Interview Magazin Nr. 03/2013

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Nr. 03/2013 CHF 12.50 / EUR 11.00

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interview

Das Magazin fĂźr kompetente & innovative Unternehmen

Modernes Personalmanagement Erfolgserprobte Einstellungsinterviews Ă„ltere Mitarbeiter als Trainer oder Coaches qualifizieren


PUSCHL AV ( SCHWE IZ ), 2005

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Editorial

Liebe Leserinnen Liebe Leser

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eit der letzten Ausgabe des interview Magazins hat sich wirtschaftlich wieder einiges getan. Trotz der enormen Bemühung der US-Notenbank, mit Ihrem Stimulierungsprogram QE3, wächst in den USA zunehmend die Sorge über eine bevorstehende Konjunkturflaute. Mit diesen Sorgen steht die USA bei weitem nicht alleine da. Das BIP der chinesischen Volkswirtschaft ist anstatt der prognostizierten 8,2% nur 7,7% gewachsen, was viele Leute an einen baldigen Wachstumsstillstand der Volksrepublik glauben lässt. Doch nicht nur im Ausland hat sich einiges Ereignet auch in der Schweiz hat sich etwas getan. Der nunmehr bald drei Jahre währende Steuerstreit zwischen der Schweiz und den USA steht kurz vor seinem Ende. Am 29 Mai 2013 wurde nun endlich ein Gesetzesentwurf zur Bereinigung des Streits mit den USA geschaffen.

betrug die Arbeitslosenquote beinahe 30% und in Frankreich waren 3,26 Mio. Personen ohne Arbeit, die höchste Zahl seit Einführung der Statistik im Jahre 1996. Es bleibt abzuwarten was die Zukunft bringt. Wird die EU Ihre Arbeitslosenquote in den Griff bekommen und wird der Steuerstreit zwischen der Schweiz und den USA bald der Vergangenheit angehören?   In diesem Sinne viel Vergnügen beim Lesen.

Der Bundesrat hat sich den Forderungen des amerikanischen Justizdepartement DoJ weitestgehend gebeugt. Das Gesetz wird nicht nur höhere Verwaltungskosten und tiefere Steuereinnahmen der Schweiz zur Folge haben, sondern auch die Herausgabe heikler Personendaten von Bankmitarbeitern. Ob dies überhaupt mit dem schweizerischen Datenschutz zu vereinbaren ist, insbesondere da die weitere Verwendung der Daten seitens der USA noch nicht bekannt ist, bleibt zu klären. Wir können auf jedenfalls gespannt sein, ob sich der National- und Ständerad für oder gegen den Gesetzentwurf des Bundesrates entscheidet. Doch nicht nur in der Schweiz sondern auch in der Eurozone hat sich einiges getan. Die geplante Finanztransaktionssteuer, welche zum Ziel hat die Banken an den massiven Kosten der Finanzkreise zu beteiligen, gerät immer weiter unter Druck. Der ehemals geplante Steuersatz von o,1% wird nun auf 0,01% gesenkt und die geplante Inkraftsetzung der Steuer auf Anfangs 2014 wird voraussichtlich auch verschoben. Der Finanztransaktionssteuer droht die degradieren zu einer symbolischen Abgabe.

Chefredaktor Adriano Sibilia

Dabei hätten die Europäischen Länder zusätzliche Einnahmen gut gebrauchen können, wie die Arbeitslosenquote in der Eurozone deutlich zeigt. Diese verschlechtert sich nämlich kontinuierliche. Im April hat sich die Quote wieder um 0,1% im Vergleich zum Vormonat auf 12,2% verschlechtert. In Spanien

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interview Magazin

inhalt Human Resource

Management / Marketing

Mitarbeiter als 14 Ă„ltere Trainer oder Coaches

Sogkraft guter 16 Die FĂźhrung

IT / Technik

Seminare/ Coaching

Identity 41 Customer Resolution

52 Der Bill-Clinton-Faktor

qualifizieren

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Inhaltsverzeichnis

Editorial Editorial............................................................................................3

Human Resource Wie Chefs mit demotivierten Mitarbeiter umgehen sollten ...........6 Charisma, die Geheimwaffe erfolgreicher Unternehmer.................8 Erfolgserprobte Einstellungsinterviews .........................................12 Ältere Mitarbeiter als Trainer oder Coaches qualifizieren.............14

Management / Marketing

32 Integrales Risikomanagement

Management / Marketing Die Sogkraft guter Führung...........................................................16 Als Berater den eigenen Preis kalkulieren und verkaufen.............18 Das Funkeln in den Augen.............................................................21 Führen heißt vorleben, alles andere ist Dressur.............................24 Von Regelbrechern und Regelkonformisten..................................27 Welche Kunden wollen wir (nicht) haben?.....................................30 Integrales Risikomanagement .......................................................32 Kanalisieren Sie die Energie...........................................................36

IT / Technik Web-Controlling 3.0 Teil 2.............................................................38 Customer Identity Resolution........................................................41 Quo Vadis ECM..............................................................................44

Seminare / Coaching

Gesundheit

Internetabhängigkeit: Das Heroin aus der Steckdose!..................48 Der Bill-Clinton-Faktor...................................................................52

Gesundheit Zu lange Arbeitszeiten machen krank und einsam........................55

Abo / Impressum Abo / Impressum............................................................................58

lange Arbeitszeiten 55 Zu machen krank und einsam

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Human Resource

Führung: Wie Chefs mit demotivierten Mitarbeiter umgehen sollten Manche Mitarbeiter verhalten sich wie Opossums. Clevere Führungskräfte lassen sich davon nicht beeindrucken. Erfahren Sie, wie Chefs dafür sorgen können, dass ihre Mitarbeiter Leistung bringen.

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ie meisten Führungskräfte werden es bereits erlebt haben: Sie fragen einen Mitarbeiter, ob er eine Aufgabe übernehmen kann, und dieser antwortet: «Warum gerade ich? Ich habe so viel zu tun. Das kann doch Kollege X machen, das ist doch überhaupt nicht meine Aufgabe!» Diese Mitarbeiter stellen sie quasi tot, wenn sie gefordert werden, genau wie das Opossum.

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Diese Beutelratte, die bis zu 50 cm groß wird, hat eine sehr elegante Strategie entwickelt, Fressfeinden zu entkommen: Sie legt sich flach auf den Boden, hört auf zu atmen, und aus ihrem Mund strömt ein starker Verwesungsgeruch. Wenn kein Aasfresser in der Nähe ist und die Gefahr vorbei ist, lebt es danach putzmunter weiter. Manche Mitarbeiter scheinen sich offensichtlich viel von den

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Opossums abgeschaut zu haben. In den USA gibt es deshalb die Redewendung: „playing opossum“. Was sollten Führungskräfte tun, wenn ein Mitarbeiter zwar nicht aufhört zu atmen, aber keine Leistungsbereitschaft zeigt? Klären Sie die Situation, und fordern Sie Commitment ein – in fünf Schritten.

1. Klären, was demotiviert Die allermeisten Mitarbeiter machen ihre Arbeit gut, wenn es ihnen möglich ist. Und wenn sie das nicht tun, sind es


Human Resource

häufiger konkrete Bedingungen, die die Eigenmotivation blockieren. Der amerikanische Psychologe Frederic Herzberg bezeichnete diese als «Hygienefaktoren». Das können bestimmte Rahmenbedingungen, etwa zähe Abläufe und schleppende Zuarbeit u.a., sein, die einen Mitarbeiter frustrieren. Aber auch eine schlechte Arbeitsatmosphäre, die auf eine schlechte Kommunikation, mangelnde Kooperation oder Ausgrenzung zurückzuführen ist, kann Ursache der Demotivation sein. Die möglichen Ursachen der Demotivation sollten geklärt werden. Dadurch wird deutlich: kann oder will er nicht ordentlich arbeiten? Gemeinsam wird dann vereinbart, was wer tut, um die Hindernisse aus dem Weg zu räumen.

2. Die Erwartung: Was genau soll der Mitarbeiter tun? Definieren Sie genau, welche Leistung sie von ihrem Mitarbeiter erwarten. Diese sollte natürlich innerhalb seiner Aufgabenbeschreibung, Entgeltgruppe, zumutbaren Arbeitszeit und seiner Entscheidungsbefugnisse liegen. Besprechen Sie dann, welches Ergebnis Sie wann und in welcher Qualität von ihm erwarten. Erst wenn der Mitarbeiter genau verstanden hat, was Sie von ihm erwarten, wird geklärt, was er dazu braucht. Danach wird erörtert, welche Rahmenbedingungen der Mitarbeiter benötigt, er Ihre Erwartungen erfüllen kann. Ihr Mitarbeiter (!) macht sich also konkrete

Gedanken, was er braucht. Darüber wird dann eine Vereinbarung erzielt.

ment kommen Sie nicht weiter. Fordern Sie also ein klares Ja oder Nein!

3. Seine Bereitschaft klären

4. Feedback vereinbaren

Nun sind die Rahmenbedingungen geklärt, und der Mitarbeiter konnte sagen, was er können, wissen und noch lernen muss, um die Aufgabe bewältigen zu können. Für die Leistungsbereitschaft allerdings ist nur der Mitarbeiter verantwortlich, denn genau dafür wird er bezahlt. Und deshalb kommt es jetzt zum Schwur: «Sind Sie bereit, die Aufgabe zu übernehmen? Ja oder nein.» Verneint der Mitarbeiter, sagt er damit deutlich, dass er nicht will – und das sollte für ihn Konsequenzen haben. Sie können nicht akzeptieren, dass ein Mitarbeiter seine Leistungsbereitschaft verweigert.

Nachdem Sie ein klares Ja bekommen haben, vereinbaren Sie bitte, wie Sie seine Arbeit monitoren werden. Kontrolle heißt: wertschätzendes und offenes Feedback. Geben Sie Rückmeldung, welche Ergebnisse gut sind und was Sie sich noch genau wünschen, damit die Leistung stimmt. Die Beachtung seiner Leistungen ist unerlässlich. Damit zeigen Sie deutlich, wie wichtig Ihnen Ihr Mitarbeiter und seine Arbeit sind.

Ein Nein bedeutet also in dieser Situation: Arbeitsverweigerung mit möglichen disziplinarischen Folgen. Opossums merken allerdings genau, dass sie jetzt nicht Nein sagen können, und sagen deshalb: «Ja, aber…»

Beenden Sie das Gespräch mit einem Dankeschön für die Kooperation des Mitarbeiters, und sagen Sie ihm, dass Sie sicher sind, dass er gute Ergebnisse abliefern wird. Bitte glauben Sie selbst dran. Negative Unterstellungen wie «Naja, wahrscheinlich ist bei Ihnen Hopfen und Malz verloren!» wirken negativ, positive positiv, so einfach ist das. Und nach dem Gespräch: Ertappen Sie ihn bei guten Leistungen, damit die Leistung noch besser werden kann – und geben Sie ihm darüber Feedback.

Okay, der Mitarbeiter bekommt eine zweite Chance. Er soll formulieren, welche weiteren Rahmenbedingungen und Lernbedarfe noch geklärt werden müssen. Allerdings nur die, die wirklich für die Aufgabenbearbeitung notwendig sind. Als Vorgesetzter müssen Sie kein unrealistisches Wunschkonzert akzeptieren! Wenn das klar ist, fragen Sie nochmals nach seiner Bereitschaft. Ohne Commit-

5. Positive Unterstellungen wirken positiv

Kontakt Helmut Kraft Managementtrainer, Coach

Kraft-Training Schumannstr. 34 D-71732 Tamm Tel.

+49 (0)71 41 688 366

info@kraftvollfuehren.de www.kraftvollfuehren.de www.fische-haben-feinde.de

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Human Resource

Charisma

die Geheimwaffe erfolgreicher Unternehmer Wie Sie mit der S.C.I.L. Performance Strategie Ihre Wirkung steigern

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elche Erwartungen haben Sie an einen Unternehmer? Er sollte in der Lage sein, erstklassige Auftritte und Präsentationen abzuliefern, in jeder Situation zu überzeugen und Empathie für Menschen zu zeigen. Was aber unterscheidet Unternehmer von ERFOLGREICHEN

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Unternehmern? Es sind nur acht Buchstaben, die den Unterschied machen: Charisma. Für Unternehmer ist es in der heutigen Zeit entscheidend, wie sie wirken: Sie müssen in Geschäftsterminen überzeugend argumentieren, Konflikte schlichten und auch in Gesprächen mit Kollegen den richtigen Ton treffen.

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Doch nicht jedem ist Charisma mit in die Wiege gelegt worden. Aber Charisma ist weder Hexenwerk noch übernatürliche Kraft – es ist lediglich eine enorme Ausstrahlung, die auf andere Menschen wirkt. Und diese Ausstrahlung kann jeder durch Training und kontinuierliche Übung erlernen.


Human Resource

Einigen Unternehmern gelingt es scheinbar ohne jegliche Anstrengung, ihr Team zu dirigieren, nebenbei noch erfolgreiche Präsentationen zu halten und große Geschäftskunden an Land zu ziehen. Andere dagegen bemühen sich zwar so gut sie können, erzielen aber eine andere Wirkung, als sie beabsichtigen. Tatsache ist: Viele Unternehmer wissen gar nicht, wie sie wirken. Vielleicht sagen Sie sich jetzt „Natürlich weiß ich, wie ich wirke! Ich bin eine selbstbewusste Person, und so wirke ich auch auf meine Mitarbeiter.“ Wirkung ist aber nicht mit Persönlichkeit gleichzusetzen, die beiden Konzepte sind häufig eben nicht deckungsgleich. Ein Unternehmer mit einer sehr extrovertierten Persönlichkeit kann sehr von sich und seinen Ideen überzeugt sein – das heißt aber noch lange nicht, dass er auch in der Lage ist, seine Mitarbeiter und Kunden mit dieser Begeisterung anzustecken. Jemand, der in seiner Arbeit sehr strukturiert vorgeht und eigentlich sehr einfühlsam ist, was ihm Persönlichkeitstests auch bestätigen, kann in der Begegnung mit anderen regelmäßig einen durchaus unstrukturierten und wenig einfühlsamen Eindruck hinterlassen. Und Menschen, die sehr strukturiert nach außen wirken, können von der Persönlichkeit ziemlich chaotisch und recht kreativ sein. Sie sehen also, dass Wirkung und Ausstrahlung durchaus stark von der Persönlichkeit eines Menschen abweichen können.

kompetenz (Empfänger- und SenderQualitäten) eines Menschen, die sich entwickeln lassen, und unterscheidet dabei vier Frequenzbereiche: Sensus, Corpus, Intellektus und Lingua. Das Diagnostik-Tool fußt auf einem 100 Fragen umfassenden Web-basierten Test. Aus den Ergebnissen wird ein persönliches Profil abgeleitet, das die aktuell geltende Wahrnehmungs- und Wirkungskompetenz eines Menschen aufzeigt und Hinweise auf persönliche Stärken und Entwicklungsfelder gibt. Menschen, die über eine hohe personale Wirkung und Ausstrahlung verfügen, sind in allen vier Frequenzbereichen sehr stark aufgestellt, wobei Balance der entscheidende Faktor ist. Bei den meisten Menschen ist es eher so, dass sie Stärken und Schwächen haben, und nicht alle 16 Frequenzen, die das Modell erfasst, gleich hoch ausgeprägt sind. S.C.I.L. ist aber noch viel mehr als «nur» ein Diagnostiktool: Es ergänzt bekannte Verhaltensanalysen, Persönlichkeitsund Kompetenzerfassungsmodelle ideal, weil sein Fokus auf den trainierbaren Wahrnehmungs- und Wirkungsaspekten liegt. Der entscheidende Unterschied zur reinen Diagnostik: Im Gegensatz zu anderen Modellen entsteht kein „unveränderliches Profil“. Es ist eher

eine Momentaufnahme, die einen Entwicklungsprozess in Gang setzt und ihn durch gezieltes Training voran treibt. Ziel ist es, Menschen dabei zu unterstützen, ihre eigene Wirkung bewusst wahrzunehmen und diese Erkenntnis im Zusammentreffen mit anderen Menschen zu nutzen.

Mit Charisma zur Leitfigur Wer als Unternehmer über Ausstrahlung und Charisma verfügt, hat gute Chancen, von seinen Mitarbeitern, Kunden und Geschäftspartnern als Leitfigur und Vorbild akzeptiert zu werden. Woran liegt das? Eine erfolgreiche Geschäftstätigkeit wird nicht nur über bloße Zahlen oder den Verkauf von Dienstleistungen und Produkten definiert. Bevor überhaupt ein Geschäft abgeschlossen ist, müssen Sie sich erst einmal selbst verkaufen. Nur, wenn Sie als Unternehmer überzeugend hinter dem stehen, was Sie tun und eben das auch ausstrahlen, funktioniert es mit der Überzeugungskraft. Das Geheimnis von herausragender Wirkung besteht darin, dass Sie Ihre Ziele mit so viel Ehrgeiz, Motivation, Glaubwürdigkeit und Zuversicht vertreten, dass Geschäftspartner oder Kunden von Ihrem Wissen und

Die S.C.I.L. Performance Strategie Auf den ersten Blick mag man die Persönlichkeit eines Menschen für wichtiger als die Außenwirkung halten. Aber die Wirkung eines Menschen ist das, was AusWirkungen hat. An dieser Stelle setzt die S.C.I.L. Performance Strategie an: Ziel ist es, mit Hilfe des S.C.I.L. Diagnostik Tools die momentane Wirkung eines Menschen zu erfassen, sie abzubilden und im anschließenden Training daran zu arbeiten, die bestmögliche Wirkung zu erzielen. Es geht ganz bewusst nicht darum, wie jemand ist – viel wichtiger ist es, wie er wirkt, und ob er in der Lage ist, andere für eine Sache zu gewinnen. S.C.I.L. veranschaulicht und analysiert die Wahrnehmungs- und Wirkungs-

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Ihren Argumenten vollkommen überzeugt sind. Immer noch verlassen viel zu viele bahnbrechende Ideen, egal ob auf unternehmensinterner oder politischer Ebene, niemals den Kopf des Erfinders und werden niemals umgesetzt, weil es dem Urheber an Wirkung fehlt. „But there‘s one more thing“: Erinnern Sie sich an diese Worte von Steve Jobs, mit denen er die Vorstellung des neuen iPhones einläutete? Als CEO von Apple war er ein Paradebeispiel charismatischer Unternehmensführung. Auf der Bühne hatte er ein inneres Leuchten, eine raumfüllende Präsenz. Es war nicht mehr bloß die Präsentation eines neuen Produktes, durch sein Auftreten wurde das iPhone zu einer materialisierten Vision. Er trat als eine Art Verkünder der Offenbarung auf, voller Überzeugung, Glaubwürdigkeit und Selbstvertrauen, dass das Produkt zu einem Bestseller werden musste. Sein Charisma erlaubte gewissermaßen gar keine Fragen, die Zuhörer waren gefesselt und als potenzielle Kunden schon gewonnen. Aber das war keine Zauberei, Steve Jobs hat sicherlich lange an seiner Wirkung gefeilt, bis er in allen vier Frequenzbereichen so gut aufgestellt war und sie in Balance gebracht hat.

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Wirkungsstärken pflegen und kultivieren, Entwicklungsfelder trainieren Sicherlich sind bei Ihnen auch nicht alle Frequenzbereiche gleich stark ausgeprägt, oder? Mal abgesehen von den wirklich charismatischen Menschen weisen die meisten Personen in ein oder zwei Feldern eine stärkere Ausprägung auf, die ihre Wirkung und Wahrnehmung maßgeblich bestimmt. Wenn Sie etwa in einer Verhandlung das Gefühl haben, dass Sie und Ihr Gegenüber nicht gut miteinander harmonieren und sie irgendwie aneinander vorbeireden, liegt es wahrscheinlich daran, dass Sie beispielsweise gerade auf Sensus-Frequenzen senden und empfangen, Ihr Geschäftspartner jedoch im Bereich Intellektus unterwegs ist. Getreu dem Motto „Gleich und Gleich gesellt sich gern“ funktioniert Interaktion immer dann besonders gut, wenn Menschen in ähnlichen oder gleichen Frequenzbereichen senden und empfangen, also im übertragenden Sinn die „gleiche Sprache sprechen“. Leider können Sie sich Ihre Mitarbeiter, Kunden und Geschäftspartner nicht danach aussuchen, ob sie gut mit Ihrer Wirkung harmonieren. Daher können

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Sie enorm davon profitieren, wenn Sie sich mit Ihrer Wirkung vertraut machen und sich daran geben, das Repertoire zu erweitern und in Balance zu bringen: Nutzen und pflegen Sie Ihre Wirkungsstärken und arbeiten Sie an den Feldern, in denen Sie noch Verbesserungspotenzial sehen. Die S.C.I.L. Performance Strategie bietet Übungsempfehlungen und konkrete Trainingsaufgaben, mit deren Hilfe Sie allein, oder mit der Unterstützung eines Trainers, an Ihrer Wirkung feilen können. Um Ihnen einen Einblick zu geben, hier ein Beispiel aus meinen Trainings. Preisverhandlungen sind eine knallharte Sache – wer zuckt, verliert. Mit der folgenden Übung können Sie an Ihrer Mimik arbeiten, die zum Interaktionsbereich Corpus zählt. Damit Ihr Gesicht Sie nicht verrät, sondern vielmehr Ihre Worte unterstreicht und verdeutlicht, lernen Sie von Ihren Mitmenschen: Achten Sie bei möglichst vielen Gelegenheiten auf Aspekte wie Kopfstellung, Bewegung der Hände, Sitzposition oder Spannungen der Muskulatur und machen Sie sich Notizen, insbesondere zu den wahrgenommenen Veränderungen. Überlegen Sie sich im nächsten Schritt, wie Sie diese Gesten selbst nutzen können und üben Sie ein-


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fache Sätze zuhause vor dem Spiegel, bis Sie Ihnen zur Gewohnheit werden.

Bleiben Sie sich selbst treu Haben Sie jetzt Angst, dass das Training Ihre Persönlichkeit verändern wird? Keine Sorge, wie bereits gesagt, geht es darum, die individuelle Wahrnehmungs- und Wirkungskompetenz eines Menschen zu optimieren, die Persönlichkeit bleibt dabei unangetastet. Charisma trainieren bedeutet nicht, sich zu verbiegen. Das wichtigste dabei ist, man selbst zu sein – und zu bleiben. Es geht nicht darum, eine Rolle besonders gut zu spielen, denn eine Rolle bleibt immer künstlich und aufgesetzt.

2. Emotionen richtig dosieren

Sie werden sehen: Menschen, die man als charismatisch erlebt, verfügen nicht über eine geheimnisvolle Superkraft. Charisma ist – ganz pragmatisch und alltagstauglich formuliert – die Fähigkeit, zu erkennen was gebraucht wird, zu tun, was gefragt ist und sich dabei selbst treu zu bleiben. Und genau dabei unterstützt die S.C.I.L. Performance Strategie.

