The Red Bulletin 04/19 CHCD

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SCHWEIZ APRIL 2019, CHF 3.80

ABSEITS DES ALLTÄGLICHEN

CHARLIE HUNNAM SO BESIEGT DER FILMSTAR SEINEN DRACHEN HIGH-TECH FÜR IRON MEN DIESE GADGETS VERWENDET TRIATHLONWELTMEISTER SEBASTIAN KIENLE

Sérgio Cosme, 39, Jetski-Rettungsfahrer an Portugals Atlantik-Küste

GETREDBULLETIN.COM

Die größte Welle der Welt lässt ihm dafür nur 15 Sekunden Zeit

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EIN HANDSCHLAG, DER LEBEN RETTET




E DI TO R I A L

WILLKOMMEN

ÜBER LEBEN Ohne den Fotografen mit Arktis-Erfahrung könnte Extremkletterer Stefan ­Glowacz heute nicht auf die Grönland-Expedition zurückblicken. Wegen Ulrichs Bildern, vor allem aber wegen dessen ­detailversessener Vor­ bereitung. «Ohne die ­wären wir geliefert ge­ wesen», erzählt Glowacz. Ab Seite 66

GUT IN DER ZEIT GREG FUNNELL

Der britische Fotograf porträtierte für uns den deutschen WeltklasseTriathleten Sebastian Kienle, der beim Training auf modernste Techno­ logie setzt. Das Ergebnis: Die bildgewaltige Story ab Seite 48: «Ich bin’s, der Sportroboter».

« Ich habe nie einen regulären Job gehabt. Und immer nur getan, was ich wollte. Deshalb bin ich so erfolgreich.» Magnus Walker, britischer ­Modedesigner und Stilikone, über Selbstverwirklichung als Erfolgsrezept. Ab Seite 38

Viel Spass mit der neuen Ausgabe von The Red Bulletin! Die Redaktion

VOLL IM EINSATZ KONSTANTIN REYER

Der Wiener Fotograf mit Vorliebe für Action-Shootings begleitete den Jetski-Rettungsfahrer Sérgio Cosme auf die Riesen­ wellen von Nazaré in Portugal. Und testete, wie sich eine 200 PS starke Bergung aus dem Atlantik anfühlt. Seite 20

STARK IM SERVICE ORIHIME-D

Was dich hier anstarrt, ist ein japanischer Roboter-Kellner. Wie dieser behinderten Menschen eine Rückkehr ins Berufsleben ermöglicht, liest du ab Seite 46. 4

THE RED BULLETIN

KONSTANTIN REYER (COVER), ORYLAB INC

ERPROBT IM EIS THOMAS ULRICH

Der Zeitabstand zwischen zwei Riesenwellen im portugiesischen Surf-Dorado Nazaré beträgt 10 bis 15 Sekunden. Genau so viel Zeit hat ­Sérgio Cosme, um einen von einer Welle überrollten Surfer aus dem Wasser zu ziehen. Der Portugiese ist einer der erfahrensten Jetski-­ Rettungsfahrer der Welt und bringt sich bei jedem seiner Einsätze selbst in Gefahr – um ­andere zu retten. Die wichtigste Regel seines Jobs ist eine überraschende: «Immer gelassen bleiben, damit andere über­ leben.» Die grosse Reportage ab Seite 20.

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I N H A LT The Red Bulletin April 2019

COVERSTORY

20 SÉRGIO COSME

Alltag eines Jetski-Rettungs­ fahrers. Oder: wie man inmitten haushoher Wellen gestürzte Surfer rettet.

HOLLYWOOD

TRIATHLON

Brie Larson ist «Captain Marvel». Hier erklärt sie, wie auch du Heldentaten vollbringen kannst.

Triathlon-Weltmeister Sebastian Kienle erklärt, wie er Hightech einsetzt, um wirklich sein ganzes Potenzial auszuschöpfen.

