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Die Brunecker Geschäfte: Die Lust auf Normalität Die Sommerabende in Bruneck:
DIE BRUNECKER GESCHÄFTE Die Lust auf Normalität
Seit dem Beginn der Corona-Pandemie wurden immer wieder einschränkende Maßnahmen bis hin zu Lockdowns beschlossen. Große Leidtragende waren unter anderem die Geschäftsinhaber. Doch mittlerweile macht sich die neue Lust auf Normalität breit – vermischt mit Sorge, ob es im Herbst mit den Infektionszahlen wieder steil nach oben geht. Die PZ hat sich näher umgehört.
von Laura Cardini
„Es ist schlicht und einfach wunderbar, wieder so viele Menschen in der Stadt zu sehen und sie nach langer Zeit wieder beraten zu dürfen. Man spürt förmlich die Lebensfreude, die wieder aufkommt: Die Leute haben Lust, wieder in die Normalität zurückzukehren“, strahlt Emily Paoli, die im Outlet des „Anders“ arbeitet.
Emily Paoli
Wie alle anderen Mode-und Bekleidungsgeschäfte musste auch das „Anders“ zum wiederholten Male schließen, im Ungewissen, wann denn endlich wieder geöffnet werden könne. Doch das Bangen um die Wiedereröffnung des Geschäftes wurde schnell von der Freude abgelöst, endlich wieder arbeiten zu dürfen und der Erleichterung, nicht auf eine weitere Verordnung warten zu müssen. Doch trotz allem haben die vermehrten Lockdowns auch Positives erreicht.
„Die Pandemie hat bewirkt, dass die Menschen ein neues Bewusstsein für Mode und Bekleidung entwickelt haben. Dadurch dass verschiedenste Bereiche der Wirtschaft und unterschiedlichste Branchen Ihre Dienstleistungen stark reduzieren oder einstellen mussten, Löhne gekürzt und Mitarbeiter entlassen wurden, gehen wir Menschen vermehrt anders mit Geld um. Ich bemerke diese Veränderung auch bei uns im Geschäft, der Käufer setzt zunehmend auf Qualität, Quantität spielt immer weniger eine Rolle“, so Frau Paoli.
INTERNET-VERKAUF NIMMT ZU
Im „MM Socks - Wundersocks“ beschreibt Max Mairl die derzeitige Situation ähnlich: Der Winter war hart und frustrierend, doch seit etwa zwei Wochen kommen immer mehr Interessierte in das Geschäft. Dadurch, dass der Betrieb während des Lockdowns die Produkte auch online verkaufte, konnte er sich über Wasser halten und trotz der Schließung der Geschäfte Einnahmen einbringen. Schon vor Corona gab es die Möglichkeit, die Produkte des Geschäftes im Internet zu erwerben, doch jetzt hat diese Art des Verkaufes eine neue Wichtigkeit erlangt.
Max Mairl
Zurzeit läuft vieles wieder analog, jedoch bemerkt Mairl das starke Fehlen des deutschen Touristen, der ansonsten im Geschäft viel präsenter war. „Die Menschen kommen nur zaghaft und sind sehr vorsichtig, nichtsdestotrotz merkt man, dass sie froh sind, endlich wieder kommen zu dürfen. Ich persönlich hoffe, viele lassen sich impfen, dann bin ich der Meinung, könnten noch mehr kommen“.
DIE NEUE LUST AM EINKAUFEN
Eleonora Galvani, die im „Black Jack“ arbeitet, beschreibt die Zeit, in der das Geschäft geschlossen war, als sehr schwer und auslaugend. Insgesamt fast fünf Monate lang, seit Beginn der Corona Krise bis jetzt, nicht arbeiten zu dürfen war nicht leicht, doch nichtsdestotrotz ist Frau Galvani mit der jetzigen Situation sehr zufrieden: „Die Menschen haben einfach Lust, sich das eigene Leben zurückzuholen. Das einzige Manko in letzter Zeit war das Wetter, denn wenn es regnet, trauen sich weniger Leute her, doch insgesamt kann man sich nicht beschweren“. Die Kunden trudeln langsam ein und Galvani ist zuversichtlich, dass es bald wieder so wird wie vor Beginn der Pandemie. „Wir müssen einfach Vertrauen haben, Zuversicht, Hoffnung; dass alles besser wird, oder zumindest so bleibt, wie es zurzeit ist.
Eleonora Galvani
Es ist natürlich immer Luft nach oben, doch irgendwann muss man sich eben zufrieden geben“.
UNSICHERHEIT WIRKT NACH
„Wir sind überglücklich, wieder geöffnet zu haben und konnten es kaum erwarten, wieder unseren Kunden zu begegnen und die neue Mode in die Welt zu bringen“, >>
erzählt Sara Gariano vom „Prima Visione“, „das andauernde Öffnen und Schließen unserer Geschäfte war sehr ermüdend, also sind wir sehr dankbar, wenn die Modeläden wieder längere Zeit geöffnet bleiben“.
