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Sonne
Losing my identity
Kurdwin Ayub erörtert gewitzt und rührend Identitätsfragen: „Sonne“.
Ein YouTube-Video geht viral unter kurdischen Muslimen. Darin twerken drei Wiener Teenagerinnen im Hijab und singen den R.E.M.-Hit „Losing My Religion“. Die Mutter von Yesmin (die als Einzige der drei Freundinnen selbst Kurdin ist) ist gekränkt, der Vater stolz (und tritt quasi als ihr Manager auf), und Yesmin beginnt sich von ihrer Kultur zu distanzieren. Gleichzeitig sind ihre Freundinnen Nati und Bella fasziniert von der ihnen fremden Welt. Als zwei junge kurdische Patrioten auf den Plan treten, droht die Eskalation. Zwischen Identitätsfragen und Social-MediaSchnipseln nimmt eine gewitzte und wahrha ige Geschichte ihre Form an. Kurdwin Ayub (Paradies! Paradies! – eine Doku, die ihren Vater nach Kurdistan begleitet) erzählt mit Verve und in einer jungen Bildsprache. Ihre Eltern sind als Yesmins Filmeltern im Einsatz. Schlau und rührend. ZWISCHEN DEN STÜHLEN Wie Sonne in Kurdwin Ayub Gestalt annahm? „Vor ein paar Jahren meinte ein österreichischer Taxifahrer zu mir, er wäre überrascht, einmal einen Menschen wie mich in seinem Auto zu haben, obwohl er mich in einem „Ausländer-Bezirk“ einsteigen ließ. Sonst wären ja nur ‚Tiarken‘ und ‚Tschuschen‘ hier. Ich widersprach ihm und meinte, dass ich auch Migrationshintergrund habe. Er betrachtete mich durch den Rückspiegel. Die Fahrt wurde still. Ich stieg gleich danach in ein Uber, wo mich ein Kurde fuhr und sagte, dass Kurdistan viel schöner und wärmer wäre als Wien. Ich meinte, ich wäre auch Kurdin. Er wollte mit mir kurdisch reden. Ich konnte nicht antworten. Ich kann die Sprache nicht. Er war schockiert, dass ich, eine Kurdin, nicht kurdisch sprechen kann. Auch diese Fahrt wurde ruhig. Deswegen gibt es den Film Sonne. Weil ich nirgends dazugehöre. Und auch, weil ich mehrere österreichische Freundinnen hatte, die im Kurdisch-Unterricht besser waren als ich, mit Kop uch besser aussahen als ich und einen Fetisch hatten, sich immer in Flüchtlinge zu verlieben.“ #sonne lm
SONNE KINOSTART 09.09., A 2022, REGIE Kurdwin Ayub, MIT Melina Benli, Law Wallner, Maya Wopienka, FILMLÄNGE 87 Min., © Stadtkino Wien