FILMTIPPS

35 « LASS ALLES LIEGEN UND SCHAU DIR DAS AN» Charlotte Gainsbourg und vier Filme, die ihr Leben prägten

NETFLIX

36 C HARLIE HUNNAMS KAMPF MIT DRACHEN

48 ALLES AUF TECHNIK

58 DRIFTEN IN SCHWEDEN

Auf diesem Eis-Parcours in Schwe­dens hohem Norden gerätst du selbst bei grimmigen Temperaturen ins Schwitzen.

TAG-UND-NACHT-LEBEN

62 DIE PERFEKTE PARTY

LEIDENSCHAFT

ABENTEUER

Die inspirierende Geschichte des britischen Modedesigners und Porsche-Liebhabers

Quer durch Grönland nur mit die Kraft der Natur: Stefan Glowaczs inspirierende Reise

8 GALLERY 14 ZAHLEN, BITTE! 16 KOLUMNE

6

17 FUNDSTÜCK 18 LIFE HACKS 46 INNOVATOR

SOMMER MIT VIEL EIS Stefan Glowacz berichtet von der längsten Expedition seines Lebens.

WINTERSPORT

Der Schauspieler stellt sich erfolgreich seinen Ängsten, indem er sie visualisiert.

38 MAGNUS WALKER

66

THOMAS ULRICH, JIM KRANTZ, CONTOUR BY GETTY IMAGES, GREG FUNNELL

32 DIE SUPERHELDIN

Wie ein Unternehmer auf Ibiza die Club-Szene revolutioniert

66 DAS WEITE SUCHEN

96 IMPRESSUM 98 PERFEKTER ABGANG

38 MAGNUS WALKER Wie der Brite sich selbst verwirklichte und dabei zur Stilikone wurde

THE RED BULLETIN


« Bei Herausforderungen muss sich dein Hirn neu organi­ sieren.» BRIE LARSON über den Kampf mit ihren Ängsten Seite 32

guide

DEIN PROGRAMM

82 REISEN Sightseeing extrem: der Marathon auf der Chinesischen Mauer 86 EVENTS Pflichttermine für die kommenden Wochen 88 GAMING «Resident Evil 2» und die Frage, wieso Angst so anziehend wirkt 89 ENTERTAINMENT Red Bull TV-Highlights, live und on demand 90 RAD-SPECIAL Frühlingsboten: neues MTB-Equipment für die ersten Wald­ touren des Jahres

36 CHARLIE HUNNAM Der «Sons of Anarchy»Star über das Gute an Niederlagen THE RED BULLETIN

48 SEBASTIAN KIENLE erklärt uns seine Gadgets fürs Training – Tipps für Hobbysportler inklusive.  7


GA L L E RY

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Rallye Dakar, Peru FREDERIC LE FLOCH/DPPI/RED BULL CONTENT POOL

SAND IM GETRIEBE

Ein Mini John Cooper Works Buggy rast durch die Wüste – am Steuer der 13fache Dakar-Sieger Stéphane Peterhansel. Sein ärgster Gegner auf der 511 Kilometer langen vierten Etappe: superfeiner «Fesh-Fesh»Sand: «Er ist wie Puder, kriecht in jede Ritze, nimmt dir die Sicht.» An diesem Tag geht ­alles gut, Platz zwei. Auf der neunten Etappe kommt das Ende: Stephane landet in einer Düne, der Sand hat gesiegt.  dakar.com

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VLADIMIR LORINC/RED BULL CONTENT POOL

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Tricklandia, Slowakei

TÄUSCHUNGSMANÖVER

Wozu fette Budgets in die Produktion spek‑ takulärer Visuals stecken, wenn man auch direkt reinspazieren kann? Dachte sich US‑Tanzkünstlerin Angyil und begab sich für den Dreh ihres neuesten Videos mit den Kol‑ leginnen Kyoka und Dassy ins slowakische Städtchen Starý Smokovec. Denn dort öffnet sich in «Tricklandia» eine Welt, in der man seinen Sinnen besser nicht trauen s­ ollte. YouTube: win.gs/Tricklandia_Dance

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DeLand, Florida

ZIELSPRINGEN

KRYSTLE WRIGHT/RED BULL CONTENT POOL

Sechs Frauen stürzen sich in die Tiefe. Dabei verfolgen die Fly Girls zwei Ziele. Erstens: festen Boden (eh klar), zweitens: ein höheres, nämlich Frauen fürs Fallschirmspringen zu begeistern (weil’s kaum welche ausüben). Welt­rekordlerin Amy Chmelecki: «Für Ihren ersten Sprung müssen Sie sich derzeit buchstäblich an einen Mann binden. Wir wollen das ändern.»  Twitter: #redbullflygirls

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ZAHL E N, B I TT E !

