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Architektur

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RAHMEN UND VORBILDER

VERANTWORTUNG IN DER BAUBRANCHE

von Georg Lutz

Wer die Energiestrategie 2050 und den Klimawandel ernst nimmt, muss auch die Jugend miteinbeziehen. Sie wird in den nächsten Jahrzehnten Verantwortungspositionen übernehmen. Die Klimaziele und deren Umsetzung werden aber grundsätzlich alle Generationen fordern. Aus diesem Grund brauchen wir auch innovative Unternehmer, die in ihrem Beruf nicht nur erfolgreich sind, sondern auch soziale und ökologische Verpflichtungen im Fokus haben. Solche Unternehmen erreichen auch gesellschaftliche Anerkennung und steigern die Wertschätzung für unsere Branche. Wenn sich der Nachwuchs am potenziellen Arbeitsplatz wohlfühlt, hat er oder sie unweigerlich Vorbilder, die begeistern. Für die Berufswahl «Baubranche» sprechen dann überzeugende Argumente. Die Beispiele auf den folgenden Seiten belegen dies.

VORBILDLICHER BAUSINN

KLIMASCHUTZ, GESUNDHEITSSCHUTZ, BILDUNG, INNOVATION

von Georg Lutz

Im Frühjahr hat Bausinn.ch im Rahmen eines Online-Events 16 Baufirmen für ihren vorbildlichen Bausinn ausgezeichnet. Die Projekte reichten von aufwendigen Renovationen des Bundeshauses über eine Onlineplattform für die Just-in-time-Lieferung von Geländern bis zu Fotovoltaik-Schulprojekten, ElternKind-Schweissen oder Bestleistungen in der Arbeitssicherheit. Die drei- bis 600-köpfigen Unternehmen stellen sich aktiv dem Wandel in der Baubranche. Diese wird in den nächsten 20 Jahren durch die Megatrends Beschleunigung, Urbanisierung, Ökologisierung und Digitalisierung stark gefordert sein.

Greencover AG ©

Der optimalen Effizienz auf der Spur – Die Greencover AG.

Die 16 Unternehmen mit vorbildlichem Bausinn sind als Dachdecker, Fassadenbauer, Gerüstbauer, Gipser, Maler, Metallbauer, Metallbaukonstrukteure oder Schweisser tätig. Die ausgezeichneten Firmen sind beispielsweise in folgenden Bereichen aktiv: Das Schuldach zusammen mit Schülerinnen und Schülern montieren, wodurch diese konkret erleben, wie Klimaziele erreicht werden und was heute Dachdecken umfasst. Einen Lernenden fördern, um an den Berufsweltmeisterschaften bei den Besten der Besten teilzunehmen. Eltern-Kind-Schweissen anbieten. Engagement für Menschen mit Behinderung oder für den Naturschutz. Als Timeout-Betrieb auffällige Schülerinnen und Schüler in einer schwierigen Phase unterstützen. Branchenkollegen für Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit sensibilisieren. Ein Eishockeystadion während der Spielzeit umbauen. Neue Balkon- oder Treppengeländer online anbieten. Im KMU konsequent die Digitalisierung einführen. Das Bundeshaus stilgerecht sanieren und gleichzeitig modernen Brand- und Schallschutz umsetzen. Die grösste europäische Fassadenmalerei in reiner Silikatfarbe – waschfest und auf natürliche Weise desinfizierend. Schweisstechnik auf höchstem Niveau beherrschen und weltweit einzigartige Systeme entwickeln, die den Umweltschutz fördern. Gemeinsam ist den Unternehmen mit vorbildlichem Bausinn, dass sie sich dem gesellschaftlichen Wandel stellen und inspirierend wirken. Das hört sich imposant an, aber die gesellschaftlichen Herausforderungen, die die Baubranche umsetzen muss, sind es auch.

MIKROKLIMA UND MEHR

Damit liegen sie voll im Trend, wie Georges T. Roos, einer der führenden Zukunftsforscher der Schweiz, in seinem Video-Referat ausführte. Der Gründer eines privat finanzierten Zukunftsforschungsinstituts und der European Futurists Conference Lucerne, hat die Megatrends und ihre Bedeutung für die Baubranche skizziert. Der philosophisch geschulte Zukunftsforscher lässt sich weder von Hypes noch von apokalyptischen Bildern verführen, doch machte er klar, dass fundamentale Änderungen auf die Baubranche zukommen: «Die Schweiz ist bisher sehr deutlich vom Klimawandel betroffen gewesen. Im Vergleich zur vorigen Zeit ist der Temperaturanstieg in der Schweiz doppelt so hoch wie im globalen Durchschnitt. Die Folgen dürften sein, dass wir sehr viel

Almega AG ©

Almega AG ©

Die Almega AG verfolgt kreative Ansätze in der Nachwuchs- und Mitarbeiterförderung sowie in der Produktentwicklung.

mehr Hitzetage haben werden, dass wir extremeres Wetter haben werden, dass wir einen Anstieg der Schneefallgrenze erleben werden. Besonders herausgefordert sind wiederum die städtischen Gebiete, wo die meisten Menschen leben. Das Mikroklima spielt eine grosse Rolle und hier besteht auch eine grosse Herausforderung und Verantwortung für die Bauwirtschaft. Zwei Studien aus dem nationalen Forschungsprogramm haben ergeben, dass die Klimaneutralität technisch machbar ist und auch wirtschaftlich sein kann. Verschiedene Länder und Städte gehen bereits heute noch ein paar Schritte weiter und verbieten beispielsweise vollständig benzin- und dieselbetriebene Fahrzeuge in ihrem Einflussgebiet. Und was sind die Schlussfolgerungen für die Baubranche? Nun, natürlich auch ihre Fahrzeuge werden elektrobetrieben oder vielleicht mit Wasserstoff betrieben sein. Sehr viel wichtiger ist aber der Beitrag, den Gebäude zum Abbau der Treibhausgas-Emissionen leisten müssen. Hier gibt es noch viel Nachholbedarf.» Zudem sei die Baubranche besonders durch die Megatrends Bevölkerungswachstum, Digitalisierung und Urbanisierung gefordert, so der Zukunftsforscher. Im folgenden Beitrag publizieren wir das gesamte Referat von Georges T. Roos.

