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INFRASTRUKTURBAUTEN MESSBAR NACHHALTIG MACHEN
von Stephan Wüthrich
In der Schweiz werden jährlich rund 25 Milliarden Franken in den Unterhalt und Neubau von Infrastrukturbauten investiert. Die sorgfältige Planung und nachhaltige Bewirtschaftung unserer Infrastruktur für Mobilität, Wasser, Schutz, Energie oder Kommunikation tragen somit wesentlich zu einer nachhaltigen Entwicklung unserer Gesellschaft bei. Mit dem gegen Ende 2020 lancierten Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS) Infrastruktur wird die Nachhaltigkeit für Infrastrukturvorhaben messbar.
Das Netzwerk Nachhaltiges Bauen Schweiz (NNBS), das von mehreren Bundesämtern sowie privaten Partnern getragen wird, hat in mehrjähriger Arbeit Grundlagen definiert, bestehende Vorgaben zusammengetragen und neue Beurteilungskriterien entwickelt, um ein praktikables, alltagstaugliches Instrument zu schaffen. Der so entstandene SNBS Infrastruktur beurteilt und bewertet Objekte des Tiefbaus aufgrund verschiedener Kriterien aus den drei Nachhaltigkeitsbereichen sowie aus übergreifenden, transversalen Themen. Der komplett neu erarbeitete Standard wurde vor seiner Freigabe bei sechs Pilotprojekten einem letzten Praxistest unterzogen, um seine Anwendbarkeit im Massstab 1:1 zu prüfen. Dabei handelte es sich um Infrastrukturbauten von der Kläranlage über die Gewässerkorrektion und eine Hochspannungsleitung bis zu einem Waffenplatz und zur Bahn- und Strasseninfrastruktur. Wichtig ist, dass der SNBS Infrastruktur in verschiedenen Phasen eines Projekts zur Anwendung kommt, denn seine wiederholte Anwendung in den unterschiedlichen Entwicklungsstadien eines Projekts erhöht dessen Nachhaltigkeit. So können beispielsweise während der Vorstudien die Sollwerte der Indikatoren mit dem Standard bestimmt werden. Doch dient er auch bei der Variantenwahl als Entscheidungshilfe und während der Projektierung lässt sich mit ihm die Nachhaltigkeit weiter optimieren. Bei der Ausschreibung können die Inhalte des SNBS schliesslich einen Dienst als «Inspirationsquelle» beim Definieren der Eignungs- und Zuschlagskriterien sowie beim Pflichtenheft leisten. Der SNBS Infrastruktur eignet sich darüber hinaus auch zum Beurteilen und Optimieren bestehender Infrastrukturbauten.
Das in der Praxis geprüfte Instrument schafft somit einen Mehrwert in Planung, Bau und Bewirtschaftung. Sein checklistenartiger Aufbau hilft zudem ganz wesentlich beim Hinterfragen der bis anhin gepflegten Prozesse sowie bei deren Prüfung auf Vollständigkeit, wie die bisherigen Rückmeldungen klar gezeigt haben. Nicht zuletzt erlangt der Standard zusätzliche Bedeutung im Rahmen des revidierten Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen, das zum Jahresanfang in Kraft getreten ist. Dieses bezeichnet die Nachhaltigkeit explizit als Zuschlagskriterium. Der SNBS Infrastruktur ist das Instrument, um diese Anforderungen zu erfüllen.
Woraus besteht dieser neue Standard nun und wie wendet man ihn an? Zur Hauptsache besteht er aus einem Excel-Tool und einem Kriterienbeschrieb, die beide kostenlos heruntergeladen werden können. Anhand der darin gestellten Anforderungen werden die insgesamt 75Indikatoren aus 29Kriterien mit Punkten bewertet. Zwei Punkte gibt es für erfüllte, einen Punkt für teilweise erfüllte und null Punkte für nicht erfüllte Anforderungen. Aus dem Durchschnitt seiner Indikatoren berechnet sich danach die Punktzahl des Kriteriums.
STEPHAN WÜTHRICH
ist Technischer Sekretär des SNBS Infrastruktur und Leiter des Fachbereichs Bauingenieurwesen an der Berner Fachhochschule BFH.
www.nnbs.ch
NACHWACHSENDE ROHSTOFFALTERNATIVEN
von Ingo Mayer
In den letzten Jahren hat das Institut für Werkstoffe und Holztechnologie (IWH) der Berner Fachhochschule (BFH) Verfahren entwickelt, um aus Biomasse Inhaltsstoffe zu extrahieren. Diese Extrakte können in verschiedenen Anwendungen erdölbasierte Stoffe ersetzen. In Biel steht eine Pilotextraktionsanlage, die gemeinsam mit dem Wirtschaftspartner Schilliger Holz AG die Überführung in die industrielle Umsetzung vorbereitet.
