The Red Bulletin Jänner 2016 - CH

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SCHWEIZ

ABSEITS DES ALLTÄGLICHEN

Brandstifter aus Überzeugung

DER RALLYE-GOTT Sébastien Loeb fährt die Dakar – auch blind

9 TAGE ORGIE IN MEXIKOS MEKKA DER FEUERWERKE

DER BÖSEWICHT Tim Roth liebt schwierige Charaktere

GAME CHANGERS 2016

ELON MUSK und 15 weitere Menschen und Ideen, die dein Leben verändern werden

WINTER SPECIAL

Die geilsten Tools für Fun im Schnee

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DIE WELT VON RED BULL

40 PYROMANIE

Die Kleinstadt Tultepec ist Mexikos FeuerwerksMekka. Einmal im Jahr brennt es neun Tage lang.

In „Game Changers 2016“ stellen wir (ab S. 21) 16 Visionäre, Ideen und Gadgets vor, die unser Leben verändern: Elon Musk fliegt uns zum Mars. The Void ist der erste Freizeit­ park, den wir mit Virtual-Reality-Brillen er­ leben. Atommüll verwandelt sich in Energie. Dave Asprey macht das Beste aus unseren Körpern und Polyamorie unser Liebes­ leben spannender. Raúl de Anda und José Medina befreien uns von der Herrschaft der Angepassten. „Angry Birds“ kommen ins Kino. Bakteriensprays ersetzen Duschen. Insekten sind das Fleisch, Graphen ist der Werkstoff der Zukunft, und Loretta Lynch könnte den Weltfußball-Verband retten. Viel Vergnügen mit diesem Heft! Die Redaktion 4

ART STREIBER/AUGUST (COVER), FLORIAN RAINER, PICTUREDESK.COM

WILLKOMMEN

Diese Frau zwang sogar Apple in die Knie. TAYLOR SWIFT, SEITE 32

THE RED BULLETIN


JANUAR 2016

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AUF EINEN BLICK

DER RALLYE-GOTT

Sébastien Loeb fährt erstmals die Dakar. Mit dem Diesel-Monster von Peugeot. Wenn es sein muss, blind.

GALLERY 14 BEST OF 2015  Momente, in denen die Welt stillstand.

FEATURES 21 Game Changers 2016 16 Menschen und Ideen, die dein Leben verändern werden.

40 Die Brandstifter

FLAVIAN DUHAMEL, JA TESCON, ANTON BREY/OPEN FACES, IAN WILTON, CORBIS

58

88

GLAUBE NICHT AN GRENZEN

Nach einer schlimmen Erfahrung bekam Robin Arzón ihr Leben mit Fitness in den Griff. Jetzt motiviert sie andere.

DAS GROSSE WINTER-SPECIAL

Unter diesen Umständen darf es ruhig kalt werden. Wir präsentieren die besten Tools für Fun im Schnee.

Die neuntägige Pyromanen-Orgie in Mexikos Mekka des Feuerwerks.

50 Höhenflug

Ski-Freeride mit Motor-Gleitschirm: Willkommen bei „Degrees North“.

56 Heroes Tim Roth, Robin Arzón, Kenton Cool.

60 Sébastien Loeb

Der Rallye-Gott fährt erstmals die Dakar und erzählt über das Sehen.

66 10 Tage Beach-Party

Beim BPM Festival in Mexiko legen ­einige der besten DJs der Welt auf.

ACTION!

66 TECHNO IN DER KARIBIK

Einige der weltbesten DJs machen zehn Tage lang, 24 Stunden täglich, Party an Mexikos Karibikküste. Kurz: BPM. THE RED BULLETIN

56 GELIEBTER UNSYMPATH

„Hateful Eight“-Bösewicht Tim Roth ­erklärt, warum er keine Angst davor hat, problematische Charaktere zu mimen.

73 SEE IT. GET IT. DO IT. Reise, Gadgets, Filme, Musik und Motor. 88 SALES SPECIAL Winterspaß-Garanten 94 READ BULL  Michal Hvorecký 98 MAGIC MOMENT  Makes you fly

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THE RED BULLETIN BACKSTAGE JANUAR 2016

CONTRIBUTORS MIT AN BORD

MICHAL HVORECKÝ

Beim BPM Festival in Mexiko: zehn Tage durchfeiern

Party-Marathon in der Karibik Das BPM Festival in Playa del Carmen auf der Halbinsel Yucatán lockt jedes Jahr 70.000 Musikfans an Mexikos Karibikküste. Gefeiert wird zehn Tage lang. Mehr als 300 DJs legen 24 Stunden pro Tag auf. Legendär ist die entspannte Stimmung vor Ort. Weltstars wie Richie Hawtin relaxen bei Tacos und Bier, Polizeikontrollen enden in spontanen Dance-Partys. Zum Start des 2016er-Festivals am 8. Januar hat uns Organisator Phillip Pulitano verraten, wie er selbst seine Kräfte optimal über zehn Tage verteilt. Seite 66.

MAKING OF DAS SHOOTING DES MONATS

Der mehrfach ausgezeichnete slowakische Autor leitet die Bibliothek des Goethe-Instituts im heimatlichen Bratislava. Seine Shortstory handelt von Liebe, Schnaps und Weihnachten in der Nordslowakei. Seite 94.

RED BULLETIN WELTWEIT FLORIAN RAINER

Von seiner Reportage über Mexikos neuntägiges Pyrotechnik-Fest in ­Tultepec kehrte der Wiener Fotograf mit Brandwunden an beiden Händen heim. Die Bilder, die er mitbrachte, waren die Schmerzen wert. Seite 40.

The Red Bulletin erscheint ­aktuell in zehn Ländern. Im Bild das Deutschland-Cover mit dem Red Bull Soundclash-Duell Haftbefehl gegen Sido. Alle Ausgaben zum Download: www.redbulletin.com/howtoget

Fotograf ­Duhamel bei der Arbeit: mit Rallye-Legende Loeb in Marokko

„Séb arbeitet gern schnell – im Cockpit und beim Shooting.“ FOTOGRAF FLAVIEN DUHAMEL Der Franzose Duhamel begleitete Landsmann Sébastien Loeb, den neunfachen Rallye-Weltmeister, bei dessen Training für das erste Antreten bei der Rallye Dakar. „Ich lag im Sand. Séb jagte seinen Racer über die Düne neben mir. Ich vertraute ihm“ (S. 60).

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„STELL DICH DEINER REISE: MEXIKO GRÖSSTEN ANGST“ IN FLAMMEN Er war der „Twilight“-Held, wurde Weltstar und zerbrach fast daran. Uns erzählt Robert Pattinson, wie er sich zurückkämpfte.

Tequila, Street Food, feuerfeste Kleidung: die fünf wichtigsten Travel-Tipps für das traditionelle Pyrotechnik-Fest von Tultepec.

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GALLERY

RAUCHZEICHEN UTAH, USA BILD: ARMIN WALCHER

Eigentlich wollten Kirby Chambliss (ganz vorn), Nicolas Ivano≠ (dicht dahinter) und Matthias Dolderer ihre Maschinen bloß zum Red Bull Air Race nach Las Vegas überstellen. Doch über der Wüste von Utah packte die Kunstpiloten das Trick-Fieber. Ergebnis: ein schräger DreifachFormationsflug durch das Monument Valley. Saison-Highlights: www.redbullairrace.com

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ARMIN WALCHER/RED BULL CONTENT POOL


LORENZ RICHARD/RED BULL CONTENT POOL


ALLES FLIESST

GENF, SCHWEIZ BILD: LORENZ RICHARD Jorge „Viki“ Gómez ist nicht nur einer der weltbesten Flatland-Biker, sondern auch Anhänger der taoistischen Philosophie, die er eins zu eins auf seinen Sport umlegt. „Je fließender die Bewegung, desto höher die Siegchance“, sagt Gómez. Nur folgerichtig, dass seine liebsten Trainingsplätze alle nah am Wasser liegen. Vikis Bilder: instagram.com/vikigomezbmx

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FOSSÁ-TAL, ISLAND BILD: ERIC PARKER

Mit der Erstbefahrung des 35 Meter hohen Keyhole-Wasserfalls in British Columbia im Westen Kanadas errang Aniol Serrasolses im Oktober 2014 Legendenstatus in der Kajak-Szene. Nach Island lockte den Spanier eine wahre Mammutaufgabe. Im Tal der Fossá bezwang Serrasolses zehn Wasserfälle hintereinander. Im Bild Drop Nummer eins aus 15 Meter Höhe. Wildwasser-Tweets: twitter.com/aniol10

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The Red Bulletin’s Game Changers

MENSCHEN, DINGE UND IDEEN, DIE 2016 UNSER LEBEN VERÄNDERN WERDEN

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1. Elon Musk 2. The Void 3. Dave Asprey 4. Atommüll 5. Cara Delevingne 6. Raúl de Anda und José Medina 7. „Angry Birds“ 8. Bakterien 9. Taylor Swift 10. Loretta Lynch 11. Insekten 12. Live Tracking 13. Graphen 14. Megan Ellison 15. Emojis 16. Internet der Dinge

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ELON MUSK bringt die Menschheit auf den Mars.

„Ich möchte einmal auf dem Mars sterben – aber nicht, indem ich bei der Landung abstürze.“ Wenn Elon Musk, geboren 1971 in Südafrika und später in den USA zum Dotcom-Milliardär avanciert (etwa mit einer Idee namens Pay­ Pal), so etwas sagt, meint er es ernst. Schließlich geht es ihm darum, die Welt zu retten – mit den Mitteln des „American Dream“, also einer erfolgreichen Firmengründung nach der anderen. 2003 investierte er in den Elektroautohersteller Tesla ­Motors, dessen CEO und ProduktArchtitekt er mittlerweile ist. Solar­ City, deren Vorsitzender er ist, ­konzipiert und vertreibt Solarstromanlagen. Mit Hyperloop hat er die 22

ART STREIBER/AUGUST

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Vision einer superschnellen und ­umweltfreundlichen Luftkissenbahn entworfen, die Flugzeuge überflüssig machen soll. Und mit SpaceX will er sich schließlich ­seinen lebenslangen Traum erfüllen und das Zeitalter der Mars-Kolonien einläuten. Sein Raumfahrtkonzept könnte die Kosten von Weltalltrips um 90 Prozent reduzieren, behauptet er. Schon jetzt liefert SpaceX mit eigenen Raketen Nachschub an die Internationale Raumstation ISS. Bis die ersten Menschen dann tatsächlich zum Mars geschickt werden können, soll es gerade mal zwanzig Jahre dauern. „Wir stehen am Beginn eines ­neuen Zeitalters der Weltraum­ erkundung“, sagt Elon Musk, der Hollywood immerhin als Realvorlage für den milliardenschweren Welt­ retter Tony Stark alias „Iron Man“ gedient haben soll. Und er prophezeit uns, dass die Zukunft der Menschheit im All liege. Den nächsten Schritt auf seiner langen Reise zum Roten Planeten will Musk noch dieses Frühjahr schaffen: wenn die neueste SpaceX-Rakete „Falcon Heavy“ ihre Alltauglichkeit beweisen wird – die stärkste Weltraumrakete unserer Zeit.

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Der neue Steve Jobs? Elon Musk – das Vorbil­d einer ­ganzen Generation von Tech-Geeks und Start-ups.

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THE VOID macht virtuelle Realität

endlich alltagstauglich.

Ein Astronaut, der zum ersten Mal an der äußeren Hülle der Internationalen Raumstation ISS herumschraubt, hat zuvor jeden nötigen Handgriff schon tausende Male ausgeführt. Im Virtual Reality Lab der NASA. Die Technologie funktioniert. Und sie wird immer besser. Warum also, rufen die Gamer dieser Welt seit Jahren, warum gibt es noch immer kein entsprechend sensationelles Virtual-Reality-Spiel? Es könnte sein, dass ihr Ruf im Jahr 2016 endlich erhört wird. Danke, Ken Bretschneider! Danke, ­Curtis Hickman! Danke, James Jensen! Die drei USamerikanischen Unternehmer wollen im Sommer The Void eröffnen – einen riesigen Indoor-Freizeitpark, in dem spielbegeisterte Nicht-Astronauten wie du und ich sagenhafte Landschaften, gespenstische Gebäude oder außerirdische Raumschiffe erkunden können. Mit Hilfe einer VR-Brille, die 180 Grad des Blickfelds abdeckt, und eines Spezialanzugs, der e­ inen durch hohes Gras gehen oder Regen spüren lässt. Oder dir das Gefühl gibt, dass zwanzig Taranteln deinen ­Rücken hochkrabbeln. In Wirklichkeit schleichen die Spieler dabei durch ein Labyrinth aus grauen, verschiebbaren Wänden. 24

Die sie zwar anfassen können, an deren Stelle sie aber computergenerierte Bilder sehen. The Void wird derzeit in Pleasant Grove, Utah, gebaut. Ein halbstündiger Spiel-Trip wird etwa 30 Dollar kosten. Ist es das also? Erlebt Virtual Reality mit The Void endlich den Durchbruch, auf den wir seit den Neunzigern warten? Seit dem, ähem, Datenhandschuh? Facebook und die Geeks von Oculus basteln jedenfalls auch schon fieberhaft an einem virtuellen ­Gaming-Universum. Und von dort wird die erweiterte Realität wohl bald auch den Alltag jenseits des Entertainments erobern. Software-Riese Microsoft hat ­bereits seine HoloLens vorgestellt – eine AugmentedReality-Brille, die zum Beispiel dem Hausmann der Zukunft bei Reparaturen helfen könnte. Indem sie die zum Austauschen des Abflussrohrs notwendigen Handgriffe ins reale Blickfeld einblendet. Von dort scheint dann der nächste Technologie-Sprung nur allzu logisch: das Einblenden der virtuellen Realität direkt auf die Kontaktlinse. Aber bis es so weit ist, laufen wir sicherlich noch mehrere Spielrunden mit helmgroßen Fliegenaugen durch The Void.

CORBIS

2

Kleiner werden die Dinger im Moment einfach nicht. Das Oculus Rift soll dieses Jahr endlich auf den Markt kommen.

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4

ATOMMÜLL wird sich in Energie auflösen. Oder uns.

Eines wissen wir mit Sicherheit: Doc Brown lag falsch. Mit radio­ aktivem Plutonium kann man nicht durch die Zeit reisen. Echt schade. Man kann tödlich radioaktives ­Material aber dazu nutzen, die Welt zu retten. Das beweisen drei junge Genies: Taylor Wilson, heute 21 Jahre alt, baute im Alter von 14 einen MiniKernfusionsreaktor in der Garage. Seitdem tüftelt er an Plänen für Kernspaltungs-Kraftwerke, die das Problem des radioaktiven Mülls lösen sollen, statt dazu beizutragen. Die beiden MIT-Absolventen Leslie ­Dewan, 31, und Mark Massie, 29, schmieden ähnliche Pläne. Auch sie haben – zumindest auf dem Papier – einen Kernreaktor der nächsten Ge­ neration entworfen. Alle drei wollen eines der größten Probleme der Menschheit lösen – und das buch­ stäblich: Ihre Flüssigsalzreaktoren könnten den hochradioaktiven ­Abfall aus herkömmlichen Kernkraft­ werken als Energiequelle nutzen und damit Strom erzeugen. Mit einer ­Effektivität von 98 Prozent. Wenn das nicht funktioniert, hilft nur ­eines: Doc Browns Zeitmaschine. Wollen wir das Zeug allen Ernstes für die nächsten 100.000 Jahre vergraben? Oder wollen wir es in Strom umwandeln?

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DAVE ASPREY schraubt an seiner und deiner Biologie.

Der 43-jährige US-Amerikaner ist so etwas wie der Popstar unter den weltweit rund 100.000 ambitionierten Biohackern – Menschen, die mitunter radikal in ihren Körper eingreifen, um ihn zu verbessern. Oder ihm gar übermenschliche ­Fähigkeiten zu verleihen. Etwa mit Augentropfen, die einen in kompletter Dunkelheit sehen lassen. Asprey hat einen etwas sanfteren, aber sehr wirkungsvollen Hack für sein Leben gefunden. Der besteht vor allem ­darin, dass er jeden Morgen seinen selbst angebauten Spezialkaffee trinkt: Den mixt er mit einem Stück Butter (!) und Kokosnussölextrakt. Erhöht angeblich die Leistungs­ fähigkeit. Und die Intelligenz.

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Genial? Marketinggag? Oder genialer Marketinggag? Mix Butter in deinen ­Morgenkaffee und probier es erst mal selber aus.

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POLYAMORIE wird unser Liebesleben spannender machen.

