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Sepp Oberhöller: „Das Singen hat uns durchs Leben getragen
Wenn es um alpenländische Volksmusik geht, führt kein Weg vorbei an Sepp Oberhöller und seiner Familie. Im PZ-Interview erzählt der 80-Jährige, warum er seine Lebensgeschichte in Buchform erzählt hat, ob jeder singen kann und wie das damals war mit der Kelly Family.
Es sind aufregende Tage im Leben von Sepp Oberhöller. Gerade ist er 80 Jahre geworden. Was er sich zum Jubiläum wünscht? Dass er mit anderen Menschen singen und sie beim Singen begleiten kann. Kurzum: dass es noch möglichst lange so weitergeht. Denn sein Leben ist die Musik und davon erzählt auch das Buch, das ihm als besonderes Geschenk zum ersten Mal am Geburtstag überreicht wurde. Es ist die Geschichte der Familie Oberhöller, die die Volksmusik entscheidend geprägt hat, und dabei doch immer bescheiden geblieben ist. So sagt auch Sepp Oberhöller bei der Interviewanfrage am Telefon: „Bitte, sag’ nicht Sie zu mir, ich bin ein einfacher Mensch.” Mit einem Strahlen im Gesicht öffnet dieser Sepp Oberhöller also ein paar Tage später die Tür zum Jörglmoarhof in Moos bei St. Lorenzen, wo er mit seinem ältesten Sohn und dessen Familie lebt. Er führt hinein in die getäfelte Stube, die eine wohlige Wärme ausstrahlt, obwohl der Ofen noch gar nicht eingeheizt ist. Auf dem Holztisch steht eine Zither - das Lieblingsinstrument von Sepp Oberhöller. Josef „Sepp” Oberhöller kommt 1940 als siebtes von zehn Kindern in Reinswald, Sarntal zur Welt. 1956 siedelt die Familie Oberhöller ins Pustertal über, wo Sepps Vater, Alois Oberhöller, zunächst den Hoferhof in Reischach pachtet und schließlich den Jörglmoarhof in Moos/ St. Lorenzen kauft. Sepp besucht die
Mittelschule und im Anschluss die Landwirtschaftsschule in Dietenheim. 1978 übernimmt er den Jörglmoarhof und gibt ihn 2001 an Sohn Leonhard weiter. Bis heute ist der Jörglmoarhof das Zuhause von Sepp Oberhöller. Das Singen begleitet Sepp und seine Geschwister von Kindesbeinen an. In verschiedenen Formationen singen die Geschwister in Bayern und Österreich, etwa in München oder beim Stanglwirt und treten im Fernsehen auf. Geschwister Oberhöller, Kaseralmsänger, Männer-Viergesang, Lorenzner Viergesang, Oberrainer Dreigesang – in all diesen Formationen singt Sepp Oberhöller meistens den Tenor und immer mit Leidenschaft. Vor vier Jahren beschloss er, seine Lebens- und Familiengeschichte aufzuschreiben. Autor Meinhard Feichter, ein guter Freund Oberhöllers, hat die Erzählungen in Worte gefasst: „Wenn des Singen net war” , 28 Euro, Athesia Verlag. //
PZ: Sepp, „Wenn des Singen net war”, heißt das Buch über deine Lebensgeschichte. Wie wäre dein Leben geworden ohne Musik?
Sepp Oberhöller: Ein ganz anderes und viel leerer, das weiß ich sicher. Vielleicht wäre ich gar nicht hier auf den Hof gekommen. Die ganze Familie Oberhöller ist 1956 vom Sarntal ins Pustertal gezogen, zunächst nach Reischach. Durch die guten Beziehungen, die wir durch das Singen aufgebaut haben, hat sich die Möglichkeit ergeben, den Hof hier in Moos zu kaufen.
Die Musik gehört in der Familie Oberhöller einfach dazu. Wann habt ihr früher gesungen?
Das Bauernleben von früher kann man sich heute nur noch schwer vorstellen. Wir haben vor 70 Jahren die Wiesen rund um den
1958 singen die Geschwister Oberhöller zum ersten Mal beim Stanglwirt. Wirtin Anna Hauser und Tochter Maria (rechts im Bild) sind angetan.
Die junge Familie Oberhöller: Sepp mit Ehefrau Agnes, Kathi, Siegfried, Stefan und Leonhard. Nesthäkchen Georg komplettiert die Familie 1983.