World Sleep Day

TRÄUM WEITER! Am 15. März wird in 55 Ländern zum elften Mal der Weltschlaftag gefeiert. Warum der Koala ungeschlagener Champion im Schlummern ist und wie man sich nach 81 Stunden Laufen ohne Rast fühlt, erfährst du hier.

Stunden schläft der Koala täglich, mehr als jedes andere Tier. Der Grund: Die Eukalyptusblätter, von denen er sich hauptsächlich ernährt, sind sehr energiearm.

Kilokalorien pro Tag isst du im Schnitt mehr, wenn du unausgeschlafen bist.

41

40

Prozent der Menschen schlafen in Embryonalstellung.

575

Prozent der Männer schnarchen, bei Frauen sind es nur 24.

10

Stunden Schlaf verlieren Eltern durchschnittlich im ersten Lebensjahr ihres Babys.

Minuten nach dem Aufwachen hast du 90 Prozent deiner Träume wieder vergessen, weil dein Gehirn sie als unterdrückte Gedanken identifiziert und unverzüglich verdrängt.

12

2

Kilometer lief Ultra-Marathon­ läufer Dean Karnazes 2005 in knapp unter 81 Stunden – ohne Rast. Sein Kommentar: «Ich fühle mich, als wäre ich von einem Zug überrollt worden.»

aller Ehepaare im deutschen Sprachraum schlafen in getrennten Betten.

14

1804

Schlafschichten waren im Mittel­ alter üblich. Die Menschen waren nachts zwei bis drei Stunden wach, um Feuerholz nachzulegen oder zu beten. Der Acht-Stunden-Schlaf ist ein Phänomen der Moderne.

CLAUDIA MEITERT

Prozent der Menschen träumen ausschließlich in Schwarzweiß.

563

¹⁄10

300

GETTY IMAGES

20

449

Stunden blieb die Britin und SchlafentzugRekordhalterin Maureen Weston im Jahr 1977 wach – und zwar im Rahmen eines Schaukelstuhl-Marathons.

isolierte ein Apothekergehilfe in Paderborn einen alkalischen Stoff aus Opium. Weil dieser die Versuchstiere einschläferte, taufte jener ihn Morphium (nach Morpheus, dem griechischen Gott der Träume). THE RED BULLETIN


