialen Krise. Manchmal fehlt ein Sitz, manchmal eine Wand, manchmal fast alles. Wind und Wetter werden kaum noch abgewehrt, wirken unaufhaltsam. und dennoch erscheinen diese Wartehäuschen wie residuen gesellschaftlicher Fürsorge in der landschaft. Sie enthalten ein Versprechen gegen das Vergessensein
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der verbleibenden Menschen in den sich entleerenden landstrichen: Hier kümmert man sich um dich. Hier sollst du geschützt werden. diese Häuschen waren einst Ausdruck von Anschluss, dazugehören, nicht-vergessen-Sein und leben. die bilder Franz riegels bezeugen einen Wandel, indem diese orte sowie die darin geronnenen bedeutungen und erfahrungen obsolet werden. die ihnen inhärente gesellschaftliche Funktion und bedeutung bleibt eine Zeit lang als Spur stehen und zerfällt langsam.
Spuren von Menschen in menschenleeren räumen Im Verlaufe seines Funktionsverlustes wandelt sich das Wartehäuschen zu einem gegen– ort (contre–emplacements) im Sinne des Anthropologen Marc Augès. Menschen verlassen ihn, halten sich fern oder eignen sich diesen ort an. die bilder in diesem band kommen ohne Menschen aus. Ihr gegenstand sind die Spuren, die Menschen durch bauwerke in der landschaft, aber auch im und am objekt hinterlassen. diese verweisen auf die unterschiedlichen sozialen Formen und Funktionen der Aneignung, für die anderswo kein raum ist. Hinweise auf diese Aneignungsprozesse finden sich zum einen in Form von zugefügten oder hinterlassenen objekten, zum anderen in Form von bemalungen, Kritzeleien, aber auch beschriftungen mit politischen Parolen, die es zu einem ort subversiver Aktionen umfunktionieren. Überall im land hinterlassen nazis Spuren. es finden sich Hakenkreuze, SS–runen aber auch Insiderchiffren, die nur eingeweihten oder dem dezidierten politischen gegner etwas sagen, sowie eindeutige Hassbotschaften und Morddrohungen. Insbesondere aufgegebene bauwerke, wie die obsolet gewordenen buswartehäuschen, tragen diese politischen graffitis und werden damit zu Projektionsflächen von gesinnungen. Zumindest unterschwellig werden diese Zeichen von hier passierenden Menschen wahrgenommen. es entsteht eine kaum merkliche Infiltration, die zu einer Habituation an die politischen botschaften im denken und Fühlen führt. Zeichen und untergrund verschmelzen langsam und werden kaum noch als verstörend wahrgenommen. Kleinste gesinnungsbezogene Verunreinigungen auf großen Flächen hat Franz riegel herausgearbeitet, bis sie als vorgefundene chiffren rechter gewalt klar sichtbar werden. So wird die Atmosphäre des grauens und der latenten bedrohung fühlbar. diese Fotografien wirken wie bühnenbilder in einem theaterstück, die die Aussage untermalen und verstärken. die in den buswartehallen vorgefundenen requisiten, das licht, entfalten eine Stimmung, die sakrale, wie gewalttätige Anmutungen oder solche kriegerischer Verheerung beschwören. das Innere eines der verlassenen buswartehäuschens gleicht einer Hinrichtungsstätte unter einem Hakenkreuz. diese bilder erspart uns Franz riegel nicht. er bezieht in seinen Arbeiten vielfach Position gegen diese politischen Kräfte, die am rande der gesellschaft, hier im Hinterland Mecklenburg-Vorpommerns wirken.