Emotionale Mitarbeiter brauchen hin und wieder auch emotionale Ansprache. Das deutliche Interesse an ihren Gefühlen ist ein guter Weg. Ebenso wichtig ist es für solche Mitarbeiter, dass Sie sich selbst auch dann und wann mal emotional öffnen. Sagen Sie, wie es Ihnen geht. Zeigen Sie Freude und Trauer, Ärger und Angst. Dadurch werden Sie für diesen Mitarbeiter-Typus anfassbar.

Als Unternehmer erfolgreich überzeugen: Tipps für eine souveräne Ausstrahlung

3. In der Mimik anderer lesen und das eigene Gesicht zeigen

Der Körper spricht immer. Und seine „Aussagen“ haben in der Wahrnehmung der anderen nicht selten ein größeres Gewicht als das gesprochene Wort. Gestik, Mimik, Kleidung, räumliche Präsenz, kurzum „das persönliche Auftreten und Erscheinungsbild“ sind wesentliche Faktoren für die Akzeptanz eines Unternehmers. Doch hinter jeder Körper-Haltung steht die persönliche Haltung. Es geht um’s Ganze einer Persönlichkeit. 1. Die eigenen Glaubenssätze für andere wahrnehmbar machen Mitarbeiter wissen gerne, woran Sie bei Ihren Chefs sind. Für welche Werte und Grundhaltungen steht der Chef? Macht er diese Werte für seine Mitarbeiter wahrnehmbar und erlebbar im Sinne von „Walk as You Talk“? Ein so agierender Unternehmer zeigt sich als berechenbare und verlässliche Größe. Und beides sind Qualitäten, von denen motivationale Kraft ausgeht.

Blickkontakt ist richtig wichtig. Damit Sie die vielen kleinen Mikrotells (Augenlidzucken, Kieferanspannung, Lachfältchenveränderung etc.) in der Mimik des anderen lesen können. Mit den Blicken den Gesprächspartner durchbohren ist nichtig. Ein entspanntes, offenes Gesicht wirkt selbstsicher. Lösen Sie Ihre eigene Kiefermuskulatur, so dass die Zähne nicht aufeinander liegen. Das wirkt entspannt.

5. Mit der Stimme die gewollte Resonanz erzeugen Zu leise wirkt zögerlich. Zu laut strahlt Dominanz aus. Und Mono-Ton-Nie! Es gilt das rechte Maß zu finden. Dazu ist es wichtig, das eigene Stimmvolumen der jeweiligen Situation anpassen zu können. Nur Fragesätze dürfen am Ende nach oben gehen. Klare An- und Aussagen müssen am Satzende stimmlich abgesenkt werden. Das strahlt Entschlossenheit aus. Und: Nuscheln, zischeln, aufeinander gepresste Lippen sind verboten. Zumindest für einen Unternehmer, die als souveräne Persönlichkeit wahrgenommen werden will. Eine deutliche Artikulation bewegt.

Kontakt Andreas Bornhäußer

4. Den Raum für sich einnehmen Aufrechte Haltung, fester Gang, angepasst fester Händedruck (abhängig vom Händedruck des Mitarbeiters), gerade Sitzposition, und eine Gestik einsetzen, die nicht zu eng am Körper aber auch nicht zu ausladend ist. Regel: Innerhalb der Unterarmlänge des eigenen abgewinkelten Armes gestikulieren. Unterlagen auf dem Tisch ausbreiten ist gut. Aber maximal auf einer Fläche von 4 x DIN A 4-Seiten. Mehr Raum wirkt chaotisch, weniger kann als Kleinlichkeit oder Verklemmtheit missverstanden werden.

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Human Resource

Erfolgserprobte Einstellungsinterviews

Wie Sie mit professionellen Fragen die passenden Mitarbeiter finden

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er Erfolg im Unternehmen beginnt mit der Einstellung des richtigen Mitarbeiters. Die Interviewmethode ist bei der Personalauswahl das meistgenutzte Verfahren mit dem Ziel, herauszufinden, ob der Kandidat zum Unternehmen, zu den zukünftigen Aufgaben und dem Team passt. Wir stellen Mitarbeiter häufig auf Basis ihrer fachlichen Kompetenz und Erfahrung ein, aber gerade die „weicheren Faktoren“ wie soziale Kompetenz, Lernbereitschaft und Motivation entscheiden langfristig

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darüber, ob diese den Beruf mit Freude, Engagement und Erfolg ausüben. Für den Erfolg Ihrer Einstellungsinterviews ist es daher entscheidend, mit gezielten Fragen den Bewerber als Persönlichkeit kennenzulernen.

Wer richtig fragen will, muss wissen, wen er sucht Die erste Frage im Personalauswahlprozess muss sein: Wen suchen wir eigent-

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lich? Um wirklich alle erfolgskritischen Aspekte zu berücksichtigen, empfehlen wir, eine Anforderungsanalyse durchzuführen. Nehmen Sie die Stelle in einem ersten Schritt genau unter die Lupe und legen Sie fest: 1. Welche Ziele soll der Bewerber in der Position erreichen? 2. Welche Aufgaben muss der Bewerber erfüllen, um die Positionsziele zu erreichen?


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1. Was muss der Bewerber „können“ und „wollen“, um die Aufgaben der Position gut zu erfüllen? Legen Sie aus den erarbeiteten Eigenschaften Muss- und Kann-Kriterien fest. Bestimmen Sie Kriterien, die der Bewerber unbedingt erfüllen muss und Kriterien, die zusätzlich wünschenswert sind. Die Ergebnisse der Anforderungsanalyse bilden die Basis für die Ableitung geeigneter Interviewfragen. Erarbeiten Sie vor allem für die erfolgskritischen Muss-Eigenschaften der Bewerber Fragen, mit denen Sie diese in Erfahrung bringen können.

Gezielt fragen Nachfolgend finden Sie Beispiele für Fragen zur Motivation, Selbstreflexion, Potenzial und Lernbereitschaft. Lassen Sie sich von diesen Fragen bei der Erarbeitung Ihrer eigenen Fragen anregen, um die „passenden“ Bewerber zu finden.

Strukturiert und systematisch – Gespräche richtig führen

•• Worauf freuen Sie sich, wenn Sie morgens zur Arbeit fahren?

Eine gute Struktur ist das A&O in Einstellungsgesprächen. Erstellen Sie in der Vorbereitungsphase einen Interviewleitfaden, machen Sie sich Notizen zu den Fragen, die sich aus dem Lebenslauf der Bewerber ergeben. Arbeiten Sie am besten mit zwei Interviewern und verteilen Sie die Bereiche, zu denen jeder Fragen stellt, z. B. ein Interviewer, fachliche, methodische Fragen, der andere Persönlichkeits- und Motivationsbezogene Fragen.

•• Was motiviert Sie besonders?

Eine der wichtigsten Regeln überhaupt: Reden Sie nicht zu viel! Der Bewerber steht im Mittelpunkt des Gesprächs und ihm gehören ca. 80 % der Redezeit. Das heißt für Sie: Fragen, fragen, fragen! Sie wollen den Bewerber kennenlernen. Geben Sie keine Hinweise zu dem, was Sie als Antwort hören wollen. Überprüfen Sie immer wieder, ob Sie den Kandidaten richtig verstanden haben. Fragen Sie gezielt nach. In der Nachbereitungsphase werten Sie das Gespräch und Ihre Notizen aus und erstellen ein individuelles Stärken-/ Schwächen-Profil der Bewerber als Entscheidungsgrundlage.

Fragen zum Potenzial •• Was sind Ihre kurz-/mittel- und/ oder langfristigen Ziele? •• Wie werden Sie Ihre Ziele erreichen?

Eine gute Struktur ist das A&O in Einstellungsgesprächen. Erstellen Sie in der Vorbereitungsphase einen Interviewleitfaden. Fragen zur Motivation

Nutzen Sie im Interview Ihre vorbereiteten Fragen, um alle wichtigen Aspekte zu beleuchten. Wichtig ist, dass Sie alle erfolgskritischen Merkmale bei allen Bewerbern abfragen. Machen Sie sich Notizen zu den Aussagen der Bewerber, um diese später miteinander zu vergleichen.

•• Wann lernen Sie gerne?

•• Wie motivieren Sie sich, wenn Sie einmal keine Lust haben?

•• Welche Talente schlummern in Ihnen, z. B. weil Sie sie noch nicht einsetzen konnten? •• Gibt es etwas, worin Sie sehr gut sind? Wenn ja, was? Und wie sind Sie so gut geworden? •• Wo sehen Sie Gründe für Ihren beruflichen Erfolg?

•• Was hat auf Sie eine demotivierende Wirkung? •• Was macht Ihnen besonders viel Spaß? Fragen zur Selbstreflexion •• Was zeichnet Sie als Person aus?

Kontakt

•• Was denken Sie, wie Sie auf andere Personen wirken?

Uta Rohrschneider

•• Welche drei Worte beschreiben Sie am besten?

Geschäftsführerin Managementberaterin Trainerin

•• Worüber ärgern Sie sich? •• Warum sollte sich ein Team freuen, dass Sie kommen? Fragen zur Lernbereitschaft

Henrieke Flachmann Beraterin Trainerin

•• Wie gerne setzen Sie sich mit neuen Wissensinhalten auseinander? •• Aus welchen Fehlern haben Sie etwas gelernt?

grow.up. Managementberatung GmbH Quellengrund 4 D-51647 Gummersbach

•• Auf welche Ihrer Leistungen sind Sie besonders stolz?

Tel. Fax

•• Wo sehen Sie eigenen Entwicklungsbedarf?

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Human Resource

Ältere Mitarbeiter als Trainer oder Coaches qualifizieren Das Alter der Belegschaften steigt.Also stehen die Betriebe vor der Herausforderung, auch ihren älteren Mitarbeitern eine Entwicklungsperspektive zu bieten – zum Beispiel als Trainer oder Coach ihrer Kollegen.

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is 2020 steigt der Anteil der über 50-Jährigen an den Erwerbstätigen in der Europäischen Union auf fast 35 Prozent. Zwar schwanken die prognostizierten Zahlen, doch einig sind sich alle Studien: Die Belegschaften der Unternehmen werden älter. Fragwürdig wird damit die Personalstrategie, die heute noch viele Unternehmen bezogen auf ihre älteren Mitarbeiter praktizieren: Sie lassen diese in den letzten zehn, 15 Jahren ihrer Berufstätigkeit nur noch „mitlaufen“, ohne weiter in deren Entwicklung zu investieren. Diesen „Luxus“ können sich die Betriebe künftig nicht mehr erlauben. Denn mit jungen Mitarbeitern allein können sie ihren Bedarf an Arbeitskräften nicht decken.

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Umdenken ist angesagt Das erkennen immer mehr Unternehmen. Deshalb denken sie verstärkt darüber nach, wie sie die Kom-petenzen, die ihre älteren Mitarbeiter in ihrer beruflichen Laufbahn erworben haben, effektiver nutzen können. Und einige Firmen tun dies bereits – zum Beispiel in Form von Mentoren-Programmen, bei denen erfahrene Mitarbeiter ihren jüngeren Kollegen als individuelle An-sprechpartner mit Rat und Tat zur Seite stehen. Eine wachsende Zahl von Unternehmen bildet zudem ältere Mitarbeiter zu firmeninternen Trainern, Beratern oder Coaches aus. Ein Grund hierfür ist das sich immer rascher wandelnde Unternehmensumfeld.

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Das lässt den Lernbedarf in den Unternehmen steigen. Außerdem wird er stets individueller. So benötigt zum Beispiel nicht jeder Büroarbeiter eine ExcelSchulung oder nicht jeder Verkäufer ein Training in Sachen Einwandbehandlung. Und wenn doch? Dann gilt zunehmend: Das Vorwissen der Mitarbeiter oder die beruflichen Anforderungen an sie sind sehr verschieden. Also benötigen sie auch eine unterschiedliche Unterstützung. Allen Mitarbeitern ist jedoch gemeinsam: Sie müssen aufgrund des Veränderungsdrucks zunehmend lernen, selbst zu erkennen, wo bei ihnen ein Entwicklungsbedarf besteht und diesen entweder selbst oder mit selbstorganisierter Unterstützung zu befriedigen. Hierbei


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benötigen sie Unterstützung – zum Beispiel durch einen Coach.

Entwicklungsperspektive Trainer, Berater oder Coach Doch nicht jeder berufserfahrene Mitarbeiter eignet sich als Trainer oder Coach. Sowohl für angehende firmeninterne Trainer als auch Coachs gilt: Sie müssen Lust auf den Kontakt mit Menschen und ein Gespür für Menschen haben. So sollte zum Beispiel ein Trainer in einem Seminar auf verschiedene Typen eingehen können. Und ein Coach? Er muss mit Menschen eine so innige Vertrauensbeziehung aufbauen können, dass diese mit ihm auch über berufliche Probleme sprechen, die ihre Wurzeln in ihrer Persönlichkeit haben. Eine Voraussetzung hierfür ist eine wertschätzende Haltung gegenüber anderen Menschen. Denn akzeptiert und respektiert ein Coach oder Trainer andere Wertvorstellungen und Einstellungen nicht, gewinnt er auch das Vertrauen anderer Personen nicht. Also kann er sie auch nicht zu Einstellungs- und Verhaltensänderungen motivieren. Trainer und insbeson-dere Coachs müssen sich zudem als Person zurücknehmen können. Denn ihre Funktion ist es nicht, sich zu profilieren, sondern andere Menschen in ihrer Entwicklung zu unterstützen und zu begleiten. Ein Trainer muss zum Beispiel zudem wissen, wie Lernprozesse bei Menschen verlaufen, und er muss diese gestalten können. Außerdem benötigt er gruppendynamisches Know-how. Er sollte zum Beispiel wissen: Wie motiviere ich Menschen zum Lernen und wie gehe ich mit Konflikten innerhalb von Gruppen um? Ähnlich verhält es sich bei einem Coach. Da er jedoch primär mit Einzelpersonen arbeitet und mit ihnen auch über Themen spricht, die deren Persönlichkeit tangieren, benötigt er zudem ein hohes Einfühlungsvermögen und ein fundiertes psychologisches Know-how.

nicht mehr gedeckt werden kann – auch weil diese gegenüber firmeninternen folgenden Nachteile haben: •• Sie kennen die Kultur, „Historie“ und Arbeitsabläufe in der Organisation nicht. •• Sie verfügen über kein firmeninternes Netzwerk. •• Sie sind bei akuten „Problemen“ (oft) nicht sofort erreichbar und ansprechbar. •• Und: Sie sind „Externe“, zu denen die Betroffenen oft weniger Vertrauen als zu Kollegen haben.

Interne Trainer und Coaches haben viele Vorzüge

Deshalb empfiehlt sich – gerade, wenn es um die Strategieumsetzung auf der Bereichsebene geht – oft der (ergänzende) Einsatz firmeninterner Trainer, Berater und Coaches. Diese Funktion könnten auch jüngere Mitarbeiter übernehmen, doch einiges spricht für ihre älteren Kollegen – beispielsweise ihre in der Regel höhere Gelassenheit, wenn Probleme auftauchen. Oder ihre aus Erfahrung resultierende Fähigkeit, das Wesentliche schneller zu erkennen.

In vielen Unternehmen ist der Changeund Lernbedarf heute so groß, dass er mit externen Beratern und Coaches allein

Hinzu kommt: Mit der Ausbildung zum firmeninternen Berater, Trainer oder Coach eröffnet sich Unternehmen die Chance,

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ihren älteren Mitarbeitern, die noch zehn, 15 oder gar zwanzig Jahre Berufstätigkeit vor sich haben, eine Entwicklungsperspektive jenseits der Führungslaufbahn aufzuzeigen. Das sorgt für einen Motivationsschub bei ihnen. Denn ihnen wird nicht das Gefühl vermittelt, allmählich aufs Abstellgleis geschoben zu werden, sondern weiterhin einen wertvollen Beitrag zur Entwicklung des Unternehmens zu leisten.

Kontakt Sabine Prohaska Wirtschaftspsychologin Beraterin Autorin

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Die Sogkraft guter Führung o Sog statt Druck – ein ehernes Prinzip o Wachstum geschieht durch Faszination o Strategien werden durch Interesse erfolgreich o Starke Führung braucht wenig Druck

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ute Führung sorgt für eine gute Strategie. Gute Führung entwickelt Talente. Gute Führung führt zu Wachstum. Es wird kaum jemanden geben, der diesen drei Sätzen widerspricht. Die Frage ist, warum sich Führungskräfte in aller Welt mit diesen drei Aufgaben so schwer tun. Wie immer haben wir kein Patentrezept, aber wir haben im Rahmen unserer bald 400 Projekte sehr wohl einige prinzipielle Beobachtungen gemacht, die wir hier gern preisgeben möchten:

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Sog statt Druck Haben Sie noch das Beispiel aus dem Physikunterricht in der Schule in Erinnerung, als die Lehrerin oder der Lehrer einen rot-grünen, rechteckigen Magneten auf eine Glasscheibe legte, die mit Eisenfeilspänen bestreut war? Die Eisenfeilspäne richteten sich wie von Geisterhand aus und zeichneten das Magnetfeld nach. Der Magnet übte einen Sog auf die Späne aus und diese Kraft setzte sich fort. Sog

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als Prinzip. Nun zum Druck: Hätten wir einen ebenso großen, aber nicht-magnetischen, rechteckigen Stab auf die Platte gelegt und versucht, die Eisenfeilspäne in die richtige Orientierung zu schieben, würden wir vermutlich immer noch im Klassenraum sitzen und an der Ausrichtung arbeiten. Genau das passiert aber in Unternehmen täglich: Es wird Druck ausgeübt, statt mit Sog zu arbeiten. Dinge „müssen“ gemacht werden, statt gemeinsam zu erkennen, dass es sinnvoll ist, sie zu tun. Druck ist ein Prinzip, das der permanenten Energiezufuhr bedarf. In der Unternehmensführungspraxis ist häufig die Rede davon, den „Druck auf dem Kessel“ zu erhöhen, endlich einmal „richtig Druck“ zu machen, den Markt,


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den Wettbewerb, oder sogar einen Mitarbeiter „unter Druck“ zu setzen. Mit „Hochdruck“ wird an Themen gearbeitet, der „Druck der Anteilseigner“ (ersatzweise der Banken) ist einfach besonders hoch.

Faszination. Faszination aber entsteht sicher nicht unter Druck. Faszination entsteht durch Entdecken, Erkennen, Entwickeln, Erleben. Die notwendige Bedingung: Interesse.

Wendet man ein, dass zuviel Druck ohne Ventil den Deckel des Kessels schnell in die Atmosphäre katapultiert, wird in der Regel entgegnet, dass auch Diamanten unter Druck entstehen. Das macht die Angelegenheit aber nicht besser. Im Gegensatz zu Diamanten, die eine Sache sind, haben wir es in der Unternehmensführung mit Menschen zu tun. Menschen, die unter Druck gesetzt werden, arbeiten aber nicht immer zum Besten. Mag ein gewisser positiver Anreiz noch hilfreich und ein gesetzter Rahmen sogar vonnöten sein, ist zu beobachten, dass meist viel zu viel Druck eingesetzt wird. Natürlich ist es viel schwieriger, Sog, Faszination, Anziehungskraft zu erzeugen, aber genau darin liegt die Kunst.

Strategien werden durch Interesse erfolgreich

Wachstum geschieht durch Faszination Gerade die Faszination ist es, die Wachstum entstehen lässt. Wann verändern wir uns? Wenn wir einen Nutzen davon haben. Wann kaufen wir etwas? Wenn wir einen Nutzen davon haben, unabhängig davon, ob dies ein quantitativer Nutzen oder ein qualitativer Nutzen ist. Quantitative Aspekte lassen sich immer rechnen. Aber qualitative? Niemand braucht ein iPhone, aber wir sind von den Geräten fasziniert. Niemand braucht einen Ferrari, aber uns fasziniert der Mythos. Niemand braucht eine Louis Vuitton Tasche, einen Cartier Füller, einen Brioni Anzug, aber wir wollen uns damit wohlfühlen, etwas zeigen, abgrenzen, eine Aussage treffen. Lauter riesige Nutzenaspekte. Faszinierend. Wenn wir aber anerkennen, dass Wachstum (unter anderem) durch Faszination entsteht, stellt sich unmittelbar die Frage, wie ein Unternehmen, dessen Mitarbeiter nicht von ihren Aufgaben fasziniert sind, Wachstum erzeugen will. Ebenso wie ein Unternehmen nur dann begeisterte Kunden hat, wenn es überwiegend begeisterte Mitarbeiter hat, gilt dies auch für den Aspekt der

Ist Wachstum das Ergebnis einer erfolgreichen Wachstumsstrategie, muss hinterfragt werden, was Strategien erfolgreich macht. Neben inhaltlicher Brillanz, die vielen Strategien zu eigen ist, ist es vor allem das Interesse der Beteiligten daran, die Strategie nicht nur auf dem Papier brillant aussehen zu lassen, sondern sie auch gemeinsam in die Tat umzusetzen. Auch hier gilt: Man habe lieber das Magnetfeld im Kopf und setze auf Sog statt auf Druck. Wir haben in unseren Beratungsprojekten immer einen Aspekt auf der Agenda, der heißt: Wie erhalten wir eine kritische Masse der Befürworter? Diese sind unser Magnet, denn wenn erst einmal eine kritische Masse von Befürwortern einer Veränderung existiert – und eine neue Strategie bringt fast immer Veränderungen mit sich – wird die Strategie mit einer wesentlich höheren Wahrscheinlichkeit realisiert, als unter purem Druck. Man mag nun einwenden, dass man einen gewissen Anfangsdruck ausüben müsse, um den Start der Veränderung zu begründen. Richtig, aber dies darf nicht als Überdruck missverstanden werden, sondern als anfängliches Bewegungsmoment. Wie ein Auto am Berg auch erst einmal einer gewissen Energiezufuhr bedarf, ist dies ähnlich auch bei Veränderungsprozessen. Allerdings ist bei unternehmerischer Führung keine physische Energie erforderlich, sondern Überzeugung, Aufmerksamkeit, Konsequenz. Wird ein strategisches Vorhaben überzeugend genug vorgetragen, erfährt es die erforderliche Aufmerksamkeit, um im Tagesgeschäft konsequent realisiert zu werden, ist dies eine wesentliche Voraussetzung des Gelingens.

er fertig macht. Mit der erforderlichen diszipliniarischen Macht ausgestattet, kann jeder mit Druck führen. Die Kunst ist es aber, mit möglichst wenig Druck zu führen, sorgsam darauf zu achten, dass Talente richtig eingesetzt werden, die unternehmerischen Themen spannend zu gestalten und dafür zu sorgen, dass sich die richtigen Menschen hinter diese Themen stellen. Bedeutet dies einen Kontrollverlust? In gewisser Weise schon und genau das ist es, was schlechte Führungskräfte befürchten: Dass Ihnen die Dinge aus dem Ruder laufen. Hier sind Nachrichten: Die Dinge laufen schlechten Führungskräften ohnehin aus dem Ruder. Starke Führung braucht wenig Druck. Starke Führungskräfte setzen auf gemeinsamen Erfolg durch freiwilliges Miteinander im Rahmen des Vereinbarten. Starke Führungskräfte haben starke Mitarbeiter. Und starke Mitarbeiter sorgen für Wachstum. Starke Unternehmen beweisen dies täglich

Quellenangabe: -- Prof. Dr. Guido Quelle: Mandat Growthletter® Nr. 76 April 2013: Strategie & Führung, «Die Sogkraft guter Führung»

Kontakt Prof. Dr. Guido Quelle Geschäftsführender Gesellschafter Autor von «Profitabel wachsen» Mandat Managementberatung GmbH Emil-Figge-Straße 80 D-44227 Dortmund

Starke Führung braucht wenig Druck

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Mit Druck zu führen, ist einfach, abgesehen davon, dass es Menschen auf Dau-

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Als Berater den eigenen Preis kalkulieren und verkaufen Beim Kalkulieren und Verkaufen ihrer Preise geraten Berater regelmäßig ins Schwitzen – vor allem, weil sie ihre Preise meist nicht begründen können.


