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Eine freudvolle Symbiose

PERCHA UND DIE PUSTERTALER EISENBAHN Eine freudvolle Symbiose

Es liegt nun wohl ein gutes halbes Jahrhundert zurück, als noch die vertraute Dampflock durch das Pustertal keuchte und von weitem ihr mitleidvolles Schnauben zu vernehmen war. Die Hüterbuben auf der Weide und die Bauersleute auf dem Felde richteten ihren Tagesablauf und ihre Urzeit nach dieser Dampflock und wussten, dass der „Neunerzug“ zum „Neunern“ („Neindon“) einlud. Wenn dann der „Elferzug“ kam, dürfte man sich wohl auf das Mittagessen freuen und der „Fünferzug“ zeigte an, dass es nun Zeit war, in den Stall zu gehen. Wenn man auf dem Weg zur Frühmesse den „Sechserzug“ hörte, wusste man, dass man ziemlich knapp dran war, um noch rechtzeitig in die Kirche zu kommen. Wenn schließlich der letzte Zug über die Perchiner Brücke dampfte und langsam in den Tunnels bei Litschbach verstummte, hatte man sich in der Regel schon einige Male im Bett umgedreht. Die Poesie des „Pfaucherzuges“, dem von „Puinlond“ herauf kommend manches Mal die Puste auszugehen schien, der tief schnaubte und kreischte, so als wollte er den Anrainern zurufen „schiob a bissl, es geat holt net…“, der nach der langsamen Überquerung der Perchiner Brücke sich scheinbar zusehends erholte und mit dem angeberischen Pfeifton den beiden Tunnels bei Litschbach zustampfte und auf der anderen Seite das schwarze Loch mit einem freudeschnaubendem „Tschüff, Tschüff, Tschüff…“ verließ, als wollte er dankend sagen „geat schun, geat schun, geat schun…“, das alles gehört schon lange der Vergangenheit an. Man kann ihn nicht mehr bemitleiden, diesen trauten und mit dem Pustertal eng verbundenen Zug, wenn er es fast nicht mehr schaffte und immer schwärzerer Rauch aus der Schlote kam. Die ganze Musikalität, deren Rhythmus noch im Schlafe zu vernehmen war, ist mit der alten vertrauten Dampflock verstummt.

„Alter Bahnhof“ von Percha bzw. das alte Blockhaus. Jopa (1965) Jahr 1845 zurück. Am 14. Mai 1845 richteten nämlich die Vertreter von Tirol ein entsprechendes Gesuch an Kaiser Ferdinand I. Michael Sartori, der Vertreter der Stadt Lienz, beantragte den Bau einer Eisenbahn von Marburg über Klagenfurt, Villach und Lienz bis Brixen. Das Sartori-Gesuch wurde aber weder angenommen noch abgelehnt. Das Eisenbahnnetz verbreitete sich in den nächsten Jahren im- >>

EINE INTERESSANTE GESCHICHTE

Die Pustertaler Bahn kann auf eine recht interessante Geschichte zurückblicken. Ursprünglich wurde für diese Bahn eine „Pferdeeisenbahn“ vorgesehen, eine Bahn also, die vor dem Auftreten der Dampflokomotiven mit starken Pferden gezogen wurde, wie dies zum Beispiel auf der Strecke zwischen Linz und Budweis, die am 1. August 1833 eingeweiht wurde, der Fall war. Die ersten Anregungen zum Bau einer Eisenbahn durch das Pustertal gehen auf das

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mer weiter aus. So wurde im Jahre 1857 die Linie Wien – Triest für den Verkehr frei gegeben. Im Jahre 1858 wurde die privilegierte kaiserlich-königliche Südbahngesellschaft gegründet, die mit dem Bau verschiedener Eisenbahnen betraut wurde. Nun wurde auch das Gesuch von Michael Sartori allmählich verwirklicht. So wurde im Jahre 1863 die Strecke Marburg – Klagenfurt und 1864 die Strecke Klagenfurt – Villach in Betrieb gesetzt. Am 24. August 1867 wurde auch die Brennereisenbahn vollendet. Am 20. September 1858 wurde die Bewilligung zum Bau der Eisenbahnlinie von Villach nach Brixen erteilt. Die notwendigen Gelder wurden aber erst durch ein entsprechendes Gesetz vom 20. Mai 1869 zur Verfügung gestellt und die Vereinbarung zwischen der Regierung und der k.u.k. – Südbahngesellschaft getroffen. Am 9. Oktober 1869 wurden die Arbeiten in Angriff genommen. Die Gesamtlänge dieser Strecke betrug 211,3 km. Da einerseits das steile Gefälle nach Brixen aus technischen Gründen Schwierigkeiten bereitete und um andererseits die Verbindung mit der Brennerlinie herzustellen, wurde die Strecke von Brixen nach Franzensfeste verlegt. Die Arbeiten wurden am 15. November 1871, nach gut zwei Jahren Bauzeit, abgeschlossen und der normale Betrieb wurde am 20. November 1871, etwa 10 Monate früher als ursprünglich geplant, abgeschossen. Angeblich waren täglich etwa 960 Arbeiter, 280 Techniker, 58 Pferde und 500 Karren im Einsatz (Angaben aus dem Buch von Francesco Pozzato „Die Bahn im Pustertal“, Seite 11). Auch viele Arbeiter und Bauersleute von Percha haben sich mit Ross und Wagen an diesen Arbeiten beteiligt. Die Gesamtkosten betrugen 27,3 Millionen Kronen. Ohne besondere Einweihungsfeier wurde somit am 20. November 1871 der Verkehr auf der neu errichteten Eisenbahnlinie aufgenommen. Die für die Einweihungsfeier vorgesehenen 20.000 Kronen wurden unter den armen Einwohnern entlang der Strecke verteilt, wohl ein einmaliges Geschehen.

