INNOVATOR by The Red Bulletin AT 2021 #1

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INNOVATOR BY THE RED BULLETIN 01/2021 IDEAS FOR A BETTER FUTURE

DIE ZUKUNFT IST BESSER ALS IHR RUF Warum 30 kluge Köpfe uns jetzt Mut machen. Und was du dazu beitragen kannst.

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AUSGABE ÖSTERREICH EURO 3,50


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JAHRE GARANTIE*

DER N EUE CU PR A F O R M E N TO R . FAHRE WAS DU FÜHLST. WANDELBAR VON 150 – 310 PS. ALS BENZIN, DIESEL ODER e-HYBRID. Verbrauch: 6,4–9,0 l/100 km. CO2-Emission: 144– 204 g/km. Stand 02/2021. Symbolfoto. * CUPRA Garantie von 5 Jahren bzw. 100.000 km Laufleistung, je nachdem, was früher eintritt.

MEHR


INFORMATION: CUPRAOFFICIAL.AT/FORMENTOR


EDITORIAL CONTRIBUTORS

Robert Ormerod Der schottische Fotograf arbeitete u. a. für „The Guardian“ und „National Geographic“. Seine Faszination: Weltraumraketen. Wie man eine in der eigenen Garage baut, dokumentierte er bei den dänischen Hobby-Tüftlern Copenhagen Suborbitals: „Mit dem Haarföhn ins All“. AB SEITE 3 8

Waltraud Hable Die Bestsellerautorin („Mein Date mit der Welt“) interviewte für uns die mehrfach ausgezeichnete Nachhaltigkeits-Aktivistin DariaDaria. Das Ergebnis: ein außergewöhnliches Gespräch über die Kraft der Inspiration, den Schutz des Planeten und die Ehrlichkeit zu sich selbst. AB SEITE 62

I N N O V AT O R

AUF IN DIE ZUKUNFT Können wir den Klimawandel stoppen? Den Krebs besiegen? Hunger und Armut ein Ende setzen? „Ja“, sagen 30 renommierte Persönlichkeiten und Experten in unserer Titelgeschichte – und belegen anhand von überraschenden ­Fakten, Statistiken und Studien, warum wir durchaus optimistisch in die Zukunft blicken dürfen – unter anderem mit Bill Gates, Elon Musk und Biontech-Gründer Uğur Şahin. „Die Zukunft ist besser als ihr Ruf“, ab Seite 48. Im Hinterhof eine Rakete zu bauen, die in der Lage ist, ins All zu fliegen, klingt nach einem absolut unmöglichen Vorhaben. Doch genau das gelang einer Handvoll dänischer Hobby-­ Konstrukteure, und zwar ohne Expertenwissen, ohne High-End-Technologie, nur mit einem ­Mini-Budget. Ihr simples Motto: „Akzeptiere keine Aus­reden, sondern finde einen Weg.“ Die inspirierende Reportage: ab Seite 38. Viel Spaß bei der Lektüre! Die Redaktion

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INNOVATOR


D I E N E U E G E N E R AT I O N 7 0 0 0

PERFEKTION NEU DEFINIERT W W W. M I E L E . AT / G E N E R AT I O N 7 0 0 0 #LifeBeyondOrdinary


INHALT

BULLEVARD 10 12 14 Tele-Coach

Der smarte Spiegel, der den Fitnesstrainer zu dir nach Hause projiziert.

Flotter Flieger

Wie die schnellste Drohne der Welt Menschenleben ­retten  kann.

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Öffis 4.0 Wie deutsche Techies den Stadtverkehr mit Gondeln ­revolutionieren wollen.

Gesunder Boxenstopp Ein Start-up macht selbst Kochmuffel zu Chefköchen.

Made statt Speck

Dieses heimische Start-up bringt Mehlwürmer auf deinen Teller.

GUIDE 90 92 94

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FASHION

Innere Wärme Eine AlphaTauri-Jacke, die dir per App einheizt. WE T TBE WERB

Kampf der Ideen Red Bull Basement fördert junge Vordenker. E VENTS

Auf Wiedersehen! Diese Konferenzen planen ­dieses Jahr ihr Comeback – ­digital und vor Ort.

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KOLU MNE

Besinne dich! Autor Christoph Koch über erstaunliche Folgen des Weltrettens. TECH - HIGHLIGHT

Polar-Labor Wie Forscher am Südpol ­Geheimnisse des Universums entschlüsseln.

38 REPORTAGE

Rocket Science Hobby-Astronauten aus Kopenhagen wollen mit einer selbst gebauten ­Rakete ins All fliegen. INNOVATOR


I N N O V AT O R

FEATURES

ROBERT ORMEROD

20 30 38 48 62 70 76 INNOVATOR

MOBILIT Y

Visionen auf Rädern Cockpitlose E-Autos und Wasserstoff-Boliden: Selten war die Zukunft der Mobilität so aufregend wie jetzt. MOBILIT Y

Nico Rosberg Weshalb der Formel -1-Weltmeister der E-Mobilität zum Sieg verhelfen möchte. R AUMFAHRT

Die Raketenbastler Wie ein dänische Amateure ihren Traum von der Reise ins Weltall verwirklichen wollen. PERSPEK TIVE

The Future Is Good! Diese 30 Top-Experten begründen, warum die Welt – schon sehr bald – eine bessere sein wird. NACHHALTIGKEIT

Die Mutmacherin Umwelt-Aktivistin DariaDaria über Ehrlichkeit als das beste Tool für Veränderung. BUSINESS

Gegen jede Regel Netflix-Star Sophia Amoruso erklärt, welche Leitsätze für Start-ups du ignorieren solltest. START- UP-SECTION

Heimat großer Ideen Wir präsentieren die zurzeit spannendsten heimischen Jungunternehmen.

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BULLEVARD

I N N O V AT O R

JOHANNES LANG

IDEEN FÜR EINE BESSERE WELT

INNOVATOR

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B U L L E VA R D

H O LO G R AM M- COACH

FITNESS

MAGISCHER SPIEGEL

Hightech-Herzstück von Vaha – stolzer Preis: 2268 Euro – ist eine Kamera, die Bewegungen präzise erfassen und auswerten kann. Als Erstes steht eine Bestandsaufnahme an. Auf Basis persönlicher ­Angaben des Users und verschiedener Probeübungen stellt das Gerät ein auf individuelle Wünsche abgestimmtes Programm zusammen. Du willst deine Beweglichkeit im Oberkörper steigern? Auf dem integrierten Bildschirm erscheint ein Trainer, der dich durch effektive Dehnungsübungen führt. Die Kamera registriert falsche Ausführun-

„DU WIRST GENAUSO MITGERISSEN, ALS WÄRE DER TRAINER MIT DIR IM RAUM.“ gen und greift per Nachricht auf dem Bildschirm korrigierend ein. „Ideal für jeden, der das Beste aus jedem Training herausholen will“, meint ­Bures-Bönström. Vaha korrigiert nicht nur, das Gadget fördert auch das Gemeinschaftsgefühl: In Gruppenkursen können die Teilnehmer einander via LiveÜbertragung sehen – wie in ­einem großen Fitness-ZoomCall. Auf Wunsch p ­ rojiziert der Spiegel sogar in Echtzeit einen Personal Trainer per Hologramm ins Wohnzimmer. „Der kann während des Trainings auf dich eingehen und dich motivieren“, sagt BuresBönström. Nur: Schummeln geht dann auch zu Hause nicht mehr. vaha.com

JOHANNES LANG

nerin Valerie Bures-­Bönström, 41, ausgerechnet die Gründerin der Fitness­studio-Kette Mrs. Sporty, hat einen Weg gefunden, ­digi­tales HeimTraining mit menschlichen Begegnungen zu verknüpfen. Ihr smarter „Spiegel“ namens Vaha e­ rmöglicht Fern-­ Gruppensessions im eigenen Wohnzimmer und beamt dir auf Wunsch sogar einen ­Personal Trainer neben die Gymnastik­matte. „Du wirst genauso m ­ itgerissen, als wärt ihr im selben Raum“, verspricht ­Bures-Bönström.

DAVID MAYER

Mal ehrlich: Wer braucht in Zeiten von WorkoutApps eigentlich noch ein ­Fitnessstudio? Alle, die am liebsten an Geräten trainieren, klar. Und dann noch die, für die Sport immer auch ein ­Gemeinschaftserlebnis ist. Letztere sollten die Verlän­ gerung ihres Studio-Abos vielleicht doch noch einmal über­denken. Denn die Berli-

CHRISTOPH MANNHARDT, PRIMOZ BEGAR

Vom Personal Coach bis zu GruppenWorkouts: Mit dem Hightech-Spiegel von Vaha musst du daheim nicht mehr allein trainieren.

Bewegung ­daheim: Vaha sieht aus wie ein über­dimen­sio­ nales Handy oder ein Spiegel.

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I N N O V AT O R

Fitness-Guru: ­Valerie BuresBönström, 41, entwickelte bereits vor Vaha smarte Trainingsgeräte.

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B U L L E VA R D TRANSPORT

DIESER FLIEGER RETTET LEBEN

An abgelegenen Orten sterben Menschen oft, weil der Medikamenten-Transport zu lange dauert. Das will das Start-up Wingcopter aus Deutschland ändern – mit der schnellsten Drohne der Welt.

Manchmal ändert ein Ereignis alles. Im Fall von Tom Plümmer, 30, geschah dieser Moment während eines Freiwilligen-Jahres in Ghana. Im Nachbarhaus seiner Gastfamilie starb ein Baby – nur wenige Tage nach der Geburt. „Schnellere medizinische Hilfe hätte das Kind vielleicht retten können“, erzählt er. Einige Jahre später lernt Plümmer den Ingenieur Jonathan Hesselbarth, 34, kennen, der schon länger an einer neuartigen Drohne tüftelt. Das Besondere: Sie steigt auf wie ein herkömm­ liches Modell, wechselt dann aber in einen Flugzeug-­Modus und bewegt sich so schneller, leiser und vor allem stabiler vorwärts. Plümmer erkennt

„WO EIN BOTE EINEN TAG UNTERWEGS IST, BRAUCHEN WIR NUR WENIGE MINUTEN.“ 12

sofort das Potenzial für medizinischen Transport, auch Hesselbarth ist von der Idee begeistert. Mit Ansgar Ka­ dura, 27, gründen sie 2017 in Darmstadt Wingcopter. I M P F S T O F F-T R A N S P O R T

Seither ist viel passiert. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 240 km/h ist der Wingcopter heute die schnellste Drohne der Welt – sie übernahm bereits ImpfstoffTransporte im Inselstaat ­Vanuatu im Südpazifik und im afrikanischen Malawi. „Wo ein Bote zu Fuß oder per Boot oft einen ganzen Tag unterwegs ist, braucht die Drohne nur wenige Minuten“, sagt Plümmer. Dabei funk­ tioniert der Wingcopter nicht nur als Bringdienst. Er landet nämlich punktgenau, wo immer er landen soll, und kann, etwa von Krankenschwestern, mit Blutproben beladen werden, die die Drohne dann umgehend ins Labor fliegt. Die nächste technische Optimierung des Wingcopters steht schon bevor: Bald wird er Hindernissen wie Vögeln oder Stromleitungen aus­ weichen können – und zwar ganz automatisch. wingcopter.com

Hochmodernes Federgewicht: Dank Leichtbauweise wiegt der Wingcopter ohne Akku nur 6 Kilo.

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I N N O V AT O R TOM PLÜMMER, J O N AT H A N HESSELBARTH, ANSGAR ­K A D U R A (v.  l i .) , GRÜNDER WINGCOPTER

WINGCOPTER

DAVID MAYER

JOHANNES LANG

Perfekte Crew: Plümmer ­kümmert sich um Strategie und Marketing, Hessel­barth um die T ­ echnik, ­Kadura um das operative Geschäft.

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I N N O V AT O R

Ein österreichisches Start-up will mit Mehlwurm-Zuchtstationen für daheim die natürliche Scheu vor Insekten am Speiseplan bekämpfen.

Wir wissen es, wollen es aber noch nicht ganz wahrhaben: Die Art, wie wir Nahrungsmittel produzieren, hat keine Zukunft. Vom Stickstoffeinsatz in der Düngung über die hohen Emissionen von Treibhausgasen durch die Tierhaltung bis zu den 75 Kilo genießbaren Lebensmitteln, die jährlich pro Kopf im Müll landen – unsere Umwelt zahlt einen hohen Preis für unser Essverhalten. Das müsse nicht sein, sagt Katharina Unger. Die in Hongkong ­lebende gebürtige Niederösterrei14

ÄNGSTE NEHMEN

Mit ihrem Start-up „Livin Farms“ möchte Katharina ­Unger uns helfen, diese irra­ tionale Abscheu abzulegen. Das Werkzeug dazu ist der „Hive Explorer“, eine Mehlwurm-Zuchtstation für zu Hause: In dem schuhkartongroßen ­Kasten, in dem Heizelemente und Ventilatoren das Mikroklima steuern, durchwandern die Würmer in drei Monaten einen Lebenszyklus – von der Larve bis

zum Käfer. Die Züchter füttern sie mit Gemüseabfällen und lernen, wie sie ausgewachsene Mehlwürmer – nach fünfstündigem Einfrieren – in der Küche verarbeiten können. Dazu liefert der Livin-FarmsBlog ­Rezeptideen, vom Pfannkuchen bis zum Wurm-Brot. Höchste Zeit, denn mit einer Verordnung hat die EU Insekten bereits 2018 a ­ ls vollwertige Lebensmittel deklariert. Blog und Infos zum Wurm am Teller auf: livinfarms.com

JOHANNES LANG

MADE STATT SPECK

cherin sieht die Zukunft der menschlichen Ernährung im Mehlwurm. Ihr Argument: Rinder brauchen zehn K ­ ilo Futter, um ein Kilo Fleisch zu produzieren, Insekten nur zwei. Außerdem sind die CO2Emissionen, die bei der Produktion von einem Kilo Protein aus Rindfleisch entstehen, 25-mal höher als bei Mehlwürmern. Nachteile? Keine. Der einzige Grund, warum sich Insekten nicht als Proteinlieferanten auf unserem Speisezettel etabliert h ­ aben: Wir finden sie eklig.

Livin-Farms-Gründerin Katharina Unger: „Insekten sind die Nahrung der Zukunft.“

FLORIAN OBKIRCHER

ERNÄHRUNG

Mini-Mehlwurm-Farm für den Eigenbedarf: Hive Explorer, Preis: 125 Euro INNOVATOR

LIVIN FARMS

B U L L E VA R D


Die Küchenrevolution seit 1971. Ob Kochanfänger, Hobbykoch oder Gastronom auf Hauben-Niveau: Der Thermomix® TM6 sorgt mit seiner Funktionsvielfalt für ein müheloses, intuitives und vielfältiges Kocherlebnis. Von Anbraten über Slow Cooking und Sous Vide bis hin zu Fermentieren - der Küchen-Allrounder ermöglicht die Zubereitung verschiedenster Gerichte und wird stetig mittels Soo Sooware Updates und Modi ausgebaut - ganz automatisch und ohne Aufwand für die Nutzer. Das Beste: 68.000 auf den Thermomix® zugeschneiderte Rezepte, die die integrierte Rezeptplattform Cookidoo® bereit hält*. Mehr Informationen unter thermomix.vorwerk.at oder bei Ihrem /Ihrer persönlichen Thermomix® BeraterIn.

*Sofern der Thermomix® TM6 mit einem Cookidoo®-Konto verbunden ist.


B U L L E VA R D

M O B I L I TÄT

GONDELN FÜR ALLE

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„WIR MÜSSEN IN DIE DRITTE EBENE GEHEN. DORT GIBT ES UNGENUTZTEN RAUM.“ In fünf bis zehn Meter Höhe sollen die Gondeln nach Marc Schindlers Plänen an Schienen hängen.

MARC DECKERT

Seit 2019 treibt der Wirtschafts­ ingenieur das Projekt mit einem Team aus Software­ entwicklern und Maschinen­ bauern voran.

Verkehrsteilnehmer abholen und ohne anzuhalten an ihr Ziel bringen – eine Mischung aus Individualverkehr und öffent­lichem Schienennetz, das die Vorteile beider Mobi­ litätsformen kombiniert. Die Gondeln rollen energie­ effizient auf Schienen in 5 bis 10 Meter Höhe. Am Ziel an­ gekommen, sinken sie auf Straßenniveau herab. Autonome Straßenfahrzeuge seien, so Schindler, nicht in der Lage, das Problem verstopfter Städte zu ­lösen. „Außerdem ist unser Konzept viel einfacher. Das System Straßenverkehr beinhaltet ja neben den A ­ utos

OTTOBAHN GMBH

MARC SCHINDLER, M A N AG I N G DIRECTOR OT TOBAHN

In unseren Städten wird es immer enger. Viele Verkehrsmittel – Autos, Lastwagen, Fahrräder, Straßenbahnen, Busse, E-Scooter und vielleicht bald autonome Fahrzeuge – konkurrieren um den Platz auf der Straße. Wohin soll das noch führen? „Wir müssen in die ­dritte Ebene gehen. Dort gibt es Raum, der heute noch nicht genutzt ist“, sagt Marc Schind­ ler, 41, Managing Director des Start-ups Ottobahn (er selbst bezeichnet sich als „Can Do Officer“). Das Unternehmen aus München hat ein komplett neues Verkehrskonzept ent­ wickelt, in dem Gondeln die

JOHANNES LANG

Straßenbahn, next Level: Die Ingenieure von Ottobahn aus München wollen dem Stadtverkehr mit ihrem System neue Luft verschaffen.

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I N N O V AT O R

auch noch Radfahrer und Fußgänger.“ Diese Variablen fallen beim „ottonomen Fahren“ weg. Das bedeutet, dass die Rechenkraft ganz darauf verwendet werden kann, die Gondeln schnell und sicher zum Ziel zu bringen. PROBLEME VOR ORT

Alle Zeichen auf Grün: Angetrieben von erneuerbaren Energien, soll Ottobahn emissionsfrei unterwegs sein.

Gemeinsam unterwegs: In eine Gondel passen vier Passagiere, überdies soll es spezielle Fracht­ transport-Einheiten geben. INNOVATOR

Ottobahn hat bereits einen Gondelprototyp, der in den 300 m² großen Räumen des Unternehmens unterwegs ist. Die Planungen für eine AußenReferenzstrecke laufen bereits auf Hochtouren. Das Start-up versteht sich hauptsächlich als Softwareschmiede mit zusätzlicher Ingenieurskompetenz. Die größte Herausforderung liegt für Schindler aber weder in der Technologie noch in der Software, sondern in der Umsetzung vor Ort: „Es wird nicht leicht werden, die Menschen davon zu überzeugen, dass eine Strecke vor ihrer Haustür gebaut wird.“ Immerhin: Konzept und Prototyp von Ottobahn sehen schon jetzt so attraktiv aus, dass das Start-up über solche Hürden hinwegsausen könnte – in der dritten Ebene. ottobahn.de

Persönliches Shuttle: Fahrgäste können ihre Ottobahn per App bestellen, die autonom fahrenden Gondeln holen sie pünktlich ab.

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I N N O V AT O R

B U L L E VA R D

Bekommen selbst Kochanfänger gut hin: Tex-Mex-­ Salat nach HelloFresh-Rezept

ERNÄHRUNG

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„Gesundes, selbst gekochtes Essen ist möglich – auch ohne in den Supermarkt zu hetzen, um frische Zutaten einzukaufen.“

N A C H H A LT I G E R E R F O L G

2017 zählte HelloFresh 1,3 Millionen Kunden. ­Heute abonnieren schon 5 Millio­ nen Menschen in 14 Ländern den Dienst. Im nächsten Schritt der Essensrevolution bietet HelloFresh Unterneh­ men und Betriebskantinen Kühlschränke als Essens­ automaten an. Gefüllt mit abwechslungsreicher und ausgewogener Kost … HelloFresh gibt’s ab 4,25 Euro pro Portion: hellofresh.at INNOVATOR

JOHANNES LANG

Kochen ist nicht gleich Kochen. Kochen heißt auch Lebensmittel einkau­ fen. Im Internet Rezepte su­ chen. Lebensmittel dosie­ ren. Zurück ins Geschäft laufen, weil man die Eier vergessen hat. Wer oft Über­ stunden schiebt, weiß, wie nervig solche Nebensachen sind – und wie entspannend

DOMINIK RICHTER UND THOMAS GRIESEL , G R Ü N D E R VO N HELLOFRESH

FLORIAN OBKIRCHER

Das Berliner Unternehmen ­HelloFresh macht ­jeden ­Küchenmuffel zum Chefkoch.

bei Kochanfängern. Außer­ dem wird Lebensmittel­ verschwendung vermieden“, sagt HelloFresh-Mitgründer Dominik Richter – „und ­viele ­Kunden finden einfach wieder Gefallen daran, sich ihr Essen selbst zu machen.“ Die in passender Menge ­gelieferten Lebensmittel kommen von ausgewählten Produzenten – Frische und Qualität sind auf diese Art garantiert – und sind in ­nahezu vollständig recycel­ baren Materialien verpackt.

HELLO FRESH

BEREIT FÜR DEN BOXENSTOPP?

es ist, wenn man sich in der Küche auf das Wesentliche konzentrieren kann. Diesen Gedanken hatten­ auch Dominik Richter und Thomas ­Griesel, als sie im Jahr 2011 mit der Ankündi­ gung, „die Art des Essens zu revolutio­nieren“, ihr Unternehmen HelloFresh gründeten. Der Lösungs­ ansatz der Berliner: Koch­ boxen. ­Individualisiert und auf ­jeden G ­ eschmack ab­ gestimmt, mit dem Verspre­ chen, dem Kunden Zeit, Geld und Stress zu ­sparen. HelloFresh ist heute ein Lebensmittellieferant, prä­ ziser: ein Zutatenlieferant. Wer per App (oder online) die gewünschten Speisen ­ordert, kriegt eine Box nach Hause geliefert. Darin be­ finden sich, neben genauen Kochrezepten, die besagten frischen Zutaten, die – und jetzt kommt’s – für die jeweiligen Speisen exakt ­dosiert sind, wie etwa ein 20-Gramm-Würfel Butter. „So kann beim Kochen der Gerichte fast nichts schiefgehen – auch nicht


Im Wind liegt die Kraft. Machen wir uns auf zur Energiewende.

verbund.com


WIE WIR M O RG EN FAH REN WERD EN: RE VO LU TIO NÄRE KO NZEP TE U N D NACH HALTIG E LÖSU N G EN , ALTERNATIVE ANTRIEB E U ND SPANNEND E N O RMALITÄT. SELTEN WAR DIE ZU KU NF T D ER M O BILITÄT SO AU FREG END WIE J E T Z T.

HERSTELLER

E I N S T E I G E N , BITTE!

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INNOVATOR


Wasserstoff extrem: Der von einer Brennstoffzelle angetriebene Hyperion XP-1 ist 355 km/h schnell und hat 1600 km Reichweite. INNOVATOR

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MORGEN

MERCEDES V I S I O N AV T R

Vorbei die Zeiten, als man E-Auto-Fahrer an den Lade­ stationen Zeit totschlagen sah. Dank 800-Volt-Technologie wird man künftig eher in Minuten statt Stunden rechnen. HERSTELLER

Der Name deutet darauf hin, dass diese fahrbare Studie im ­kommenden „Avatar“-Film auftauchen könnte. Statt mit Lenkrad und ­Pedalen steuert man über eine zentrale Kommandoeinheit. Funktionen aus dem ehemaligen ­Armaturenbrett werden als Icons auf die ­Hand­fläche projiziert.