NIK HARTLEY/CORBIS OUTLINE

ER: Schatz, Frank hat mir erzählt, er und Anna haben an der Uni eine Frau kennengelernt. Sie verbringen viel Zeit zu dritt miteinander und … SIE: … und? ER: Sie machen jetzt auf Polyamorie. SIE: Und das heißt? ER: Frank hat auch Sex mit der Frau. Und trotzdem keine Krise mit Anna. SIE: Weil er es ihr verheimlicht? ER: Nein! Weil sie es total aufregend findet. Sie waren sogar schon zu dritt im Bett! Frank sagt, es fühlt sich ein bisschen so an, als wären alle frisch verliebt. SIE: Und was soll das jetzt heißen? Du  findest das gut? ER: Na ja, ich hab nichts gegen ­Experimente. Rein theoretisch. Für dich wäre das nichts? SIE: Ich wusste nicht, dass du ein verkappter Seventies-Kommunarde bist. Rein theoretisch: Wie lernt man wen kennen, der dafür offen wäre? ER: Im Internet gibt es so einige Poly-Dating-Seiten. SIE: Du hast dich also anscheinend schon informiert. Könnten wir nicht einfach Frank fragen? Den fand ich schon immer ganz … ER: … Frank?! Besser jemanden, den wir nicht kennen. SIE: Dann laden wir uns Tinder aufs Telefon! Mit dem geht das doch auch, oder? Wie Cara Delevingne zu Polyamorie steht, ist nicht hundertprozentig verbürgt. Aber eines ist sicher: wie wir zu Cara Delevingne stehen – polyamourös.

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5 ER: Das kennst du? SIE: Klar, ist wie aufreißen, ohne sich anzusprechen. ER: Also ich wäre dabei. Aber nimm dir alle Zeit der Welt. SIE: Klar, wann geht’s auf die Piste? ER: Äh, wie jetzt? SIE: Wir hätten schon viel früher Verstärkun­g holen sollen. ER: Verstärkung?!? Ich glaube, du hast da was missverstanden. Bei Polyamori­e geht es nicht nur um Sex. Es geht um echte Beziehungen. Dass man auch zwei oder mehr Partner liebe­n kann – ohne einen davon zu verletzen­. Rein theoretisch. SIE: Wie auch immer. Hauptsache, endlich wieder ein Orgasmus. ER: Was?!? Aber letztens bist du doch … SIE: Ja! Rein theoretisch. ER: Das heißt, ich allein genüge dir nicht? SIE: So meine ich das doch gar nicht. Aber vier Augen sehen nun mal mehr als zwei. ER: Moment. Du liebst mich doch noch? Oder? SIE: Klar, Bärchen! Aber man kann doch vielleicht auch zwei Partner lieben – ohne einen zu verletzen. Nicht?

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6 Raúl de Anda (links) und José Medina h ­ elfen Menschen auf die Sprünge, die die Welt verändern wollen.

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RAÚL DE ANDA UND JOSÉ MEDINA fördern unvernünftige

AGUSTÍN DE JESÚS ROMO RODRÍGUEZ

Projekte auf der ganzen Welt, um uns alle von der Herrschaft der Angepassten zu befreien. Jahrzehntelang haben wir es mit Vernunft versucht. Man nehme nur die Entwicklungshilfe: Millionen von Menschen spenden Milliarden von Euro für die armen Länder dieser Welt – aber das Geld versickert oft spurlos, ohne dass sich dort etwas ändert. Deshalb ­machen Raúl de Anda und José Medina jetzt alles anders. Die beiden Mitbegründer der ­Organisation Unreasonable México wählen Menschen mit „unmöglichen“ Ideen aus, stellen ihnen Mentoren mit unternehmerischer ­Erfahrung zur Seite und überreden Investoren, die wagemutigen Vorhaben zu finanzieren. Das Ergebnis: erfolgreiche und profitable Sozialprojekte wie Eneza Education (bringt Bildung per Smartphone in ländliche Regionen Afrikas), Solidarium (brasilianische Kunsthandwerker verkaufen ihre Erzeugnisse online) oder Girl Effect Accelerator (junge Frauen aus a ­ rmen Verhältnissen erhalten eine Ausbildung, um sich selbständig zu machen). „Wir müssen Superhelden werden, weil die Welt uns braucht“, sagt Raúl de Anda, ­dessen Gründerzentrum eine Filiale des global agierenden Unreasonable Institute ist. Ihr ­Credo: Es waren immer schon die Querdenker, die Außenseiter oder „irre“ Wissenschaftler, die die Welt zum Guten verändert haben. Nicht die Angepassten, nicht die Buchhalter, nicht die Bürokraten. Mit seinem Namen ­bezieht sich das Institut auf einen Gedanken George Bernard Shaws: „Aller Fortschritt hängt vom unvernünftigen Menschen ab“, schrieb der irische Schriftsteller einmal. Oder, um es mit Steve Jobs und seiner legendären „Think Different“-Kampagne für Apple zu ­sagen: „Ein Hoch auf die Verrückten!“ THE RED BULLETIN

„ANGRY BIRDS“ läuten eine neue Ära des

kindergefährdenden Gewaltkinos ein. Attacke! Hmm … das heißt also, während Kinovorführungen des „Angry Birds“-Films wird es verboten sein, „Angry Birds“ am Smartphone zu spielen.

Der 20. Mai 2016 könnte Hollywood verändern. An diesem Tag startet „The Angry Birds Movie“ in den USKinos. Es wird der erste Blockbuster sein, der auf einem Mobile Game ­basiert. Und dass es ein Blockbuster wird, davon kann man jetzt schon ausgehen: Denn um ein Erfolg zu werden, müsste nur ein Bruchteil der Leute ins Kino gehen, die sich das Spiel runtergeladen haben. Und wir halten mittlerweile bei sagenhaften zwei Milliarden Downloads. Erreichen die wütenden Piep­ mätze am traditionell besten Startwochenende des Kinojahres eine ­imposante Flughöhe, darf man bald darauf weitere Kinostarts erwarten. Die Drehbücher für „Fruit Ninja“, „Doodle Jump“ und „Candy Crush Saga“ liegen mit Sicherheit schon auf Hollywoods Festplatten.

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BAKTERIENSPRAYS werden unsere Duschen

ersetzen. Davon ist David Whitlock überzeugt. Er hat sich zuletzt irgendwann Ende der neunziger Jahre gewaschen. Und überlässt anderen die Drecksarbeit.

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CORBIS

16.000 Liter Dusch- und Badewasser. Sechs Stück Seife. Vier Flaschen Duschgel bzw. Shampoo. Das ­alles verbraucht ein Europäer durchschnittlich in ­einem Jahr um sich sauber zu halten. Alles komplett umsonst. Das behauptet zumindest David Whitlock, Chemiker vom nicht gerade als unseriös geltenden Forschungsinstitut MIT. Whitlock erzählt freimütig, dass er sich zuletzt irgendwann Ende der neunziger Jahre geduscht habe. Seither lässt er andere für THE RED BULLETIN


sich putzen: Legionen von Bakterien, die sich auf ­seiner Haut wohlfühlen. Whitlock und sein Start-up AOBiome h ­ aben ein Spray entwickelt, das Duschen überflüssig machen soll. Der Star in der Sprühdose heißt Nitrosomonas ­eutropha, ist stäbchen- oder birnenförmig und findet sich normalerweise im Boden. Es ist ein zwei Mikrometer langes Bakterium, das von Ammoniak lebt. (500 hintereinander aufgereiht wären also einen ­Millimeter lang.) Zweimal am Tag sollte man sich dem Bakteriennebel aus der Dose aussetzen, erklärt Whitlock. Milliarden von kleinen „Nitros“ lassen sich dabei auf der Haut nieder und beginnen dort ihr Wunderwerk. Bevor die Menschen begonnen haben, sich fast täglich zu duschen und sich bei jeder Gelegenheit die Hände mit Seife zu waschen, erzählt Whitlock, hätten sich die Putzbakterien auf unserer Haut sehr wohl gefühlt. Und dort für natürliche Sauberkeit ­gesorgt, indem sie unseren Schweiß wegfraßen. Was wir heute als Hygiene und Sauberkeit bezeichnen, hat im Lauf der letzten zwei Jahrhunderte mit Sicherheit viele schwere ansteckende Krankheiten eingedämmt. Aber, so Whitlock, übertriebene Hygiene beschere uns auch Allergien – und bahne den Weg für andere Krankheitserreger, die davor von freundlichen Bak­ terien wie den „Nitros“ abgewehrt worden waren. Whitlock hat nachgewiesen, dass die Anwesenheit von Ammoniak-oxidierenden Bakterien auf der Haut Entzündungen und Irritationen eindämmt. Und das Immunsystem stärkt. Insgesamt trägt ein erwachsener Mensch etwa hundert Billionen Mikroorganismen spazieren – ­zusammen wiegen diese gut zwei Kilo. Die meisten davon sind in unserem Darm zu Hause, wo sie für uns unverzichtbare Dienste bei der Verdauungsarbeit erledigen. Dass man diese unsichtbaren Freunde mit probiotischen Joghurts oder anderen Nahrungs­ mitteln unterstützen kann, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Dave Whitlock ist überzeugt, dass unsere Hautbakterien bald eine ähnlich steile Popularitätskurve in der öffentlichen Meinung nehmen werden wie ihre Cousins aus der Darmflora. Sein Spray, der unter dem Markennamen „Mother Dirt“ verkauft wird, soll uns die gesunde Hautflora unserer ungewaschenen Vorfahren zurückgeben. Dirty ist das neue Clean.

2016 ist das Jahr, in dem nicht nur dein Essen, sondern auch deine Haut „bio“ wird: dank lebendiger Mikroorganismen, die ­alles abgrasen, was dreckig ist und stinkt.  www.motherdirt.com

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TAYLOR SWIFT verwandelt Sexisten in Feministen.

Sie sieht so nett, direkt harmlos aus, hat in Wahrheit aber die Welt in ihrer Hand. In den vergangenen fünf Jahren mauserte sich das Country-Sternchen Taylor Swift zum größten Popstar des Planeten. Um Taylor die Allmächtige nicht zu verärgern, ging letztes Jahr sogar Apple in die Knie und änderte über Nacht das Geschäftsmodell seiner Streaming-Plattform. Nebenbei hat sie die wich­ tigsten Magazincover der Welt geschmückt, von „Vanity Fair“ bis „Time“-Magazin. Noch ausständig: der „Playboy“. Klar, dass die ­Feministin Swift keinen Bock darauf hat, sich nackt vor der Kamera auf seidenschimmernder Porno-Bettwäsche zu räkeln. Das Männer­magazin hätte aber – kann man den ­Gerüchten Glauben schenken – die Queen of Pop trotzdem gern auf dem Titel­blatt. Und machte ihr deshalb ein Angebot, das mit der 62-jährigen Tradition des Hefts brechen würde: Sie dürfte als erste bekleidete Frau das ­Cover zieren. Und zwar jenes der März-Nummer – die auch ganz ohne Taylor eine historische Ausgabe sein wird: Ab diesem Heft nämlich wird es im „Playboy“ keine (komplett) nackten Frauen mehr zu sehen geben. Wir rechnen eins und eins zusammen und formulieren das noch mal: Um Taylor Swift zu gefallen, wird es im „Playboy“ keine nackten Frauen mehr zu ­sehen geben. Kniet nieder!

SARAH BARLOW

Wenn du in ein paar Jahren ein reicher Musiker bist, denk an Taylor Swift zurück: Ohne sie kriegte nämlich Apple dein ganzes Geld. Oder Google. Oder die Mafia.

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LIVE TRACKING wird immer genauer, immer

kleiner, immer normaler. Und wir dabei immer besser.

10 LORETTA LYNCH zerschlägt (und rettet) den Weltfußballverband.

Moment mal: Wäre sie nicht die perfekte neue FIFA-Präsidentin? Hat sie schon jemand gefragt? Dürfen wir sie noch schnell nominieren?

Die US-Justizministerin stürmte letztes Jahr fast im Alleingang die Mauern der FIFA – der größten und mächtigsten Sportorganisation der Welt. Um die höchst dubiosen Foulspiele diverser FIFA-Funktionäre ans Licht der Ö≠ent­ lichkeit zu bringen, musste offenbar erst eine unparteiische Frau das Spielfeld betreten. ­Loretta Lynch ließ vorigen Mai mehrere ranghohe Mitarbeiter des Weltfußballverbandes verhaften. Und zwang so auch den skandal­ umwitterten Präsidenten Sepp Blatter dazu, zurückzutreten. Lynchs große Stärken: ihre Distanz zum Fußball und der unumstößliche Wille, die ­besonders heißen Eisen anzupacken. Schon als Staatsanwältin ließ sie Menschenhandelsringe auffliegen, legte sich mit korrupten Wall-StreetBankern und der US-Polizei an. Ihr Credo: „Keine Person steht über dem Recht, keine korrupte Organisation außerhalb seines Zugriffs.“ Loretta Lynch und ihr Team stehen aber erst am Anfang der Ermittlungen. Blatter und sein Kollege von der UEFA, Michel Platini, wurden mittlerweile sogar suspendiert. Doch der Reform­prozess in der FIFA scheint noch immer nicht abgesichert zu sein. Die alten Kräfte ­lassen nicht so leicht von der Macht. Damit die FIFA das Vertrauen der Fußballfans zurückgewinnen kann, muss Loretta Lynch mit Sicherheit noch einige rote Karten verteilen.

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Um das Beste aus sich selbst rauszu­ holen, hat der Mensch schon immer auf Technik gesetzt. Nicht erst seit es das Wort „Selbstoptimierung“ gibt. Man den­ ke nur an so wundervoll vorsintflutliche Erfindungen wie das Laufband. Doch die Welt wird unaufhaltsam mobiler. Deshalb müssen neue Geräte vor allem leicht, klein und multifunktional sein. Wie zum Beispiel The Dash von Bragi: Die smarten, drahtlosen Ohrknöpfe spielen Musik beim Joggen, Radfahren oder Schwimmen (!) und zeichnen gleichzeitig die Körper­ aktivität auf. Ein Bewegungssensor, ein Thermometer und ein optischer Sensor haben in dem Mini-Tracker Platz. Die ­stylischen Ohrknöpfe geben uns einen Vorgeschmack darauf, was uns dieses Jahr im Bereich des Live-Trackings bevor­ stehen könnte: nämlich das vorzeitige Ende der Tracking-Armbänder. Und der Aufstieg der mit Sensoren aufgerüsteten Alltagsgegenstände.

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Das eigene Leben braucht nicht viel Platz. Fast alles passt auf so einen Winzling wie diesen von Bragi. Aber was passiert mit deinen Daten, wenn der Ohrstöpsel rausfällt? www.bragi.com

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11 DDP IMAGES, DREAMSTIME, CORBIS

Augen zu und durch: Belohnt wirst du mit einem Plus an Geschmacksvielfalt. Allein unter den ­Heuschrecken gibt es 11.000 Arten.

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INSEKTEN sind das Fleisch der

Zukunft (vorausgesetzt, die Speisekarten der Zukunft verzichten auf Makroaufnahmen). Manche sagen Ungeziefer dazu. Andere nennen sie den wichtigsten Eiweißlieferanten der Zukunft. Was Hühner, Schafe und Rinder leisten, kriegen Insekten nämlich viel besser hin: aus pflanzlichen Nährstoffen hochwertige Proteine zu erzeugen. Für die Produktion von einem Kilo Fleisch fallen bis zu 13 Kilo Futter an. Bei Insekten sind es nur 1,7 Kilo. Krabbelnde Nahrungsmittel ­mögen für europäische und nord­ amerikanische Gaumen abstoßend sein. Doch ist alles eine Frage der ­Gewohnheit: Bei den alten Römern galten Käferlarven als Delikatesse. Und in vielen Weltgegenden sind Heuschrecken und Mehlwürmer bis heute eine nahrhafte Zuspeise. In zwanzig Jahren wird ein Zehntel der weltweiten Proteinversorgung aus Insekten bestehen, prognostiziert die UNO. Am wahrscheinlichsten in ge­ trockneter Form: Mehlwurmmehl ist vielseitig verwendbar, und das New Yorker Start-up Exo produziert be­ reits Proteinsnacks aus zermahlenen Grillen. Zwischendurch mexikani­ sche Heuschrecken-Tacos oder frit­ tierte Wasserkäfer à la thailandaise? Warum nicht – Sushi gab es im Wes­ ten bis vor ein paar Jahren auch nicht an jeder Ecke. Starköche wie René Redzepi oder David Faure ­haben Insekten längst in ihre Menüs integriert. Und die Biotech-Künstlerin Katharina Unger hat eine Insekten­ farm entwickelt, in der du leckere Soldatenfliegenlarven daheim züch­ ten kannst. Und erst die knusprig frittierte Honigameise! Yummy! 35


GRAPHEN ist der Werkstoff der

Zukunft. Aber wann kommt sie endlich, die Zukunft?