Die Pilotanlage, die am Standort des BFH-Departements Architektur, Holz und Bau in Biel steht, dient zur Überprüfung der Verfahren vor der Überführung in den Industriemassstab und zur Erzeugung von Extrakten für die Produktentwicklung. Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig. So können zum Beispiel aus heimischen Holzrinden emissionsarme Klebstoffe für den Holzwerkstoffbereich, Harzsysteme mit sehr hohem Brandwiderstand oder durch die hohe Bioaktivität auch Zusatzstoffe im Tierfutterbereich entstehen. Dies ermöglicht den Aufbau einer neuen nachhaltigen Wertschöpfungskette für Schweizer Holz.
EINZIGARTIGE INFRASTRUKTUR
Mit der Pilotextraktionsanlage ist in Biel eine national und international einzigartige Anlageninfrastruktur zur Verarbeitung von Biomasse zu stofflich nutzbaren Produkten entstanden. Im eigenen analytischen Labor führt das IWH eine chemische Charakterisierung der gewonnenen Pflanzen-
Die Anwendungsmöglichkeiten der Anlage sind vielfältig.
Fichtenrinde ist ein Beispiel für Biomasse.
stoffe durch und kann so Aussagen zu Zusammensetzung, Anwendungseigenschaften und zum Lagerverhalten der gewonnenen Produkte treffen. Durch die Bündelung dieser Kompetenzen können in Zukunft neue Anwendungen für pflanzliche Inhaltsstoffe erschlossen werden.
Gemeinsam mit Wirtschaftspartnern entwickeln die Forschenden der BFH marktfähige und nachhaltige Produkte im Sinne einer Schweizer Bioökonomie, in der nachwachsende Rohstoffe an die Stelle fossiler Ressourcen treten. Die gewonnenen Pflanzenstoffe ermöglichen nicht nur den Ersatz ölbasierter Komponenten in den Formulierungen, sondern bieten durch einen konsequent verfolgten Eco-Design-Ansatz die Chance auf eine weitgehende Reduktion des ökologischen Fussabdrucks der Produkte.
Die Pilotanlage ist eingebettet in das BFH-Zentrum Holz – Ressource und Werkstoff und wurde realisiert mit Unterstützung des Bundesamts für Umwelt (BAFU) im Rahmen des Aktionsplans Holz.
INGO MAYER
ist Professor für Holzchemie und Materialemissionen an der Berner Fachhochschule (BFH).
www.bfh.ch
DIE ZEIT DER FOSSILEN IST LÄNGST VORBEI
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Überwachung und Steuerung Online Online
Im Showroom in Volketswil können Fachpartner und Kunden die Möglichkeiten in Bad und Küche live erleben.
NACHHALTIGKEIT IM FOKUS
KAMPAGNE FÜR SCHWEIZER WASSER
von Peter Schmid
Leitungswasser ist das meistkontrollierte Lebensmittel der Schweiz und erfüllt höchste Richtlinien in Bezug auf Hygiene und Sicherheit. Es ist ein Komfort, den wir nicht mehr missen wollen. Gleichzeitig steigt das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und umweltschonenden Umgang mit den Ressourcen. Der Schweizer Markt bietet hier grosses Potenzial – besonders im Bereich Objektgeschäft und aufgrund des hohen Bewusstseins für die Themen nachhaltiges Leben und Design.
Das Schweizer Wasser ist eines der reinsten der Welt und das landesweit meistkontrollierte Lebensmittel. Mit einer neuen Kampagne hat sich GROHE das Ziel gesetzt, die exzellente Qualität der Schweizer Quellen zu erhalten. Denn für die Herstellung von einem Liter in Flaschen abgefülltes Mineralwasser sind bis zu sieben Liter Wasser und 600 Gramm CO2 erforderlich. Hinzu kommen die spätere Verunreinigung von Natur und Wasser durch entsorgte Plastikflaschen und der Transport von der Quelle bis ins Supermarktregal.