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äbe es für meine Leistungen doch so eine Gebührenordnung wie für Rechtsanwälte, Architekten und Steuerberater. Dann hätte ich für meine Preisgestaltung wenigstens eine Orientierung. Diesen Wunsch hegen viele selbstständige IT- und Unternehmensberater insgeheim, wenn sie mal wieder ein Angebot formulieren. Denn ihre Leistungen werden im Markt zu völlig verschiedenen Preisen angeboten. Ein weiterer Grund, warum viele Berater bei der Preisgestaltung unsicher sind, ist: Sie haben ihre Preise nie betriebswirtschaftlich kalkuliert. Würden sie ihre Preise nüchtern kalkulieren, kämen sie rasch zum Ergebnis: Mein Tageshonorar muss mindestens 800 Euro betragen. Das sei an einem Rechenbeispiel illustriert.

Tagessatz von mindestens 800 Euro Angenommen ein Berater möchte als „Einzelkämpfer“ pro Monat ein zu versteuerndes Einkommen von 4000 Euro erzielen. Dann sollte sein monatlicher Umsatz circa 8000 Euro betragen. Denn er muss auch ein Büro mieten und sein Auto finanzieren – außerdem als Selbstständiger allein für sein Alterssicherung und Krankenversicherung sorgen. Auch das Marketing kostet Geld. Schnell kommt man so auf einen Betrag von 8000 Euro, den der Berater pro Monat erzielen muss. Ein Monat hat im Schnitt aber nur 18 Arbeitstage. Und hiervon gehen nochmals circa acht für administrative Tätigkeiten, für die Produktentwicklung sowie die Kundenakquise und -betreuung drauf. Also verbleiben zehn Tage, an denen

der Berater als Berater arbeiten und den monatlichen Gesamtumsatz von 8.000 Euro einfahren kann. Folglich sollte sein Tageshonorar mindestens 800 Euro betragen. Dass ein selbstständiger Berater so kalkulieren muss, ist vielen (Mitarbeitern ihrer) Kunden nicht bewusst. Versuchen Sie als Berater erst gar nicht, es ihnen zu erklären: Sie glauben es Ihnen ohnehin nicht. Arbeiten Sie lieber daran, Ihren Kunden zu vermitteln, dass Sie Ihr Honorar wert sind.

Was „teuer“ ist, ist relativ Generell gilt: Was „hochpreisig“ ist, ist relativ. Denn für die verschiedenen Trainingsund Beratungsthemen sind verschiedene

Preise „üblich“. So zahlen Unternehmen für Seminare, in denen es um das Vermitteln von Arbeitstechniken geht, in der Regel weniger als für Führungsseminare. Auch von Branche zu Branche sind die Preisniveaus verschieden. Deshalb lassen sich keine allgemein gültigen Aussagen darüber machen, welche Preise ein Trainer oder Berater verlangen und am Markt durchsetzen kann. Mit Vorsicht zu genießen sind jedoch Aussagen, wie sie ein Beraterverband vor einiger Zeit traf: Ab einem Tagessatz von 1500 Euro sei es schwer, das gewünschte Honorar durchzusetzen. Denn für manche Marktsegmente gilt: Schon ein Tageshonorar von 800 Euro erfordert eine sehr überzeugende Verkaufsargumentation. Für andere Segmente hingegen: Wenn Sie dort „nur“ einen Tagessatz von 1500 Euro fordern, nehmen Ihre Zielkunden Sie nicht ernst. So zum Beispiel, wenn die Zielkunden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sind, die selbst hohe Tagessätze haben.

Sie können jeden Preis verlangen, wenn ... Obige Ausführungen zeigen: Der Preis, den Berater für ihre Leistungen verlangen, ist aus Kundensicht stets eine relative Größe. Oder anders formuliert. Sie können jeden Preis verlangen – so

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7. ............................................................ 8. …………………………........................ Wollen Sie weitere Gründe erfahren? Dann rufen Sie mich an.“ Der Berater nennt seinen (Nochnicht) Kunden ganz klare, nachprüfbare Gründe, warum sie ihn engagieren sollten. Und mit ihnen begründet er auch seinen Preis – 2500 Euro pro Trainings- und 3000 Euro pro Beratungs- oder Coachingtag.

lange für Ihre Leistung die erforderliche Nachfrage besteht und Sie den Preis argumentativ verkaufen können. Hierfür ein Beispiel: Ein Präsentationstrainer aus Baden-Württemberg fordert für seine Präsentationsseminare ein Tageshonorar von 3200 Euro – und erhält es. Doch nicht nur dies: Seine Kunden vergüten ihm zudem bei jedem Seminar die Vor- und Nachbereitung mit einem halben Tagessatz, also 1600 Euro. Und das, obwohl Seminare zum Thema Präsentieren tendenziell eher schlecht bezahlt werden. Der Grund: Der Trainer ist von Haus aus Elektroingenieur und hat sich auf die Mitarbeiter von Forschungs- und Entwicklungsabteilungen spezialisiert, die häufig neue technische Lösungen fachfremden Kollegen oder gar dem Vorstand präsentieren müssen.

gen – denn sie haben aus ihrer Biografie keine nachprüfbaren Argumente abgeleitet, warum Unternehmen gerade sie und keinen Mitbewerber engagieren sollten.

Kaufargumente für die Kunden entwickeln

2. Als langjähriger Mitarbeiter einer renommierten Privatbank habe ich erlebt, wie viel Kompetenz und Liebe zum Detail nötig ist, um anspruchsvolle Kunden zu begeistern.

Welche Preise ein Berater erzielen kann, hängt primär davon ab, inwieweit er seinen Zielkunden das Gefühl ermitteln kann: „Genau diesen Berater will/muss ich haben.“ Und dies ist wiederum abhängig von seiner Kompetenz und davon, inwieweit sich diese in seinen Selbstaussagen und seiner Selbstvermarktung widerspiegelt.

Anders ist dies bei einem auf die Finanzbranche spezialisierten Management-Berater aus München. Er schreibt auf seiner Website unter der Überschrift „8 Gründe, warum Sie mich kontaktieren sollten“: „Es gibt viele Managementtrainer und -berater. Deshalb nenne ich Ihnen einige Gründe, warum Sie mich zumindest kontaktieren sollten: 1. Als ausgebildeter Bankkaufmann und studierter Betriebswirt weiß ich, dass sich alles rechnen muss – auch Training und Beratung.

3. Aufgrund meiner 12-jährigen Führungserfahrung kenne ich die Feinstrukturen von Geldinstituten und weiß, wo es in ihrem Führungsalltag oft klemmt. 4. ............................................................

Und hier fängt das Problem an. Für kompetent erachtet sich jeder Berater. Aber viele können ihre Kompetenz ihren potenziellen Kunden nicht überzeugend darle-

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Kennzeichnend für Berater, die eine so klare Kauf- und Preisargumentation haben, ist: Sie haben ihre Stärken analysiert und ihre Zielgruppen klar definiert. So gibt es zum Beispiel in fast jeder Branche Trainer- und Beratergurus, die außerhalb der Branche „kein Mensch kennt“. Auch unter ihren Berufskollegen sind sie weitgehend unbekannt. Das stört die betreffenden Anbieter aber wenig. Denn ihre Zielgruppe sind nicht ihre Berufskollegen, sondern zum Beispiel Logistikunternehmen, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften oder Ingenieurbüros. Also arbeiten sie auch primär daran, sich bei diesen den Ruf „Experte für ...“ aufzubauen.

Kontakt Bernhard Kuntz Inhaber Autor

Die PRofilBerater GmbH Eichbergstraße 1 D-64285 Darmstadt Tel. Fax

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5. ............................................................ 6. ............................................................

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Das Funkeln in den Augen Richtig arbeiten statt falsch malochen

Haben Ihre Mitarbeiter das Funkeln in den Augen? Natürlich, Menschen arbeiten für Geld und die meisten machen dafür auch einen «guten Job». Aber die Extrameile gehen sie nur, wenn ihre Arbeit mehr ist als ein Vehikel zum Broterwerb. Anja Förster und Peter Kreuz bereisen die Welt und suchen Unternehmen, die dieses Funkeln in den Augen erzeugen.

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n ihrem neuen Buch «Hört auf zu arbeiten!» berichten sie von den Möglichkeiten, wie Arbeit wieder ein lebenswerter Teil unserer Identität werden kann. In unserem Interview gehen wir der Frage nach, was Unternehmen und Mitarbeiter tun können, damit aus purem Pflichtbewusstsein Liebe zu dem wird, was man tut - die sich dann auch wieder positiv in der Bilanz niederschlägt. Frau Förster, Herr Kreuz: Was hat Sie motiviert, dieses Buch zu schreiben ? Förster: Auf allen fünf Kontinenten spüren wir Unternehmen auf, die so unkonventionell wie erfolgreich sind und Menschen, die dafür brennen, mit ihrer Arbeit einen Unterschied zu machen. Was wir dabei immer wieder feststellen: Es gibt ein untrügliches Zeichen, ob jemand dieses Feuer in sich trägt. Man erkennt es an dem Funkeln in den Augen dieser Menschen. Bloß: Warum ist das die absolute Ausnahme?

Kreuz: Was wir uns gefragt haben, war, was ist eigentlich los in dieser Welt, dass die meisten Menschen die meiste Zeit ihres Lebens nicht das machen, was ihnen das Gefühl gibt, voll in ihrem Element zu sein? Und wie müsste unsere Arbeitswelt gestrickt sein, damit viel mehr Menschen viel öfter im Leben ein Funkeln in den Augen haben? Diesen Fragen gehen wir im Buch nach. Unsere Überzeugung ist, dass wir die Arbeit als lebenswerten Teil unserer Identität zurückerobern können. Und das liegt ganz wesentlich in den Möglichkeiten, die jeder von uns hat. Welche Hausaufgaben empfehlen Sie Unternehmen, um bei ihren Mitarbeitern wieder das Funkeln hervorzulocken? Was ist mit Themen wie Hierarchien, Kontrolle, Anweisungen? Förster: Um das Funkeln in den Augen wieder hervorzulocken, müssen wir bei uns allen zuerst eine Stellschraube im Kopf lösen. Es genügt nicht, Manage-

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ment weiterhin so zu betreiben wie in der Vergangenheit. Nur vielleicht ein bisschen partizipativer und mit bunten Knautschwürfeln in der Chill-out-Zone, die früher mal Teeküche hieß. Traditionelle Managementpraktiken zu verbessern oder einfach nur besser umzusetzen reicht nicht mehr aus. Kreuz: Es geht um eine andere Art, Unternehmen zu führen, indem wir Freiraum gewähren und selbstverantwortliches Arbeiten ermöglichen. Firmen, die so handeln, haben verstanden, wie technologischer und sozialer Wandel heute ineinandergreifen und sich gegenseitig verstärken. Sie schreiben, wenn wir lieben, was wir tun, dann... Da werden viele Mitarbeiter, die in ein enges zeitliches Korsett gedrückt sind, viel Druck haben, immer mehr mit immer weniger Kollegen erledigen müssen, wenig Vorstellungskraft haben, wie Ihr Ansatz funktionieren soll. Kreuz: Die Sach- und Zeitzwänge, Vorgaben und Hierarchien werden häufig als Argument dafür angeführt, dass es unmöglich sei, jenseits der Routinearbeit noch etwas anderes zu tun. Aber ist das tatsächlich so? Die Pflicht, also das, was von mir erwartet, vielleicht sogar per

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Stellenbeschreibung eingefordert wird, ist nicht das Ganze oder das einzig Mögliche. Ansonsten wäre unser Leben ausschließlich Pflichterfüllung. Förster: Es geht also darum, den Freiraum jenseits der Pflichterfüllung zu nutzen und ihn sukzessive zu erweitern. Jeder von uns hat diesen Freiraum. Der eine einen größeren, der andere einen

Richtig arbeiten statt falsch malochen

kleineren, aber jeder hat einen. Und es ist an uns, diesen Freiraum zu nutzen. Vielleicht gibt es Menschen, die damit ein Problem haben. Die das zu anstrengend oder eine Nummer zu groß finden. Diese Einwände mögen aus der Sicht derjenigen, die sie äußern, berechtigt sein. Aber sie sagen auch sehr viel über die Menschen aus, die sie äußern. Sie sagen im Prinzip Nein zu Freiheit und Verantwortung. Aber so ist das. Ein Teil unserer Freiheit besteht eben auch darin, die Existenz dieser Freiheit zu verneinen. Sie schreiben, dass wir immer noch wie im Fabrikzeitalter arbeiten. Was meinen Sie damit? Förster: Die Struktur der Arbeit ist in ihrem Kern immer noch im Fabrikzeitalter verhaftet: koordiniert, normiert, durchgetaktet und fremdbestimmt. Unsere Arbeitswelt ist voller Fabriken. Fabriken, die Finanzdienstleistungen produzieren, Software programmieren oder kranke Menschen pflegen. Dieses System braucht Menschen, die funktionieren, und zwar fleißig, effizient, passgenau und intelligent. Kreuz: Das Problem an diesen fabrikähnlichen Strukturen in unserer Wirtschaft ist, dass dabei sowohl die Menschen wie auch die Unternehmen verlieren. Firmen, die ihre Mitarbeiter in erster Linie als Produktionsfaktoren betrachten, werden niemals das volle Potenzial der Menschen nutzen. Sie sind weniger innovativ, weniger wandlungsfähig und letztlich weniger erfolgreich als sie sein könnten. Aber auch die Menschen verlieren in einem solchen Umfeld, denn

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sie entfesseln bei der Arbeit nicht das, was eigentlich in ihnen steckt. Ihre Kreativität, ihre Fähigkeit zu originellen Problemlösungen und ihr Engagement werden für den Feierabend aufgehoben. Aber was ist das für ein Leben, wenn der Höhepunkt meines Tages die Vorfreude auf den Büroschluss ist? Das ist gelebter Wahnsinn und eine irrsinnige Verschwendung von menschlichem Potenzial. Inwiefern ist traditionelles Management ein Hindernis? Kreuz: Das traditionelle Management, das auf hierarchische Arbeitsteilung, Standardisierung, Prozessoptimierung und Kontrolle baut, ist nichts Verdammenswürdiges. Es ist sehr gut geeignet, um bestehende Märkte optimal auszuschöpfen. Aber um neue Quellen für zukünftiges Wachstum und Gewinne zu erschließen, ist das Prinzip des traditionellen Managements vollkommen ungeeignet. Es erfordert kreatives Abweichen von Routinen, kluges Infragestellen altgedienter Standards und ein Denken und Handeln jenseits des Anweisungshandbuchs. Förster: Und genau hier zeigt sich der ganze Wahnsinn: Ja, wir wissen, wir müssen veränderungsbereit sein und immer wieder neue Chancen finden, um auch morgen noch im Markt relevant zu sein. Und das funktioniert nur in einem Umfeld, das den Menschen ein hohes Maß an Selbstbestimmung und Freiraum bietet. Gleichzeitig wird aber immer noch das Hohelied der Kontrolle gesungen und ein bestimmender, disziplinierender Managementstil gelebt, der vor allem aus dem Reglementieren, Hierarchisieren und dem Einschränken von Freiheit besteht. Manager werden bezahlt, um die Maschinerie zu leiten, zu kontrollieren, zu verwalten. Kontrolle, verbunden mit Werten wie Präzision, Stetigkeit, Disziplin und Verlässlichkeit sind die kanonischen Werte des Managements.

und außen. Mit der Suche im Innen meinen wir, dass Sie Zeit mit sich selbst verbringen und reflektieren. Wann gab es in Ihrem Leben Momente oder auch längere Zeiträume, in denen Sie dieses Funkeln in Ihren Augen hatten und das Gefühl hatten, voll und ganz in Ihrem Element zu sein? Sie könnten damit beginnen, eine Liste dieser Momente zu erstellen. Oder Sie könnten ein Arbeitstagebuch schreiben oder eine Auszeit nehmen oder irgendetwas anderes tun, das Ihnen dabei hilft, wieder in Kontakt zu kommen mit Ihren wahren Interessen, mit den echten Gefühlen, mit den grundsätzlichen Wahrnehmungen, die Ihr Herz höher schlagen lassen. Förster: Aber auch der Blick nach außen ist wichtig. Und das bedeutet: Machen Sie etwas anders als sonst. Probieren Sie Neues aus. Lernen Sie neue Menschen, neue Orte und neue Tätigkeiten kennen. Erforschen Sie die Welt mit Neugier und Wagemut. Lassen Sie sich auf neue Denkweisen ein und weiten Sie systematisch Ihre Grenzen aus, die Sie sich irgendwann einmal selbst gesetzt haben. Diese Explorationsaufgabe dürfte Sie in neue Situationen bringen, die Ihnen spürbar mehr bedeuten als andere Momente. Dort, wo Innen und Außen zusammenpassen, werden Ihre Augen funkeln. Wir wünschen Ihnen nichts mehr als das! Sie lehnen das ab, was Sie «gute Arbeit» nennen. Warum? Kreuz: Gute Arbeit ist die vertraute, nützliche und produktive Arbeit, mit der wir den Großteil unserer Zeit verbringen. Sie macht uns erfolgreich im Sinne einer guten Karriere. Sie ist wichtig für Unternehmen und sie ist der Schmierstoff für unsere Wirtschaft, damit die Gewinne auch im nächsten Quartal noch fließen. Und sie ist sozial anerkannt und liefert das Signal: Alles läuft gut, ich komme voran und mache das, was alle empfehlen: Arbeite dich hoch, verdiene mehr Geld, konsumiere mehr.

Was kann der Einzelne tun? Kreuz: Ich sollte mir immer mal wieder die Fragen stellen: Was sind die Dinge, die mich inspirieren, herausfordern und wachsen lassen? Antworten darauf können Sie an zwei Orten suchen, innen

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Förster: Gute Arbeit basiert auf dem Höher-schneller-weiter-Anreiz und lässt uns ewig rennen, aber nie ankommen. Es ist wie ein Hamsterrad, das sich immer schneller dreht. Deshalb ist gute Arbeit schlechte Arbeit, weil sie uns


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zentimeterweise und schleichend von dem abbringt, was für uns wirklich zählt. Sie lässt unsere Augen nicht funkeln. Am meisten fürchten sich die Menschen davor, keine Arbeit zu haben. In Europa hat die Arbeitslosigkeit Rekordwerte erreicht. Ist es da nicht zynisch, zu fordern: Hört auf zu arbeiten? Kreuz: Es gibt keine Jobsicherheit, das ist ein Mythos. Das Verrückte ist, dass wir Angst um unsere Arbeitsplätze haben, die aber aus Effizienzgründen so oder so wegfallen, ob wir uns nun ducken oder nicht. Deshalb macht es keinen Sinn, sich klein zu machen und zu hoffen, dass dadurch Jobsicherheit entstünde. Die einzige belastbare Sicherheit liegt in uns selbst und unserer Fähigkeit, mit Engagement, klugen Ideen und kreativen Problemlösungen einen Beitrag zu leisten, der nicht so schnell austauschbar ist.

Trotzdem: Müssen wir nicht schlicht und ergreifend weniger arbeiten, damit wir uns nicht gegenseitig arm schuften? Kreuz: Diese Annahme geht davon aus, dass der Arbeitskuchen immer gleich groß bleibt und deshalb anders verteilt werden muss. Das ist falsch. Die Grenze des Wachstums ist erst dann erreicht, wenn die Grenze für menschliche Ideen erreicht ist.

Kontakt Anja Förster Vordenker in Wirtschaft und Management Referentin Buchautorin

Peter Kreuz Förster: Wenn also Menschen nicht nur Routinearbeit machen, sondern ihr Engagement und ihre Leidenschaft darauf richten, neue und wertschöpfende Lösungen zu ersinnen, entstehen ganz automatisch neue Chancen, die es sonst nicht gegeben hätte. Weniger arbeiten ist nicht die Lösung. Anders arbeiten, darum geht es.

Vordenker in Wirtschaft und Management Referent Buchautor

Förster & Kreuz GmbH

info@foerster-kreuz.com www.foerster-kreuz.com


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Führen heißt vorleben, alles andere ist Dressur

Wie durch Integrität Vorbildwirkung entsteht

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tellen Sie sich vor, sie sind auf einem Businessempfang. Sie netzwerken, reden, lauschen und bedienen sich beim Fingerfood. In einem Gespräch erzählt Ihnen ein bis dahin Unbekannter, dass er hier in der Region eine Sportarena bauen möchte. Er fragt, ob Sie nicht Lust hätten, in den Bau zu investieren. Was denken Sie? Halten Sie einen Augenblick inne und beantworten Sie die Frage. Stellen Sie sich nun eine ähnliche Szene vor: Wieder sind Sie auf einem Empfang, und wieder fragt Sie jemand in einem Gespräch, ob Sie in seine geplante Sportarena in der Region investieren möchten – dieses Mal mit dem Unterschied, dass es Franz Beckenbauer ist, der Ihnen diese Investition vorschlägt. Was denken Sie jetzt?