TREND SCHNELLER LADEN

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INNOVATOR


HEUTE

FORD MUSTANG MACH - E

Heck- oder Allradantrieb, 198 bis 258 PS, Reichweite je nach Modell von 400 bis 610 km: Fords erster ­E-Schuss sitzt. Batterietechnisch? Da ist die 198-PSVersion schon nach 10 Minuten Ladezeit für die nächsten 100 Kilometer bereit. Über diese Daten hinaus glänzt

HEUTE

BMW IX3

INNOVATOR

Die Alltagstauglichkeit eines E-Autos steht und fällt mit Ladegeschwindigkeit und Reichweite. Der Akku des neuen iX3 hat eine um 20 Prozent gesteigerte Energiedichte gegenüber den bislang verwendeten Modellen, man kann ihn also kleiner und

das Auto mit dem Pferd als Logo mit so smarten Details wie einem zweiten Kofferraum vorn und einem mit 39 cm Bildschirm­diagonale rekordverdächtig ­großen Touchscreen. Als Schlüssel wird das Smartphone des Besitzers verwendet: Über Bluetooth ­erkennt der Mustang seinen Reiter und ­entriegelt die Türen. Gestartet wird per Knopf.

leichter bauen. Die Reichweite ­beträgt trotzdem alltagstaugliche 460 km. Die Hochvolt-Batterie ist in 34 Minuten zu 80 Prozent voll, in schlanken 10 Minuten sind 100 km Reichweite nach­ geladen. Leistung: 286 PS, die Höchstgeschwindigkeit ist auf 180 km/h beschränkt.

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TREND HYPERION X P-1 BRENNSTOFFZELLE MORGEN

An Bord wird Wasserstoff in elek­t rische Energie umge­ wandelt, der Rest funktioniert wie bei heutigen E-Autos – ­a llerdings ohne große und schwere Batterie, was die Fahr­ leistungen auf ein neues Level hebt. Und aus dem Auspuff kommt statt CO 2 Wasserdampf.

HERSTELLER

Das kalifornische Start-up verpackt Wasserstoff-­ Technologie in ein Hyper­ sportler-Kleid. 1031 kg, schnell lad- und entladbare Superkondensatoren statt einer Batterie, Carbon, ­Titan. 2022 soll die ­Produktion beginnen.

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INNOVATOR


GESTERN

MERCEDES GLC F-CELL

Und schon wieder vorbei: Nach 3000 gebauten Exemp­ laren lief jüngst die Produktion des einzigen europäischen Serien-Pkw mit Brennstoffzelle aus. War bloß die Reichweite mit rund 300 km zu knapp ausgelegt? Das Netz an Wasser­stoffTankstellen zu

HEUTE

HYUNDAI NEXO

INNOVATOR

Im Unterboden und unter der Rückbank sind drei Tanks mit einer Wandstärke von 4,5 cm verbaut, in die der Wasserstoff mit 700 Bar (!) strömt. Das dauert nicht länger, als würde man Erdgas tanken. Sind die Tanks voll, kommt der 163 PS starke

­ ering, um einen g globalen Hit zu ­landen? Oder haben die Akkus einen so großen Schritt nach vorn gemacht, dass konventionelle E-Autos der komplizierten Brennstoffzelle den Garaus gemacht haben? Vermutlich war es eine Kombination aller drei Faktoren.

Hyundai 666 km weit – das ist ­deutlich mehr als die meisten kon­ ventionellen E-SUV ­dieser Klasse. Da die Brennstoffzelle ­extrem ­saubere Luft braucht, werden Mikro­partikel durch einen Hochleistungsfilter ­aufgefangen. Die Außenluft ist ­danach also reiner als zuvor!

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HEUTE

CUPRA EL-BORN

Die sportliche Zweitmarke von Seat bringt mit dem Born sein erstes ­E-Auto und legt den Fokus dabei auf die freudvollen Seiten der E-Mobilität. Sportschalensitze, Sportlenkrad, Heckantrieb, Kupfer und Schwarz für dynamische Akzente:

Der im deutschen Zwickau ­gefertigte Spanier zeigt von Anhieb an, wie es geht. Der enge ­Verwandte von VW ID.4 und Škoda Enyaq basiert wie seine B ­ rüder auf dem Modularen E-Antriebs-Baukasten des VolkswagenKonzerns und kommt folglich mit seinen 204 PS 500 km weit.

HEUTE

ŠKODA ENYAQ IV

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Die Tschechen ­waren schon immer die Meister von schlauen Details. Man denke nur an den integrierten Regenschirm in der Fahrertür. Wie legt man das in die ­digitale Welt um? Zwei Beispiele: Die Innenraum­ temperatur lässt sich fernbedient übers Smartphone steuern. Heiß, kalt? Wohltemperiert!

Oder: Ein Tür-Alarm erkennt, wenn Sie aussteigen wollen, während ein Radfahrer daherkommt, und warnt. Das ­erste E-SUV von Škoda ist ein enger Verwandter des VW ID.4, maximal 204 PS stark und kommt bis zu 510 km weit.

INNOVATOR


MORGEN

R E N A U LT E Z- G O

Selbstfahrende Autos sind ein alter Traum der Techniker. Schritt für Schritt hat man in den letzten Jahren Erfahrungen mit Steuer- und Kontroll­ systemen gewonnen. Auf dem fünfstufigen Fahrplan zum ­v oll­a utonomen Fahren kommen dieser Tage die ersten Modelle mit Stufe 3. Hier lenken, ­b remsen und beschleunigen Autos erstmals für einen ­d efinierten Zeitraum ganz ­s elbständig. Der Fahrer muss nur eingreifen, wenn das ­System ein Problem erkennt.

HERSTELLER

Die Studie kommt ohne konventionelles Cockpit aus und bietet sechs Personen Platz, die bequem über eine Front-Tür einsteigen – dank Rampe barrierefrei. Der E-Antrieb steckt in der Bodenplatte. Einsatz­ bereich: selbstfahrendes Shuttle in Ballungszentren.

TREND AUTOMATISIERTES FAHREN

INNOVATOR

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DREI GRÜNDE, EIN E-AUTO ZU FAHREN 1. E-Autos sind erwachsen geworden Kinderkrankheiten wie zu eine geringe Reich­weite, ewig lange Ladezeiten oder – vor allem im Winter lästig – unter­ dimensionierte H ­ eizungen sind nun

­ rößtenteils bewältigt. Mittlerweile können g sich E-Autos auf ihre Stärken verlassen: tolle Beschleunigung, perfekte Laufruhe, gutes Gewissen.

2. Die Infrastruktur zieht mit Vorbei die Zeiten, in denen man StromTankstellen noch mit der Lupe suchen musste. In Österreich gibt es aktuell ­bereits mehr als 5000 E-Tankstellen,

vom Supermarkt bis zum Hotel, vom Autobahn-Parkplatz bis zum Gemeindeamt. Angst vor dem Liegenbleiben? Total 2020!

3. E-Autos sparen Geld HEUTE

VW ID.4

Strom erzeugt und per Wallbox lädt. Auch Reparatur- und Servicekosten sind geringer. Und dann diese verlockenden Förderungen *.

BEISPIELRECHNUNG * Rechnung E-Unterstützung Wir nehmen beispielhaft einen VW ID.4 Pro Performance mit 150 kW (204 PS)

Listenpreis

€ 43.970,–

Davon dürfen wir abziehen staatliche Förderung

€ 3000,–

E-Mobilitätsbonus vom Importeur

€ 2000,–

macht in Summe

€ 38.970,–

Für Unternehmer sah die Rechnung zu Redaktionsschluss noch besser aus: Sie durften zusätzlich eine staatliche Investitionsprämie von 14 Prozent der Anschaffungskosten ­einstreifen, womit der VW ID.4 um (gerundet) € 27.500,– vom Händlerparkplatz rollt. Es lohnt sich auf jeden Fall, sich nach solchen Zusatz-Unterstützungen zu erkundigen, die je nach Wind und Wetter der Politik kommen und gehen.

HERSTELLER

Sieht man den k ­ leineren ID.3 als E ­ -Golf, ist der ID.4 das Pendant zum SUV Tiguan. Mit 204 PS und einer Reichweite von 522 km lässt sich im Alltag problemlos auskommen. Der Fahrer entscheidet, ob das Auto frei rollen soll, wenn er vom Gas geht, oder doch lieber abbremsen und Energie zurückgewinnen. Kluges Detail bei den Assistenz­systemen: Sie greifen auch auf NaviDaten zurück, reduzieren so vor Ortsgebieten, Kreisverkehren oder Kreuzungen selbständig vorab die Geschwindigkeit und sparen Strom.

Sowohl in der Anschaffung als auch im ­Betrieb sind E-Autos Verbrennern über­ legen – vor allem dann, wenn man mit einer Photovoltaik-Anlage seinen eigenen

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INNOVATOR


ht gut c i n t s i t ä t i l i b „E-Mo wer?“ t g a S ? a m i l K fürs

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Wien Energie, ein Partner der EnergieAllianz Austria.


Klarer Fahrplan: Seinen Weg als NachhaltigkeitsEntrepreneur plante Nico Rosberg noch als Formel-1-Pilot. 30

INNOVATOR


I C H WA R B E I

F R I D AY S FOR FUTURE Text  Werner Jessner

Fotos  Tom Ziora

Nico Rosberg, 35, ist der letzte Rennfahrer, der Lewis Hamilton in der Formel-1-WM besiegen konnte. Danach trat er zurück und vertritt jetzt als Unternehmer und Gründer „­grüne“ Werte. Interview mit einem geläuterten Egoisten.

INNOVATOR

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Es ist ein Prozess, der schon während meiner aktiven Karriere begann. Ich arbeitete eng mit einem Psychologen zusammen, und in der gemeinsamen Arbeit wurde deutlich, wie viel Kraft man daraus beziehen kann, wenn man Gutes tut und an andere denkt. Heute weiß ich: Es fühlt sich unglaublich toll an, etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen, und es reißt meine gesamte Mannschaft mit.

T

the red bulletin inno­vator: Du bezeichnest dich als „Nach­ haltigkeitsunternehmer“. Was genau verstehst du darunter? nico rosberg: Das ist ein wertebasierter Unternehmer. Jemand, der nicht nur gewinnorientiert denkt, sondern versucht, mit seinen Investments positiv auf die Gesellschaft oder auch auf die Umwelt zu wirken. Wie kam es dazu? Dieses Versprechen habe ich mir noch während meiner Formel-1-­ Karriere gegeben: Nach der egogetriebenen Phase würde eine kommen, in der ich etwas fürs große Ganze tue. Ich spürte, dass etwas fehlte. Man wacht eines Tages auf und denkt plötzlich an die All­ gemeinheit statt nur an den ­eigenen Erfolg?

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Kann man sich als Rennfahrer, der gegen Lewis Hamilton um die WM kämpft, Altruismus überhaupt leisten? Als Sportler musst du Egoist sein, um ­Erfolg zu haben. Aber selbst da kann man versuchen, eine gewisse Balance zu finden. Man braucht die Rückendeckung des Teams, der Fans. Ganz allein geht gar nichts. War auch schlechtes Gewissen dabei, das dich vom Im-Kreis-Fahren zur Nachhaltigkeit gebracht hat? Ganz klar: nein. Ich bin stolz auf meine Erfolge im Rennsport. Und man darf nicht vergessen, wie viele Innovationen in der Mobilität ihren Ursprung im Motorsport haben. Sparsame, kompakte Turbomotoren, Hybridantrieb, Leichtbau durch Carbonfasern – all das hat in der Formel 1 begonnen. Welche Idee steckt hinter der Renn­ serie Extreme E? In der Extreme E fahren wir mit ElektroBuggies Rennen in fünf Weltregionen, die vom Klimawandel unmittelbar betroffen sind. Im Amazonas, wo Wälder gerodet werden, oder im Senegal, wo die Plastikverschmutzung der Meere ein riesiges Thema ist. Extreme E verbindet meine zwei Leidenschaften: Nachhaltigkeit und Rennsport. Wir sind ein wertebasiertes Rennteam und somit hoffentlich eine In­ spiration für andere Sportmannschaften. Sport hat eine unglaubliche Emotionalität, und die sollte man für das große Ganze nutzen: Gutes tun, die große Masse auf den richtigen Weg leiten, Vorbild sein. Was sind die Kernwerte, die Extreme E vertritt? Ein Beispiel: Wir garantieren, dass wir die Orte, an denen wir unsere Rennen fahren, in einem besseren Zustand ver­ lassen, als wir sie vorgefunden haben. Aufmerksamkeit für den Klimawandel ist das eine, aber die unmittelbare Aktion vor Ort, die Unterstützung der Menschen dort ist mindestens ebenso wichtig. Ende 2020 waren wir in Spanien beim Testen. Wir als Team haben das führende Aufforstungsunternehmen des Landes

Stets im Bild: Heute ist Nico Rosberg auch als Investor der TV-Show „Die Höhle der Löwen“ bekannt.

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„Das Potenzial, Geld zu verdienen, ist genauso wichtig wie das Potenzial, Gutes zu tun.“

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­ ontaktiert und eine Partnerschaft ge­ k schlossen. Ein Deal mit der Rennstrecke stellt sicher, dass ein Teil mit Bäumen be­ pflanzt wird. Die ersten 100 haben wir ei­ genhändig gesetzt. Ein kleiner Schritt, zu­ gegeben, aber er illustriert, wie wir denken. Auffällig viele deiner Investments drehen sich um Mobilität. Meinst du, man sollte sich nur in Bereichen engagieren, von denen man eine Ahnung hat? Mobilität ist natürlich mein Zuhause. Hier ist meine Leidenschaft, mein Netzwerk, meine Glaubwürdigkeit. Und es wird im nächsten Jahrzehnt ein riesiges Thema bleiben: Energiewende, Elektromobilität, vielleicht auch Wasserstoff. Von meinen 20 Investments sind drei auf dem Weg zum Unicorn (Investoren-Fachbegriff für Unternehmen mit einem Wert von über ­einer Milliarde Dollar, Anm. d. Red.). Alle drei haben mit Mobilität zu tun: ­Formula E, Lilium (elektrisches Lufttaxi) und Tier (E-Scooter-Sharing). Aber ich ­blicke durchaus über den Tellerrand: Der Food-Bereich interessiert mich sehr, auch das aus innerer Überzeugung. Ich bin Gesundheitsfanatiker. Gibt es ein Lieblingsprojekt, das ­unverhofft zum Erfolg wurde? Der E-Scooter-Bereich mit Tier war so eine Geschichte. Der Markt ist wahnsin­ nig umkämpft, amerikanische Konzerne pumpen da Milliarden rein. Anfangs gab es keine Regulierungen in den Städten, daher war das Risiko enorm. Vor kurzem ist der japanische Riesenkonzern Soft­ bank bei uns eingestiegen, und zwar mit 250 Millionen Dollar. Tier ist weltweit auf Platz 2 in seiner Branche und Markt­ führer in Europa. Es ist schon irre, wie das abgegangen ist in den letzten Jahren. Und es zeigt die Kompetenz der Gründer, in einem so umkämpften Markt so erfolg­ reich zu sein. Mit welcher Geschäftsidee, mit welchen Qualitäten kann ein neues Projekt Nico Rosberg als Investor gewinnen? Die Geschäftsidee muss erstens funktio­ nieren und zweitens wertebasiert sein. Das Potenzial, Geld zu verdienen, ist ge­ nauso wichtig wie das Potenzial, Gutes zu tun. Darüber hinaus muss ich mit den Gründern auf einer Wellenlänge sein. Und sie dürfen nicht stur und von sich selbst eingenommen sein. Jedes junge Unternehmen wird sein Geschäftsmodell mindestens einmal umbauen müssen, um sich an das eigene Wachstum anzupassen. Dafür braucht es Flexibilität. Dann inter­

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essiert mich, welche Co-Investo­ ren bereits an Bord sind. Siehst du dich denn als reinen Investor? Nein, ich bin auch selbst Gründer. Das Greentech-Festival, eine ­Messe für grüne Technologien, stammt von mir, und auch hier sind wir in kürzester Zeit zu ei­ nem der führenden Festivals in Europa geworden. Von GoogleCEO Sundar Pichai bis EU-Kom­ missionspräsidentin Ursula von der Leyen sind echte Hochkaräter bei uns aufgetreten. Sind Solarparks und alternative Antriebe inzwischen bereits bessere Investments als Tabak und Waffen? Ja, absolut. Der Hype in der Invest­ ment-Branche sind genau solche Unternehmen. Und das ist so cool, denn das wird die Energie­wende dramatisch beschleunigen! In den nächsten fünf bis zehn J­ ahren liegt die größte Rendite genau in diesen Themenfeldern. Und letz­ ten Endes spielt hier auch „­Fridays for Future“ rein. Wie genau? Ich kenne das aus meinem per­ sönlichen Umfeld: Die Kids eines großen CEO kommen am Freitag von der Demo nach Hause und fragen: „Papa, welchen Beitrag leistest du zur Klimawende? Du hast doch alle Möglichkeiten! So kann das nicht weitergehen!“ Und prompt wird das in der Vorstands­ sitzung in der Woche darauf zum Top-Thema. Man darf die Power der Kids nicht unterschätzen. Die Kids würden schön schauen, wenn plötzlich mit Nico

DAT E N ABFRAGE 6 Alter, in dem Nico Rosberg erstmals in einem Kart saß.

23 Siege fuhr ­Rosberg in der Formel 1 in zehn Jahren ein.

910.000 Abonnenten zählt Rosbergs YouTube-Kanal.

35.000 Besucher kamen 2019 zur Premiere seines Greentech-Festivals.

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„Sport hat eine unglaubliche Emotionalität, und die sollte man für das große Ganze nutzen.“

Mal investierte Rosberg bereits in verschiedene Start-ups.

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ein guter Indikator, wie weit wir auf dem Weg bereits sind, wie akzeptiert E‑Mobilität mittlerweile ist. Jetzt müssen wir nur noch den allerletzten Petrolhead überzeugen, nämlich Rallye-Weltmeister Walter Röhrl. Aber das schaffen wir auch noch. (Lacht.) Was kann man Leuten raten, die nicht sicher sind, ob E-Mobilität für sie das Passende ist? Sich mit dem Thema auseinanderzu­ setzen und sich undogmatisch zu in­ formieren. Nicht jeder muss ein E-Auto kaufen. In vielen Bereichen ist E-Mobilität heute der konventionellen bereits überlegen, aber es hängt immer von den persönlichen Bedürfnissen ab. Im innerstädtischen Bereich kann ein E-Auto bereits heute über fünf Jahre gerechnet die günstigste Variante sein.

GEPA PICTURES/RED BULL CONTENT POOL, TEAM NICO ROSBERG

Oben: Rosberg nach seinem Formel-1-Sieg 2014 in Österreich. Unten: Mit diesem voll elektrischen SUV startet Rosbergs Team aktuell in der Rennserie Extreme E.

Rosberg, ein ehemaliger Formel‑1-­Weltmeister, bei ­„Fridays for F ­ uture“ mit­ marschieren würde. Hab ich doch schon gemacht! Das war in Berlin, im Zuge meines Greentech-Festivals. Ich gebe zu, da war ich erst mal raus aus meiner Komfortzone. Als dann ein neunjähriger Junge neben mir auf der Bühne stand, war es faszinierend, zu spüren, mit welcher Leidenschaft er bei der Sache war. Das war Enthusiasmus wie in der Formel 1! Ich versuche, mit meiner Bekanntheit und meinem Netzwerk einen Beitrag zu leisten, dass diese Leidenschaft im breiten Publikum rüberkommt. Wie reagieren die Petrolheads auf einen grünen Abtrünnigen? Mein Vater (Keke Rosberg, F1Weltmeister 1982, Anm.) ist der ultimative Petrolhead. Als ich mich an der Formel E beteiligt habe, hat er mir auf den Kopf ­zugesagt, ich sei bescheuert. Inzwischen stellt er sich für jedes Rennen den Wecker, so ist er ­reingekippt. Leute wie er sind

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Was soll mit all den schönen alten ­Porsches und Ferraris passieren, die in den Garagen stehen? Ich hoffe sehr, dass es nach wie vor einen Platz dafür geben wird, Klassiker zu genießen. Das ist unsere Historie, da kommen wir her. Vielleicht gibt es einmal ­einen synthetischen Kraftstoff, der Benzin ersetzen kann. Ich finde, man muss altes Kulturgut erhalten. Wir sollten immer bessere Lösungen suchen, statt mit ­Verboten zu agieren. Besitzt du ein altes Auto? Ja, einen Mercedes 300 SL Gullwing. ­Daheim in Monaco bin ich im Alltag allerdings meist mit Mobee (Sharing-Dienst, Anm.) unterwegs, wo man kleine, elek­ trisch betriebene Renault Twizy mieten kann, die man auf Motorrad-Parkplätzen abstellen darf. Was kann die Mobilitätsbranche vom Motorsport lernen? Perfektion. Keine halben Lösungen. Und die Investment-Welt? Geschwindigkeit in den Entscheidungen. Gerade auch in der Politik wird zu viel ­geredet und zu wenig entschieden. Im Sport läuft es so: Diskussion – Entscheidung. Diskussion – Entscheidung. Das ist eine Stärke, die ich aus dem Sport ins Business mitbringe: Ich entscheide. Diese lähmende Betulichkeit ­gerade in großen Konzernen kann ich gar nicht leiden.   35


Neue Perspek­ tiven: Auch mit der Rennserie Extreme E engagiert sich Rosberg für Umweltschutz.

