Franz No. 2 | 2012

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FRANZ ist das Kundenmagazin von Radatz. Es geht um Genuss, Kochen und die Herkunft unserer Produkte. Das ist NR.02 im 1. JAHRGANG 2012.

GUTES GRAS macht Kühe froh, auf Seite 8

DAS KOCHSTUDIO Seite 5 DIE SALAMI Seite 16 RUDI KLEIN AM WÜRSTELSTAND Seite 18


ist Salami-Meister

Genuss hängt in der

Luft!

www.stastnik.at

Was länger hängt wird besser gut.


FRANZ Nr.02 Radatz-News Seite 03

JINGLE BULLS JINGLE ALL THE WAY LIEBE RADATZ-KUNDINNEN UND -KUNDEN Wir starten in die zweite Ausgabe von Franz, unserem neuen Kundenmagazin.

Auch in dieser Ausgabe stellen wir Ihnen einen unserer Fleischlieferanten vor. Diesmal sind wir ins nördliche Weinviertel gefahren, an die Grenze zu Tschechien, wo auf dem ehemaligen Gut der Familie von Bertha von Suttner – Sie erinnern sich, ihr Konterfei zierte die ehemaligen Tausend-Schilling-Scheine! – heute Fred Zehetner und Dani Wintereder Angus-Rinder züchten. BOA heißt ihr Hof bei Laa an der Thaya. Die beiden wurden für die artgerechte Haltung der Tiere gerade mit dem Tierschutzpreis 2012 ausgezeichnet. Wir sind stolz, dieses

GRETCHENFRAGE: Frau Schmidbauer aus Wien fragt Gretel, die beste Köchin der Welt:

„Wie lange ist Fleisch eigentlich gekühlt haltbar?“

Liebe Frau Schmidbauer! Im Kühlschrank bleibt Fleisch zwischen einem und drei Tagen frisch: Es

hervorragende Fleisch in unseren Filialen verkaufen zu dürfen. Eines kann ich Ihnen sagen: Es ist auch für mich etwas wirklich Besonderes. Lesen Sie ab Seite 8, warum. Diese Ausgabe ist gleichzeitig auch die Weihnachtsausgabe dieses Jahres. Auch sie werden sicherlich wieder Köstlichkeiten zum Fest auf den Tisch bringen. Hoffentlich finden Sie ein paar Anregungen in diesem Heft. Wir stellen Ihnen einen Schaf- und Ziegenkäseproduzenten vor (Seite 14), erzählen Ihnen, wie Salami gemacht wird (Seite 16) und haben uns aufgrund der bevorstehenden Feiertage entschlossen, richtig groß aufzukochen. Konkret fanden meine Mutter und meine Tante Christi, dass ein gefüllter Kalbshals erstens ungewöhnlich und zweitens ein ganz wunderbarer Fest-

tagsbraten ist. Wie er gemacht wird, lesen Sie ab Seite 5. Sie haben Angst, dass Ihnen dieses große Stück Fleisch nicht gelingt? Vielleicht ist dann ein Bratenthermometer ein Werkzeug, das in Ihrer Küche noch fehlt (Seite 12). Als Last-Minute-Geschenk ist es bei uns jedenfalls bis zum 24.12. um 12 Uhr erhältlich.

kommt erstens aufs Fleisch an und zweitens auf die Art, wie es geschnitten ist. Je fetter ein Stück, umso kürzer ist die Haltbarkeit, je mehr Oberfläche durchs Schneiden entstanden ist – also bei Faschiertem, Geschnetzeltem oder Gulasch –, umso schneller sollte es verbraucht werden, am besten innerhalb eines Tages, höchstens aber binnen zweier Tage. Die kühlste Stelle im Kühlschrank ist übrigens die Glasplatte über dem Gemüsefach! Ich friere über Weihnachten Fleisch gerne ein.

Flach in Plastik verpackt, hält es dort vier Monate lang. Das gibt mir ein gutes Gefühl. Mein heißer Tipp: langsam auftauen! Übrigens: Sollten Sie Zweifel haben, ob Fleisch noch gut ist, empfehle ich Ihnen, sich auf Ihre Nase zu verlassen. Der Geruchssinn irrt nicht, das ist meine langjährige Erfahrung. Ich hoffe, meine Antwort hilft Ihnen weiter. Viele Grüße von Ihrer Gretel Ihre Fragen senden Sie einfach an: gretel@Radatz.com

Neu in diesem Heft ist auch die Weinkolumne von Thomas Egle auf der Seite 15. Zum Abrunden des FranzLesevergnügens waren wir mit dem Karikaturisten Rudi Klein beim Würstelstand.

Viel Spaß bei der Lektüre wünscht Ihnen Franz Radatz.


FRANZ Nr.02 Radatz-News Seite 04

Radatz-Kurzmeldungen 24 TÜREN ÖFFNEN Radatz-Adventkalender Der Count-down bis zu Weihnachten läuft auch bei uns: Auf Facebook oder unserer Website lässt sich jeden Tag eine virtuelle Tür öffnen, hinter der sich eine kleine Überraschung verbirgt. Rezeptkarten, ein Glas Prosecco, ein Kochbuch: Wer von der Tagesaktion weiß, löst sie in den RadatzFilialen ein. www.radatz.com oder auf Facebook.

3 MONATE WURST S Saison für Kalbsbratwurst startet Jede Jahreszeit braucht ihre Wurst. Von November bis Februar gibt es bei

Radatz die Winterbratwurst. Sie wird aus Kalbfleisch gemacht und ist, weil ohne Nitritpökelsalz, fast so weiß wie Schnee. Mit Senf und Brot wärmt sie von innen.

10.000 MAL KNOW-HOW

der letzten 50 Jahre. Übrigens auch unseren „Franz“ gibt es dort auf einen Klick. Download unter www.itunes.at/radatzkocht.