Diese Geschichte vermittelt die Vorbildwirkung, die entsteht, wenn in der Vergangenheit starke Ergebnisse erzielt wurden, die durch Popularität zusätzlich potenziert wurden. Wer in der Vergangenheit kraftvolle Ergebnisse erzielt hat, des-

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sen Wort geben wir mehr Gewicht. Das ist gerade für Führungskräfte in KMU von Relevanz. Wer möchte, dass ihm besser zugehört wird, hat daher zwei Möglichkeiten. Er kann sich beschweren und andere durch Schuldeinreden zum Zuhören nötigen oder er kann so lange konsequent kraftvolle Ergebnisse produzieren, bis die Autorität auf natürlichem Wege Einzug erhält. Das nennt man Glaubwürdigkeit. Doch selbst die besten Ergebnisse der Vergangenheit verblassen schnell, wenn im Anschluss Wort und Tat zu sehr auseinanderklaffen. Das nennt man Integrität. Im Kern bedeutet das: Vorbildfunktion entsteht, wenn Glaubwürdigkeit durch erreichte Ergebnisse vorhanden ist und Wort und Tat eine Einheit bilden. So wird jemand zum Vorbild und bleibt es auch. Unsere Gesellschaft braucht heute viel mehr Vorbilder als früher – nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in Schulen, in Vereinen, in Abteilungen. Warum? Damit Menschen in ihrer direkten Nähe durch Vorbildverhalten Orientierung erhalten. Denn die wenigen Vorbilder der Vergan-

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genheit sind mit dieser Aufgabenstellung heute überfordert.

Die Macher – im Wandel der Zeit Früher regierten wenige Macher. Allmächtige Unternehmer stampften Weltunternehmen aus dem Boden oder zogen kleine Firmen zu mächtigen Imperien hoch. Opel, Krupp und Daimler sind Beispiele der alten Macherkultur. Natürlich waren sie passende Vorbilder für die damalige Zeit, mit der unbedingten Hingabe an ihre Sache und mit der Fähigkeit, ihre gesamte Energie in die Waagschale des Erfolgs zu werfen. Aber: Sie kreierten dadurch Abhängigkeiten und Leibeigene. Die interne Struktur war sehr hierarchisch und eine klare Hackordnung gab allen Beteiligten Orientierung. Damals, als Angestellte und Arbeiter noch unmündige Rädchen im Unternehmensgetriebe waren, war es normal, den Mund zu


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halten und brav Dienst nach Vorschrift zu machen. Diese Einstellung und dieses Verhalten passten in die damalige Zeit, denn der Deal war klar: Sicherheit durch Gefolgschaft. Doch die Zeiten haben sich geändert – in Konzernen genauso wie in KMU. Die Menschen sehnen sich immer mehr nach Selbstbestimmtheit und Freiheit. Auch wenn das manche Chefs noch nicht einsehen wollen, die Unternehmen oder Abteilungen nach wie vor mit der Befehl-Gehorsam-Methode führen. Heute besteht die Kunst darin, der Erste unter Gleichen zu sein. Im Gegensatz zu früher steht eine Führungskraft heute hierarchisch über ihren Mitarbeitern, aber als Mensch hat jeder exakt den gleichen Wert. Gleichwertig, jedoch nicht gleichberechtigt. Beides ist aufgeklärten Mitarbeitern von heute sehr bewusst: Die fast hörige Ehrfurcht gegenüber dem „großen Boss“ ist mit dem Macherprinzip gegangen. Heute gewinnen Sie durch Führungskompetenz die Herzen und werden durch Fachkompetenz zum Vorbild. Was nützen die besten Ideen, wenn niemand ihnen folgen will. Das Menschliche erspürt eher der Bauch, das Fachliche beurteilt mehr der Kopf. Doch beides ist wichtig. Denn wenn die Achtung für das Eine weg ist, verschiebt sich auch der Blick für das Andere ins Negative. Die Frage ist: Worin sind Sie stärker? Es gibt nur sehr wenige Menschen, die sowohl eine exzellente Fach-, als auch Führungskompetenz besitzen. Grundsätzlich gilt die Regel: Entwickle Menschen so, dass diese die Besten werden, die sie sein können.

Ergebnisse: die Währung Ihres Erfolgs Mit gesundem Menschenverstand führen und gleichzeitig exzellenter Fachmann sein, ist eine Gratwanderung, bei der man schnell auf der einen oder anderen Seite herunterfällt. Vermutlich kennen Sie selbst jemanden, der Everybodys Darling sein will und jemand anderen, den Sie als engstirnigen Fachbürokraten wahrnehmen. Beide Pole sind gefährlich: Der erste wird im Extremfall hintergangen und hinters Licht geführt, der zweite mittels innerer Verweigerung und Dienst nach Vorschrift ausgetanzt.

Der Schlüssel zum Wirken der Führungskraft sind Ergebnisse. An ihnen werden sie gemessen. Ergebnisse sind vielfältig. Die Qualität der Verantwortungskultur ist genauso ein Ergebnis wie die Konzentration auf Stärken. Und ja, die ganze Summe der Ergebniskette wird am Schluss in Geld bemessen. Das ist weder gut noch schlecht. Wie Meter und Zentimeter im Weitsprung in der Wirtschaft nun einmal Geld die Maßeinheit, in der gerechnet, verglichen und gemessen wird. Doch machen Sie einen Unterschied zwischen Ergebnissen und Erfolgen. Ergebnisse sind messbar, zählbar und wägbar. Erfolge sind ein Erlebnis und haben eine starke emotionale Komponente. Nicht jedes gefühlte Erfolgserlebnis wird zu einem zähl- und messbaren Ergebnis. Erfolgsgefühle sind enorm wichtig, um die Strecke bis zum Ergebnis durchzuhalten. Denn der Weg zu hervorragenden, messbaren Ergebnissen ist manchmal sehr lang. Jedoch erlauben sich starke Führungskräfte, ihr Erfolgserlebnis erst dann zu genießen, wenn sie ein Ergebnis erzielt haben. Nicht früher! Denn Ergebnisse sind die Währung Ihres Erfolgs.

Mit Ergebnisorientierung Mensch und Unternehmen groß machen Sie als Unternehmer und Führungskraft wissen: Nur Ergebnisse zählen. Wortreiche Entschuldigungen haben ebenso keinen Wert wie vollmundige Absichtserklärun-

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gen. Sie beugen der Gefahr vor, dass Ihre Mitarbeiter die Arbeit mehr schätzen als das Resultat. Kurz gesagt: Wirkung schlägt Beschäftigung. Nicht alles, was von außen wie ein Ameisenstaat aussieht, ist auch so effektiv. Damit sich Ergebnisse im Kopf als moralischer Wert etablieren, müssen Sie diese Orientierung auch vorleben. Wie das geht? Indem Sie das Wort „Ergebnis“ so lange klug verwenden, bis Sie merken, dass Ihre Mitarbeiter es auch oft gebrauchen. Der Grund: Das Wort „Ergebnis“ hat eine erzieherische Wirkung. Hört sich das zu einfach an? Dann probieren Sie es aus und lassen Sie sich vom Ergebnis überraschen. Worte prägen Kulturen! In der Praxis bedeutet das: Wenn Sie in der Führung eine Vorarbeit leisten müssen, damit Ihr Mitarbeiter diese in seinen Arbeitsbereich integrieren kann, müssen Sie diese pünktlich und vollständig erbringen. Wenn Sie Planzahlen aushängen, die durch die Geschäftsleitung vorgegeben werden und Ihre Abteilung diese Zahlen nicht erreicht, stehen Sie für das Versagen auch offiziell gerade. Wenn Planungen von oben schwammig formuliert sind, drängen Sie darauf, nachvollziehbare Etappenziele und messbare Parameter zu erhalten. Das tötet die zu oft angetroffene „Schwammigkeit“.

Die EOA: Der Königsweg zu einem ergebnisorientiertem Verantwortungsbereich In vielen Unternehmen gibt es eine Arbeitsplatzbeschreibung, die man etwa

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•• Beschreiben Sie jeden wichtigen Schritt mit einem klaren Zeitfenster (bis wann) und einer klaren Messbarkeit (in Worten oder Zahlen)

So setzen Sie eine EOA ein: •• Überlegen Sie, ob einer Ihrer Mitarbeiter Stärken und Fähigkeiten hat, die sich mit den Anforderungen der EOA decken. •• Gehen Sie keine Kompromisse ein. Wenn Sie größere Zweifel haben, suchen Sie lieber einen Mitarbeiter, der dort seine Stärken hat.

für Stellenanzeigen einsetzt. Leider wird diese Beschreibung aber auch oft im Arbeitsprozess kommuniziert. Doch weil sie nur beschreibt, was man tun soll (handlungsorientiert), ist sie schnell erfüllt, ohne dass irgendein Ergebnis erzielt wird. Mit einer solchen Arbeitsplatzbeschreibung verlagern Sie den Fokus vom Ergebnis (Wirkung) auf den Prozess (Handlung). Anders formuliert: Möchten Sie, dass jemand Kaffee kocht (Handlung) oder dass jemand zum passenden Zeitpunkt in ausreichender Menge einen wohlschmeckenden Kaffee serviert (Ergebnis)? Zugegeben, dieses Beispiel mag etwas platt erscheinen, trifft aber den Kern. Der sicherste Weg, um Ziele zu erreichen, ist die Ergebnisorientierte Aufgabenbeschreibung (EOA). In diesem Entwicklungsprozess werden klar definierte Aufgabenbereiche in Ergebnissprache übersetzt. Menschen können ohne eine klar definierte Vorstellung ihres Wirkungsbereiches keine kraftvollen Resultate erzielen. Das heißt, sie haben sogar ein Recht auf diese Vorstellung.

Vom Ergebnis-Liebhaber zum Ergebnis-Vorbild Die Forderung nach Klarheit gilt für beide Richtungen: Von der Führungskraft zum Mitarbeiter genauso wie vom Mitarbeiter zur Führungskraft, denn Letzeren gelingt auch nicht alles. Und manche EOA wird nicht die exakte Orientierung bieten, die Sie

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als Führungskraft beabsichtigen und die Ihr Mitarbeiter benötigt. Wenn Letzterer nun unsicher abzieht und es mit Trial and Error versucht, verschwenden Sie und er wertvolle Ressourcen. Am Ende müssen Sie dafür geradestehen. Machen Sie Ihren Mitarbeitern deutlich, dass sie diese Klarheit auch von Ihnen einfordern sollen und müssen. Und wenn Sie selbst die Liebe zu hervorragenden Ergebnissen vorleben, wird sich diese Liebe auf Ihre Mitarbeiter übertragen, weil Sie authentisch sind. Ihr Mitarbeiter wird seine EOA schätzen lernen, weil sie ihm hilft, Erfolgserlebnisse zu verdienen. Und wenn Sie selbst eine Aufgabenstellung von Ihrem Vorgesetzten präzisieren lassen, kommunizieren Sie das im Team. So kann jeder sehen, dass Sie die gleiche Hingabe an das Ergebnis haben, wie Sie diese von Ihrer Mannschaft erwarten.

So gelingt eine gute Ergebnisorientierte Aufgabenbeschreibung (EOA): •• Notieren Sie alle Aufgaben eines Arbeitsplatzes – wirklich alle. Ordnen Sie diese Aufgaben nach Wichtigkeit. •• Formulieren Sie zu jeder Aufgabe ein messbares Ergebnis. Feilen Sie an diesem Schritt so lange, bis Sie sämtliche Aufgaben in einer eindeutigen Ergebnissprache formuliert haben. •• Beginnen Sie jeden Satz mit: Ich sorge dafür, dass... (Identifikation)

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•• Besprechen Sie regelmäßig das Verhältnis des Ist-Zustandes zu den Ergebnissen aus der EOA. Helfen Sie, kreativ Wege zu finden, die die Zielerreichung möglich machen. •• Legen Sie gegebenenfalls zusammen mit Ihrem Mitarbeiter Ziele und Teilziele fest und lassen Sie diese spiegeln. Fragen Sie den Mitarbeiter, ob er die gewünschten Ergebnisse liefern kann. •• Kündigen Sie klar an, wann und wie Sie kontrollieren werden und wann Sie einen schriftlichen Bericht erwarten. •• Kontrollieren Sie anhand der EOA diese schriftlichen Berichte – wenn auch gelegentlich nur stichprobenartig – am Arbeitsplatz des Mitarbeiters.

Kontakt Boris Grundl Führungsexperte Management- Trainer Autor

Grundl Leadership Akademie Richard Kohler Weg 8 D-78647 Trossingen Tel. Fax

+49 (0)74 25 32 82 62 +49 (0)74 25 32 82 60

info@grundl-akademie.de www.borisgrundl.de


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Von Regelbrechern und Regelkonformisten Oder: Was macht wirklich erfolgreich?

„Lebensmittelhändler oder Friseur – damit kannst du gar nicht falsch liegen. Gegessen wird immer. Und Haare wachsen auch immer!“, bestärkt die Institution Lehrer den Rat der Institution Arbeitsagentur. Scheinbar wollen alle Institutionen in unserer Gesellschaft chancensuchende Jugendliche schnell und sicher zu funktionierenden Festangestellten machen. Darf ein junger Mensch überhaupt auf die Institutionen hören, wenn er sein Glück finden will? Oder ist er dann verraten und verkauft? Wie war es bei mir?

K

eine Institution hat mir auf meinem Lebensweg Orientierung geben können. Die Leute im Arbeitsamt oder meine Lehrer hätten den Kopf geschüttelt oder mich für verrückt erklärt, wenn sie gesehen hätten, was ich mit meinem Leben angestellt habe. Zu allen beruflichen Rollen, in denen ich bisher erfolgreich war – Gründer, Unternehmer, Vorstand, Trainer, Berater, Redner, Autor – hätte ich mir anhören müssen: „So etwas gibt’s nicht!“, „Dafür gibt’s keine Ausbildung, das ist kein Beruf!“, „Das ist nicht solide, das ist Glücksrittertum!“ Das stimmt. Das sind keine offiziellen Berufe. Und jetzt frage ich Sie: Bei welcher Institution haben die Albrecht-Brüder gelernt, Aldi zu gründen und zu einem genialen Geschäftskonzept zu entwickeln? Welche Institution hat Reinhold Würth geraten, den im Alter von 19

Jahren vom Vater geerbten Schraubenhandel zu einem weltweiten Handelsimperium mit über 60.000 Mitarbeitern auszubauen? Welche Institution stand dahinter, als Steve Jobs die Schule schmiss und begann, mit seinem Kumpel Wozniak zu Hause Computer zusammenzulöten? Welcher Berufsliste konnte Marcel Reich-Ranicki „Literaturkritik-Papst“ entnehmen? Welche Institution hat Stefan Raab gemahnt, TV-Entertainer zu werden? Brauchte Dietrich Mateschitz eine Institution, um in Thailand den Roten Stier zu entdecken?

Zweifeln lässt uns besser werden Das ist leider in der Spitze der Bildungslandschaft, nämlich in der Wis-

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senschaft und an der Uni, kaum besser. Oder kennen unsere Gelehrten und Professoren die Antworten? Der Bildungsauftrag der Wissenschaft und der Universitäten ist wohl eher, das Geschehene zu kategorisieren statt Zukünftiges zu revolutionieren. Einige meiner Dozenten-Kollegen an den Hochschulen beginnen ihre Vorlesungen über neue Themen wie beispielsweise Guerilla-Marketing oder revolutionäre Managementmethoden mit der Feststellung, dass es über diese Themen noch wenig Literatur gibt. Zweifelsohne richtig, doch die Frage ist ja nicht allein, welches Wissen wir haben, sondern welches Wissen wir erschaffen! Heute ist es egal, an welcher Uni Du studierst, Du lernst überall die gleichen Cases, obwohl wir wissen, dass die Wirtschaft über Regelbruch funktioniert. MBA-Anbieter sind – und ich weiß, wovon ich rede, ich habe ja selbst auch so einen MBA – austauschbare Case-Studies-Verteiler. Egal, wo Sie auf der Welt studieren, Sie bekommen immer die gleiche Aufgabe. •• Gleichmacherei: Jeder Manager lernt die gleichen Probleme und die gleichen Lösungen.

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•• Katastrophal: Die Menschen, die eigentlich zu den Problemlösern unserer Gesellschaft ausgebildet werden sollten, bekommen beigebracht, wie man angelt – nicht wie man eine Angel baut. Und die Regeln, an denen entlanggelehrt wird, sind auch noch veraltet. Selbst die künftige Elite der Wirtschaft lernt immer nur die Vergangenheit kennen, nicht die Prinzipien, mit denen sie die Zukunft gestalten könnte. Als eine der wenigen beginnt Harvard andere Wege zu gehen, nachdem eine Studie gezeigt hat, dass einer der entscheidendsten Punkte im Leadership die Intuition ist. Letztlich sind wir doch nur in der Lage, besser zu werden, wenn wir an den Dingen zweifeln.

Erfolg braucht Regelbrecher und Querdenker In der Schule dürfen wir aber nicht zweifeln, das ist dort streng verboten. Wir müssen lernen, dass das, was der Lehrer sagt, immer stimmt. Selbst wenn es nicht stimmt. Wenn ein Lehrer sagt, Milch ist gesund, dann hat Milch gefälligst gesund zu sein. Und wehe, ein Schüler meldet Zweifel an, weil er ganz andere Erfahrungen gemacht hat! Nicht nur die Wirtschaft, die ganze Welt entwickelt sich durch Regelbruch weiter, und im Rückblick sehen wir deutlicher, was wir dadurch erreicht haben. Gibt es irgendeine Institution, die uns rät, die bestehenden Regeln zu brechen? Das wäre ein Paradoxon. Aber alle wirklich erfolgreichen Menschen sind Regelbrecher. Überraschend viele von ihnen sind Schul- oder Studienabbrecher. Und warum sitzen oftmals diejenigen schlussendlich am längeren Hebel, die ursprünglich den Kürzeren gezogen haben? Die meisten haben ihre Branche auf den Kopf gestellt. Keiner von ihnen hat gemacht, was andere ihnen vorgegeben haben. Wer Chancen im Leben nutzen will, wer an seinen Träumen festhalten will, muss seinen persönlichen Weg finden, sich den Institutionen zu widersetzen. Das schaffen offenbar leider nur die wenigsten.

Widrige Umstände lassen uns wachsen Wenn ich also die Kunst des Regelbrechens beschwöre, dann meine ich damit

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nicht, dass wir kindliche Trotzköpfe werden sollen, sondern erwachsene Frauen und Männer mit Prinzipien, die aufhören, gegen das Unabweisbare zu kämpfen – die aber anfangen, das Abweisbare niederzureißen. Und noch weiter: Wir müssen den Menschen unangenehme Umstände bescheren, wir müssen sie konfrontieren und ihnen Grenzen setzen, damit sie sie durchbrechen! So wie ein guter Vater seinen Kindern nicht alle Steine aus dem Lebensweg räumt, sondern ihnen bestimmte Nüsse zum Knacken überlässt, so dürfen Führungskräfte Mitarbeitern nicht zu angenehme Umstände bereiten, damit sie glücklich und zufrieden sind. Indem Führungskräfte ihre Daseinsberechtigung darin sehen, Mitarbeiter zufrieden zu machen, schaden wir dem Unternehmen – und den Mitarbeitern selbst. Ich war so ein Chef. Ich habe mich um meine Mitarbeiter gekümmert und ihnen widrige Umstände ausgeräumt. Sinnvoll war das nicht. Im Gegenteil. Mein Coach klärte mich dann irgendwann auf: Du darfst ihnen die Umstände nicht ausräumen! Lass es, wie es ist. Sie müssen es selbst schaffen. Sonst kommen sie nicht voran. Sonst können sie sich nicht weiterentwickeln. Und das ist für eine Führungskraft doch unter allen Umständen das Wesentliche.

Gleiche Behandlung ist ungleiche Behandlung Die Weichen für ein mittelmäßiges, gleiches Leben werden bereits in der Schule gestellt: Schüler werden angehalten, für das Fach am meisten zu lernen, in dem sie die schlechtesten Noten haben – und das auf Kosten jener Zeit, die sie eigentlich damit verbringen könnten, ihre Stärken zu stärken –, das fördert den Durchschnitt und macht damit Starke nicht stärker, sondern durchschnittlicher. Unser Schulsystem meint, dass es gut ist, wenn wir alle das Gleiche können. Universitäten suchen ihre Schüler danach aus, wie gut ihr Notendurchschnitt in der Schule war. Dabei spielt der Notendurchschnitt doch gar keine Rolle für bestimmte Befähigungen. Wer Arzt werden will, kann möglicherweise in manchen Dingen sogar schlecht und dafür in anderen gut sein. Muss ein hervorragender Gehirnchirurg wirklich in der Lage sein, gute Erdkundeaufsätze zu schreiben, und die römische Geschichte auswendig gelernt haben? Sie sehen, mit

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dem Durchschnittsdogma setzen wir auch unsere Individualität und Diversität aufs Spiel und lassen die Chance ungenutzt, wirklich erfolgreich zu werden.

Denkanstöße für Ihren Erfolg: •• Wirtschaft funktioniert über Regelbruch. Zweifeln Sie an der Vergangenheit und lernen Sie die Prinzipien der Zukunft kennen. •• Widersetzen Sie sich den Institutionen. Trauen Sie sich, Dinge anders zu machen, und finden Sie Ihren Weg. •• Schwierige Situationen fördern die Weiterentwicklung. Scheuen Sie Probleme und Herausforderungen nicht. Nutzen Sie sie für Ihre persönliche Entwicklung. •• Gleichmacherei ergibt Einheitsbrei. Verschwenden Sie nicht Ihre Ressourcen, sondern konzentrieren Sie sich auf Ihre besonderen Fähigkeiten und Interessen. •• Die Erwartungen anderer sind immer die Erwartungen anderer. Schaffen und erfüllen Sie sich Ihre eigenen Erwartungen.

Kontakt Hermann Scherer Businessexperte Autor

Hermann Scherer Johann-Steffen-Str. 1 D-56869 Mastershausen Tel. Fax

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Welche Kunden wollen wir (nicht) haben? Wer sind unsere Zielkunden? Mit dieser Frage befassen sich manche (Online-) Händler zu wenig. Deshalb stehen sie oft irgendwann vor der Frage: Wie werden wir die Kunden, die für uns keinen Wert haben, wieder los?

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ie Zahl der Kunden ist nur einer von vielen Faktoren, die über den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen entscheiden. Mindestens ebenso wichtig ist: •• Wie oft kaufen die Kunden bei dem Unternehmen ein? •• Welchen Umsatz erzielt es „pro Besuch“ beziehungsweise „Kaufaktion“? Und: •• Welche Gewinnmarge erzielt es mit den Kunden? Das wissen eigentlich alle Personen, die in den Unternehmen für deren Ertrag (mit-) verantwortlich sind. Trotzdem registriert

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man immer wieder, dass dies im Betriebsalltag zu wenig beachtet wird.

