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Das organisierte Versprechen So

Das organisierte Versprechen

Ordnungscoach Desiree Schweiger hilft bei Chaos, etwa im Kleiderschrank, auf die Sprünge. Mit System und vielen praktischen Tipps bringt sie auch bei hoffnungslosen Fällen Ordnung ins Haus. von inez ardelt

Als Ordnungscoach bringen Sie anderen bei, wie sie Ordnung halten können. Wie gehen Sie vor?

Desiree Schweiger: Sobald ich von jemandem gebucht werde, lasse ich mir Fotos oder Videos schicken. Dann nehme ich gleich Ordnungshelfer, Boxen etc. zum Termin mit. Der erste Schritt vor Ort ist dann immer das Aussortieren. Da muss alles raus aus dem Kasten! Ohne das geht es nicht, denn wir alle haben meistens zu viel. Und vor allem jene, die schon Probleme mit dem Ordnunghalten haben. Im nächsten Schritt kategorisieren wir. Leute, die sehr viel Chaos haben, haben meistens ihre Sachen nicht in Kategorien geordnet. Nicht alle Schals sind auf einem Platz, nicht alle Spielzeugautos in einer Kiste. Dann schauen wir, wo die Sachen hinein sollen, und jetzt kommen Ordnungshelfer-Kisten ins Spiel. In die wird dann reinsortiert, damit alles einen fixen Platz hat. Der letzte Schritt – vor allem, wenn man nicht alleine wohnt und überhaupt, wenn man Kinder hat – ist das Beschriften! Da kann man natürlich auch Bilder, Zeichnungen oder Symbole verwenden.

Das klingt so, als ob eines unumstößlich wäre: ein System zu finden!

Ganz genau. Es ist immer das „Zu viel“ an Zeug, das Chaos begünstigt. Dann sagen die Leute, sie haben zu wenig Platz, doch in Wahrheit fehlt ein System. Man verliert den Überblick, wenn die Kategorien nicht zusammen sind. Dann kann ich ja gar nicht wissen, wo ich überall Schals habe, um bei dem Beispiel zu bleiben.

Gibt es auch Kategorien von Menschen, was die Ordnung betrifft? Und auch hoffnungslose Fälle?

Es ist grundsätzlich bei jedem möglich. Ich arbeite da mit dem System einer Kanadierin, die hat die sogenannten „Clutter-Bugs“ erfunden. Das sind vier Ordnungstypen; welcher Typ man ist, wird vorher ausgetestet. Einerseits gibt es visuelle Typen, die alles sehen müssen und offene Schränke haben sollten, weil sie die Sachen sonst vergessen, wenn sie schön in einer Box weggeräumt sind. Oder eben nicht-visuelle Typen. Dann unterteilt sie noch, wie genau man sortieren will – da gibt es Makro- und Mikroorganisatoren. Den „Makros“ reicht es, wenn sie alle Batterien in eine Box werfen, die „Mikros“ wollen die Batterietypen noch einmal genau sortieren. So ergeben sich die Typen. Der eine ist visuell und makro, der andere nicht-visuell und mikro usw. Das hilft mir extrem bei meiner Arbeit, denn mein Ordnungssystem kann natürlich nicht für alle passen. Das ist genau das, warum so viele scheitern, die es alleine probieren. Sie sehen tolle Pinterest- oder Instagram-Bilder – minimalistisch, wunderschön und zig Boxen –, und wenn ich ein Typ bin, dem das zu blöd ist oder der Dinge vergisst, wenn sie in der Box drinnen sind, dann kann es nicht funktionieren.

Wie schaut das bei Familien aus?

Mit der Menge an Menschen in einem Haushalt steigt natürlich auch das Bedürfnis nach Ordnung! Wenig Zeit, viel Zeug und dadurch kleinerer Lebensraum. In diesem Gefüge muss man sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen.

Kleiderschränke wirken seit jeher anziehend auf Kinder – und auf Chaos. Desiree Schweiger hat Tipps und Strategien entwickelt, wie sich langfristig Ordnung herstellen lässt.

Kinder machen nie gerne einen Kasten auf, darin eine Schublade, darin eine Box und schauen dann noch, in welche Unterbox das hineingehört. Das wird kein Kind machen! Sondern es einfach vor die Schranktür legen. Da muss man halt schauen, dass man einen Kompromiss schließt, damit sich alle daran halten können.

Sie haben selbst zwei Kinder. Gibt es auch bei Ihnen mal Situationen, wo Sie es nicht mehr im Griff haben?