Sara Gariano
Es hat etwas gedauert, bis die Menschen gewagt haben, wieder shoppen zu gehen, doch durch die Ankurbelung der Wirtschaft und den damit verbundenen wachsenden Tourismus kam mehr Bewegung und Leben in die Stadt. Da das Geschäft „Prima Visione“ sowohl mit Einheimischen als auch Touristen arbeitet, ist Frau Gariano sehr froh, wenn der Tourismus, die damit verbundenen Events, Veranstaltungen und der Trubel in der Stadt auch die Einheimischen dazu bewegen, sich von der Sommerlaune anstecken zu lassen.
SAISON IST IM VOLLEM GANGE
Auch Martin Casanova freut sich darüber, wieder offen zu haben. „Der letzte Lockdown war für uns eindeutig härter als die vorherigen, da wir zum ersten Mal unser
Martin Casanova
Geschäft „Parfümerie & Lingerie Staudacher“ gänzlich schließen mussten. Zuvor hatten wir nämlich das Glück, unsere Drogerieartikel verkaufen zu dürfen, deshalb war es für uns eine neue und ungewohnte Situation, mit der wir lernen mussten zurechtzukommen. Dafür war die Freude, als wir öffnen durften, umso größer“, berichtet er. Auch dass sich die Straßen wieder mit Lachen und Leben füllen, begeistert Casanova, denn das Flair der Stadt nach so viel Leere und Ungewissheit wieder genießen zu dürfen, ist ein ganz besonderes Gefühl. Auch er berichtet, dass die Sommersaison sehr zaghaft angefangen hatte, doch dadurch, dass nun vermehrt Touristen die Stadt besichtigen und die Shoppinglaune auch immer mehr Einheimische gepackt hat, ist sie nun voll im Gange. Doch die Coronapandemie, so Herr Casanova, habe auch das Verhalten der Käufer verändert, viele möchten nicht mehr so viel ausgeben und kaufen vorsichtiger und bedachter ein. Bei den Einheimischen hingegen lasse sich beobachten, dass diese große Lust verspüren zu verreisen und das Vertraute hinter sich zu lassen. Somit schlägt der Einheimische vor allem bei Bademode und Strandartikeln zu.
BUCHLÄDEN DURFTEN OFFEN BLEIBEN
Thekla Baumgartner, die im „Buchladen am Rienztor“ arbeitet, wusste es sehr zu schätzen, dass ihr Geschäft nie gänzlich
Thekla Baumgartner
schließen musste. Dennoch ist sie glücklich, dass nun wieder Kunden persönlich in den Buchladen kommen. „Wir haben auch einen Online-Service, der in dieser Zeit für uns essentiell war, viele haben ganz bewusst bei uns und nicht auf anderen Onlineportalen bestellt, was mich sehr glücklich macht. Jetzt wieder vermehrt mit den Kunden persönlich zu interagieren ist allerdings durch nichts zu ersetzen, und ich bin froh, dass die Leute wieder zu uns kommen“.
VORSICHTIG BLEIBEN
Im „Sport Mode Schönhuber“ erzählt Daniel Schönhuber von seiner großen Freude, allerdings auch von seinen Sorgen zur Zeit der Öffnung der Geschäfte: „Die Leute waren anfangs sehr überlegt, jetzt hingegen scheint es mir als sei die Vorsicht der Gleichgültigkeit gewichen, was mich etwas sorgt. Die Pandemie ist noch nicht vorbei, und auch im Sommer gibt es noch Corona, wir können das nicht einfach ignorieren“. Im Geschäft seien die Touristen stark in der
Daniel Schönhuber
Überzahl, was allerdings auch nicht überraschend sei, da wir uns in der touristischen Hochsaison befänden, so Schönhuber. Trotz der vielen Kunden im Geschäft ist Schönhuber der Meinung, dass es sicher vorteilhaft wäre, wenn sich die Geschäfte auch über den Onlinehandel Gedanken machen würden, denn in Zeiten der Digitalisierung und der sozialen Medien wird die Sichtbarkeit im Netz immer wichtiger und präsenter. Das Onlineshoppen, vor allem seit der Pandemie, hat stark zugenommen, und wird es höchstwahrscheinlich auch weiter noch. Es ist einfach, schnell und bequem, mit wenigen Klicks von Zuhause aus einzukaufen, und in Zeiten, in denen es nicht mehr möglich war in die Geschäfte zu gehen, eine ausgezeichnete Lösung um nicht gänzlich aufs Shoppen verzichten zu müssen. Obgleich es die Möglichkeit gibt, auf Amazon und Co. zu bestellen, ist Schönhuber der festen Meinung, dass dies das Shoppen in der Stadt niemals ersetzen kann. Das gemütliche Bummeln in den Einkaufsstraßen, der neugierige Blick auf die Schaufenster, die vollen Taschen in der Hand… diese Atmosphäre geht online verloren. Somit ist er sich sicher, dass das Shoppen in der Stadt nicht durch den Onlineeinkauf verdrängt werden wird.
In die Zukunft blickt Herr Schönhuber mit gemischten Gefühlen: „Es ist einfach wichtig, dass die Menschen sich an die Sicherheitsregeln halten, für uns Geschäftsleute gäbe es nichts Schlimmeres als im Herbst wieder schließen zu müssen“. //