Eine Atomlage dick:  So stellen sich Technologie-Forscher die Zukunft vor. Und ­Bienen den Himmel.

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MEGAN ELLISON zeigt Hollywood, wie man

Filme produziert, die mutig und erfolgreich sind.

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Böse Zungen behaupteten bis vor zwei Jahren, Megan Ellison sei haupt­ beruflich Tochter. Hieße ihr Vater nicht Larry Ellison, Softwareguru und drittreichster US-Amerikaner, wäre die 29-Jährige nur eine weitere Stu­ dienabbrecherin, die von einer Film­ karriere träumt. Doch Ellison nutzte ihr bescheidenes Taschengeld, um Filme zu produzieren. Gute Filme. Heute gilt sie als Avantgardistin ­eines Kulturwandels in Hollywood: Während sich die großen Filmstudios immer weiter in deppensichere ­Remake-Prequel-Sequels flüchten, finanziert die junge Erbin ungewöhn­ liches, m ­ utiges Kino. Es sind Filme mit m ­ ittleren Budgets, aber großen Stars: Kathryn Bigelows Bomben­ erfolg „Zero Dark Thirty“, Paul ­Thomas Andersons ScientologyEpos „The Master“ und Harmony ­Korines Punk-Disneyclub-Crossover „Spring Breakers“ würden ohne die Jung­produzentin nicht existieren. ­Interviews gibt sie keine. Mit der ­Öffentlichkeit kommuniziert Ellison lediglich via Katzenfotos und bissige Tweets. Sie hat die Zukunft kapiert. Und für alle, die mit Filmen wie „Her“ nicht so viel anfangen konnten, macht Megan Ellison bis 2018 zwei „Terminator“-Sequels. Versprochen.

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GETTY IMAGES(2)

Wissenschaftler nennen Graphen den Wunderwerkstoff, der die Technik-Branche revolutionieren wird. Warum? Die Kohlenstoffverbindung besteht aus bloß einer einzigen Lage Atome, ist daher unfassbar leicht und dünner als jedes andere Material. Die Displays und Touchscreens der Zukunft werden wir dank Graphen falten oder zusammenrollen können. Mikro­chips werden noch winziger und 10.000-mal so schnell sein wie heutige Chips. Graphen gehört die Zukunft, keine Frage. Aber noch sucht die Wissenschaft nach Methoden, Graphen massenhaft zu produzieren. Bedenkt man, dass ein Werkstoff bis zu seiner Markteinführung normalerweise rund vierzig Jahre erforscht wird, darf ruhig noch ein bisschen Zeit und Geld investiert werden. Schließlich kennt man die Wunderkraft von Graphen erst seit etwa zehn Jahren.


15 Für alle vor 1990 Geborenen: Das Zungeraus-und-ZwinkerEmoji bedeutet übersetzt so viel wie: „Willkommen in der Ironie-Hölle der ­Generation Y!“

EMOJIS machen unsere Sprache bunter.

Sofern wir die Codes verstehen.

APPLE INC.

ORIGINALTEXT:

THE RED BULLETIN

ÜBERSETZUNG: Die Leute auf der ganzen Welt kommunizieren heute über Emojis. Egal ob sie gerade lustig, traurig oder nachdenklich drauf sind. Leider ist es manchmal echt hart und verwirrend, die richtige Bedeutung der ­Emojis herauszufinden. Ein Wörterbuch wäre nicht schlecht. Aber denk nicht zu viel nach, lass dich nicht verwirren, Hauptsache, du schickst möglichst oft das Scheißhaufen-Emoji raus. Ja, so was finden wir lustig. 2016 werden viele neue Emojis verö≠entlicht. Zum Beispiel diese Hand. Sie bedeutet: Ruf mich an! Wir fragen uns: Hätte das nicht das allererste Emoji sein müssen? 37


INTERNET DER DINGE verwischt analog und digital.

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„If This Then That“: Mit dieser simplen Phrase will Linden Tibbets das „Internet der Dinge“ revolutionieren. Die Welt um uns herum besteht schon heute immer mehr aus Dingen, die mit intelligenten, vernetzten Sensoren ausgestattet sind – von der Spielzeugdrohne bis zum Lichtschalter am Aquarium. Ganz abgesehen von unseren Apps am Smartphone. Tibbets’ IFTTT-Plattform will diese unaufhörliche globale Daten­flut für jeden einzelnen User übersichtlicher machen. Und das ­digitale Leben wieder ein bisschen einfacher statt komplizierter. So schaltet IFTTT beispielsweise zwei

Dein Kühlschrank spricht jetzt mit deinem Handy, und vom Auto aus schaltest du das Licht ein – das Licht im Haus.

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MASHA TACE/DEPOSITPHOTOS

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Apps zusammen und automatisiert ihre Aktionen. Linden Tibbets nimmt uns damit auch ein wenig die Angst vor der „Infosphäre“, wie der italienische Philosophieprofessor Luciano Floridi jene nahe Zukunft nennt, in der unser Leben vollkommen ­geprägt sein wird von digitalen ­Informationen. Und jede Handlung, die wir setzen, neue Informationen generieren und sie vernetzen wird. Mit seinem G ­ eniestreich IFTTT er­ innert uns T ­ ibbets daran, dass wir selbst nie aufhören dürfen, aktive Player der Infosphäre zu sein.


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D N A R B TULTEPEC IST MEXIKOS FEUERWERK-HAUPTSTADT. TEXT: ANDREAS ROTTENSCHLAGER


Ein Feuerwerksstier rollt seiner Be­ stimmung entgegen: bei Mexikos größtem Pyrotechnik-Fest

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STIFTER EINMAL IM JAHR BRENNT SIE NEUN TAGE LANG. FOTOS: FLORIAN RAINER

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TULTEPEC PRODUZIERT FEUER­ WERK FÜR 120 MILLIONEN MEXIKANER. JEDES JAHR RICHTEN DIE FABRIKARBEITER WETTKÄMPFE FÜR PROFI-­ PYROMANEN AUS.

Früher Abend in Tultepec: Eine Stierattrappe wird zur Parade ins Stadt­ zentrum gebracht.


In wochenlanger A ­ rbeit fertigen die Einwohner Tultepecs überlebens­ große Stierattrappen aus Pappmaché und bestücken sie mit ­Feuerwerkspatronen. Gut 300 dieser „Tori­ tos“ paradieren am Höhepunkt der „Feria Nacional de la Piro­ tecnia“ zum Haupt­ platz. Dort werden sie an­gezündet. Danach steht die Stadt kopf.

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ls ich im Internet von der Feria Nacional de la Pirotecnia in Tultepec las, war ich auf Anhieb begeistert“, erzählt der Wiener Fotograf Florian Rainer. „Tultepec ist Mexikos Feuerwerk-Hauptstadt. Die Einwohner produzieren Raketen und Böller für 120 Millionen Menschen. Jedes Jahr Anfang März richten die Fabrikarbeiter neuntägige Feuer-Wettkämpfe und Paraden aus. Es ist ein Volksfest für Profi-Pyromanen. Ich musste einfach hin. Anfang März flog ich nach Mexiko City und nahm den ersten Bus Richtung Norden. Tultepec liegt 35 Kilometer außerhalb der Stadt. Im Lauf der Fahrt stiegen erstaunlich viele Männer mit Brandverletzungen zu. Da wusste ich, ich war richtig. Als ich in Tultepec ankam, herrschte Feierstimmung in den Straßen. Frauen grillten Hühner über Einkaufswagen, Männer tranken Tequila. Die größten Feuerwerke starteten zu Beginn der Feria. Am Abend marschierte ich mit 5000 Menschen auf ein Feld, um den Castillo-Wettstreit zu sehen. Castillos sind Holztürme, an denen Flammenräder und Raketenrampen montiert sind. Jeder Turm wird von einem Pyrotechniker ‚bespielt‘, der sein Feuerwerk per Fernzündung abbrennt. Wenn ein Feuerrad blockierte, kletterten Männer auf die brennenden Türme und schoben es mit bloßen Händen wieder an. Ein surrealer Anblick. Mein persönliches Festival-Highlight gab’s an Tag zwei. Für die Parade der Toritos hatten die Einwohner über 300 dieser Stiere aus Pappmaché gebastelt. In jedem Stier steckten bis zu 4000 Feuerwerkskapseln. Als es dunkel wurde, zog die ToritoParade Richtung Hauptplatz. Dort wurden die Stiere entzündet. Die Stadt stand kopf. Überall spritzten Funken und explodierten ­Magnesiumkapseln. Die Menschen tanzten um rauchende Toritos. Ich fotografierte bis vier Uhr früh. Im Morgengrauen zählte ich die Brandlöcher in meinem Pullover. Die Hose hing mir in Fetzen von den Beinen, ich hatte Verbrennungen an beiden Händen. Die Leidenschaft fängst du eben nur ein, wenn du nah dran bist.“ Florian Rainers Foto-Reportagen: www.florianrainer.com

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Kleines Bild: funkenspeiender Stier bei der Parade der Toritos im Stadtzentrum von Tultepec. Großes Bild: Beim Wettbewerb der Castillos, der bis zu 30 Meter hohen Feuerwerkstürme, brennen Pyrotechniker kunstvoll aufgebaute Turm-Feuerwerke per Fernzündung ab.


DIE FEUERWERKSTÜRME SIND SO HOCH WIE STROMMASTEN. DIE EXPLOSIONEN STEUERT EIN PYROTECHNIKER PER FERNZÜNDUNG.

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Mobiler Klettertrupp: Vier Männer versuchen das blockierte Feuerrad eines Castillos in 20 Meter HÜhe in Gang zu setzen.


MÄNNER KLETTERN UNGESICHERT AUF TÜRME AUS BRENNENDEM HOLZ.

Bild oben und Mitte: Jede Stierattrappe bei der Toritos-Parade wird mit bis zu 4000 Feuer­werkspatronen bestückt. Der Funkenregen ist dementsprechend dicht. Unten: Raketen am Fuß der Feuerwerkstürme ­unterstützen die nächtliche Show der Pyrotechnik-Meister.

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Heiß und laut: Jedes Torito-Team wird von einem Einpeitscher (li.) angetrieben.

Die Festivalbesucher kommen ohne Schutzbekleidung aus. Meist genügt ein Kapuzenpulli. Puristen ver­ zichten sogar darauf.

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DIE BEWOHNER VON TULTEPEC TRAGEN IHRE BRANDWUNDEN WIE TROPHÄEN.

Tanz in den Morgen: Der letzte Funkenstrahl verglüht um vier Uhr früh. Am Tag danach tragen die Männer ihre Brandwunden wie Trophäen.


HÖHENFLUG MIT DEM MOTOR-GLEITSCHIRM IN UNZUGÄNGLICHES TERRAIN FLIEGEN, UM UNBERÜHRTE HÄNGE ZU BEFAHREN? WILLKOMMEN BEI „DEGREES NORTH“, EINER NEUEN DIMENSION DES FREERIDENS. TEXT: AREK PIATEK  BILDER: TERO REPO


TOUCHDOWN

Frage: Wie gelangt man zu potentiellen FreerideSpots, die zu Fuß oder per Helikopter unerreichbar sind? Antwort: mit einem Motor-Paragleiter. So weit die Idee von Snowboarder Xavier de le Rue und Freeskier Sam Anthamatten fürs Filmprojekt „Degrees North“ – das Fotograf Tero Repo in atemberaubenden Bildern dokumentierte: „Monatelang filmten wir in Alaska. Das Foto entstand auf einem Gletscher, wo Helis verboten sind. Sam und der Pilot suchen im Tandemflug die Gegend nach fahrbaren Hängen ab. Auf diesem Plateau starten die beiden gerade durch. Warum? Eine Abfahrt erschien hier doch ein wenig zu riskant.“

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FLUGOBJEKT „Ein motorisierter Hängegleiter ist ein geniales Ding: Du kannst sogar bei Schnee starten, auf Skiern – mit nur wenigen Metern Anlauf – und rund drei Stunden fliegen, ehe der Sprit ausgeht. Einen Nachteil aber hat der Motorschirm: Bei Windböen gerät er rasch außer Kontrolle. Das Bild rechts zeigt unseren erfahrenen Piloten Christophe, der Sam und Xavier abwechselnd mitnahm und an unberührten Hängen Alaskas ­absetzte. Übrigens: So ein Motorgleiter ist bis zu 70 km/h schnell. Aber: Bei minus 30 Grad ­sollte man möglichst langsam fliegen – um Frostbeulen im Gesicht zu vermeiden.“

„VORTEIL DES MOTORPARA­G LEITERS? DU KANNST ÜBERALL STARTEN. NACHTEIL? BEI WIND VERLIERST DU RASCH DIE KONTROLLE. SEHR RASCH.“

AUSSTIEG

„Für diese Luftaufnahme fixierte ich die Kamera am Rand des Gleitschirms. Hier hat sich Xavier de le Rue in fünf Meter Höhe vom Piloten losgeschnallt und ist abgesprungen – um gleich nach der Landung eine unfassbare Line zu ziehen. Der Spot: eine abgeschiedene Steilwand an Alaskas Rainbow Glacier. Neigung: 50 Grad.“

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ABFAHRT

„Einen Gleitschirm kannst du in der Luft nicht anhalten – so waren die Absprünge eine heikle Angelegenheit: Schnallst du aus zu großer Höhe ab, riskierst du einige Überschläge nach der Landung – auch wenn Alaskas Schnee tief und weich ist. Apropos weicher Schnee: Gefährlich war der ‚Slu≠‘, knietiefe Schneestaub-Lawinen, die den Jungs beim Fahren den Boden unter den Füßen wegziehen können. Auf dem Bild fährt Xavier gerade jenen herabstürzenden Schneemassen davon.“


SCHNEEHOTEL

„Dass Not erfinderisch macht, unterschreib ich sofort! Nachts raubten uns die pfeifenden Winde den letzten Nerv: Schlafen im Zelt war fast unmöglich. Bis Samuel eine ­geniale Idee hatte: Wir gruben einen Hohlraum in den Schnee – und jeder schaufelte sich seine eigene Schlafkoje. Die Folge: Der Lärm war kein Problem mehr. Schon nach der ersten Nacht unter der Oberfläche waren alle bestens aus­geruht und doppelt motiviert für die nächsten Touren.“ „Degrees North“ zu sehen auf: redbull.tv

ALASKA

„Wer Alaska mit dem Motorschirm erkundet, braucht viel Geduld. Denn ideale Flugbedingungen – mit Windstille, Sonne, klarer Sicht – sind dort rar. Die meiste Zeit des Tages saßen wir in Zelten und bearbeiteten Filmmaterial, das wir mit Helm- und Gleitschirm-Go­ Pros und Drohnenkameras aufgenommen hatten. Das da im Bild sind übrigens Christophe und vorne ein ­nervös zappelnder Sam – der an dem herrlichen Tag kaum erwarten konnte, dass es endlich losging.“

„FÜR FREERIDER ­BEDEUTET ‚ENTDECKEN‘: ORTE FINDEN, WO NOCH KEINER WAR. MANCHMAL HEISST ES ABER AUCH: NEUE WEGE FINDEN, WIE MAN DAS TUT.“ 55


HEROES

„ES SIND DIE SCHURKEN, DIE EINDRUCK MACHEN“ TIM ROTH Der „Hateful Eight“-Star liebt schwierige Charaktere. Und weiß, warum man keine Angst davor haben sollte, ein Bösewicht zu sein.

the red bulletin: Ich fand online eine Fotogalerie Ihrer Rollen. In 80 Prozent der Bilder sieht man Sie mit Schusswaffe oder Schwert. Warum diese Vorliebe für Bösewichte? tim roth: Ich war in der Schule ein richtiger Außenseiter, wurde gehänselt, lief eigentlich immer vor irgend­ jemandem davon. Ich weiß also, wie man Tyrannen spielt – ich hab sie oft genug beobachtet, ich bin oft genug vor ihnen geflüchtet. Gerade die Bösewichte sind in Filmen oft die stärksten Charaktere. Was sagt das über uns als Gesellschaft aus, wenn wir uns an den 56

Bösewicht erinnern und nicht an den nachdenklichen Charakter? Macht es nicht einfach irren Spaß, im Publikum zu sitzen und jemandem dabei zuzusehen, wie er sich komplett in eine Rolle reinsteigert? Ich sehe da nichts Schlimmes. Wie Quentin sagt, man geht doch ins Kino, es ist nicht öffentlichrechtliches Fernsehen. Tarantino-Filme sind besondere Spielwiesen für dunkle Charaktere, wegen all des schwarzen Humors. Zuerst verzieht man das Gesicht, und dann lacht man. Ist es

Verfolgen Sie Ihre Rollen bis nach Hause? Meine Frau sagt manchmal „Um Gottes willen, du siehst unheimlich aus.“ Das ist ein paar Mal passiert. Einmal arbeitete ich mit Regisseur Michael Haneke am Thriller „Funny Games“. Es war unglaublich hart. Wir gingen in den ersten Drehtag und be­ endeten ihn ziemlich verstört. Und das steigerte sich dann Tag für Tag, fünf oder sechs Wochen lang. Der Film hat uns echt alle fertiggemacht. Schon als ich das Drehbuch las, wollte ich es eigentlich nicht machen. Als ich dann die deutsche Version des Films sah, dachte ich nur: „Ach du Scheiße!“

„ICH WEISS, WIE TYRANNEN AUSSEHEN. UND WIE MAN SIE SPIELT. ICH BIN ALS KIND OFT GENUG VOR IHNEN DAVONGERANNT.“ so vielleicht erträglicher? Auf dem Set lachen wir uns die meiste Zeit kaputt … „The Hateful Eight“ ist witzig und dabei fast schockierend aktu­ell (nach dem Bürgerkrieg werden acht verwegene Gestalten in einer Postkutschen-Raststation eingeschneit; Anm.). Als wir das Drehbuch durchgingen, gab es die Proteste in Baltimore (infolge der Polizeigewalt gegen Schwarze; Anm.). Während die Kam­pagne für die Nominierung des republikanischen

wurde. Er beginnt Fragen zu stellen und entdeckt eine Verbindung zum ChilcotUntersuchungsbericht über den Irakkrieg. Er öffnet den Sarg seines Sohnes, sieht, was passiert ist, und will Antworten auf seine Fragen. Premier­ minister Blair gibt sie ihm nicht, und so geht er selbst ins Rennen um die Wahlen und konfrontiert ihn vor laufenden Kameras. Er nimmt es mit der Regierung auf, aber auf eine sehr elegante und ruhige Art.