VERANTWORTUNG ÜBERNEHMEN

Auch mit dem Trend zur Ökologisierung setzt sich die Baubranche konkret auseinander. Innerhalb von 30 Jahren hat sich die Zahl der durch Fotovoltaik-Anlagen

DIE AUSGEZEICHNETEN UNTERNEHMEN

• Romandie Sottas SA

Rue de l’Industrie 30, 1630 Bulle, www.sottas.ch | Metallbau • Biel Groupe Egli AG

Längfeldweg 115, 2504 Biel, www.groupe-egli.ch | Maler / Gipser • F. J. Aschwanden AG

Grenzstrasse24, 3250 Lyss, www.aschwanden.com

Schweisstechnik • Basellandschaft INRAG AG

Auhafenstrasse 3a, 4132 Muttenz, www.inrag.ch | Schweisstechnik • Solothurn Roth Gerüste

Bolacker 5, 4563 Gerlafingen, www.rothgerueste.ch | Gerüstbau • Zentralschweiz Maler

Schlotterbeck AG

Ebikonerstrasse 75, 6043 Adlingenswil, www.schlotterbeck.ch

Maler / Gipser • Scheiber GmbH Stahlbau

Rütimatt 12, 6218 Ettiswil, www.scheiber-metallbau.ch

Metallbau • Urs Haller AG

Käppeliacher 4, 6287 Aesch, www.haller-umbau.ch

Maler / Gipser • Inox-Schweisstechnik GmbH

Sumpfstrasse 24, 6312 Steinhausen, www.inox-schweisstechnik.ch

Schweisstechnik • Amboss Metallbau AG

Sihlbruggstrasse 3, 6345 Neuheim, www.gelaenderxpress.ch

Metallbau • Ostschweiz Greencover AG

Tiefrietstrasse 2, 7320 Sargans, www.greencover.ch | Gebäudehülle • Brändle AG

Pumpwerkstrasse 6a, 8370 Sirnach, braendleag.ch | Gebäudehülle • Almega AG

Amriswilerstrasse 55, 8570 Weinfelden, www.almega.ch | Schweisstechnik • Scheiwiller AG

Gossauerstrasse 38, 9246 Niederbüren, www.scheiwiller-ag.ch | Gebäudehülle • Zürich Fix Gerüstbau

Glattalstrasse 18, 8052 Zürich, www.fix.ch | Gerüstbau • Liechtenstein Roman Hermann

Im Besch 2, 9494 Schaan, www.rhag.li | Gerüstbau

Die Amboss Metallbau AG liefert «just in time» massgeschneiderte Metallgeländer made in Switzerland.

Brändle Gebäudehüllen AG ©

Bei der Brändle AG bauen Schülerrinnen und Schüler eine Solarenergieanlage auf dem Schuldach.

Gebäudehülle mit eigenwilligem Charme – Die Brändle Gebäudehüllen AG.

Amboss Metallbau AG ©

Der Fokus der F. J. Aschwanden AG liegt in der Forschung für das Recycling von Beton.

Die Greencover AG erhielt den Bausinn-Award für das Engagement in der Aus- und Weiterbildung und im Bereich Energieeffizienz.

Die Firma Fix Gerüstbau AG gewann den Bausinn-Award für ihre vorbildliche Anwendung von digitalen Tools.

F. J. Aschwanden AG ©

Greencover AG ©

Fix Gerüstbau AG ©

generierten Megawattstunden um den Faktor 1400 erhöht. Walter Bisig, Präsident von Bausinn.ch, beurteilt die Zukunft als ausgesprochen vielversprechend: «Die Baubranche ist sehr krisenresistent. Sollte der Neubaubereich zurückgehen, so wird mehr in die Sanierung des bestehenden Gebäudeparks investiert. Das Wichtigste bleibt, die Energiestrategie 2050 mitzutragen und auch entsprechend mitzugestalten. Die Klimaziele und deren Umsetzung werden uns fordern. Die grösste Herausforderung ist, dass wir viel Arbeit und gleichzeitig Fachkräftemangel ausweisen. Deshalb brauchen wir auch gute Unternehmer, die in ihrem Beruf sichtbar erfolgreich sind und der Verantwortung für die sozialen Verpflichtungen gegenüber den Mitarbeitenden mit Menschlichkeit begegnen. Solche Unternehmen erreichen auch eine gesellschaftliche Anerkennung und steigern die Wertschätzung für unsere Branche. Wenn der Nachwuchs diese Punkte selbst am Arbeitsplatz erlebt, hat er oder sie unweigerlich Vorbilder, die begeistern. Für die Berufswahl «Baubranche» sprechen überzeugende Argumente: Die Sichtbarkeit des Erschaffenen gehört zu den wichtigsten Werten. Wertvoll ist auch der Teamgeist, der auf dem Bau grossgeschrieben wird. Damit können wir den Nachwuchs einbinden. Technik ist das, was die jungen Menschen suchen. Diese können wir mit den Materialien und den vielfältigen Umsetzungen bieten. Ebenso ist die ökologische Zukunft ein Thema, das die Jungen verstärkt interessiert und begeistert. Die Digitalisierung ist in der Baubranche alltäglich geworden und wird sich in Zukunft weiterentwickeln. Hier sprechen wir die jungen Männer und Frauen ebenfalls sehr gut an. Vielfältige Aus- und Weiterbildungen sind möglich – von der Lehre bis zum Hochschulabschluss. Man muss nicht unbedingt bis zur obersten Spitze gehen und trotzdem ist man ein sehr wichtiger Teil des Ganzen. Das ist auch in der Entlohnung spürbar. Nicht zu unterschätzen ist zudem die Querkompetenz. Ob man sich als Fachschullehrerin oder Aussendienstmitarbeiter weiterbildet – es öffnen sich sehr viele Wege zum Erfolg.»

GEORG LUTZ

ist Chefredaktor bei bauRUNDSCHAU.

www.bausinn.ch

Definition eines Begriffs: Megatrend.

VORBEREITET SEIN

DIE WICHTIGSTEN MEGATRENDS UND DIE BAUBRANCHE

von Georges T. Roos

Am Online-Event des Bausinn-Awards hielt Georges T. Roos, Zukunftsforscher aus der Schweiz, einen Vortrag. Im Mittelpunkt standen dabei die Megatrends, die die Lebens- und Arbeitswelten auch in der Baubranche in den nächsten Jahrzehnten bewegen werden.