Keine unüberlegten Haurück-Aktionen Da startet zum Beispiel die Marketingabteilung einer Bank eine Aktion zur Neukundengewinnung, bei der sie Neukunden, die ein Tagesgeldkonto eröffnen, einen weit höheren Zinssatz offeriert als das Gros der Mitbewerber. Und tatsächlich werden einige Neukunden akquiriert. Doch mit positiven Auswirkungen auf den Ertrag? Meist eher nicht! Denn dieses Angebot „ausschließlich für Neukunden“ verärgert nicht nur einen Teil der Stammkunden. Hinzu kommt: Von den Neukunden sind viele sehr preissensi-

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bel. Deshalb wechseln sie, wenn das „Sonderangebot“ ausgelaufen ist oder ihnen ein anderer Anbieter ein noch attraktiveres Angebot unterbreitet, erneut die Bank. Ein weiteres Beispiel. Ein (Online-)Händler startet eine Mailingaktion, in der er Neukunden einen Preisnachlass von 20 Euro beim Ersteinkauf offeriert. Und tatsächlich gewinnt er Neukunden, die sogar häufiger bei ihm kaufen. Doch leider sind diese Kunden andere als die bisherigen. Der Wert ihrer Bestellungen ist deutlich niedriger als bei den Altkunden. Doch nicht nur dies: Die Neuen verursachen auch einen höheren Aufwand. Denn sie senden die bestellte Ware häufiger zurück und ihre Zahlungsmoral ist schlechter. Die Folge: Die Fixkosten des Händlers schnellen nach oben. Und plötzlich steht das Unternehmen vor der Frage: Wie werden wir die Kunden, die wir zwar riefen, aber eigentlich nicht wollen, wieder los? Das ist eine sehr heikle Frage – gerade im B-to-C-Geschäft. Denn selbstver-


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ständlich kann der Händler irgendwelche erzieherischen Maßnahmen ergreifen und im Extremfall sogar die Geschäftsbeziehung beenden. Doch dies ist ein heikles Unterfangen. Denn solche Maßnahmen können bewirken, dass der (Online-)Händler im Internet plötzlich sehr schlecht bewertet wird – was auch das (Kauf-)Verhalten der lukrativen (Ziel-) Kunden negativ beeinflusst. Und der absolute Super-Gau: Ein Fernseh-Magazin wie MEX strahlt einen Bericht über den schlechten Service des (Online-)Händlers aus. Dann hat er ein echtes Problem – selbst wenn seine Maßnahmen betriebswirtschaftlich notwendig waren.

Zielkunden genauer definieren und analysieren Heute hat eigentlich jedes größere (Handels-)Unternehmen ein CRM-System, mit dem es seine Kunden nach allen möglichen Kriterien „clustern“ und ihr

Kaufverhalten analysieren kann. Auch das Bestimmen des aktuellen Werts von Kunden sowie deren Liftetime-Value ist, wenn die erforderlichen Daten eingepflegt wurden, meist mit zwei, drei Knopfdrucken möglich. In der Technik liegt denn auch eher selten die Wurzel des Problems. Entscheidender ist, dass viele Unternehmen nicht exakt genug ausgehend von ihrer Positionierung im Markt definiert haben: •• Wer sind unsere Zielkunden? •• Durch welche Eigenschaften, Einstellungen und Verhaltensmerkmale zeichnen sie sich aus? Und: •• Über welche Kanäle erreichen wir sie? Des Weiteren: Welche Personengruppen wollen wir keinesfalls als Kunden haben? Und wenn dies doch definiert ist? Dann ist es oft zu we-nig in den Köpfen der Entscheider verankert, bei welchen Kun-

den sich ein Engagement (nicht) lohnt. Die Folge: Sie treffen im Betriebsalltag immer wieder Entschei-dungen, die den übergeordneten Zielen zuwider laufen. Und ehe es sich versieht, befindet sich das Unternehmen in einer ähnlichen Situation wie ein stationärer Händler, der eine Werbekampagne gestartet hat, die auch tatsäch-lich viele Neukunden in den Laden zieht – doch leider primär „Schaukunden“, die fast nichts kaufen, aber trotzdem das Verkaufspersonal umlagern, weshalb die wirklich attraktiven Kunden irgendwann frustriert das Geschäft verlassen. Was kann ein Händler in einer solchen Situation tun? Die „Schaukunden“ bitten, sein Haus zu verlassen (und nie mehr vorbei zu schauen)? Das ist meist ebenso wenig möglich, wie dass ein im B-to-CBereich angesiedelter Online-Shop seine Pforten für gewisse Kundengruppen für immer schließt. Entsprechend wichtig ist es, im Vorfeld zum Beispiel bei der Entscheidung •• wie gestalten wir unseren (Online-) Shop, •• wie gestalten wir unser Sortiment und •• welche Marketingaktionen starten wir, sich genau zu überlegen: Locken wir damit die gewünschten Kunden an? Denn sind die Falschen erst einmal im Haus, erfordert es viel Zeit, Energie und „Fingerspitzengefühl“ sich von ihnen zu trennen.

Kontakt Christian Herlan Geschäftsführer

Dr. Kraus & Partner, Bruchsal Werner-von-Siemens-Str. 2-6 D-76646 Bruchsal Tel. Fax

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Integrales Risikomanagement Jede Geschäftstätigkeit ist mit Risiken und Gefahren verbunden. Es gibt unzählige Führungssysteme, um diese präventiv zu managen oder bei Eintritt eines Ereignisses korrekt zu reagieren. Wichtige Instrumente sind das Risikomanagement, das interne Kontrollsystem (IKS), das Krisenmanagement und das Kontinuitätsmanagement (BCM). Um Aufwand und Nutzen zu optimieren, empfiehlt sich für KMU ein integraler Ansatz, mit welchem Synergien genutzt und Doppelspurigkeiten beseitigt werden.

D

ie Themen Geschäftskontinuitätsmanagement (engl. Business Continuity Management, BCM), Krisenmanagement (engl. Crisis Management), Risikomanagement (engl. Risk Management, RM) und Internes Kontrollsystem (IKS, engl. Internal Control System) haben an Bedeutung gewonnen. Mängel in diesen Bereichen haben in den letzten Jahren zu diversen Skandalen, Krisen und Unternehmenszusammenbrüchen geführt. Inhaber, Investoren, Gläubiger und Mitarbeitende erlitten grosse finanzielle Schäden und Reputationsverluste. Weltweit wurden nationale und internationale Anstrengungen zur verstärkten Regulierung der Unternehmensführung (Corporate Governance), unternommen.

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Damit wurden die Interne Kontrolle und das Risikomanagement in vielen Ländern Gegenstand staatlicher Regulierungen. Die Schweiz hat der internationalen Entwicklung mit der Teilrevision des Revisionsrechts im Jahr 2010 Rechnung getragen. Allerdings ist nur das Ausmass der gesetzlichen Verankerung neu. Im Schweizer Gesellschaftsrecht ist festgehalten, dass die Pflicht und somit die Verantwortung für eine sorgfältige Geschäftsführung beim Leitungsorgan einer Unternehmung liegt. Zu den Pflichten gehören insbesondere Tätigkeiten, welche die langfristige Sicherung der Geschäftstätigkeit sicherstellen wie beispielsweise das Risikomanagement oder das IKS.

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Auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist es zwingend erforderlich, sich mit existenzsichernden Massnahmen und Instrumenten auseinander zu setzten: Einerseits präventiv, um Schäden vorzubeugen und andererseits, um bei Eintritt von „zufälligen“ oder unbeachteten Unglücks- und Störfällen die Existenz der Unternehmen zu sichern. Die Globalisierung und die sich kontinuierlich verändernden Rahmenbedingungen – insbesondere in technologischer, wirtschaftlicher und politischer Hinsicht – führen dazu, dass auf ein bewusstes und organisatorisches Risikomanagement kaum mehr verzichtet werden kann. Angesichts dessen, was auf dem Spiel steht, wird die bewusste, systematische und permanente Auseinandersetzung mit den Risiken der Unternehmung zu einer ergänzenden Führungsfunktion, die von der Unternehmensspitze wahrgenommen werden muss. Ziel ist es sicherzustellen, dass die Risiken erkannt und beurteilt werden. Anschliessend wird festgelegt, wie diese bewältigt werden. Die nur schwer quantifizierbaren Folgen einer Unterbrechung der Betriebs- oder Leistungsbereitschaft der Unterneh-


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mung sind Kunden- und Marktanteilverluste, die nur ungenügend versicherbar sind. Die Unternehmung hat somit alles Interesse, im Rahmen der praktischen Risikobewältigung, zusätzlich organisatorisch und planerisch für einen derartigen Fall vorzusorgen.

somit den nachhaltigen Fortbestand des Unternehmens, Teile davon oder Projekte gefährden könnten. Das Risikomanagement umfasst alle Tätigkeiten, die der Identifikation, Bewertung, Bewältigung und Überwachung der wesentlichen Risiken dienen.

Dieser Artikel wird in zwei Teilen veröffentlicht. In diesem ersten Teil werden die Instrumente Risikomanagement, IKS, Krisenmanagement und BCM vorgestellt und wichtige Erfolgsfaktoren für KMU aufgezeigt. In der nächsten Ausgabe wird aufgezeigtdargelegt, welche Synergien durch die Integration der Instrumente genutzt werden können, sodass eine maximale Effizient sowie eine erhöhte Widerstandsfähigkeit erreicht wird.

Grundlage des Risikomanagements ist das Formulieren einer rationalen und klar umschriebenen Risikopolitik, welche Bestandteil der Unternehmenspolitik darstellen sollte. Sie ist darauf ausgerichtet, den Sicherheitsgedanken in den Unternehmungsentscheidungen durchgängig zu berücksichtigen und damit auch die Leitziele des Risikomanagements auf operationeller Stufe festzulegen. Nur wer eine umfassende und systematische Risikopolitik betreibt, ist in der Lage, in Kenntnis aller Umstände und damit bewusst risikofreudig zu sein, wo dies nötig und angebracht ist und auch verantwortet werden kann. Des Weiteren braucht es organisatorische Massnahmen wie die Definition von Prozessen, Aufgaben, Zuständigkeiten und Verantwortung.

Risikomanagement – kontrollierter und bewusster Umgang mit Risiken Im Rahmen des Risikomanagements sollen Gefahren vermieden werden, welche die Kontinuität des Geschäftsganges und

zu berechnen und bedeutet eine realitätsfremde Vereinfachung. Deshalb bewerten nachhaltige Risikomanager die Risiken mit den folgenden Metriken: •• Schadensausmass qualitativ von «kein Schaden» bis «sehr hohe Auswirkung / Marktanteilsverlust» (I1) •• Schadensausmass quantitativ z.B. von «50 000 bis >1 000 000» oder «%-Anteil vom Eigenkapital» etc. (I2) •• Entwicklungszeit / Dauer bis zu Erkennen des Ereignisses von «sofort / zwingend» bis «keine Entdeckung» (A1) •• Umgang im Ereignisfall / Ereignisbewältigung von «integriertes Krisenmanagement» bis «keine Mechanismen» (A2) •• Kontrolle bei Risikoexposition von «volle Kontrolle» bis «keine Kontrolle» (T1) •• Bewusstsein, Sensibilisierung für die Risikoexposition von «volles Bewusstsein» bis «unbekannt / nicht bewusst» (T2)

Im Rahmen der Risikoidentifikation wird analysiert, welche externen oder internen Gefahren die Erreichung der Strategie respektive Unternehmensziele verhindern könnten. Anhand von Hilfsmitteln wie Checklisten, Prozess- und Gefährdungsanalysen, Workshops etc.

Die Metriken lassen sich den Bedürfnissen des Unternehmens anpassen. Die nachfolgende Abbildung zeigt ein Beispiel eines bewerteten Risikos auf.

wird versucht, die wesentlichen Risiken zu identifizieren. Aus dieser Klärung resultiert oft ein Risikokatalog. Im Rahmen der Risikoanalyse werden die identifizierten Risiken analysiert und bewertet. Die Bewertung kann mit unterschiedlichen Methoden vorgenommen werden. Weit verbreitet ist die Berechnung nach Eintrittswahrscheinlichkeit multipliziert mit Schadenausmass. Die Eintrittswahrscheinlichkeit ist jedoch meist schwer

Für Risiken, welche bewusst eingegangen werden, werden im Rahmen der Risikosteuerung Massnahmen eruiert und definiert, welche das Risiko auf das gewünschte Niveau reduzieren sollen. Die Einteilung in sechs Metriken erlaubt eine feine und gezielte Steuer des Risikos. Das Beispiel in Abbildung 1 zeigt, dass bei der langen Entdeckungszeit Handlungsbedarf besteht, jedoch nicht im Umgang im Ereignisfall. Als Instru

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ment der Risikohandhabung dienen Vermeidung, Verminderung, Überwälzen und Selbsttragen des Risikos.

Erfolgsfaktoren für KMU im Bereich IKS

Erfolgsfaktoren für KMU im Bereich Risikomanagement

Klare und realistische Festlegung der Ziele und der angestrebten Qualität.

Ausrichtung der Kontrollen auf die Unternehmensziele und die Risiken, welche die Erreichung der Unternehmensziele gefährden können.

Rationale und klare umschriebene d.h. schriftlich festgehaltene Risikopolitik.

Klare Regelungen der Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten.

Klare Regelungen der Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten.

Betrachtung des Risikomanagement als Daueraufgabe und nie als abgeschlossenen Prozess.

Das IKS ist den Mitarbeitenden bekannt und wird aktiv gelebt.

• •

Das RM ist den Mitarbeitenden bekannt und wird aktiv gelebt.

Eine nachhaltige Bewertung und Steuerung der Risiken nach unternehmensspezifischen Metriken.

Kein ausschliesslicher Fokus auf die finanzielle Berichterstattung (Financial Reporting), sondern auch Beachtung der Felder „Wirksamkeit und Effizienz der Geschäftstätigkeit (Operations)“ und „Gesetzes- und Normenkonformität (Compliance)“.

• •

Integration mit anderen Instrumenten (IKS, Krisenmanagement, BCM).

Integration mit anderen Instrumenten (RM, Krisenmanagement, BCM).

Internes Kontrollsystem (IKS) – ordnungsmässige und effiziente Geschäftsführung Ziele des IKS sind eine ordnungsmässige und effiziente Geschäftsführung zu gewähren, das Vermögen und die Zuverlässigkeit des Rechnungs- und Berichtswesens sicherzustellen sowie die Einhaltung der unternehmerischen Ziele, Gesetze, Weisungen und Vorschriften zu unterstützen. Zudem dient es zur Verhinderung bzw. Aufdeckung von deliktischen Handlungen und Fehlern. Es erlaubt, die relevanten unternehmensinternen Prozesse bewusst und systematisch zu steuern und erhöht somit ihre Effizienz und Sicherheit. Es empfiehlt sich, ein IKS-Konzept zu erstellen, in welchem die Unternehmensleitung den gewünschte Umfang und Ausbaugrad sowie die Qualität (wenig verlässlich bis optimiert) des IKS strategisch festlegt, Ziele formuliert und Kriterien für die Beurteilung der Qualität der Kontrollen festlegt

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sowie die Aufgaben und Verantwortlichkeiten regelt. Weitere wichtige Grundlagen sind die Dokumentationen der wesentlichen Unternehmensprozesse und eine Aufstellung der bestehenden Kontrollen. Auch wenn ein Unternehmen noch kein systematisches IKS unterhält, hat es bereits eine Vielzahl von Kontrollen wie z.B. die Kollektivunterschrift, 4-Augen-Prinzip, Funktionentrennungen, Zugriffs- und Zutrittsbeschränkungen etc.. Durch eine systematische Aufnahme der IST-Situation können Doppelspurigkeiten und Kontrollücken aufgedeckt werden. Meist führt dies zu einer Optimierung der Geschäftsprozesse. Anschliessend wird eine Risikobeurteilung vorgenommen – denn es gilt der Grundsatz: ohne Risiko braucht es keine Kontrolle. Dabei werden die Risiken identifiziert und bewertet. Anschliessend werden für die Risiken Kontrollen definiert und in einer Übersicht (meist Kontrollmatrix genannt) festgehalten.

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Business Continuity Management (BCM) – Bewältigung des Restrisikos Mit einem Business Continuity Management (BCM) soll sichergestellt werden, dass die ‚lebensnotwendigen‘ Aktivitäten eines Unternehmens nach internen oder externen Ereignissen aufrecht erhalten resp. zeitgerecht wiederhergestellt werden und finanzielle sowie reputative Folgeschäden minimiert werden können. Die hier verwendete Methode zum Aufbau und der Implementierung eines BCM richtet sich nach den aktuellen Standards und Guidelines des Business Continuity Instituts (BCI, London). Auch die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) und die Schweizer Bankiervereinigung (SBVg) stützen sich bei ihren Empfehlungen und Mindestanforderungen auf dieses Vorgehen. Es hat sich bewährt, die Bankenmethoden auch in anderen Branchen anzuwenden oder zu adaptieren. Die Methode besteht grundsätzlich aus einer wiederkehrenden Abfolge von


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5 Phasen, welche von der Analyse des eigenen Geschäfts (Phase 1) bis hin zur regelmässigen Pflege des aufgebauten BCM reicht.

Hauptbestandteil der ersten Phase bildet zusammen mit einem Risk Assessment die sogenannte Business Impact Analysis (BIA). Mit dieser Analyse werden die kritischen Aktivitäten und Prozesse eines Unternehmens ermittelt. Die BIA ist das Rückgrat des BCM, weil aus den generierten Resultaten die Strategien entwickelt werden (Phase 2) , mit denen ein Unternehmen auf den Unterbruch oder die Störung einer kritischen Aktivität reagieren will. Die BIA und die Entwicklung von BCM-Strategien werden von der EBK als verbindlicher, aufsichtsrechtlicher Mindeststandard erachtet und gemäss Art. 3 des BankG als Bewilligungsvoraussetzung zum Geschäftsbetrieb erachtet. In Phase 3 werden Reaktionen, sogenannte Business Continuity Plans (Notfallpläne), im Hinblick auf einen Unterbruch einer kritischen Geschäftsaktivität entwickelt. Diese Pläne dokumentieren die Vorgehensweisen im Falle eines Ereignisses und bestimmen die Ressourcen, die notwendig sind um die unterbrochenen Aktivitäten wiederherzustellen. Um das BCM im Unternehmen zu verankern, muss das Bewusstsein der Mitarbeitenden für die Notwendigkeit eines BCM geschaffen und geschult werden (BCMKultur) (Phase 4).

In Phase 5 werden die Komponenten des BCM getestet und geübt, weil sich ein Unternehmen ständig verändert. Tests und Übungen identifizieren Schwachstellen des BCM und ermöglichen Anpassungen.

Erfolgsfaktoren für KMU im Bereich BCM •

Die kritischen Prozesse sind bekannt.

Eine Überlebensstrategie garantiert den Fortbestand.

Notfallpläne helfen bei einem schnellen Wiederanlauf resp. Notbetrieb.

Schnellstmögliche Wiederherstellung des Normalbetriebs ist möglich.

Integration mit anderen Instrumenten (RM, IKS, Krisenmanagement).

Kontakt Madeleine Renner Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Competence Center Hochschule Luzern

Uwe Müller-Gauss Dipl. Entrepreneur FH MBA Inhaber

MÜLLER-GAUSS CONSULTING Fröschlezzen 11 CH-8340 Hinwil Tel.

+41 (0)44 938 05 04

uwe.mueller@gauss-consulting.ch www.gauss-consulting.ch

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Kanalisieren Sie die Energie


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ine der unsinnigsten Forderungen, die ich kenne, ist die, von einem Menschen oder einem Team „120 Prozent“ zu fordern. Was mathematisch nicht funktioniert, macht auch im Business keinen Sinn. Man kann wohl für morgen 120 Prozent von heute fordern, was bedeutet, dass man sich um 20 Prozent steigern müsse, aber regelhaft zu fordern 120 Prozent zu geben, ist Unsinn, erreicht die Menschen nicht und zieht eher Energie ab, als dass es Energie freisetzt. Wir alle haben an jedem gegebenen Tag 100 Prozent Energie zur Verfügung. Sind wir guter Dinge, sind diese 100 Prozent betragsmäßig höher, als wenn wir uns mit einer Erkältung ins Büro schleppen, aber es sind an jedem Tag 100 Prozent – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die Frage, die sich stellt, ist, wie diese Energie geeignet kanalisiert werden kann, damit sie auch ihre Wirkung erzielt und man sich am Ende des Tages nicht fragt, wo die ganze Energie denn geblieben ist. Hier sind drei Tipps:

1. Konzentration Konzentrieren Sie sich auf wenige Dinge, die Sie tatsächlich spürbar voranbringen. Dies ist doppeldeutig und auch ebenso gemeint: Einerseits müssen Sie die Dinge spürbar voranbringen können und andererseits müssen die Dinge geeignet sein, Sie spürbar in Ihrer Entwicklung, Stimmung, Erkenntnis voranzubringen.

Beschäftigen Sie sich also mit wenigen Themen, statt mit vielen. Natürlich haben Sie mehr als drei oder fünf Themen, mit denen Sie sich auseinandersetzen müssen oder wollen, aber: Alles zu seiner Zeit und nicht zugleich. Fokus bringt Energie auf die Themen. Beschäftigen Sie sich dabei mit Themen, die nach vorne gerichtet sind und weniger mit Themen, die nach hinten gerichtet sind.

2. Negative Energie ummünzen

samkeit lässt sich besser fokussieren, wenn Sie sich mit wenigen, als mit vielen Themen zugleich auseinandersetzen. Aufmerksamkeit ist aber etwas, das eine hohe Energie entfacht. Haben Sie nicht auch schon einmal gemerkt, dass ein ausgerufenes, konsequent verfolgtes Ziel die Aufmerksamkeit der gesamten Mannschaft auf das Erreichen dieses Ziels gelenkt und letztlich zur Erreichung desselben geführt hat? Bitte sehr, Beleg erbracht.

Ein amerikanischer Kollege von mir, Chad Barr, erwähnte einmal, dass er erkannt habe, dass Ärger ihn noch mehr verärgere, je länger die Beschäftigung mit diesem Ärger dauere. Stattdessen, so Chad, habe er gelernt, die Energie, die in dem Ärger steckt, für etwas Produktives zu nutzen, wie zum Beispiel das Verfassen eines Fachartikels. Zuerst habe ich den Kopf geschüttelt, aber die – zugegeben „pseudo-mathematische“ – Betrachtung zeigt: Betragsmäßig ist die Energie gleich, unabhängig davon, ob Sie sich freuen oder ob Sie sich ärgern. Die Kunst besteht also darin, diesen Energiebetrag zu nutzen und umzumünzen. Funktioniert das immer? Nein, aber wenn es auch nur einmal funktioniert, ist das schon besser, als sich weiter zu ärgern.