Wie kommt man von solchen Erfahrungen wieder runter? Ich setzte mich in den Flieger heim und ließ alles hinter mir. Oder versuchte es zumindest. Welchen Charakter würden Sie gern einmal spielen? Ich liebe Jago (Othellos intriganten Widersacher, Anm.). Noch so ein Schurke. Er ist ein toller Typ! Ein guter Soldat! (Lacht.) Ann Donahue thehatefuleight.com THE RED BULLETIN

JOHN RUSSO/CORBIS OUTLINE

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im Roth ist einer der großen Charakterdarsteller seiner Generation. Und ein Liebling des ­Publikums – selbst als Killer, Widerling oder Bösewicht. In Quentin Tarantinos jüngstem Western „The Hateful Eight“ mögen wir ihn als schießwütigen Henker. Mit uns bespricht der 54-Jährige, warum es wichtig ist – und höllisch Spaß macht –, die dunklen Ecken des Lebens zu erkunden.

Spitzenkandidaten an Fahrt gewinnt, erreicht auch der Rassismus ein neues Level. Sie verstecken es nicht einmal, sie versuchen sich gegenseitig darin zu übertreffen. Das macht den Film noch eindringlicher. Die Rolle des Bösewichts bekommt in einem Film mit politischer Botschaft besonderes Gewicht, nicht? Sie wird besser. Aber manchmal produziert man trotzdem einfach Mist. (Lacht.) Hier frage ich jetzt nicht nach, oder? Nein, nein, tun Sie das nicht. Mein nächster Film, für die BBC, ist jedenfalls wirklich relevant – es geht um einen Mann, dessen Sohn, ein ­Militärpolizist, im Irak getötet


Tim Roth, 54, Haneke-Opfer: „Manchmal produziert man einfach Mist.“


Robin Arzón, 33, Instagram-Antreiberin: „Vergessen Sie Ihre Ausreden.“


„ICH GLAUBE NICHT AN GRENZEN“ ROBIN ARZÓN änderte durch Fitness ihr Leben. Jetzt will sie andere dazu bewegen, Ziele zu erreichen, die sie für unerreichbar halten.

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MARTIN HARTLEY, JA TECSON

ie „Botschafterin des Schweiß“, wie sich Robin Arzón selbst bezeichnet, schmiss eine viel versprechende Karriere als Anwältin hin, um Fitness-Coach und Ultramarathon-Läuferin zu werden. Und sie wurde in beiden Diszi­plinen Weltklasse. the red bulletin: Wie ­kamen Sie eigentlich zum Laufen? robin arzón: Ich begann während des Jura-Studiums zwischen den Vorlesungen – es war ein innerer Zwang, wie eine Flucht, reinigend für Körper und Geist: Ich konnte meine Gefühle aus mir „rausrennen“ und Emotionen aufarbeiten, sogar solche, die unbewusst waren. Aber Sie hätten ja nebenbei laufen können, das tun viele Anwälte. Was fasziniert Sie so sehr am Laufen, dass Sie Ihre vielversprechende Karriere als Juristin dafür aufgegeben haben? Ganz einfach: Eines der ­gewaltigsten Dinge, die in unserer Macht stehen, ist, unseren Körper selbst zu verändern, sein Gewicht, seine Form, die äußere wie die ­innere. Und dafür ist nichts besser geeignet als Fitness. War Ihre Entscheidung ­karrieretechnisch nicht ein Rückschritt? Ach, ich habe gerade einen Buchvertrag unterzeichnet und bekomme demnächst eine eigene TV-Show … also lautet die Antwort nein. Doch abgesehen davon ist es für mich der größte Erfolg, dass THE RED BULLETIN

ich mein Leben selbst gestalte. Ich war einfach nicht glücklich und entschied mich, ­etwas anderes zu machen – ohne zu wissen, was mich ­erwartet. Inwieweit hat Sie das auch als Persönlichkeit ver­ ändert? Ich habe gelernt, dass man sein Leben selbst erschaffen kann. Und nun möchte ich andere Menschen ermutigen, sich nicht an den Checkboxes zu orientieren, die andere für sie definiert haben. Sie setzen in Ihrer Arbeit konsequent auf Social ­Media – warum? Weil die Vorstellung, dass wir als globale Community gemeinsam trainieren, eine gewaltige Inspiration ist. Sie zu nutzen ist fantastisch. Aber natürlich musst du auch in der Lage sein, was daraus zu machen, in die Gänge zu kommen. Auf Instagram rumscrollen und sich Inspiration holen, ist einfach. Dann geht’s aber um die eigent­ liche Frage: Was machst du daraus? Was ist der wichtigste ­Gedanke auf dem Weg zu einem aktiveren Leben? Gedanken steuern uns. Es ist daher extrem wichtig, dass man nicht an das denkt, was man nicht zu können glaubt. Sondern an das, was man zu können glaubt. Der Unterschied ist enorm. Ich weiß, Menschen können Unglaub­ liches leisten. Vergessen Sie Ihre Ausreden. Ich glaube nicht, dass uns Grenzen ­gesetzt sind. Richard Jordan robinarzon.com

Kenton Cool, 42: „Winzig klein und zugleich ­riesig groß.“

„LEIDENSCHAFT SCHLÄGT QUALEN“ KENTON COOL Der britische Kletterer war bereits elf Mal auf dem Mount Everest – trotz un­ vorstellbarer Schmerzen bei jedem Schritt.

the red bulletin: Wenn man sich mit 22 beim Klettern beide Fersenbeine bricht, ist die Karriere gelaufen, oder? kenton cool: Nein. Zwar wurde mir gesagt, ich würde nie mehr ohne Stock gehen, nie mehr laufen oder klettern können. Aber das interessierte mich nicht. Ich zog mich im Rollstuhl eine Kletterwand hoch, machte Fortschritte, immer mehr, bis ich wieder gehen konnte. Nur die Schmerzen blieben und werden ein Leben lang bleiben. Aber ich habe eine Affäre, wie meine Frau es nennt – mit meiner Geliebten namens Mount Everest. Sie haben bei jedem einzelnen Schritt absurde Schmerzen! Schmerz hat keine Chance gegen Leidenschaft. Ihn zu überwinden hat nichts mit körperlichen Fähigkeiten zu tun. Es geht darum, das Ziel zu finden, für das man Schmerzen akzeptiert. Ist das Ziel den Schmerz wirklich immer wert? Jedes einzelne Mal. Auf dem Everest fühlt man sich winzig klein und zugleich riesig groß, fantastisch.  Florian Obkircher kentoncool.com

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„ICH BIN AUCH SCHON

BLIND GEFAHREN“


Dieser Mann kann alles: Nach Rallye, ­Tourenwagen und ­Bergrennen gibt Séb Loeb 2016 sein Dakar-Debüt.

SEHEN WIR WIRKLICH NUR MIT DEN AUGEN? KANN MAN SEINE SINNE SO TRAINIEREN, DASS DAS BILD IM KOPF SCHÄRFER UND VERLÄSSLICHER IST ALS JENES AUF DER NETZHAUT? JA, DAS GEHT: SAGT RENNFAHRER-LEGENDE SÉBASTIEN LOEB. TEXT: WERNER JESSNER  FOTOS: FLAVIEN DUHAMEL

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an muss kein Motorsport-Fan sein, um zu erkennen, dass Sébastien Loeb ein Ausnahmeathlet ist. Es reicht, wenn man den 41-jährigen Franzosen bei der Arbeit beobachtet. Das Staunen kommt dann von selbst. Er erzeugt diese ganz besonderen Sébastien-LoebMomente. Augenblicke ­höchster Präzision, wie nur er sie zustande bringt. Diese Momentaufnahmen sind ­eindrucksvoller als die neun Rallye-WM-Titel, die Podiumsplatzierung bei den 24 Stunden von Le Mans, die Siege in der WTCC, die unglaublichen Zeiten bei Formel-1-Testfahrten oder der Streckenrekord beim Pikes-Peak-Bergrennen, wo er sogar die vom Computer kalkulierte theoretisch machbare Bestzeit unterbot. Je schwieriger die Aufgabe, desto präziser funktioniert Loeb. Wo für seine Gegner kariertes Papier reicht, arbeitet Loeb auf Millimeterpapier. Die vorletzte Kurve am Pikes Peak bei seiner Rekordfahrt im Jahr 2013 war so ein Loeb-Moment: Nach 19,5 von 20 Kilometern wartete die vorletzte von 156 Kurven, ein drei­facher Rechtsknick … „… 150 km/h, keine Leitschienen. Ein Ort, an dem du keinen Fehler machen willst.“ Kein anderer Fahrer traf den blinden Einlenkpunkt auf 4300 Meter Seehöhe. Der Großteil der Piloten war froh, überlebt zu haben, und eierte

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irgendwie durch diese Passage. Während sie suchten und ­wenig fanden, berührte Sébs Vorderrad die weiße Linie der Streckenbegrenzung – ­absolute Perfektion. Was siehst du, wenn du an diese Kurve denkst? „Zwei Bodenwellen, die es noch vertrackter machen.“ Heißt das, dass du Kurven dreidimensional siehst? „Ich weiß gar nicht, ob ich sie wirklich sehe. Wenn ich im Auto sitze, rufe ich Informationen ab, die ich bei der Besichtigung oder im Training gespeichert habe.“ Du kennst alle Strecken auswendig? „Auf der Rundstrecke natürlich. Den Pikes Peak habe


Lange Tage in Marokko: Bei seiner Rallye-RaidPremiere im Herbst 2015 lernte S ­ ébastien Loeb auf die harte Tour, was MarathonBewerbe ausmacht: zuerst verirrt, dann technische Pro­bleme, schließlich ein zwei­ facher seitlicher Überschlag. Am Ende Platz 44, aber viel gelernt und gesehen.

„AKUSTISCHE REIZE VERFEINERN DAS, WAS DU SIEHST ODER ZU SEHEN GLAUBST. DAS BILD BEKOMMT MEHR TIEFE. SKIFAHRER SEHEN EIS NICHT NUR. SIE HÖREN ES AUCH.“

ich auch auswendig gelernt. Und einige der Rallyes habe ich wahrscheinlich ebenfalls intus, vor allem jene, wo sich die Landschaft ändert. Ich ­orientiere mich an Kuppen, Bäumen, Flüssen. Das ging mir immer leicht von der Hand.“ Könntest du theoretisch blind fahren? „Habe ich schon gemacht.“ Wie bitte? „Auf einer Nacht-Etappe bei der Wales-Rallye war das Licht meines Autos furchtbar schlecht. Ein Scheinwerfer hat in den Himmel geschielt, der zweite zur Seite. Es regnete und war nebelig. Das war furchtbar, darum habe ich das Licht ausgeschaltet und bin die Sonderprüfung im Dunklen zu Ende gefahren.“ Komplett im Blindflug? „Lieber kein Licht als schlechtes Licht. Das Mondlicht hat grob die Konturen gezeichnet, den Rest der ­Strecke habe ich in meinem Kopf ergänzt. Und die Ansage ­meines Beifahrers war die Rückversicherung, dass die Bilder in meinem Kopf auch stimmen.“ Heißt das, du siehst im Auto auch mit den Ohren? „Akustische Reize ver­ feinern das, was du siehst oder zu sehen glaubst. Das Bild bekommt mehr Tiefe. ­Skifahrer sehen eine Eisplatte nicht nur, sie hören sie auch. Eis klingt anders als Schnee. So ähnlich ist das bei mir: Wenn sich das, was ich höre, nicht mit dem deckt, was ich 63


sehe oder erwarte, gehe ich in den Alarmmodus. Bloß dass mein Kantenkratzen eben die Ansage des Beifahrers ist.“ Sitzt du allein im Auto: Wessen Stimme hörst du? „Weiß nicht genau. Eher nicht die meines Beifahrers. Vermutlich meine eigene.“ Sébastien Loeb war Turner, die beste Schule überhaupt, um seinen Körper kennenzu­ lernen, sagt er. Er funktioniert für ihn wie ein zweites Paar Augen, weil er immer weiß, in welcher Position er sich befin­ det – und zwar höchst genau. Er beschreibt das mit einem Bild aus der Turner-Szene. Viele, die einen Rückwärts­ salto zu springen versuchen, würden in der Luft die Augen schließen und darauf ver­ trauen, richtig abzuspringen. Loeb hingegen hat auch in der Luft die Augen offen, um feine Korrekturen anbringen zu können. Falls er einen Ab­ sprung verpatzt – was selten genug vorkommt –, kann er darauf noch in der Luft reagie­ ren, weil sein Hirn zu jedem

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Zeitpunkt weiß, in welcher Position sich der Körper be­ findet, und daher die Kapazität hat, optische Informationen dazuzurechnen. Eine Fähigkeit, die ihm in unbekannten Situationen sehr geholfen hat, beispielsweise bei seinen Formel-1-Tests. Da war er quasi ohne Vorbereitung bis auf 1,8 Sekunden an die Bestzeit Arrivierter heran­ gekommen. „Im Formel-1-­ Auto passiert alles um vieles schneller als überall sonst. Würdest du normal bei 110 Metern bremsen, bremst du in der F1 bei 70, und du kommst mit höherer Geschwindigkeit. Hier unterstützt das, was du mit dem Körper fühlst, das, was du mit den Augen siehst.“ Je feiner die Interaktion zwi­ schen Auge und Körper funk­ tioniert, desto mehr Freude und Sicherheit hast du im All­ tag, davon ist er überzeugt. Diese Fähigkeit hilft dem All­ tagssportler genauso wie im höheren Alter vielleicht bei ­einer Eisplatte, einer Treppe. Lerne mit dem Körper zu sehen, das ist ein Rat, den Loeb Eltern mitgibt: „Mit vierzig wird man selbst vielleicht kein

Turner mehr, aber man kann seine Kinder in den Verein einschreiben. Manche Dinge lernst du als junger Mensch ganz einfach, und du profi­ tierst das ganze Leben davon.“ Im konkreten Fall kommt freilich auch noch ein Paar Adleraugen dazu. Glück? Ver­ erbung? Karotten zur angeb­ lichen Steigerung der Seh­ schärfe musste der Sohn einer Mathematikprofessorin und eines Turnlehrers jedenfalls nicht essen, sagt er heute. ­Andere tragen mit 41 Jahren Brillen, er hingegen hat nichts von seiner Sehschärfe ver­ loren, die ihn sogar für eine Pilotenausbildung qualifiziert hätte. Während des Interviews hängt an der gegenüberliegen­ den Seite des Raumes das Bild eines Citroën Xsara auf der Schweden-Rallye. Loeb kann die Nummerntafel problemlos entziffern. Oder ist das ein Trick und er hat sich bloß an seine alte Nummer erinnert? „Das ist mein Teamkollege Carlos Sainz, nicht ich.“ Zwangsläufig habe sich sein Sehen über die Jahre ­spezialisiert, sagt Loeb. Sein Fokus liege eindeutig auf dem


unmittelbaren Gesichtsfeld. „Bei Tests, wo du vor einer Wand stehst, auf der kurz Lichter aufleuchten, oben, ­unten, links, rechts, und du musst sie schnellstmöglich ­berühren, bin ich wahnsinnig schlecht.“ Wahnsinnig schlecht vermutlich nach den eigenen, enorm hohen Maßstäben. Ebendiese Fähigkeit, nämlich alles zugleich im Fokus zu behalten, braucht er aller-

dings bei seiner aktuellen Herausforderung: Bei der Rallye Dakar muss er zugleich in die Ferne und in die Nähe blicken. Ein Auge sucht den Weg, den ihm der Beifahrer nur grob ansagen kann statt Kurve für Kurve, Stein für Stein. Es ist eine fremde Stimme im Kopf, die den optischen Eindruck unterstützt – das ist schon ­einmal nicht leicht. Während also das eine Auge versucht,

„ICH HABE DIE SCHEINWERFER ABGEDREHT. ­LIEBER KEIN LICHT ALS SCHLECHTES LICHT.“

sich zwischen Dünen, Bäumen und Flussbetten nicht zu verfahren, scannt das zweite den Untergrund nach Steinen und anderen Hindernissen, die dem Unternehmen oder zumindest einem Reifen bei 160 km/h und mehr rasch einmal ein Ende bereiten können. „Das ist wirklich anstrengend. Du musst zu viele Reize zugleich abarbeiten. Draußen hat es 40 Grad, im Auto 60, dein Hirn läuft permanent auf zwei ­Spuren parallel. Und wenn du ­einen Fehler machst, ist vielleicht alles vorbei. So schnell kannst du gar nicht schauen.“ www.peugeot-sport.com

Abgesehen vom neuen Peugeot 2008 DKR16 geht Team PeugeotTotal auch mit einer All-Star-Besetzung an den Start der Dakar 2016: mit Rekord­ sieger Stéphane Peter­ hansel, Cyril Despres und Carlos Sainz.


