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Mut zur Hoffnung

Marion Pammer BA - DW 29141

In unserem Leben ist zur Zeit vieles nicht mehr so wie es einmal war. Die Welt steht Kopf und das Corona-Virus zwingt uns mit einer völlig neuen Lebenssituation umzugehen. Und auch wenn wir nicht wissen, wie es in Zukunft sein wird, so ist es doch ratsam optimistisch zu bleiben. Denn ein wesentlicher Faktor bei der erfolgreichen Bewältigung von Krisen ist die Resilienz, also die Kunst, schwere Zeiten durchzutauchen und gestärkt aus ihnen hervorzugehen. Hierfür ist es ganz wichtig, den Fokus auf das Positive zu legen.

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Gefahr & Chance Das chinesische Schriftzeichen für Krise beinhaltet zwei Silben, die einzeln gelesen die Worte „Gefahr“ und „Chance“ bedeuten. Die derzeitige Krise stellt eine große Gefahr dar – nicht nur für die Gesundheit der Menschen, auch unsere Wirtschaft und somit unsere Raiffeisengenossenschaften haben diese Wochen und Monate mit enormen Herausforderungen zu kämpfen. Wie enorm die tatsächlichen wirtschaftlichen Schäden sein werden, ist noch nicht abschätzbar.

Aber die Corona-Krise bringt auch Chancen mit sich. So scheint es, dass unsere Genossenschaften in dieser herausfordernden Zeit noch mehr an Sympathie gewinnen können. Denn wenn diese Pandemie, die weltweit zu einer veritablen sozialen und wirtschaftlichen Krise ausgewachsen ist, uns etwas lehrt, dann doch eines: Wir sind aufeinander angewiesen, wir brauchen einander. Im Kleinen wie im Großen. Es reicht eben nicht, wenn jeder an sich selber denkt. Das Schlüsselwort unserer Gegenwart heißt Solidarität. Ein Grundprinzip, das unseren Genossenschaften bereits seit mehr als einem Jahrhundert immanent ist.

Solidarität Wir erleben gerade eine nie dagewesene Welle der Solidarität – allerorts helfen sich die Menschen gegenseitig die Krise zu überstehen. Das beginnt im Kleinen bei der Nachbarschaftshilfe, in dem Menschen für andere einkaufen gehen und jene unterstützen, die jetzt umso mehr Hilfe brauchen; das geht über lokale Solidaritätsprojekte, wenn beispielsweise Kinder eines Ortes Briefe oder Selbstgebasteltes für Altenheimbewohner anfertigen, die derzeit keine Besuche empfangen können bis hin zu globalen Solidaritätsbekundungen mit bisher wenig wertgeschätzten Berufsgruppen, die plötzlich als Helden gefeiert werden. Menschen sind füreinander da und stehen füreinander ein. So wie es in Genossenschaften immer schon selbstverständlich war.

Genossenschaften halten Stellung Auch die Solidarität mit heimischen Unternehmen ist groß wie nie.

KRISE

wei Gefahr ji Chance

Die Corona-Krise hat weltweit eine Welle der Solidarität ausgelöst.

Zahlreiche Initiativen wurden ins Leben gerufen, die das Ziel verfolgen, die regionale Wirtschaft zu stärken. Die Sensibilität der Menschen für den Kauf heimischer Produkte und die Inanspruchnahme regionaler Dienstleistungen steigt wieder. Dadurch werden Arbeitsplätze und regionale Wertschöpfung gesichert, wovon letztlich alle profitieren – auch unsere Genossenschaften. In ihrer Rolle als regionale Nahversorger kommt ihnen derzeit eine besondere Bedeutung zu. Sei es als Finanzdienstleister, als Agrargenossenschaft, in der Lebensmittelerzeugung oder als Energieversorger – sie halten auch in Krisenzeiten die Stellung. Die Menschen in unserem Land können sich darauf verlassen.

Aussagen, die Mut machen Wie es nach der Krise sein wird, wissen wir nicht. Aussagen von Experten aber geben uns Hoffnung und machen uns Mut. Der Zukunftsforscher Matthias Horx etwa beschreibt in seinem Exposee „48 – Die Welt nach Corona“, dass wir uns in einer Tiefenkrise befinden, bei der nachher nichts mehr ist, wie es war. Doch Horx zeichnet mit dieser These kein Horror-Szenario, sondern beschreibt eine Welt, die sich in eine andere Richtung bewegt, in der der Mensch wieder mehr im Vordergrund steht. Zudem glaubt er an eine „Glokalisierung“ nach Corona, d.h. einer Lokalisierung des Globalen, an die Renaissance des Handwerks, an Zwischenlager, an ortsnahe Produktionen.

An eine 180-Grad-Wende nach Corona glaubt der deutsche Philosoph Richard David Precht zwar nicht, aber er beschreibt in seinem Beitrag „Das große Erwachen“ (erschienen in der deutschen Zeitung „Die Zeit“), dass das Schneller-Höher-Weiter-Mehr vielleicht seine rücksichtslose Dynamik verliert und das Miteinander damit wieder mehr Raum gewinnt. "Die jetzigen Maßnahmen sind alternativlos, die Rückkehr zur genau gleichen alten Normalität ist es nicht. Das Fenster, in Alternativen zu denken, steht sperrangelweit offen", schreibt er.

Der deutsche Soziologe Heinz Bude schreibt im Magazin „Stern“: „Die Menschen sind keine Ichlinge. Diese Corona-Erfahrung von Schutzlosigkeit werden sie nie vergessen. Sie wird bleiben. Wir erleben das Scheitern einer Idee des starken Ichs, der Großartigkeit der Vereinzelung. Das fällt jetzt in sich zusammen." Er meint, dass Individualisierung ersetzt wird durch Solidarität und Gemeinsinn und dass die Leute begreifen, dass es Situationen gibt, die alleine nicht zu bewältigen sind.

Womit wir wieder beim Grundsatz von Friedrich Wilhelm Raiffeisen sind: Was einer nicht schafft, das schaffen viele.

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