„Was die Investment-Welt vom Motorsport lernen kann?  Geschwindigkeit in den Entscheidungen.“ 36

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Warum bloß fällt mir jetzt dein ehe­ maliger Teamchef Toto Wolff ein? Toto ist ein tolles Beispiel für einen Ma­ nager, der Entscheidungen trifft. Ein ech­ ter Leader. Und er setzt sehr stark auf das Empowerment seiner Mitarbeiter. Er agiert nicht wie ein Diktator, sondern gibt seinen Leuten Vertrauen und Verant­ wortung. ­Jeder fühlt sich stark und mutig – davon profitiert die gesamte Firma. ­Empathie und Anerkennung vom Chef sind ganz starke Triebfedern. Etwas, was ich in meiner Firma ebenfalls vorzuleben versuche. Wie konkret? Kleines Beispiel: Wir haben komplettes Homeoffice eingeführt, und das wird auch nach der Corona-Pandemie so blei­ ben. Das erlaubt zum Beispiel meinen deutschen Mitarbeitern, bei ihren Familien leben zu können und nicht nach Monaco oder Frankreich pendeln zu müssen. Sie fühlen sich wohl, und das ist in der Produktivität messbar. Wie werden wir 2040 unterwegs sein? Wir werden – jedenfalls in der westlichen Welt – überwiegend komplett emissions­ frei unterwegs sein, und zwar tatsächlich, nicht nur rechnerisch mithilfe von Kom­ pensationsmaßnahmen. Darüber hinaus wird es Mobilitätsketten geben. Wir wer­ den eine einzige Mobilitäts-App haben, ein Von-A-nach-B-Abo, so wie Netflix. ­Dieses Mobilitäts-Netflix wird mir die Transportkette bereitstellen. Von Berlin nach Hamburg? E-Scooter bis zum Zug, in Hamburg steht die autonome Drohne bereit für den Weg zum Zielort, der etwas außerhalb der Stadt liegt. Am Abend fahre ich mit Car-Sharing zum Grillabend mit meinen Kumpels. Was löst diese Vorstellung bei dir aus? Ich freue mich drauf. Es wird uns allen ­einen großen Mehrwert geben. Diese Mobilitätskette führt – anders als heute – konsequent von Tür zu Tür. Exakt. Und genau hier muss man wach sein als Autoland Deutschland: Die Power des Geschäftsmodells liegt dann in der App, in der Software. Die Hardware-­ Hersteller verlieren genau wie einst die Handy-Industrie viel an Power. Deutsche Autohersteller müssen saumäßig auf­ passen, dass es ihnen nicht so geht wie seinerzeit Nokia. Ich möchte ihnen raten, dieses Software-Thema nicht von den Amerikanern oder Chinesen besetzen zu INNOVATOR

lassen, sondern dringend eigene Kompetenz aufzubauen. Werden wir 2040 so viel unter­ wegs sein wie in Zeiten vor Covid-19? Bis dahin wird es eine weitere In­ novation geben, auf die ich mich sehr freue: Wir werden virtuelle Konferenzen mit Hologrammen haben. Die fehlende menschliche Nähe bei Conference Calls werden wir damit virtuell hinkriegen. Aber wenn Reisen eines Tages komplett emissionsfrei sein wer­ den, spricht auch nichts dagegen, wieder unterwegs zu sein wie ­früher. Es macht ja auch Spaß! Wie wird man auf die heutige Gegenwart zurückblicken? Vielleicht so, wie wir heute auf die Formel 1 der 1960er-Jahre zurückschauen. Oder auf eine Zeit, in der man ohne Sicher­ heitsgurte unterwegs war. Wir werden froh sein, dass die Wende gekommen ist, und sagen, dass es viel sinnvoller ist als damals. Deine Töchter sind heute drei und fünf Jahre alt. Werden sie noch einen Führerschein machen? Ich vermute: die eine schon, die andere nicht. Aber das liegt eher an ihren unterschiedlichen Cha­ rakteren. Die eine ist eher drauf­ gängerisch und mutig, die andere eher vorsichtig und zurückhaltend. Gut, vielleicht sind 50 Prozent ja auch ein Indikator für die Ge­ schwindigkeit des Wandels. Was wäre das Ä ­ quivalent zum Weltmeister-Titel in deiner ­Karriere als Nachhaltigkeits­ unternehmer? Die Größe des Impacts all meiner Projekte. Wie viele Menschen ich damit bewegt und inspiriert habe. Wie viel ich dazu beigetragen habe, etwas zum Besseren zu ver­ ändern. Die Latte liegt mit einem Formel-1-Titel natürlich hoch, aber die gute Nachricht ist, dass meine Karriere als Unternehmer deutlich länger dauern wird als die als Rennfahrer.

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Erde an Rakete Noch keinen Föhn – der kommt erst etwas später zum ­Einsatz – bedient hier Suborbitals-­ Mitarbeiter Peter Scott. Dafür aber ­eine Antenne, die die Kommu­ nikation mit der ­Rakete ­ermöglicht.

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MIT DEM HAARFÖHN INS ALL TE XT: Reiner Kapeller FOTOS: Rober t Ormerod

Das Amateur-Raumfahrtprogramm Copenhagen Suborbitals will bis 2030 eine bemannte Rakete ins All schicken – ohne Geld und Hightech-Materialien, aber mit unkonventionellen Ideen und einem Motto, das kein Nein akzeptiert: Gib dich nicht mit ­A usreden zufrieden, sondern finde einen Weg.

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KOPENHAGEN, ZENTRALE

OSTSEE

SCHWEDEN

DÄNEMARK

SPACEPORT NEXØ

ABSCHUSSBASIS

E EIN SONNTAGVORMITTAG IM SOMMER 2018 AUF DER HALBINSEL REFSHALEØEN. Aus einer

Lagerhalle im Hafen der dänischen Hauptstadt ­Kopenhagen tönt aufgeregtes Streitgespräch. Im ­Inneren der Halle stehen groß gewachsene ­Männer in ölverschmierten Blaumännern vor einer weißen, knapp sieben Meter hohen Rakete mit ­oranger ­Spitze. Auf der Rakete steht in großen schwarzen Buchstaben „Nexø II“.

Eigentlich sollte die Rakete bereits die interne Freigabe für die kommende Woche haben, doch jetzt hat ein Spezialkabel den Geist aufgegeben. Die Wartezeit für das neue Kabel beträgt eine Woche. Zu spät für die bereits von der Stadt erteilte Raketentest-­ Genehmigung. Das Fixieren eines neuen Termins

3, 2, 1 – Liftoff! Die 9,38 Meter hohe und 1630 Kilogramm ­schwere  HEAT-1X-­ Rakete startete am 3. Juni 2011 von der mobilen ­Plattform ­Sputnik in der Ostsee.

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würde Wochen dauern. Die Männer vor der Rakete sind Maschinisten und ­Ingenieure des Amateur-Raumfahrtprogramms Copenhagen Sub­ orbitals. In den vergangenen Wochen haben sie die Nexø-II-Rakete für ­einen­Testlauf vorbereitet. Jetzt droht er zu scheitern. Einer der Ingenieure streicht sich nachdenklich über seinen Dreitagebart: „Ich habe mal ein Kabel in meinem Auto r­ epariert. Das sah genauso aus. Vielleicht funktioniert es damit.“ Eine Stunde später kommt er vom Schrottplatz zurück. In der Hand hält er ein Bremskabel eines ­Fiat-Ducato-Lieferwagens. Das Kabel passt, die Ventile funktionieren. Die Tests können wie geplant starten. Für Mads Wilson erzählt diese Anekdote, wie bei Copenhagen Suborbi­ tals gearbeitet wird: „Wir a ­ kzeptieren keine Ausreden. Wir ­suchen einen Weg, wie etwas doch funktionieren kann. Das ist Teil unserer DNA.“ Mads ist Sprecher und Vorstands­ mitglied des 2008 gegründeten Vereins Copenhagen Suborbitals. Sechs unbemannte Raketen haben die gut hundert Vereinsmitglieder bereits ­gestartet. Meist funktionierte alles nach Plan, etwa bei den Raketenstarts der H ­ EAT-1X (2011), Sapphire (2013) oder Nexø II (2018). Manchmal gab es Teilerfolge. Die Nexø I (2016) ­lieferte Messdaten für ein neues R ­ aketenleitsystem, erreichte aber nie die erhoffte Geschwindigkeit.

THOMAS PEDERSEN

BORNHOLM, DÄNEMARK


1 FA L L S C H I R M Der gut 150 m2 große Fallschirm der Raumkapsel ­Tycho  Deep Space hängt nun im Suborbital-­ Museum. 2 T R I E BW E R K Beim TM65-­ Antrieb wurde erstmals die Treibstoff-Kombi Ethanol und ­Flüssigsauerstoff eingesetzt. 3 RAUMK APSEL Die Tycho Deep Space („Beautiful Betty“) bietet Platz für einen Astronauten.

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Einmal gab es eine Niederlage: 2014 ging der Antrieb der HEAT-2X-Rakete bei ­einem Teststart in Flammen auf. Mads Wilson: „Wir mussten zusehen, wie zwei Jahre Arbeit verbrannten. Aber fünf Minuten nach dem Feuer sahen wir schon wieder nach vorn: Okay, bauen wir halt noch eine.“ Mit den Erfahrungen von sechs Raketenstarts gehen die Suborbitals jetzt ihr größtes Projekt an. Mit der Spica-­ Rakete möchten sie bis 2030 einen Astronauten in einer Rakete auf 100 Kilometer Höhe bringen. Dort markiert die Kármán-Linie den Beginn des Weltraums. Auf die Erde ­zurück soll es in einer Kapsel gehen, die auf den letzten Kilometern vor

„DER STEUERCOMPUTER DER RAKETE BERECHNETE FRÜHER DIE KOSTEN FÜR EXTRA MAYO.“ der Landung von einem Fallschirm gebremst wird. Gelingt das Projekt, wäre Dänemark nach Russland, den USA und China die vierte Nation, die einen Astronauten in einer selbst ­gebauten Rakete ins Weltall schießt. Die Teammitglieder von Copenhagen Suborbitals kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen. Manche haben einen professionellen Weltraum-Hintergrund. Es gibt einen ­Ex-NASA- und einen Ex-ESA-Angestellten. Ein paar Mitarbeiter haben Satelliten-Komponenten für Dänemarks Technische Universität gebaut. 90 Prozent der Suborbitals besitzen jedoch keine Weltraumerfahrung. Unter ihnen finden sich Techniker, Ingenieure, Programmierer und PR-Leute. Auch ein Kindergarten­ pädagoge und ein Physiotherapeut gehören zum Team. Sie alle haben ein Faible dafür, Dinge zu sammeln, auseinander­zunehmen und neu 42

z­ usammenzubauen. Oft sitzen sie am Abend nach der Arbeit oder am Wochenende in zwei insgesamt ­tausend Quadratmeter großen und bis oben hin mit Technikschrott und Ersatz­teilen vollgepackten Hallen. „Alle a ­ rbeiten unbezahlt. Wir ver­ anstalten an zwei bis drei Tagen pro Woche Open Workshops und halten die Gruppen klein. Das macht uns effi­zient“, erklärt Mads. In den Workshops werden Geräte ­repariert, umfunktioniert oder für den Gebrauch in einer Rakete optimiert, zum Beispiel ein alter Haarföhn. Im Inneren der Nexø-II-Rakete sorgt die warme Luft aus dem Gerät dafür, dass Schläuche bei Minus­ graden nicht einfrieren. Auch der Steuercomputer der Rakete wurde ursprünglich anders eingesetzt. Einst berechnete er als Teil eines ­Burger-King-Kassenterminals die Kosten für extra Mayo. Verwendung findet auch eine auf dem Schrottplatz gefundene Radarkuppel. Sie verstärkt das Signal des Wi-Fi-Funknetzwerks auf dem Mission-­ControlSchiff. Damit die Suborbitals bei ­einem Start niemanden gefährden, heben ihre Raketen von einer Plattform in der Ostsee ab. Den Countdown starten sie aus sicherer Ent­ fernung vom Schiff. Manchmal dienen alte Autos als Ersatzteillager. Das Bremskabel aus dem Fiat-Ducato-­ Kasten­wagen ist ein Beispiel dafür. Die Gaskartuschen, die in Airbags verbaut werden, ebenso. Damit können die Suborbitals bei der Landevorbereitung den Fallschirm aus der Rakete schießen. Es gibt zwei Gründe,

Sicherheitscheck Jop Nijenhuis ­fixiert die Spitze der HEAT-2X-­ Rakete, in der sich der zusammen­ gefaltete Fallschirm befindet.

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„DIE SUBORBITALS MÖCHTEN VERSTEHEN, WIE ­DINGE FUNKTIONIEREN. DAFÜR MÜSSEN SIE SIE ZUERST MAL ZERLEGEN.“ warum sie Geräte auseinanderbauen oder in Elektroschrott nach Ersatz­ teilen suchen. Der erste hat mit der Begeisterung für das Basteln zu tun; die Suborbitals möchten verstehen, wie Dinge funktionieren – dafür müs­ sen sie sie auseinandernehmen. Der zweite Grund hat mit Geld zu tun. Das Jahresbudget der NASA beträgt 22,6 Milliarden Dollar. Das der Welt­ raum-Dänen 100.000 Dollar. Copen­ hagen Suborbitals bezahlt damit Mieten für die Hallen, Material und anfallende Reparaturen. Zur Verfü­ gung gestellt wird das Geld von einer Crowdfunding-Community aus über 600 Personen. Jeder von ihnen über­ weist monatlich 10 oder 20 Dollar auf das Kopenhagener Vereinskonto. Allein aus Budgetgründen gibt es für die All-Amateure also Grenzen. Beim Bau einer Rakete lassen sich diese aber umgehen: „Es ist mir ein Rätsel, wie die Falcon-9-Raketen von SpaceX (Unternehmen von Elon Musk, Anm.) mit Boostern selbständig landen und somit wiederverwendet werden können. Zum Glück machen wir das nicht. Unsere Rakete muss zwei Dinge können: in den Weltraum kommen und ins Meer stürzen.“ Seine Überzeugung bringt Mads so auf den Punkt: „Wir können bis 2030 mit der Spica-Rakete (benannt nach einem Stern, Anm.) einen Menschen ins Weltall bringen, weil Rocket Sci­ ence gar nicht immer Rocket Science ist.“ Das Selbstvertrauen für solche INNOVATOR

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Grenzgänger Der Niederländer Jop Nijenhuis zog der Suborbitals­ wegen sogar nach Kopen­hagen. Hier hält er einen Teil der Verkleidung der Nexø-I-Rakete.

Workshop Viele Materialund Maschinentests finden vor Ort statt. Im ­blauen Container im Hintergrund ist das offizielle Büro zu sehen.

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Fallschirmtest Viele Ideen werden zuerst im ­kleinen Maßstab umgesetzt. Verlaufen die Tests wie erwartet, wird ein großer Fallschirm genäht.

Raketenbauer Thomas Madsen gehört zum Kon­ struktionsteam. Der Ingenieur entwirft und ­designt Bauteile mit dem 3D-­ Programm. SolidWorks. INNOVATOR

1 VERKLEIDUNG Um Gewicht zu sparen, wurde die Außenhülle der HEAT-2X-­ Rakete fast ­komplett aus Aluminium ­gefertigt. Über das Loch haben die Inge­nieure Zugang zum Raketenantrieb.

2 FLOSSEN Anhand der ­Z­ahlen auf den Raketen­flossen kann das Team bei einem Start mittels Video feststellen, wie schnell sich die Rakete dreht.

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„MIT DEM ­FORTSCHRITT DER TECHNIK IST DER RAUMFLUG SOGAR EINFACHER GEWORDEN.“ Ansagen finden die Hobbybastler in der Geschichte der Raumfahrt. Fast alles, was in Kopenhagen ­zusammengeschweißt wird, baut auf der Arbeit der NASA und der UdSSR der 1950er- und 1960er-­ Jahre auf. Konzepte und Theorien der „Space Race“-Periode sind seit Jahrzehnten bekannt und ausführlich beschrieben. Mit dem Fortschreiten der Technik ist die Raumfahrt sogar ein­facher geworden. Früher musste eine Raketenhülle mit maximal 0,1 Millimeter Toleranz gebaut werden. Das heißt, das Metall musste an jedem Punkt der Hülle praktisch gleich dick sein. War es an einer Stelle ­dicker oder dünner, verließ die ­Rakete nach dem Start die vorberechnete Flugbahn. Heute liegt die ­Toleranz bei 1 Millimeter. Den zusätzlichen Spielraum verdanken die Suborbitals einem Computer-Leitsystem, das selbständig Korrekturen vornimmt. Herz dieses Systems ist ein Arduino-Computer, den es um 100 Euro im Elektrofachgeschäft zu kaufen gibt. Wissens- und Technologiefortschritte haben den Bau einer Rakete erleichtert und demokratisiert. Trotzdem bleibt er eine Wissenschaft. Wie sehr Details entscheiden, ­erfuhren die Suborbitals 2016 beim Liftoff der Nexø-I-Rakete. Die Rakete entfaltete nie ihre ­volle Leistung und schlug nach kurzem Flug im Wasser auf. Der Grund: Das Mischverhältnis des Treibstoffs war nicht perfekt. Suborbital-Raketen fliegen mit einer 46

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INFO So kannst du Copenhagen Suborbitals unterstützen. C R OW D F U N D I N G Damit die Spica-­ Rakete 2030 abheben kann, ist ­finanzielle ­Unter­stützung von Weltraum-Fans ­weltweit erforderlich. So geht’s: M AC H 2 Bereits mit 10 Dollar monatlich können die Suborbitals Bauteile erstehen. „Mach 2“Förderer erhalten ­Zugang zu allen ­öffentlichen Tests. M AC H 3 Für 20 Dollar pro ­Monat steht dein Name zusätzlich auf jeder Rakete, die ­gestartet wird. Alle Infos: copenhagen suborbitals.com

Rocket Man Mads Wilson vertritt Copen­hagen Suborbitals nach außen. Er ist Sprecher, TED-­KeynoteSpeaker und Vorstandsmitglied des Vereins.

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Mischung aus 75-prozentigem ­Alkohol und Flüssigsauerstoff. ­Alkohol ist einfach. Man gibt ihn in ein Gefäß und weiß, wie viel drinnen ist. Flüssigsauerstoff ist heikel. Bei –183 °C ist er flüssig. Wird er wärmer, beginnt er sofort zu verdampfen. Das kann gefährlich werden. In gasförmigem Zustand braucht Flüssig­sauerstoff 860-mal mehr Platz. Damit das Gas entweichen kann, muss bei der Befüllung einer Rakete der Tank ständig belüftet werden. Weil das Betanken einer Rakete so komplex ist, wird es erst kurz vor dem Start gemacht. Man befüllt den Tank, kühlt den Flüssigsauerstoff, so gut es geht, schließt das Ventil und drückt den Startknopf. Es brauchte drei Versuche, bis die Ingenieure genau sagen konnten, wie viel Flüssigsauerstoff gerade im Tank war. Zuerst wollten sie die exakte Menge Flüssigsauerstoff mit einer Gewichtsmessung berechnen. „Wir haben unsere Rakete mit und ohne Treibstoff gewogen.“ An Land hat das funktioniert. Die Suborbitals starteten ihre Raketen aber von einer schwimmenden Plattform. Es klappte nicht. Dann haben sie in der Mitte des Tanks einen Stab eingebaut. Alle fünf Zentimeter wurde darauf ein Sensor angebracht, der die Temperatur misst. Damit lässt sich die aktuelle Menge an Flüssigsauerstoff berechnen. Die Daten waren aber nicht genau genug. Mit ihrem dritten Versuch kopierten die Suborbitals einen Füllstandssensor der NASA. Aber ­anstatt ihn um 8000 Dollar zu kaufen, packte das den Ehrgeiz der Bastler. Also nahmen sie den alten Flüssigsauerstofftank eines Spitals unter die Lupe. „Wir zerlegten ihn und bauten ein kleineres Gerät, das in den Tank passte.“

„WAS WIR HIER TUN, IST GRÖSSER ALS ­JEDER ­EINZELNE VON UNS.“ Sie halten Universitätskurse im ­Raketenbau. Ein Start-up holte sich jüngst Design- und TestKnow-how. Und EUROC, Europas ein­ziger Raketen-Wettbewerb, nahm Suborbitals-Mitglied Jacob Skov Larsen in die Jury. „Wir wollen mit unserer Arbeit Menschen weltweit inspirieren“, sagt Mads, „und sie ermuntern, Dinge zu tun, die unmöglich ­erscheinen. Wir wollen sagen: Mach es! Und du wirst staunen, was mit Leidenschaft alles möglich wird.“ Seit 2008 verfolgen die Hobby­ ingenieure und Weltraum-Fans aus Kopenhagen unbeirrbar ihren Traum vom suborbitalen Flug. Einmal langsamer, einmal schneller, aber immer mit derselben ­unbeirrbaren Überzeugung. Tatsächlich haben sie einen großen Teil des Weges bereits zurück­ gelegt. Jetzt beginnt der letzte und schwierigste Teil. Dass sie es schaffen können, steht für die Suborbitals außer Frage. Alle glauben hier fest daran. Für sie ist es nicht eine Frage der Ein­ stellung. Für sie ist es maximal eine Frage der Zeit.

Dass jede Sackgasse einen Ausweg hat, hilft nicht nur den ­Weltraum-Dänen. Von ihrem Mindset profitieren Menschen weltweit. Mehr als 300 YouTube-­ Videos über die Grundsätze von Physik und Maschinenbau haben die Suborbitals online gestellt.   47


DIE ZUKUNFT IST BESSER ALS IHR RUF Erfolgstreibstoff Optimismus: Warum Forscher, Ingenieure und Aktivisten an eine bessere­ Welt glauben. Und warum alles dafür spricht, dass sie schon bald Realität wird. Text ALEX LISETZ

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KATE PETERS CONTOUR BY GETTY IMAGES

30 sehr kluge Experten schenken uns Zuversicht


„WIR RETTEN MILLIONEN KINDER“ BILL GATES Bill & Melinda Gates Foundation Werden unsere Enkel die Malaria nur noch aus Geschichts­büchern kennen? Die Statistiken s ­ prechen dafür. Seit dem Jahr 2000 konnte die Zahl der Malaria-Toten durch Vorbeugung und verbesserte Behandlungsmethoden schon um die Hälfte gesenkt werden – auch dank der fast 2,4 Milliarden Euro, die die Gates-Stiftung beigesteuert hat.

mehr als 60 Prozent der Opfer sind jünger als fünf Jahre. Nun soll Big Data ermöglichen, lokale ­Cluster zu erfassen und punkt­ genaue Hilfsmaßnahmen zu setzen. Woanders ist das Vorhaben, diese Krankheit komplett zum Verschwinden zu bringen, bereits geglückt: In den 1950er-Jahren konnte die Malaria in Mittel­ europa und in den USA endgültig besiegt werden.

Doch es gibt noch viel zu tun. Laut der WHO stirbt auf dem ­afrikanischen Kontinent alle zwei Minuten ein Kind an Malaria, INNOVATOR

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„WIR SCHAFFEN AUTOUNFÄLLE AB“ JAIME WAYDO Apple

Hier leitet sie seit zwei Jahren – „die Mutter aller KI-Projekte“, so Cook – eine Forschungs­ abteilung für autonome Steuersysteme. In Waydos streng geheimem Projekt soll Apple selbstfahrende Autos konzi­ pieren, die die bisherigen Prototypen in den Schatten stellen – und herkömmliche Autohersteller schon jetzt mächtig nervös machen. Autonome Autos könnten künftig aber nicht nur Unfälle verhindern. Sie würden auch große Bevölkerungsgruppen mobiler als bisher machen, etwa betagte Menschen, Minderjähri­ ge oder Sehbehinderte. Und sie würden uns allen viele ­verlorene Stunden ersparen – allein mit Parkplatzsuchen verbringt der DurchschnittsEuropäer 41 Stunden pro Jahr.

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„WIR BESIEGEN MULTIPLE SKLEROSE“ UĞUR ŞAHIN BioNTech Im Kampf gegen Covid-19 gelang dem Mainzer BiotechnologieUnternehmen mit einem mRNAImpfstoff der Durchbruch. Nun soll die Boten-RNA auch bei der Entwicklung von Impfstoffen gegen Autoimmunerkrankungen und Krebs helfen. Am weitesten sind die Mainzer Wissenschaftler mit der Entwicklung eines revolutio­nären Impfstoffs gegen die bisher unheilbare Nerven­krankheit Multiple Sklerose vorange­ kommen. Der Impfstoff regt

den Körper zur Produktion von Selbstantigenen an, ohne dass das I­ mmunsystem – wie bei Auto­immunerkrankungen üblich – überreagiert. Das  klappte im Tierversuch so gut, dass sich sogar bestehende Symptome zurückentwickelten. Nun soll der Impfstoff zuerst an menschlichen Zellen und dann in einer klinischen S ­ tudie erprobt werden.