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KO LUM NE

Thilo Mischke

BEGEGNUNGEN

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THILO MISCHKE

Ich will von ihm wissen, warum. Warum der Schmerz, die Entbehrung, warum er trotzdem immer fröhlich ist, warum er keine Xbox und keine Universität will, warum er keinen klassischen Lebenstraum lebt. Da wird er kurz ruhig, faltet die Hände hinter dem Kopf. «Wir alle haben dieselben Ängste», sagt er. «Ob arm oder reich, wir wissen doch überhaupt nicht mehr, was wir wollen. Hier, auf dem Zug, ist das anders.» Er erzählt von seiner Kindheit, er komme aus gutem Hause, aus Kalifornien. Die Eltern gaben ihm Ritalin, damit er ruhiger «Nimm einen Schluck», sagt TooTall. wird. «Als ich es abgesetzt habe», erklärt er, «habe ich verstanden, dass So heisst mein Begleiter, ein grosser ich losmuss. Meinen Weg finden.» Junge, gerade 20 Jahre alt. Viel zu Die Stahlschienen im Boden gross, deswegen der Spitzname. Von geben ihm die Richtung vor, keine aussen, da ist er ein schlaksiger Obdachloser, aber wer mit ihm spricht, Abzweigungen, das gibt Sicherheit. wer sich nicht vor seiner abgewetzten Die Bedürfnisse hier sind kleiner. Erscheinung fürchtet, der erkennt, Viel kleiner. Essen, schlafen, musidass Armut nicht Verzicht ­bedeuten Er will die Freiheit spüren, zieren, auf den Zug springen – und nicht herunterfallen. Die Träume muss. Dass ein fehlender Lebensplan die seinen Vorfahren in sind nicht so komplex, so aufwendig. nicht heisst, unfähig zum Träumen zu sein. diesem Land versprochen Wer von Chicago nach Dallas will, der braucht keinen Beruf, sondern TooTall ist ein Trainkid, er gehört wurde und die der Glück. Und das steht allen Menschen einer Gruppe von Menschen an, die heutigen Generation fehlt. zu. «Egal welche Hautfarbe, egal ob ausgestiegen sind aus dem Alltag der schwul, hetero, egal ob Amerikaner, USA. Er will die Freiheit spüren, die Mexikaner oder, so wie du, Deutscher. Als Trainkid gelten seinen Vorfahren in diesem Land versprochen wurde und für alle dieselben Regeln», erklärt er mir. die der jetzigen Generation fehlt. Er will den «American Dream» träumen, aber ohne Auto, ohne Eigenheim, ohne «Noch fünf Stunden, dann müssen wir runter», sagt Too100.000-Dollar-Job. Für ihn und immer mehr Jugendliche Tall. Ein Rangierbahnhof ist die Endstation. «Was willst findet der amerikanische Traum auf den Schienen statt. du mal werden, wenn du zu alt hierfür bist?», will ich «Im Sommer in den Norden, im Winter in den Süden», von ihm wissen, als wir langsam unsere Taschen packen. erklärt er mir sein Jahr und eigentlich sein Leben. Wie «Hollywoodstar», sagt er, und ich lache, so dass er verein Zugvogel streift er durch dieses Land, lässt die kalten Jahreszeiten hinter sich. steht, dass ich es ihm nicht glaube. «Doch», sagt er und meint es völlig ernst. «Wenn du nichts hattest – im Leben Die Lok steht. TooTall springt ins Kiesbett, es knirscht und auch hier, auf diesem Zug, habe ich nichts, ausser ­gefährlich. «Morgenwäsche», ruft er und lacht. James, mich selbst: Dann kannst du danach alles sein.» wie er wirklich heisst, pinkelt, putzt sich die Zähne und Ich lache nicht mehr, sondern glaube es ihm.

BLAGOVESTA BAKARDJIEVA

P

lötzlich ist da kein Lärm mehr. Ein Schlafsack hat mich vor der Kälte geschützt, als ich auf dem nackten Boden gelegen bin. Ich habe gefroren und geflucht. Habe, versteckt vor Sicherheitskräften, vor der US-amerikanischen Polizei auf einem fahrenden ­Güterwaggon geschlafen. Der Waggon steht jetzt mitten in ­einer sumpfigen Landschaft im Südwesten der USA. Schwalbenschwärme fliegen am Zug vorbei, ich weiss nicht, in welchem Bundesstaat ich bin, ich weiss nur, die Fahrt dauerte 13 Stunden. Meine Hände sind voller Öl, mein Gesicht brennt vom Russ der Diesellok.

sprüht Pfirsich-Deo in seine Achseln. Wer ein Trainkid ist, der stinkt, erklärt er mir später. Körperpflege lohne sich nicht. «Du wirst auf dem Zug sofort wieder schmutzig.» Der Zug ruckt, es geht weiter. Langsam, so dass wir uns unterhalten können, aber die Landschaft trotzdem im Augenwinkel verschmiert. Ich bin mit ihm seit 24 Stunden unterwegs. Betteln, musizieren, nachts im toten Winkel der Infrarotkameras im Staub kauern und auf langsam fahrende Züge springen. Wir lehnen uns aneinander, weil Stahl niemals bequem sein kann. Wir beide sind aus unterschiedlichen Welten. Aber nicht hier, nicht auf diesem Zug.