Mandat Managementberatung GmbH Emil-Figge-Straße 80 D-44227 Dortmund

3. Aufmerksamkeit

Tel. Fax

Dieser dritte Tipp korrespondiert unmittelbar mit dem ersten, denn Aufmerk-

guido.quelle@mandat.de www.mandat.de

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Quellenangabe: -- Prof. Dr. Guido Quelle: Mandat Growthletter® Nr. 76 April 2013: CEO-Tipp des Monats, «Kanalisieren Sie die Energie»

Kontakt Prof. Dr. Guido Quelle Geschäftsführender Gesellschafter Autor von «Profitabel wachsen»

+49 (0)231 9742 390 +49 (0)231 9742 389

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IT / Technik

Web-Controlling 3.0

Nutzerzentrische Website-Optimierung durch intelligente Datenverknüpfung

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eil 2: „Wer, wie, was – wieso, weshalb, warum – wer nicht fragt bleibt dumm“ heißt es im Titelsong einer der erfolgreichsten Kindersendungen im deutschen Fernsehen. Die Aussage stimmt – und gilt auch im Geschäftsleben: Wer die richtigen Fragen stellt, bekommt Antworten und gewinnt dadurch einen

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Wissensvorsprung, der entscheidend zum eigenen Erfolg beitragen kann. Auch unter Website-Betreibern ist derjenige am erfolgreichsten, der die Erwartungen und Wünsche seiner Besucher am Besten erfüllt. Voraussetzung dafür ist es, die eigenen Nutzer und ihre Bedürfnisse genau zu kennen. Dafür muss man die Antworten

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auf folgende Fragen kennen: Was passiert auf meiner Website? Warum passiert es? Wie passiert es? Und wo passiert es? Mithilfe der richtigen Analyse-Software lassen sich diese Fragen umfassend beantworten. Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse können Website-Betreiber ihre Internetseiten dann zielführend und nutz-


IT / Technik

erzentrisch optimieren und sind dadurch ihren Mitbewerbern den entscheidenden Schritt voraus. Im ersten Teil dieses Beitrags wurden die unterschiedlichen Vorgehensweisen auf dem Weg zu einem erfolgreichen Webauftritt anhand eines Beispiels illustriert. In diesem planten die Reiseveranstalter „Famose-Ferien“ und „Tolle-Reise“ beide den Relaunch ihrer Internetportale. Während Famose-Ferien sich dabei ganz auf seine Agentur verließ, hat Tolle-Reise sich zunächst gefragt: „Was wollen unsere Kunden überhaupt?“ Die Web-Analyse deckte dabei auf, dass Besucher von Tolle-Reise sich stark für Städtereisen interessieren und dass sie sich häufig auf den nicht mehr ganz aktuellen Unterseiten mit Informationen zu Kulturangeboten tummelten. Die Analyse der Mausbewegungen mithilfe einer Mouse Tracking Lösung, zeigte zudem, dass die Besucher genau dort vergeblich nach mehr Informationen suchten, und entdeckte außerdem bei der Analyse seiner Buchungsstrecke, dass seine Besucher den Buchungsvorgang auffällig oft im Pflichtfeld „Telefonnummer“ abbrachen.

erkennt, dass überdurchschnittlich viele Besucher älter als 50 Jahre sind, hauptsächlich in Deutschland wohnen und dass mehr Frauen als Männer die Website besuchen. Insbesondere Frauen ab 60 Jahre suchen nach komfortablen und repräsentativen Unterkünften, interessieren sich für Kulturangebote und sind bereit, dafür auch einen entsprechenden Preis zu zahlen. Die priorisierten Handlungsempfehlungen, die seine Software ihm automatisch zur Verfügung stellt, zeigen, dass er durch aktuelleren und umfangreicheren Content die Zufriedenheit seiner Besucher wesentlich steigern kann.

finden. Anhand übersichtlicher grafischer Auswertungen weiß der Anbieter von Tolle-Reise jederzeit, mit welchen Seiten die Besucher besonders zufrieden sind, oder welche Seiten ihnen nicht gefallen – und er kennt auch die Gründe für diese Einschätzung.

Für ein noch detaillierteres Besucherfeedback zu einzelnen Seiten aktiviert der Betreiber von Tolle-Reise darüber hinaus noch einen Feedback-Button auf der WebPräsenz, über den seine Besucher sofort und unkompliziert Lob, Kritik, Fehlermeldungen und konkrete Verbesserungsvorschläge zu jeder einzelnen Seite senden können. Kleinigkeiten wie Tippfehler im Text kann er dadurch schnell beheben. Außerdem erfährt er beispielsweise, dass sich die Nutzer im Bestell- und Kassenbereich eine größere Schrift wünschen. Das seitenbezogene Feedback bestätigt darüber hinaus nochmals, dass die Besucher die Informationstexte zu einzelnen Städten und dem dortigen Kulturangebot auf den Unterseiten zwar interessant, aber noch nicht ausführlich und aktuell genug

pe, deren Erwartungen und Bedürfnisse im Detail kennen oder entdecken sogar, dass sie sich mit einigen Anpassungen ihres Internetauftritts neue Zielgruppen erschließen können.

Mit Hilfe der entsprechenden SoftwareWerkzeuge können Website-Betreiber wie Tolle-Reise also ein sehr umfassendes, detailliertes und differenziertes Bild ihrer Besucher gewinnen. Sie erfahren, wie Besucher sich auf der Website verhalten und warum das so ist. Sie lernen ihre Zielgrup-

Nachdem der Betreiber von Tolle-Reise durch diese passive Beobachtung der Besucher und die Analyse ihres Nutzungsverhaltens die neuralgischen Punkte seiner Website untersucht hat, möchte er nun wissen, wie zufrieden die Besucher mit seinem Internet-Auftritt sind und was ihre Zufriedenheit antreibt. Er entscheidet sich daher, seine Nutzer direkt zu befragen: Durch eine aktive Besucherbefragung können Website-Betreiber die Gründe für ein bestimmtes Besucherverhalten besser verstehen. Tolle-Reise beispielsweise erfährt, dass seine Besucher mit der Usability der Website und dem übersichtlichen Layout sehr zufrieden sind. Seine Bedenken, dass den Besuchern eine Auswahl an interaktiven Web 2.0 Elementen fehlen könnte, ist also offenbar unbegründet. Weniger gut sind die Zufriedenheitswerte jedoch in puncto Umfang und Aktualität der Inhalte. Da die Befragungssoftware ihm mit einem Klick auch eine übersichtliche Alterspyramide und eine Segmentierung auf RohdatenBasis liefert, kann Tolle-Reise seine Besucher sehr differenziert betrachten. Er

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Entscheidend für ein wirklich effizientes Web-Controlling ist jedoch darüber hinaus die Möglichkeit, die gewonnenen Erkenntnisse intelligent miteinander zu verknüpfen. Alle Funktionalitäten zur Web-, User-Experience-, Zufriedenheitsund Feedbackanalyse sollten daher in einem einzigen System integriert sein. Innerhalb des Systems haben Anwender dann die Möglichkeit, Cross-Segmentierungen vorzunehmen. Das heißt, um spezifische Fragen zu beantworten, können Werkzeug-übergreifende Segmente

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gebildet werden. Zum Beispiel: Welche Browser benutzen 40-49-jährige weibliche Besucher mit Kaufabsicht? Über welche Kampagnen kommen kaufaffine Männer auf die Website? Wie zufrieden sind die Besucher, die über eine bezahlte Suchmaschinen-Anzeige auf die Präsenz kommen im Vergleich zu Nutzern des natürlichen Index? Nur wer derartige Fragen beantworten kann, ist dazu in der Lage, eine tatsächlich nutzerzentrische Website-Optimierung zu realisieren. Anhand solcher Erkenntnisse, wie sie eine umfassende Web-Controlling Lösung bietet, können Website-Betreiber schließlich auch ihre Online-Marketing Maßnahmen zielgruppenorientiert ausrichten. Der Besucher ist nun nicht mehr das unbekannte Wesen, über dessen Motive, Wünsche und Bedürfnisse sich lediglich Vermutungen anstellen lassen. Die 360-Grad Perspektive, die eine integrierte Web-Controlling Lösung bietet, erlaubt es, wirklich erfolgreiche Kampagnen zu entwickeln, die bei der Zielgruppe ankommen und sich mit deren Erwartungen decken. Im beschriebenen Beispiel-Szenario hat der Betreiber von Tolle-Reise seine Besucher, deren Nutzungsverhalten und Erwartungen intensiv kennengelernt. Dabei ist er unter anderem auf eine neue potenzielle Zielgruppe gestoßen und beschließt, seinen Internetauftritt in Hinblick auf die Erwartungen und Wünsche dieser Zielgruppe zu optimieren. Seine neue Website hat nun einen klar erkennbaren Fokus auf Städtereisen für kulturinteressierte, weibliche „Silver-Surfer“ mit gehobenen Ansprüchen. Die Seitengestaltung, den Content und das Leistungsangebot passt er den Erwartungen und Wünschen

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dieser Zielgruppe an. Nach dem erfolgreichen Relaunch führt er eine OnlineMarketing Kampagne durch, die ebenfalls genau auf die Zielgruppe zugeschnitten ist. Um die Wirkung der Werbemittel und den Erfolg der Kampagne zu messen und zu analysieren, setzt er eine Software zum Kampagnen-Controlling ein. Diese berücksichtigt alle Werbemittel, die zum Kontakt geführt haben. Anders als bei vielen gängigen Kampagnen-Analysetools wird hierbei nicht nur die wenig aussagekräftigen last ad Ergebnisse gezählt, sondern die gesamte Customer Journey berücksichtigt. Das garantiert Tolle-Reise eine ganzheitliche Erfolgskontrolle und unterstützt die strategische Budgetierung zur Maximierung der Werbeeffizienz. Der Reiseanbieter Famose-Ferien muss dagegen bei der Web-Analyse feststellen, dass die Bounce-Rate der neuen Website höher und die Konversionsrate niedriger ist als zuvor. Über die Gründe dafür kann er nur Vermutungen anstellen. Daher überlegt er zunächst, weiteren Expertenrat einzuholen und ein auf Website-Optimierung spezialisiertes Beratungsunternehmen zu engagieren oder sogar ein Usability-Labor mit der genauen Analyse des Nutzerverhaltens zu beauftragen. Da diese Maßnahmen jedoch Kosten von mehr als 20.000 Euro nach sich ziehen, schreckt er davor zurück. Verglichen mit dem Vorgehen des Anbieters Famose-Ferien hat Tolle-Reise mit seiner Herangehensweise – erst die Website analysieren und die Besucher kennenlernen, dann den Online-Auftritt nutzerzentrisch optimieren – gleich in mehrfacher Hinsicht gewonnen: Ganz

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ohne teuer eingekaufte externe Beratungsleistungen oder Tests in einem Usability Labor kennt er nun nicht nur seine Zielgruppe genau, sondern weiß auch, was die Besucher seiner Website erwarten und wie sie sich dort verhalten. Er erkennt kritische Punkte auf seinen Seiten sehr schnell, kann umgehend reagieren und den Wünschen seiner Besucher entsprechend optimieren. Das alles führt dazu, dass er den Umsatz und die Konversionsrate deutlich steigert und seine Besucher zufriedener und loyaler sind. Da er sein Online-Marketing Budget aufgrund seiner umfassenden Besucherkenntnis sehr zielgerichtet einsetzen kann, erreicht er auch hier mit einem geringen Kostenaufwand eine wesentlich höhere Wirkung und größeren Erfolg. Damit nicht nur Besucher wie die kulturinteressierten Städtereisenden, sondern auch Website-Betreiber rundum zufrieden sind, bedarf es der richtigen SoftwareLösung. Als wichtigste Kriterien müssen erfüllt sein: 100 Prozent Datenschutzkonformität, schnelle und unkomplizierte Implementierung, einfache intuitive Bedienung und Ergebnisse in Echtzeit. Ebenfalls sinnvoll sind modular aufgebaute Lösungen, die nach Bedarf skalierbar sind und im SaaS-Modell zur Verfügung stehen, um den eigenen Aufwand so gering wie möglich zu halten. Dann werden das umfassende Web-Controlling und der Erfolg des Internetauftritts zum Kinderspiel. Man muss eben nur die richtigen Fragen stellen.

Kontakt Olaf Brandt Director Product Management

etracker GmbH Erste Brunnenstraße 1 D-20459 Hamburg Tel.

+49 (0)40 555 659 50

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IT /Technik

IT / Technik

Customer Identity Resolution Customer Identity Resolution hat zur Aufgabe, Unternehmen bei den Herausforderungen im Umgang mit Kunden-Identitätsdaten zu helfen: Das sind die Daten aus unterschiedlichen Quellen, die spezifisch und korrekt einen Kunden, einen Lieferanten, einen Interessenten, einen Meinungsmacher, einen Patienten, einen Steuerzahler, einen Kriminellen etc. identifizieren.

H

eute, im Zeitalter des Kunden, hat Customer Identity Resolution noch an Bedeutung gewonnen: Es ist die Voraussetzung für erfolgreiches Customer Experience Management und Customer Relationship Management.

Die alte Weisheit „Der Kunde ist König“ ist nun definitiv Wahrheit: Wir sind im Zeitalter des Kunden angekommen. Das Internet und ganz besonders die fortschreitende Nutzung sozialer Medien haben die Machtverhältnisse im Markt zugunsten der Kunden und Verbraucher gedreht. Sie beziehen Information überall und jederzeit mittels des mobilen Internets über viele verschiedene Kanäle sowie Meinungsmacher und Trendsetter hinweg. Kunden wollen Produkte sofort, in bester Qualität, günstig und mit einem hohen Maß an Service. Das Wissen um und über den Kunden ist wettbewerbsentscheidend geworden, um im Rahmen

von Customer Experience Management (CEM) positive Kundenerfahrungen zum Aufbau einer emotionalen Bindung zwischen Kunden und Produkt, Marke, Service und/oder Anbieter zu schaffen. Ziel von CEM ist es, aus zufriedenen Kunden treue Kunden und aus treuen Kunden begeisterte Kunden zu machen. „Unter ‚Customer Experience Management‘ versteht man die Strategie, Methodologie und/oder die Prozesse, um in einer umfassenden Weise das MultiKanal-Erscheinungsbild, die Interaktionen und Transaktionen von Kunden mit einem Unternehmen, Produkt, Marke oder Service zu managen“, so Bernd H. Schmitt in seinem Buch über Customer Experience Management aus dem Jahr 2003. Das klingt sehr einsichtig, ist aber gar nicht so einfach anzuwenden. Die Probleme beginnen mit dem Multi-Kanal-

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Erscheinungsbild: Eine Kundin, die in der Kundendatenbank im Unternehmen mit dem Namen Ruth-Hanna Friese eingetragen ist, könnte beispielsweise in einem sozialen Netz Ruth Anne Friese heißen oder als Ruth Friese auftreten. Sind das jetzt drei Personen oder ist das eine Person mit drei Identitätsbezeichnungen? Solche Probleme mit der Kundenidentität sind nicht selten, sondern fast die Regel. Ursachen sind eine natürliche Variabilität wie im Beispiel von Frau Friese, aber auch unerwartete Fehler durch Schreib- oder Transkriptionsfehler sowie durch Spitznamen, Abkürzungen und Schreibweisen in unterschiedlichen Schriftsätzen (wie Arabisch, Chinesisch, Griechisch, Kyrillisch, Lateinisch etc.) oder sogar professionell gemachte Lügen, die eine falsche Identität vortäuschen sollen. Noch schwieriger wird es, Identitäten zu finden, wenn der Kunde anonym auftritt. Im Endeffekt haben wir es bei einer solchen Customer Identity Resolution mit einer der schwierigsten Herausforderungen in der Datenvorbereitung für CEM oder dem traditionellen CRM zu tun. Das Kern-Thema von Customer Identity Resolution ist nicht neu. Als Methode im Datenqualitäts-Management kommt es beispielsweise seit langem bei der

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Einrichtung von Data Warehouses zum Tragen – oder im analytischen CRM beim Aufbau einer einzigen Sicht auf den Kunden. Auch im Direktmarketing ist Customer Identity Resolution nichts Neues – sorgt doch die Dublettenbereinigung hier für reibungslose Prozesse. Ob bei der Konsolidierung von Adressbeständen, Bestandsbereinigung, Fremdbereinigung, Listenmischung, beim Cluster-Abgleich, Negativ-Abgleich (insbesondere bei der Robinsonliste), Positiv-Abgleich zur Datenanreicherung oder im internationalen Abgleich bei unterschiedlichen Schriftsatz-Räumen – der richtige Umgang mit Kunden-Identitätsdaten ist hier erfolgsentscheidend. Customer Identity Resolution greift auf all diesen Gebieten und ist im Datenqualitätsmanagement, wie es beispielsweise bei Uniserv umgesetzt wird, daher nicht mehr wegzudenken. Heute, im Zeitalter des Kunden, ist Customer Identity Resolution noch wichtiger geworden. Die Nutzung von sozialen Medien – wie Facebook, LinkedIn, Xing, Foursquare, Twitter, Pinterest etc. – durch den Kunden hat ja zur bereits genannten Machtverschiebung im Markt zugunsten des Kunden geführt. Jetzt ist es für Unternehmen entscheidend und wettbewerbskritisch zu wissen, was die Kunden in den sozialen Netzen sagen und meinen. Für das Marketing bieten die Kundendaten in den sozialen Netzwerken eine bisher nicht gekannte und gekonnte Möglichkeit, das Kundenwissen anzureichern und entsprechend zu nutzen – wir setzen hier voraus, dass die Beschaffung und Nutzung von Kundendaten aus sozialen Netzen konform mit der Datenschutz-Gesetzgebung erfolgt. Beim Abgleich und der Anreicherung der Kundenstammdaten mit sozialen Daten ist Customer Identity Resolution erfolgskritisch. Indem man jede Information in den Gesamtkontext eines Kunden stellen und dann kumulieren kann, erhält man ein besseres Verständnis und vor allem eine vertiefte Kenntnis über seine Kunden. Aus zusammengefügten Informationspuzzleteilen entsteht so ein Kundengesamtbild: Auf Basis von Customer Identity Resolution präzisiert sich das Multikanal-Erscheinungsbild des Kunden, es lassen sich so bessere Kundenmodelle im Rahmen von prädiktiver Analyse aufbauen und

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im Endeffekt die Geschäftsergebnisse verbessern. Die verwendeten Methoden basieren auf landesspezifischen Regel- und Begriffstabellen, auf sprachraumspezifischer Phonetik und adressspezifischer Fuzzy-Logik (vgl. dazu den Kasten zu Customer Resolution Management). Informationstechnisch wird Customer Identity Resolution am besten als Service angeboten. Dann lassen sich Customer Identity Resolution Services sowohl in Batch-Läufen zur Massenverarbeitung einsetzen, beispielsweise bei der Bereinigung großer Datenbestände, als auch in Geschäftsprozesse einbetten, wo sie in Echtzeit angewendet werden können. Beispiel: Transaktionen im Handel. Manche Händler betreiben unterschiedliche Web-Shops. Wenn ein Neukunde in einem Shop eine Bestellung aufgibt, dann sollte man wissen, ob er vielleicht bereits ein guter Kunde in einem anderen Shop ist, um im Sinne von CEM die Kundenbindung weiter zu steigern. Vielleicht ist es aber auch ein „fauler“ Kunde, der bereits auf der schwarzen Liste des Unternehmens oder bei Kreditbewertungsorganisationen steht und sich nun unter einer falschen Identität in einem anderen Shop bedienen will. Mit Customer Identity Resolution in Echtzeit kann noch vor dem Abschluss der Transaktion die wahre Identität festgestellt und entsprechend gehandelt werden. Das Beispiel zeigt auch sehr deutlich, dass Customer Identity Resolution nicht nur wie früher im Direktmarketing der Kostensenkung dient, sondern auch im Sinne von CEM die Kundenbindung und Kundenprofitabilität steigern oder im Sinne von Risikomanagement betrügerische Transaktionen vermeiden kann. Customer Identity Resolution Management Services haben weiterhin den Vorteil, dass sie nicht nur als On Premise Services, sondern auch als SaaS im Rahmen von Cloud Computing genutzt werden können. Mit anderen Worten: Customer Identity Resolution Services lassen sich schnell installieren, testen und in einem Pilotprojekt auf Kosten und Nutzen prüfen. Customer Identity Resolution ist also ein wichtiger und erfolgskritischer Baustein in einem Kunden-Datenmanagement, das

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die unterschiedlichen Aufgaben und Funktionsbereiche der Datenvorbereitung für CEM und des traditionellen CRM darstellt: 1. Customer Data Management beginnt mit der Datenintegration, um Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammenzuführen. Das kann traditionell mit ETL-Prozessen (Extraktion, Transformation, Laden) gemacht werden oder mit Hilfe von Datenvirtualisierung, einem neueren Verfahren, bei dem nur ein logisches Datenmodell des Gesamtdatenbestands erstellt wird, die Daten aber physikalisch nicht bewegt werden. 2. Im zweiten Schritt erfolgt eine Datenbereinigung mit den typischen Services eines Datenqualitäts-Managements. 3. Der dritte Schritt ist dann Customer Identity Resolution. 4. So erfolgt dann im vierten Schritt die 360-Grad-Sicht auf den Kunden. 5. Schließlich folgen noch die Aufgaben der Information Governance, die die Sicherheitskonzepte umsetzt und die Compliance sicherstellt.

So erhält man eine solide Basis für CEM und CRM Das Fazit: Customer Identity Resolution ist die Voraussetzung für erfolgreiches CEM und CRM. Heute verstehen wir darunter nicht mehr allein Dublettenbereinigung im Rahmen von Datenqualitätsmanagement: die Möglichkeit, alle Informationen über Kunden in den Gesamtkontext zu stellen und die Informationsbausteine aus den unterschiedlichen Kanälen zu einem präziseren Multikanal-Erscheinungsbild zu kumulieren, bringt einen großen Mehrgewinn an Information. Dublettenbereinigung spart Kosten – durch den Gewinn an Information über den jeweiligen Kunden steigert man zusätzlich den Umsatz und senkt Risiken.

Methoden des Customer Resolution Managements Traditionelle Verfahren in der Customer Identity Resolution setzten Zeichenket-


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ten-Vergleiche und Match Codes ein. Heute werden mehr und mehr mathematische Verfahren insbesondere aus der Fuzzy-Logik eingesetzt, die durch landesspezifische Wissensbasen (Abbildung 2) ergänzt werden. Diese Wissensbasen sind offen und können daher im Lauf der Zeit mittels Lernverfahren verbessert werden. So können zunächst allgemeine Wissensbasen problemspezifisch angepasst werden. Eine umfassende Zusammenstellung der gängigen und auch fortgeschrittenen Verfahren findet man beispielsweise bei Uniserv: www.uniserv.com/de/products/ data-quality-technology/methods-algorithms.php Beim Customer Resolution Management können natürlich auch Fehler auftreten. Man spricht von einem Fehler der ersten Art (oder auch „falsch positiv“), wenn zwei Datensätze, die zu verschiedenen Kunden gehören, einem Kunden zugeordnet werden. Vom Fehler zweiter Art

(oder auch „falsch negativ“) spricht man, wenn zwei Datensätze, die den gleichen Kunden bezeichnen, nicht zugeordnet werden. Das folgende Schaubild erläutert die Situation:

negativen Entscheidungen. Im Lauf der Zeit gewinnt man Erfahrung und kann den oberen und unteren Schwellenwert empirisch optimieren. Abbildung 2:

Abbildung 1: Im Schaubild oben bedeutet der „obere Schwellenwert“ die Mindestübereinstimmung, damit verschiedene Datensätze einer Identität zugeordnet werden. Entsprechend bedeutet der „untere Schwellenwert“, dass alle Datensätze mit einem kleineren Ähnlichkeitsmaß verschiedenen Identitäten zugeordnet werden. Datensätze mit Ähnlichkeitsmaßen, die zwischen dem oberen und unteren Schwellenwert liegen, sind manuell zu prüfen. Setzt man den oberen Schwellenwert zu niedrig an, dann erhöht man die Anzahl der falsch positiven Entscheidungen. Setzt man den unteren Schwellenwert zu hoch an, dann erhöht man die Anzahl der falsch

Die Qualität von traditionellen Verfahren wie Zeichenkettenvergleichen und Match Codes ist in der Regel nicht ausreichend, kann aber sehr gut durch mathematische Verfahren der Fuzzy-Logik verbessert werden. Um schließlich auf einen Qualitätslevel von nahezu 100 Prozent zu kommen, sollten landesspezifische Wissensbasen eingesetzt werden.