Willkommen beim BPM Festival an Mexikos Karibikküste: Jedes Jahr verwandeln hier die weltbesten DJs das Touristenzentrum ­P laya del Carmen zehn Tage lang in eine Party-Hochburg.

JEFF CORRIGAN

Text: Marco Payán

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Im TechnoParadies

Himmlisch gut: Showcase von BPitch Control im Rahmen des BPM Festivals


Karibisches ­ ebensgefühl, L Techno, Partys – zehn Tage und Nächte lang, rund um die Uhr

Blue Parrot Beach Club, das ­Epizentrum des BPM Festivals

DOUG VAN SANT (2), DANILO LEWIS, PEARCEY PROPER

Sperrstunde? Fehlanzeige. Manchmal feiert hier sogar die Polizei die ganze Nacht.

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Frank & Tony legen im Beach Club Canibal Royal auf …

… ebenso wie The Rumors bei ihrem Showcase.


anuar ist der ToteHose-Monat der EntertainmentIndustrie: Studios schicken ihre schwächsten Filme in die Kinos, Zeitschriften und Magazine sind dünner als sonst, Platten-Releases und Live-Gigs seltener. Wir alle schalten nach einem ausgelassenen Dezember einen Gang zurück. Nun … fast alle. Eine Stadt an der mexikanischen Karibikküste, 70 Kilometer südlich von Cancún, feiert den Januar zehn Tage und Nächte lang ausgelassen. „Es ist das Festival für Jetsetter und Trendsetter. Für junge Leute, die das ­ganze Jahr über hart arbeiten, damit sie im Januar zehn Tage hierherkommen können.“ BPM, sagt Phillip Pulitano, sei kein Ding für die breite Masse. Auf dem Festival, das er mitbegründet hat, laufe ganz bewusst keine Mainstream-RadioMusik: Es spiele die Crème de la Crème der elektronischen Musik. „Wir haben auch kein großes Gelände mit vielen ­Bühnen. Das Festival findet überall in ­Playa del Carmen statt. Unsere Bühnen sind die Floors, Clubs und Beach Clubs der ganzen Stadt.“

Beats auf dem Beach Alles begann hier mit einer Konferenz für elektronische Musik, einer PR-Plattform für Showcases der Plattenfirmen. Aber schon nach ein paar Tagen – und einigen fetten Partys – begriff Phillip, dass das hier der Anfang von etwas viel Größerem sein könnte. „Die Musik, die Location, die Atmosphäre hatten diese ganz eigene Energie, alles bekam wie von selbst eine Dynamik.“ 2007 startete das Festival mit 21 Events, verteilt auf sieben Tage, und 5000 verkauften Tickets. „Im nächsten Jahr waren es 15.000“, erzählt Phillip im Blue Parrot, einem der Beach Clubs, die das Festival in den letzten Jahren verändert hat: Es geht um mehr als Sandstrand und Wasser­ sport. Hier steht – und das mittlerweile ganzjährig – die Musik im Mittelpunkt. 2015 verkaufte das BPM gut 63.000 Tickets, 2016 erwartet man sogar 70.000.

The Sound of the Police „Verschaff mir ein Foto mit dem DJ, und ich lass ich euch länger spielen.“ Das sagte vor einigen Jahren ein Polizist kurz vor 70

BPM ist „das Festival der Jetsetter und der Trendsetter“, so die Eigendefinition.


Schauplatz Blue Parrot: Uner und Technasia bei Back-to-back-Sets

dem offiziell festgelegten Ende einer Party. Noch in derselben Nacht sprach die lokale Polizei gemeinsam mit dem Main-Act tüchtig dem Tequila zu. Und weil so viele Fotos geschossen werden mussten, verschob sich die Sperrstunde immer weiter und weiter in den Morgen. Das war freilich nicht das einzige Mal, dass die Polizei in den Party-Modus schaltete. Einmal aß Phillip mit Richie Hawtin Tacos in dessen Lieblingsrestaurant. Statt Türen gibt es hier große Metall-Rollläden. Wenn man sie hochzieht, fühlt man sich beinahe so, als würde man auf einer der Hauptstraßen der Stadt sitzen. Beide wussten, dass sie beim Taco-Essen zu­ fällig auf die perfekte Location für ein Überraschungsset gestoßen waren. Ein Jahr später waren die Leute zu tausenden im Restaurant – nicht um zu essen, sondern wegen Richie Hawtin und Dubfire. Der Besitzer tanzte wie ein Verrückter und verlor irgendwann den Überblick darüber, wie viele Tacos er serviert hatte. Die Tische wurden für einen improvisierten Dancefloor weggerückt, und auf der Straße tanzten so viele Menschen, dass der Verkehr komplett zum Erliegen kam. „Das ist eine der Hauptverkehrsstraßen der Stadt, natürlich kam die Polizei. Zunächst sah alles nach Schwierigkeiten aus. Aber es dauerte nicht lange, bis auch die Polizisten mittanzten.“ Während des Festivals schläft Phillip nicht mehr als drei Stunden pro Nacht, zehn Tage lang. Wie übersteht man einen solchen Musik-und-Party-Marathon? „Für mich funktioniert es am besten, wenn ich mir das Feiern aufteile, ein wenig tagsüber, ein wenig nachts. Ich gehe um sechs Uhr abends zum Strand, höre zwei oder drei Acts. Genieße es. Esse eine ­Kleinigkeit, mache ein Nickerchen und wache um zwei wieder auf, um in die Nacht zu feiern. So machen das viele.“

DANILO LEWIS, DOUG VAN SANT

Überraschungen Die Idee hinter BPM ist es, in den Straßen von Playa del Carmen von einem Club zum nächsten zu ziehen und seine LieblingsDJs zu hören. Und unterwegs trifft man nicht nur andere Gäste, sondern auch ­andere DJs, die genau dasselbe machen. „Hier verschwinden die DJs nicht einfach nach ihrem Set. Wir müssen ständig ihre Flüge verschieben, weil sie nicht heimwollen.“ Das ganze Jahr über wird an diesen zehn Tagen über zwei Wochenenden im Januar gefeilt und geplant – Phillip und

sein Team denken dabei an jedes Detail. Doch am Ende sind es gerade die Überraschungen, die Phillip am meisten schätzt. Zum Beispiel, als Marco Carola plötzlich aus heiterem Himmel bei einer Party in Phillips Haus auflegte. „Er spielte zehn Stunden am Stück und war kein bisschen fertig!“ Sie beschlossen, am nächsten Abend gemeinsam für Familie und Freunde zu kochen, „in der Küche kam Marco mehr ins Schwitzen als beim Auflegen“. Das sind die Anekdoten, die Phillip am meisten liebt. „Und es gibt viele Geschichten, die ich nicht erzählen darf“, sagt der Taco-liebende Italo-Kanadier mit einem Lächeln. Seth Troxler, einer der Über-DJs, nimmt immer seine Mutter zum Festival mit. „Ich sah ihn zufällig in einem Souvenirladen Sombreros kaufen.“ In der Nacht flippte die Crowd aus, als Seth in seinem DJBooth in Mamita’s Beach Club einen der Sombreros aufsetzte. So was kann man nicht planen. Es gibt nur eine Sache, die würde Phillip gern ein wenig besser kontrollieren können: das Wetter. Es kann die Ticketverkäufe ­ruinieren, es kann den Ablauf des Festivals durcheinanderbringen. Vor einigen Jahren warfen Wind und Regen in Mamita’s Beach Club ein ganzes Zelt um und zerstörten teures Sound­ equipment. Damit die Party weitergehen konnte, mussten sie Zelt und Anlage inner­ halb weniger Stunden neu aufbauen. „Der Regen und alles andere darf die Leute nicht davon abhalten, Spaß zu haben.“

Wachstum Das Festival in der 200.000-EinwohnerStadt, die noch vor wenigen Jahrzehnten ein winziges Fischerdorf war, wird auch in Zukunft organisch wachsen. Neben der neuen Dschungel-Location in der Nähe von Playa del Carmen gibt auch ein Kickoff-Event in Südamerika, eine Clubnacht in Europa sowie Tourdaten in Mexiko und anderen Ländern. „Aber nichts lässt sich mit Playa del Carmen vergleichen, wo wir ganze zehn Tage haben.“ Selbst wenn es ein Event ist, das Leute aus der ganzen Welt anzieht, aus Aus­ tralien, Europa, Afrika und Südamerika, kommt die Mehrzahl der Partygänger weiterhin aus Mexiko. „Sie lieben den Techno-Sound abseits des Mainstreams.“ Vielleicht ist das ja nicht nur Erfolgs­ rezept des BPM Festivals, sondern auch sein Verdienst. thebpmfestival.com

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silvretta-montafon.at


See it. Get it. Do it.

AC T I O N !

TRAVEL

FROST­ BEKÄMPFUNG

Das Ende der Welt lockt mit ­herzerwärmend eisigen Wänden.

KEITH LADZINSKI

Eine senkrechte Felsflanke ist nicht Herausforderung genug? Wie wär’s mit einer senkrechten Wand aus Eis – in einer der entlegensten Gegenden der Welt? Nördlich vom Polarkreis warten in Ilulissat, Grönland, gefrorene Wasserfälle und vereiste Klippen darauf, bei Temperaturen von bis zu minus 20 Grad erklettert zu werden.

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TRAVEL

GEAR

WHEELS

CULTURE

EVENTS 73


ACTION

TRAVEL GRÖNLAND Mehr entdecken Licht-Show Schneeschuhe an­ legen – und los geht’s: Geführte nächtliche Touren rund ums fros­ tige Ilulissat sind die perfekte Gelegenheit, eines der spekta­ kulärsten Natur­ phänomene live zu erleben: Nordlichter. pgigreenland.com

DER INSIDER

„TRITT DAS EIS SO RICHTIG – WIE EINEN FUSSBALL! UND DEIN FUSS SOLLTE IM IDEAL­FALL IM RECHTEN WINKEL ZUR WAND STEHEN“, SAGT MARC CAR­ RERAS. „WENN DIR DAS GELINGT, IST ALLES OKAY.“

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„Fühlt sich an wie Schweben.“

Chillig An Eisbergen entlang­ driften und die über­ wältigende Polarküste erkunden wie bereits die ersten Zuwanderer hier vor inzwischen fast 4000 Jahren – und zwar von einem traditionellen grön­ ländischen Kajak aus. greenland.com

Carreras. „So was ist verdammt hart und sehr, sehr kni≠lig, besonders bei Wind.“ Von mentalen und physischen Heraus­ forderungen abgesehen, bietet Grönland Kletterern aber vor allem eines: das spek­ takuläre Umfeld der Region nördlich des arktischen Polarkreises. „Es gibt zwar bekanntere Orte zum Eisklettern, etwa ­Kanada oder Norwegen“, sagt Carreras. „Aber hier klettert man auf der Polkappe – und das ist einfach monumental!“ Nur an vier kleinen Punkten, den Spitzen der Äxte und Frontzacken der Steigeisen, im Eis zu hängen bringt Kletterern zudem eine Erfahrung, die sie im klassischen Berg­ sport kaum machen können: „Man fühlt sich, als würde man frei schweben“, sagt Carreras. „Es ist ein einzigartiger Blick­ winkel auf die Welt.“

Auf Du und Du Wer die Inuit-Kultur näher kennenlernen will, besucht ein „Kaf­ femik“. Bei diesem alten grönländischen Brauch laden Familien zum Essen, Trinken und Fröhlichsein in ihr Heim ein. touristnature.com

MADS PIHL (5)

Selbst für erfahrenere Kletterer sind Eis-Aufstiege eine ganz eigene Herausforderung – jeder, der auf einem ver­ eisten Gehweg schon mal den Boden unter den Füßen ver­ loren hat, kann sich das lebhaft vorstellen. „Eisklettern geht nicht so intuitiv wie Felsklettern“, sagt Marc Carreras, Geschäftsführer des Adventure-Anbieters PGI Greenland. „Die Herausforderung beim klassischen Klettern ist je zu einem Drittel technisch, physisch und mental. Beim Eisklettern spielt der Kopf eine viel größere Rolle. Eis ist nicht annähernd so stabil wie Fels – es verlangt viel Geduld und die Bereitschaft, sich sehr spezielle Techniken anzueignen. Und was absolut essentiell ist: Man muss damit zurechtkommen, außerhalb seiner Komfortzone zu sein.“ Spezielle Eisgeräte, technische Steigeisen mit riesigen Front­ zacken für die Füße und Eisäxte für jede Hand, geben an den glasartigen Ober­ Ilulissat, flächen wenigstens eine faire Chance auf Grönland Halt. Die Sicherung der Kletterer erfolgt Ilulissat über Verankerungen in solidem Fels sowie Lust auf eisige über eine Seilverbindung zum Guide. Das Abenteuer? Risiko, ins Verderben zu schlittern, ist pgigreenland.com daher gering. („Es gibt eine Regel unter professionellen Eiskletterern: ‚Fall nicht!‘“, sagt Carreras mit einem Grinsen.) Der eigentliche Härtetest ist ohnehin, bei den klirrenden Temperaturen konzentriert zu bleiben. „Letztes Jahr haben wir in Ilulissat sämtliche Wetterrekorde gebrochen und sind bei minus 20 Grad geklettert“, erklärt

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ACTION

GEAR

VOLLE KONTROLLE

Smarte Technologie für ein Leben ohne Kabelsalat. Anki Overdrive

Sengled Pulse

Nest Thermostat

Der Albtraum jeder Carrera-Rennbahn: Dank ­elastischer Streckenteile muss die Bahn nicht eben verlaufen. Gesteuert und gefeuert wird ­kabellos via Smartphone. Sick. anki.com

Via App steuert man die smarte Birne mit dimmbarer LED-Leuchte und Bluetooth-Speaker. Für satteren Sound koppelt man sie mit anderen Satelliten-Leuchten.  shop.sengled.com

Die dritte Thermostat-Generation erhält den Heizbefehl via Smartphone. Das Ding analysiert Heizgewohnheiten und gibt Tipps. Fast schon unheimlich.  nest.com

Connected Scale von Drop Antitalent in der Küche? Mit der cleveren Küchenwaage könnte sich das ändern. Sie verbindet sich mit Smartphone oder Tablet und gibt aufs Gramm genaue Anweisungen.  getdrop.com

Aufgeladen werden die Autos auf der mitgelieferten Lade­ station. Das dauert keine zehn Minuten, also gut zwei YouTube-Videos.