MARTIN GASCH

Er ist 200 Tage im Jahr unterwegs, Jetlag ist bei Korrespondent und Reisereporter Thilo Mischke (TVDokureihe «Uncovered») ein Dauerzustand. Auf seinen Expedi­tionen trifft der 38-jährige Berliner immer wieder Menschen, die ihn faszi­ nieren. Dieses Mal: TooTall, einen jungen Mann, der auf Güterzügen lebt und von Hollywood träumt.


F UND ST ÜCK

Die «Titanic»: Auf ihrer Jungfernfahrt rammte sie einen Eisberg. Sie sank am 15. April 1912.

Ein Löffel von der «Titanic»

AUFGETAUCHT

HENRY LEUTWYLER, SSPL VIA GETTY IMAGES

Ein schlichter Löffel, rostzerfressen vom salzigen Wasser des Atlantiks. Einzige Auffälligkeit: ein er­ habener, fünfzackiger Stern. Und trotzdem etwas ­Besonderes. Er war an Bord der RMS «Titanic», wurde aus 3800 Meter Tiefe geborgen (sowie die vergilbte Hälfte eines Gepäcksanhängers). Wer ihn betrachtet, denkt vermutlich an den jungen Leonardo DiCaprio, der dieser Katastrophe in der epischen Verfilmung der Tragödie ein Gesicht gegeben hat (1997). Du siehst, wie er sich zitternd an eine Planke klammert – bis er im Dunkel versinkt. Als eines von 1503 Opfern.

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SASCHA BIERL

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1 Verbinde die Rolle und die Becher (Öffnungen nach vorn), steck dein Handy in die Papp­ rolle – und dreh die Musik auf.

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Jetski-Retter Cosme, 39, auf dem Weg zum BigWave-Spot von NazarĂŠ, Portugal: erstaunlich gute Laune trotz extremer Gefahr


15 Sekunden

für ein Menschenleben SÉRGIO COSME ist Jetski-Rettungsfahrer in der grössten Welle der Welt. Er zieht gestürzte Surfer aus dem Atlantik, ehe sie von der nächsten zehn Stockwerke hohen Wasserwand überrollt werden. Dafür hat Cosme knapp 15 Sekunden Zeit. Seine Aufgabe: gelassen bleiben, damit andere überleben. Text ANDREAS ROTTENSCHLAGER  Fotos KONSTANTIN REYER   21


A Gute Aussicht: Cosme beobachtet den Atlantik vom Leuchtturm von Nazaré aus. Im Ernstfall müssen er und seine Kollegen Wellenhöhen und -abstände binnen Sekunden richtig einschätzen.

Riesenwelle am Big-Wave-Spot von Nazaré: Zwischen Oktober und März brechen vor dem portugiesischen Küstenort die grössten surfbaren Wellen der Welt.

«Stürzt ein Surfer, muss ihn Cosme binnen Sekunden in der riesigen Bucht finden.» 22

n einem kühlen Morgen Ende Dezember steht Sérgio Cosme am Fenster seines Schlafzimmers, nippt gedankenverloren an einer Tasse E ­ spresso und blickt auf die Stelle im Ozean, an der er 2017 beinahe starb. Cosmes Haus steht auf einem Felsen, der den ockerfarbenen Sandstrand von Nazaré überragt – einem Badestädtchen 120 Kilometer nördlich von Lissabon, vor dem sich jedes Jahr ein gewaltiges Naturphänomen abspielt. Zwischen Oktober und März wachsen vor ­Nazaré die grössten Wellen der Welt aus dem ­Atlantik: dunkelgraue Giganten, bis zu zwölf Stockwerke hoch und mehrere tausend Tonnen schwer. Ihre enorme Höhe erreichen sie auf­ grund eines rund 200 Kilometer langen Unter­ wasser-Canyons, der wie ein Pfeil auf Nazaré ­zuläuft. Die Wellen beschleunigen in dem ­Graben, der knapp vor der Küste an Tiefe ver­ liert, und springen über sein flaches Ende wie über eine Schanze. Das ist Cosmes Arbeitsplatz, an dem er fast ­gestorben wäre.