MARKENWERT Umfrage zu Wurst und Wurstwaren

Über die Jahre haben wir viel Wissenswertes rund um Essen und Genuss gesammelt, auf Karten, in Büchern und Zeitschriften gedruckt. Für alle, die Papier durch Bildschirme ersetzen wollen, gibt es brandneu unter „Radatz kocht“ eine iPad-App zum Download. Es ist unser Archiv mit sämtlichen Rezepten und Tipps

Nach einer umfangreichen BrandEquity-, also Markenwertumfrage liegt Radatz bei der Frage „Welche Wurst & Wurstwaren-Marke würden Sie am ehesten weiterempfehlen?“ an erster Stelle vor Handl Tyrol und Wiesbauer. Ebenso ganz oben auf dem Stockerl steht Radatz, wenn es um die Frage „Welche Wurst & WurstwarenMarke kaufen Sie am liebsten?“ geht. Das hören wir natürlich gerne.

kommt das nächste Vieh an die Reihe. Heute wird das „first in – first out“ genannt. Interessant dabei ist, dass es in der schweizerischen Hauptstadt Bern dazu bereits im 16. Jahrhundert Erlässe gab, nach welchen mit geschlachtetem Vieh so zu verfahren war. Klar sind die hygienischen Umstände in Usbekistan nicht mit mitteleuropäischen Standards

zu vergleichen, aber das Ganze machte mir einen, den Umständen entsprechenden, recht ordentlichen Eindruck. Außerdem eignet sich Rindfleisch für Gebiete ohne Kühlkette besser, da es von Natur aus trockener ist, und bei großen Teilstücken ist die empfindliche Oberfläche des Fleisches zudem kleiner als bei kleinteiligen Fleischsorten.

Über die neue App für iPad abrufbar

FRANZ UNTERWEGS in Usbekistan Dieses Bild entstand auf einer Reise entlang der Seidenstraße. Genauer gesagt wurde es in Usbekistan, im Ferghanatal aufgenommen. Das Tal ist eine dichtbesiedelte Senke in Zentralasien. Hier leben mehr als zehn Millionen Menschen auf einem Gebiet, das gerade einmal 300 Kilometer lang und maximal 110 Kilometer breit ist. Auch gilt dieser Ort als das kulturelle Zentrum Zentralasiens. Hier leben Usbeken, Tadschiken, Kirgisen, Tataren und andere. Ich war damals im Mai 2008 mit einer Gruppe und per Bus unterwegs. Der Fleischerstand mit seinem gestreiften Dach und seinen Schnörkeln an der Seite ist mir in guter Erinnerung geblieben. Ich hab mich dort vorgestellt, und es war interessant, wie die Kollegen dort arbeiten. Geschlachtet wird immer nur ein Rind. Von diesem werden dann so lange Teile verkauft, bis einfach nichts mehr da ist. Erst dann


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Elis El iissab a et eth h Ra ada datz tz istt die Mutter von Franz, Christine Palfrader seine Tante. Beid Be idee siind id d beg egna nade na dete de te Köc öchinnen und veranstalte ten n vo von n Zeit zu Zeit große Familieneesssen e . Wirr hö Wi h reen un u d sc scha haue uen n zu, wie sie diee Ko Koch chllö ch löff ffel sch chwi wing wi wing ngen en.. en


Früher, sagt Elisabeth Radatz, sind wir nebeneinander im Geschäft gestanden und haben die Kunden bedient, heute kochen wir hier und da zusammen“, sagt Elisabeth Radatz zu ihrer Schwester Christine Palfrader, die nur lakonisch antwortet: „Wir sind aber immer noch ganz gut aufeinander trainiert, wie damals.“ Damals, damit meinen die beiden die Anfänge von Radatz in der Karolinengasse im vierten Bezirk. Dass sie damals nicht kochen mussten, lag daran, dass die legendäre Omi, die Mutter der beiden, das Zepter in der Hand hatte. Ihre Kochkünste werden auch ein Vierteljahrhundert nach ihrem Tod noch vermisst. „Sie war noch wirklich eine böhmische Köchin, und was du in der Kindheit gegessen hast, schmeckt dir dein ganzes Leben“, sagt Christine Palfrader. „Komm Christi, du wolltest doch Heilmasseurin werden, hat die Omi immer erzählt, jetzt kannst du mir beim Untergreifen des Kalbshalses helfen.“ Ein großes Stück Kalbfleisch

liegt vor den beiden auf dem Tisch, 2,7 Kilo schwer. Christi wendet und dreht es, tastet – wie sie sagt – nach der „kompaktesten Stelle“, um dann mit einem sehr scharfen Messer genau dort ins Fleisch hineinzuschneiden, und derart eine Art Tasche entstehen zu lassen. „Einfacher ist es wahrscheinlich, sich den Kalbshals schon im Geschäft herrichten zu lassen“, meint Elisabeth Radatz, als sie ihrer Schwester dabei zusieht. „Oje, jetzt haben wir ein Loch“, sagt diese auch prompt. Ihre Schwester runzelt die Brauen.

„´tschuldige Lisi, ist aber nicht so schlimm, wir sind ja nicht im Restaurant, da ist es nicht so tragisch, wenn die Fülle ein bissl rausquillt, das schmeckt dann erst richtig gut“, sagt Christi schelmisch.

Gefüllter Kalbshals mit ErdäpfelVogerlsalat steht heute auf dem Programm, „weil Kalbshals wenig verwendet wird, aber meiner Meinung nach genauso gut wie Kalbsbrust ist, wenn nicht sogar besser“, erklärt Elisabeth die Wahl ihres Rezepts, während sie die Semmelfülle zubereitet – natürlich aus altbackenen Semmeln, mit Milch aufgeweicht, mit Butterabtrieb und Dotter vermischt und zum Schluss mit Eischnee flaumig gemacht. Christi: „So streng bin ich mit dem altbackenen Brot nicht. Wenn man spontan einen Kalbshals machen will, kann man auch Semmelbröckerl verwenden.“ Damit erntet sie aber nur das Missfallen ihrer Schwester, die mit dem Satz „Aber geh, das hätte die Omi nie gemacht“ die Diskussion gerne beenden würde. Das schafft sie aber nicht. „Nein, das kannst du nicht sagen, und mir kommt überhaupt vor, dass du im nächsten Leben eher einen Bäcker heiraten solltest, wenn dir das mit dem Brot immer so wichtig ist“, neckt sie ihre Schwester.