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Hier, am ende der Welt, entdeckten wir an einem buswartehäuschen die Inschrift „In Hohes Feld beginnt die Welt.“ Auch dieses Wartehäuschen erzählt (eine) geschichte. Vielerorts ist das land menschenleer unter den Kranichschwärmen und zwischen den Ackerflächen, die den Horizont berühren, zuweilen wirkt es verlassen, heimatlos. Hier warten nur noch wenige auf den bus. und doch beginnt für einige Menschen in Hohes Feld die Welt. dr. brigitte Arend
neustadt-gleve Hohes Feld, 27. 12. 2013 12
Schöne Aussichten Die meisten Wartearchitekturen öffnen sich zur Haltestelle, sei es durch einen Türausschnitt oder bei Unterständen durch das Fehlen einer Wand. Viele haben auch Fensteröffnungen, die seitlich oder vorn den Blick auf die Straße ermöglichen. Einerseits sind die Wandöffnungen funktional. Sie ermöglichen den Zutritt zum Schutzraum, lassen Tageslicht in diesen hinein und zeigen dem Wartenden an, wann der Bus sich nähert. Meist sind diese als einfache rechteckige Ausschnitte konstruiert. Aber es gibt auch andere geometrische Fensterformen, wie Kreise, Rauten und auf der Spitze stehende Quadrate, die teilweise noch mit Stegen versehen sind. Hin und wieder finden sich farbige Fenstergläser oder Intarsien aus farbigen Glasbausteinen, die Funktion und Zierde vereinen. Ausblicke, die sich hier bieten, sind damit architektonisch fixiert und gerahmt. Die umgebende Natur wird gefasst durch die Geometrie des Ausschnitts im Raumkörper. Während in der Malerei und Architektur der Renaissance in Fensterbildern Natur als schöne Idealgegend inszeniert wird, verdichtet sich in den hier gezeigten Aussichten und Fensterbildern das Nebeneinander von leerer Straße mit Landschaft und kahlen, abweisenden Interieurs zu beklemmenden Metaphern der Verlorenheit. Zerborstene Scheiben, abgeblätterte Wände, dunkles Innen und helles Außen, enge Umschlossenheit und der Blick in eine schier unendliche Weite verstärken den Eindruck autistischer Nichtbezogenheit ebenso wie die durch die Rahmung erzeugte Tiefe des Ausblicks.
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Langen Trechow Chaussee, 05. 01. 2013 14
Klein Niekรถhr, 31. 12. 2012
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G端nterberg, Ausbau, 12. 09. 2012
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Poischendorf, Abzweig, 20. 10. 2013
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Negast, 05. 03. 2014
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Abzweig Nobbin, 05. 03. 2014
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Abzweig Fernl端tkewitz, 05. 03. 2014
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Daberkow, 31. 10. 2013
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Die Aura der Innenräume Die architektonische Gestalt, das Material der Wände und Fenster, eventuell vorhandenes Mobiliar und Hinterlassenschaften machen die Aura eines Raumes ebenso aus wie der Ausblick. Manche Räume wirken verschlossen und abweisend, obwohl es nirgendwo Türen oder Barrieren gibt, andere sind offen und einladend. Wenn es eine Sitzbank gibt, ist dort nur ein abwartendes Nebeneinander anstelle eines Gegenübers und Miteinanders möglich. Manchmal wurden Stühle, die einen Schwatz wahrscheinlicher machen, ergänzt, manchmal Sofas oder Sessel. Es gibt Anmutungen eines Karzers oder Bunkers. Wieder andere Räume sind über großflächige Glasscheiben kaum als Raum mit Schutzfunktion erfahrbar, sondern verschmelzen mit der umgebenden Landschaft. Einige haben eine sakrale Wirkung, die zu kontemplativem Verweilen einlädt. Manche, viele, Innenräume sind aber durch Müllansammlungen, Verfall, Vandalismus und Schmierereien zu unwirtlichen Orten geworden, die eine Aura von Abweisung und Bedrohung aufweisen. Im Englischen finden wir das Wort (bus–) shelter, dem im Deutschen eine Vielzahl von Bedeutungen, wie etwa „umfassen, Obdach geben, behüten“ zugeordnet sind. Viele der hier gezeigten Räume haben sich im Laufe der Zeit zu Orten existentieller Obdachlosigkeit gewandelt.
