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Maria Antonietta Manciavillano: Mit Dialekt geht vieles leichter
Eine der größten Herausforderung für Menschen, die aus einer anderen Region ins Pustertal ziehen? Der Dialekt. Da hilft es oft nicht einmal, wenn jemand bereits etwas Hochdeutsch kann… Der Verein FCS hat den Bedarf erkannt und bietet Dialektkurse an. Aber nicht nur: Auch Sport und andere Aktivitäten stehen auf dem Programm. „Am Ende geht es dabei vor allem um Integration”, sagt Präsidentin Maria Antonietta Manciavillano. Im Interview erzählt sie, wie das bunte Programm entsteht und warum sie zwar Dialekt kann, aber doch lieber Hochdeutsch spricht.
PZ: Über 300 Menschen sind Mitglied von FCS. Den Brunecker Verein gibt es seit 2013. Was macht er genau?
Maria Antonietta Manciavillano: FCS steht für Brüderlichkeit, Kultur und Sport. Unser Ziel ist, dass die Menschen sich treffen und gemeinsam etwas unternehmen. Mit einer Kleinfeldfußballmannschaft fing damals alles an. Diese Mannschaft gibt es immer noch, aber mittlerweile sind, wie der Name schon sagt, viele andere Aktivitäten dazugekommen. Meditation, Sprachkurse wie Russisch, Spanisch oder Griechisch, Mountainbiken und eben auch Dialektkurse.
Viel Abwechslung als Anspruch?
Das hat sich so ergeben. Es passiert oft, dass jemand einen Kurs besucht und später dann selbst einen hält. Wenn wir erfahren, dass jemand Kompetenzen hat oder eine besondere Leidenschaft, dann fragen wir, ob er diese nicht auch einmal für die Mitglieder anbieten möchte. So kam es zum Beispiel zum Tanzkurs. Bei einem Kurs erzählte uns ein Teilnehmer, dass er keine Gelegenheit zum Tanzen findet und es schön fände, wenn wir da etwas machen. Am Ende hat er selbst einen Kurs organisiert. Trotzdem sind wir keine Tanzschule und auch keine SprachenMaria Antonietta Manciavillano, Jahrgang 1978, wächst in Sizilien auf. Nach der Matura studiert sie Japanisch und Russisch in Venedig. Seit 2004 lebt sie in Bruneck. Sie unterrichtet Italienisch an der Landeshotelfachschule.
Seit Kurzem ist Manciavillano Präsidentin des Vereins FCS. Er hat sich auf die Fahne geschrieben, mit Sport- und Kulturangeboten die Integration und Weiterentwicklung von Menschen zu fördern.
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schule. Wir organisieren solche Treffen und im Mittelpunkt steht das Kennenlernen, das Zusammensein, Zeit miteinander zu verbringen. Als Verein sind wir vielleicht nicht so leicht einzuordnen, das liegt auch an der Vielfalt, aber nicht nur.
Woran liegt es noch?
Wir werden oft gefragt, ob wir ein italienischer oder ein deutscher Verein sind. Dann antworten wir: Wir sind offen für alles. Es ist schön zu sehen, dass Mitglieder sich treffen, egal, welche Sprache sie sprechen. Und dass daraus dann auch neue Ideen und Initiativen entstehen.
Zum Beispiel der Dialektkurs. Wie ist es dazu gekommen?
Ich habe Japanisch und Russisch studiert und obwohl ich jetzt Italienisch unterrichte, sind die beiden Sprachen eine große Leidenschaft geblieben. Manche haben mich gefragt: Warum gibst du dein Wissen nicht einmal weiter? So hat sich das ergeben. Beim
Offen für alles sein, das hat sich der Verein auf die Fahne geschrieben. Mit einer Kleinfeldfußballmannschaft (r.) fing 2013 alles an.
Dialektkurs war es ähnlich. Studentinnen der Brunecker Uni haben einen Tanzkurs bei uns besucht und gefragt, warum es keinen Dialektkurs gibt. Sie würden ihn dringend benötigen… Sie haben ja recht: Wer hier leben will, tut gut daran, wenn er Dialekt wenigstens versteht. Das erleichtert vieles.
Davon kann Erica ein Lied singen. Seit einem Jahr lebt die 31-Jährige aus dem Cadore im Pustertal und arbeitet im Familienunternehmen, das einen Sitz hier hat. Die ersten Monate am neuen Arbeitsplatz, erzählt sie, waren wirklich schwierig. Zur Vorbereitung hatte sie zwar einen Deutschkurs besucht, aber der brachte wenig, wenn am anderen Ende der Telefonleitung jemand eine Bestellung aufgab, die nach „Stoanhaus” geschickt werden sollte. „Ich habe so viele Fehler gemacht”, erinnert sich Erica.
Kultur und Sport: Der Verein FCS zählt über 300 Mitglieder. Talent. Es ist schön zu sehen, wie selbstverständlich sie redet, auch wenn manche Worte noch fehlen. Für Maria Antonietta Manciavillano Bestätigung und Ansporn, weitere Kurse auf die Beine zu stellen. Auch wenn sie selbst lieber Hochdeutsch spricht. schon den Kurs besucht habe. Und meine Zeit an der Landesberufsschule war sowieso die beste Lehrzeit, denn Sitzungen fanden dort immer in Dialekt statt. Zuhören, dabei lernt man die Sprachen am besten.
Dann besucht sie den Dialektkurs und plötzlich ändert sich alles. „Ich habe die Leute endlich verstanden, sozusagen hinter diese Wand geblickt, die zwischen uns stand.” Für den nächsten Dialektkurs rührt Erica schon fleißig die Werbetrommel. Jedem, der neu hierherkommt, rät sie: „Besuch den Dialektkurs, es wird dein Leben verändern.” Erica entpuppt sich beim Dialektlernen als großes
Maria, Sie verstehen Dialekt…
… und trotzdem vermeide ich oft, Dialekt zu sprechen. Weil es sich für mich unnatürlich und ein bisschen komisch anfühlt. Ich stamme aus Sizilien, habe in Venedig studiert. Vielleicht liegt es daran, dass ich Sprachen studiert habe: Ich fühle mich mit Hochdeutsch einfach wohler. Wobei ich auch
Gilt für die Dialektkurse auch, dass sie nicht unbedingt von Lehrern gehalten werden müssen?
Klar. Wenn jemand ein Talent dafür hat, warum nicht? Im Übrigen suchen wir auch wieder Leute, die die nächsten Kurse halten. Wir freuen uns, wenn sich jemand diesbezüglich bei uns auch spontan meldet.
// Interview: Verena Duregger
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