Wenn man eine Grundordnung hat, ist es natürlich viel leichter, wieder zu dieser zurückzukehren. Bei uns schaut’s auch öfter mal ganz schlimm aus, und ich bin dann immer überrascht, wie schnell es wieder super ausschaut. Das geht, wenn alles einen fixen Platz hat und alle wissen, wo dieser Platz ist. Da liegt oft auch ein Problem begraben, wenn Mütter sich beschweren, dass niemand mithilft. Wenn die Kinder aber gar nicht wissen, wo die Dinge hingehören oder der Platz schwer erreichbar ist, dann ist es schwierig. Wie sollen sie dann helfen? Aber eines ist klar: Mit Kindern kann es nie dauerhaft ordentlich sein.

Es ist wohl auch ein Kommunikationsthema.

Ja, so kann man Ordnung für Kinder auch möglich machen. Oft regen sich Eltern auf, dass die Kinder die Jacken im Vorzimmer auf den Boden schmeißen. Aber dann gibt es keine Haken in ihrer Höhe! Ein Kind wird nie einen Kasten aufmachen, einen Kleiderbügel rausnehmen und seine Jacke auf 1,50 Meter aufhängen. Deswegen: simple Systeme. Dasselbe mit den Schuhen: Wenn man dann einfach ein Schuhtablett hinstellt, dann ist es viel wahrscheinlicher, dass sie darauf landen, als wenn die Schuhe in einen Schuhschrank geräumt werden müssten.

Ein Überforderungsthema, das viele kennen, ist, Ordnung im Kinderkleiderschrank zu halten. Wie kann das gelingen?

Grundsätzlich sollte es auch hier so sein, dass die Kinder sich selber die Sachen nehmen können. D.h. nicht auf voller Höhe Gewand hinlegen, sondern eine kleine Kommode, am besten mit Schubladen und Boxen, verwenden. Wichtig ist, dass man das Gewand nicht senkrecht übereinanderstapelt, denn wenn ein Kind von ganz unten was rausnehmen will, fällt sicher der ganze Stapel um. Am besten ist die File-Folding Methode. Normal falten, dann dritteln oder halbieren und aufrecht reinstellen. Dann sehen die Kinder, was sie alles haben, und wenn sie sich ein Shirt nehmen, fällt nicht alles um. Was auch gut funktioniert, ist, im Kinderkleiderschrank alles zu beschriften. Weil der möglicherweise von vielen Personen, auch Großeltern und Babysittern, bedient wird. Dasselbe kann man mit hängenden Stücken machen. Man bastelt sich Trennscheiben aus Karton und hat dann alles nach Kategorien bzw. Größen geordnet. Bei Babys empfiehlt sich, dass man gleich die nächste Größe daneben hat, denn der Wechsel geht oft schnell. Gerade beim Kindergewand ist es ratsam, dass man eine, für die Kleinen schwer erreichbare, Box oder einen Korb hat, wo man Kleidung hineingibt, die zu klein ist, damit sie nicht wieder in den Schrank wandert. Interview

TIPPS VON DER ORDNUNGSEXPERTIN

Desiree Schweiger arbeitet mit drei Regeln, die man sich mit Kindern unbedingt angewöhnen sollte. Dann muss man nicht (ständig) stundenlang zusammenräumen.

www.simplyorganized.at

1. Die 1-Minuten-Regel: Alles, was weniger als einer Minute dauert, wird sofort erledigt. Alles gleich wieder an seinen Platz zurückräumen.

Das fällt gar nicht auf, diese 10 Sekunden, die man dafür braucht. 2. Die 1-mal-berühren-Regel: Was man ohnehin schon in der Hand hat, wird sofort an seinen

Platz gebracht. 3. Die Keine-leeren-Hände-Regel: Wenn du in einen anderen Raum gehst und sich irgendetwas im Raum befindet, was in den anderen

Raum gehört, nimm es sofort mit.

Mit Weihnachten und Geburtstagen kommt meist eine weitere Herausforderung: jede Menge neues Spielzeug. Was ist da der Tipp vom Aufräumprofi?

Der Tipp ist wieder mal: Aussortieren! Und zwar schon in der Vorweihnachtszeit, gemeinsam mit den Kindern. Gerade in Anbetracht von Weihnachten fällt es den Kindern meistens besonders leicht, sich zu trennen. Wenn die Kinder sich ganz schwer trennen können, kann man auch das Spielzeug-Rotationssystem anwenden. Es werden gewisse Spielsachen, mit denen wenig oder gar nicht gespielt wird, weggeräumt und nach einer gewissen Zeit wieder hergeräumt. Außer es wird gar nicht mehr danach gefragt, dann kann das nach ein paar Monaten weg. Man könnte auch Spielzeug spenden oder Freunden schenken. Kinder helfen gerne und freuen sich, wenn sie jemand anderem eine Freude machen können.

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