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Zinnowitz, 14. 12. 2014
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Abzweig Vaschvitz, 07. 03. 2014
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Abzweig Fernl端tkewitz, 05. 03. 2014
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Stolpe, 31. 10. 2013
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Dudinghausen, 20. 10. 2013
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Bad Stuer, 13. 07. 2013
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Klein Lantow Abzweig, 05. 01. 2014
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Niegleve, 24. 08. 2014
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Zinnowitz, 14. 12. 2014
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Hüben und drüben Eine Buslinie ist jeweils durch zwei Destinationen markiert. Die Buswartehäuschen liegen an der Strecke zwischen diesen Punkten. An viel genutzten Straßen habe sie ein Gegenüber, eines, wo man auf den Bus in die andere Richtung warten kann. An gering frequentierten Strecken, zum Beispiel auf Nebenstraßen, gibt es oft nur eine einzige Haltestelle, die beiden Richtungen dienen muss. Buswartehäuschen stehen meist parallel zur Straße und öffnen sich zu dieser, damit die Wartenden direkt in den Bus steigen können. Vor der Ankunft und nach der Abfahrt des Bus gewähren die Türausschnitte also einen Blick nach drüben, auf die andere Seite. Gegenüber zeigt sich das Land, in dem das Wartehäuschen steht, und erzählt uns etwas über die Orte, an denen das einzelne aufgefunden wurde. Den Elementen, den Jahreszeiten ausgesetzt, wird der Blick häufig über Acker und Waldflächen gelenkt, die manchmal durch Strommasten oder Silhouetten von Silos gegliedert sind. Hier stehen wir allein vor einer großen Weite. In den Bildern dieser gegenüber liegenden Seite zeigt sich das Land Mecklenburg–Vorpommern. Drüben stehen uralte Kirchen, leer gezogene Plattenbauten, verlassene verrottende LPG–Gebäude, Ruinen von Gutshäusern oder herrliche sanierte Schlösser, aber auch Äcker, Wiesen, Monokulturen und Brachen.
Beselin Abzweig, 19. 11. 2012
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Pastin Abzweig, 14. 09. 2013
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Levitzow, 26. 01. 2013
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Eschenhรถrn, 12. 01. 2013
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Mรถllenhagen, 08. 09. 2013
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Klein Kรถthel, ehemaliges Asylbewerberheim, 06. 02. 2012
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Alt Buchholz, 02. 11. 2013
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Alt Ungnade, 14. 12. 2014
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Klein Niekรถhr, 27. 05. 2013, 10. 10. 2013
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Bruchhagen, Abz., 12. 09. 2012
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Pampow Chausseehaus, 16. 11. 2013
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Aneignung des öffentlichen Raums Niemand wartet gern. Warten gilt uns als vertane Zeit, als Verzögerung eines geplanten Handlungsprozesses. Im Buswartehäuschen verweilt man notgedrungen, in der Hoffnung, der Bus möge nicht allzu lang auf sich warten lassen. Auf den Wänden dieser Schutzräume finden sich daher Spuren der Aneignung in Form von Kritzeleien, Bemalungen, die den Wartenden die Zeit verkürzten, aber auch geheime Gedanken, durch deren Ausdruck sie sich Entlastung verschaffen konnten. So erfahren wir, dass „Sandra doof ist“, „Kati Maik liebt“, aber auch, dass jemand „die ganze Welt ficken“ will oder dass „in Hohes Feld die Welt beginnt“. Heute werden diese Wartestationen oftmals nur noch zwei mal am Tag von Schülern oder vereinzelten Pendlern, teilweise aber eben gar nicht mehr genutzt. Sie haben