Bauernhof mit der Sense gemäht und sind im Sommer auf die Alm gegangen. Da sehe ich mich heute noch als damals zehnjährigen Bub, der schon auf dem Weg kräftig mitsingt und jodelt. Die Lieder haben zur Arbeit gepasst, die wir gerade verrichtet haben. Wenn wir gemäht haben, stimmten wir einen Jodler an. Wir haben mehr gesungen als gebetet, die Lieder sind zum Gebet geworden und das Singen hat uns durchs Leben getragen. In schönen und in weniger schönen Zeiten. Das Leben besteht auch aus Tagen, die schwierig sind und die man überwinden muss. Genau in solchen Momenten gibt das Singen Kraft, neu zu beginnen.
Kann jeder singen?
Es ist ganz einfach, herauszufinden, ob ein Kind ein „Kehr“ hat, also singen kann. Ich habe das bei meinen Kindern auch so gemacht. Wenn jemand einen Ton nachsingen kann, hat er ein Naturkehr. Nachher lässt sich viel lernen, aber dieses Naturkehr muss angeboren sein. Nur dann fällt es jemandem leicht, eine zweite Stimme zu einem Lied dazuzusingen. Wir waren neun Kinder daheim. Zwei waren bei der Musik in Reinswald, beherrschten ihr Instrument gut, aber singen konnten sie nicht.
Die Sänger der Familie Oberhöller sind viel herumgekommen. 1953 durftet ihr beim Münchner Oktoberfest auftreten.
War das schwierig für jene, die das Naturtalent eben nicht hatten?
Das ist sicher nicht einfach. Aber es ist wie mit so vielem im Leben: Auch das muss man annehmen.
Du singst bis heute in verschiedenen Formationen. Wie würdest du deine musikalische Entwicklung beschreiben? Mit 15 Jahren habe ich das Zitherspielen bei Pauli Kiem am Tegernsee gelernt. Diese zwei Monate waren prägend fürs ganze Leben. Meine Eltern hatten ihr Naturkehr, Noten lesen war nicht so wichtig, das beherrschte nur der Vater. Und ich bis dahin auch nicht. Also war das eine sehr wertvolle Zeit für mich. Meine Entwicklung zieht sich über die ganzen Jahrzehnte dahin. Was ich heute weiß, war vor 30 Jahren noch nicht da. Ich kann jemandem vermitteln, was es zum Singen braucht, wie eine Dreistimmigkeit funktioniert. Im Grunde genommen war ich bis auf diese Ausnahme mit dem KiemPauli ein Autodidakt, der im Laufe des Lebens mitgelernt hat. >>
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Im Jahr 1990 habe ich bei Optik Mariner angefangen. Nachdem ich dort zuvor immer meine Fotos ausarbeiten ließ, hat mir eine Verkäuferin mitgeteilt, dass bei Mariner jemand gesucht würde. Da habe ich mich sofort beworben und die Stelle bekommen. Damals war noch Klaus Mariner der Chef und da ich die Berufsschule für Fotografie abgeschlossen hatte, wurde ich sofort mit einer verantwortungsvollen Aufgabe betraut. Es hat mir gleich gut gefallen im Team von Optik Mariner. Damals waren wir zirka 13 bis 14 Angestellte und es gab viel zu lernen.
Die Vielfalt an angebotenen Artikeln war groß und die vielen Wetterstationen, Lupen, Seh-, Sonnen- und Sportbrillen sorgten für einen großen Besucherandrang. Zu der Zeit gab es aber auch noch Fotoartikel, die mich sehr interessierten und schließlich mein Spezialgebiet wurden. Mit dem Wechsel zur Digitalkamera gerieten die analogen Fotoartikel dann immer mehr ins Hintertreffen und verschwanden letztlich ganz. In dieser Übergangsphase war ich in Elternkarenz und so durfte ich nach meiner Rückkehr neue Erfahrungen machen. Danach kamen die Sportuhren hinzu. Ich als aktive Bergsteigerin und Naturliebhaberin kümmere mich bei Optik Mariner speziell um den Ein- und Verkauf von Sportbrillen. Gemeinsam mit unserem Chef Andreas besuchen wir Sportmessen und informieren uns über Neues. Man lernt jeden Tag dazu und genau deswegen gefällt es mir auch so gut. Wir haben ein tolles Team und alle sind motiviert. Die Zeit ist so schnell verflogen - ich kannte noch die Senior-Chefs. Ich feierte mit Klaus Mariner, der am Berg verunglückte,
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und Richard Großrubatscher sein 30-jähriges Jubiläum bei Optik Mariner und bewunderte ihn sehr. Zweimal war ich bei Umbauarbeiten mit dabei, dann bei der Übergabe des Geschäftes an unseren heutigen Chef Andreas. Ich bin sozusagen die „Mama“ vom Optik-Mariner-Team geworden… :) Ich freue mich aber jeden Tag aufs Neue auf eine spannende Zukunft mit vielen Herausforderungen im Team von Optik Mariner!