DIE NEUE PUSTERTALER BAHN

Die Eröffnung der neuen Eisenbahn durch das Pustertal wurde von der Bevölkerung zunächst mit Angst und Sorge aufgenommen. Der Personenverkehr mit „Kutsche und Pferd“ wurde von Eisenwagonen mit der rauchenden Dampflokomotive allmählich abgelöst. Auch der Güterverkehr wurde von der Bahn übernommen. Mit der neuen Bahn war eine beachtliche Zunahme des Fremdenverkehrs und des Tourismus zu verzeichnen. Touristen aus allen Ländern kamen ins Pustertal, was sich auch auf die Zunahme der Bautätigkeit auswirkte. Auch die soziale Bedeutung, die die Eisenbahn mit sich brachte,

Güterzug auf der Bahnbrücke von Percha (1965). jopa darf nicht übersehen werden. Viele Menschen fanden Arbeit bei der Bahn, was wesentlich zur Verbesserung der Lebensqualität beigetragen und sich auch auf die Bewohner von Percha ausgewirkt hat. Viele Perchiner waren bei der Bahn beschäftigt, bewohnten und bewachten die Wächterhäuschen, zündeten Signallampen an und machten Kontrolldienste. Strategische Bedeutung hatte die Pustertalerbahn im Ersten Weltkrieg besonders zwischen Bruneck und Lienz. Nach diesem Krieg verlor sie allerdings etwas an Bedeutung. Durch den Anschluss Südtirols an Italien wurde die Strecke geteilt: Der Abschnitt Marburg – Bleiburg wurde der Jugoslavischen Eisenbahn zugeteilt; der Abschnitt Bleiburg – Winnebach verblieb bei der Südbahn und der restliche Teil bis Franzensfeste fiel an die italienischen Staatsbahnen (FS). Im Zweiten Weltkrieg nahm der Bahnverkehr wieder zu. Durch die Bombardierung von Brücken, besonders die Eisenbahnbrücke in Percha, versuchte man diesen Verkehr zu unterbrechen, was aber nicht gelungen ist.

DIE ELEKTRIFIZIERUNG

Im Jahr 1985 wurde mit den Arbeiten zur Modernisierung und Elektrifizierung der Strecke durch das Pustertal begonnen (Tunnelerweiterungen, Bahnunterführungen u.a.) 1989 erfolgte die Übernahme des elektrischen Betriebes. Trotz großer Investitionen ist in den darauf folgenden Jahren ein Rückgang der Fahrgäste zu verzeichnen. Ein neuer Aufschwung der Eisenbahn erfolgte zu Beginn dieses Jahrhunderts durch die Vereinbarung zwischen Land und Staatsbahnen, durch den Übergang der Instandhaltung der Bahnhöfe an die Gemeinden, durch die Sanierung der Bahnhöfe durch das Land, durch den Bau neuer Haltestellen und Bahnhöfen sowie durch die Einsetzung von neuem Rollmaterial. In diesem Zusammenhang muss die Errichtung eines neuen Bahnhofes in Percha erwähnt werden, der im Jahr 2011 eröffnet wurde. An dieser Stelle bzw. etwa 100 Meter östlich davon gab es in früheren Zeiten schon so etwas wie einen Bahnhof. Ein richtiger Bahnhof mit einer obligatorischen Haltestelle dürfte es aber wohl nicht gewesen sein. Auch scheint diese Haltestelle bzw. dieser „Bahnhof Percha“ in alten Fahrplänen nicht auf. Es dürfte daher wohl nur eine Anlage mit zwei Ausweichgleisen zum Abstellen von Lastwagons für die Bahnwartung gewesen sein. Dieses Blockhaus mit der Aufschrift „Perca – Percha“ wurde anlässlich des Baues der neuen Betonbrücke im Jahre 1975 entfernt. Dieser für das ganze Land einzigartige Bahnhof von Percha wird heute von der örtlichen Bevölkerung gerne angenommen; er hat auch für die Verbindung mit der Aufstiegsanlage und Schipiste „Ried“ auf den Kronplatz eine große touristische Aufwertung erhalten. Für den Antrieb der Personen- und Güterzüge wurden seit der Inbetriebnahme der Pustertalerbahn bis in die 50-er Jahre des letzten Jahrhunderts Dampflokomotiven eingesetzt, die natürlich auf Grund der technischen Fortschritte im Laufe der Jahre verbessert wurden. In der Folgezeit wurden für den Personenverkehr auch Triebwagen Alte Eisenbahnbrücke mit Percha um 1900. („Litorina“) und allmählich auch Diesellocks eingesetzt. Gegen Mit-