die Funktion eingebüßt, deretwegen sie einst gebaut wurden. In diesen Fällen werden die Flächen vielfach zur Markierung mit Ganggraffiti z.B. von Fußballfans oder zur Verbreitung rechter Parolen und Symbole genutzt. Da Buswartehäuschen immer an Straßen liegen, werden die Botschaften zumindest unterschwellig von den Verkehrsteilnehmern wahrgenommen. Teilweise werden auch Gegenmarkierungen der Antifa angebracht. Manchmal werden Naziparolen und rechte Hetzereien von Behörden oder Privatpersonen komplett entfernt, manchmal aber nur notdürftig kaschiert, etwa wenn zwar SS-Runen behördlicherseits übermalt, daneben stehende Parolen, wie „Ausländer raus“ aber stehen gelassen werden. Oft bleiben sie jahrelang unkommentiert sichtbar erhalten. Buswartehäuschen bleiben öffentliche Räume, solange sie stehen. Es sind öffentliche Räume in Zonen, die in erster Linie Durchgangszonen individualisierter Bewegung im Raum oder privatisierte Areale sind. Man fährt allein im eigenen Auto, Menschen leben in eigenen Häusern hinter Zäunen. Die Landstraße ist eine Strecke, die durch zwei Ziele definiert ist, aber selbst keinen sozialen Raum bietet. Ein Wartehäuschen kann sich daher zu einem sozialen Raum entwickeln, für den es anderswo in der Gegend keinen Raum mehr gibt, wenn etwa Gaststätten und Jugendclubs schließen oder Dorfplätze nicht mehr Wegkreuzung der Dorfbewohner bei ihren alltäglichen Verrichtungen sind. So finden sich weitere, vielfältige Umnutzungen. Es entstehen Treffpunkte für Jugendliche oder eine Hin&Weg-Bücherei. Einige Buswartehäuschen wurden zum „NachbarschaftsWohnzimmer“ umfunktioniert mit Gardinen und Sofa, wieder andere wurden von Künstlern ausgestaltet oder als Reklamefläche örtlicher touristischer Infrastruktur genutzt. Teilweise finden sich Ankündigungen und Plakate zu Konzerten und Zirkusvorstellungen.Die Hinterlassenschaften der Menschen, die sich die Buswartehäuschen angeeignet, an und mit diesen Orten interagiert haben, künden von diesen vielfältigen Belebungen und Aneignungen ebenso wie von den Verwerfungen, die gesellschaftlicher Wandel in dieser Region mit sich bringt.
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K채mmerich, 16. 09. 2012
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Alt K채twin Abzweig, 16. 06. 2013
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Ziesendorf Ausbau, 20. 11. 2010
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GroĂ&#x; Wokern, 21. 10. 2011
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GroĂ&#x; Wokern, 15. 06. 2013
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Klein KĂśthel (Ăźbermalt), 15. 06. 2013
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Dobbin, 08. 04. 2012
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Rustow, 04. 01. 2015
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Durchblicke Übergänge und poröse Raumgrenzen machen das Wesen eines Raumes ebenso aus, wie die harten Grenzen der Architektur selbst. In den Durchblicken auf die Landschaft schiebt sich das jeweils genutzte Material vor den Landschaftsraum und filtert den Blick auf diesen. Es finden sich farbige Gläser, Stegplatten, von Flechten und Moosen bewachsene Glasflächen, aber auch Rostlöcher, bröckelnde Fensterlaibungen, die den Blick auf eine neue Welt freigeben. Die Natur dringt in den Schutzraum ein, optisch, in dem der Warteraum nur durch Glas vom außen geschieden ist, oder ganz gegenständlich, in dem Pflanzen den Innenraum erobern. Neben der klassischen Anmutung der Ruine, die vom Urwald zugedeckt wird, zeigen sich hier auch bizarre abstrakte temporäre Bilder. Je nach Lichteinfall, je nach Verschmutzungs-, Verwitterungs-, oder Zerstörungsgrad der Materialien entstehen flüchtige Kunstwerke von intensiver Leuchtkraft oder filigraner Schönheit, die nur noch entfernt eine Assoziation zum Ort Buswartehäuschen zulassen.