Kennen Sie die Zukunft? Wissen Sie, wie sich Ihr Geschäftsumfeld in den nächsten Jahren und Jahrzehnten verändern wird? Die Zukunft ist in vielem eine Unbekannte. Doch gibt es Aspekte, die wir kennen können: die sogenannten Megatrends. Es gibt Trends und es gibt Megatrends.

Von Trends wie beispielsweise veganer Ernährung unterscheiden sich Megatrends darin, dass sie übergeordnete Entwicklungen darstellen. Megatrends beschreiben erstens die Rahmenbedingungen der Zukunft. Megatrends sind zweitens oft mit den grossen Herausforderungen unserer Welt verbunden und drittens sind Megatrends jener Teil der Zukunft, den wir mit einer gewissen Sicherheit vorhersagen können.

Damit die Zukunftsforschung von einem Megatrend spricht, müssen drei Kriterien erfüllt sein: Erstens dauern Megatrends lange an, im Unterschied zu Trends und Moden, die sehr kurzfristig sein können. Ich nenne das epochal. Lange bedeutet in der Zukunftsforschung 10, 20, 30Jahre. Zweites Kriterium: Megatrends sind globale Phänomene. Und drittens sind Megatrends ubiquitär, das heisst, sie beeinflussen alles: die Kultur, die Wirtschaft, die Gesellschaft, die Politik. In der Wirtschaft: alle Branchen. Ja, Megatrends sind auch relevant für unser privates Leben. Jeder von uns könnte Megatrends auch dahingehend befragen, was sie denn für mich und meine Familie bedeuten.

DIGITALISIERUNG UND WISSEN

Ich selbst beschreibe 16Megatrends. Dazu gehört, dass die globale Weltbevölkerung wächst. Dass wir älter werden. Dass wir immer mehr in Städten leben. Dass die Individualisierung weiter voranschreitet. Gesundheit ist ein Megatrend. Die Nomadisierung, das heisst, dass wir immer mehr unterwegs sind, ist ein Megatrend. Die Beschleunigung, dann die Klima- und Öko-

logiefrage sind Megatrends, die Digitalisierung, die Konnektivität, die Globalisierung und die Wissensexpansion. Auch Transparenz ist ein Megatrend. Neben diesen 13 Megatrends gibt es drei, von denen ich sage, dass sie embryonale Megatrends sind, die erst noch in den Status des Megatrends kommen. Dazu gehören die künstliche Intelligenz, Blockchain – ich nenne es Trusted Networking – und die Bio-Transformation.

Mit dem Megatrend Digitalisierung beschäftigen wir uns alle. Die digitale Transformation findet auf drei Ebenen statt. Wir haben die digitale Transformation der Kommunikation. Darin sind wir alle sehr geübt, das machen wir tagtäglich. Dann gibt es die Digitalisierung der Prozesse in den Unternehmen oder auf den Ämtern. Und das Dritte wird die digitale Transformation der Geschäftsmodelle selbst sein – Geschäftsmodelle, die erst möglich werden durch die Digitalisierung.

Ein weiterer Megatrend ist die Wissensexpansion. Wir können das historisch betrachten: 1820 konnten nur gerade zwölf Prozent der Menschen lesen und schreiben. 2020 waren es über 90 Prozent. In der Schweiz wird bald mehr als die Hälfte der Erwerbsbevölkerung einen tertiären Abschluss haben. Mehr Wissen bedeutet Innovation. Auch die Schweiz nimmt hier einen Spitzenplatz ein. Die Schweiz war erneut Weltmeisterin in der Anzahl der Patente pro Kopf und gemessen am Bruttoinlandsprodukt sind die Forschungs- und Entwicklungsausgaben in der Schweiz fast am höchsten weltweit, nur Südkorea gibt mehr für Forschung und Entwicklung aus.

Megatrends stehen nicht erratisch nebeneinander, sondern sie sind miteinander verknüpft, beispielsweise Wissen und Digitalisierung. Dank der Digitalisierung sind neue Lernformen, neue Lernsettings möglich, beispielsweise mit Augmented Reality oder auch Virtual Reality. Und nicht zuletzt bietet das Internet jedem von uns Zugang zu ungeheurem Wissen auf der ganzen Welt. Das Wachstum der Weltbevölkerung ist ein weiterer Megatrend. Das stimmt auch für die Schweiz. Im Jahre 2040, so sagen die Szenarien des Bundesamtes für Statistik, werden wir zehn Millionen Einwohner haben. Die Schweiz wächst vor allem wegen des positiven Migrationssaldos. Wir sind heute etwa 7.8 Milliarden Menschen und die UNO geht davon aus, dass in den nächsten 30Jahren bis Mitte des Jahrhunderts nochmals zwei Milliarden Menschen dazukommen werden.

MEHR WACHSTUM UND MEHR HÄUSER

Sehr spannend ist zu sehen, dass das Wachstum nicht überall gleich stattfinden wird. Wir in Europa leben auf dem einzigen Kontinent, von dem man ausgeht, dass er in den nächsten 30Jahren bevölkerungsmässig schrumpfen wird. Asien wird weiterwachsen, wenn auch langsamer als bisher, und auch die Einwohnerzahl Amerikas wird weiterwachsen. Das grosse Wachstum aber findet in Afrika statt. Wenn wir das mit den prozentualen Veränderungen von 2018 bis 2050 betrachten, dann sehen wir einen Zuwachs in Afrika von fast 100Prozent.

Wachsende Bevölkerung bedeutet für die Bauwirtschaft beispielsweise wachsende Nachfrage: Mehr Menschen brauchen mehr Wohnungen, mehr Häuser, mehr Infrastruktur.

Das Wachstum wird allerdings vor allem in den städtischen Gebieten stattfinden, das ist der Megatrend der Urbanisierung. Das heisst also, dass der Fokus stark auf den städtischen Gebieten zu liegen kommen wird.

Die Welt wächst nicht nur, sondern sie wird auch älter. In der Schweiz geht man davon aus, dass in 20 Jahren jeder Vierte über 65 Jahre alt sein wird. Und die Anzahl der Menschen über 80 wird sich in diesem Zeitraum verdoppeln. Wir sind also eine alternde Gesellschaft. Spannend zu sehen ist, dass die alternde Gesellschaft ein globaler Megatrend ist. Überall, ausser in Afrika, ist 60 plus die am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe überhaupt.