Razer Nabu

Smarter Coffee

Fitness-Tracker und Armbänder mit SmartphoneAnbindung gab es schon vor Razer. Social-MediaKontakte zwischen zwei Nabus per Händeschütteln austauschen ist aber neu. razerzone.com

Der Traum jedes Koffeinfreaks: Die Kaffeemaschine mit WiFi-Anbindung mahlt Bohnen und brüht ­Kaffee auf Befehl direkt nach dem Aufstehen oder schon am Nachhauseweg.  firebox.com

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Fugoo Style

Mit seiner auswechselbaren Hülle ist der Fugoo ­einer der modischsten Bluetooth-Lautsprecher am Markt. 40 Stunden Wiedergabe, 360-GradSound: einpacken, mitnehmen.  fugoo.com

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ACTION

UHREN

Redaktion: Gisbert L. Brunner

DIE NÄCHSTE GENERATION TAG Heuer tritt in der Smartwatch-Arena ­gegen die etablierten Goliaths an. Seit die Apple Watch im April 2015 auf den Markt kam, ­stehen traditionelle Uhrenhersteller vor einem Dilemma: Sollen sie versuchen, dem Technikriesen mit seinem tragbaren Wunderding die Stirn zu bieten, oder bei ihren wunderschön handgefertigten Uhren-Klassikern bleiben? TAG Heuer fand darauf eine einfache Antwort: beides! Wie bereits auf der Uhrenund Schmuckmesse Baselworld 2015 angekündigt, brachte das Unternehmen nun die TAG Heuer Connected heraus, eine neue Art von Smartwatch. Die Schweizer entwickelten sie gemeinsam mit Computerchip-Spezialist Intel und Software-Gigant Google, um einen ernstzunehmenden Konkurrenten gegen Apples jüngsten ­Geniestreich ins Rennen zu schicken. Bei allem technologischen Hokuspokus bleibt die Connected aber den Wurzeln von TAG Heuer treu, wie CEO Jean-Claude Biver betont: „Sie ist in erster Linie eine Uhr.“ Und tatsächlich: Das runde 46-mm-Titangehäuse trägt alle signifikanten Merkmale der bekannten TAG‑Heuer-Carrera-Uhren. Die wahre Innovation verbirgt sich jedoch hinter dem kratzfesten Saphirkristall-Touch- Die TAG Heuer Connected kann über Kontakte in screen: ein hochentwickelter, ­einer Ladeschale geladen mit Intel-Prozessor ausgewerden. Ihre Akkulaufzeit statteter Mikrocomputer. soll bis zu 30 Stunden ­betragen. Willkommen in der Zukunft … tagheuerconnected.com

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Die digitalen Zifferblätter ­imitieren klassische 3-Zeigerund Chronographen-Designs von TAG Heuer. Beim Launch kann zwischen Blau, Schwarz und Weiß gewählt werden. Doch die Downloadmöglichkeit von immer neuen Zifferblättern sowie Special-­ Edition-Versionen setzen der Individualisierung keine Grenzen.

Über den Google Play Store lassen sich zahllose Apps herunterladen. Die Uhr selbst ist mit externen Sensoren aus­ gestattet – praktisch für Fitness- und Schlaf-TrackingApps – und ermöglicht ihrem Träger, Voice-Memos auf­ zunehmen, den Wetterbericht zu checken, Kalender-Erinnerungen zu bekommen und ­vieles mehr.

Die TAG Heuer Connected lädt Daten von bzw. speichert sie auf Cloud (via WiFi) oder Smartphone (via Bluetooth). Anders als die Apple Watch ist die Connected zudem „bilingual“ – sie kann sowohl mit Android- als auch mit iOS-Geräten kommunizieren (wenn auch mit Einschränkungen bei letzteren).

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GEAR

Jean-Claude Biver, 66, TAG-Heuer-CEO

ZUKUNFTSSICHER

GETTY IMAGES

TAG-Heuer-CEO Jean-Claude Biver über die Connected. The Red Bulletin: Welche Idee steht hinter der TAG Heuer Connected? Jean-Claude Biver: Ihr Kern steckt in unserem Slogan: „Swiss Avant-garde since 1860“. Wenn man seit 1860 Avantgarde ist, gilt das natürlich auch für 2015. Avantgarde zu sein ist für TAG Heuer ein Prozess aus Tradition ebenso wie aus Innovation. Da passt die Connected genau ins Konzept. Und wie kam es zur Entwicklung der Uhr? Die Idee kam uns wegen Apple. Die Schweizer Uhrenindustrie war bislang nicht sehr in SmartTechnologien involviert. Wir hatten das immer als Neben­ sache betrachtet, als etwas für Sport- und Outdoor-Aktivitäten.

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Die Apple Watch hat uns einen kleinen Schock versetzt, sie hat uns wachgerüttelt. Aber da ­hatte Apple natürlich einen riesigen Vorsprung. Uns war klar, wenn wir diese Arena betreten, haben wir viel aufzuholen. Mit Intel und Google haben Sie sich ziemlich starke Partner ins Boot geholt … Eine Zusammenarbeit mit Partnern, die so weit wie Apple sind, war der einzige Weg. Für Software war Google mit seiner Android Wear die einzige Option – 70 Prozent Markt­ anteil! Bei der Hardware gehört Intel einfach zu den Techno­ logiemarktführern. Sie sind ­unsere strategischen Partner. Google liefert uns quasi das Chassis, Intel den Motor. Es

war ein logischer Schritt: Tut man sich mit dem Marktführer zusammen, ist man immer am aktuellsten Stand. Kauft man nur die Technologie, läuft man stets Gefahr, am Ende mit ­etwas Veraltetem dazustehen. Entwickelte TAG Heuer die Hardware gemeinsam mit ­Intel, oder kamen die Ideen allesamt aus Kalifornien? Intel machte uns mehrere Vorschläge. Im Sommer 2014 hatten wir noch darüber gesprochen, einen Mikroprozessor zu benützen, wie es Apple und ei-

„Wenn man seit 1860 Avantgarde ist, gilt das natürlich auch für 2015.“

nige der anderen Firmen machten. Aber dann tauchte der Leiter der Entwicklungs­ abteilung mit diesem Ding auf, gerade mal so groß wie eine Münze, aber voller elektronischer Komponenten. Ich fragte, was das sei. Er sagte: „Ein Computer.“ Ich war sprachlos. Sie erklärten mir, dass dieses Teil ganz einfach mit einem Bildschirm und einer Tastatur betrieben werden könne, der kleinste Computer der Welt. Ich sagte, wir sollten diese Technologie nützen, voraus­ gesetzt, sie wäre zeitgerecht marktreif. „Computer“ impliziert einen gewissen Grad an Auto­ nomie. Ja, das ist auch der Fall – was bestimmte Basisfunktionen betrifft, ist die Connected tatsächlich autonom. Man kann mit ihr Musik hören oder einfach die Uhrzeit checken. Um jedoch die volle Bandbreite an Funktionen nützen zu können, braucht man noch immer eine WiFi- oder eine Bluetooth-Verbindung mit dem Smartphone. Die Connected ist in erster ­Linie eine Uhr, auch wenn sie einen Mikrocomputer besitzt. Eines der größten Probleme mit Smartphones – und auch Smartwatches – ist, dass sie binnen kurzer Zeit veraltet sind. Wie verhält es sich da mit der TAG Heuer Connected? Wird man sich alle ein, zwei Jahre eine neue Uhr ­anschaffen müssen? Nein, natürlich nicht. Man kann neue oder verbesserte Software installieren – wie bei einem Smartphone. Wer immer die jüngsten technologischen ­Innovationen haben will – wie beispielsweise eine Uhr mit ­integrierter Kamera –, wird sich irgendwann ein neues Modell kaufen müssen. Es scheint aber so zu sein, dass potentielle Smartwatch-Kunden diese ­Tatsache in Kauf nehmen. Wir haben noch keine Erfahrung in dem Bereich – das ist Neuland für uns. Wir müssen einfach schauen, wie es läuft, und daraus lernen.

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ACTION

WHEELS MOTORMERCH … und ein, ähm, Mini4WD.

Bentley ­Collection Einen Hauch mehr ­Understatement als der Bentayga bringen die jüngsten Neuzugänge in Bentleys LifestyleKollektion – alles von Ledertaschen zu ­Kaschmirschals. bentleycollection.com

COMEBACK MIT KNALL

Alfa Romeo meldet sich in Bestform zurück. Mit seiner neuen Giulia Quadrifoglio provoziert Alfa Romeo hinsichtlich Spezifikationen und Preis durchaus Vergleiche mit den etablierten Giganten unter den Mittelklasse-­ Limousinen: Ihr 510-PS-Motor und die 3,9 Sekunden von 0 auf 100 stellen sie ­unvermeidlich in eine Reihe mit BMW M3, Audi RS 4 oder Mercedes-AMG C 63. Doch in diese Gesellschaft gehört die Giulia Quadrifoglio eigentlich ja gar nicht. Während es nämlich bei anderen Marken um Bewunderung geht, geht es bei Alfa Romeo um Liebe.

NATÜRLICHE SCHÖNHEIT

Bentley bringt Luxus in die Landschaft. Angesichts der unaufhaltsamen Zunahme von Edel-SUVs war es nur eine Frage der Zeit, bis echte Luxusmarken ihre Interpretation des Themas vorlegen. Für alle, die das neue Range-Rover-Spitzen­ modell nicht opulent genug finden, gibt es nun den Bentley Bentayga – Bentley und SUV in einem. Sein 6-Liter-W12-Biturbo liefert dem Bentayga 600 PS, das Interieur wurde von den Kunsthandwerkern des Bentley-Ateliers handgebaut und bietet detailreichen Luxus, wie ihn nur generationenlange Erfahrung hervorbringen kann. Selbstverständlich stehen auch so ziemlich jeder Farbton, jedes Leder und jede Holzmaserung zur Wahl. Wer also ins Gelände will, ohne auf Komfort zu verzichten, hat mit dem Bentley Bentayga jetzt endlich Gelegenheit dazu.  bentleymotors.com

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Etwas gezügeltere Giulias werden folgen, den Launch bestreitet Alfa aber mit dem Topmodell: Unter der langen Haube verbirgt sich ein gemeinsam mit Ferrari ent­ wickelter 2,9-Liter-V6-Biturbo. Und die von Alfa-Limousinen gewöhnte Eleganz wurde durch eine markantere Linienführung und wuchtigere Form ersetzt. Trotz allem ist die Giulia auf eine Art schön, wie ihre ­deutschen Rivalen es nicht sind – schließlich wollte Alfa bestehende Verehrer begeistern und gleichzeitig die Marke vorwärtsbringen.  alfaromeo.com

Die Giulia Quadrifoglio erreicht 307 km/h, ihr elektronisches Sperrdifferential sorgt auch bei rasantestem Speed für ­optimale Traktion und sicheres Handling.

Land-RoverTretauto Land Rover will offenbar jüngeres Publikum anziehen: Die maßstabsgetreue Miniversion des klassischen Defender beeindruckt mit Details und kostet tatsächlich nur etwa die Hälfte vom großen Bruder. landrover.com

Jaguar by Oliver Sweeney Zwei neue schöne Schuhmodelle für ­Fahrer: Weslake sowie Sayer (im Bild unten), benannt nach Motorenbauer Harry Weslake bzw. Autodesigner ­Malcolm Sayer. oliversweeney.com

THE RED BULLETIN


WINTER AM RING

VON 28. NOVEMBER 2015 BIS 21. FEBRUAR 2016

WINTER-BUGGY WINTERWANDERWEG WINTERTRAININGS ADVENTDORF BULLEN-RUTSCHE INDOOR TRIAL EISLAUFEN LANGLAUFEN BIATHLON KINDERRODELN UVM... www.projekt-spielberg.com www.facebook.com/Projekt.Spielberg


ACTION

CULTURE Macht sich nass: Für die Rolle des Bodhi lernte Ramírez surfen.

SCHARF AM SCHIRM

Neue Releases, die man auf dem Radar behalten sollte.

FILM „The Revenant“ „Birdman“-Regisseur Alejandro G. Iñárritu zeigt Leonardo DiCaprio als Trapper auf einem Rachefeldzug gegen diejenigen, die ihn in der Wildnis dem Tod überließen. Reicht es für Leo diesmal zum Oscar? Ab 15. Januar werden Wetten angenommen.  foxmovies.com

WILDER HUND

Das Remake des Action-Thrillers „Point Break“ packt noch ein paar Extremsportarten drauf. Wir trafen den neuen Bodhi, Édgar Ramírez. The Red Bulletin: Wie ist es, die Rolle eines Extremsportlers angeboten zu bekommen, der zum Bankräuber wird? Édgar Ramírez: Ich war vierzehn, als der erste „Point Break“ („Gefährliche Brandung“, Anm.) in die Kinos kam. Der hat mich echt geprägt. Hätte mir jemand erzählt, dass ich einmal Bodhi spielen würde … ich hätte ihn für verrückt erklärt. Der Charakter hat mich unglaublich beeindruckt, wegen seiner Freiheit und des idealistischen Kampfs, den er führt. Zu der Zeit ging es ja überall nur um Kohle, und genau dagegen hat Bodhi rebelliert. Jetzt bezahlen wir die Rechnung dafür, und die Jungs im neuen Film lassen sich das nicht gefallen – es geht nicht nur um eine Auf­ lehnung gegen das System, es geht um eine echte Revolution. Hand aufs Herz: Wie viele der Stunts sind selbst gemacht? Wir gingen ans Limit und manchmal darüber hinaus. Als wir die Kletterszenen beim Salto Ángel in Venezuela drehten, hing ich am höchsten Wasserfall der Welt, unter mir 900 Meter Todesrauschen. Ich lernte in Tahiti surfen, in einem der heftigsten ­Wellengänge des Jahrhunderts. Das war keine Blue Box. Das war echt und mehr als eine Produktion, es war eine Expedition. Top-Athleten und -Stuntmänner waren als Ratgeber am Set – wie hat sich das auf den Dreh ausgewirkt? Es war eine große Ehre, Laird Hamilton als Surflehrer, Xavier De Le Rue als Freeride-Guru und Chris Sharma als Kletter-Mentor zu haben. Sie haben uns Techniken beigebracht und psychisch vorbereitet – wir versuchten ihren Stil nicht nur zu kopieren, sondern wollten auch verinnerlichen, was diese Jungs fühlen, wenn sie ihre irren Dinge schaffen. Das war eine unfassbare Erfahrung. „Point Break“ läuft ab dem 21. Januar im Kino.

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ADRENALIN-JUNKIES Wenn Extremsport auf Action-Filme trifft. „Point Break“ (1991) Der spirituelle Krieger Bodhi (Patrick Swayze) und seine surfende Bankräubergang werden vom FBI-Agenten und Ex-Footballspieler Johnny Utah (Keanu Reeves) unterwandert. Regisseurin: Kathryn Bigelow! „Cli≠hanger“ (1993) Sylvester Stallone (der auch am Drehbuch mitkämpfte) gerät in den Rockys als Klettermax Gabe Walker in ein tödliches Katz-und-Maus-Spiel mit John Lithgows Söldnertrupp.

GAME „Lego Marvel’s Avengers“ Spiel die Miniaturversion von „Captain America“, „Iron Man“ und Co in Legos jüngstem Digital-Ableger, der dem Plot von „Avengers Assemble“ und „Avengers: Age of Ultron“ (und jedem MarvelFilm dazwischen) folgt. Ab 29. Januar auf allen Plattformen.  lego.com

„Tödliche Geschwindigkeit“ (1994) Charlie Sheen als eigenwilliger Fallschirmsprung-Trainer und die ehemalige KGB-Agentin ­Nastassja Kinski durchkreuzen die Pläne der russischen Mafia.

TV „Vinyl“ In HBOs neuester Eigenproduktion (Regie: Martin Scorsese, Produzent: Mick Jagger) geht’s um ein fiktives New Yorker 1970er-Plattenlabel, aber in Wahrheit um Sex, Drogen und … ja, Rock ’n’ Roll. Ab 14. Februar auf HBO, danach auf Sky Atlantic HD.  hbo.com

THE RED BULLETIN

INTERPOL PICTURES, TWENTIETH CENTURY FOX FILM CORPORATION, NIKO TAVERNISE/HBO

FILM


ACTION

CULTURE

KAINRATHS RAT

Das ewige Horoskop fürs neue Jahr: Tu das! Steinbock

Wassermann 21. 1. – 20. 2.

21. 2. – 20. 3.