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Beselin Abzweig, 19,11,2012
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Klein Niekรถhr, 27. 05. 2013 84
Pastin Abzweig, 16. 07. 2013 85
Charlottenthal, 21. 10. 2011 86
Gneventhin, Abzweig, 31. 10. 2013 87
Wattmannshagen, 05. 09. 2013 88
Dudinghausen, 20. 10. 2013 89
Repnitz Abzweig, 30. 05. 2013 90
Architektonische und räumliche Kontexte Da, wo mehrere Menschen lebten und arbeiteten, etwa in Plattenbausiedlungen am Rande von Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften, in Vorwerken von Gütern, ehemaligen Bauerndörfern oder den Ackerbürgerstädtchen, sind die Buswartehäuschen oft Teil skurriler Ensembles. Hier treffen verfallene Orte des Wartens sowohl auf Spuren des Lebens aus Zeiten der DDR-Infrastruktur, als auch auf jahrhundertealte Bauten, die die Macht der Kirche und des Landadels ihrer Zeit symbolisieren. Die verschiedenen geschichtlichen Epochen existieren dort als Ansammlung ihrer Architekturen eine Weile neben einander her. Die Buswartehäuschen aus DDR-Zeit verfallen zuerst, dann die Ställe, dann die Plattenbauten, die nicht mehr gebraucht werden, weil die demografischen Merkmale der Gesellschaft sich ändern. Dort, wo es Menschen gibt, die noch Möglichkeiten der Erwerbsarbeit haben, und dort, wo es Konzepte zur touristischen Erschließung gibt, wird historische Bausubstanz erhalten. Ganz weit draußen, dort, wo die Agroindustrie Menschen verdrängt, übernimmt der Individualverkehr zunehmend die Regie, und Buswartehäuschen stehen alleine vor der Landschaft oder werden ganz entfernt. In touristisch genutzten Regionen, in den Mittelzentren und in deren Nähe werden die alten Häuschen durch werbefinanzierte DIN-Norm-Designs ersetzt. Die Ensembles in diesem Kapitel zeigen die unterschiedlichsten architektonischen und räumlichen Kontexte von Buswartehäuschen in Mecklenburg-Vorpommern.
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Vossberg, 31. 10. 2013
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Boltenhagen, 14. 12. 2014
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Pumpstation Lindenhof, 29. 09. 2013
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Neukalen Friedhof, 16. 11. 2013
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Bristow, 28. 09. 2013
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Neuendorf (Breech), Abz, 31. 10. 2013
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GroĂ&#x; Grabow, 21. 10,2011
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Lehmhusen, 01. 08. 2014
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Mukran, H端lsenkrug, 07. 03. 2014
100
Radegast Neubau, 20. 10. 2013
101
Neukirchen, 05. 01. 2013
102
Alt Krassow, 05. 05. 2012
103
Waldeck II, 19. 11. 2012
104
Th端rkow, 26. 04. 2014
105
106
Alphabetisches Verzeichnis der abgebildeten Buswartehäuschen
107
Abzweig Fernlütkewitz . . . . . . . . . . . . 34
Klein Nieköhr . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
Abzweig Fernlütkewitz . . . . . . . . . . . . 25
Klein Nieköhr . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
Abzweig Nobbin . . . . . . . . . . . . . . . . 23
Langen Trechow Chaussee . . . . . . . . . 14
Abzweig Vaschvitz . . . . . . . . . . . . . . 32
Lehmhusen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
Alt Buchholz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
Levitzow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
Alt Kätwin Abzweig . . . . . . . . . . . . . . 71
Möllenhagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
Alt Krassow . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
Mukran, Hülsenkrug. . . . . . . . . . . . . 100
Alt Ungnade . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
Negast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Bad Stuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
Neuendorf (Breech), Abz . . . . . . . . . . 97
Beselin Abzweig . . . . . . . . . . . . . . . . 81
Neukalen Friedhof. . . . . . . . . . . . . . . 95
Beselin Abzweig . . . . . . . . . . . . . . . . 47
Neukirchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
Boltenhagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
Neustadt-Gleve Hohes Feld . . . . . . . . 12
Bristow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
Niegleve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
Bruchhagen, Abz.. . . . . . . . . . . . . . . 65
Pampow Chausseehaus . . . . . . . . . . . 67
Charlottenthal . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
Pastin Abzweig . . . . . . . . . . . . . . . . 49