Für die Bauwirtschaft bedeutet eine ältere Bevölkerung zum einen, dass sie wahrscheinlich im Durchschnitt ältere Mitarbeiter haben wird. Ich gehe auch davon aus, dass das AHV-Alter 64 für Frauen bzw. 65 für Männer in den nächsten 30Jahren angehoben wird, und nicht zuletzt wird die Nachfrage nach Wohnraum für eine ältere Bevölkerung deutlich ansteigen.

KLIMA IM FOKUS

Der Klimawandel wird uns über die nächsten Jahrzehnte sehr stark beschäftigen. Die Schweiz ist bisher sehr deutlich vom Klimawandel betroffen gewesen. Im Vergleich zur vorigen Zeit ist der Temperaturanstieg in der Schweiz doppelt so hoch wie im globalen Durchschnitt. Die Folgen dürften sein, dass wir sehr viel mehr Hitzetage haben werden, dass wir extremeres Wetter haben werden, dass wir einen Anstieg der Schneefallgrenze erleben werden. Besonders herausgefordert sind wiederum die städtischen Gebiete, wo die meisten Menschen leben. Das Mikroklima spielt eine grosse Rolle und hier besteht auch eine grosse Herausforderung und Verantwortung für die Bauwirtschaft.

Zwei Studien aus dem nationalen Forschungsprogramm haben ergeben, dass die Klimaneutralität technisch machbar ist und auch wirtschaftlich sein kann. Verschiedene Länder und Städte gehen bereits heute noch ein paar Schritte weiter und verbieten beispielsweise vollständig benzin- und dieselbetriebene Fahrzeuge in ihrem Einflussgebiet. Und was sind die Schlussfolgerungen für Sie, für die Baubranche? Nun, natürlich auch Ihre Fahrzeuge werden elektrobetrieben oder vielleicht mit Wasserstoff betrieben sein. Sehr viel wichtiger ist aber der Beitrag, den Gebäude zum Abbau der Treibhausgas-Emissionen

Ein Megatrend heisst Wachstum, ein anderer Klimaschutz, beide gilt es unter einen Hut zu bekommen.

leisten müssen. Hier gibt es noch viel Nachholbedarf.

KÜNSTLICHE INTELLIGENZ VOR DER TÜR

Besonders spannend sind die neu aufkommenden Megatrends. Ich nenne sie auch die Emerging-Megatrends, weil sie noch nicht alle Kriterien erfüllen. Dazu zähle ich die Bio-Transformation, die Fähigkeit, der Biologie ein Upgrade zu verpassen. Ausserdem Blockchain, bei der es darum geht, Vertrauen automatisieren zu können, und an dritter Stelle die künstliche Intelligenz.

Künstliche Intelligenz ist Teil der sogenannten vierten industriellen Revolution. Wir werden immer mehr Systeme haben, durch die Maschinenteile mit dem Werkstück reden können, durch die das fertige Objekt, zum Beispiel ein Aufzug, mit den Monteuren sprechen und diese darauf aufmerksam machen kann, dass der Lift bald einmal kaputtgehen oder steckenbleiben könnte und man doch die Reparatur ausführen sollte, bevor dies dann eintrifft.

Was bedeutet künstliche Intelligenz, dieser Emerging-Megatrend, für die Bauwirtschaft? Nun, ich glaube, es ist offensichtlich, dass Building Information Modeling (BIM) nur die Vorstufe ist. Künstliche Intelligenz wird auch in der Baubranche die Prozesse deutlich verändern und vereinfachen. Und nicht zuletzt werden Roboter auf die Baustelle kommen und gewisse Arbeiten ausführen können.

Sind wir für diese Zukunft gewappnet? Schaffen wir das? Nun, warum sollten wir es nicht schaffen? Die menschliche Gattung ist ausgestattet mit drei wunderbaren Eigenschaften. Der Mensch ist kreativ, der Mensch ist intelligent und der Mensch ist anpassungsfähig. Wenn wir Kreativität mit Intelligenz multiplizieren, dann haben wir Technologie. Und Anpassungsfähigkeit heisst, dass wir agil und beweglich sind. Ich denke, dass wir mit diesen Eigenschaften auch die Herausforderungen der Zukunft meistern werden.

GEORGES T. ROOS

gilt als führender Zukunftsforscher der Schweiz.

www.bausinn.ch

Lichtdurchflutete Architektur ermöglicht fliessende Übergänge.

SICHERHEIT TRIFFT ÄSTHETIK

FILIGRANES ARCHITEKTURDESIGN

von Céline Bieri-Berger

Grossflächige Glasfassaden und Fensterfronten sind aus dem modernen Architekturdesign nicht mehr wegzudenken. Filigrane Schiebefenster schaffen eine harmonische Balance zwischen einzigartiger Ästhetik, purer Schlichtheit und präziser Funktionalität. Fliessende Grenzen zwischen innen und aussen erzeugen Räume voller Licht, Luft und Atmosphäre. Dennoch zeigen sich Glaselemente bei der Umsetzung sicherheitsrelevanter Gebäude immer wieder als grosse Herausforderung.

Ein grosses Fenster muss kein Sicherheitsrisiko sein. Mit der Produktreihe swissFineLine Protect haben rahmenlose Fensterelemente einen neuen Sicherheitsstandard erreicht. Mit der Kombination aus einem Einbruchschutz der Widerstandsklasse RC4, einer Durchschusshemmung der Klasse FB6-NS und einer nahtlosen Integration smarter Überwachungstechnik bieten die Schiebefenster ein nie dagewesenes Schutzniveau.

GESTEIGERTE SICHERHEIT

Mit jeder Minute in der Abwehr steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Täter von ihrem Vorhaben ablassen. Den Terrassentüren und Fenstern kommt hier eine ganz besondere Bedeutung zu, denn sie sind leicht zugänglich. Gerade Fenster sollen für den Lichteinfall und das Wohngefühl eine bestimmte Grösse aufweisen. Trotz der leichten und filigranen Optik wehrt swissFineLine Protect mit der Widerstandsklasse RC4 selbst Angriffsversuche von professionell ausgestatteten Einbrechern ab. Je nach individueller Umgebung und Wünschen sind verschiedene Anforderungslevel verfügbar, die genau auf das Objekt angepasst werden können. Sie sind darüber hinaus von den akkreditierten Prüfinstituten ift Rosenheim GmbH (Deutschland) und gbd Zert GmbH (Österreich) gemäss DIN EN 1627 unabhängig zertifiziert.