Rauf auf den Berg! Und dann? Auf den nächsten! Der Weg ist der Sinn.

Zeit, allein zu sein! Tauche hinab in die Tiefen der See – oder der Seele!

Nicht denken, schon gar nicht über die Liebe! Gib dich einfach hin!

22. 12. – 20. 1.

Widder

21. 3. – 20. 4.

21. 4. – 20. 5.

Stier

Zwillinge

Übe dich in der wahren Kunst des Kampfes: Verschmelze geistig mit deinem Gegner.

Was zählt, ist nie die Zahl deiner Siege, nur die deiner Freunde. Lad sie auf zwei Drinks ein!

Rede öfter mit dir selbst: Frag dich, was du wirklich brauchst. Es ist nicht Reden.

Krebs

21. 5. – 21. 6.

22. 6. – 22. 7.

23. 7. – 23. 8.

Löwe

Jungfrau

Es gibt kein Zurück. Also hör auf zu zweifeln und geh weiter. Vorwärts!

Du kennst dein Problem. Du bist ein König – in einer Demokratie. Geduld! Alles ändert sich.

Du weißt: Die Dinge haben Namen, aber die Namen haben Fehler. Aber: Psst!

Waage

DIETMAR KAINRATH

Fische

Skorpion

24. 8. – 23. 9.

Schütze

24. 9. – 23. 10.

24. 10. – 22. 11.

23. 11. – 21. 12.

Vergleiche nicht und miss nicht die Fehler! So wirst du leichter – leichter glücklich.

Schütze dich – vor dir selbst. Nicht, weil du so böse bist, du bist zu gut!

Liebe kann töten. Also verschenke dein Herz nur, wenn du dafür ein anderes bekommst!

THE RED BULLETIN

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CULTURE

THE PLAYLIST MATT BERNINGER

TALENTALARM Das neue Jahr bringt neue Gesichter. Hier drei aufstrebende Musikerinnen, die man 2016 auf der Rechnung haben sollte.

2013 erschien das sechste Album der Indie-Rock-­ Titanen von The Natio­nal: „Trouble Will Find Me“ schaffte eine Grammy-Nominierung und Top-3-­ Plätze in den US- und UK-Charts, es folgte eine 18-monatige Welttournee. Statt dann Pause zu machen, ging Frontmann Matt Berninger ins Studio und arbeitete gemeinsam mit Musikerkollege Brent Knopf am Nebenprojekt EL VY. Im Gegensatz zu den melancholischen The-NationalSongs gibt es auf dem Debüt „Return to the Moon“ zackige New-Wave-Riffs und optimistische Disco-Rhythmen. Uns erzählt der 44-Jäh­ rige, welche Songs ihn geprägt haben.  elvy.co

Minutemen

Olivia Newton-John

„This Ain’t No Picnic“ (aus: „Double Nickels on the Dime“)

„Hopelessly Devoted to You“

„Als ich ‚Return to the Moon‘ schrieb, sah ich ‚We Jam Econo‘, eine Doku über die US-Punkband Minutemen und die Freundschaft zwischen deren Mitgliedern D. Boon und Mike Watt. Es geht um Liebe, Schmerz und diesen ganzen Jugendscheiß. Der Film war eine große Inspiration für die ­Figuren meiner Songs. Was die Musik von Minutemen angeht, gehört das mit zum Besten.“

„Als kleiner Junge war ich wahnsinnig in Olivia Newton-John verliebt. Ich glaube, sie war meine erste große Liebe, entweder sie oder Annette Funicello vom ­Mickey Mouse Club. Aber auch ihre Musik war großartig. Es liegt so viel Romantik in einem Song wie ‚Hopelessly Devoted to You‘, und mit zwölf geht das einem echt nah. Es ist unmöglich, sich nicht in Olivia zu verlieben.“

The Smiths

Leonard Cohen

„Bigmouth Strikes Again“

„Famous Blue Raincoat“ (aus: „Songs of Love and Hate“)

„Wie alle meine Schulfreunde hörte ich Van Halen, Rush und AC/DC. Das änderte sich, als meine Schwester diese Single nach Hause brachte. Mit dem Song formte ich so was wie eine Identität. Zum ersten Mal merkte ich, dass Musik mehr als Unterhaltung sein kann, dass es Musiker gibt, die in hässliche und unsichere Regionen ihres Herzens vordringen und damit großartige Popsongs schaffen.“

„Ich versuche seit Jahren eher vergeblich, Liedtexte zu schreiben, die es mit denen Leonard Cohens aufnehmen können. Mein Cohen-Moment auf dem EL‑VY-Album ist ‚Sleeping Light‘, da kehre ich den Frauenhelden in mir hervor. Keine Ahnung, wie überzeugend das ist. Dieser ­wundervolle Cohen-Klassiker war meine Referenz, aber Matt Berninger ist wohl nicht so sexy wie Leonard Cohen.“

Duran Duran „Rio“ „Ich liebe den Song. Und erst das Video! Simon Le Bon und Band mit Supermodels auf einer fetten Yacht. Auch das versteh ich ­unter dem guten Rockstar-Leben, von dem ich immer geträumt hab. Und was habe ich erreicht? Ich bin verheiratet, habe Kinder und bin Frontmann von The ­National, einer Band, die nie im Leben auf ein Boot steigen würde. Ich finde, ich bin ein gottverdammter Loser.“

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Dua Lipa Die 20-jährige Londonerin steht beim selben Management wie Lana Del Rey unter Vertrag, ihre rauchige Debüt-Single „New Love“ hat FKATwigs-Koproduzent Emile Haynie aufgefettet. Für Fans von: Sia, Adele Anspieltipp: „New Love“

THE GADGET Batband

Das Ding sieht nicht nur aus wie eine Sci-Fi-Requisite. Es ist womöglich die Zukunft, wie wir Musik unterwegs hören. Anders als gewöhnliche Bluetooth-Headsets bedient sich das Batband der KnochenLeit-Technologie. Dabei wird Musik mittels Vibrationen über die Schädelknochen transportiert, die Ohren ­bleiben frei, und man kriegt Geräusche der Außenwelt mit. studiobananathings.com

Miya Folick Die Kalifornierin wuchs in einer buddhistischen Familie auf und wird als herausragendes Songwriting-Talent gehandelt. Ihre Folk-Songs sind karg, kraftvoll und doch zart. Für Fans von: Feist, Cat Power Anspieltipp: „I Got Drunk“

Alessia Cara In weniger als einem Jahr wurde aus dem YouTube-­ Ruhm der 19-jährigen R&B-Sängerin nicht nur ein Plattenvertrag beim Riesenlabel Def Jam, zudem steht auch Taylor Swift auf sie. Für Fans von: Lorde, The Weeknd Anspieltipp: „Here“ DEIRDRE O’CALLAGHAN, KIRSTIN SINCLAIR

ACTION

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ACTION

EVENTS SAVE THE DATE Weitere Pflichttermine in den nächsten Wochen

18

Dezember Arosa Challenge 4-Nationen-Eishockeyturnier: Weissrussland, die Slowakei und Norwegen treffen auf den amtierenden Turniersieger – die Schweiz. 18./19. 12., Arosa

9./10. Januar Herren Ski-Weltcup Chuenisbärgli, Adelboden Der Adelbodner Riesenslalom ist wegen seiner extremen Steilhänge mit bis zu 60 Prozent Gefälle eines der schwierigsten Weltcuprennen. Diese Saison jagen Stars wie Ted Ligety und Alexis Pinturault am Chuenisbärgli den regierenden Gesamtweltcupsieger Marcel Hirscher (Bild) – er gewann den Adelbodner Riesenslalom im vergangenen Januar mit beachtlichen 1,13 Sekunden Vorsprung vor Pinturault. weltcup-adelboden.ch

15. Dezember Madsen

31. Dezember „Legend“ Kinostart Ein skrupelloses Gangster-Duo tyrannisierte in den 1960er Jahren London: die Zwillingsbrüder Reggie und Ronnie Kray. „Legend“ bringt diese Mafia-Story ins Kino – mit Tom Hardy („Mad Max“; Bild) in einer sehenswerten Doppelhauptrolle.  legend-the-movie.com

84

Dezember Florence + the Machine Sechs Millionen verkaufte CDs weltweit, Platz 1 in den Schweiz-Charts: Pop-Poetin Florence Welch gastiert in Zürich. Hallenstadion, Zürich

31

Dezember Neujahrs­ marathon

Dynamo, Zürich „Kompass“ heisst das jüngste Album von Madsen, und es tut, was alle Madsen-Alben tun: Es verschmilzt Schlagermelodien mit stürmischen Punkriffs. Seit über zehn Jahren landen die Indie-Rocker aus Niedersachsen mit diesem Konzept Top-Ten-Platzierungen in den deutschen Charts. Nach ­ihrem letzten Zürich-Konzert im Jahr 2006 ­kehren die Gebrüder Madsen (Bild) nun erstmals in die Limmatstadt zurück. Alternativ­ termin: 16. Dezember in der Kaserne ­Basel.  madsenmusik.de

19

Den Jahreswechsel ­laufend feiern: mit Startfeuerwerk um Mitternacht und Sekt im Ziel. Schlieren, Zürich

16./17. Januar Swiss Freeski Open Jakobshorn, Davos Die Schweizer Freeski-Meisterschaften starten 2016 mit den Swiss Freeski Open. Was die Zuschauer in Davos ­erwartet? Schweizer Läuferinnen und Läufer der Weltklasse, Halfpipe-Contests mit Sprüngen von 15 Metern und spektakuläre Tricks auf der mit Kickern und Rails gespickten Slopestyle-Piste. Wichtige Info für interessierte Hobbyfahrer: Bei den Open-Rennen können auch ambitionierte Freeski-Einsteiger starten.  swissfreeski.ch

28

Januar worldweb­ forum Die Schweizer BusinessKonferenz für digitale Transformation bringt Top-Speaker wie Ex-Apple-CEO John Sculley aus dem Silicon Valley nach Zürich. Komplex 457, Zürich

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GEPA PICTURES/RED BULL CONTENT POOL, STUDIOCANAL, MARCO SENSCHE, DOMINIC STEINMANN

Alle jagen Marcel Hirscher: den Vorjahressieger des Riesentorlaufs in Adelboden


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DIE RETTUNGSKARTE VON AIR ZERMATT Geh bei all deinen Touren auf Nummer sicher – mit der Rettungskarte der Air Zermatt. Wir schßtzen dich in der gesamten Schweiz: Egal ob es einen Helikopter, eine Ambulanz oder gar ein Flugzeug braucht. Und auch wenn du im Ausland mal medizinische Beratung oder einen Repatriierungsflug brauchst, kannst du dich auf die Air Zermatt verlassen.

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ACTION

EVENTS NEVER STOP Wie man zu laufen beginnt und nie wieder stehen bleibt.

Start Ab diesem Moment gibt es keine Ausreden mehr: einmal losgelegt, nie mehr aufgehört. Prokrastinieren (bitte nachschlagen) sinnlos, der Startschuss für ein aktives Leben erfolgt genau jetzt. (Na gut, diese Seite fertig lesen gilt noch.)

Ob Wings for Life World Run oder Extremlauf: Entscheidend ist der erste Schritt.

Er war stark übergewichtig, rauchte und trank. Dann ­begann er zu laufen und wurde Extremläufer: Christian Schiesters drei Tricks, ein aktives Leben zu beginnen. Zwei Dinge braucht es, um den Couch-Potato hinter sich zu lassen: „Erstens einen verbindlichen Startschuss. Und der erfolgt jetzt, in dieser Sekunde. Worauf warten?“ Aufschieben Christian Schiester, sei bloß eine Flucht vor Langstreckenmann dem eigenen Mut: „Der Mensch ist historisch als Läufer geboren. Es gibt keinen Grund, nicht zu laufen.“ Nächster Schritt: ein weißes Blatt Papier. „Darauf notierst du täglich deine gelaufenen Kilometer.“ Tempo, Distanz? Egal. „Selbst bloß zu gehen ist besser, als zu sitzen.“ Schiesters Zettelstapel, an denen er täglich vorübergeht, beinhalten Läufe durch Wüsten und ewiges Eis genauso wie seine ersten Meter, an die er sich bestens erinnert: „Ich wog 100 Kilo und wollte die drei Kilo­ meter bis zum Schloss in meinem Heimatort schaffen, ohne stehen bleiben zu müssen.“

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Seine ersten Ausflüge endeten beim Briefkasten am Ende der Straße. Aber: „Ich habe nicht mehr aufgehört – weil ich jeden Tag an dem weißen Zettel vorbeimusste.“ Der Lohn ist der dritte Trick des einstigen Bonvivants: „Wenn du nach dem Sport heim­ kommst, fühlt sich alles anders an – die Dusche, die frische Wäsche. Dann darf’s auch ein Bier sein oder eine Pfeife im Sonnen­ untergang. Zuvor muss man allerdings seinen Hintern in die Höhe gebracht haben.“ Es sei, wie ein großes Rad zu drehen: „Am Anfang ist viel Kraft erforderlich, um es in Bewegung zu bringen. Doch je länger man es dreht, umso leichter geht es, bis schließlich alles fast wie von selbst geschieht.“ Am 8. Mai 2016 erfolgt an weltweit 34 Locations (in der Schweiz: Olten, Solothurn) zeitgleich der Startschuss zum Wings for Life World Run 2016. Wer schafft es, dem verfolgenden Catcher Car am längsten zu ent­kommen? Infos, Tipps und Anmeldung: www.wingsforlifeworldrun.com

Papier Ein weißes Blatt Papier dokumentiert, wie weit du heute gelaufen bist. Wichtig: Man notiert das tatsächlich Erreichte, keine Wünsche, Vor­ haben oder Trainings­ pläne. Dieses Blatt wird gut sichtbar in der ­Wohnung platziert.

Goodie Jeder Mensch hat Dinge, auf die er sich besonders freut: ein Stück ­Kuchen, ein Glas Wein, gute Musik und ein Buch auf dem Sofa. Belohnung kommt von Lohn: Nur wer etwas geleistet hat, hat auch Anspruch darauf.

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PHILIP PLATZER/RED BULL CONTENT POOL, MIRJA GEH/RED BULL CONTENT POOL

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Der Abenteurer

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Der Athlet

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Der Stilist

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LIEBE UND TOD ZU WEIHNACHTEN VON MICHAL HVORECKÝ

Michal Hvorecký

Geboren 1976 in Bratislava. Studium der Kunst­ geschichte in Nitra. Nach einem Auslandssemester in den USA veröffentlichte er seinen ersten Roman „City: der unwahrscheinlichste aller Orte“ als ­Liebesgeschichte in Zeiten der Globalisierung. Es folgten „Eskorta“, ein Roman über einen arbeits­ losen Schauspieler, der sich als Callboy verdingt, und „Tod auf der Donau“, eine Satire über Aus­ wüchse des Tourismus. Hvoreckýs Familie mütter­ licherseits gehörte zur Minderheit der Zipser Deutschen, was Deutsch für ihn zur zweiten Muttersprache macht, in der er auch schreibt (etwa die Bühnen­ satire „Slowakisches Institut“). Hvorecký lebt als Autor, Übersetzer und ­Leiter der Bibliothek am Goethe-Institut in Bratislava.

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­ antasy-Film, Deleuze eine Käsesorte und Sartre eine F Rockband. Aber mit welchem Recht hätte ich meinen Studenten das Abkupfern vorwerfen können, wo sogar der einzige „Dozent“ am Institut in aller Seelen­ ruhe die Raubkopie einer tschechischen Arbeit als seine Habilitation ausgab? Die Lehrstuhlleitung hatte mir zu Beginn des Prüfungszeitraums verkündet, dass bei mir niemand durchfallen dürfe, weil ihnen sonst Subventionen gestrichen würden. Es genügte mir schon, das Gebäude von weitem zu sehen, um das Gefühl von entsetzlicher Leere zu bekommen.