HIER GEHT´S ZUM REZEPT SAMT KOCHVIDEO

Christi massiert das Salz in den Braten, hält die Tasche auf. „Lisi, stopf du jetzt die Fülle rein“, ruft Christi. Das Braten-Binden ist dann wieder ihr Terrain: „Einmal längs außenherum, dann immer rundherum und unten durch“, kommentiert sie. Zur Krönung kommen noch Butterflocken drauf, und ab ins Rohr: Bei 180 Grad, drei Stunden. „Je größer das Stück, umso besser der Geschmack“, sagt Elisabeth Radatz, große Braten würden sogar in Restaurants immer seltener gemacht, bedauert sie. Christi Palfrader ist jetzt noch für den Kartoffelsalat zuständig. Ihren Fingern kann kochendes Wasser nichts anhaben. Wenn sie prüft, ob die Erdäpfel schon fertiggekocht sind, spürt sie das mit dem Fingernagel. Elisabeth hilft ihr beim Schälen. „Das Zwiebelschneiden hat die Christi immer schon besser gekonnt“, ist Elisabeth froh und schaut ihr zu. Dann werden Sonnenblumenöl, Zwiebel und Salz vermischt und die lauwarmen geschnittenen Kartoffeln unter-

gemischt. „Der Erdapfel darf nicht zu heiß sein, denn sonst nimmt er das Öl nicht gut auf“, weiß Christi. Erst kurz vor dem Servieren kommt die Marinade aus Essig, Salz und Zucker dazu. Diese hat Elisabeth Radatz immer auf Vorrat in einem Gurkenglas im Kühlschrank. Ein Esslöffel Salz, drei Esslöffel Zucker und das alles voll mit Hesperidenessig – ist ihre Mischung. Sie leert einen Teil davon drüber. „Kartoffeln brauchen Salz, das hat schon die Omi immer gesagt“, stellt sie fest. Dann kostet Christi: „Ja, der geht, und jetzt trink ein Glaserl und entspann dich, Elisabeth. Ich schneid’ das Fleisch auf.“ Wichtig sei vor allem der Bratensaft, der beim Aufgießen entsteht. Diese bleibt aber ganz „nature“ – es darf nie zu wenig davon geben, ist beiden Schwestern wichtig. TEXT: Karin Pollack FOTOS: Roland Unger

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IHRE EINKAUFSLISTE FÜR GEFÜLLTEN KALBSHALS (Elisabeth Radatz) Zutaten für 8-10 Personen 2,8 kg untergriffener Kalbshals Salz & schwarzer Pfeffer aus der Mühle FÜLLE: 5 altbackene Semmeln ½ Liter lauwarme Milch 80 g weiche Butter 4 Dotter und 2 Eiweiß ½ Bund feingehackte Petersilie 50 g Butter zum Belegen des Bratens ca. 1/8 Liter Rindsuppe oder Kalbsfond zum Aufgießen Alufolie ERDÄPFEL-VOGERLSALAT (Christine Palfrader) 1 kg speckige Erdäpfel 250 g geputzter Vogerlsalat 1 rote Zwiebel 1 weiße Zwiebel 1/16 Liter Maiskeimöl 4 TL Kristallzucker 6–8 EL Hesperidenessig


GUTES GRAS FRED ZEHETNER UND DANIELA WINTEREDER managen 650 Angus- und Galloway-Rinder, drei kleine Söhne und eine 300 Hektar große Farm mit k.u.k.Vergangenheit bei Laa an der Thaya. Das schaffen sie zu zweit. „Natur pur“ ist ihr Lebensmotto.


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Sagen wir es so: Es gibt Landschaften in Österreich, die an die nordamerikanischen Weiten erinnern, also kanadische Prärie irgendwie, da, wo die Wiesen karg, aber endlos sind und der Wind über die Ebenen fegt. Wildendürnbach im Weinviertel, gleich an der tschechischen Grenze, ist so ein Landstrich. Als Fred Zehetner und Daniela Wintereder 2003 das erste Mal durch die lange Akazienallee auf das ehemalige Gut der Familie Suttner-Gatterburg zufuhren, war ihre Aufmerksamkeit eher auf den Boden gerichtet. Feste Krume mit Gras und Luzernen: Die beiden Rinderzüchter kamen aus Oberösterreich, hatten dort mit viel Regen und matschigen Böden zu kämpfen, was ihrer kleinen Herde aus Galloway- und Aberdeen-Angus-Rindern stark zusetzte. „Ständig mussten wir unsere Rindviecher mit Lastwägen auf trockene Weiden kutschieren“, erinnert sich Zehetner. Die verfallenen ehemaligen Klostergebäude unweit von Laa an der Thaya waren unbewohnbar, aber ein kleines Jagdhaus auf jenem Hof, auf dem einst die Friedensaktivistin Bertha von Suttner weilte, war noch intakt. Zehetner und Wintereder unterschrieben den Pachtvertrag. BOA nannten sie ihre

Farm. Die drei Buchstaben stehen für nichts weniger als Best of Austria, Rindfleisch natürlich.

„Jeden Stress schmeckst du“, sagt er, und weil für ihn der würdevolle Tod seiner Tiere ganz besonders wichtig ist, hat er einen eigenen Schlachthof, den kleinsten in der EU, gebaut. „Wir hatten es beide schon immer mit den Viechern“, erzählt Daniela Wintereder. Sie ist Mitte 30, trägt Jeans und T-Shirt, ist zierlich, hat einen aufmerksamen Blick. Sie weiß mehr über anglikanische Rinderrassen als jeder andere in Österreich. Sie und Fred haben sich „vor Ewigkeiten“ in der Landwirtschaftsschule kennengelernt. Danach ging Dani, wie Fred sie nennt, nach Kanada „zu den besten Rinderzüchtern der Welt“. Die Tiere dort sind das ganze Jahr auf der Weide, „gerade deshalb ist auch das Fleisch so gut“, ergänzt Zehetner bei einem Mittagessen. In der ehemaligen Klosterkapelle serviert er Kalbsbraten. „Das Fleisch ist dünkler, weil unsere Kälber nicht nur Milch, sondern recht früh auch schon Gras fres-