Daberkow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
Pastin Abzweig . . . . . . . . . . . . . . . . 85
Dobbin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
Poischendorf, Abzweig . . . . . . . . . . . 19
Dudinghausen . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
Pumpstation Lindenho . . . . . . . . . . . . 94
Dudinghausen . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
Radegast Neubau . . . . . . . . . . . . . . 101
Eschenhörn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
Repnitz Abzweig . . . . . . . . . . . . . . . . 90
Gneventhin, Abzweig . . . . . . . . . . . . . 87
Rustow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
Groß Grabow . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
Schwiessel Abzweig . . . . . . . . . . . . . . 1
Groß Wokern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
Sietow, Knotenpunkt . . . . . . . . . . . . . . 5
Groß Wokern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
Stolpe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
Günterberg, Ausbau . . . . . . . . . . . . . 17
Thürkow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
Kämmerich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
Vossberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
Karcheez . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Titel
Waldeck II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
Karlshof Abzweig . . . . . . . . . . . . . . . . 4
Wattmannshagen . . . . . . . . . . . . . . . 88
Klein Köthel (übermalt) . . . . . . . . . . . 76
Ziesendorf Ausbau . . . . . . . . . . . . . . 72
Klein Köthel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
Zinnowitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
Klein Nieköhr . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
Zinnowitz, 14. 12. 2014 . . . . . . . . . . . 30
108
HER MIT DEM SCHöNEN LEBEN
ZäUNE, TORE, SPRüCHE gefunden in Mecklenburg-Vorpommern von Brigitte Arend und Franz Riegel
Das Foto- und Textbuch HER MIT DEM SCHöNEN LEBEN vereint Fotografien von Metallzäunen und Toren mit Sprüchen und Geschichten, die Brigitte Arend und Franz Riegel auf ihren Expeditionen durch Mecklenburg und Vorpommern von 2005 bis 2015 zu einem subjektiven Portrait ihrer Wahlheimat zusammengetragen haben. Die handgemachten Zäune und Tore sind einzigartige Zeugnisse der DDR-Alltagskultur, die Geschichte erzählen. In ihnen vergegenständlicht sich schöpferischer Gestaltungswillen, der Wunsch nach Farbe, Leichtigkeit und individuellem Ausdruck. Die Zäune sind kleine Kunstwerke und Denkmäler des Trotzdems. Die Autoren haben über den Gartenzaun und am Küchentisch dem Lebensgefühl der Menschen in Mecklenburg-Vorpommern nachgespürt. Eine Auswahl der gesammelten Sprüche und Erzählungen wurden den Fotografien der Zäune zugefügt. So ergänzen sich die Anmut des Unvollkommenen dieser Zaunelemente mit der teils ironisch-witzigen, teils sarkastischen oder bitteren Erinnerung der erlebten gesellschaftlichen Realität im Mecklenburg-Vorpommern der 45er bis 90er Jahre. Brigitte Arend, Soziologin und Psychotherapeutin, und Franz Riegel, Fotograf, Grafiker und Autor, arbeiten seit 2005 gemeinsam an künstlerischen Projekten in der Mecklenburgischen Schweiz.
In Hohes Feld beginnt die Welt, eine Aufschrift, die Franz Riegel an einem Buswartehäuschen in der Nähe von Neustadt-Glewe entdeckte, steht für die Grundidee seines Bildbandes, eines fotografisches Portraits des Hinterlandes Mecklenburg-Vorpommerns. Franz Riegel, Weltreisender und Fotograf, ist dafür mit seiner Kamera auf Nebenstrecken bis in die hintersten Winkel des Landes, indem er seit 2005 lebt, gereist, um noch funktionstüchtige, verfallene oder aufgegebene Buswartehäuschen aufzuspüren. Begleitet wurde er von der Soziologin und Psychotherapeutin Brigitte Arend. Umherstreifen, beobachten und verweilen, dokumentieren und beschreiben, das Handwerkszeug der Ethnologie und Sozialanthropologie, sind für beide Lebenshaltung und Quelle ihrer gemeinsamen Arbeiten — auch vor der eigenen Haustür. So entstanden Fotografien, die verschiedene Architekturen des Wartens in der mecklenburg-vorpommerschen Provinz zeigen. Diese Bilder sind still, bewegungslos, ohne Menschen. Die Verlorenheit der kleinen Bauwerke und Infrastrukturreste vor der Weite des Landes und des Himmels spiegelt eindringlich gesellschaftliche und demografische Veränderungen in einer sich durch Agroindustrie und Entsiedelung wandelnden Kulturlandschaft.
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