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MARZENA SKUBATZ/LAIF/PICTUREDESK.COM, GETTY IMAGES

Die KI-Expertin Jaime Waydo möchte nicht ein, zwei oder eine Handvoll Leben retten. Sondern 1,35 Millionen, Jahr für Jahr. So viele Männer, Frauen und Kinder sterben nämlich jährlich bei Verkehrsunfällen – der Großteil von ihnen aufgrund menschlichen Versagens. „Selbstfahrende Autos könnten diese Unfälle verhindern und gleichzeitig unseren Alltag deutlich be­ quemer machen“, schreibt Jaime Waydo in einer ihrer Studien. Apple-CEO Tim Cook hat sie vom Google-Projekt „Waymo“ als Chefingenieurin zu Apple geholt.


„WIR ÜBER­ WINDEN DIE ARMUT“

HANS ROSLING Gapminder

„Die Anzahl der Menschen, die (der Armut entkommen und) in die untere Mittelschicht aufsteigen werden, wird bis 2040 weltweit von zwei auf vier Milliarden wachsen“, schrieben die schwedischen Wissenschaftler Hans, Anna und Ola Rosling in ihrem 2018 veröffentlichten Bestseller „Factfulness“. Die Auswirkungen dieser gesellschaftlichen Umwälzung werden enorm sein. Asiatische und afrikanische Länder werden zu neuen Wirtschaftsmächten heranwachsen. Und zwei Milliarden Menschen, die bisher von der Hand in den Mund lebten, werden in 20 Jahren berufliche Investitionen tätigen, kleine Ersparnisse an­legen und vielleicht ­sogar alle paar Jahre einen bescheidenen ­Urlaub machen können. Der 2017 verstorbene Hans Rosling, der seine letzten Lebensjahre der Aufgabe widmete, verzerrte öffentliche Wahrnehmungen zu korri­gieren (etwa ­unsere Sicht auf die Armut in der Welt), erstellte für Asien und Afrika eine verheißungs­volle Prognose: Wirtschaftstreibende Investitionen werden zunehmen. Dazu werden sich moderne Anbieter eher mehr auf diesen Markt verlagern, leistbare Konsum- und Gebrauchsgüter für ihn produzieren – und so die dortige Lebens­ qualität weiter heben.

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„WIR LEBEN „WIR REISEN IN SMARTEN MIT SCHALLCITYS“ GESCHWINDIGKEIT“ NORMAN FOSTER

Foster + Partners Wie smart wir morgen ­leben werden, demonstriert das Londoner Architekturbüro Foster + Partners in Masdar City. Die reale ScienceFiction-Stadt entsteht seit 2008 in den Vereinigten Arabischen Emiraten, 30 Kilo­meter östlich von Abu Dhabi. Die „erste Stadt der Welt, die weder Müll noch CO2 produziert“ (Norman Foster) soll Best-Practice-Beispiel für künftige Stadtkonzepte werden. Ihre Besonderheiten: autarke Solar- und Windenergieversorgung, Autoverbot und öffentlicher Elektro-Nahverkehr, solarbetriebene Wasser­ entsalzungsanlagen und Windtürme zur Kühlung. Nicht jeder Experte ist überzeugt, dass Masdar City jemals bewohnt sein wird – kürzlich wurde die Fertigstellung vom wankelmütigen Königshaus auf 2030 verschoben. Dass wir zahlreiche der dort erprobten Ideen für unsere eigenen Städte adaptieren werden, ist aber nur eine Frage der Zeit.

ELON MUSK

Tesla und SpaceX Von Hamburg nach München in 45 Minuten: Das könnte für Zugpendler schon in ein paar Jahren Realität sein, sobald das Hyperloop-Konzept von Tesla-Gründer Elon Musk ausgereift ist. Die Grundidee hatte die London and Edinburgh Vacuum Tunnel Company bereits 1825. In luftleer gesaugten Röhren gebe es demnach für Hoch­ geschwindigkeitszüge keine Tempobeschränkung, weil der Luftwiderstand wegfällt. Musks Magnet-Konzept wäre auch in puncto Nachhaltigkeit eine Revolution: Die benötigte Energie für Schalltempo-Reisen könnten allein die Solarpanels auf den Röhren bereitstellen. Derzeit arbeiten einige Firmen an der Umsetzung, das niederländi­ sche Start-up Hardt Hyperloop hat die Nase vorn: Ab 2025 sollen Güter, ab 2028 Personen mit 700 km/h von Amsterdam nach Den Haag transportiert werden.

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DAVID E. ALBERT AliveCor

In Zukunft wird jeder rund um die Uhr von seinem Hausarzt begleitet werden, der bei gesundheitlichen ­Pro­blemen geistesgegenwärtig Alarm schlägt – präziser: von der D ­ igitalversion seines auf ­Abruf bereiten Hausarztes. Fitness-Tracker und smarte Ringe messen zwar schon jetzt unsere Gesundheitsdaten. Künftige Apps werden aber noch viel präziser arbeiten und zuverlässig Schlaganfälle oder Herzinfarkte verhindern, die häufigsten Todesursache in unserem Teil der Welt. Das kalifornische Unternehmen AliveCor forscht dafür an der Kombination von medizinischen Geräten und Künstlicher Intelligenz. Ihr winziges tragbares EKG-Gerät ist schon jetzt am Markt. Seine Software passt sich automatisch an die Eigen­heiten des Users an und erkennt Herzrhythmusstörungen anhand 300.000 individueller Parameter. „Damit ist nicht nur eine Gesundheitsüberwachung möglich“, sagt AliveCor-Gründer Dr. David E. Albert, „sondern auch eine Aufzeichnung aller Daten über längere Zeit. Was etwa die Überwachung des Genesungsprozesses revolutioniert.“

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„WIR STOPPEN CYBERBULLYING“ GITANJALI RAO „Time’s Kid of the Year 2020“ „Seit ich denken kann, will ich die Leute um mich herum ein bisschen glücklicher machen. In der zweiten oder dritten Klasse wurde mir klar, dass man die Welt auch mit Wissenschaft und Technologie zu einem besseren Ort machen kann“, sagt Gitanjali Rao in einem Interview mit Angelina Jolie. Die 15-jährige US-Nachwuchswissenschaftlerin mit indischen Wurzeln war schon in den „Forbes 30 Under 30“ und das „Kid of the Year“ des renommierten „Time“-Magazins. Auf eine Disziplin will sie sich nicht festlegen. Mit 13 erfand sie eine Toolbox, die Trinkwasser mithilfe von Nanoröhrensensoren auf Keime untersucht und kosten­­ günstig aus dem 3D-Drucker kommt. Und gleich danach programmierte sie „Kindly“, eine App gegen Cyber-Bullying – die den User mittels eines WortsuchAlgorithmus vor dem Versenden einer Nachricht warnt: „Das gibt den Menschen die Chance, zu überlegen, ob sie tatsächlich einen beleidigenden Text ab­ schicken wollen.“ Rao organisiert ­zudem Workshops für Schüler, die in ihre Fußstapfen treten wollen. „Am Ende hat jeder Teilnehmer eine Idee definiert. Und ein paar Wochen später kriege ich E-Mails wie ‚Danke! Ich habe

jetzt einen Sneaker erfunden, der automatisch den Notruf wählen kann‘“, erzählt sie. Bisher coachte Rao 30.000 Nachwuchserfinderinnen und -erfinder persönlich und i­ nspiriert hunderttausende weitere Gleichaltrige mit ihrem Vorbild: „Was ich schaffe, schaffen andere auch.“ INNOVATOR

SHARIF HAMZA

„WIR HABEN IMMER EINEN ARZT DABEI“


„WIR TANKEN WASSERSTOFF“ TIM YOUNG

SunHydrogen In der Welt von morgen wird nur noch Wasser­ dampf aus den Auspuffen unserer Autos kommen. Welch perfekter Energie­ speicher Wasser­stoff ist, war zwar schon hin­ länglich bekannt. Jedoch hakte der Durchbruch als umweltfreundlicher Treibstoff bisher an einem lästigen Problem: Die Gewinnung von Wasser­ stoff benötigt selbst jede Menge Energie. Dafür fand das kalifor­ nische Unternehmen SunHydrogen nun eine Lösung: Mit seinem solar­betriebenen Partikel­ system erzeugt der sogenannte HyperSolar H2-Generator direkt in der Solar-Tankstelle um die Ecke aus Sonnenlicht und Wasser Wasserstoff, und das unabhängig von Pipelines oder zweifelhaf­ ten Nahost-Diktatoren. „Alle Testphasen in Labor sind erfolgreich abgeschlossen“, sagt SunHydrogen-CEO Tim Young. Noch 2021 sollen die ersten 100 Anlagen produziert werden.

INNOVATOR

„WIR MACHEN ROBOTER MENSCHLICHER“ DONGHEUI LEE

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt Die Roboter der nahen Zukunft müssten nicht nur Schrauben sortieren und Autos ­zusammenschweißen. Sie würden auch in ­unserem Alltag lästige oder unangenehme Arbeiten übernehmen. Dafür sollten sie sich menschliche Verhaltensweisen ­antrainieren, sagt Robotik-Forscherin Dongheui Lee. „Wenn ein Roboter allein in einer Fabrik­halle agiert, ist es egal, wie er aussieht. Im Haushalt oder in der Altenbetreuung müssen wir uns aber in seiner Umgebung wohlfühlen“, beschreibt sie in einem TED-Talk. Darum baut die ge­ bürtige Südkoreanerin Roboter, die mensch­ liche Bewegungsmuster imitieren und verstehen können. Sie ahmen also nicht nur Lees Bewegungen beim Schälen eines Apfels nach. Sie lernen dabei auch, welches Ziel diese Bewegungsmuster haben. So gelingt es dem Roboter, den nächsten Apfel selbst zu schälen – oder, wie in einem anderen Experiment von Lee, nach ihrer Anleitung den Tanz aus „Pulp Fiction“ nachzutanzen. Die Idee dafür hat sie übrigens aus „Terminator 2“: Dort bringt der junge John Connor dem übellaunigen Androiden die High-Five-Geste bei.

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„WIR ZÜNDEN EINE KREATIVE EXPLOSION“

HARRY GATTERER

Zukunftsinstitut

Dieser kreative Boost wird neue Unternehmen entstehen lassen, neue Innovationen und neue Lebensstile – und unsere gesamte Welt in den kommenden Jahren von Grund auf durchlüften.

„WIR VERBANNEN GEWALT“ STEVEN PINKER

Harvard University Kriege, Amokläufe, Bomben­ anschläge: Tag für Tag bestärken uns die Nachrichten-Feeds in unserem Glauben, dass die Welt immer gewalttätiger wird. Doch das sei Unsinn, sagt Harvard-­ Psychologieprofessor Steven Pinker. In seinem 1200 Seiten dicken Bestseller „Gewalt. Eine neue Geschichte der Mensch­ heit“ weist er nach, dass wir in der friedlichsten Epoche aller Zeiten leben. Unser Risiko, eines gewaltsamen Todes zu sterben, ist gegen­ wärtig geringer denn je, rechnet er vor: „Im Mittelalter lag die Wahrscheinlichkeit, von einem Mitmenschen erschlagen zu wer­ den, bei 1:1000. Heute beträgt sie 1:50.000. Und in früheren Stammesgesellschaften war dieses Risiko noch zehn- bis

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hundertmal höher als im Mittel­ alter.“ Diese Entwicklung setzte sich seit dem Mittelalter nicht nur fort. Sie nahm in den letzten Jahrzehnten sogar gewaltig Fahrt auf: Seit dem Zweiten Weltkrieg sinken die Mordraten (von zwischenzeitlichen Aus­reißern unterbrochen) von Jahrzehnt zu Jahrzehnt – genauso wie die weltweite Zahl bewaffneter Konflikte und die Opferzahlen von Kriegen, Terroranschlägen und Völkermorden. Der Grund? Laut Steven Pinker: zunehmende Bildung, mehr Empathie sowie ­globale  Handelsverbindungen, die Kriege auch für die Mächtigen zu Verlustgeschäften machen. Pinkers Prognose: „Die statis­ ti­schen Daten sprechen dafür, dass sich dieser Trend weiter fortsetzt – und der Weltfrieden in Sichtweite kommt.“

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KAYANA SZYMCZAK, OBAYANJU BABAWALE

„Hohe Unsicherheit schafft die besten Voraussetzungen für alle, die die Welt verändern und gestalten wollen, statt nur die Vergangenheit zu ver­ längern“, sagt der Zukunfts­ forscher Harry Gatterer. Für ihn ist unsere aktuelle Krise der perfekte Nährboden für eine kreative Explosion – für Ideen und Initiativen, die uns allen in den kommenden Jahren einen zusätzlichen Schub bescheren werden. Wirklich allen? „Ja, auch ­denen, die sich von der ak­ tu­ellen Situation gelähmt fühlen, die jetzt müde oder deprimiert sind. Denn gerade sie stellen jetzt ihre Werte und ihre Gewohnheiten infrage – und sie werden dabei neue Ant­worten auf ihre grundsätz­ lichen Lebensfragen finden.“


„WIR LIEBEN „WIR RETTEN „WIR FLIEGEN FLEISCHDIE NATUR“ ZUM MARS“ NNIMMO BASSEY GERNOT GRÖMER ERSATZ“ PAT BROWN

Impossible Foods Das Barbecue von ­mor­gen kommt ohne Hüftsteak und Spareribs aus – und zwar selbst dann, wenn ausgewie­ sene Fleischtiger auf der Gästeliste stehen. „Wir haben gelernt, auf einer molekularen Ebene zu verstehen, was Fleisch ausmacht, was es so attraktiv für den Menschen sein lässt“, sagt der US-amerika­ nische Biochemiker Pat Brown, der alljährlich zu den ­Favoriten für den Chemie-Nobelpreis zählt. Mit seinem Unter­ nehmen Impossible Foods stellt er Fleisch­ ersatz her, der vom Original nicht unter­ scheidbar ist. „Der magische Bestandteil für echten Fleisch­ geschmack ist der Blut­ farbstoff Hämo­globin“, so Brown in einem Inter­ view. „Wir lassen ihn von Hefe herstellen, die in Fermentern wächst und in die wir ein Soja-Gen eingeschleust haben.“ Bestimmte pflanzliche Fette und Eiweiße helfen dabei, das ursprüng­ liche Mundgefühl zu erzeugen. Essen wir also bald Fleisch, ohne Tiere schlachten zu müssen? „Vernünftig wäre es“, sagt Brown, „weil die Viehwirtschaft für 15 Prozent aller globalen Klimagase verantwort­ lich ist, mehr als der ge­ samte Transportsektor.“ Darum will Brown neben Hackfleisch künftig auch Milch- und Fischersatz auf den Markt bringen.

INNOVATOR

HOMEF

Klimaschutz wird zum globalen Ziel, nachhaltige Technologien sind im Vor­ marsch. Veraltete Techno­ logien und skrupellose Unternehmer verursachen aber noch immer kata­s­ tro­phale Umweltschäden. „Ein Ökozid-Gesetz könnte diesen Umwelt­ verbrechern das Hand­ werk legen“, sagt UmweltAnwalt Nnimmo Bassey von der nigerianischen Naturschutz-Organisation Health of Mother Earth Foundation (HOMEF). Er ist einer der Vorkämpfer für die weltweite Ver­ folgung schwerwiegender Umweltverbrechen vor dem Internationalen Strafgerichtshof. Sollte sich Bassey, wie viele Experten glauben, durchsetzen, hätte das noch nie da gewesene ­Folgen: Ökozide könnten künftig ­international wie Kriegsverbrechen geahndet werden. Und der Internationale Straf­ gerichtshof könnte auf­ grund abschreckender Androhung von schweren Gefängnisstrafen auch Politiker und Konzerne an die kurze Leine nehmen, die für kurzfristigen Profit über Leichen gehen.

Österreichisches Weltraum Forum

„In 20 bis 30 Jahren könnte die erste be­ mannte Mars-Mission stattfinden“, sagt der Astrophysiker Gernot Grömer. „Technisch sind wir dafür schon fast bereit – nun arbeiten wir an der politischen Unterstützung und der Finanzierung.“ Als sogenannter AnalogAstronaut begibt er sich alle zwei, drei Jahre auf eine simulierte MarsMission – das nächste Mal im Oktober in die Negev-Wüste in Israel. Unterstützt von mehr als 200 Wissenschaft­ lern und Ingenieu­ren aus 20 Nationen, wird eine sechsköpfige Crew im geologisch vielseitigen Ramon-Krater Roboter und autonome Drohnen testen. Sie sollen später die Mars-Oberfläche er­ forschen – und mithilfe des Öster­reichischen Weltraum Forums für den späteren Real-Ein­ satz optimiert werden.

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„WIR LADEN AUTO-AKKUS IN 5 MINUTEN AUF“

MARKUS KREISEL

Kreisel Electric Bald wird Akku-Laden so schnell erledigt sein wie heute ein Tankstellenstopp inklusive Umweg zum Snack-Regal. „Fünf Minuten“, versprechen die Gebrüder Kreisel für Stadtflitzer mit kleinen Akkus. Ihr gemeinsam mit Rallye-Staatsmeister Raimund ­Baumschlager entwickeltes Wettkampf-­ Fahrzeug RE-X1 ist schon heute binnen 15 Minuten rennfertig, 2021 soll es bei der österreichischen RallyeStaatsmeisterschaft 2021 die Verbrenner hinter sich lassen. Doch warum gelingt den oberösterreichischen E-Mobility-Pionieren, woran andere scheitern?

ANASTASSIA LAUTERBACH

XU Exponential University „Künstliche Intelligenz steht heute da, wo das Internet 1995 war“, sagt die deutsch-russische Multi-Aufsichtsrätin und KI-Professorin an der XU Exponential University in Potsdam Anastassia Lauterbach. „Facebook, Apple und Co werden ihr Quasi-Monopol darauf nicht mehr lange halten können, stattdessen werden dezentrale Daten­ märkte die Wirtschaft revolutionieren.“ Die praktische Folge: Selbstlernende Maschinen werden dann für uns Gurken sortieren und Operationen durchführen. Sie werden uns auch in jedem Lebens­bereich körperlich ungesunde, ­psychisch belastende oder überkomplexe ­Arbeiten abnehmen.

„WIR STOPPEN DEN KLIMAWANDEL“ NILS RØKKE EERA Schaden Klimaschutzmaßnahmen der Wirtschaft? Nils Røkke, Chairman der European Energy Research Alliance (EERA), ist vom Gegenteil überzeugt. Er koordiniert 50.000 Forscher in 30 Ländern, die in 17 konkreten Programmen dasselbe Ziel verfolgen: die EU bis 2050 CO2 -neutral zu machen. Und er ist alles andere als ein grüner Träumer: „Die EU muss den weltweiten Energiewandel anführen, um wett­bewerbs­fähig zu bleiben“, sagt der norwegische Wissenschaftler auf seinem YouTube-Channel. Denn Klimaschutz­ maßnahmen werden in den kommenden Jahren wichtige Wirtschafts­ impulse setzen und Arbeitsplätze schaffen.

BETKE, OLGA RUBIO

Ihr Akku wird beim Schnellladen nicht heiß, weil jede Zelle durch den patentierten Hollow­block einzeln temperiert wird. So liefert der Kreisler-Akku auch maximale Energie­ dichte – und genug Power für Rallye-Autos, Boote oder Flugzeuge.

„WIR LASSEN KI UNSERE PROBLEME LÖSEN“

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„WIR ZERSTÖREN DEN KREBS MIT HITZE“ DR. ANDREAS JORDAN MagForce

„WIR LEBEN ZUFRIEDENER“ CHRISTIANE VARGA Trendforscherin Unsere Gesellschaft stehe vor dem „Next Level“, prognostiziert die Wiener Trendforscherin Christiane Varga. „Denn Covid-19 wird vom Entschleuniger unserer Welt zu einem Beschleuniger des positiven Wandels.“ Nach der Krise werden wir zwar kurz das Vermisste nachholen wollen, mit exzessivem Konsum und hedonistischem Lebensstil. Doch dann wird das Pendel in die andere Richtung ausschlagen – auch weil die schädlichen Neben­wirkungen unseres heutigen Lebensstils immer mehr Menschen bewusst werden. „Massenkonsum und Massentourismus verschwinden.

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Qualität ersetzt Quantität. Das Konzept der Achtsamkeit verliert seine s ­ pirituelle Flughöhe und landet im Mainstream“, so Varga. Auch unser Einkaufsverhalten wird sich verändern: hin zu einer sinnvolleren Balance zwischen ­on- und offline, globalem und lokalem Handel. Mit vermehrtem Hang zu regionalen Onlineshops, zu ­Direct-Trade-Platt­formen und Wochenmärkten. Und das Prinzip „höher, schneller, weiter“ werde durch eine neue Form von Genügsamkeit und Zu­friedenheit abgelöst, sagt die Trendforscherin.

In Zukunft bekämpfen wir Tumore vielleicht mit der kleinsten Waffe der Welt: mit Nanotechnologie. Dem Medi­ zintechnik-Unternehmen MagForce ge­lingt das schon jetzt. Mit ihrem patentierten NanoTherm-Therapie-System behandeln die Berliner Glio­ blastome – das sind bösartige Hirn­tumore – mit Nanoparti­ keln. Die Metho­de hat Mag­ Force-Gründer Dr. Andreas Jordan entwickelt. Ihm gelang es, Eisenoxid-Nano­partikel so zu ummanteln, dass sie direkt in den Tumor injiziert oder in die Tumorhöhle implantiert werden können. In jeden inji­ zierten Milliliter passen rund 17 Billiarden dieser Nanopar­ ti­kel. „Die Flüssigkeit selbst ist schwarz wegen der Eisenoxide und ähnelt Tinte“, sagt er. Nach der Injektion/Implanta­ tion muss der Patient in ein spezielles magnetisches Wech­ selfeld, den NanoActivator. Hier werden die Nanopartikel im Tumor kontrolliert von ­außen in Schwingung versetzt, somit im Inneren des Tumors erhitzt. Das Ziel: Noch vor­ handene Tumorzellen werden zerstört, ohne das umgebende Hirngewebe zu gefährden. In der EU dürfen GlioblastomPatienten bereits mit der neuen Methode behandelt werden. Wenn klinische Studien grünes Licht geben, könnten mit dem revolutionären Therapiesystem bald auch andere Tumorerkran­ kungen behandelt werden.   57


„WIR FLIEGEN ZUR ARBEIT“

ROBERT MACHTLINGER FACC

Der Aerospace-Technologieführer macht aber nicht nur den innerstädtischen Verkehr bequemer, sondern auch das Fliegen grün. „Unsere Leichtbau-Technologie spart Gewicht und dadurch auch Treibstoff“, sagt er. Durch die FACC-Composite-Materialien verursachen die Flugzeuge von morgen bis zu 60 Prozent weniger Lärm, der Luftwider­ stand wird reduziert. Kein Wunder, dass quasi alle namhaften Hersteller mit den Innviertlern zusammen­arbeiten – von Boeing über Rolls-Royce bis Airbus.