Mit der Einbindung elektronischer Überwachungskomponenten lässt sich die Sicherheit zusätzlich zum mechanischen Einbruchschutz erhöhen und die smarte Überwachung und Steuerung werden über Applikationen erleichtert. Die Fensterelemente lassen sich problemlos in die Haussicherheitstechnik von Drittanbietern integrieren.

GESTALTUNG ÜBERZEUGT

Fenster bieten mehr als nur Durchblick, sie sind der Übergang zwischen zwei Welten. Durch die vollumfängliche und gleichzeitig minimalistische Verglasung lösen sich die Grenzen von innen und aussen auf. Die schwellenlose Bodenführung und die umlaufenden Rahmenprofile sind vollständig in Böden, Decken und seitlich in die Wände eingearbeitet, sodass die einzelnen Bereiche scheinbar fliessend ineinander übergehen. Übrig bleibt einzig ein schmales vertikales Mittelprofil, das eine nahezu uneingeschränkte

Die Glaselemente erfüllen höchste Sicherheitsanforderungen.

Freisicht ermöglicht und einen maximalen Lichteinfall bietet.

Für die Gestaltung von repräsentativen Gebäuden, seien es Banken, Regierungsgebäude oder Unternehmensstandorte, aber auch Privathäuser, gelingt auf diese Weise ein schwieriger Spagat: Objektsicherheit und repräsentative, lichtdurchflutete Architektur werden vereint.

swissFineLine AG | Gerbestrasse 15 | CH-3550 Langnau | Tel. +41 (0) 34 409 50 50 | info@swissfineline.ch | www.swissfineline.ch

Grenzenlos von innen.

Chancenlos von aussen.

THE CIRCULAR ECONOMY

BESTAND ALS MATERIALRESSOURCE

von Elisa Beck

Das zunehmende Bewusstsein der Endlichkeit von Material- und Energieressourcen im Kontext der Herausforderungen des Klimawandels stellt auch das Bauwesen vor neue Fragestellungen und Aufgaben.

Studien weisen nach, dass allein die Bauindustrie für 40 Prozent unserer Abfallproduktion, für 40Prozent des Verbrauchs von Primärenergieressourcen und für 40 Prozent der CO2-Emissionen weltweit verantwortlich ist. Insbesondere das schnelle Wachstum der Städte trägt zu diesem Phänomen bei. Nach den Berechnungen der Vereinten Nationen leben heute etwa 55 Prozent der Weltbevölkerung in Städten. Bis 2050 werden es etwa 68 Prozent sein – das sind circa 6.34 Milliarden Menschen. Man kann sich vorstellen, welch enorme Herausforderung das für den Ressourcenverbrauch im Bauwesen bezüglich neuer Gebäude und der benötigten Infrastruktur bedeutet.

VON LINEAR ZU ZIRKULAR

Momentan funktioniert unser Wirtschaftssystem vorwiegend «linear»: Rohstoffe werden abgebaut, verwendet und zu Bestand oder – am Ende der Verbrauchskette – zu Abfall. Doch schon seit Langem fordern WissenschaftlerInnen, ForscherInnen und ExpertInnen ein Umdenken hin zur «Circular Economy» – also zu einem Kreislauf der Rohstoffe, die nach Verbrauch wiederverwendet werden können. Gerade in Städten kann durch die gegebene Dichte von vorhandenen Ressourcen mit dem sogenannten «Urban Mining» oder «Harvesting» ein wertvoller Wertschöpfungskreislauf ent-

Martin Zeller ©

K118, Winterthur, baubüro in situ.

ZU SEHEN SIND BAUTEN UND PROJEKTE VON:

• baubüro in situ / Schweiz: K118 /

Winterthur, ELYS Lysbüchel Areal /

Basel, Werkhof Binz / Zürich • de Architekten Cie. / Amsterdam:

Circl Pavillon/Amsterdam • Superuse Studios / Rotterdam:

Villa Welpeloo/Enschede,

Wikado Playground / Rotterdam • materialnomaden und ATP architekten ingenieure / Wien: magdas / Wien • CITYFÖRSTER / Hannover:

Lune Delta / Bremerhaven,

Recycling Haus / Hannover • Bundesimmobiliengesellschaft /

Wien mit BauKarussell/Wien: MedUni

Campus Mariannengasse/ Wien • Architekturbüro forschen planen bauen – DI Thomas Romm,

Wien und Österreichisches

Siedlungswerk: Urban Mining,

Baufeld Q5 (ÖSW)/Graz • Institut für Architekturtechnologie /

TU Graz: Workshop «house remixed»

Ausstellung Material Loops im HDA.

ARCHITEKTUR Thomas Raggam – HDA

©

Thomas Raggam – HDA ©

stehen, der sowohl neue Geschäftsmodelle fördert als auch eine nachhaltige und klimaschonende Wirtschaft ermöglicht. Zur aktiven Umsetzung sind dafür zunächst neue gesetzliche Rahmenbedingungen erforderlich, die die Kreislaufwirtschaft fördern und zum Beispiel die wichtigen Gewährleistungsfragen regeln.

KREISLAUFWIRTSCHAFT UND KLIMAZIELE

Materialkreisläufe von Baumaterialien waren in der Baugeschichte eine weitverbreitete Praxis. Das liegt insbesondere an der Robustheit der damals verwendeten Materialien, die bis vor 200Jahren vor allem aus Stein, Holz, Kalk und Lehm sowie Pflanzenfasern hergestellt wurden. Die natürlichen Baustoffe wurden entweder erneut verwendet oder gingen durch Verfall wieder in den natürlichen Stoffkreislauf zurück. Heutige Baumaterialien sind komplex, oft durch mehrschichtige Komponenten aufgebaut und mit unterschiedlichen Bestandteilen und Beschichtungen, zum Beispiel aus Kunststoffen, versehen. Daher sind sie häufig schwierig wiederzuverwenden und enden nach Abbruch oft als Abfall auf einer Sondermülldeponie. Goals» beschlossen, die unter anderem den Einstieg in eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft und eine nachhaltige Stadtentwicklung fordern. Am 16.September 2020 räumte die Kommissionspräsidentin der Europäischen Union Ursula von der Leyen der «Circular Economy» daher oberste Priorität ein, um die Klimaziele bis 2050 erreichen zu können: «Die Kreislaufwirtschaft, einschliesslich neuer Abfall- und Recyclinggesetze, wird die Hälfte der Bemühungen der EU ausmachen, bis 2050 Netto-NullKohlenstoffemissionen zu erreichen». Die Ausstellung im Haus der Architektur (HDA) stellt Studien und praktische Beispiele

Die Vereinten Nationen haben bereits im Jahr 2016 die «Sustainable Development Werkhof Binz, baubüro in situ. von Architekturen, Umnutzungen und Systemkreisläufen vor, die durch ihre hohe gestalterische Qualität sowie durch ihre beeindruckende Genese aus wiederverwendeten Materialressourcen überzeugen. Projekt und Ausstellung wurden kuratiert vom HDA.