A

ls Heiligabend näher rückte, wurde alles noch schlimmer. Mein Büro war so mit ­Tannenzweigen vollgepackt worden, dass ich nicht mehr wusste, wo ich sitzen soll. Wenn die Lehrkräfte sich mit genauso viel Verve, wie sie sie fürs Dekorieren und das Absingen von Weihnachtsliedern aufwendeten, in ihre wissenschaftliche Arbeit gestürzt hätten, hielte ich meine Vorlesungen hier an einer slowakischen École normale supérieure. Zum Bruch kam es an dem Tag, als mir meine Vor­ gesetzten mitteilten, sie würden zum Zweck der internationalen Publikationstätigkeit einen Verlag in der Ukraine gründen und dort ihre eigenen „Fachbücher“ herausgeben. Auf der Sitzung des pseudowissenschaftlichen Rates erklärte ich, dass ich die Hochschule aus Protest verlassen werde. Im Innern war ich mir aber nicht ganz so sicher, denn das hätte den Verlust des Pariser Stipendiums bedeutet, aber vor allem: Wo sollte ich hin? Mein Zuhause in La Défense war schon seit Jahren nicht mehr mein Zuhause, so wie meine Frau Denise nicht mehr meine Frau war. Trotz alledem wünschte ich mir, sofort zurückzugehen. Doch dann traf ich sie. Lucia war nicht meine ­Studentin, sie war noch im Grundstudium. Nie im Leben hatte ich eine so schöne junge Frau gesehen, eigentlich noch ein Mädchen. Sie kam zu mir in die Konsultation, um zu fragen, ob sie mein Oberseminar zur französischen Poesie und Prosa besuchen dürfe. (Dass es ausfiel, weil sich niemand eingeschrieben hatte, war ihr entgangen …) Sie wollte wissen, ob ich Érik Orsenna bereits behandelt hätte, und bat mich um Empfehlungen für Bücher von Marguerite Duras. Ich traute meinen Ohren kaum. Wir kamen ins Gespräch und konnten gar nicht wieder aufhören. Lucia las gerne Camus im Original, und zwar nicht nur Albert, sondern auch den von mir so verehrten Renaud, Autor des Skandalwerks „La Campagne de France“. Sie sprach praktisch akzentfrei Französisch, denn als Gymnasiastin hatte sie ein

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STEFAN LAKTIS

D

ie verschneite Straße verlor sich vor ­meinen Augen. Das Navi meldete, dass das Gebiet, in das ich gerade hineinfuhr, gar nicht existiert. Und wenn ich nun aus Versehen in Polen gelandet war? Ich war spät dran, das letzte Dorf, das das GPS noch gekannt hatte, lag zwanzig Kilometer hinter mir und war nach irgendeinem Laubbaum benannt – eines der Wörter, die ich auf Slowakisch kannte, weil es in meinem Sprachlehrbuch aus unerfindlichen ­Gründen fast in jeder Lektion wieder auftauchte. Was suchte ich eigentlich hier, am nördlichen Ende eines Landstrichs namens Orava? In meinem Leben musste doch irgendetwas grundlegend falsch laufen, wenn ich drauf und dran war, Weihnachten an einem Ort zu verbringen, den es auf der Landkarte gar nicht gibt. Während der Feiertage sollte man sich erholen, doch ich war dermaßen gestresst, dass mein Herz raste und meine Stirn schweißnass war. Sechs ­Stunden war ich jetzt schon unterwegs, verzweifelt über den Verkehr in diesem Land, wo es offensichtlich viel mehr Autos gab als Einwohner. Was wäre, wenn ich jetzt – Gott bewahre! – eine Panne hätte? Ich umklammerte das Lenkrad noch fester, um meine Hände am Zittern zu hindern. Mir ging durch den Kopf, was ich während meiner drei Monate in diesem Land erlebt hatte. Ich war hierhergekommen, um an einer Universität, die diese vornehme Bezeichnung überhaupt nicht verdient hatte, Französisch zu unterrichten. In diesem seltsamen Staat entstanden Hochschulen sogar an Orten, wo es nicht einmal Oberschulen gab. Die Studenten lasen nichts, den Inhalt der Bücher holten sie sich aus dem Netz. Sie glaubten, „Die Suche nach der verlorenen Zeit“ sei ein amerikanischer


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Jahr in Marseille verbracht. Ich konnte den Blick nicht von ihr losreißen. Eine Flut von Gedanken und Plänen stürzte auf mich ein. Gern hätte ich sie in ein Café eingeladen, aber in dieser Plattenbauhölle gab es keins, nur eine Unmenge von Kneipen. Drei Tage später gab mir Lucia einen „französischen“ Kuss, wie ich ihn in Frankreich noch nicht erlebt hatte. Als sie mich einlud, Weihnachten bei ihrer Familie zu verbringen, ließ ich mir meine Freude darüber nicht anmerken, um sie nicht zu ­verschrecken. Übers Internet kaufte ich für sie den neuen Houellebecq und eine schöne Ausgabe der „Mandarins von Paris“ sowie, um mit dem Zeitgeist Schritt zu halten, auch noch einen E-Book-Reader. Meine Kündigung zog ich zurück – zur großen Freude der Lehrstuhlleitung, die sich dank meiner mit internationalen Kontakten brüsten konnte.

E

ndlich erblickte ich auf einem Schild den aus zwei Wörtern bestehenden Ortsnamen. Ich trat auf die Bremse, und sofort kamen meine Reifen auf der nicht geräumten Straße ins Rutschen. Lucias Anweisungen folgend, stoppte ich am Ende des Dorfes. Viel sah ich nicht, denn Laternen gab es nur in bescheidenem Umfang, doch es sah aus wie in einem Freilichtmuseum. Ich stieg aus, hinein in die vollkommene Stille der Nacht. Vor einem folkloristisch gestalteten Holzhaus erblickte ich Lucia, und alles andere hörte auf wichtig zu sein. Ich nahm das Gepäck aus dem Kofferraum, wir umarmten uns kurz, und dann trat ich ein. Todmüde absolvierte ich die Vorstellungsrunde mit den Eltern – ein Ritual, vor dem es mir bei neuen Freundinnen von jeher grauste – problemloser als üblich. Der stämmige Vater stellte gerade auf dem Ofen aus Karamell, Spiritus und Schinkenspeck Treibstoff her, offenbar eine volkstümliche Wintermischung für Landmaschinen. Die gelbliche Flüssigkeit allerdings goss er in Schnapsgläser und bot mir eins an. Ich schnupperte an dem heißen Gebräu. Hriatô. Die geheime mitteleuropäische Antwort auf den Absinth. Es schüttelte mich, und ich verspürte leichtes Unwohlsein. Doch um den gastfreundlichen Herrn nicht zu beleidigen, kippte ich das Zeug auf ex. Nach dem zweiten Glas weiteten sich meine Pupillen, nach dem dritten fing ich an zu halluzinieren. Ich lernte zehn Verwandte von Lucia kennen und versuchte ihre urwüchsigen Namen im Kopf zu behalten. Obwohl die Nacht schon weit fortgeschritten war, bot mir die Mutter eine dicke Linsensuppe an, in der ein Holzlöffel aufrecht stand. Die ganze Zeit über hatte ich gehofft, mich endlich an Lucia schmiegen zu können, doch als Schlafplatz bekam ich einen Verschlag in einer Ecke des lang­ gestreckten Hauses zugewiesen. Trotz meiner Ent­ täuschung, allein zu sein, schlief ich ein wie ein Baby. Sehr früh am Morgen weckte mich ein Klopfen. Ich freute mich schon sehr auf Lucia, allerdings

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erschien ihr Vater in der Tür meiner Kammer und erst hinter ihm – in Tracht! – seine Tochter. Sie erläuterte mir geduldig, was er sagte, und übersetzte meine Antworten. Kommt am Tag der Geburt des Herrn als Erstes eine Frau mit guten Wünschen, so bringe das Unglück. Zuerst müsse ein Mann das Zimmer des Gastes betreten. Einen blöderen Brauch konnte ich mir in diesem Moment nicht vorstellen. Noch im Pyjama bekam ich ein Glas hausgemachten Sliwowitz und gleich noch eins, auf einem Bein könne man ja nicht stehen. Ich hielt die Franzosen von jeher für ein Volk von Alkoholikern – doch was war dann das hier? Zum Frühstück aß ich nur wenig, denn man wies mich an zu fasten; Alkohol jedoch zählte nicht, also wurde mir ununterbrochen nachgeschenkt. Auf den Vater hatten die harten Sachen keinerlei Wirkung. Unter jede Tischdecke im Haus legte er Geld, auf dass im nächsten Jahr in der Familie keine Not ­herrsche. Das gefiel mir, also wollte ich es ihm gleichtun, doch hatte ich nur Kreditkarten dabei – ausgerechnet hierher hatte ich nicht gerade weiß Gott was für Bargeldbeträge mitgenommen. Ich würde demzufolge weiter mein ärmliches Lehrer­ dasein fristen müssen.

Hriatô ist ein Schnaps aus Speck, Spiritus und Karamell.

U

m elf ging es zu den toten Vorfahren. Der kleine Friedhof mit den Holzkreuzen auf einem steilen Hügel war mit Kränzen und ­trockenen Blumen übersät. Wir zündeten Kerzen an und stellten sie in die roten Lämpchen. Getrunken wurde Honigwein, der auch über die Gräber ver­ gossen wurde, damit die Toten nicht verdursteten. Ich riss meine Augen auf angesichts dieses heid­ nischen slawischen Rituals, an dem Claude LéviStrauss seine Freude gehabt hätte, aber Lucia sagte mir, ihre Familie sei katholisch. Später stach der Vater auf dem Hof ein Schaf ab und ließ es ausbluten, auf dass der Boden erwache und fruchtbar sei. In den Brunnen streute er eine Prise Salz, also würde das Wasser wohl gesund ­bleiben. Lucia brachte einen runden Kuchen, der in seiner Form an die Sonne erinnerte und sicherstellen sollte, dass sie nach der Wintersonnenwende recht bald wieder höher steigen und die Welt wärmen möge. Das wagenradgroße, mit Rosinen, Honig, Quark und Honig gefüllte Gebäck schmeckte jedenfalls besser als unser französischer „Weihnachtsbaumstamm“ Bûche de Noël. Gestärkt machte ich einen Spaziergang durch die Umgebung. Ich ging davon aus, an der eisigen Luft wieder nüchtern zu werden. Hinter dem Haus lag ein Bauernhof mit einer Schafherde und zwei Kühen, mit Schweinen, Hühnern und Hasen. Der Hof, über dem

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Der Weihnachtsbaum hing von der Decke wie ein Erhängter.

READ BULL Lesevergnügen im Red Bulletin

Jeden Monat widmet ein namhafter Autor unseren Lesern eine Kurzgeschichte. Diesmal ist es der Slowake Michal Hvorecký. Sein aktueller Roman „Tod auf der Donau“, erschienen im Tropen Verlag, ist eine bitterböse Abrechnung mit den Auswüchsen des Kreuzfahrttourismus.

Übersetzung aus dem Slowakischen: Mirko Kraetsch

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ein säuerlicher Geruch lag, wurde von einem Hund bewacht. Ich versank in Schneewechten, lauschte dem Dröhnen der Bäume im Wind und kam mir vor wie in einem Roman von Charles-Ferdinand Ramuz. Lucia fand ich am Ofen. Aus Honigteig formte sie Tierfiguren und schob sie zum Backen ins Rohr. Einem fertigen Schaf biss ich ein knuspriges Bein ab, und Lucia fuhr mich zum ersten Mal an. Dieses ausgezeichnete Backwerk durfte man auf keinen Fall essen – damit die Viecher nicht krepierten! Das weihnachtliche Abendessen begann um drei, also zu einer Zeit, zu der wir in Paris meist erst zu Mittag essen. Mein Magen knurrte bereits, aber keine Spur von etwas zu essen. Der Vater legte den Fuß­ boden mit Strohgarben aus, damit es im Haus immer genügend Korn fürs Brot geben möge. Jedes Familien­ mitglied angelte sich blind einen Halm und zeigte ihn den anderen. Ich zog den kürzesten, was bedeutete, dass ich innerhalb eines Jahres sterben würde. Die Verwandten bemitleideten mich lautstark und schüttelten traurig den Kopf. Dann wurde symbolisch ein Apfel aufgeschnitten. Ich ahnte schon, was dahintersteckte, und schnappte mir deshalb aus der Obstschale den schönsten. Der Vater hieb ihn mit einem Messer entzwei. Unter der makellosen Schale war das verfaulte Fruchtfleisch bis zum Kerngehäuse von Minitunneln durchzogen, und zwei Maden feixten mir hämisch ins Gesicht. Schon bald würde mich eine schreckliche Krankheit nicht verschonen, konstatierte die Tischgesellschaft.

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ch wollte die Stimmung ein wenig auflockern, deshalb stand ich auf, um einen Trinkspruch auszubringen. Im Chor schrien sie mich nieder und durchbohrten mich mit Blicken. Am Heiligen Abend bediene allein die Hausfrau, alle anderen hätten sitzen zu bleiben, bis zum abschließenden Gebet dürfe ­niemand aufstehen, sonst müsse er sterben. Mir blieb die Spucke weg. Mein Blick fiel auf einen leeren ­Teller – sie hatten auch für die verstorbene Tante gedeckt, falls ihr Geist beschließen würde zurück­ zukehren. Meine Überzeugung, dass die französische Kultur die morbideste der Welt ist, bekam Risse. Ich probierte die selbst gemachten Oblaten mit Honig, Walnüssen, Knoblauch und schwarzem Pfeffer. Die Mutter erzählte die Geschichte von der Geburt des Erlösers und sprach von den Scheidewegen des Lebens. Lucia zeichnete mir mit dem Finger ein Kreuz aus Honig auf die Stirn und leckte es wieder ab. Dann forderte sie mich auf, es ihr gleichzutun. Da musste sie mich nicht zweimal bitten. Wahrscheinlich ging ich zu leidenschaftlich ans Werk, denn der Vater schnappte sich eine Axt. Ich bekam es mit der Angst, dass er mich umbringen würde, doch er schlug sie in den Holzbalken über dem Tisch, auf dass das Metall unsere Gesundheit stähle. Dann schmiss er auch noch

eine Hacke zwischen die Tischbeine und wickelte eine dicke Kette um den Tisch – so würde sich die Familie übers Jahr wieder treffen. Das erste gute Zeichen. Endlich durfte ich mich ans Essen machen. Die Fressorgie bestand aus neun Gängen und erreichte ihren Höhepunkt in der für die Orava-Region ­typischen Kohlsuppe mit Wurst, Schweinerippchen und Pilzen, angeblich der besten weit und breit. Es ­folgten Grumbieren, Lokschen, Pofesen, Weihnachtstorte … ich bat um ein Glas Wasser, doch zur Antwort bekam ich dermaßen schockierte Blicke, dass ich auch weiterhin nur mit Wein und Schnaps nachspülte. Meine Zunge wurde schwer, mir wurde schwindelig, und mein Bauch war kurz vorm Platzen. Auf dem Tisch war wohl alles zu finden – außer Geflügel, das auf dem Boden scharrt, auf dass es das Glück nicht zerkratze. Von jeder Speise wurde auch den Tieren etwas gebracht.

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ann war Bescherung. Der Weihnachtsbaum hing von der Decke wie ein Erhängter. Die Beine knickten mir weg. Ich bekam überhaupt nichts geschenkt, aber alles, was ich Lucia mitgebracht hatte, feierte Erfolge, und das genügte mir. Anschließend machten wir uns zu Fuß auf den Weg ins Nachbardorf zur Mitternachtsmesse. Es herrschte dichtes Schneetreiben, und ich schleppte die fünf Kilometer auch noch eine Last mit mir herum. Der Vater hatte in der Adventszeit einen Tisch hergestellt, für den er keinen einzigen Nagel aus Metall verwendet hatte. In der kleinen Holzkirche stellte ich ihn vor den Altar. „Damit die Leute sofort erkennen können, wer alles eine Hexe ist“, wie mir Lucia erklärte. Ich schämte mich dafür, nur dieses eine Mal im Jahr zur Messe zu kommen, und das auch noch ­sturzbetrunken, aber der sympathische Priester, ­ausgesprochen frankophil, hatte sogar noch mehr gebechert als ich. Nach einem mörderischen Gläschen Birnenbrand im Pfarrhaus wurde der Raum um mich herum durchsichtig und versank im Dunkeln. Ich sackte auf meinem Stuhl zu einer Toulouse-Lautrec-Position in mich zusammen und erblickte eine totenbleiche Frau, die schweigend von einem leeren Teller aß. Mein Filmriss reichte über mehrere Stunden bis zu dem Moment, als ein cadeau bei mir eintraf. Joyeux Noël! On va chez toi ou chez moi?, fragte ich, aber Lucia schüttelte nur mit dem Kopf. Sie brachte mich in die Scheune, auf ein Lager aus Stroh. Le réveillon. Die Schafe pressten sich vor Kälte genauso dicht aneinander wie wir, verbunden durch gegenseitige Nähe. Je t’adore, ma biche. La petite mort. Ich schlug die Augen auf, und über meinem Kopf hing ein Mistelzweig. Es hatte aufgehört zu schneien, die Sonne kam heraus und begann zögerlich die Welt zu erwärmen. Im nächsten Jahr würde ich ausschließlich lieben und sterben.

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