Kontakt Dr. Wolfgang Martin Analyst

Holger Stelz Leiter Marketing & Geschäftsentwicklung

Uniserv GmbH Rastatter Straße 13 D-75179 Pforzheim Tel. Fax

+49 (0)72 319 360 +49 (0)72 319 362 500

info@uniserv.com www.uniserv.com

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Quo Vadis ECM Von monolithischen Suiten über verknüpfte Insellösungen zu interoperablen Cloud-Services


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nterprise Content Management Systeme als On-Premise-Plattformen sind bei vielen Unternehmen im Einsatz. Die gesamte Vielfalt der Unternehmensprozesse kann jedoch nicht mit genau einer ECM-Plattform vollständig abgebildet werden. Die Komplexität der Anforderungen ist einfach zu groß, der Implementierungsaufwand zu hoch und die Effizienz der Plattform ist gefährdet. Die Alternative – schnelle, einfache und bedarfsorientierte Services aus der Cloud – kommt aber noch nicht so recht in Fahrt. Im Management und in der IT stehen Bedenken hinsichtlich Sicherheit und mangelnder Anpassungsfähigkeit, rechtliche Fragen oder Angst vor Insellösungen im Vordergrund. Das belegen sowohl jüngste Marktanalysen als auch die Reaktionen zahlreicher Branchenverbände wie dem Bitkom oder dem Cloud-EcoSystem. Die Bedenken sind jedoch nur teilweise und bei kurzfristiger Betrachtung begründet, denn die Services wie auch die Rahmenbedingungen entwickeln sich rasant weiter. Wer sich Wettbewerbsvorteile sichern will, für den ist jetzt die beste Zeit, mit ersten ECM-Projekten aus der Cloud zu starten – denn die notwendige Interoperabilität kommt garantiert, Mehrwerte inklusive.

Markttransformation Das allgemeine Bewusstsein, mit ECMTechnologien Geschäftsprozesse und damit die Wertschöpfung im Unternehmen verbessern zu können, hat zwar merklich zugenommen. Doch viele Unternehmen, insbesondere KMUs, haben immer noch keine klar formulierten Erwartungen oder Strategien für die Einführung von Enterprise Content Management. Und warum sollten sie auch? Endanwender richten ihr Augenmerk nicht auf die Technologie, auf leistungsstarke monolithische EnterpriseSysteme, sondern suchen in der Regel nach simplen Lösungen für konkrete Fragestellungen und Probleme, haben also das Business und die Prozesse im Blick. Umfängliche Lösungssuiten, die große Bereiche von dokumentengetriebenen Unternehmensprozessen um ihrer selbst Willen in komplexen ECM-Funktionen abbilden, passen für viele daher nicht so recht ins Bild. Die Cloud könnte hier Abhilfe schaffen. Aber das umfängliche ECM-Portfolio eines ECM-Anbieters, das meist auf einer zentralen Technologieplatt-

form basiert, aus der dann für spezifische Kundenwünsche individuelle Lösungen entwickelt wurden, in die Wolke zu heben, ist für viele Anbieter ein schwieriges Unterfangen. Zumal durch die notwendige Standardisierung des Portfolios die Funktionsvielfalt und Anpassungsfähigkeit eingeschränkt werden. Unabhängige Softwarehersteller setzen daher nun vermehrt auf kleinere, spezialisierte, agile CloudServices und orientieren sich stärker an den einzelnen Geschäftsprozessen. Die Entwicklung solcher ECM-Services ist nicht so ressourcenintensiv wie die Anpassung bestehender ECM-Lösungen. Daher streben auch immer neue Anbieter und immer neue Cloud-Angebote auf den Markt. Diese Entwicklung bietet auch Endanwendern große Chancen: Unter der sich immer weiter ausdifferenzierenden

oder Collaborationtools mit grundlegenden Dokumentenmanagement-Funktionalitäten. Diese Fokussierung auf eine eng begrenzte Anforderung führt zu einer starken Standardisierung des jeweiligen Service, die letztendlich im anwendenden Unternehmen für Kostenersparnis sorgt. In Verbindung mit der Bereitstellung über das Internet erhalten die Anwender so ECM-Services, die konkrete BusinessAnforderungen schnell umsetzen, die die Effizienz von Geschäftsabläufen deutlich steigern und die sich zudem bestens für dezentrale oder mobile Arbeitsszenarien eignen, egal ob als Web-Client oder über Apps für mobile Endgeräte. Unternehmen können sich somit noch stärker auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren. Mit der Cloud wird ECM also eine neue Qualität gewinnen.

Wer sich Wettbewerbsvorteile sichern will, für den ist jetzt die beste Zeit, mit ersten ECM-Projekten aus der Cloud zu starten Angebotsvielfalt – von beispielsweise Dokumentenmanagement über Vertragsmanagement, Archivierung und digitale Akten bis hin zur Steuerung elektronischer Rechnungseingangsprozesse und Collaborationszenarien – finden sich viele spezialisierte leistungsfähige Anwendungen.

Chancen agiler Services Die technologischen und wirtschaftlichen Vorteile dieser Lösungen liegen auf der Hand: Sie sind einfach zu nutzen (geringer Investitionsaufwand), und Anwender zahlen meist nur für die abgerufene Leistung oder Zeiträume – mit skalierbaren Services können sie auf Schwankungen in der Nachfrage flexibel reagieren (Pay-per-Use und Kostentransparenz). Im Gegensatz zu einem rein technologischen Verständnis von ECM, das letztlich alle dokumentenzentrierten Prozesse vom Input bis Output in einer Software abzubilden versucht, fokussieren die Services nur einzelne Prozesse: beispielsweise die Erstellung und den Versand einer elektronischen Rechnung via E-Mail direkt über ein Abrechnungssystem; die Möglichkeit, aus einer bereits existierenden Anwendung heraus automatisch templatebasierte Kundenanschreiben zu erstellen;

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Bedenken und Risiken Dies gilt zumindest theoretisch, denn bis dato lassen sich viele Cloud-basierte ECM-Services nur eingeschränkt anpassen und können nur mit einem eng definierten Kreis lokaler Anwendungssoftware effektiv zusammenwirken. Es fehlen häufig noch die Schnittstellen zu anderen Anwendungen, auch eine individuelle Konfiguration oder Parametrierung ist eher selten. Der großen Leistung in einem bestimmten Bereich steht also das Problem der mangelnden Interoperabilität gegenüber. Schnell geht dann in der Unternehmens-IT das Gespenst der Insellösung um. Häufige Bedenken sind z.B., dass der – eigentlich nützliche – ECM-Service so nicht Teil einer ganzheitlichen IT-Strategie sein könne oder dass ein standardisiertes Produkt nicht in der Lage sei, die maßgeschneiderten InhouseProzesse zu unterstützen. Viele Unternehmen zögern daher trotz der Vorteile von Cloud-basierten ECM-Lösungen.

Quo Vadis ECM Die Implementierung neuer Techniken und Strukturen bedeutet immer ein

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Fazit •• Eine einheitliche Technologieplattform ist nicht zwingend erforderlich: Services unterschiedlicher Anbieter werden zusammenarbeiten können. •• Unternehmen können sich dank der Cloud aus einer Vielzahl von Services individuell diejenigen wählen, die für sie den größten Mehrwert liefern. •• ECM bedient sich aus einem vielfältigen Markplatz prozessorientierter Services.

Abwägen von Chancen und Risiken. Zögerlichkeit ist aber kein Merkmal verantwortungsbewussten und unternehmerischen Handels. Wie auch bei vielen anderen Hypes und Trends werden die großen Erwartungen an Cloud Computing und ECM aus der Cloud zuerst enttäuscht, bevor ein erfolgversprechendes Produktivitätsplateau erreicht wird – letzteres meist still und heimlich. Das heißt, Interoperabilität und Anpassbarkeit werden deutlich zunehmen. In einigen Bereichen schneller, in anderen langsamer – je nachdem wie umfangreich die Fach- und Business-Logiken in diesen Bereichen sind. Single Sign-on-Verfahren und die Entwicklung von Content Management Interoperability Services (CMIS) als offene Standards für die Branche sind erste Vorboten. Ein weiterer großer Vorteil dieser Entwicklung: Cloud-basierte ECM-Services können innerhalb kürzester Zeit auf Veränderungen bei Geschäftsmodellen, Anwendungsszenarien und Businessprozessen reagieren – Veränderungen, die aktuell noch nicht einmal vorhersagbar sind. Große lokale On-Premise-Lösungen sind dazu hingegen nicht in der Lage, ihnen fehlt es an der nötigen Agilität. So ist es beispielsweise wesentlich einfacher, der zunehmenden Internationalisierung von Unternehmensprozessen mit CloudServices Rechnung zu tragen. Außerdem lassen sich dank Standardisierung und zentraler Bereitstellung viel schneller besondere Mehrwerte entwickeln und am Markt etablieren. Ein kleines Tool zur Formulargestaltung oder zur OnlineKommunikation mit Fachexperten ist

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vielleicht nicht zwingend notwendig, aber gern genutzt, wenn es in einen CloudService integriert ist. Hier eröffnen sich sowohl Anbietern als auch Anwendern große Produktivitäts-Potentiale.

Die Basics müssen stimmen Zu dem Zeitpunkt, wenn sich Interoperabilität, Normen und Standards durchgesetzt haben, werden die webbasierten ECM-Services bereits den großen Suiten den Rang abgelaufen haben. Wer erst dann in die ECM-Cloud startet, hat den Anschluss aber bereits verpasst. Wer rechtzeitig beginnen will, sollte nur zwei Basics beachten: Erstens, die Governanceund Compliance-Anforderungen müssen auch bei den neuen Web-Angeboten beachtet werden. Bei einem Blindflug in die Cloud ist die Bruchlandung vorprogrammiert. Damit dies nicht geschieht, bedarf es zweitens professioneller Anbieter, die die Cloud und die Geschäftsprozesse verstehen. Die Auswahl des passenden Anbieters in einem sich ständig ändernden ECM-Markt ist kein leichtes Unterfangen, da stets neue Anbieter in den Markt drängen und dieser durch die gemeinsame Basis des Internets immer größer wird. Das trifft übrigens nicht nur auf den ECM-Markt zu. Die sich aktuell herausbildenden Netzwerke wie zum Beispiel das Cloud-EcoSystem führen Analysten, Anbieter und Nutzerunternehmen zusammen und schaffen somit Transparenz und unterstützen den Vertrauensbildungsprozess am Markt.

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•• Erfahrene Cloud-ECM-Dienstleister helfen dabei, diese Services (auch in Kombination mit den eigenen Produkten und dank eines hohen Normierungs-Grads) zu einer individuellen, funktionalen Applikationslandschaft zu verknüpfen. •• Zertifizierungen und Partnernetzwerke bieten dem Endanwender Orientierung. •• Insbesondere die KMUs sollten ihre Berührungsängste ausblenden, da sich ihnen mit cloud-basierten ECMServices die Möglichkeit eröffnet, sich kosteneffizient dem Wettbewerb stellen zu können.

Kontakt Matthias Kunisch Geschäftsführer

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Internetabhängigkeit: Das Heroin aus der Steckdose! Computerspielen ist bei Jugendlichen weit verbreitet und keineswegs immer problematisch. Computerspiele können die selektive Aufmerksamkeit und visuelle Wahrnehmungsfähigkeit sowie das räumliche Vorstellungsvermögen verbessern.

Aktivitäten. Zunehmender Kontrollverlust tritt ein und die Personen zeigen eine deutlich reduzierte Fähigkeit, die Dauer der Online-Nutzung zu begrenzen.

Es ist allerdings abhängig davon was für eine Art von Spiel, wie viel Zeit und ob es die ausschliessliche Freizeitaktivität ist. Zu unterscheiden ist zwischen «harmonischer» und «obsessiver» Leidenschaft.

aus erlebten Defiziten (bspw. mangelndes Selbstwertgefühl) und erfüllt eine innere Bedürftigkeit. Sie kann auch entstehen, wenn das aus der Aktivität resultierende Vergnügen unkontrollierbar wird. Obsessive Leidenschaft kontrolliert das Leben, die Selbststeuerung funktioniert nicht mehr.

Als Toleranzentwicklung wird bezeichnet, wenn immer mehr Zeit am PC verbracht wird, um einen gewünschten Effekt und Zustand zu erreichen. Ist es für die Person nicht mehr möglich, den PC, das Internet zu nutzen, so treten unterschiedlich unangenehme emotionale und körperliche Zustände auf wie Ruhelosigkeit, Reizbarkeit, Nervosität, Niedergeschlagenheit die als Entzugserscheinungen zu verstehen sind.

Im Konzept der «harmonischen Leidenschaft» wird eine Aktivität freiwillig als bedeutsam akzeptiert, sie verpflichtet und zwingt nicht und bleibt in Harmonie mit anderen Teilbereichen des Lebens. Dagegen entsteht «obsessive Leidenschaft»

Damit verbunden tritt eine progressive Einengung des Verhaltens ein. Betroffene verausgaben über eine längere Zeitspanne den grössten Teil des Tageszeitbudgets für die Computernutzung und denken auch ausserhalb des Spielens an diese

Mit dem «immer mehr desselben» wird die letzte Stufe der Suchtentwicklung erreicht. Die verschiedensten andern Aufgaben und Interessen des Lebens werden vernachlässigt. Trotz bewusst wahrgenommener erheblicher und

Von der Internetaktivität zur Sucht

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interview Magazin, Nr. 3 / 2013


Seminare / Coaching

eindeutig schädlicher Folgen, wie Fehlzeiten bzw. Schul- und Ausbildungsabbrüchen, Gefährdung der Karriere, Verlust des Partners oder finanzieller Probleme wird die Computernutzung nicht auf ein Ausmass ohne drohende Konsequenzen reduziert. Die daraus entstehende Notwendigkeit einer Behandlung kann mit den in der Suchtberatung bewährten Methoden durchaus angemessen behandelt werden. Wie bei anderen Suchtformen auch, kann eine Onlineabhängigkeit ohne Behandlung ein sich von selbst zurück bildendes transitorisches Problem sein oder aber auch über Jahre fortbestehen, verbunden mit gravierenden psychosozialen und gesundheitlichen Konsequenzen. Die Beurteilung der wahrscheinlichen Entwicklung kann nur im jeweiligen Kontext der betroffenen Person und seinem Bezugssystem vorgenommen werden. Konkret heisst das, dass die exzessive Internetnutzung eines Jugendlichen nicht eindimensional auf der Basis der für das Verhalten investierten Zeit beurteilt werden kann, sondern unter Einbezug der psychosozialen Situation geklärt werden muss. Wenn sich eine Nutzung des Mediums zum einzigen Freizeitinteresse zu

entwickeln beginnt, wenn familiäre Konflikte über die Begrenzung der Nutzungszeit und Nutzungsintensität zunimmt und insbesondere wenn gleichzeitig schulische oder andere Verpflichtungen aufgrund der Nutzung nicht mehr hinreichend erfüllt werden, muss die Frage einer Online-Sucht, dem Heroin aus der Steckdose, gestellt werden. Die subjektive Wahrnehmung eines Problems steuert das Verhalten und seine Messbarkeit. Bei manchen Personen entwickelt sich die Internetaktivität jedoch zu einer Sucht: Auf der Basis einer repräsentativen Studie 2009 in Deutschland, werden 3% der männlichen und 0.3% der weiblichen Neuntklässlern als vom Spielen abhängig bezeichnet. Die Computer- und Internetabhängigkeit ist also vorwiegend ein Problem der männlichen Jugendlichen. Diese Feststellung dürfte auch für die Schweiz zutreffen. Folgende Anzeichen zeigen sich: •• Die Gedanken kreisen zunehmend um die Internetnutzung •• Es wird immer mehr Zeit vor dem PC verbracht.

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•• Es gelingt nicht mehr, die Internetaktivitäten zu unterbrechen oder ganz sein zu lassen. Während das Surfen, Chatten, Gamen immer mehr Raum einnehmen, treten andere Lebensbereiche in den Hintergrund. Häufige Folgen der Internetsucht sind: •• Schulische oder berufliche Probleme. •• Konflikte im Umfeld, beispielsweise mit Angehörigen oder dem Partner/ der Partnerin.)

Welche Wirkung hat das Internet? Insbesondere unter Jugendlichen ist das Internet weit verbreitet und beliebt. Ein Grund liegt darin, dass durch das Internet Motive (Bedürfnisse) der Jugendlichen befriedigt werden können. Beispielsweise kann das Anschlussmotiv (Bedürfnis nach Zugehörigkeitserleben) durch virtuelle Gemeinschaften wie Facebook oder myspace im Internet ausgelebt werden. Wer einen Wunsch nach Leistung (z.B. Action, Mutprobe) hat, kann diesen in Sport- und Rennspielen sowie Strategiespielen umsetzen.

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Erlebte Effekte von Computer- und Internetnutzung spiegeln sich u.a. in den Aussagen von Jugendlichen wider:

und denkt dauernd an den nächsten oder zurückliegenden Internetbesuch. •• Kontrollverlust

... da bin ich wer! ... da bekomme ich Aufmerksamkeit! ... da ist wenigstens jemand da! ... da kann ich Befehle geben! ... da kann ich alles kontrollieren! ... da passiert wenigstens etwas, das ist nicht so langweilig! ... da vergesse ich den Ärger! ... da kann ich abtauchen / abschalten! ... da kann ich meine Wut / meinen Frust abbauen!

Die Person hat ein unwiderstehliches Verlangen, im Internet zu surfen/ chatten/gamen und eine verminderte Kontrolle über die Dauer seiner Internetaktivität. Auch bei bestehender Absicht weniger Zeit im Internet zu verbringen, kann er/sie den Internetkonsum nicht reduzieren. •• Toleranzentwicklung Im Laufe der Zeit ist eine sich steigernde Nutzung des Internets notwendig, um den früher erlebten befriedigenden Zustand zu erreichen. •• Entzugserscheinungen

Die Grenze zwischen einem genussvollen und einem problematischen oder abhängigen Verhalten ist fliessend. Bei allem Unterhaltungswert und sinnvollen Gebrauchsmöglichkeiten kann der Konsum von Internetprodukten zu einem stark exzessiven, selbstschädigenden Problemverhalten werden. Besonders schwierig scheint für die Betroffenen die angemessene Nutzung von Chatrooms, OnlineRollenspielen und Erotikangeboten zu sein. Eine anerkannte Diagnose von „Internetsucht“ oder „Computerspielsucht“ gibt es bislang nicht. Jugendliche und auch Erwachsene, die gefährdet sind, zeigen ein extremes Konsumverhalten, das vergleichbar mit anderen Suchterkrankungen ist. In Anlehnung an Suchterkrankungen, bei denen anerkannte Diagnosen vorhanden sind, wurden entsprechende Kriterien für die Internetsucht formuliert. Sind mindestens zwei dieser Kriterien erfüllt, muss man von einem problematischen Internetgebrauch oder von einer Internetsucht ausgehen: Wissenschaftlich bewährte Kriterien für eine Internetsucht: •• Einengung des Verhaltensraums Der/die Betroffene verausgabt den größten Teil der (Frei-)Zeit zur Internetnutzung

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Ist es für die Person nicht möglich, das Internet zu nutzen, so erlebt der/ die Betroffene unangenehme emotionale und körperliche Zustände (z.B. Ruhelosigkeit, Reizbarkeit, Nervosität, Niedergeschlagenheit). •• Negative soziale und berufliche Konsequenzen Andere Aufgaben und Interessen werden stark vernachlässigt. Trotz wahrgenommener erheblich schädigender Folgen wie Fehlzeiten bzw. Schul- und Ausbildungsabbrüche, Gefährdung der Karriere, Verlust des Partners oder finanzielle Probleme, wird der exzessive Internetgebrauch fortgeführt. Wenn mindestens zwei der oben aufgeführten Kriterien erfüllt sind besteht das Risiko einer Online-Sucht.