sen“, erläutert er. Dass sein Fleisch hundertmal besser als jedes Konkurrenzprodukt am Markt ist, hat ihm noch jeder bestätigt, der einen Bissen davon gekostet hat. Fred Zehetner ist gelernter Metzger, weiß, wovon er spricht. Und er ist ein Kontrollfreak: Von der Besamung der Kühe bis zum Fleisch auf dem Teller will er den ganzen Zyklus lückenlos kontrollieren. „Jeden Stress schmeckst du“, sagt er, und weil für ihn der würdevolle Tod seiner Tiere ganz besonders wichtig ist, hat er einen eigenen Schlachthof, den kleinsten in der EU, gebaut. Einweihung: am 23. November. Der wettergegerbte Mittfünfziger strahlt und gibt ganz offen zu, dass er sich damit einen Traum erfüllt. Er nennt seine Rindviecher Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen; dass diese ihm ihr Fleisch geben, scheint irgendwie Teil eines großen Deals zu sein. Den guten Deal hat sich das BOAPaar hart erarbeitet. Die ersten vier Jahre lang haben sie noch mit Wind und Wetter gekämpft, Zäune errichtet, sich mit den Weinviertlern arrangiert. 2006 haben sie den Hof gekauft, und erst dann konnten sie richtig durchstarten, mit ihrem Know-how von der Rinderzucht. Oberstes Prinzip: Nur die Allerfittesten sollen sich


vermehren. Knochenbau, perfekte Euter, Fruchtbarkeit, Charakter, Leichtkalbigkeit sind nur fünf von insgesamt 14 Kriterien, nach denen die beiden Oberösterreicher Tiere für die Paarung aussuchen. „Welcher Stier mit welchen Kühen darf, darüber streiten wir“, lacht Zehetner. Die sechs schwarz glänzenden, prachtvollen Zuchtstiere haben zweimal im Jahr jeweils drei Monate Zeit, je 60 Kühe zu decken. Das Ergebnis: Echter Sex und echtes Gras ergeben echt viele Tiere. Dreimal am Tag fahren Fred oder Dani zu ihren Herden und schauen, was da so los ist. Ihre 250 Mutterkühe kennen sie beim Namen. „Das, was wir machen, ist die

denkbar einfachste Art der Fleischproduktion, sie braucht nur Zeit und Sorgfalt“, sagt Zehetner. Diese Einstellung unterscheidet sie vom Großteil des Mitbewerbs. Bestmögliche

„Er stößt einen kehligen Laut aus. Die Tiere antworten. „Sie mögen, wenn du im gleichen Rhythmus bist wie sie“, erklärt er. Vermehrung und friedliche Herden, darum gehe es hier auf den Weinviertler Weiden. „Wenn ein Rindviech bled schaut oder deppert ist, muss es weg“, ist die BOA-Devise. Als Züchter nutzen sie die Dynamik der

Herden aus. „Dort ist eine Kuh, die diese Saison nicht trächtig geworden ist, die jungen Stiere bespringen sie. Wenn wir die leben lassen, bringt sie langfristig Unruhe in die ganze Gruppe“, erklärt Zehetner und zeigt dann, dass er mit seinen glänzend schwarzen Prachtexemplaren auch sprechen kann. Er stößt einen kehligen Laut aus. Die Tiere antworten. „Sie mögen, wenn du im gleichen Rhythmus bist wie sie“, erklärt er. Das ist beeindruckend, genauso wie die Zuchterfolgsrate von 98 Prozent. Sein Betrieb wurde unlängst sogar mit dem Tierschutzpreis ausgezeichnet, so artgerecht ist die Haltung der Tiere. Regelmäßig holt sich Dani Anre-


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„Zuerst die Viecher, dann wir“ war immer die Devise. gungen aus Kanada, mit den Rinderzüchtern dort ist sie längst befreundet. 2006 zum Beispiel gab es die Idee, ein weitläufiges Gehege für die Herden, eine Art Winterquartier, zu bauen. „Es ist kein Stall, den brauchen die Tiere nicht, aber eine Möglichkeit, Herden zu separieren, neu zusammenzustellen und einen Platz für die Stiere außerhalb ihrer ‚Einsatzzeiten‘ zu haben“, erklärt Zehetner. Kuh-Hotel hat er das 2,5 Hektar große Areal genannt. In der ersten Reihe warten die Stiere, „ihre Zimmer“ sind 60 Quadratmeter groß. Hinter einem Zaun, der an ein Indianerfort erinnert, ist das Gehege für Todgeweihte. Diese Tiere zeigt Zehetner sehr gerne all jenen, die sein

Fleisch kaufen und verkaufen, weil man schätzen soll, was man essen wird, sagt er. Dass er jeden Filialleiter von Radatz kennt, ist dem Oberösterreicher wichtig. Sie sollen seine Geschichten von den BOA-Angus- und Galloway-Rindern weitererzählen. „Ladies, kommts her,“ ruft er seinen Kühe zu, die tatsächlich auch antraben. Erweiterungspläne gibt es übrigens nicht. „650 Tiere auf 300 Hektar, mehr verträgt das Land nicht“, sagt Zehetner. Sein nächstes Projekt wird ein größeres Wohnhaus sein. Er, Dani und die drei Buben leben im Jagdhaus auf nur 80 Quadratmetern. „Zuerst die Viecher, dann wir“ war immer die Devise.

BOA-Rindfleisch ist in den RadatzFilialen Rochus- und Sonnbergmarkt, Schottengasse, Josefstädter und Währinger Straße auf Vorbestellung erhältlich. In allen anderen Filialen auf Anfrage. Die manchmal längere Lieferzeit soll die Vorfreude steigern. TEXT: Karin Pollack FOTOS: Lisi Specht

MEHR Ü ÜBER ANGUS RINDFLEISCH:


RICHTIG HEISS MACHEN

FRANZ Nr.02 Das Werkzeug Seite 12

„WANN IST DER BRATEN FERTIG?“, lautet die entscheidende Frage für den Koch. Ein Bratenthermometer wird dabei zum unersetzbaren Helferlein. Dass ein Bratenthermometer nicht an die Coolness eines Smartphones herankommt, ist klar, aber erstens sollte man die Notwendigkeit des Hitzemessgerätes im Gegensatz zu so mancher Smartphone-Funktion nicht unterschätzen, und zweitens gibt es das Bratenthermometer doch tatsächlich auch fürs iPhone und das iPad. Und so funktioniert das Teil: Der externe Temperaturfühler des iGrill kommt ins Fleisch, die Analyse der per Bluetooth ermittelten Temperatur checkt das iPhone per dazugehörige App.