„WIR TREFFEN UNS AM HOLODECK“

ROEL VERTEGAAL Huawei

„Star Trek“ inspirierte schon viele reale Erfindungen. Mit etwas Glück ist als Nächstes das „Holodeck“ dran. Mit einem­Unterschied: Wir werden kein Raumschiff besteigen, um mit dreidimensionalen Hologramm-Projektionen zu plaudern – s ­ ondern die Techno­ logie als E ­ rsatz für Skype und Co direkt bei uns zu Hause oder im Büro einsetzen. „Wenn wir heute o ­ nline miteinander kommuni­zieren, verhindert die Technologie echte menschliche Begegnung“, sagt Interaktionsdesigner Roel Vertegaal. „Denn in einer Videokonferenz gehen alle Nuancen unserer Kommunikation verloren, die wir im analogen ­Leben nützen – vom Augenkontakt bis zur Körpersprache.“ Auch VR-Brillen seien keine praktische Alternative für den Alltag, meint Vertegaal. Seine Alternative: dreidimensionale Projektionen, mit denen wir in Echtzeit kommunizieren – ganz

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so, als wäre die Person mit uns direkt im Raum. „Die Technologie muss sich an uns anpassen, nicht wir uns an die Technologie“, sagt der gebürtige Niederländer. Zusammen mit dem Human Media Lab der Queen’s University in Kingston, Ontario, erforscht er die „Vermenschlichung“ von Handy oder Tablet – und entwickelte unter­wegs PaperWindows (2004), PaperPhone (2010) und PaperTab (2012) – biegsame Geräte, die wir wie Scheckkarten einstecken und wie Papier durchblättern können und die das faltbare Tablet Huawei Mate X inspirierten. Jetzt forscht er für Huawei. Werden wir schon bald HologrammVersionen unserer selbst zum Date schicken? „Bis zur Alltags­ tauglichkeit brauchen wir noch ein paar Ideen“, bedauert Roel Vertegaal. Wenn aber alles gut geht, wird er sie nicht mehr lange in zweidimensionalen Videokon­ ferenzen austauschen müssen.

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QUEEN'S UNIVERSITY, GETTY IMAGES

Im eigenen Pkw durch die Stadt im Stau? Diese lästige Erfahrung werden wir in ein paar Jahren hinter uns gelassen haben. Stattdessen fliegen wir mit autonomen Drohnen ins Büro, zum Shoppen oder zum Kuchen bei Oma. An der Entwicklung dieser Drohnen ist auch das oberösterreichische Technologie-Unternehmen FACC beteiligt. „Autonome Drohnen ermöglichen nicht nur eine revolutionäre Art der Personen-Fortbewegung, sie erschließen auch völlig neue Einsatzmöglichkeiten im Bereich der Ambulanz- und Materialversorgung“, sagt Robert Machtlinger, CEO von FACC.


„WIR KAUFEN „WIR BRINGEN „WIR SMART EIN: HYGIENE ZU REPARIEREN PER DROHNE“ DEN ÄRMSTEN“ NERVEN“ LIU QIANGDONG JD.com Während Europa noch in der Experimentierphase ist, verschickt Chinas Internet-Shopping-Riese JD.com (Bild unten: CEO Liu Qiangdong) schon seit 2019 Einkäufe per Drohne – vor allem in entlegene ländliche Regionen. Die einge­ setz­ten Modelle können 260 Kilo­gramm Ladung stemmen und erreichen eine Spitzengeschwindigkeit von 130 km/h. Die Konkurrenz von DHL schafft nur 5 Kilogramm Zuladung, dafür hat sie in der 13-Millionen-Stadt Guangzhou den ersten innerstädtischen Lieferdienst eingerichtet. Dabei liefert sie Pakete fünfmal schneller aus als Lkws – ohne Stau und Luftverschmutzung – und spart zugleich Arbeitskräfte: Das Zuund Abladen erfolgt vollautomatisch, zum Abholen reicht die Gesichtserkennung am reservierten Postfach.

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AJEET OAK

Tiger Toilet Die genial einfache Er­ findung eines indischen Start-ups könnte die Hygienebedingungen in den ärmsten Gegenden der Welt deutlich verbes­ sern – und übertragbare Krankheiten eindämmen: ein Klo, das Fäkalien in Dünger verwandelt – und dabei weder Wasser noch Kanalsystem braucht. „In Indiens Slums gibt es vielerorts kein Fließ­ wasser, die Menschen ver­richten ihre Notdurft im Freien“, sagt Ajeet Oak, CEO von Tiger Toilet. „Unser System wirkt die­ ser Verschmutzung ent­ gegen: Das Klo ist überall leicht zu in­stallieren und kann sogar – mithilfe des sogenannten Kompost­ wurms – Exkremente in geruchlosen Dünger ver­ wandeln.“ Nun will Oak sein kosten­günstiges ­Produkt in die ganze Welt exportieren.

GRÉGOIRE COURTINE Wings for Life Sind Rollstühle in ein paar Jahren verzichtbar? Die Chancen stehen gut, dass zumindest Menschen mit Rückenmarksverletzungen (pro Jahr kommen weltweit 250.000 dazu) schon bald ohne sie auskommen werden. Denn die Grundlagenforschung hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht, nicht zuletzt aufgrund der Unterstützung der Stiftung Wings for Life. Für Aufsehen sorgte kürzlich der Fall des querschnittsgelähmten Turners David Mzee, der nach einer neuartigen Therapie wieder (mittels Rollator) gehen kann. „Wir fanden heraus, dass ein Großteil des Rückenmarks nach einer Verletzung intakt bleibt – und elektrisch stimuliert werden kann“, so der für die Therapie verantwortliche Wissen­ schaftler Grégoire Courtine. „Die Patienten können mithilfe von Elektrostimulation wieder gehen – und sogar Kontrolle über Blase, Darm und Sexualfunk­ tionen wiedererlangen.“ Der Fall Mzee macht den Wissenschaftler zu­versichtlich, dass „für Paraplegiker bald sogar die willkürliche Kon­trolle über ihre Muskeln möglich sein wird.“ 2024 soll es so weit sein.

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„WIR ZÄHMEN DROGEN“ J.  R .  R AHN

MindMed LSD, Ecstasy und Magic Mushrooms haben schon so manchem Partygänger die Sicherungen durchbrennen lassen. Die Experten des Schweizer NeuroPharma-Unternehmens MindMed gehen genau den umgekehrten Weg. Gemeinsam mit dem Liechti-Labor im Universitätsspital Basel erforschen sie mikro­ dosierte Psychedelika, um seelische Erkrankungen zu heilen und ADHS, Angstzustände oder die Begleiterscheinungen eines DrogenentzugProgramms zu lindern.

RENÉ JANNICK JØRGENSEN FarmDroid

Bisher galt: Bio-Landwirtschaft ist Knochenarbeit, konventionelle schlecht für die Umwelt. Das dürfte sich bald ändern. Der vom dänischen Unternehmen FarmDroid konzipierte ­Roboter FD20 erledigt das Säen und Unkrautjäten nämlich nicht nur vollauto­ matisch, sondern auch CO2-neutral, biologisch und chemiefrei. Sein Treib­ stoff ist derselbe, den auch die von ihm g ­ esäten Zuckerrüben, Zwiebeln und Rapspflanzen benöti­ gen: Solarenergie. Dank seinem geringen Gewicht bleibt auch die natürliche Bodenstruktur erhalten. Der Bauer muss nicht ­ein­mal die Arbeit über­ wachen: Der Robo erkennt die korrekte Position jedes Samens per GPS. Und das Beste: Der Roboter ist schon – serienmäßige – Realität: „Wir haben bereits mit der Verschiffung an Kunden in Österreich, Deutschland und Frankreich begonnen“, so CEO René Jannick Jørgensen.

BART WEETJENS Apopo

Im Alter von neun Jahren bekam der Belgier Bart Weetjens seinen ersten Hamster. Schon seit damals liebt er Nagetiere – ihre Intelligenz und ihre G ­ elehrigkeit. Als Erwachsener wollte er etwas Sinnvolles für die Welt tun. Und hörte von Landminen, die bis heute in 59 Ländern Menschen töten oder verstümmeln. Weetjens verband die Fäden – und trainiert mit seiner Organisation Apopo Riesenhamsterratten, Landminen aufzuspüren (die Ratte selbst ist leicht genug, um die Mine nicht auszulösen). Seine beeindruckende Bilanz bisher: Ganz Mosambik ist landminenfrei – es konnten 110.000 Minen entschärft und die L ­ ebensgefahr für eine Million Menschen gebannt werden. Und: Weetjens’ Mission geht derzeit in anderen Ländern unermüdlich weiter.

CYLEONG.BE, DAVID PAYR

„Wir stehen erst am An­fang mehrerer bedeutender Entdeckungen, die die Anwendung von Psychedelika als therapeutische Arznei­ mittel vorantreiben können“, sagt MindMedMitbegründer J. R. Rahn. Außer mit LSD experimentieren die Basler Forscher auch mit mikrodosiertem MDMA und Psilocybin. Mit Erfolg: Nach dem Start der weltweit ersten LSD-MDMA-Kombinationsstudie im Jänner avancierte die MindMedAktie zum InvestmentTrend – ein Beleg für das große Potenzial und die baldige Realisierung der Anwendung.

„WIR ACKERN „WIR KLIMAENTSCHÄRFEN NEUTRAL“ ALLE LANDMINEN“

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INNOVATOR


„WIR STOPPEN DAS ALTERN“ SHAI EFRATI

Shamir Medical Center Im vergangenen November konnte sich der israelische Wissenschaftler Shai Efrati auf Twitter kaum halten: „Zum ersten Mal ist es uns gelungen, den Alterungsprozess menschlicher Zellen nicht nur zu stoppen, sondern sogar umzukehren“, schrieb er.

„WIR FINDEN SINN IM JOB“ MARIE RINGLER Ashoka Social Entrepreneurship ist der Start-up-Trend der Stunde. Immer mehr Gründer machen sich mit Ideen selbständig, die die Welt ein Stück besser machen – und jeden ihrer Arbeitstage ein bisschen sinnvoller. „Allein unsere 4000 Mitglieder in unserem Netzwerk haben einen posi­ tiven Impact auf 850 Millionen Menschen“, sagt Marie Ringler. Sie ist die Europa-Chefin von Ashoka, dem größten globalen Netzwerk zur Förderung von sozialem Unternehmertum. Tag für Tag landen Ideen auf ihrem Schreibtisch, die unsere Gesellschaft friedlicher, glücklicher oder gesünder machen könnten. Die besten erhalten Stipendien, Know-how und Kontakte – und werden nicht selten zu internationalen Erfolgen. Doch was sind gute Ideen? „Unsere Social

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Entrepreneurs lindern keine Symptome, sie lösen Probleme. Sie ermächtigen Menschen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.“ Zum Beispiel durch die supereinfach gestaltete Doit-yourself-Medizinbox, mit der chronisch kranke Slumbewohner selbst ihre Blutwerte testen können („Pelebox“). Das Programm, das Frauen in Indonesien und Uganda zu DeradikalisierungsExpertinnen ausbildet („Mother School“). Oder die Initiative „Discovering Hands“, die aus Behinderung Begabung macht: Sie trainiert blinde und sehbehinderte Frauen zu medizinischen Tastuntersucherinnen für die Brustkrebsvorsorge in Spitälern und gynäkologischen Praxen.

Die Entdeckung des Shamir Medical Center könnte uns künftig nicht nur Falten, Hüftleiden und Demenz ersparen, sondern vielleicht sogar unsterblich machen. Denn die hyperbare Oxygenierung (Sauerstoffbehandlung) der israelischen Wissenschaftler stoppt den Prozess, der für das Altern verantwortlich gemacht wird: die Verkürzung der sogenannten Telomere an den Enden unserer DNAStränge (mit jeder Zellteilung werden Telomere kürzer). „Telomere schützen das Erbgut. Mit dem Alter verkümmern sie oder verschwinden – und die Zelle kann ihre Aufgaben nicht erfüllen und geht zugrunde“, so Efrati. Sein sensationelles Studienergebnis: In einer dreimonatigen Testreihe wurden die Telo­ mere der Probanden nicht nur am Verkümmern gehindert, sondern sie wuchsen sogar … Vielleicht werden wir schon bald in Vorstellungsgesprächen gefragt: „Wo sehen Sie sich selbst in 150 Jahren?“

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DIE W E LT Sie treibt das Prinzip Fair Fashion auf die Spitze, schrieb einen Bestseller übers Weltretten und inspiriert als

DariaDaria auf Instagram Hunderttausende, besser zum Planeten und zu sich selbst zu sein. Hier erklärt Madeleine Alizadeh, 31, warum Ehrlichkeit das beste Werkzeug für Veränderung ist und wie jeder seinen ersten Schritt findet.


BRAUCHT MEHR EHRLICHKEIT TE XT: Waltraud Hable

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FOTOS: Hilde Van Mas

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s kommt der Zeitpunkt, da kannst du deine innere Stimme nicht länger ignorieren. 2013 ist für Madeleine Alizadeh so ein Punkt. Und das ging so: Ihr privater Blog DariaDaria läuft gut. Mode­firmen zahlen dafür, dass sie deren Produkte bewirbt. Dann stürzt in Bangladesch die Textil­fabrik Rana Plaza ein. Mehr als tausend Menschen sterben. Fast zeitgleich sieht Made­leine die Doku „Gift auf unserer Haut“ über M ­ issstände in der Lederindustrie. Die Wienerin beschließt: Schluss mit Billigmode und Lifestyle-Blabla. Ab sofort will sie sich für Themen einsetzen, die ihren Moral- und Ethikvorstellungen besser entsprechen. Madeleine Alizadeh – Ex-Politikwissen­ schaft-Studentin und Tochter eines iranischen Menschenrechtsaktivisten – beginnt, über nachhaltige Mode, Umweltschutz und Flüchtlings­hilfe zu schreiben. „Anfangs dachte ich: Wahrscheinlich muss ich mir damit einen neuen Job suchen.“ Doch mit Offenheit und Verletzlichkeit wird Alizadeh zu einer starken Stimme, die sogar vor dem Europäischen Parlament reden darf. Ihr 2019 erschienenes Buch „Starkes weiches Herz“ – ein Plädoyer, sich mit Mut und Liebe für Themen wie Nachhaltigkeit und Gleichberechtigung einzusetzen – landet in Deutschland auf Platz 3 der „Spiegel“-Bestsellerliste. Ihr Podcast „a mindful mess“ verbindet Persönlichkeitsentwicklung mit Meditation. Und sie gründet ihr eigenes ÖkoModelabel dariadéh. Was man aus diesem kurzen Lebenslauf lernen kann? Erstens: Große Veränderungen sind machbar, wenn man sie wirklich will. Zweitens: Madeleine Alizadeh erreicht viele Menschen, weil sie vorlebt, dass man auch als Aktivistin keine Heilige sein muss. Es geht beides: Engagement und Fehler. Konsumkritisch und konsumfreudig sein. Wütend und optimistisch. inno­vator: Du bist Vorbild von Beruf. ­Trotzdem ist dein ökologischer Fußabdruck alles andere als vorbildlich, sagst du. madeleine alizadeh: Er ist genau genommen eine Katastrophe. (Lacht.) Warum? Kein Ökostrom, kein Fahrrad statt dem Auto?

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Doch, ich beziehe Ökostrom, und ich ernähre mich zu 95 Prozent vegan. Aber man weiß ja: Je höher der Lebensstandard, desto gravierender der CO2-Fußabdruck – und als jemand, der in einem der reicheren Länder lebt und zu den Besser­ verdienenden gehört, ist mein CO2Fußabdruck auch exponenziell größer. Konkret: Ich lebe in einer großen Wohnung. Ich besitze ein iPhone. Ich habe für mein Unternehmen ein Elektroauto angeschafft, mache Langstreckenflüge zu Freunden oder zu meiner Familie in den USA. Das mag viele irritieren. Aber nur weil ich aktivistisch tätig bin, heißt das nicht, dass ich keine Fehler mache oder in einer Höhle leben muss. Diese Erwartungshaltung finde ich auch falsch, denn sie lenkt vom eigentlichen Diskurs ab. Was ist der eigentliche Diskurs? Wir dürfen Nachhaltigkeit nicht nur auf die KonsumentInnen abwälzen. Mit dem Verzicht auf Plastikstroh­ halme und mit dem Kauf von BioBaumwolle allein wird sich die Welt nicht retten lassen. Denn für die größten Treibhausgas-Emissionen sind nicht wir, sondern die Industrie verantwortlich. Laut einer Studie ver­ ursachen 100 Unternehmen 71 Prozent der weltweiten Emissionen. Was schlägst du vor? Dass wir die Politik und die großen Konzerne in die Pflicht nehmen. Denn ich kann noch so viele Flugreisen aus meinem Alltag streichen – aber wenn jenen, die 70 Prozent der Emissionen verursachen, weiterhin das Geld in den Hintern geschoben wird und Gesetze im Interesse entsprechender Lobbys verabschiedet werden, ändert sich leider wenig.

„Oft liegt es tatsächlich an der jüngeren Generation, mit neuen Ideen daherzukommen und ein System aufzubrechen.“ INNOVATOR


Blick für andere: Alizadeh wirbt auch für ein herzlicheres Kli­ ma im täglichen Miteinander.

S O W E I T, SO GUT 2010 DER START

Alizadeh gründet ihren eigenen Modeblog dariadaria.com

2013 DER WECHSEL

Von nun an konzentriert sie sich auf das Thema Nachhaltigkeit.

2015 DER APPELL

In der Flüchtlingskrise engagiert sich Alizadeh öffentlich für Geflohene.

2017 DIE ERGÄNZUNG

Podcast „a mindful mess“, Fashion-Label dariadéh.

2019 DAS BUCH

Ihr Erstling „Starkes weiches Herz“ erscheint.

2019 DIE WAHL

Alizadeh unter­stützt Die Grünen bei der österreichischen Nationalratswahl.

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Wer sich engagieren will, kann also nicht ­unpolitisch bleiben? Absolut. Am Ende des Tages kommt es halt auch darauf an, die richtigen Parteien zu wählen.

DAT E N ­ A B F R AG E Über 310.000 Menschen folgen Alizadehs Account DariaDaria auf Instagram, auf Facebook sind es rund 60.000. 36 verschiedene nachhaltige Fashion-Produkte bietet Alizadeh in ihrem Shop dariadeh.com 10–15 Prozent beträgt Alizadehs Gewinnmarge, die sie langsam steigern will. 50 Cent spendet Alizadeh bei jeder Bestellung an karitative Organisationen. Platz 3 erreichte ihr Buch „Starkes weiches Herz“ in der ­Bestsellerliste.

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Trotzdem, lass uns einen Schritt zurückgehen: Was kann ich im Kleinen für den Planeten tun? Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Aktivismus ist immer auch eine Frage persönlicher Ressourcen – das muss ich vorausschicken. Eine alleinerziehende Mutter mit drei Kindern kann man nicht dafür verurteilen, dass sie ihre Baby-Bodys bei H & M kauft und nicht beim ökofairen Label. Ich finde, jeder soll machen, was er im Rahmen seiner Möglichkeiten machen kann – und will. Aber, um eine Antwort zu geben: Einen Impact auf unser Klima haben etwa Lebensmittel und Landwirtschaft. Ich kann mich etwa fragen: Will ich wirklich dreimal pro Woche Fleisch essen? Oder bloß einmal im Monat? Oder gleich vegetarisch essen? Vegetarier leben nicht automatisch nachhaltiger – mancher Schweizer Käse hat eine schlechtere Ökobilanz als eine Avocado. Es geht um das ­Bewusstsein, woher die Nahrung kommt und wie sie hergestellt wird. Was kann ich in Sachen Kleidung machen? Für mich fasst es ein Zitat von Designerin Vivi­ enne Westwood gut zusammen: „Buy less. Choose well. Make it last.“ Konsumiere weniger. Hinterfrage: Wie viel Kleidung brauche ich wirklich? Welche Farben lassen sich vielfältig kombinieren? 80 Prozent des Inhalts unseres Kleiderschranks hängen meist ungetragen herum. Und wenn ich mir etwas zulege, sollte ich die Sachen möglichst lange tragen können, sie richtig pflegen und gegebenenfalls reparieren. So kann auch Fast Fashion etwas „nachhaltiger“ werden. Auf Social Media beschränken viele ihr ­Engagement auf Hashtags. #greenplanet, #changetheworld. Entmutigt das? Nein. Natürlich ist dieser Pseudoaktivismus manchmal irritierend. Bei Black Lives Matter ­haben alle schwarze Kacheln auf Instagram gepostet und kundgetan, sie unterstützen Black Business. Ein, zwei Wochen später war nichts mehr davon zu hören. Aber das hat es schon immer gegeben. Es gibt Leute, die ketten sich tagelang an Bäume, andere tragen nur einen ­Anstecker mit „Rettet die Natur“. Warum kommen die einen in die Gänge, die anderen nicht? Wenn jemand sich nicht engagiert, heißt das nicht, dass er oder sie zwangsweise faul ist. Vielleicht stecken Ängste dahinter, Unwissenheit, ein Mangel an Zeit und Ressourcen. Das muss man evaluieren. Und es müssen auch nicht alle gleich stark aktiv werden. Wichtig finde ich letztlich nur, dass es Menschen gibt – vor allem in Machtpositionen –, die die Dinge ausbalancieren und

für sozial-ökologische Gerechtigkeit sorgen. Du hast 2010 als Modebloggerin begonnen und bist nach drei Jahren zum Thema Nachhaltigkeit um­ geschwenkt. Wie viele haben dich für diesen Schritt belächelt? Interessanterweise habe ich bis heute oft noch den Stempel des Modepüppchens – obwohl ich seit sieben Jahren als Unternehmerin, Aktivistin und Autorin tätig bin. Ich schätze, man denkt: „Ah, die ist auf Instagram, die sieht so und so aus“ – und schon hat man ein Bild im Kopf, was jemand macht oder nicht macht. Wie hast du anfangs den Mut ge­ funden, öffentlich Themen anzu­ sprechen, für die es immer kompe­ tentere ExpertInnen geben wird? Es ist ein Prozess. Man muss sich natürlich einlesen und sich an die Fakten halten, um keine gefährlichen Falschinformationen zu verbreiten. Einen Doktortitel braucht es aber nicht, um am Diskurs teilnehmen zu dürfen. Wer nicht gleich als RednerIn auf die Bühne treten will, kann ja auch erst mal im Hintergrund einer Bewegung helfen. Für mich persönlich war sicherlich wichtig, ein Selbstverständnis dafür zu entwickeln, dass ich mir Raum in der Gesellschaft nehmen darf. Gerade als Frau wird man ja eher dazu sozialisiert, sich kleinzuhalten und nicht zu laut zu sein. Du schreibst in deinem Buch, dass es helfen würde, weniger elitär mit dem Mikrofon umzugehen. Was meinst du damit? Wir sprechen gerne jenen Menschen Expertenstatus zu, die ein gewisses Alter, Erfahrung, Titel oder Verbindungen haben. Aber diese Menschen haben nicht unbedingt das Richtige zu sagen. Oft liegt es tatsächlich an der jüngeren Generation, mit neuen Ideen daherzukommen und ein System aufzubrechen. Fridays for Future und die Klimaschutzbewegung sind ein schönes Beispiel dafür. Oder der TED-Talk mit einer 17-jährigen Schülerin, den ich auch im Buch zitiere. Sie sagt zu Beginn: „Ihr erwartet jetzt sicher, dass ich einen Jugendnobelpreis gewonnen habe, weil ich auf der Bühne stehen darf.“ Aber ihr Vortrag thematisiert bloß, dass wir jungen Menschen zuhören sollen, auch wenn sie vielleicht noch nichts „vollbracht“ haben.   67


Auf Instagram hast du über 300.000 Follower. Wie wichtig sind die sozialen Medien fürs Weltretten? Ich würde da unterscheiden: Reden wir von einem Individuum oder von einer Bewegung? Als Einzelperson muss ich nicht unbedingt auf Instagram oder Twitter sein, obwohl es natürlich hilft, sein Anliegen bekannter zu machen. Es gibt Leute, die auch ohne soziale Medien viel bewirkt haben. Für Organisationen hingegen sind soziale Medien sicher wichtig – allein schon, um Veranstaltungen zu posten. Es braucht aber keinen perfekt betreuten Account – wichtiger ist eine gute Strategie, damit sich das Wort verbreitet und die Leute auf die Straße gehen.

