House of Gucci

Fashion Victim

Ridley Scott blickt mit starträchtiger Verstärkung ins „House of Gucci“: Lady Gaga versus Adam Driver.

FAMILIEN BANDE

HOUSE OF GUCCI KINOSTART tba, CAN/USA 2021, REGIE Ridley Scott, MIT Lady Gaga, Adam Driver, Al Pacino, Jared Leto, Jeremy Irons, Reeve Carney, Jack Huston, Salma Hayek, FILMLÄNGE 157 Min., © UPI IIch betrachte mich nicht als besonders moralische Person, aber ich bin fair“, erklärt Patrizia Reggiani. Vielleicht müsste sie den Begriff der Fairness noch genauer definieren.

Ridley Scott blickt in eine Welt, die sonst eher „Vogue“ genauer inspiziert: die der Mode. Die Gucci-Dynastie hat nämlich neben glamourösen Schauwerten auch filmtaugliche Chronik-Einträge mit Thriller-Potenzial zu bieten: Der GucciErbe Maurizio Gucci – Enkel des GucciGründers Guccio Gucci – wird 1995 auf den Treppen vor seinem vornehmen Mailänder Bürogebäude erschossen. Der damals 46-Jährige starb auf den Marmorstufen in den Armen des Pförtners Giuseppe Onorato, welcher die Attentäter gesehen hatte: zwei Männer, die mit einem grünen Renault Clio entkamen.

Die Polizei weiß schnell, wer dafür wohl verantwortlich ist: Maurizios Exfrau Patrizia Reggiani wird des Mordes beschuldigt. Während sie sich vehement gegen die Vorwürfe wehrt und auf ihrer Unschuld beharrt, kommen immer mehr Details ans Tageslicht, die gut zur Motivlage passen: Eine geheime Affäre Maurizios, Wut und Rachlust sowie Patrizias finanzielle Abhängigkeit machen das Bild in der Öffentlichkeit immer klarer.

BIOPIC MIT THRILLER-POTENZIAL Ridley Scott (Blade Runner, Der Marsianer, Gladiator) taucht mit Starbesetzung in die opulente Welt des ikonischen Modeimperiums ein, das „ein Synonym für Reichtum, Stil, Macht“ ist. „A Legacy Worth Killing For“, wie die Tagline des Films behauptet. Hier platziert er einen fesselnden, eleganten Thriller über Familiengeheimnisse, Verrat, Intrigen und einen schockierenden Mord – frei nach dem Roman „The House of Gucci: A Sensational Story of Murder, Madness, Glamour, and Greed“ von Sara Rodern (2001). Dass Scott das Buch verfilmen möchte, ist bereits seit 2009 bekannt.

Zu seinem Mordopfer Maurizio wird der omnipräsente Adam Driver (Marri-

age Story, Girls). Er geht ganz in seiner Rolle auf. Wie auch Lady Gaga, die zu Patrizia Reggiani wird. Die Musikerin und Schauspielerin (A Star is Born) berichtete, wie sehr ihr der Dreh zusetzte: Sie ging nach eigener Aussage so sehr in der Rolle auf, dass sie nicht mehr zwischen Dreh und Wirklichkeit unterschied. „Ich hatte irgendwann gegen Ende der Dreharbeiten psychische Schwierigkeiten. Ich war entweder in meinem Hotelzimmer und lebte und sprach als Reggiani, oder ich war am Set, lebte und sprach als sie.“ Bei einem Spaziergang hätte sie eine Panikattacke erlitten, weil sie nicht mehr zwischen Filmset und Wirklichkeit habe unterscheiden können.

STARTRÄCHTIGE VERWANDTSCHAFT Scotts – Jahrzehnte umspannender – Blick hinter die Kulissen der berühmten Modedynastie setzt im Jahr 1970 ein. Patrizia Reggiani ist mit Maurizio Gucci liiert, dem Erben des Modehauses. Immer wieder wird sie mit den Schlüsselfiguren des Familienunternehmens um Kontrolle und Macht konkurrieren – nicht nur mit ihrem Ehemann, sondern auch mit seinem geschäftstüchtigem Onkel Aldo (Al Pacino, Scarface), seinem risikofreudigen Cousin Paolo (kaum zu erkennen: Jared Leto, Dallas Buyers Club) wie auch mit dem traditionsbewussten Vater Rodolfo (Jeremy Irons).

Salma Hayek wird als Pina Auriemma zu sehen sein – eine Freundin Patrizias und Wahrsagerin, die in den Mordfall verwickelt war.

Nicht nur modisch gibt es hier einiges zu bestaunen: Gedreht wurde hauptsächlich in Mailand, es geht aber auch nach Florenz und Rom, nach Gressoney-SaintJean im Aostatal (als Sankt Moritz gecastet) und an den Comer See (besonders in die Villa Balbiano in Ossuccio). #HouseofGucci