ELISA BECK

ist Redaktorin bei bauRUNDSCHAU.

www.baurundschau.ch

Martin Zeller ©

MEHR LICHT, MEHR LUFT, MEHR KLIMASCHUTZ

NACHHALTIGKEIT BEI TAGESLICHTSYSTEMEN

von Georg Lutz

Tageslicht und Frischluft sind ausschlaggebend für das Wohlbefinden und die Gesundheit der Menschen. Als ressourcenschonende Lösung sorgen Tageslichtsysteme für optimale Ausleuchtung und natürliche Belüftung von Gebäuden. Es geht um mehr Licht, mehr Luft und mehr Klimaschutz in Gebäuden.

Mehr Tageslicht braucht der Alltag.

Umweltbewusstsein in der Baubranche ist das Gebot der Stunde.

Die Klimaoffensive des Familienunternehmens LAMILUX «Mehr Licht, mehr Luft, mehr Klimaschutz» verfolgt eine Mission: die Wichtigkeit von Tageslicht und Frischluft in Gebäuden zu verdeutlichen und deren untrennbare Vorteile und Verbesserungspotenziale für den Klimaschutz aufzuzeigen.

SCHLICHT MEHR GLÜCK

Besonders in Zeiten von Home Office und Homeschooling sind Tageslicht und frische Luft zu Hause wichtiger denn je. Tageslicht fördert sowohl die Gesundheit als auch die Konzentrationsfähigkeit und sorgt für ein höheres Glücksempfinden, denn es steigert die Ausschüttung des Botenstoffs Serotonin. Auch Frischluft wirkt sich positiv auf die Gesundheit der Menschen aus und stärkt deren Immunsystem. Das ist weitläufig bekannt. Doch kommt es auch darauf an, wie nachhaltig und ressourcenschonend die dafür genutzten Tageslichtsysteme entwickelt, produziert und geliefert werden beziehungsweise wie energieeffizient sie ihren Job tatsächlich ausüben.

LAMILUX legt bei der Qualität seiner Produkte grössten Wert auf Energieeffizienz und die Erfüllung der Umweltnormen – von der Entwicklung bis zum Einsatz auf dem Flachdach. Egal ob Lichtkuppel, Glasdach oder Flachdach-Fenster, die Tageslichtsysteme überzeugen mit individuellen Gestaltungsmöglichkeiten, guten Wärmedurchgangswerten und einer zeitsparenden Montage.

UMWELTBEWUSSTSEIN SEIT GENERATIONEN

Bereits seit vier Generationen übernehmen die Unternehmenslenker bewusst und gerne Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft. LAMILUX entwickelt, fertigt, montiert und wartet auf Langlebigkeit konzipierte Produkte. Denn eine lange Haltbarkeit ist wesentlich für das Vertrauen der Kunden und leistet einen entscheidenden Beitrag zur Nachhaltigkeit.

«Wir sehen nachhaltiges Denken und Handeln als unsere gesellschaftliche Aufgabe. Deshalb werden auch wir als vierte Generation der Unternehmerfamilie diesen Weg weitergehen», erklärt Alexander Strunz, Geschäftsführer der LAMILUX Gruppe. Weiter betont er: «Mehr Licht, mehr Luft, mehr Klimaschutz hat für uns eine tiefe Bedeutung – denn damit leisten wir einen Beitrag für umweltbewusstes, energieeffizientes und klimaschonendes Bauen bei den Projekten unserer Kunden.»

GEORG LUTZ

ist Chefredaktor bei bauRUNDSCHAU.

www.lamilux.de

Sonnenschutzsysteme können mehr.

MULTIFUNKTIONAL EINSETZBAR

SONNENSCHUTZSYSTEME BRINGEN ECHTEN MEHRWERT

von Michael Widmer

Die Sonnen- und Wetterschutzbranche ist ein attraktiver Wirtschaftsbereich mit Zukunft. Die Systeme leisten einen wichtigen Beitrag beim Energiesparen und bieten einen Mehrwert gegen die zunehmende Überhitzung, für die Gesundheit sowie im Kampf gegen den Klimawandel.

Sonnen- und Wetterschutzsysteme fristen längst kein Schattendasein mehr: Einst als Produkte primär zur Verdunkelung oder für den Sonnenschutz wahrgenommen, schätzt die Bauwirtschaft heute deren Multifunktionalität. Neben Einbruch- oder Sichtschutz, Blendschutz oder Hitzeschutz und Windschutz leisten moderne Sonnenschutzsysteme einen wichtigen Beitrag zur Energieeffizienz von Gebäuden und optimieren den Komfort für die Bewohnerinnen und Bewohner. Und diese Eigenschaften werden immer wichtiger.

HITZETAGE NEHMEN ZU

So sind in der Schweiz gemäss einer Studie der ETH nicht nur mehr heissere Tage zu erwarten, sondern auch zunehmend wärmere Nächte. Effiziente Sonnenschutzsysteme tragen hier wesentlich zur Lösung bei: Eine Beschattung von besonnten Fenstern ist an circa zehn bis 20Prozent der Tagstunden erforderlich, damit ein Vielfaches an Überwärmungsstunden vermieden werden kann. Das passive Kühlen spart verschiedenen Studien zufolge im Ein- und Zweifamilienhaus und bei exponierten

Wohnungen im Geschosswohnbau zwischen 20 und 50kWh/m2a (Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr) an Kühlleistung ein, sowie fünf bis zehn kWh / m2a im Mehrfamilienhaus bei nichtexponierter Lage. Im Nichtwohnbau kann die mechanische Kühlleistung gar um 50 bis 80Prozent reduziert werden.