Fehler sind erlaubt: Wer sich für mehr Nachhaltigkeit engagiert, muss deswegen kein ökologisch makelloses Leben führen, findet Alizadeh.

Weltretten braucht darüber hinaus viel Optimismus. Wie bewahrt man sich diesen? Ich glaube, indem man sich einer Sache verschreibt, aber sich nicht in ihr verliert oder sich selbst dafür aufgibt. Ich musste mich etwa besser abgrenzen lernen und mehr auf meine mentale Gesundheit achten. Das bedeutet, dass ich bewusst Dinge in meinen Alltag integriere, die ich liebe und die mich glücklich machen. „Liebe … oder lass es“ – dein Lebensmotto. Richtig. Mit dem Hund kuscheln. Freunde umarmen. Das herrliche Weißbrot essen, auch wenn das trockene Vollkornbrot wahrscheinlich ein bisschen gesünder wäre. Liebe ist für mich in vielen Kleinigkeiten des Lebens zu finden. Diese Kleinigkeiten ergeben eine Art Schutzmantel, sie geben mir Kraft. Pragmatisch-rational an die Dinge heranzugehen hilft aber auch. Luisa Neubauer, die deutsche Klimaschutzaktivistin, hat dazu mal gesagt, sie sei „Possibilistin“. Was ist denn das? Das heißt, sie ist weder Optimistin noch Pessimistin, aber sie glaubt an die „possibilities“, also an Möglichkeiten. Das fand ich sehr schön. Mit all diesen Möglichkeiten: Ist die Zukunft vielleicht besser als ihr Ruf? Ich denke: ja. Wir haben Lösungsansätze für ­viele Probleme. Jetzt gilt es nur noch, diese auch anzuwenden. Öko-Mode, Klimaschutz, Tierrechte, Flüchtlingshilfe. Was ist der gemeinsame Nenner bei all deinen Projekten? Gerechtigkeit! Ich hatte schon als Kind einen stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Und ich schätze, in Summe geht es mir auch um ein wärmeres Klima in der Gesellschaft. Das beginnt schon mit kleinen Dingen. Mit Zivilcourage. Oder dass man der Frau mit dem Kinderwagen hilft. Jemanden, der verloren aussieht, fragt, ob sie oder er Hilfe braucht. Sich ehrenamtlich engagiert. Du hast mal in einem Vortrag gesagt: Wenn man übers Weltretten sprechen will, muss 68

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man auch über die großen Gefühle sprechen. Du meintest damit aber nicht etwa Mitgefühl, sondern Wut. Ich finde es wichtig, der Wut Raum zu geben, weil sie wie jedes Gefühl Raum braucht. Gerade Frauen laufen Gefahr, die zurückgehaltene Aggression gegen sich selbst zu richten – weil Wut eine Emotion ist, die ihnen oft nicht erlaubt wurde. Wut zeigt einem, wo etwas Ungerechtes passiert. Was macht dich wütend? Sehr vieles. Dass unsere Welt alles und jeden stereotypisieren will. Massentierhaltung. Die Zerstörung der Wälder. Oder wenn ich dafür angegangen werde, dass ich für meine Wohnung ein gebrauchtes Ikea-Regal kaufe, weil ich damit angeblich die Massenmöbel-Produktion unterstütze. Das macht mich wütend, denn es ist Kritik an der falschen Stelle. Zu­ allererst sollte man die angehen, die es den Unternehmen leicht machen, schnell und billig zu produzieren. Laut Studien erleben Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, mehr Gegenwind als Leute, die nichts tun. Kannst du das bestätigen? Ja. Als ich noch über Fast Fashion geschrieben habe, gab’s keine bösen Kommentare. Aber ich sage mal so: Wenn man sich von der Idee verabschiedet, dass alle immer nett zueinander sein werden, ist das recht befreiend. Trotzdem nehme ich manchmal Supervision und Coaching in Anspruch, um zu lernen, mich noch besser abgrenzen zu können. Neben Liebe und Wut ist ein weiteres Schlüsselthema für dich ­Ehrlichkeit. Warum? Ich glaube, wenn wir alle ehrlicher wären, hätten wir viele Probleme nicht: Korruption, Ressourcen­ verschwendung, Misstrauen in der Politik. Würden die Menschen zum Beispiel zugeben, „Hey, ich hab total Angst. Diese Sache mit dem Klima ist so komplex – ich verstehe nicht, was da passiert“, wäre es leichter, in einen Dialog zu treten, als wenn sich jemand im stillen Kämmerchen fürchtet und sich eine Verschwörungserzählung als Ventil sucht. Dann wird es schwierig, zu kommunizieren. Du hast in kurzer Zeit viel bewegt. Warum schaffen das deiner Meinung nach nicht auch Konzerne? Ich glaube, bei vielen hapert es daran, INNOVATOR

„Ich will zeigen: Ja, man kann ethisch und ökologisch ver­ antwortungsbewusst ein Unternehmen ­aufziehen.“

dass sie sich keine Hilfe holen. Sie meinen, sie hätten das Know-how innerhalb ihres Unternehmens und müssten alles selbst lösen. Und so passiert es, dass man den immer gleichen CEOs zuhört. Meine Frage ist: Wieso holt ihr euch nicht Nachhaltigskeits-ExpertInnen und beratende NGOs ins Boot? Neuer Input ist wichtig – denn darauf beruht ja Innovation. Bei dariadéh, meinem Mode­label, arbeite ich etwa mit einer Agentur für nachhaltige Textilentwicklung zusammen, um nach neuen Rohstoffen zu suchen. Wie tief tauchst du in die Materie ein? Bist du bei dariadéh in jeden Knopf involviert? Ja, bis ins kleinste Detail. Es ist irre aufwendig, ein ökofaires Kleidungsstück herzustellen. Was mir hilft: Durch meine Blog-Erfahrung habe ich gelernt, vieles aus dem Blickwinkel der Kundin zu sehen. Mit diesem Wissen kann ich ganz ­andere Produkte entwickeln. Was heißt „andere“? Wir arbeiten viel mit Materialien, die wenig im konventionellen Bereich eingesetzt werden. Lyocell zum Beispiel, eine aus Zellulose be­ stehende Faser. Oder wir verwenden ein Garn, das schadstofffrei in der Natur zerfallen kann. Oder: Steinnüsse werden zu Knöpfen geschliffen. Das erfordert natürlich mehr Testläufe, in denen geprüft wird, wie das Gewebe aufs Waschen reagiert, aufs ­Färben, auf Reibung. Das Streben nach Perfektionismus muss man da ablegen. Es wird Reklamationen geben, aber am Ende bringt mich das weiter. Wie viel Idealismus braucht es, um ein ­nachhaltiges Business aufzuziehen? Sehr viel – zumal es bis jetzt noch keine steuer­ lichen Anreize gibt. Dabei sollte es meiner ­Mei­nung nach genau umgekehrt sein: Jemand, der schlecht produziert und unfaire Arbeits­ bedingungen schafft, sollte mehr Steuern zahlen müssen als jemand, der nachhaltig produziert. Trotzdem habe ich die Vision, dariadéh zu einem Konkurrenten für Fast Fashion und vor allem skalierbar zu machen. Ich will zeigen: Ja, man kann ethisch und ökologisch verantwortungsbewusst ein Unternehmen aufziehen.   69


INN OVATOR WIS SEN

9 REGELN, DIE DU IGNORIEREN SOLLTEST … … UND DREI REGELN, AUF DIE ES WIRKLICH ANKOMMT: START-UP-MYTHEN IM REALITY-CHECK VON NETFLIX-STAR SOPHIA AMORUSO.

„Als Start-up musst du deinen Job kündigen“, „Du musst getrieben sein“, „Hör nur auf den Bauch, nicht auf den Kopf“. – „Alles Unsinn“, sagt Sophia Amoruso, Gründerin des Mode­labels „Vintage Gal“, deren außergewöhnliche ­Erfolgsstory sogar als Netflix-Serie verfilmt wurde. Hier verrät uns SOPHIA AMORUSO, 36 Gründerin, Coach, Unternehmensberaterin

die US-Top-Entre­preneurin die größten Start-up-Irrtümer – und welche Regeln wirklich wichtig sind.

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Aufgezeichnet von Arek Piatek

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MYTHOS

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Du musst für deine Idee brennen – und sie stur umsetzen.

Jage Investoren und erzähle von deiner Idee.

Unsinn. Für deine Idee solltest du nicht brennen. Damit behinderst du dich selbst und hörst auto­ matisch auf keine gut gemeinten Vorschläge mehr – von Experten, die sich auskennen. Und die dir sehr wohl sagen könnten, dass deine Idee die eine oder andere Kursänderung braucht, um in der realen Welt wirklich zu funktio­ nieren. Also: Zuzuhören und dei­ ne Idee zu hinterfragen ist smar­ ter, als stur mit dem Kopf durch die Wand zu gehen. Deshalb: Sei leidenschaftlich und brenne für das, was du tust, aber brenne nie­ mals für eine fixe Idee!

Nein. Ein Investor – selbst wenn er dir Gehör schenkt – wird sich von einer bloßen Idee kaum be­ eindrucken lassen. Das ist nun mal so. Würdest du an seiner Stelle wahrscheinlich auch nicht. Was einen Investor hingegen be­ eindruckt? Deine Erfolge! Also: Zu einem Investor zu gehen zahlt sich aus – doch nur, wenn du als Business(wo)man etwas Hand­ festes vorzuweisen hast. Dann hört er zu und wird auch was von deiner Idee erfahren wollen.

Erzähle niemandem von deiner Idee – sonst stiehlt man sie dir.

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Nur neue Ideen führen zum Erfolg. Auch das ist Unsinn! Ich bin das beste Beispiel dafür. Als ich anfing, Klamotten auf eBay zu verkaufen, war die Konkurrenz nicht nur längst da, sie war auch riesengroß. Der Trick bei der Sache ist nur: Du musst dich von den anderen abheben, dich mar­ kant unterscheiden. Das geht auf viele Arten: mit dem Produkt, das du verkaufst, wie du es verkaufst – oder mit dem Image, das du verkörperst. Als ich mein damals neues Modelabel „Nasty Gal“ (böses Mädchen, Anm.) nannte, war das sicher kein Fehler – weil der Name provoziert. Und Aufmerk­ samkeit erregt. Und das ist die halbe Miete im Business: Kunden auf dich aufmerksam zu machen.

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„HALTE DEINE IDEE NICHT GEHEIM. POSAUNE SIE RUHIG IN DIE WELT HINAUS. DAS FEEDBACK ANDERER IST IMMENS WICHTIG.“

Das ist eine wirklich unbegrün­ dete Angst. Es mag jetzt ernüch­ ternd sein, aber erstens: Deine in deinen Augen so tolle Idee ist vermutlich nicht so toll, wie du glaubst. Allein aus dem Grund wäre es wichtig, mit anderen darüber zu reden – um schon im Vorfeld gewarnt zu werden oder deine Idee neu zu definieren. Und zweitens, selbst wenn es so wäre: Niemand klaut so schnell deine Idee, patentiert sie – und wird zum Millionär. Ich selbst habe immer – und mache es heu­ te noch – Ratschläge und Tipps von anderen eingeholt. Immer. Das ist wertvoll und bringt dich viel weiter, als allein an deinem eigenen Projekt zu brüten. Denn du siehst nicht, was andere Leute sehen – und du weißt nicht, was andere wissen. Also: Posaune dein Vorhaben ruhig in die Welt hinaus und warte, was zurück­ kommt. Das Feedback von an­ deren – auch von Fremden – ist immens wichtig.

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MYTHOS

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Bauchgefühl ist im Business wichtiger als Logik.

Wenn du ein Unter­ nehmen gründen willst, kündige deinen Job.

Ungeduld ist ein guter Antrieb für Gründer

Nein! Denn: Beides ist gleich wichtig. Der Punkt ist nur: Bauchgefühl ist immens wichtig am Beginn deiner Karriere. Quasi vor deinem richtigen Start. Es ist ein guter Ratgeber für das, was du wirklich machen willst – und wofür dein Herz schlägt. Doch später, wenn Ausgaben, Ein­ nahmen und Verluste ins Spiel kommen, zählen nur mehr Zah­ len und Hard Facts – und der blanke Hausverstand. Wenn dann deine Logik sagt: Finger weg von diesem Business-Model – dann halt dich daran und lass es. Egal, was dein Bauchgefühl sagt.

Nein! Das ist nicht smart. Das sollten nur Leute, die entweder Kohle ohne Ende haben – oder erst zwanzig sind und noch nichts zu verlieren haben. Allen anderen rate ich: zweigleisig fahren. Ich weiß aus Erfahrung: Viele erfolgreiche Gründer begannen ihre zweite Karriere mit einem „Side Hustle“, also einem Neben­geschäft zu ihrer Arbeit. Das hat jede Menge Vor­ teile und hält das Risiko, auf die Schnauze zu fallen, gering. Konkret: Man kann sich langsam und ohne Druck an ein Business herantasten. Mein Tipp daher: Kündige nicht deinen Job, aber reserviere regelmäßig Zeit für deinen Side Hustle. Sei bereit, privat Überstunden zu machen, aber gehe Dinge langsam an. Recherchiere, probiere aus, arbeite … ganz ohne Druck. Denn wer unter Druck ist, macht Fehler. Und überhaupt: Man muss ja nicht gleich über Nacht die Welt erobern, oder?

Wenn mit Ungeduld ein hoher Adrenalinpegel gemeint ist, dann yes! Ich selbst war in meiner Kar­ riere ungeduldig und getrieben. Das ist positiv und pusht dich. Aber nur solange du selber damit klarkommst. Deshalb Vorsicht: Wenn du deine Ungeduld auf deine Partner überträgst, kann das rasch in die Hose gehen. Denn nicht jeder arbeitet auf die gleiche Art … und manche Men­ schen könnten durch deine Un­ geduld rasch gehemmt werden.

„WAS ALS BOSS WIRK­ LICH ZÄHLT, IST, DIE STÄR­ KEN DEINER LEUTE ZU FÖRDERN.“

BUSINESS-GIRL-POWER Sophia Amoruso ist eine Entrepreneurin aus San Diego, USA. In ihrem Buch „#Girlboss“ schildert sie ihre außergewöhnliche Erfolgsstory, wie sie ihren Vintage-Mode-Versand („Nasty Gal“) zu einem Millionen-Unternehmen machte. „#Girlboss“ wurde inzwischen auch als Serie verfilmt – und ist unter diesem Titel auf Netflix zu sehen. 2020 war Sophia Keynote Speaker am Global Workshop von Red Bull Basement. sophiaamoruso.com

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BUCHTIPPS Pflichtlektüre für angehende Gründer

„Das 4-Stunden-­ Startup“ Wie setze ich meine Idee professionell um? Smarte Tipps für Berufstätige, die „nebenher“ gründen wollen.

„Werde, was du kannst“

„GRIT“

Das Buch ermutigt, vor allem die eigenen Fähigkeiten zu nutzen, um Ideen unternehmerisch erfolgreich umzusetzen – mit 21 wahren Success-­Storys als Inspiration.

Nicht IQ und Talent, sondern Leidenschaft und Ausdauer entscheiden über Erfolg, sagt Psychologin Angela Duckworth. Und belegt dies mit Beispielen aus der realen (Business-)Welt.

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Die Basis von gutem Teamwork ist: Einigkeit.

Als Boss hast du immer das letzte Wort im Team.

Nein. Wenn im Team ständig ­Einigkeit herrscht, dann stimmt was nicht! Einigkeit ist Stillstand. Ein guter Output basiert immer auf Meinungsvielfalt, heftigen Diskussionen, gern auch Streite­ reien in der Gruppe. Letzten ­Endes fördert das die Qualität dessen, was du tust. Und das ist verdammt wichtig: dass am Ende ein gesunder Kompromiss her­ ausschaut. Ich sage immer: ­Wirklich gute Qualität ist ohne Konflikte nicht möglich.

Wenn du deine Leute unter­ drücken, schlechte Stimmung in der Gruppe machen oder die Stärken der Teammitglieder ­beschneiden willst, dann ja. Im Ernst: Es ist in der heutigen Zeit nicht mehr smart, ein Team wie ein Diktator anzuführen. Was wirklich zählt, ist, die Stärken deiner Leute maximal zu fördern, sie einzubinden, wo es nur geht – und auch entscheiden zu las­ sen, wenn du der Meinung bist, sie wissen es besser. Denn sie ­wissen es manchmal besser. Sich dies einzugestehen ist als Boss eine Stärke. Und bringt allen nur Vorteile.

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„SCHEITERN IST WICHTIG, DENN MAN LERNT NUR AUS DEM SCHEITERN. AUS ­E RFOLGEN LERNST DU GAR NICHTS.“

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WAS ZÄHLT:

3 REGELN ZUM ERFOLG 1. Scheitern ist normal. Nur musst du jedes Mal ­besser scheitern. 100 Prozent Zustimmung! Die Menschen denken oft, dass Scheitern etwas ist, was nur ihnen zustößt. Dabei ist es wichtig, sich aufs Scheitern einzulassen und dafür bereit zu sein. Es ist für ­viele eine neue Art, die Welt zu sehen, aber es ist wirklich so, und das ist kein Klischee: Nichts bringt dich weiter als Niederlagen und die Learnings daraus! Denn aus Erfolgen lernst du gar nichts.

2. Netzwerke, wo du nur kannst! Ja, ja, ja! Und nochmals ja. Und noch etwas: Netzwerken bedeutet überall netzwerken. Nicht nur bei Start-up-Events, Festivals und dergleichen. Sondern im Fitnesscenter, beim Einkaufen oder auf der Straße … überall. Ich hatte an den ungewöhnlichsten Orten die wichtigsten Begegnungen meiner Karriere. Ein Gespräch, ein Tipp, ein Handshake, eine Telefonnummer … Du weißt nie, wo du eine Bekanntschaft machst, die sich später als Sprungbrett herausstellen wird.

3. Prüfe deine Business-­Idee im Vorfeld gründlich! Stimmt 100-prozentig! Das ist die Regel Nummer eins. Nichts ist wichtiger als eine profunde Vorab-Recherche deines angedachten BusinessModels. Stöbere also zunächst gründlich im Netz. Ist deine Idee völlig neu oder gibt es schon Leute, die das machen? Wenn ja, wie machen sie es? Tauche ein in ihre Welt. Stelle dir vor, du bist ihr Kunde. Was gefällt dir an ihrem Angebot? Was gefällt dir nicht? Was fehlt deiner Meinung nach? Wenn du die Chance hättest, das Unternehmen zu führen, was würdest du anders machen? Solche Gedanken sind wichtiger, als du glaubst. Denn sie schärfen mit der Zeit deinen Blick auf das, was wichtig ist: dein eigenes Business-Model.

SERIENTIPPS Von genialen Geistern und Business-Rebellen – hier sind 3 Netflix-Serien mit hohem Inspirationsfaktor

„Inside Bill’s Brain – Decoding Bill Gates“

„Girlboss“ Angelehnt an die Sophia-AmorusoErfolgsstory. Die Serie begleitet eine junge Rebellin bei der Gründung ihres Online-Geschäfts. Extrem kurzweilig!

NETFLIX

Ein Einblick in die Psyche des ­ icrosoft-Gründers. Von Davis GugM genheim („An Inconvenient Truth“).

„The Mind, Explained“ Wie tickt unsere Psyche? Wie können wir mithilfe unseres Verstandes besser leben – und besser performen? Diese Doku liefert Antworten.

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NEU


WIR MACHEN ES BESSER S E C H S G R Ü N D E R-I D E E N

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EPICLAY

Die bepflanzten Module be­nötigen keine Erde (nur Ton) und können an fast jeder beliebigen Wand angebracht werden.

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EPICL AY GE SUNDE S WACHS T UM Der Sommer in der Stadt wird zum immer heißeren Thema – für Bewohner wie Städteplaner. Die Bepflanzung von Außenfassaden ist eine der schönsten Methoden, dem Klimawandel zu trotzen. Vertikale Gärten sehen nicht nur gut aus, sie haben auch messbare Auswirkungen aufs Mikroklima. Begrünte Wände helfen, Energie zu sparen, und tragen im Sommer dazu bei, kühlen Kopf zu bewahren. Auch die unmittelbare Umgebung profitiert von der natürlichen Klimaanlage. Vertikale Bepflanzung ist eine technische Herausforderung auf vielerlei Ebenen. Das modulartige System von Epiclay liefert dazu erstaunlich einfache Lösungen. Ton bildet das Basismaterial für die Module. Die darauf wachsenden, speziell ausgesuchten Pflanzen kommen gänzlich ohne Erde aus. Das minimiert das Verseuchungsrisiko – und erleichtert die Sache allein schon wegen des geringen

Christoph Hornik ist CEO eines Teams, das über den gesamten Kontinent verstreut ist.

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DA MNPL AS TIC PA RT Y OHNE KUNS T S TOFF Dank des pflegeleichten Systems lässt sich der Traum vom vertikalen Garten auch im Privat­ bereich verwirklichen.

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Ein nachhaltiger Lebensstil soll mit ausgelassener Partylaune nicht vereinbar sein? Da zeigt Victoria Neuhofer, Gründerin von DamnPlastic, im Promo­ video schon einmal provokant den Mittelfinger in die Kamera. Natürlich geht das! Die 31-jährige Salzburgerin ist überzeugt davon, dass man den Planeten auch ohne großen Verzicht retten kann – man muss eben Alternativen bieten.