te der 70-er Jahre wurden die Dampflokomotiven aus dem Verkehr genommen und ab 1975 mit Diesellokomotiven ersetzt. Im Jahre 1989 wurde der elektrische Betrieb aufgenommen und Elektrolokomotiven versorgen seitdem ihren Dienst. Seit 2000 wird neues Rollmaterial eingesetzt und moderne Niederflurzüge versorgen zunächst abwechselnd und in den letzten Jahren ausschließlich den Bahnverkehr durch das Pustertal.

DIE „PERCHINA BRUGGE“

Die „Perchina Brugge“, wie diese Bahnbrücke im Volksmund genannt wird, wurde beim Bau der Pustertalerbahn 1870/71 erstellt. Zehn JahBetonbrücke von Percha 1975. Jopa (1975) re später, bei der großen Überschwemmung des Jahres 1882, wurden die Seitenpfeiler ausgeschwemmt und die Brücke musste repariert werden. Im Jahre 1908 wurde eine neue Brücke eingeschoben, die in den darauf folgenden Jahren die Last der Züge trug. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie wiederholt das Ziel von Bombenangriffen, wodurch auch das nahe Dorf Percha arg in Mitleidenschaft gezogen wurde. Im Winter 1944/45 erlitt sie durch Bomben erhebliche Beschädigungen. Sie wurde aber nie so schwer beschädigt, dass der Zugverkehr hätte eingestellt werden müssen. In der Folgezeit wurde die Brücke zwar notdürftig ausgebessert, sie bot aber auf Dauer nicht die nötige Sicherheit. So entschloss sich die Bahnverwaltung zur Erneuerung dieser Brücke, die im Jahre 1947 erfolgte und am 8. November desselben Jahres Flirt-Zug auf der Betonbrücke in Percha mit „vergoldetem Brückenpfeiler“. Jopa unter der Teilnahme der höchsten zivilen und militärischen Provinzialbehörden eingeweiht wurde. Diese Brücke ruhte auf einem Steinpfeiler in der Mitte der Rienz und auf beiden Ufermauern. Etwa drei Jahrzehnte erfüllte diese so genannte „Neue Brücke“, die im Munde der Eisenbahner nur als provisorische Lösung bezeichnet wurde, ihre Aufgabe, bis sie schließlich im Jahre 1975 durch die heute bestehende Betonbrücke ersetzt wurde. Bis zu diesem Datum konnten die Züge nur mit reduzierter Geschwindigkeit die Rienz überqueren, sodass Percha ungewollt fast zu einer obligatorischen Haltestelle der Pustertalerbahn wurde, was auf die große Spannweite und auf den schlecht verankerten Mittelpfeiler zurückzuführen war. Da, wie erwähnt, diese im Jahre 1947 errichtete „Neue Brücke“ nur als provisorische Übergangslösung bezeichnet wurde, machte man sich in den darauf folgenden Jahren und besonders gegen Ende der 60-er Jahre ernsthaft Gedanken über den Bau einer endgültigen modernen und dem Zugverkehr angepassten stabilen Brücke. Nach vielen Überlegungen entschied man sich für den Bau einer Betonbrücke, deren Arbeiten im Jahr 1972 in Angriff genommen und 1975 abgeschlossen wurden. Bei dieser Brücke aus Spannbeton handelt es sich um eines der ersten Bauwerke dieser Art, die von der italienischen Eisenbahn realisiert wurde. Sie besteht aus zehn Bauelementen (2 Kopfpfeiler und 8 Mittelpfeiler) „Radio ist für mich Leben, mit neun Öffnungen und hat eine Gesamtlichtweite von 198 Metern. wenn ich moderiere, dann fühle Lange Zeit bestanden neben dieser neuen Betonbrücke die Elemente der alten Eisenbahnbrücke bis sie schließlich in den letzten Jahich Freiheit.“ ren abgebaut wurden. Nur der inzwischen „vergoldete“ Mittelpfeiler Daniel Profanter (Radiomoderator) weist heute noch auf die Vergangenheit hin und ist gleichzeitig und wirksamer Zeuge von dem, was die Eisenbahn einmal war und hebt die Bedeutung der „Perchina Brugge“ in besonderem Maße hervor.

Die Durchfahrt des historischen Zuges („Nostalgiezug“) am 2. Oktober 2021 anlässlich des 150-jährigen Bestehens der Pustertalerbahn machte alte Erinnerungen wieder wach. // Johann Passler

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