NATÜRLICHE WÄRME NUTZEN

Während effektive Sonnenschutzsysteme im Sommer den Kühlbedarf mindern, wird im Winter der natürliche Wärmeeintrag gezielt genutzt, um den Heizwärmebedarf zu reduzieren. Mit einem effektiven Sonnenschutz können sich die Kühllasten und der Energiebedarf im Sommer sowie die Energiekosten im Winter deutlich reduzieren. Dies wirkt sich auch aufs Klima positiv aus, wie das Kompendium «Sommertauglichkeit im Wohnbau» des VSR aufzeigt. Im Laufe einer angenommenen 20-jährigen Nutzungsdauer einer Sonnenschutzanlage spart man das 60-fache der ursprünglich zur Produktion der Beschattung erforderlichen CO2-Emissionen ein.

NATÜRLICHES LICHT

Neben klimatischen Vorteilen steigern Sonnenschutzsysteme den thermischen und visuellen Komfort erheblich. So fördert ein optimierter Sonnenschutz die positive Wirkung des Tageslichts auf die innere biologische Uhr des Menschen und damit auf die Gesundheit, indem dieser Hitze- und Blendschutz mit einer optimierten Versorgung durch Tageslicht kombiniert wird. Verdunkelte Räume müssen nicht mit künstlichem Licht versorgt und 30 bis 80Prozent an Beleuchtungsenergie kann eingespart werden. Gute Lichtverhältnisse zu Hause und vor allem am Arbeitsplatz erhöhen das Wohlbefinden und die Produktivität. Nicht zuletzt deshalb hat die Nachfrage nach Sonnenschutzsystemen in der Schweiz in Zeiten der Pandemie zugenommen. Und der Trend dürfte sich angesichts der künftigen Herausforderungen zum Beispiel bei der Sanierung von Gebäudeparks nicht abkühlen.

MICHAEL WIDMER

ist Geschäftsführer des Verbandes der Schweizerischen Anbieter von Sonnen- und Wetterschutzsystemen (VSR).

www.storen-vsr.ch

Vorhänge reichen oftmals nicht aus.

DER PROZESS LÄUFT

DIGITALISIERUNG IN DER BAUBRANCHE

Interview mit Wilhelm Heckmann von Georg Lutz

Im Rahmen der digitalen Transformationen hat es die Baubranche nicht leicht. Ihre Prozesse sind komplexer und es gibt im wahrsten Sinne des Wortes viele Baustellen. Aber jetzt springen auch hier viele Verantwortliche auf den digitalen Zug auf. Wo liegen die Stolpersteine und welche Trends werden sich durchsetzen? Wir führten mit Wilhelm Heckmann, dem Managing Director bei der CNT Management Consulting AG in der Schweiz, ein Interview, um nicht nur diese beiden Fragen zu beantworten.

Ein innovatives Mindset der Verantwortungsträger ist eine Basis für den digitalen Erfolg.

Steigen wir mit einer persönlichen

Frage ein. Zunächst war das Arbeiten in der Pandemie für viele ein neuer qualitativer Sprung in neue digitale Arbeitswelten. Es war eine herausfordernde, aber auch faszinierende Reise. Nach mehr als einem Jahr Pandemiegeschehen sehnen sich viele nach analogen, sozialen Begegnungen, die jetzt auch wieder vermehrt möglich sind. Wie sehen Sie die Situation und Entwicklungen?

Bei uns war Digitalisierung auch schon vor der Pandemie ein Thema. Skype-Sitzungen waren und sind bei uns Alltag, natürlich nicht in diesem Ausmass wie jetzt seit anderthalb Jahren. Wir treiben die Transformation durch Digitalisierungsstrategien voran, aber Sie liegen richtig: Auch ich sehne mich nach mehr sozialen Kontakten – gerade mit Kunden. Intern fehlen mir in erster Linie die ungeplanten Kontakte, beispielsweise rund um den Kaffeeautomaten. Beim Kunden sind wir in Projektgeschäften. Auch da kann man unkompliziert und schnell vor Ort Herausforderungen lösen. Der Flurfunk fehlt. Jetzt scheint ja wieder eine gewisse Normalisierung Einzug zu halten. Hoffentlich hält das auch im Herbst an.

Ist das ein Zurück zu alten Zeiten?

Definitiv nicht. Das neue Normal ist nicht das alte Normal. Die Zeiten haben sich verändert.

Digitalisierungslösungen werden in KMU-Zusammenhängen manchmal zu früh und sehr oft zu spät eingesetzt. Wie meistern Unternehmensverantwortliche, die ja meist selbst keine technischen Expertinnen und Experten sind, diese Gratwanderung und wie

gehen Sie hier bei Ihren Kunden strategisch vor?

Es ist richtig, wenn man seine Prozesse durch Digitalisierung effizienter gestalten will, hat man sehr schnell viele Fragezeichen im Kopf. Wir haben im Rahmen der ersten Schritte gute Erfahrungen mit klaren strategischen Meilensteinen gemacht. Da braucht es nicht nur technische Kenntnisse und Branchenerfahrungen, sondern auch Verständnis für den Kunden. Soziale Kompetenz ist hier kein Fremdwort. Wir sind in erster Linie ein SAP-Beratungsunternehmen. Das ist unsere Kernkompetenz. Aber gleichzeitig braucht es eine Vorstellung davon, was ich wo machen will. Geht es beispielsweise um bessere und schnellere Kundenbeziehungen? Wenn solche ersten Fragen beantwortet sind, gilt es, einen transparenten Prozess der Kommunikation zu entwerfen. Last, but not least kommt die Frage der Ressourcen, sprich Finanzen, zum Tragen. In Zeiten der Pandemie und auch danach gibt es da ganz unterschiedliche Situationen. Es gibt Krisengewinner und Unternehmen, die richtig durchgeschüttelt werden. Zusammengefasst steht die Erstellung einer Roadmap auf der Agenda, die Prioritäten aufzeigt. Es geht dabei nicht um einen Jahresplan, der dann in Stein gemeisselt ist und bei dem nichts mehr verändert werden kann, sondern um einen strukturierten Rahmen.