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Eine Studie an einer Wiener Schule mit total 1061 Schülern im Alter zwischen 14-15 Jahren zeigte, dass 12% ein pathologisches Spielverhalten zeigten. Davon waren 2.75% abhängige und 9.6% waren missbräuchliche Spieler. Auffällig im Vergleich zu den nicht Betroffenen waren bei beiden Gruppen folgende Symptome: •• Konzentrationsprobleme •• überdurchschnittliche-Schmerzempfindlichkeit •• Schulangst •• Die Gruppe der abhängigen Spieler hatten eine Spieldauer pro Tag von 1.5 Std vor der Schule, 6 Std nach der Schule und von 16 Std über das Wochenende, d.h. ein total von 53.5 Std pro Woche! Familiäre Einflussfaktoren bei exzessiver oder suchtartiger Computer- und Internetnutzung Wie bei anderen Suchtformen auch, nimmt die Familie beim Heroin aus der Steckdose eine zentrale Rolle ein bei der Genese, dem Verlauf und der Lösung. Mit folgenden Thesen möchte ich diese Aussage belegen: 1. Die Familie ist in der Lage, ein diesbezügliches Problem zu erkennen und darauf aufmerksam zu machen 2. Eltern können durch ihre (Medien-) Erziehung und Nutzung einen positiven wie negativen Einfluss auf den Mediengebrauch der Kinder haben. 3. Sie stellen eine Ressource dar, um ein bestehendes Problem zu lösen. 4. Sie können aber auch Ursache für die exzessive Internet-Nutzung sein. Folgende Zusammenhänge, die einen pathologischen Internetgebrauch forcieren können, sind durch Untersuchungen belegt: •• Häufige Konflikte zwischen Eltern und Jugendlichen: Gespräche reduzieren sich auf Konflikte und Auseinandersetzungen

•• Desinteresse der Eltern für die medialen Aktivitäten der Kinder •• Zeit für Interaktion stark reduziert •• Elterngewalt in der Kindheit •• Väterliche Entfremdung: Vater ist abwesend (beruflich oder durch Trennung) oder Dominanz des Vaters mit erfolgsorientierten Ansprüchen an die Söhne •• ängstlicher Bindungsstil •• Mangelndes Problembewusstsein beim Jugendlichen bezgl. seiner Mediennutzung Positiv wirkt sich aus: •• Familiäre Kohäsion (Zusammenhalt, Nähe, emotionale Bindung) •• Bedingungslose Wertschätzung und Unterstützung Neuere Forschungsbefunde zum pathologischen Internetgebrauch verdeutlichen, dass die elterliche Reaktion mit strikten Regeln das exzessive Verhalten sogar noch begünstigen, wenn die Aufstellung der Regeln nicht auf der Basis einer guten elterlichen Kommunikation geschieht. Damit überhaupt eine Veränderung möglich ist, muss der Betroffene sich in seinem auf die Nutzung des Internets bezogenen Verhaltens verstanden, ernst genommen und respektiert fühlen. Eine positive, gute Kommunikation ist die Voraussetzung zur Prävention der exzessiven Nutzung des Mediums. Die Mediennutzung hat sich in den vergangenen 13 Jahren rasant verändert und wird das auch in Zukunft weiterhin tun. Im Internet ist eine neue Plattform für den Austausch von Wissen, Fun und Dienstleistungen entstanden. Das heisst auch, dass der Anteil derjenigen, die täglich oder mehrmals die Woche online sind, von unter 10% auf über 90% angestiegen ist. Der grosse Teil der Jugendlichen, wie auch Erwachsenen, ist heute online. Während 1999 allein die Tatsache, dass man täglich oder mehrmals die Woche das Internet nutzt, ein statistisch auffäl-

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liges Verhalten gewesen wäre - bezogen auf den Durchschnittswert aller Jugendlichen - , so ist das heute der statistische Normalfall. Damit wird deutlich, dass mit rein statistischen Gesichtspunkten und Vergleichen die Beurteilung dessen, was «normal» und was «auffällig» ist, einem schnellen Wandel unterworfen ist. Nicht die Quantität der Nutzung, sondern die Qualität, dass Bedürfnis WOZU nutzt eine Person das Medium und welche Bedürfnisse werden damit befriedigt, ist der entscheidende Faktor zur Feststellung einer normalen oder risikoreichen Nutzung. Nur mit dieser Haltung ist zu vermeiden, dass es durch die ältere Generation, der sog. DIGITAL IMMIGRANTS zu einer Pathalogisierung der jüngeren Generation, der DIGITAL NATIVES kommt. Die in dieser Frage ungleich verteilte Definitionsmacht der Generationen darf nicht zu einem Diktat der weniger internetaffinen Älteren führen die das Verhalten der Heranwachsenden mit nicht mehr zeitgemässen Bezugsnormen etikettieren. Die unterschiedliche Integration von Medien in die Lebenswelten von Jugendlichen und ihren Eltern kann zu unterschiedlichen Definitionen führen, was ein harmonischer, exzessiver und letztlich suchtartiger Medienkonsum ist. Die Diskussion zwischen den Generationen darüber ist aufjedenfall zu empfehlen.

Kontakt Heinz Léon Wyssling Dipl.Supervisor Organisationsberater BSO Reiss-Profil Master Neuroimaginationscoach® Coaching & Weiterbildung Wibichstrasse 76 CH-8037 Zürich Tel. Fax

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Der Bill-Clinton-Faktor

Wie Sie mit der 5-Sekunden-Regel Ihre Kunden begeistern Kundenbegeisterung funktioniert über Service-Excellence. Service-Excellence ist der Erfolgsmotor der Zukunft. Das sind meine feste Überzeugung und mein Credo. Warum? Unsere Antennen sind sehr sensibel für das Thema Service. Service hinterlässt Eindrücke – manchmal gute oder schlechte. Nichts beeinflusst unsere Meinung über eine Dienstleistung oder ein Produkt so sehr, wie das Gefühl, das wir dabei erleben.

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enchmarking der mitbewerbenden Firmen führt letztlich nur dazu, dass Produkte ähnlicher, manchmal gleicher, nie aber besser werden. Best Practice ist zwar prozessoptimierend, aber nie revolutionär. Wenn sich also die Produkte immer mehr ähneln, ist der wesentliche Entscheidungsunterschied am Ende die Dienstleistung, also die vom Menschen erbrachte Service Excellence. Dies wird zukünftig das wesentliche Unterschei-

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dungsmerkmal bei Produkten und Marken sein.

Beginnen möchte ich mit einer kleinen Geschichte: Mai 1998, ich bin Hotelmanager im Adlon in Berlin, und heute ist der Tag der Tage. Wir erwarten nämlich illustre Persönlichkeiten: Bundeskanzler Helmut Kohl,

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Bundesratspräsident Gerhard Schröder und reichlich weitere Prominenz. Und: den mächtigsten Mann der Welt, den amerikanischen Präsidenten Bill Clinton. Das Staatsbankett ist der große Abend, auf den wir alle mit vollem Einsatz und viel Herzblut hingearbeitet haben. Und jetzt, in den entscheidenden Momenten, läuft alles rund: Das Menü ist köstlich, und entgegen meiner Erfahrung entwickeln die prominenten Gäste sogar Sitzfleisch. Und dann geschieht etwas ganz Außergewöhnliches: Der persönliche Assistent von Bill Clinton kommt auf mich zu und sagt: „Herr Rath, würden Sie sich bitte mit Ihren Abteilungsleitern vor dem Ballsaal aufstellen!“ Spannung…was wird nun passieren? Unfassbar: Bill Clinton, Präsident der Vereinigten Staaten, geht tatsächlich zu jedem einzelnen unserer


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Abteilungsleiter. Bill Clinton bedankt sich persönlich bei jeder unserer Führungskräfte! Ich stehe ganz hinten in der Reihe und hoffe, dass er nicht abbiegt, ehe er zu mir kommt. Und dann ist es endlich soweit. Bill Clinton reicht mir seine rechte Hand mit einem festen Händedruck. Seine linke Hand legt er leicht auf meine Schulter. Er schaut mir direkt in die Augen und sagt: „Carsten – great job - well done. You run a fabulous hotel. Thank you very much!“ Ich muss schlucken. Der mächtigste Mann der Welt kennt meinen Namen! Und er lobt mich! Carsten, der Hotelier, der mit Schule früher nicht viel am Hut hatte, ist in dieser Sekunde für Clinton wichtiger als jedes Protokoll und jeder Staatsgast. Was für ein wertvoller Augenblick! Das ist Service Excellence pur – geleistet vom mächtigsten Mann der Welt.

Ein magischer Moment – 5 Sekunden, die den entscheidenden Unterschied machen.

wenn jeder Mitarbeiter bei jedem Zusammentreffen mit jedem Kunden empathisch bei ihm ist, machen wir insgesamt den Service exzellenter – und die ganze Welt ein kleines Stückchen angenehmer.

Der Kunde als Botschafter des eigenen Services Kunden gehören für Unternehmen zu den wichtigsten Botschaftern. Sie belohnen Unternehmen damit, indem sie eine gute Leistung weiterempfehlen. Im Umkehrschluss raten sie ebenso von einer schlechten Leistung ab. Ein Beispiel verdeutlicht diese Situation ganz genau.

•• Habe ich schon einmal schlechten Service erlebt und anschließend einem Freund davon berichtet? Meine Erfahrung sagt mir, dass Sie die meisten Fragen mit JA beantwortet haben. Bei der letzten Frage bin ich mir aber zu 100 Prozent sicher, dass Sie sie alle mit JA beantwortet haben. Also, zusammenfassend: •• Wir geben Trinkgeld – auch bei schlechtem Service. •• Wir beschweren uns bei schlechtem Service nicht.

Bitte stellen wir uns einmal die folgenden Fragen:

•• Wir kommen nie wieder und erzählen unseren Freunden davon.

•• Habe ich schon einmal einem Kellner Trinkgeld gegeben, obwohl der Service schlecht war?

Und das im Übrigen nicht zu knapp, statistisch erfahren 10 Ihrer Bekannten von der schlechten Serviceleistung.

•• Habe ich schon einmal schlechten Service akzeptiert, ohne mich zu beschweren?

Dies bedeutet: Schlechter Service wird toleriert und dennoch vom Kunden bestraft. Genau hier liegt die Gefahr – denn

Dieses gefühlte 5-Minuten-Gespräch mit Clinton war der Höhepunkt meiner Adlon-Zeit. Ok, in Wahrheit waren es keine 5 Minuten, sondern nur 5 Sekunden. Für mich aber waren diese 5 Sekunden DER ganz besondere Moment. Diese 5 Sekunden ungeteilter Achtsamkeit und Aufmerksamkeit, 5 Sekunden ultimative Wertschätzung unserer Arbeit! So ein Feedback ist ein tolles Gefühl. Feedback ist das Futter für Champions. In diesen 5 Sekunden lernte ich, was Service Excellence bedeutet, denn dieser Moment ist Service Excellence in Reinkultur. Ich verstehe nun: 5 Sekunden machen den Unterschied bei jeder Dienstleistung! Ich lerne daraus: Wenn ich das bei jedem Gast, bei allen Kunden so umsetze, dann werden aus meinen Kunden Fans fürs Leben. Und jede zwischenmenschliche Interaktion hat das Potenzial, zu einem Magic Moment zu werden. Ein ehrliches Lächeln – 5 Sekunden. Eine kleine, zugewandte Kommunikation – 5 Sekunden. Der Erstkontakt mit einem neuen Kunden – 5 Sekunden. Das sind die Magic Moments, die wir uns alle wünschen und doch selber nicht oft genug beherzigen. Wenn wir also alle täglich - und wann immer es geht, solche Momente schaffen,

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die unzufriedenen Kunden stimmen „mit den Füßen ab“. Welche Möglichkeiten haben wir nun? Zum einen appelliere ich an Sie als Kunden: Sie haben etwas auszusetzen? Dann sagen Sie es! Nur so geben Sie dem Mitarbeiter, ganz gleich ob Gastronomie, Handelskette oder Einzelhandel, die Chance, Schwachstellen zu erkennen, darauf zu reagieren und einen exzellenten Service zu entwickeln. Und was heißt das nun für Sie als Unternehmer, Chef oder Führungskraft? Befähigen Sie Ihre Mitarbeiter. Transportieren Sie Ihren Servicegedanken bis in Ihr Team. Prüfen Sie Ihr Angebot für Ihre Kunden und fragen Sie sich gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern: „Was hat mein Kunde davon?“ Dieser Grundsatz ist tragender Gedanke der besten Dienstleister. Diese Achtsamkeit schafft das richtige Bewusstsein für unsere Kunden. Ein Beispiel aus der Wirtschaft: Apple. Die Produkte sind exzellent und das Design großartig. Darauf verlässt sich Apple aber nicht, denn dort weiß man, dass Produkte und Design sich immer ähnlicher werden und Mitbewerber ebenso schnell reagieren. Apples Antwort auf die Frage, was der Kunde davon hat, zeigen sie ganz deutlich in Ihrem Leitsatz: Das Leben schöner machen. Mehr nicht. Denn mehr geht auch nicht. DAS ist der tragende Leitgedanke, DIE Philosophie, die eine ganze Kultur trägt und prägt. Apple hat sich die 5-Sekunden Regel einverleibt und macht damit das

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Leben seiner Kunden schöner. Und dieser Gedanke ist jedem einzelnen Mitarbeiter das oberste Gebot. Wenn jeder Ihrer Mitarbeiter sich auf den nie endenden Weg begibt, den Gedanken „das Leben ihrer Kunden schöner zu machen“ zu leben, dann steht der Kunde im Mittelpunkt und nicht im Weg.

Gandhi und die Gastronomie Ersetzen Sie gerne Gandhis Wort „Gast“ mit „Kunde“ oder „Patient“ oder „Mandant“ oder „Klient“, um es auf Ihr Unternehmen anzuwenden.

Sie sehen – schon Gandhi wusste genau, dass die einzige Frage von Bedeutung diese ist: „Was hat mein Kunde davon?“ In allen Branchen sind wir dankbar für jeden Kunden, der unser Unternehmen betritt oder kontaktiert. Er macht meinen Zahltag erst möglich! Ich lerne von Gandhis Worten: „Never ever lose a customer“!

Mahatma Gandhi sagt: 1. Der Gast ist der wichtigste Besucher unserer Räumlichkeiten. 2. Er ist nicht von uns abhängig.

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3. Wir sind von ihm abhängig.

Carsten K. Rath

4. Er ist keine Störung unserer Arbeit.

Unternehmer Grand Hotelier Keynotespeaker

5. Er ist der Grund. 6. Er ist kein Außenstehender unserer Arbeit. 7. Er ist ein Teil davon. 8. Wir tun ihm keinen Gefallen, ihn zu bedienen. 9. Er tut uns einen Gefallen, uns die Möglichkeit zu geben, ihn zu bedienen.

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Gesundheit

Zu lange Arbeitszeiten machen krank und einsam Mit Zunahme der wöchentlichen Arbeitszeiten steigen die gesundheitlichen Probleme. Ausserdem beeinträchtigen die langen Arbeitszeiten das Sozialleben der Beschäftigten.

D

ies hat die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BauA) in Deutschland auf Basis der Auswertung1) von vier voneinander unabhängigen Studien zum Thema Arbeitszeiten und Gesundheit bereits 2010 bekannt gegeben. Um die langen Arbeitszeiten in den Griff zu bekommen ist deshalb die Dokumentation der geleisteten Arbeitsstunden doppelt wichtig.

Zusammenhang zwischen Arbeitszeiten und Gesundheitsrisiken Im Rahmen der vier ausgewerteten Studien haben die Forscher über 50‘000 Menschen untersucht, um festzustellen, welchen Einfluss variable und lange Arbeitszeiten auf die Gesundheit haben. Dass lange Arbeitszeiten erhöhte Ge-

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sundheitsrisiken mit sich bringen können, haben viele Berufstätige, die in der Vergangenheit erhebliche Überstunden leisten mussten, bereits am eigenen Körper erfahren. Doch eindeutig wissenschaftlich belegt war dieser Zusammenhang bislang nicht. Dieses Forschungs-Defizit haben die vier von der BauA ausgewerteten Studien nun behoben und kommen unabhängig voneinander zu dem Ergebnis,

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Gesundheit

dass mit zunehmender geleisteter Arbeitszeit die Gesundheitsprobleme der Beschäftigten steigen. Damit konnte der von Arbeitswissenschaftlern und Beschäftigten bereits erahnte negative Effekt langer Arbeitszeiten durch systematische Untersuchungen erstmals wissenschaftlich eindeutig belegt werden. Die vier zugrunde liegenden Studien konzentrierten sich dabei auf den Zusammenhang zwischen Arbeitszeiten und Symptomen wie Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Rückenschmerzen und Herzbeschwerden.

Lange Arbeitszeiten machen krank Den Aussagen der BauA zufolge ergibt sich aus den vier Studien ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Länge der Arbeitszeit und den genannten gesundheitlichen Beschwerden. So leide zum Beispiel nur jeder zehnte Teilzeitbeschäftigte mit weniger als 19 Wochenarbeitsstunden unter Schlafstörungen, bei den Vollzeitbeschäftigte seien dies rund doppelt so viele (jeder fünfte Beschäftigte). Von den Personen, die wöchentlich mehr als 60 Stunden arbeiten, leidet sogar etwa jeder Vierte unter Schlafstörungen.

Wenn zusätzliche erschwerende Faktoren wie Schichtarbeit, variable Arbeitszeiten oder Arbeit an Wochenenden hinzukommen, steige die Rate der Schlafprobleme noch weiter an, erklärte die BauA. Die Auswertung der Befragungen habe ergeben, dass der Anteil der Beschäftigten, die über gesundheitliche Beschwerden klagen, insgesamt proportional zur Dauer der geleisteten Arbeitszeit steigt, so die Mitteilung der Bundesanstalt. Zum Vergleich: Die wöchentliche Höchstarbeitszeit beträgt in der Schweiz gemäss Arbeitsgesetz 45 Stunden für Arbeitnehmer in industriellen Betrieben sowie für Büropersonal, technische und andere Angestellte, mit Einschluss des Verkaufspersonals in Grossbetrieben des Detailhandels sowie 50 Stunden für alle übrigen Arbeitnehmer.

Beeinträchtigungen des Soziallebens durch lange Arbeitszeiten Ausserdem haben die ausgewerteten Befragungen ergeben, dass die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit auch das Sozialleben der Menschen beein-

trächtigt. Je länger die Arbeitszeiten, desto stärker das subjektive Empfinden der sozialen Vereinsamung, erklärten die Experten der BauA. Die Vereinbarkeit von Arbeit, Freizeit und Familie schwinde mit zunehmender Länge der wöchentlichen Arbeitszeiten, so die BauA weiter. Daran habe den Studien zufolge auch die Flexibilisierung der Arbeitszeiten, beispielsweise durch Gleitzeitmodelle, nicht viel ändern können. Den Studienergebnissen zufolge konnten weder die negativen sozialen noch die negativen gesundheitlichen Effekte langer Arbeitszeiten so aufgefangen werden, auch wenn sie durch die Gleitzeitmodelle ein wenig gemindert wurden.

Ergebnisse bei künftigen Arbeitszeit-Regelungen berücksichtigen Angesichts der aktuellen Ergebnisse warnt die BauA davor, bei der Diskussion um weitere Arbeitszeitverlängerungen die gesundheitlichen Aspekte zu übersehen. Der vermeintliche Vorteil längerer Arbeitszeiten könnte sich langfristig sehr negativ auf die Gesundheit der Beschäftigten auswirken und so auch für die Betriebe eine ungünstige Wirkung haben. Denn durch die zunehmenden negativen gesundheitlichen Folgen würden die krankheitsbedingten Abwesenheiten zunehmen, die Lohnkosten steigen und insgesamt die Produktivität sinken, so die Warnung der BauA. Eine Ausweitung der Arbeitszeiten würde nach Einschätzung der Bundesanstalt trotz der oftmals parallel eingesetzten Arbeitszeitflexibilisierung die Gesundheit der Beschäftigten nachhaltig beeinträchtigen.

Dokumentation der Arbeitszeiten sehr wichtig Eine Schweizer Studie des Seco2) zeigt eindeutig, dass der Verzicht auf eine Erfassung der Arbeitszeit offensichtlich mit der oben erwähnten zeitlichen Ausweitung der tatsächlich geleisteten Arbeit einhergeht, sowie dem Verzicht auf angemessene Kompensation für diese Mehrarbeit. Ausserdem wird festgestellt, dass bei Arbeitszeitmodellen ohne Zeiterfassung knapp 10 % häufiger trotz Krankheit gearbeitet wird (Präsentismus), als bei flexiblen Arbeitszeitmodellen mit Zeiterfassung.

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Gesundheit

Weise im Wege, da die Arbeitszeit selbständig von den Mitarbeitenden in ein Erfassungssystem eingegeben werden kann. Es braucht dazu keine Stechuhr. Vereinfachte, unbürokratische gesetzliche Regelungen zur Erfassung der Arbeitszeiten und deren genauso einfache und unbürokratische betriebliche Umsetzung wären von Vorteil für Unternehmen und Mitarbeitende und eine wichtige Grundlage, um flexible Arbeitszeitsysteme so weiterentwickeln zu können, dass der Nutzen für beide Seiten steigt.

Anders als ein selbständiger Handwerker, eine Juristin, ein Unternehmensberater oder eine niedergelassene Ärztin – die natürlich alle ihre Arbeitszeiten akribisch erfassen und dem Kunden in Rechnung stellen – können sich Arbeitnehmende ihre Kunden und Aufträge nicht aussuchen und allenfalls ablehnen, wenn sich das angebotene Entgelt nicht mit dem kalkulierten Aufwand in Deckung bringen lässt. Vielmehr sind Arbeitnehmende arbeitsvertraglich verpflichtet, die Aufträge ihrer Vorgesetzten auszuführen. Herrschen nun unterschiedliche Auffassungen darüber, wie hoch der zeitliche Aufwand für diese Aufträge ist, so lässt sich dies optimalerweise im Dialog zwischen Mitarbeitenden und Vorsetzten klären, im Konfliktfall bleibt den Mitarbeitenden aber nur die Dokumentation ihres Aufwands. Für einen vertrauensvollen Dialog über die Arbeitsleistung sind objektive Daten zur geleisteten Arbeitszeit eine gute Basis.

nicht erfasst werden; Vertrauen spüren Mitarbeitende dann, wenn man ihnen tatsächlich Verantwortung für ihre Aufgaben überträgt. •• Das Phänomen der „Plusstunden“, die sich in vielen hoch-flexiblen Arbeitszeitsystemen anhäufen und die durch den Verzicht auf jegliche Erfassung der Arbeitszeit weggezaubert werden sollen, ist ein Führungsproblem: Führungspersonen müssen lernen, mit flexiblen Jahresarbeitszeiten ihrer Mitarbeitenden umzugehen und die Arbeitsaufträge so zu gestalten, dass Phasen der Mehrarbeit durch Phasen zeitlicher Entlastung kompensiert werden können und dies von den Mitarbeitenden auch so umgesetzt wird.

Häufig geäusserte Argumente für den Verzicht auf die gesetzlich vorgeschriebene Arbeitszeiterfassung überzeugen nicht, weil:

•• Auch das Argument des „hohen administrativen Aufwands“ für eine Zeiterfassung ist angesichts moderner IT-Systeme einerseits und andererseits der Tatsache, dass immer mehr Kennzahlen den Alltag von Unternehmen und Organisationen beherrschen, nicht sehr ernst zu nehmen.

•• Die Zufriedenheit der Mitarbeitenden steigt nicht (sinkt nachweislich teilweise sogar), wenn die Arbeitszeiten

•• Schliesslich steht die Zeiterfassung einer lokalen und zeitlichen Flexibilisierung der Arbeitszeiten in keiner

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Unabhängig von dieser generellen Aussage kann diskutiert werden, inwieweit in Bereichen oder Funktionen, in denen Beschäftigte ihre Arbeitsinhalte weitestgehend selbst verantworten (und somit ihre Aufgabe selbst definieren und nicht von einem Vorgesetzten übertragen bekommen) ein Verzicht auf jeglichen Zeiterfassung sinnvoll ist. Die bereits im Arbeitsgesetz bezeichneten Tätigkeitsfelder wie zum Beispiel höhere leitende Tätigkeit, für die keine Erfassung notwendig sind, könnten in diesem Sinne noch präzisiert werden.

Zitierte Studien: -- 1) A. Wirtz, F. Nachreiner, B. Beermann, F. Brenscheidt, A. Siefer: Lange Arbeitszeiten und Gesundheit. 2009. -- 2) C. Dorsemagen, A. Krause, M. Lehmann, U. Pekruhl: Flexible Arbeitszeiten in der Schweiz, Auswertung einer repräsentativen Befragung der Schweizer Erwerbsbevölkerung. 2012

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