Ende 2019 eröffnete Neuhofer mit ihrer besten Freundin Stephanie Sinko in Salzburg einen ersten Shop mit plastikfreien Produkten aller Art. Eine Filiale in Linz folgte, weitere sind in Planung. Demnächst soll ein Shop in Wien eröffnet werden. Das umtriebige Duo hat in kürzester Zeit erstaunlich viel auf die Beine gestellt: neben den Stores mit international ausgerichtetem Franchisesystem auch einen erfrischenden Onlineshop. Dazu Consulting in Sachen nachhaltiger Gastronomie oder die Organisation von Festivals ohne Plastik. „Leider hat uns hier Mr. Corona, sorry, ganz schön ans Bein gepisst. Aber wir lassen uns nicht unterkriegen“, sprüht Neuhofer voller Tatendrang. damnplastic.com INNOVATOR

DAMN PLASTIC, EPICLAY, REACTIVE REALITY

Gewichts. Die Module lassen sich sehr einfach auch auf bestehenden Außen- und Innenwänden anbringen. Bei herkömmlichen Fassadenbegrünungssystemen ist der Wartungsaufwand ein vielfach unterschätztes Thema. Die Pflege ist teuer und mühsam. In der Folge wird die Betreuung des vertikalen Gartens nach Anbringung häufig vernachlässigt. Probleme, die bei der pflegeleichten, kosten­ günstigen Epiclay-­Lösung weitgehend wegfallen. Wien ist Firmensitz des jungen Unternehmens. Das internationale sechsköpfige Team – Architekten, Biologinnen, Wirtschaftler – ist über ganz Europa verstreut und denkt weit über die grüne Fassade hinaus. Man achtet auf regionale Wertschöpfung und arbeitet mit lokalen Keramikherstellern zusammen. Beim Produktionsprozess sollen später auch geschützte Werkstätten aus der Region mit eingebunden werden. Aktuell befindet sich das System in der Projektphase, ein Patentierungsverfahren ist im Laufen, bis Ende des Jahres könnte das Produkt Marktreife erlangen – und unser Stadtbild revolutionieren. epiclay.eu/de


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RE ACTI V E RE A L IT Y DAS PAS S T S CHON ! Wer hat sich beim Online-­ Shopping nicht schon einmal sinnverloren dem Kaufrausch hingegeben? Zwölf schicke Teile sind schnell bestellt. Dann, bei der Lieferung, die böse Überraschung: Die Hälfte der Kleidungsstücke will nicht so recht passen und muss wieder zurückgeschickt werden. Das ist für beide Seiten unerfreulich – für Kunde und Verkäufer. Eine Verschwendung von Zeit, Geld und Ressourcen. Ein steirisches Start-up hat eine verblüffende Lösung für die Problematik. Mit der Reactive Reality-App legt man eine virtuelle Figur – einen Avatar – von sich selbst an. Smartphone-Foto genügt –

schon wird eine 3D-Version des eigenen Körpers er­rechnet. Dank Augmented-Reality-Technologie (AR) lässt sich danach am Handy die gewünschte Kleidung vor dem Kauf virtuell am eigenen Körper anprobieren. Die drei Gründer kennen sich vom Studium an der TU Graz und tüftelten dort bereits früh an der Technologie. Heute zählen große E-Commerce-Händler zu den Kunden. Die Innovation aus Graz lässt sich einfach in deren eigene Apps und Websites integrieren. Und dank spezieller Algorithmen können herkömmliche Produktfotos weitgehend automatisiert in 3D-Modelle umwandeln werden. Das macht die Sache auch für Retailer mit großer Produktpalette interessant. reactivereality.com

Nie wieder ­Umtauschen im ­Online-Shop: Die Anprobe mit dem per­ sonalisierten Avatar spart Retouren und Ressourcen.

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BEE A NCO DER GRÜNE W EB SHOP

TE A MECHO MIS S T S TIMMUNG A M A RBEIT SPL AT Z Was sich da so abspielt in den Köpfen der Belegschaft? Das wüsste wohl jeder Chef nur zu gerne. Die Software des Linzer Start-ups Team­ Echo gewährt erleuchtende Einblicke. Schon seit 2015 mischen Markus Koblmüller und David Schellander mit ihrem Mitarbeiter-Feedback-­ Tool den Markt auf. In über 100 Unternehmen ist es bereits im Einsatz. Basierend auf Kurzbefragungen hilft TeamEcho dabei, die Kommunikation zwischen Belegschaft und Führungsebene zu verbessern. Das System arbeitet intelligent und stellt die richtigen Fragen zur passenden Zeit. Die aktuelle Stressbelastung wird zum Beispiel häufiger abgefragt als andere Problemfelder.

Markus Kobl­ müller und David Schel­ lander haben gut lachen: Sie arbeiten an der Verbesserung des Betriebs­ klimas.

ZUZANNA ADAMCZEWSKA-BOLLE, TEAM ECHO, PICTUREDESK.COM, BEEANCO

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Die Zettelwirtschaft üblicher Mitarbeiterbefragungen spart man sich. Die Software liefert Analysen, bildet Trends ab und informiert frühzeitig, sobald sich irgendwo dunkle Wolken im Betriebsklima zusammenbrauen. Die Möglichkeiten werden laufend erweitert. In Zukunft soll das Instrument noch selbständiger agieren, relevante Ergebnisse herausfiltern und entsprechende Handlungsempfehlungen geben. teamecho.at

Wie grün sind „grüne“ Produkte wirklich? Das ist eine der großen Fragen, die das Team von beeanco – ehemalige Studienkollegen und ehren­ amtliche Mitstreiterinnen – umtreibt. Mit viel akademi­ schem Backgroundwissen werden Produkte unter die Lupe genommen, ehe sie auf der Plattform gelistet werden. Möbel, Nahrung, Kleidung, Spielzeug finden sich da – und seit kurzem auch Dienstleistungen wie Versicherungen und Stromanbieter. Ziel ist es, auch den typi­ schen Amazon-Kunden abzuholen. Deshalb muss ein Produkt auch „nur“ zwei der neun strengen Vorgabekriterien (etwa „schadstoff­ reduziert“) erfüllen – um in die beeanco-Liste aufgenommen zu werden. Alle Wareninfos werden danach übersichtlich abgebildet, sodass man sich als Kunde schlau machen und Dinge mit gutem Gewissen in den Warenkorb legen kann.  beeanco.at

Auf dem nachhaltigen Online-Marktplatz beeanco gibt es ausschließlich geprüfte Produkte zu kaufen.

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Zwei durch Zell­ therapie mani­ pulierte Lympho­ zyten (klein) „attackieren“ eine (große) Krebszelle.

Das Team des nieder­öster­reichi­ schen Start-ups Sarcura (von oben: Franz Emminger, Daniela Buchmayr, Martin Fischlech­ ner, Erwin Gorjup) ent­wickelt Metho­ den, mit denen ­teure Ver­fahren zur Herstellung wirk­samer Medi­ kamente deutlich günstiger werden.

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S A RCUR A N A NO - ELEK TRONIK HEILT KREB S Manche Therapien für Krebs­ patienten kosten astronomi­ sche Summen, bis zu 350.000 Euro pro Behandlung. Die sogenannte personalisierte Zelltherapie ist einer der er­folgversprechendsten An­ sätze der modernen Medizin. Allerdings sind die Verfahren

zur Herstellung enorm auf­ wendig. Zunächst wird dem Patienten Blut abgenommen. Das daraus gewonnene Zellmaterial wird genetisch verändert, vervielfacht und dem Patienten mittels Infu­ sion wieder zugeführt. Der gesamte Prozess muss von qualifiziertem Fachpersonal händisch durchgeführt und überwacht werden. Das in Klosterneuburg angesiedelte Start-up Sarcura arbeitet an einer revoluti­ onären Vereinfachung des sensiblen Vorgangs. Ein inter­ disziplinäres Team rund um die Biochemikerin Daniela Buchmayr entwickelt eine Geräteplattform, mit der eine

vollständige Automatisie­ rung der Herstellung dieser hochwirksamen „lebenden Medikamente“ (also der gen­ manipulierten Zellen) ermög­ licht werden soll. Durch in­ dustrielle Produktion können personalisierte Medikamente so endlich in hoher Stückzahl hergestellt werden, und die Kosten sinken um ein Viel­ faches. Die Marktreife für das 2019 gegründete Unterneh­ men ist für 2024 angesetzt. sarcura.com   81


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OBER STEIER STARK

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iel Wasser, Wald und der Erzberg haben die östliche Obersteier­ mark schon zu einer Industrie­ region gemacht, lange bevor es über­ haupt das Wort „Industrie“ gab. Längst aber geht es hier nicht mehr nur um ­Eisen und Stahl. Die Region zwischen Mürzzuschlag und dem Erzberg ist in­ zwischen auch zum beliebten Standort für innovative Unternehmen geworden – zum Silicon Valley auf Steirisch sozu­ sagen. Viele große und kleine HightechUnternehmen haben hier ihren Sitz – und mittendrin die Montanuniversität, aus der nicht nur exzellent ausgebildete Techniker hervorgehen, sondern auch handfeste Innovationen, die sowohl der Industrie als auch der Umwelt nützen. So verbinden sich hier Forschung und Industrieanwendung beinahe von selbst miteinander. Ein guter Platz zum Leben Das typisch Steirische daran: Wer hier wohnt und arbeitet, genießt eine

enorme Lebensqualität, die man in den meisten Technologiezentren der Welt lange suchen muss. Sogar in der Mürz fließt klares Quellwasser, gemütliche Kleinstädte bieten das notwendige Kultur­p rogramm und ausgezeichnete Bildungsmöglichkeiten für den Nach­ wuchs, und wer tagsüber viel Kopfarbeit leistet, geht abends noch schnell auf den Hausberg zum Durchatmen, Kraft­ tanken und das Leben spüren.

WORK-LIFE-BALANCE Die östliche Obersteiermark zwischen Großem Schober und Semmering verbindet unbändige Natur mit Forschergeist und spannenden Jobs.

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Das grüne Herz Österreichs schlägt für die Zukunft.

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Bildungs- und Forschungszentrum, Hightech-Industrie, spannende Jobs und ein bodenständiges Leben in herrlicher Natur. Eine kleine Reise durch die östliche Obersteiermark.


WISSENSCHAFT UND LEBENSQUALITÄT Exzellente Ausbildung in herrlicher Natur – eine einzigartige Kombination. Das neue Studienzentrum der Montanuniversität wird die Lernqualität bald noch erweitern.

UPGRADE KLEIN WIE EIN REISKORN Das hauchdünne Leiter­ platten-Substrat von AT&S ist Herzstück des kleinsten Bluetooth-Moduls der Welt.

INNOVATIONSSCHUB BRINGT JOBS

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ie sind das Herz jedes elektronischen Geräts: Leiterplatten sorgen dafür, dass elektrische Signale an die jeweils richtige Stelle transportiert werden. Eine ähnliche Funktion haben Chips und Mikrochips in digital gesteuerten Geräten. Als Verbindungselement dazwischen dienen IC-Substrate, die die Nano-Strukturen des Chips auf die MikrometerStrukturen einer Leiterplatte „übersetzen“. Produziert werden sie zum Beispiel von AT&S in Leoben. Das Unternehmen in der Obersteiermark gehört zu den weltweit führenden Herstellern hochwertiger Leiterplatten und IC-Substrate. Und eines s ­ einer IC-Substrate ist nun auch Bestandteil des kleinsten Bluetooth-­

Moduls der Welt. „Eine der größten Herausforderungen im Projekt ist das Handling von solchen hauchdünnen und kleinen Substraten über den gesamten Herstellungsprozess“, erklärt Wolfgang Brandl, ­Director of Sales bei AT&S. Innovationen gehören auch in Zukunft zum täglichen ­G eschäft. Daher will das steirische Unternehmen über die nächsten Jahre bis zu 120 Millionen Euro

„Die Investitionen ermöglichen einen Leistungssprung bei Prozessor­ systemen.“ Heinz Moitzi, AT&S

in ein Technologie-Upgrade investieren. Für die Region bedeutet das nicht nur eine weitere Bestätigung als inter­ national gefragtes HightechZentrum, sondern auch 200 zusätzliche Jobs.


PARADEISER UND HÜHNERMIST

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VISIONÄR MIT BODENHAFTUNG Der Verfahrenstechniker Martin Schechtner will mit seinem Projekt die  Ernährungs­souveränität der Menschen stärken.

as Gemüse gedeiht im Glashaus, das gleichzeitig Solar­ strom erzeugt und im Winter über Abwärme von einer regionalen Cloud-Computing-Anlage geheizt wird. Für besten Dünger ohne Chemie sorgen ein paar Hühner, Zwergkühe und -schafe. „Unterschiedliche Mistarten und Biodiversität sind gut für die Pflanzengesundheit und somit auch für den Menschen“, meint Martin Schechtner aus Mürz­ zuschlag.

GOLDGRÄBERIN RECYCLEN STATT ABBAUEN W

er Gold in einer Mine abbaut, braucht 500 Kilo Golderz, um ein Gramm Gold daraus zu gewinnen. Die Recycling-Technologie von UrbanGold holt dieselbe Menge des Edelmetalls aus 60 Smartphones. Und nicht nur Gold: „Wir haben eine ­innovative kompakte Re­ cycling-Anlage entworfen, die hundert Prozent Elektronikschrott verarbeiten und alle Edelmetalle zur Wiederverwertung herauslösen kann“, erklärt Dr. Iris Filz­ wieser, Mitgründerin des ­Leobener Unternehmens. ­Ihren Doktor in Metal­ lurgie hat sie in Leoben gemacht. „Die Montanuni ­bietet vieles zu Umwelt­ thematiken an“, sagt sie. „Wer sich für die Umwelt ein-

Mit seinem Unter­n ehmen „Energiekreislauf GmbH“ will er in­n ovative Technologie und nach­haltige Landwirtschaft zu einem zukunftsfähigen Versorgungskonzept verbinden. Warum ihm das so wichtig ist? Einerseits aus Sorge um die Umwelt. Aber auch, weil er mit seiner Familie ein naturverbundenes und gesundes Leben führen will. Mürzzuschlag ist die perfekte Um­gebung dafür: „Wir sind gleich im Grünen, aber nicht komplett in der Pampa. Ich habe mehr Zeit für die Kinder, es gibt tolle Bildungsmöglich­ keiten, das Wohnen ist günstiger als in der Großstadt – und das Mürztal hat auch wirtschaftlich was drauf.“ Klingt nach perfekter Work-Life-Balance.

„Wenn wir wirklich aus dem Öl aussteigen wollen, müssen wir unser Leben und Wirtschaften über­ denken.“ DI Martin Schechtner, Energiekreislauf GmbH

setzen will, soll zum Studium nach Leoben kommen. Hier können echte Lösungen gefunden werden.“ Echte Lösungen für die Umwelt zu e ­ rarbeiten und damit auch Lebensqualität zu erhalten ist Iris Filzwiesers Motivation – auch im Inter­e sse ihrer vier Kinder.

„Ich habe noch nirgends eine hö­ here Lebensqualität gefunden als bei uns. Das müssen wir uns unbedingt erhalten.“ Dr. Iris Filzwieser, Mitgründerin und Geschäfts­ führerin UrbanGold

URBANGOLDS „HENRI“ Durch eine innovative Kühlmethode kommt der Schmelzofen auch mit hohen Kunststoffanteilen im Elektronikschrott zurecht.

ENERGIEKREISLAUF GMBH, METTOP & URBANGOLD, PCCL

LANDWIRT 2.0 SONNENSTROM,


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KÜNSTLICHES SEHEN GEHT DOCH!

WENIGER ALS ZEHN SEKUNDEN Der Roboter dreht das Bauteil in Hoch­geschwindig­ keit vor einem Kamera­system, seinem „Auge“.

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ine Maschine, die sehen und das Wahrgenommene auch noch beurteilen kann? Das ist unmöglich! – Wie oft hat Dieter P. Gruber, Gruppenleiter am ­Polymer Competence Center Leoben (PCCL), diesen Satz ­gehört, und wie oft hat er ge­ antwortet: „Das werden wir ­sehen …“ Zugegeben, es hat mehr Hartnäckigkeit gebraucht als erwartet. Doch im Jahr 2014, nach mehr als zehn Jahren For­ schung, war „Measuring the ­Visible“ geboren – ein Roboter, der sehen kann. Geburtsort: ­Leoben, Steiermark. In Kombination mit Künst­ licher Intelligenz wird der se­ hende R ­ oboter nun bei der Fehler­p rüfung von Bauteilen eingesetzt. Zum Beispiel in der Automobilindustrie. Anhand von Reflexionen kann das System nämlich Anomalien in der Ober­ fläche nicht nur sehen, sondern auch als akzeptabel oder nicht akzeptabel bewerten und die fehlerhaften Bauteile aussortie­ ren. Das spart Material – und Zeit: „Wir können ein komplizier­ tes 3D-Bauteil in weniger als zehn Sekunden vollständig scannen und Fehler klassifizie­ ren“, erklärt Dieter P. Gruber. Der Physiker und Informa­ tionstechnologe ist ein inter­ disziplinär forschender VollblutInnovator mit bislang zwölf Patenten und unerschöpflicher Kreativität. Und die kann er in Leoben ungebremst ausleben. „Hier darf ich als anwendungs­ orientierter ­Forscher sehr frei agieren und nutz­b ringende ­Ideen auch wirklich umsetzen.“ Nächstes Projekt: eine Prüf­ technik, die Ober­flächen auch „fühlen“ kann.

DIE GUTEN INS TÖPFCHEN … Währenddessen wird die Oberfläche mittels Künstlicher Intelligenz bewertet. Die als fehlerhaft erkannten Teile werden aussortiert.

„Hier darf ich als anwendungs­orientierter Forscher sehr frei agieren und nutzbringende Ideen auch wirklich umsetzen.“ Priv.-Doz. DI Dr. techn. Dieter P. Gruber, Division Manager für Robot Vision und Künstliche Intelligenz, PCCL


ÜBER­ DIMENSIONAL TESTLABOR IM ERZBERG „Bei zukünftigen Projekten muss auch die Nutzung von Erdwärme besser integriert werden.“ Priv.-Doz. Ass.-Prof. Dl Dr. mont. Nina Gegenhuber, Lehrstuhl für Subsurface Engineering, Leoben

EINZIGARTIG IN EUROPA. 4 Tunnelkilometer, teilweise voll ausgebaut, stehen für Forschung, Entwicklung und Training zur Verfügung.

HITZESCHILD AUS STAHL Dieser Bereich hält Hitze von bis zu 600 °C aus und wird für die Heißausbildung der Feuerwehr verwendet.

as Biomediziner im ­L abor unter dem Mikro­skop testen, das probieren Tunnelbauer im Inneren des steirischen Erzbergs aus: im „Zentrum am Berg“, einer Versuchs- und Forschungsanlage der Montanuniversität Leoben. In der vier Kilometer ­umfassenden Tunnel- und ­Stollenanlage können Unter­ nehmen eine neue Spreng­ technik oder Lüftungssysteme testen und Feuerwehren den Einsatz im Tunnel proben. Vor allem aber ist das Zentrum am Berg eine Außen­s telle der Montan­ universität. Ein Großlabor gewissermaßen, wo Studierende ihre Ideen austesten und den Umgang mit Ge­ räten üben können. So kommt die Theorie aus dem Hörsaal in die Anwendung – und umgekehrt. Und weil der Tunnelbau eng ver-

knüpft ist mit dem Wissen rund um Gesteine, Boden­ beschaffenheit und physi­ kalische Eigenschaften im ­Erdinneren, haben die Tunnel­bauer in Leoben kürzlich interdisziplinäre Ver­ stärkung bekommen: Die Geowissenschaftlerin Nina Gegen­huber will die Geo­ physik besser in den Tunnelbau einbinden, auch wenn es um Fragen der Sicherheit geht. Eine Zukunftsperspek­ tive, die sich aus dieser ­Zusammenarbeit ebenfalls ergibt: „Bei zukünftigen Projekten muss auch die Nutzung der Erdwärme und ­damit der Umweltaspekt besser inte­griert werden“, erklärt Nina Gegenhuber. Ideen und P ­ ilotprojekte dazu gibt es ­einige, doch Innova­ tionen müssen auch getestet werden – und wo, wenn nicht im Zentrum am Berg?

MONTANUNIVERSITÄT, IM POLYMER, SECAR

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POLYMER EIN KUNSTSTOFF SO BIO WIE PAPIER

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DURCHSTARTER Ute Zimmermann und Projektmanager Benjamin Rauscher bringen Polymerpapier in die Anwendung.

LEICHT

IN DIE E-MOBILITÄT

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ls ich zum ersten Mal Carbon in der Hand hielt, wusste ich: Das ist der Werkstoff, mit dem ich arbeiten will“, erinnert sich KarlHeinz Semlitsch. Der gelernte Werkzeugmacher hat sich vor mehr als 20 Jahren in Mürzzuschlag mit der Produktion von Carbon-Bau­ teilen selbständig gemacht. Später hat er ein neues Verfahren entwickelt, durch das er den Werkstoff mit einem Schaumkern füllen kann. „Das ist in Sachen Festigkeit, Steifigkeit und Leichtigkeit weltweit einzigartig“, erklärt er. Benötigt wird ein solches Multitalent unter den Werkstoffen zum Beispiel in der Automobil- und Flugzeug­ industrie. Denn je leichter

uch Kunststoff kann ­natürlich sein: aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt, kompostierbar und recycelbar. Ist aber ein Biokunststoff wirklich die Lösung? „Das kommt dar­ auf an“, meint Ute Zimmermann, Geschäftsführerin bei IM POLYMER. Das Unternehmen mit Sitz in Leoben ist Experte bei der Verarbeitung von Biokunststoffen. Diese werden aus Zucker und Stärke hergestellt und zerfallen wieder in CO 2 und Biomasse. „Das Material eignet sich nicht für Dinge, die stabil sein und lange halten sollen.

Aber überall, wo wir SingleUse-Plastik brauchen, ist Biokunststoff ideal“, erklärt Ute Zimmermann. Für Pro­ duktverpackungen und Einweg-Sackerl zum Beispiel oder bedruckbare Labels auf Kleidung oder Nahrungs­ mitteln. Die nächste Herausforderung sind verrottbare Kaffeekapseln, die einerseits stark genug sind, um dem hohen Druck der Kaffee­ maschine standzuhalten, gleichzeitig aber gemeinsam mit dem Kaffeesud einfach verrotten. Die Technologie dafür ist bereits gefunden. Der nächste Schritt ist jetzt die Massenproduktion.

„Man muss nicht immer in die große Stadt gehen, um Erfolg zu haben. Das geht im Bundesland auch!“ Mag. Ute Zimmermann, Geschäftsführerin IM POLYMER

das Auto oder das Flugzeug, desto geringer ist sein Energieverbrauch – speziell bei Elektroautos das Thema schlechthin. Aufgrund der engen Zusammenarbeit mit den großen Autoherstellern in Sachen E-Mobilität hat Semlitschs Secar Technologie GmbH vor einigen Jahren auch ein neuartiges Carport mit integrierter Lade-Infrastruktur entwickelt. Die ­verwendeten Bauteile sind natürlich aus Carbon!

CARPORT ALS SOLARTANKSTELLE Das E-Port® erzeugt aus Solarenergie den Strom, den das darunter parkende Fahrzeug „tankt“.

„Carbon ist in Sachen Festigkeit, Steifigkeit und Leichtigkeit weltweit einzigartig.“ Karl-Heinz Semlitsch, Eigentümer Secar Technologie

Finanziert aus Mitteln des Steiermärkischen Landes- & Regionalentwicklungsgesetzes.