PRODUKTE MIT MEHRWERT
Der nachhaltige Genuss von lokalem Schweizer Wasser spielt deswegen für das Engagement der Marke in der Schweiz eine übergeordnete Rolle und bildet das kommunikative Dach der aktuellen Kampagne «Made for Swiss Water». Bereits vor über 20Jahren hat sich GROHE einer 360-GradNachhaltigkeitsstrategie verpflichtet, die Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Prozesse, Produkte und gesellschaftliche Verantwortung gleichermassen miteinschliesst. Das Trinkwassersystem GROHE Blue, mit dem sich gefiltertes und gekühltes Schweizer Wasser in den Varianten still, medium und sprudelnd direkt aus der Armatur zapfen lässt, ist deshalb auch das Herzstück der Kampagne. Das Ziel ist nachhaltiger Komfort: Durch die Vielfalt aus dem Hahn werden schwere Harassen im Keller und Plastikflaschen auf dem Tisch überflüssig. Zusätzlich soll das Bewusstsein für die herausragende Qualität des Schweizer Wassers weiter geschärft werden. Ausserdem will GROHE einen Beitrag dazu leisten, die Schweiz Schritt für Schritt plastikflaschenfrei zu machen.
OBJEKTGESCHÄFT BRINGT VERÄNDERUNG
Der gängige Berührungspunkt der Wasserversorgung für den Nutzer ist der Wasserhahn in der Küche. Die stetige Erreichbarkeit von sauberem Trinkwasser soll jederzeit möglich sein. Dies gilt für Privathaushalte, ist jedoch auch im Objektgeschäft von besonderer Bedeutung. Mit Wassersystemen wie GROHE Blue ist bereits ein bedeutender Schritt in Richtung Nachhaltigkeit möglich, beispielsweise im Bereich der Wohnungswirtschaft oder bei der Planung von BüroObjekten. Dementsprechend wird in der Schweiz ein grosser Fokus auf das Objektgeschäft gelegt – sanitäre Installateure, der sanitäre Grosshandel, Küchenstudios sowie insbesondere Architekten, Innenarchitekten und Planer sind die wichtigsten Zielgruppen.
Auch im Bad kann der Wassergenuss nachhaltig und komfortabel sein. In diesem Bereich ist die Auswahl an Produkten deutlich grösser – hier stellt sich die Frage, welche Sanitärlösungen für das individuelle Projekt geeignet sind. Was muss bei der Planung, beim Einbau und bei der Wartung beachtet werden? Wie können Hygiene und Ästhetik zu gleichen Teilen gewährleistet werden? Bei der Konzeption und Gestaltung des Badezimmers oder der Einrichtung des kompletten Hauses ist ein roter Faden nötig. Für eine ganzheitliche Kundenberatung wird über unterschiedliche Kanäle ein aktiver Dialog ermöglicht. Dazu gehören der persönliche Kontakt über den landesweiten Vertriebsaussendienst, das Customer Service Center und den neuen Showroom in der Bauarena Volketswil. Hier haben die Fachpartner die Möglichkeit, Lösungen für Bad und Küche live und mit persönlicher Beratung zu erleben. Mit den richtigen Fragen rund um Raumgrösse, -design und individuelle Präferenzen soll jeder Kunde seine persönliche Version finden: Ist zum Beispiel eher ein Spa at Home oder eine entspannende Regendusche gewünscht.
PETER SCHMID
ist Geschäftsführer der GROHE Switzerland SA.
www.grohe-x.com
Lokales Trinkwasser kann gefiltert und gekühlt direkt aus der Armatur genossen werden.
Hohe Qualitätsansprüche sorgen für eine saubere Zukunft.
Die Nutzer agieren per Schalter, Mobiltelefon oder Sprachsteuerung.
GENIAL DIGITALES LICHT
von Dr. Jürgen Waldorf
Die Digitalisierung des Lichts spart Strom und setzt neue Massstäbe bei der Lichtqualität. Hochwertige und moderne Lichtquellen können für sich genommen einen Raum angenehm und energieeffizient beleuchten. Doch erst mit intelligenter Steuerung wird die Beleuchtung digital und genial.