Braten dürfte die älteste Kochtechnik überhaupt sein, denn es erfordert nicht unbedingt Gefäße, sondern nur die Kontrolle des Feuers. „Nur“ ist gut. Die Kontrolle der Hitze wird zum Um und Auf in Bratensachen, denn die richtige Zeit beim Braten von großen Stücken Fleisch ist von vielen Faktoren abhängig. Was das Volumen eines Bratenstücks anbelangt, ist der Durchmesser entscheidend, wenn es darum geht, auch in der Mitte des Bratens die gewünsch-

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Forscht man im Internet zur Frage, wie lang ein Braten im Rohr schwitzen soll, stößt man in den Foren auf folgenden Kommentar: „Grundsätzlich müssen Sie wissen, dass jeder Ofen ein bisschen anders ist, und daher müssen Sie mit Ihrem Ofen Erfahrung sammeln.“ Damit dieses Erfahrungsam-

meln nicht zu lange dauert und dabei nicht zu viele Sonntagsbraten zu roh oder zu gar auf die Tafel kommen, empfiehlt es sich von Anfang an, den Fähigkeiten eines Bratenthermometers zu vertrauen. Dieses schafft es am besten, die Bratendimensionen Hitze und Zeit auf die richtige Schiene zu bringen.

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te Temperatur zu erreichen. Die alte Faustregel, nach der pro Kilo eine Stunde gebraten wird, darf also ignoriert werden. Ebenfalls zu beachten: Kommt der Braten direkt aus dem Kühlschrank ins Rohr, braucht er dementsprechend länger als bei Raumtemperatur. Um den perfekten Braten servieren zu können, sollte man sich außerdem bewusst sein, dass die tatsächlich erreichten Temperaturen im Ofen bis zu 20 Grad von der eingestellten Temperatur abweichen können. Darauf sollte man auch achten, wenn man Back- oder Bratenrezepte mit anderen austauscht. Vor allem beim sogenannten Niedrigtemperaturgaren, also Braten unter 100 Grad, kommen diese „Temperaturschwankungen“ nicht selten vor. Deshalb sollte ein Backrohr immer mit einem Backrohrthermometer bzw. mit dem ins Rohr gelegten Bratenthermometer kalibriert werden. Um zu einem Referenzwert zu kommen, ist deshalb auch das Vorheizen des Backrohres wichtig. In der Regel verfügt ein Bratenthermometer über einen Dorn, der in das Fleischstück gesteckt wird. An seinem Ende befindet sich die Anzeige für die Temperatur, diese kann analog oder digital wiedergegeben werden. Bereitet man einen Braten mit Knochen zu, sollte verhindert werden, dass der Dorn den Knochen berührt. Ein weiterer Vorteil des Thermometers: Der Braten muss nicht aufgeschnitten werden, um zu kontrollieren ob er den gewünschten Garheitsgrad erreicht hat. Das verbessert die Optik und verhindert außerdem den Verlust von Saft. TEXT: Luis Bentele FOTO: Luzia Ellert


FRANZ Nr.02 Die Spezerei Seite 13

SCHMECK’S Wenn es draußen finster ist, soll sich jeder die Zeit versüßen dürfen. Unsere Vorschläge für fünfmal Adventzauber.

O JUBEL, O FREUD Josef Weghaupts Brot lässt Menschen vor seinem Geschäft in der Wiener Naglergasse Schlange stehen. Wer das umgehen will: In den Radatzfilialen gibt es sein Waldstaudenroggenbrot, außen knusprig, weil der Teig lang ruhen durfte und im Dampfofen gebacken wurde, und innen körnig-saftig, weil Weghaupt die fast vergessene, heimische Getreidesorte wiederentdeckt hat und mit Apfel mischt. Süß ist das klassische Vollkornsauerteigbrot aber nicht, dafür weizen-, hefe- und laktosefrei. Stück à 600 g Euro 4,90 SÜSSER DIE GLOCKEN Auch Schinken darf sich für die Feiertage fein machen, Preiselbeerschinken passt gut in die Weihnachtszeit, finden wir. Verwendet werden nur edelste Schlögelteile, die zuerst in frischen Früchten mariniert werden. Erst wenn der Fruchtsaft seine Wirkung getan

hat, geht es ab in die Räucherkammer, und auch dort wird er von uns überaus schonend behandelt. 100 g Euro 2,29 HEISSA, HOPSA, TRALLALA In der Destillerie Gallhuber in Maria Enzersdorf produziert Michael Gallhuber in der vierten Generation Liköre und Edelbrände – in der Adventzeit hat er Punsch im Programm. Eine seiner zahlreichen Sorten hat er der Orange gewidmet. Bevor das sanft alkoholische Adventgetränk sanft erhitzt wird (niemals zum Kochen bringen!), muss es im Verhältnis 1:4 mit Wasser oder Tee verdünnt werden. Feinspitze geben frisch gepressten Orangensaft und -scheiben dazu. 0,5 l Flasche Euro 8,90 IHR KINDERLEIN, KOMMET Im Waldviertel, sagt Erich Kasses, Bäcker aus Thaya, waren die Menschen immer schon sparsam. Von seiner Großmutter hat er das Rezept für sein Honig-Apfel-

Brot geerbt. Dafür werden säuerliche Äpfel gerieben, mit Rosinen, Feigen und Zimt gewürzt und mit Honig gesüßt. Am nächsten Tag kommen Mehl und Mandeln dazu, eine Stunde wird es im Rohr gebacken. Stück à 375 g Euro 5,40 KYRIE ELEISON Den Wienerwald in seiner ganzen Blütenvielfalt schmecken? „Das lässt sich machen“, sagt Jungimker Thomas Zelenka. Seine Bienen haben dieses Jahr weder die Obstblüte noch den Löwenzahn, weder die Linden noch die Sonnenblumen, den Ahorn oder die Wiesenkräuter verpasst. Sein gemischter Bienenhonig ist naturbelassen, seine Produkte alte Handwerkskunst, sagt er und ist dem Wienerwald und seinen Völkern dafür dankbar. 240 g Glas EUR 7,50 TEXT: Karin Pollack FOTO: Luzia Ellert


Käsemeister Josef Pranz war 25 Jahre lang Produktentwickler bei Schärdinger in Geinberg. Heute verarbeitet er die Milch von mehr als 120 Schafen und Ziegen in St. Georgen bei Obernberg am Inn selbst.

