MENSCHEN IM PORTRAIT
SEPP OBERHÖLLER
„Das Singen hat uns durchs Leben getragen“ Wenn es um alpenländische Volksmusik geht, führt kein Weg vorbei an Sepp Oberhöller und seiner Familie. Im PZ-Interview erzählt der 80-Jährige, warum er seine Lebensgeschichte in Buchform erzählt hat, ob jeder singen kann und wie das damals war mit der Kelly Family. Es sind aufregende Tage im Leben von Sepp Oberhöller. Gerade ist er 80 Jahre geworden. Was er sich zum Jubiläum wünscht? Dass er mit anderen Menschen singen und sie beim Singen begleiten kann. Kurzum: dass es noch möglichst lange so weitergeht. Denn sein Leben ist die Musik und davon erzählt auch das Buch, das ihm als besonderes Geschenk zum ersten Mal am Geburtstag überreicht wurde. Es ist die Geschichte der Familie Oberhöller, die die Volksmusik entscheidend geprägt hat, und dabei doch immer bescheiden geblieben ist. So sagt auch Sepp Oberhöller bei der Interviewanfrage am Telefon: „Bitte, sag’ nicht Sie zu mir, ich bin ein einfacher Mensch.” Mit einem Strahlen im Gesicht öffnet dieser Sepp Oberhöller also ein paar Tage später die Tür zum Jörglmoarhof in Moos bei St. Lorenzen, wo er mit seinem ältesten Sohn und dessen Familie lebt. Er führt hinein in die getäfelte Stube, die eine wohlige Wärme ausstrahlt, obwohl der Ofen noch gar nicht eingeheizt ist. Auf dem Holztisch steht eine Zither - das Lieblingsinstrument von Sepp Oberhöller.
1955 lernt Sepp Oberhöller das Zitherspielen beim berühmten und weitum bekannten Kiem-Pauli. 32
PZ 21 | 22. O K TO B E R 2020
Josef „Sepp” Oberhöller kommt 1940 als siebtes von zehn Kindern in Reinswald, Sarntal zur Welt. 1956 siedelt die Familie Oberhöller ins Pustertal über, wo Sepps Vater, Alois Oberhöller, zunächst den Hoferhof in Reischach pachtet und schließlich den Jörglmoarhof in Moos/ St. Lorenzen kauft. Sepp besucht die
PZ: Sepp, „Wenn des Singen net war”, heißt das Buch über deine Lebensgeschichte. Wie wäre dein Leben geworden ohne Musik? Sepp Oberhöller: Ein ganz anderes und viel leerer, das weiß ich sicher. Vielleicht wäre ich gar nicht hier auf den Hof gekommen. Die ganze Familie Oberhöller ist 1956 vom Sarntal ins Pustertal gezogen, zunächst nach Reischach. Durch die guten Beziehungen,
Mittelschule und im Anschluss die Landwirtschaftsschule in Dietenheim. 1978 übernimmt er den Jörglmoarhof und gibt ihn 2001 an Sohn Leonhard weiter. Bis heute ist der Jörglmoarhof das Zuhause von Sepp Oberhöller. Das Singen begleitet Sepp und seine Geschwister von Kindesbeinen an. In verschiedenen Formationen singen die Geschwister in Bayern und Österreich, etwa in München oder beim Stanglwirt und treten im Fernsehen auf. Geschwister Oberhöller, Kaseralmsänger, Männer-Viergesang, Lorenzner Viergesang, Oberrainer Dreigesang – in all diesen Formationen singt Sepp Oberhöller meistens den Tenor und immer mit Leidenschaft. Vor vier Jahren beschloss er, seine Lebens- und Familiengeschichte aufzuschreiben. Autor Meinhard Feichter, ein guter Freund Oberhöllers, hat die Erzählungen in Worte gefasst: „Wenn des Singen net war” , 28 Euro, // Athesia Verlag.
die wir durch das Singen aufgebaut haben, hat sich die Möglichkeit ergeben, den Hof hier in Moos zu kaufen. Die Musik gehört in der Familie Oberhöller einfach dazu. Wann habt ihr früher gesungen? Das Bauernleben von früher kann man sich heute nur noch schwer vorstellen. Wir haben vor 70 Jahren die Wiesen rund um den
Familie Oberhöller 1941: Sepp sitzt auf dem Schoß von Mama Maria, Papa Alois hoppt die kleine Agnes, daneben die Geschwister Moidl, Nanne, Gottfried und Lois.
Vollblutmama: Agnes Kirchler mit Sohn Leonhard im Jahr 1972.