DAS JAHRESABO

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GUIDE

I N N O V AT O R

Insider-Infos und Events: Service: Die Jacke, die von innen wärmt // Red Bull Basement: Hier verändern Studenten die Welt // Save the Date: Innovations-Highlights der nächsten Wochen // Kolumne: Der Faktor Mensch im digitalen Zeitalter // Tech-Highlight: Das Labor am Ende der Welt //

INNOVATOR

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DO IT

Smart Fashion

Die Heatable ­Capsule Collection verbindet Hightech mit urban-sport­ lichem Design.

DIESE MODE HEIZT UNS EIN

Hier kommt die Smart-FashionLösung gegen Kälte: Die Jacken und Westen der Heatable Capsule Collection von AlphaTauri wärmen auf Knopfdruck oder per App. Und wenn der Akku des Smartphones leer ist, laden sie ihn auf.

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anchmal ermöglichen innovative Technolo­ gien, dass wir bekannte Dinge auf völlig neue Art und mit völlig ­neuen Funktionen einsetzen. Oder aber die innovativen Technologien verbessern die ursprünglichen Funktionen dramatisch. Ein gutes Beispiel dafür ist Smart Fashion: In der Mode können Kleider mit Einsatz von Hightech mittlerweile ihre Farbe im Einklang mit den Gefühlen ihrer TrägerIn­ nen wechseln. Gürtel geben Erschütterungen in Compu­ terspielen mit Vibrationen

an die Gamer weiter. Und ­Bikinis warnen, wenn wir uns zu lange in der Sonne aufhalten. Die Spezialisten des Mode­ labels AlphaTauri, der Deut­ schen Telekom und des Zu­ lieferers Schöller Textil ­haben indes gemeinsam an der ­Verbesserung einer sehr ur­ sprünglichen, ziemlich ent­ scheidenden Funktion unse­ rer Kleidung gearbeitet: der Aufgabe, uns zu wärmen. Zu diesem Zweck verknüpften sie Hightech-Textilien mit di­ gitaler Steuerung und s­ marter Technik. Das Ergebnis: die in diesem Winter vorgestellte Heatable Capsule Collection, deren Jacken und Westen uns auf Knopfdruck oder per AppBefehl aktiv einheizen. So können die TrägerInnen über eine eigens entwickelte App auf ihrem Smartphone die gewünschte Wärmestufe einstellen, ein Sensor im ­Inneren des Kleidungsstücks misst die Temperatur und wärmt bei Bedarf mittels heizbarer Elemente in den ­Taschen und am unteren Rü­ cken nach (die genaue Funk­ tionsweise: siehe rechte Seite). Zusatzfeature: Wenn die ­Jacke gerade nicht einheizt, kann der integrierte Akku das Smartphone aufladen. Diese Kollektion ist erst der Anfang: Weitere gemein­ same Innovationen werden folgen. Genaueres darf noch nicht verraten werden. Nur so viel: Konnektivität und Künst­ liche Intelligenz werden dabei Schlüsselrollen einnehmen.

Jacken und Westen gibt es für ­Damen und Herren in den Farben Kreide und Navy. 699,90 Euro ­(Jacke), 399,90 Euro (Weste); alphatauri.com

INNOVATOR


FASHION

HOT STUFF

Tolle Textilien, smarte Bedienung und effiziente Technik machen diese Jacke zur Wärmequelle. Und so funktioniert sie im Detail.

Der Akku

Untergebracht in einer kleinen Extratasche am unteren Rücken, ­liefert diese Batterie die für die Heizung benötigte Energie. Dank ihres Federgewichts von 175 Gramm ist sie am Körper kaum spürbar. Wird die Power des Akkus gerade nicht gebraucht, kann er zum Beispiel ein Smartphone aufladen.

Die Steuerung

Neben der eigens entwickelten App fürs Smartphone lässt sich die Wärme auch auf Knopfdruck über ein Bedienelement am Innenfutter regulieren. Hier können die TrägerInnen zwischen je zwei Wärmestufen wählen – sowohl für die Taschen als auch für die Zonen am unteren Rücken.

Das Material

ALPHA TAURI

Die sogenannte E-Soft-Shell Heiztechnologie ist für die Verteilung der Wärme entwickelt worden. Entscheidend ist ein neuartiger beheizbarer Futterstoff, der ein Netzwerk leit­ fähiger Garne enthält. Weitere Stoffe wie etwa Corkshell bieten zusätz­ liche Wärmeisolation.

INNOVATOR

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DO IT

RED BULL BASEMENT

Die Red Bull Basement-­ Hosts Daniel Cronin und Caroline de Moraes „überreichen“ dem Team Lava die Siegertrophäe.

Lava Aqua X

SUPER SMART WÄSCHE WASCHEN

Du bist Student und hast eine Idee, die die Welt zu einem besseren Ort macht? Dann bist du hier goldrichtig.

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eue Ideen gesucht! Seit 2018 gibt die Plattform Bull Base­ ment Studenten weltweit die Chance, Lösungen zu Problemen zu präsentieren. 3800 Teilnehmer waren es bei der Challenge im Vorjahr. Durch Pub­ lic Voting und einer Jury wurden die vielversprechendsten 38 Ide­ engeber ausgewählt und zum Red Bull Global Workshop – der im Dezember ausnahmsweise virtuell über die Bühne ging – eingeladen. Joanna Power und Paramveer Bhachu, zwei junge Pioniere aus

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London, machten schließlich das Rennen. Sie haben eine Wasch­ maschine entwickelt, die Wäsche mit recyceltem Duschwasser säu­ bert, und dabei weniger Wasser verbraucht und das in nur einem Drittel der gewöhnlichen Zeit (sie­ he Infokasten rechts). Den Erfolg beim Red Bull Basement Global Workshop nützt das Duo nun als Startrampe, um die Erfindung so rasch wie möglich auf den Markt zu bringen.

Hier kannst du einreichen

Nach dem Wettbewerb ist vor dem Wettbewerb: 2021 geht Red Bull Basement in die nächste Runde. Wenn also auch du eine Idee hast, die unbedingt verwirk­ lich werden sollte, dann bereite sie bis Herbst diesen Jahres vor. Die genauen Termine und Infos findest du unter redbullbasement.com

Nachhaltig

Das Wasser wird am Boden der ­Dusche gesammelt, gefiltert und für den nächsten Waschgang der „Lava Aqua X“ wiederverwendet.

Praktisch

Die transportable Waschmaschine hat Platz in jeder Studentenbude. 2,5 kg Wäsche können damit pro Waschgang gewaschen werden.

Effizient

Die kugelförmige Waschtrommel arbeitet deutlich effizienter als ­herkömmliche Zylindertrommeln. Das spart Zeit und Strom.

INNOVATOR

PHILIPP CARL RIEDL/RED BULL CONTENT POOL, MARK ROE/RED BULL CONTENT POOL

DER TURBO FÜR GUTE EINFÄLLE

GÜNTHER KRALICEK

Die Sieger des Red Bull Basement Global Workshop 2020 Joanna Power und Paramveer Bhachu erfanden eine Waschmaschine, die Wäsche mit ­recyceltem Duschwasser und noch dazu stromsparend reinigt.

Red Bull Basement


Vienna UP’21 digital Let’s talk startups.

27.4. – 12.5. 2021

Join Europe’s most authentic startup experience! viennaUP.com


DO IT

S A V E T H E D AT E

LUST AUF INNOVATION?

Dann bist du hier richtig, Wir präsentieren eine Auswahl der spannendsten Events 2021. Die finden statt: lokal oder international – und in echt und/oder digital.

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und 22. Juni Global Female Leaders Immer mehr Frauen übernehmen Führungsrollen in Start-ups und Konzernen – und bereichern sie mit neuen Ansätzen. Wie diese aussehen, darum geht es auf der Konferenz „Global Female Leaders“. Zwei Tage lang berichten internationale Expertinnen und Top-Führungskräfte über ihre Erfolgsstorys – darunter Taiwans Digital-Ministerin Audrey Tang.

Sustainability-­ Expertin Nicole de Paula ­vernetzt Frauen bei Umweltfragen.

Hotel Adlon Kempinski Berlin und VIRTUELL; globalfemaleleaders.com

Wenn wir den Planeten schützen wollen, müssen wir global kooperieren: Das Impact Festival will potenzielle Weltverbesserer mit­einander vernetzen – etwa junge Start-ups mit innovativen Konzepten mit Investoren, die ihren Ideen die nötige Durchschlagskraft verleihen können; oder mit Konzernen, die nach Konzepten für ihre eigene nach­haltige Zukunft suchen. Frankfurt/VIRTUELL; impact-festival.earth

Wien wird virtuelles Zentrum der globalen Start-up-Community.

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April Virtual Pitching Workshop Wie überzeugst du Investoren von deiner ­Geschäftsidee? Beim diesem virtuellen Workshop der Startup Academy Basel lernst du von Schweizer Experten, deinen Pitch spannend und aussagekräftig vorzutragen. Leitung: die Basler Ex-Radiomoderatorin Catherine Riesen. Kosten: 120 Schweizer Franken (rund 110 Euro). Startup Academy Basel; VIRTUELL

April bis 12. Mai ViennaUP’21 digital Ein Wiener Start-up-Festival für ein globales Publikum: Mit einer Reihe von Online-Events – darunter das ­4GAMECHANGERS Festival, die Creative Days oder die FinTech Week – beschäftigt sich Vienna­UP’21 d ­ igital mit Themen wie Innovation, Kreativität und Technologie. Und bietet zugleich Start-ups die einzigartige ­Gelegenheit, sich mit Unternehmen, Investoren und ­international relevanten Stakeholdern zu vernetzen. Die Registrierung für das – von der Wirtschaftsagentur Wien initiierte – Event läuft bereits. Das genaue P ­ rogramm ­sowie alle Informationen gibt es auf: viennaup.com

INNOVATOR

GLOBALFEMALELEADERS.COM, KARIN HACKL

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bis 17. September Impact Festival


3 TIPPS VON JEDEM GAST FÜR DEINEN ALLTAG

Pioniere unserer Zeit sprechen über die innovativen Rezepte hinter ihrem Erfolg. Jeden Montag – überall, wo es Podcasts gibt. Jetzt reinhören und am besten gleich abonnieren:

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KOLUMNE

Bestseller-Autor Christoph Koch schreibt über spannende bis verblüffende Zusammenhänge, die wir beim Weltverbessern mitdenken dürfen.

Christoph Koch 46, ist Autor für Titel wie „Die Zeit“, „brand eins“ oder „Geo“. Mit seinem Buch „Ich bin dann mal offline“ über digitalen Verzicht ­landete er einen „Spiegel“-Bestseller.

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läne sind nutzlos, aber Planung ist unersetzlich.“ Dieser Satz wird meist US-Präsident Dwight D. Eisenhower zugeschrieben. Vermutlich ist er schon viel älter. Er stimmt aber nach wie vor. Wer Pläne macht, wer Szenarien entwirft, wer also in Möglichkeiten denkt, der ist gezwungen, sich mit der Zukunft und ihren verschiedenen Varianten auseinanderzusetzen. Manche Entwicklungen erscheinen fast sicher, andere wirken unwahrscheinlicher. Doch selbst beim Nachdenken über die unwahrscheinlichen lässt sich etwas lernen – schon allein, weil Zusammenhänge sichtbar werden, von denen man vorher vielleicht nicht wusste. Denn jede Veränderung hat weitere Konsequenzen, zieht andere Umwälzungen nach sich. Hier habe ich ein paar der überraschenderen Folgen großer möglicher Veränderungen rund um das Thema Nachhaltigkeit zusammengestellt.

1. Mehr E-Autos, weniger Raucher

Mit der Umstellung unserer Autos auf Elektromotor sinkt der weltweite Benzinbedarf, logisch. Aber vermutlich dürfte auch der Zigarettenkonsum zurückgehen, wenn alle Menschen in E-Autos unterwegs sind. Denn derzeit werden in den USA rund die Hälfte aller Zigaretten an Tankstellen verkauft, in Deutschland

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2. Weniger Bares, weniger Emission

Noch sind die Deutschen strikt dagegen (84 Prozent, um genau zu sein), aber falls das Bargeld irgendwann doch ab­ geschafft wird, hätte das auch positiven Einfluss auf die Umwelt: Erstens, weil das Metall des Hartgelds wiederverwendet werden könnte – ein Münzquetscher vom Modell „Decoiner“ schafft pro Stunde bis zu fünf Tonnen, die anschließend eingeschmolzen werden. Und zweitens würden die Emissionen durch Geldtransporter entfallen – sie stoßen besonders viele Abgase aus, weil Kleingeld so schwer ist.

3. Weniger Fleisch, ein Kontinent mehr Platz

Wenn niemand mehr Fleisch äße, wäre das bekanntermaßen gut fürs Klima: Eine vierköpfige Durchschnittsfamilie in den USA beispielsweise verursacht durch ihren Fleischkonsum mehr Treibhaus­ gase als durch ihre beiden Autos. Gleichzeitig würde die Welt aber auch eine Nutzfläche in der Größe des afrikanischen Kontinents dazugewinnen. So viel Raum wird derzeit nämlich für den Anbau von Futtermitteln benötigt, die nur der Fleischerzeugung dienen.

4. Weniger Tempo auf der Autobahn, kaum weniger Lärm

Würde man etwa in Deutschland – das als einzige westliche Nation kein generelles Tempolimit auf der Autobahn hat – die Geschwindigkeit auf 120 km/h begrenzen, gäbe es den meisten Studien nach weniger Verkehrstote und Verletzte. Auch rund drei Millionen Tonnen CO2 würden vermieden. Viel leiser würde es überraschenderweise jedoch nicht: Das Umweltbundesamt geht an Werktagen bei einem Tempolimit auf der Autobahn von einem halben Dezibel weniger Verkehrslärm aus. Zum Vergleich: Der so­ genannte Flüsterasphalt reduziert die Lautstärke um etwa drei Dezibel.

INNOVATOR

URBAN ZUNTEL

NACHHALTIG ÜBERRASCHT

machen die Tankstellen 62 Prozent ihres Shop-Umsatzes mit Tabakwaren. Studien zeigen, dass das Angebot durchaus die Nachfrage bestimmen kann – und Menschen weniger Zigaretten kaufen, wenn sie weniger oft die Gelegenheit bekommen. Und mit dem E-Auto entfällt auch der Tankstellenstopp und somit der Blick aufs Zigarettenregal: Denn E-Autos tanken dort, wo sie parken – also vor allem zu Hause oder in der Bürogarage.


READ IT

EISENHOWERS DILEMMA: „PLÄNE SIND NUTZLOS, ABER PLANUNG IST UNERSE T ZLICH.“ 5. Weniger Subventionen, mehr Umweltschutz

Gäbe es keinerlei Subventionen für Individualverkehr mehr, verschwände zwar die E-Auto-Prämie, die Umwelt könnte aber trotzdem profitieren: Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat berechnet, dass sich der weltweite Schaden durch Kraftstoffsubventionen auf jährlich 5300 Milliarden Dollar summiert. Das sind sechs Prozent des globalen Brutto­ inlandsproduktes und fast so viel wie die weltweiten Gesundheitsausgaben. Würde der Staat Kraftstoffe nicht fördern, ­gewännen umweltfreundlichere Fortbewegungsmittel Attraktivität – wie Fahrrad statt Moped oder U-Bahn statt Auto. Treibstoffpreise werden gern mit der Begründung subventioniert, Menschen mit geringem Einkommen würden entlastet. Dabei profitieren in Wirklichkeit oft die Reichen: In einem typischen Schwellenland gehen 40 Prozent solcher Entlastungen an das reichste Fünftel der Haushalte. Beim ärmsten Fünftel kommen nur sieben Prozent an.

6. Weniger Menschen, mehr Elefanten, weniger Stubenfliegen

Wenn es die Menschheit nicht mehr gäbe, würde sich die Elefantenpopulation binnen hundert Jahren verzwanzig­ fachen, da natürlich auch Wilderer und Elfenbeinhandel wegfielen. Auch die Zahl an Vögeln nähme wieder stark zu: Allein in den USA sterben nach Schätzungen 80 Millionen Vögel jährlich durch Autos und eine weitere Milliarde durch Pestizide und Stromleitungen. Ratten, Stubenfliegen oder Kopfläuse – also Tiere, die sich stark an den Menschen angepasst haben – hätten es jedoch schwerer und würden ohne uns nahezu aussterben.

Mehr überraschende Erkenntnisse und spannende Szenarien finden sich in dem Buch „Was wäre, wenn …? 33 Szenarien, die unsere Welt neu denken“ von Christoph Koch, erschienen im Tropen Verlag (176 Seiten, 15 Euro). Mehr Infos unter: christoph-koch.net INNOVATOR

IMPRESSUM

Gesamtleitung The Red Bulletin Alexander Macheck (Ltg.), Sara Car-Varming Chefredaktion The Red Bulletin Andreas Rottenschlager (Ltg.), Andreas Wollinger Chefredakteur Innovator Arek Piatek Textchefs Jakob Hübner, Andreas Wollinger Redaktion Florian Obkircher, Wolfgang Wieser Creative Director Kasimir Reimann (Ltg.), Erik Turek Grafik Marion Bernert-Thomann, Martina de Carvalho-Hutter, Cornelia Gleichweit, Kevin Goll, Antonia Uhlig Fotoredaktion Eva Kerschbaum (Ltg.), Marion Batty (Stv.), Susie Forman, Tahira Mirza, Rudi Übelhör Managing Editors Ulrich Corazza, Marion Lukas-Wildmann Publishing Management Ivona Glibusic, Bernhard Schmied, Anna Wilczek Managing Director Stefan Ebner Head of Media Sales & Partnerships Lukas Scharmbacher Head of Co-Publishing Susanne Degn-Pfleger Projektmanagement Co-Publishing, B2B-Marketing & Communication Katrin Sigl (Ltg.), Mathias Blaha, Katrin Dollenz, Thomas Hammerschmied, Teresa Kronreif (B2B), Eva Pech, Valentina Pierer, Stefan Portenkirchner (Communication) Creative Services Verena Schörkhuber-Zöhrer (Ltg.), Sara Wonka, Julia Bianca Zmek, Edith Zöchling-Marchart Commercial Management Co-Publishing Alexandra Ita Editorial Co-Publishing Raffael Fritz (Ltg.), Gundi Bittermann, Mariella Reithoffer, Wolfgang Wieser Executive Creative Director Markus Kietreiber Projekt Management Creative Elisabeth Kopanz Art Direction Co-Publishing Peter Knehtl (Ltg.), Erwin Edtmayer, Andreea Parvu, Dominik Uhl Commercial Design Simone Fischer, Martina Maier, Alexandra Schendl, Julia Schinzel, Florian Solly, ­Stephan Zenz Abo und Vertrieb Peter Schiffer (Ltg.), Marija Althajm, Nicole Glaser ­( Vertrieb), ­ Victoria Schwärzler, Y ­ oldaş Yarar (Abo) Anzeigenservice Manuela Brandstätter, Monika Spitaler Herstellung & Produktion Veronika Felder (Ltg.), Friedrich Indich, Walter O. Sádaba, Sabine Wessig Lektorat Hans Fleißner (Ltg.), Petra Hannert, Monika Hasleder, Billy Kirnbauer-Walek, Belinda Mautner, Klaus Peham, Vera Pink Lithografie Clemens Ragotzky (Ltg.), Claudia Heis, Nenad Isailović, Sandra Maiko Krutz, Josef Mühlbacher Finanzen Mariia Gerutska (Ltg.), Klaus Pleninger MIT Christoph Kocsisek, Michael Thaler Operations Melanie Grasserbauer, Alexander Peham, Yvonne Tremmel Projektmanagement Gabriela-Teresa Humer Herausgeber & Geschäftsführer Andreas Kornhofer Verlagsanschrift Heinrich-Collin-Straße 1, A-1140 Wien Telefon +43/1/90 221-0, Fax +43/1/90 221‑28809 Web redbulletin.com Medieninhaber, Verlag & Herausgeber Red Bull Media House GmbH, Oberst-Lepperdinger-Straße 11–15, A-5071 Wals bei Salzburg, FN 297115i, Landesgericht Salzburg, ATU63611700 Geschäftsführer Dkfm. Dietrich Mateschitz, Dietmar Otti, Christopher Reindl, Marcus Weber

INNOVATOR BY THE RED BULLETIN Österreich, ISSN 1995-8838 Länderredaktion Arek Piatek Country Project Management Ivona Glibusic Media Sales & Partnerships Thomas Hutterer (Markenlead), Alfred Vrej Minassian, Franz Fellner, Thomas Gubier, Daniela Güpner, Wolfgang Kröll, Gabriele Matijevic-Beisteiner, Nicole Okasek-Lang, Britta Pucher, Jennifer Sabejew, Johannes Wahrmann-Schär, Ellen Wittmann-Sochor, Ute Wolker, Christian Wörndle, Sabine Zölß; Kristina Krizmanic (Team Assistant) anzeigen@at.redbulletin.com Sales Operations & Development Anna Schönauer (Ltg.), David Mühlbacher Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz Informationen zum Medieninhaber sind ständig und unmittelbar unter folgender Web-Adresse auffindbar: redbulletin.at/impressum Kontakt redaktion@at.redbulletin.com

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INNOVATOR BY THE RED BULLETIN Schweiz, ISSN 2308-5886 Länderredaktion Arek Piatek Country Project Management Ivona Glibusic Commercial & Brand Partnerships Manager Stefan Bruetsch Media Sales Marcel Bannwart (D-CH), marcel.bannwart@redbull.com Christian Bürgi (W-CH), christian.buergi@redbull.com Goldbach Publishing Marco Nicoli marco.nicoli@goldbach.com Abo- und Leserservice abo@ch.redbulletin.com

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DESIGN-HIGHLIGHT Misst kosmische Strahlung und spürt ihre Herkunft auf: das IceCubeObservatorium am Südpol

Neutrino-Suche auf dem Südpol

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DIESE STATION ENTSCHLÜSSELT DIE GEHEIMNISSE DES UNIVERSUMS

SVEN LIDSTROM/ICECUBE/NATIONAL SCIENCE FOUNDATION

Schon mal was von „Neutrinos“ gehört? Es sind Elementarteilchen, kleinste Ein­ heiten unserer Materie, die täglich als kosmische Strahlung auf die Erde pral­ len. Wo sie herkommen, ist unbekannt. Um diese Frage zu beantworten, wurde 2010 in der Antarktis der größte Neu­ trino-­Detektor der Welt fertig gestellt: das IceCube Neutrino Observatory. Und dort gelang den Forschern 2017 eine Sensation: Sie orteten sie ein Milliarden Lichtjahre entferntes Schwarzes Loch als e­ in Ursprung der Neutrino-Strahlung – und erlangten dadurch fundamentale Erkenntnisse zur Entstehung kosmi­ scher Strahlen sowie einen wichtigen Schritt im Verständnis des Universums energetischer Prozesse. Gerade wurde der IceCube up-gegradet und mit mehr Detektoren ausgestattet – um künftig die Geheimnisse des Alls noch intensi­ ver zu ergründen. icecube.wisc.edu

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