„WENN MAN DIESEN JOB MACHT, MUSS MAN DIE VIECHER MÖGEN“ Wieso ausgerechnet Schaf- und Ziegenkäse? Mir gefallen Schafe und Ziegen einfach. Sie sind auch besser zu handhaben als Kühe. Eine Kuh hat 600 Kilo, ein Schaf 80 bis 90 Kilo. Diesbezüglich geht’s auch um die Unterbringung. Bei Schafen kann man einen Stall aus Holz bauen, das hält bei den Kühen nicht lang. Außerdem muss man sich als kleiner Anbieter einfach gegenüber den Großen abgrenzen. Sonst kann man auf der Preisschiene einfach nicht mitfahren. Welchen Bezug haben Sie zu Ihren Tieren? Wenn man diesen Job macht, dann muss man die Viecher auch mögen. Meine Tiere sind ein Dreivierteljahr auf der Weide draußen und haben einen großen Stall. Die Fläche

beträgt gut und gern das Doppelte von dem, was vorgeschrieben ist. Gibt es Tiere, die Ihnen besonders ans Herz gewachsen sind? Dafür hab ich schon zu viele Viecherln. Es gibt schon ein paar, die besonders sind und die ich besser kenne. Welcher ist Ihr Lieblingskäse? Ich mag gern Weichkäse. Ob das ein Camembert oder ein Blauschimmelkäse ist, ist mir nicht so wichtig. Essen Sie täglich Käse? Ja, schon. Sie haben auch Ostfriesische Milchschafe.Wie fühlen sich die in Oberösterreich? Ich glaube sehr gut und denke nicht, dass sie Heimweh haben. Ihre Käsesorten heißen Roter Prinz oder Ziegenpeter. Wie kommen Ihre Käse zu ihren Namen? Das sind meine Ideen. Ich hab damals in der großen Molkerei gut verdient und einen sicheren Job gehabt, aber Du bist halt letztendlich doch nur eine Nummer. Wenn man so eine kleine Geschichte wie ich aufzieht, muss man sich mit allem befassen. Das ist das Spannende daran.

Würden Sie sagen, Ihre Käse haben mehr Seele? So weit würde ich nicht gehen. Wir bieten handgemachten Käse an. Da geht es um Arbeitsschritte, die sich viele Große einfach nur maschinell leisten können. Das merkt man dann halt beim Käse. Was macht Ihren Käse besonders? Dass er handverschöpft ist und ich täglich frische Milch verarbeite. Was sind die gravierendsten Fehler, die Konsumenten heute in Sachen Käse begehen? Ich sag immer, die Leute sollen den Käse in dem Papier lassen, in das ich ihn verpacke. Wenn man ihn in eine Klarsichtfolie einwickelt, die keine Luft durchlässt, dann erstickt der Käs. Dass Käse seine Temperatur braucht, weiß heut eh schon jeder. Den Pranz Ziegen-Peter im Weinblatt gibt es in den Radatz-Filialen (100 g um Euro 2,98). Radatz kooperiert mit „Vielfalt“ – einer Initiative, die kleine Produzenten nachhaltig erzeugter Lebensmittel unterstützt. www.vielfalt.com


FRANZ Nr.02 Wein zum Essen Seite 14_15

DIE WEINBEGLEITUNG: Diese Traube stammt aus Frankreich, hat aber vor allem im Ausland Karriere gemacht. In Österreich fühlt er sich besonders wohl und übertrifft mit seiner Finesse oft sogar seinen berühmteren Verwandten, den Chardonnay. Ob es uns als Weinpatrioten nun gefällt oder nicht: Viel Gutes und vor allem alles Burgundische hat nun einmal französische Wurzeln. Das gilt auch für den Pinot blanc oder Weißburgunder, der über die Zwischenstation des Pinot gris (Grauburgunder) vom Pinot noir abstammt und in Burgund bereits im 14. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt wurde. Ein wenig dürfen wir uns freilich damit trösten, dass der Weißburgunder heute in seinem Ursprungsland praktisch bedeutungslos geworden ist, in anderen Ländern Europas jedoch eine beachtliche Verbreitung gefunden hat. Während er aber etwa in Slowenien, Kroatien oder Italien meist einen leichten und süffigen, aber qualitativ eher unbedeutenden Wein abgibt, bringt er in Deutschland und Österreich zwar sehr wohl auch fruchtig-trinkfreudige Weine, aber ebenso komplexe und langlebige Spitzenkreszenzen, die von Kennern hochgeschätzt werden. Ein zurückhaltender Charakter. Was der Weißburgunder in Österreich besonders schätzt, ist das gemäßigte

Klima mit ausgeprägten Jahreszeiten und Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nacht. Das verleiht ihm jene Feinheit und Aromatik, die ihn vom immer etwas üppigeren und vordergründigeren Chardonnay unterscheidet. Während diesem eine gewisse „Hoppla – jetzt komm ich!“-Attitüde anhaftet, zählt der Weißburgunder eher zu den zurückhaltenderen Typen. Sein Duft ist relativ neutral, zeigt manchmal obstige Töne von Äpfeln und Birnen, zuweilen auch eine feine Nuss- oder Mandelnote. Am Gaumen kann er eine würzige Aromatik entwickeln, wobei vor allem die kräftigeren Vertreter er auch hier wieder obstig-nussige bis brotige Töne zeigen können. Die kräftige, e, aber nicht aggressive Säure gibt dem m Wein Struktur und unterstützt seine lange Lagerfähigkeit. Große Weißburgunder gunder können über Jahre und sogar Jahrzehnte zehnte im Keller noch an Feinheit und Komplexität zulegen. TEXT: Klaus Egle FOTOS: ÖWM / Armin Faber und Luzia Ellert