Die Beleuchtung passt sich heute zunehmend speziellen Anforderungen und persönlichen Bedürfnissen an: In Besprechungsräumen schaffen wählbare Lichtszenen wie «Diskussion» oder «Präsentation» die richtige Atmosphäre und zu Hause beispielsweise Kino-Ambiente. Um Räume nur so lange wie nötig und gewünscht zu beleuchten, kommen Sensoren für Tageslicht und Bewegung kombiniert mit Zeitschaltungen zum Einsatz. Ist gerade niemand im Zimmer, löscht die Steuerung automatisch das Licht. Wenn Wolken den Tageslichteinfall mindern, kann Lichtmanagement das Beleuchtungsniveau erhöhen und danach wieder senken. Das ist komfortabel und effizient: LED-Leuchten mit Präsenzkontrolle und Tageslichtregelung sparen bis zu 80Prozent Energie im Vergleich zu einer Altanlage mit DreibandenLeuchtstofflampen. Bei Neubauten funktioniert die Datenübertragung meist per Kabel. Funksysteme lassen sich unkompliziert im Bestand nachrüsten.
T8 GEHT, LED KOMMT
Der Zeitpunkt zum Wechsel ist günstig, denn in den kommenden Jahren verbannt die EU nach der Glühlampe weitere Leuchtmittel mit zu hohem Stromverbrauch. Darunter befindet sich auch ein Klassiker: Die T8-Leuchtstofflampe ist heute noch in vielen Büros und Firmen im Einsatz. Ab 1.September 2023 wird sie in der EU nicht mehr in den Verkehr gebracht. Ab dem Stichtag 1. September 2021 werden bereits Kompaktleuchtstofflampen mit integriertem
Per Tablet werden alle Räume angesteuert.
Erco, Fotografie: Sebastian Mayer / licht.de ©
Vorschaltgerät – sogenannte Energiesparlampen – nicht mehr in den Verkehr gebracht. Bleiben dürfen unter anderem Kompaktleuchtstofflampen ohne Vorschaltgerät, Hochvolt-Halogenlampen mit dem Sockel R7s und T5-Leuchtstofflampen. Zudem gibt es eine ganze Reihe von Ausnahmen. Im Zweifel hilft ein Blick auf die Websites der Hersteller. Zusätzlich wird das Energielabel mit den sperrigen Effizienzklassen A++ am 1. September 2021 vom neuen Label mit der Skala A bis G abgelöst. Das heisst, dass aktuelle Lichtquellen mit A++ dann maximal die Effizienzklasse D oder E erhalten. Erst mit weiteren Effizienzsteigerungen erzielen neue Produkte in Zukunft auch höhere Klassen.
Wer nur die Lampen austauscht, schöpft die Potenziale moderner Lichttechnik noch lange nicht aus: Der Gesetzgeber hat das erkannt und den Einsatz von Lichtmanagementsystemen in Bereichen, die nicht ständig genutzt werden, zur Referenztechnologie erklärt. Das bedeutet: Eine Lichtsteuerung wird als Mindeststandard vorausgesetzt. Unternehmen und Kommunen können Fördergelder zur Beleuchtungssanierung beantragen. Für mehr Barrierefreiheit gewährt die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) privaten Haushalten Zuschüsse für Smarthome-Anwendungen – dazu gehört auch die Steuerung der Beleuchtung.
CLEVERE SERVICES
Mit sogenannten Mehrwertdiensten halten clevere Services Einzug in das moderne Gebäude. Dazu zählen etwa eine digitale Raumbelegung im Bürokomplex, die vorausschauende Wartung in der Industrie oder die Datenübertragung per Licht im Klassenzimmer. Die Beleuchtung sammelt Nutzungsdaten, reagiert flexibel auf Veränderungen und versorgt den Menschen mit der jeweils optimalen Lichtqualität.
FIT MIT LICHT
Lichtmanagement nach dem Konzept «Human Centric Lighting» (HCL) unterstützt die natürlichen Phasen von Aktivität und Erholung und steigert dadurch auch das Wohlbefinden des Menschen: Aktivierendes Licht am Morgen sorgt für einen guten Start in den Tag. Abends kommt der Mensch in entspannter Lichtstimmung zur Ruhe. Ein Lichtmanagementsystem setzt die dynamischen Effekte des Lichts gekonnt um. Integriert in die Gebäudeautomation, agieren verschiedene Gewerke optimal miteinander, etwa bei Licht und Verschattung. Nach dem Vorbild der Natur gibt das Licht dem Körper wichtige Impulse, taktet die innere Uhr, fördert einen erholsamen Schlaf in der Nacht und mehr Vitalität am Tag. Durch die automatische Einbeziehung des einfallenden Tageslichts lassen sich zudem Energie und Kosten sparen.
DR. JÜRGEN WALDORF
ist Geschäftsführer der Brancheninitiative licht.de.
www.licht.de