Kommen wir zu einer konkreten Branche, der Baubranche. Diese ist nicht gerade ein «early bird», was die Umsetzung der Digitalisierung betrifft. Der Blick auf Baustellen verdeutlicht dies. Jeder Hausbau ist eigentlich ein Unikat. Da sind die üblichen Vorteile der Digitalisierung viel schwieriger als in anderen Branchen zu realisieren. Das spiegelt sich sicher auch in Office-Lösungen der Branche wider. Ist das Glas halb leer oder halb voll?

Wir haben einige Kunden in dieser Branche. Dort gibt es durchaus Vorreiter wie die Porr AG, ein grosser Player der Baubranche in Österreich. Die Verantwortungsträger haben ein sehr innovatives Mindset. In der Branche selbst, das haben Sie angesprochen, ist vieles verteilt, regional und bezüglich der Prozesse komplexer als in anderen Branchen. Demgegenüber hilfreich ist eine neue Infrastruktur, beispielsweise in der Kommunikation mit dem Standard 5G. Gerade die mobilen Lösungen helfen auf Baustellen echt weiter. Dazu kommen Herausforderungen wie komplexe Grösse oder Compliance. Das braucht Transparenz und diese braucht wiederum Digitalisierung. Allein das Thema Ausschreibung von Projekten, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist, zeigt auch die regulativen Herausforderungen auf, die von der IT-Seite abgebildet werden müssen.

Wie kann man in dieser Branche bei IT-Lösungen unterscheiden? Was ist nützlich und was ist Zukunftsmusik oder Nische? Es gibt virtuelle Brillen für digitale räumliche Welten. In China kommen Häuser aus dem 3-D-Drucker. Ich könnte mit solchen exotischen Beispielen fortfahren…

Man muss sich als Unternehmen nicht nur einmal mit solchen Themen und Fragestellungen beschäftigen. Ich muss es evaluieren. Was hilft meinem Unternehmen und was tut sich am Markt? Hier zu Lösungen zu kommen, ist eine herausfordernde Aufgabe und ich brauche dazu die richtigen Partner. Externe Unterstützung ist angesagt, allerdings nur in einer zielgerichteten Form. Man muss sich ja in erster Linie auf sein Kerngeschäft konzentrieren. Hier den richtigen Partner zu haben, ist der Schlüssel zum Erfolg.

«Hier den richtigen Partner zu haben, ist der Schlüssel zum Erfolg.»

Wie stellt sich die Situation bei Porr dar? Es müssen ja auch alle Beteiligten bei einem Projekt auf gleicher Augenhöhe agieren – beim Thema BIM lässt sich das beispielhaft aufzeigen. Sonst drohen ja die gesamten Effizienzgewinne wieder verloren zu gehen.

Wir haben uns bei Porr auf den Bereich der Beschaffung konzentriert. Das Ziel war, ein Tool zu finden, welches dezentral eingesetzt werden kann, sprich, dass auf Baustellen diese Beschaffungsvorgänge digital erfasst werden können. Es gilt, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort direkt miteinzubeziehen. Dann waren diese Prozesse mit dem ERPSystem im Back Office zu verknüpfen.

Es galt, dem Wildwuchs Einhalt zu gebieten. Oftmals gab es Beschaffungsvorgänge, die gar nicht in dem dafür vorgesehenen System abgebildet waren. Das Ziel war, Transparenz intern und extern herzustellen und damit der Zentrale die Möglichkeit zu geben, Lieferanten zu steuern.

Wie hat man das operativ umgesetzt? Es ging darum, eine einfache und mobile Lösung zu installieren, die jede und jeder auf der Baustelle schnell lernen und umsetzen kann. Jede und jeder, die oder der auf einer Shoppingplattform online bestellen kann, sollte hier auch tätig werden können.

Die zweite Herausforderung ist die Einplanung der Lieferanten und anderer externer Partner. Da haben Sie einen wichtigen Punkt angesprochen. Alle müssen richtig eingebunden werden. Aber da gibt es auch Lösungen, die helfen.

Was hilft da?

Beispielsweise eine Plattform, die schon verbreitet und damit oft bekannt ist. Das reduziert grosse Schulungsaufwände und minimiert die Implementierungsaufwände.

Früher waren solche Projekte sehr aufwendig, da hierfür beispielsweise immer noch programmiert werden musste. Heute

Heute heisst das Motto «ready to use».

Mobile Lösungen sind in der Baubranche besonders hilfreich.

heisst es «ready to use». Die Funktionalität kann sehr schnell genutzt werden. Hilfreich ist hier eine etablierte Cloud-Lösung.

Wie kommen das Cloud-Thema und die ERP-Lösung in der Baubranche zusammen?

Das ERP-System, auf dessen Grundlage Finanzen, Rechnungswesen und Personal laufen, ist das zentrale Modul. In der Baubranche kommen die Materialwirtschaft und der Beschaffungsprozess dazu. So werden sie digital und transparent. Damit lassen sich über ein ganzes Unternehmen hinweg Lieferzeiten, Bestellwerte oder Produktpreise auswerten. Aber auch Stichworte wie Changemanagement und Compliance sind für die Baubranche wichtig, wenn es um die digitale Transformation geht.

Wie sieht dann die Softwarearchitektur aus?

Ein Trend geht in Richtung einer hybriden Lösungslandschaft. In der SAP-Welt sprechen wir von einem digitalen Core. Ein ERP-System steht im Rechenzentrum und dort kann man an die unterschiedlichen Cloud-Lösungen andocken. Von der Beschaffung haben wir schon gesprochen. Das gibt es auch auf der Sales-Seite und bei CRM-Lösungen.

Voll in die Cloud zu gehen, steht aber sicher bei vielen Bauunternehmen auf der Agenda.

Richtig. Hier nutzen die Verantwortlichen das ERP direkt aus der Cloud. Der Vorteil heisst hier Schnelligkeit. Das wird man in den nächsten Jahren beim Thema Sprachsteuerung erleben. Diese wird, da lehne ich mich aus dem Fenster, definitiv an Bedeutung gewinnen. Das sind Innovationen, die für den, der in der Cloud arbeitet, fast schon automatisch kommen. Es wird mir gesagt, welche neuen Bestellungen da sind, ohne dass ich mit der Maus mühsam durch Ordner und Files klicken muss. Die Innovation ist schon «out oft the box» dabei.

WILHELM HECKMANN

ist Managing Director bei der CNT Management Consulting AG in der Schweiz.

www.cnt-online.com/de

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