TIPP: Weißburgunder 2011 Jungherrn vom Weingut Stift Klosterneuburg Der Wein von einer Spitzenlage im Wiener Kahlenbergerdorf verbindet Kraft und Eleganz. Er präsentiert sich mit seiner intensiv-fruchtigen Nase und seinen zart nussigen Aromen ausgesprochen sortentypisch und gefällt durch seinen schönen Trinkfluss. Ein wunderbarer Begleiter zu gebratenem oder geschmortem Kalbfleisch, Pasta mit Steinpilzen, aber auch zu feinen Pasteten und festlichen Terrinen. 0,75 l Flasche Euro 13,90


DURCH DICK UND DÜNN.

„SALE“ ist das italienische Wort für Salz. Salami heißt „Salzwurst“.


FRANZ Nr.02 Es geht um die Wurst. Seite 12_13

Sie ist eine Italienerin, die international erfolgreich ist. Über Ungarn kam die Salami nach Wien. Bis heute reift diese Rohwurst ausschließlich bei gemäßigt-stabilen Temperaturen und auch dann nur, wenn sie ein sanfter Wind umweht. Die guten Dinge im Leben brauchen Zeit. Das gilt besonders für ganz bestimmte Würste. Zwischen vier und sechs Wochen dauert es, bis aus Speck, Fleisch und Gewürzen eine einzigartige Delikatesse entsteht. Schön anzuschauen ist die schrumpelige, mit weißem Schimmel überzogene Italienerin eigentlich nicht, aber das nehmen alle, die sie einmal gekostet haben, gerne in Kauf. Beim bloßen Anblick läuft Liebhabern bereits das Wasser im Mund zusammen. Das liegt vielleicht am Salz, denn Salz spielt in dieser Königsdisziplin des Wurstmachens die unangefochtene Hauptrolle. Es hat der Wurst auch ihren Namen gegeben. „Sale“ ist das italienische Wort für Salz. Salami heißt „Salzwurst“. Mit Salz allein ist es allerdings nicht getan. Irgendwann jedenfalls hat jemand entdeckt, dass Mikroorganismen Fleisch haltbar machen. Jedenfalls sind sie der Clou beim Salamimachen. Im Inneren der Italienerin arbeiten Milchsäurebakterien und wandeln den im Fleisch enthaltenen Zucker in Milchsäure um. Im sauren Milieu können sich die Verderbniserreger so nicht mehr fortpflanzen. „Das ist ein extrem intelligenter Schutzmechanismus der Natur, allerdings nur wenn der biochemische Prozess, das Ambiente und die Luftfeuchtigkeit perfekt passen, sonst wird Salami ungenießbar“, erklärt Michael Mühl, Salami-Meister von

Stastnik, jenem Unternehmen, das seit 1998 zu Radatz gehört. In Gerasdorf wird Salami heute nur mehr aus Schweinefleisch hergestellt. Einst in Italien wurden sogar Eselund Maultierfleisch, aber auch Rindfleisch von älteren Kühen zur SalamiProduktion verwendet. Es gibt viele verschiedene Sorten, die sich voneinander durch ihre Körnung (so wird im Fachjargon der Grad der Feinheit bezeichnet), Gewürze und Größe (Kaliber heißt das bei den Wurstmachern) unterscheiden. Pfeffer, Knoblauch und auch Säure sind wichtig, Wein bietet sich an. So bestimmt die Region immer auch die Wurst, was die feinen Geschmacksnuancen betrifft. Was Salami von allen anderen Würsten unterscheidet: Es wird ausschließlich rohes Fleisch verwendet, das, tiefgekühlt mit dem ebenso gefrorenen Speck, zerkleinert in atmungsaktive Därme abgefüllt wird. Das alles müsse aufgehängt und zum Schwitzen gebracht werden, sagt Mühl. 24 Grad warme Luft reicht, um die Flüssigkeit aus den Würsten zu ziehen. Die Salami verliert in dieser Zeit 15 Prozent ihres Gewichts, im sauren Milieu wird das Fleisch haltbar. Von außen bedeckt Edelschimmel mit seinem nussigen Aroma langsam die Würste, die in Reih und Glied hängen und mehrere Wochen von einem sanften Luftzug umschmeichelt werden. Am Ende des Reifungsprozesses wird die

Wurst übrigens 40 Prozent ihres Ausgangsgewichts eingebüßt haben. Dass die Italienerin zur Ungarin wurde, ist dem Wurstmacher Mark Pick aus Szeged zu verdanken. Er entwickelte ein Verfahren, Salami in Serienproduktion herzustellen und vertrieb sie in Wien. 1898 trat der Wurstmacher Stastnik in der Ospelgasse im 20. Bezirk ins Salami-Business ein, überstand zwei Weltkriege und wurde in den 70erjahren an den deutschen Großkonzern Herta verkauft, Familie Radatz übernahm den Betrieb, der nach Gerasdorf übersiedelt war, im Jahre1998. Salami hat es übrigens auch in Wirtschaft und Politik geschafft. Zoltán Pfeiffer, Chef der ungarischen Kleinlandwirtepartei, prägte 1947 den Begriff Salamitaktik, als die kommunistische Partei „scheibchenweise“ immer mehr Macht übernahm und mit einer Reihe von Tricks ihre Gegner ausschaltete. In der Wirtschaft versteht man unter Salamitaktik heute eine Strategie des Zeitmanagements, bei der es darum geht, die Ziele eines großen Projektes durch kleine Schritte und Forderungen zu erreichen – scheibchenweise eben, die einen dicker, die anderen fein aufgeschnitten. „Che buona!“, hört die Italienerin gerne.