Die berühmten Geschwister Oberhöller wie man sie kennt: Sepp, Moidl, Gretl, Hilda und Nanne.
Welche Instrumente spielst du noch?
Trompete und Akkordeon. Alles selbst beigebracht, im Sarntal gab es keine Musikschule, wie wir das heute kennen. Die Zither ist mir bis heute das liebste Instrument. Wenn ich eine ruhige Stunde habe, setze ich mich hin und spiele. Das freut mich so, dass ich gleich einen Juchitzer ablassen könnte.
Autor Meinhard Feichter, selbst begeisterter Sänger, schrieb die Familiengeschichte von seinem Freund Sepp Oberhöller auf.
Die alpenländische Volksmusik ist dein
Zuhause. Nie Beatles gehört?
Das ist eine wichtige Frage. Denn immer nur Volksmusik, das wäre auch nicht das Richtige. Auch ich war mal jung und mit Freunden unterwegs. Bei uns war die Oberkrainermusik damals hoch im Kurs. Slavko Avsenik hat einmal im Kolpinghaus gespielt, da erinnere ich mich noch, wie begeistert wir waren. Eine Zeitlang habe ich selbst nur noch diese Musik auf dem Akkordeon gespielt, alle Schallplatten gekauft. Das Alpenländische ist trotzdem geblieben. Auch, als wir einmal zusammen beim Stanglwirt mit der Kelly Family gesungen haben. Das waren damals noch Kinder. Ein einmaliges Erlebnis.
Und die Pilzköpfe?
Die haben mich nicht beeindruckt. Die haben keine überlieferten Sachen gespielt,
Eine der vielen Formationen im Leben des Sepp Oberhöller: die Kaserolmsänger Kathi, Melanie, Hubert, Georg und Viktoria.
das Zeitgenössische vergeht irgendwann. Die Stube, in der wir gerade sitzen, ist 200 Jahre alt. In 100 Jahren ist sie auch noch da. Genau wie die Volksmusik, die viele junge Menschen heute wieder für sich entdecken.
Das Buch trägt nun zum Bewahren deines Lebensweges bei. Ein bewegender
Moment?
Jeder Mensch könnte ein Buch über sein Leben schreiben. Meines hat vielleicht durch das Singen ein paar Seiten mehr. Dass ich das alles erleben durfte, ja, das bewegt mich.
Neben der Liebe zur Musik erzählt das
Buch auch viel über deinen tiefen Glauben.
Durch den Herrgott habe ich oft wieder Kraft bekommen. Vor 20 Jahren hatte ich einen schweren Unfall, beide Knie waren kaputt, und ich musste sieben Wochen im Bett in der Stube liegen. Über mir hing der Herrgott an der Wand. Da ist mir so viel Kraft von diesem Kreuz ausgegangen, dass ich nicht einen Moment dachte, ich ertrage es nicht. Meinhard Feichter, der meine Geschichte aufgeschrieben hat, teilt diese Gedanken und so ist es ihm gelungen, das für mich in Worte zu fassen.
Hinter dir an der Wand hängt ein Foto von deiner Frau Agnes. Sie ist vor 25 Jahren an Krebs gestorben. Hast du gehadert mit Gott?
Wenn solche Situationen eintreffen, dann sind das so tiefe Einschnitte. Ich war mit meinen Gedanken oft am Ende, habe mich gefragt, was mein Leben noch wert ist? Aber das Leben geht ja weiter. Ich habe nach etwas gesucht, aus dem ich neue Kraft schöpfen kann. Denn Singen konnte ich von einem Tag auf den anderen nicht mehr, die Stimme hat nicht mehr getragen. Von November bis Ostern habe ich kein einziges Lied mehr gesungen. Und dann kam die Ostermesse, und ich beschloss, dass das ein guter Moment zum Wiederanfangen sein könnte. Ich sang ein Hallelujah und tatsächlich hat mich das ein Stück emporgehoben. Die Wunden heilen nicht ganz, das weiß ich heute. Ich möchte keinen Tag missen, auch nicht von der Trauerzeit. Jeder muss das erleben und durchmachen, dann entsteht auch wieder ein Licht. Und ich bin stolz, dass ich mir in der Situation damals selber helfen konnte. Ich habe kochen gelernt, um nur ein Beispiel zu machen. Das war gar nicht einfach, aber ich habe es so lange versucht, bis es mir selbst geschmeckt hat.
Was wünschst du dir jetzt zum runden
Geburtstag?
Noch mit vielen anderen Menschen zu singen, das wäre schön. Und gesund bleiben, das Wichtigste überhaupt. // Interview: Verena Duregger