TEXT: Karin Pollack FOTO: Luzia Ellert

DIE SALAMI-TIPPS: Als Chips: Hachdünn geschnittene Als Aufstrich: Salami kleinwürfelig Als Omelette: Würfelig geschnittene Salami in wenig Olivenöl knusprig braten, gut abtropfen lassen und als Chips über Orangen-Fenchel-Salat oder Rote-Rübe-Mozzarella-Salat streuen.

schneiden, mit gehackten Pfefferoni, Frischrahmkäse und einigen Tropfen Olivenöl zu einem Aufstrich vermischen.

Salami in wenig Öl anbraten, verquirlte Eier darübergießen und mit geriebenem Bergkäse oder Manchego bestreut fertigbraten.


FRANZ Nr.02 Am Würstelstand Seite 18_19

RUDI KLEIN AM WÜRSTELSTAND: Wie der Räuber Hotzenplotz steht auch der Wiener Zeichner und Cartoonist Rudi Klein auf Bratwurst mit Sauerkraut, vor allem tief in der Nacht, wenn ihn der Hunger heiß erwischt.

NOTSITUATION HEISSHUNGER

Obwohl ich schon ein Fleisch- und Wursttiger bin, trifft man mich eigentlich nicht besonders oft am Würstelstand. Wenn, dann meistens spät in der Nacht, wenn ich lang unterwegs war und mich der Heißhunger befällt. Man könnte durchaus von einer Art

Notsituation sprechen. Und da hat man meistens keinen Haubenkoch bei der Hand. Dann muss es schnell gehen. Wobei: Da fällt mir ein, als ich heuer aufgrund meiner Ausstellung eine Woche im Lentos-Museum in Linz war, besuchte ich jeden Abend

den „Leberkas-Pepi“. Der hatte einen sauguten Leberkäs und Bratwurst mit Sauerkraut. Letzteres würde ich mir auch im Wiener Angebot öfters wünschen. Generell liebe ich Würste aller Art, wobei sich meine Favoriten verändert haben. In meiner Jugend


aß ich am liebsten diese Waldviertler Würste, die waren zum Schälen und hatten eine schwarze Haut. Jetzt sind es eher Bratwürste, zum Beispiel die Kalbsbratwürste, die es in Vorarlberg gibt. Leberkäse mag ich auch gern. Nein, nicht mit Schwarzbrot, eher mit dem ungesunden Weißbrot und Senf natürlich. Leider findet man bei uns kaum den klassischen Leberkässenf. Und dazu gibt’s meistens ein Bier. Manchmal mach ich mir auch zuhause Würste. Erst neulich hatte ich einfach Gusto auf Frankfurter. Was ich gar nicht mag, sind Eitrige, also Käsekrainer. Was mir zu dem Käsekrainer-Streit einfällt, den es heuer gab? Das finde ich einfach nur lächerlich. Ich verabscheue heißen Käse in jeder Form. Deshalb mag ich auch die Schweiz nicht besonders. Einmal im Jahr quäle ich mich aus Liebesgründen durch einen Teller Kässpätzle. Meine Freundin stammt nämlich aus dem Bregenzerwald. Als Ort der Kommunikation funktioniert ein Würstelstand hervorragend, denn an einem solchen Ort kommt es zu einer sehr guten sozialen Durchmischung. Das taugt mir. Da gibt es sehr schöne, aber auch weniger schöne Geschichten und Erinnerungen. Leider merkt man sich nicht all die IMPRESSUM VON FRANZ 2:

wunderlichen Dinge, die da passieren. Ich mag gern den Würstelstand bei der Albertina. Der war für den Staatspreis für Design nominiert, wobei ich den Stand nie als Designobjekt wahrgenommen habe. Wenn das Design gewachsen ist und den Bedürfnissen

„Als Ort der Kommunikation funktioniert ein Würstelstand hervorragend, denn an einem solchen Ort kommt es zu einer sehr guten sozialen Durchmischung. Das taugt mir. der Kunden entgegenkommt, ist mir das natürlich recht. Oft wird ja im Bereich Design und Architektur am Benützer vorbeiproduziert. Kurz gesagt, ich hab nichts dagegen, wenn ein Würstelstand aussieht wie eine Skulptur – wenn er auch funktioniert. Da bin ich streng. Schön ist gut, aber Sinn muss es halt machen. Die Männer, meistens sind es ja Männer, die im Würstelstand arbeiten, nehme ich in der Regel eher als muffige Typen wahr. Wenn es anders wäre, würde es richtig auffallen. Aber es ist wohl auch nicht der lustigste Job, die halbe oder sogar ganze Nacht

in der Kälte zu stehen. Klar gibt’s ein paar, die einen guten trockenen Schmäh haben. Der Idealfall wäre ein Würstelstand-Mann, der seinen Job wie ein guter Barkeeper erledigt. Man kommt mit den Leuten am Würstelstand, also mit den anderen Kunden, wahrscheinlich deshalb leichter ins Reden, weil man sich in einer ähnlichen Situation befindet. Ich würde mich schon als kontaktfreudig bezeichnen, das hängt wahrscheinlich mit meiner einsamen Arbeitssituation zusammen, wobei ich im Alter nicht menschenfreundlicher werde. Was ich mir letztendlich von einem Würstelstand wünsche, ist eine anständige Qualität. Das ist wie mit dem Wein. Es ist einfach nicht mehr notwendig, schlechten Wein auszuschenken. Die Zeichnungen und Karikaturen des Wieners Rudi Klein wurden und werden in verschiedenen österreichischen und deutschen Zeitschriften bzw. Zeitungen veröffentlicht, zum Beispiel Standard, Falter, Profil, Trend, Titanic, Süddeutsche Zeitung oder Die Zeit. www.kleinteile.at

TEXT: Luis Bentele FOTOS: Roland Unger

Herausgeber: Radatz Fleischwaren Vertriebsges.m.b.H., 1230 Wien, Erlaaer Straße 187 | Geschäftsführer: Dr. Franz Radatz Chefredaktion:Thomas Zedrosser, Sascha Moik | Texte: Karin Pollack, Luis Bentele, Klaus Egle | Fotos: Lisi Specht, Luzia Ellert, Roland Unger | Design: zuendel.eu | Produktion und Litho: GrafiX Computerbild


FRANZ KOMMT WIEDER Franz Nr. 03 erscheint im Februar 2013


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