Sérgio Cosme, 39, schmale Schultern, drahtige 60 Kilogramm im nassen Wetsuit, ist einer der ­erfahrensten Jetski-Piloten am grössten Big-WaveSpot der Welt. Sein Job ist es, auf jene Handvoll Spitzenathleten aufzupassen, die in den Winter­ monaten die Brecher vor Nazaré reiten. Da Wellen dieser Höhe mit Muskelkraft allein nicht mehr angepaddelt werden können, lassen sich Big-Wave-Surfer von Jetski-Fahrern wie ­Cosme in die Wasserwände ziehen. Der Taxidienst ist die erste Aufgabe der Piloten. Die zweite ist wesentlich riskanter: Stürzt ein Surfer, muss ihn der Jetski-Fahrer bei brachial schwerem Seegang in einem mehrere tausend Quadratmeter grossen Gebiet suchen, mit dem Rettungsschlitten, der hinten am Jetski hängt, bergen und schnellstmöglich aus der Gefahren­ zone bringen. Sonst werden beide unter der nachkommenden Welle begraben. Der Zeitabstand zwischen zwei Wellen beträgt in Nazaré rund 10 bis 15 Sekunden. Kommt der Surfer nach dem Sturz nicht sofort wieder an die Oberfläche, schrumpft das Fenster für die Rettung noch weiter. Den Piloten bleiben daher nur Sekundenbruchteile, um eine lebenswichtige Entscheidung zu treffen: Schaffe ich die Strecke bis zum Surfer, bevor die nächste Welle bricht? Oder muss ich umkehren und zusehen, wie sie über ihn hinwegrollt, ehe ich es im nächsten Zeit­ fenster noch einmal versuche? THE RED BULLETIN


Sérgio Cosme auf dem Rettungs­ schlitten seines Jetskis: «Gelassenheit kannst du jeden Tag trainieren.»


«Klar hast du immer einen guten Plan. Aber in Nazaré musst du ihn ständig ändern.»

PEDRO CRUZ/WSL BIG WAVE AWARDS

Weltrekordfahrt: Am 8. November 2017 zieht Cosme (re.) den Brasilianer Rodrigo Koxa vor Nazaré in die grösste bisher von einem Menschen gesurfte Welle (24,38 Meter).

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Das ist die Herausforderung in Cosmes Job: einen kühlen Kopf zu bewahren, damit andere überleben.

C

osmes Tagwerk beginnt in einer Garage im alten Fischerhafen von Nazaré, die aussieht wie eine Mischung aus Second­ hand-Surf-Shop und Jung­gesellenbude: feuchte Neoprenanzüge, halbleere Chipstüten, in der Ecke tropft der Duschkopf ­einer Nasszelle. Cosme hat drei solcher Garagen gemietet, um seine fünf Jetskis zu warten. Gerade beugt er sich über die Batterie eines giftgrünen Yamaha VX – 100 Stundenkilometer Top-Speed, 300 Kilo­ gramm und 110 PS. «Der hier ist zu schwach», sagt Cosme. «Draussen im Wasser brauchst du 200 PS oder mehr.»

Die Wellen von Nazaré können Jetskis wie Spielzeuge durch die Luft wirbeln, ihre Sitze weg­reissen oder die Plastikverkleidung zer­ splittern. Bevor sich Cosme ins Wasser wagt, zurrt er deshalb alle Klappen mit Spanngurten fest, frei­stehende Teile wie Rückspiegel mon­ tiert er ab. Zu der wenig erquicklichen Gefahr, von einer tonnenschweren Welle erschlagen zu werden, ­gesellt sich bei seinen Rettungsfahrten dummer­ weise auch die Schwierigkeit, den Jetski durch Weisswasser zu steuern. Wenn eine Welle bricht, verwandelt sich der Surf-Spot in ein gigantisches Schaumbecken. Da der sogenannte white wash aus Wasser und Luft besteht, generiert der Jets­ ki-Propeller darin kaum Vortrieb. Cosme muss ihn mit präzise dosierten Gasschüben in Bewe­ gung setzen, sonst säuft der Jetski auf der Stelle ab. «Es ist wie Autofahren im Winter», sagt er.

«Wenn du auf einer Eispiste zu schnell Gas gibst, drehen die Reifen durch.» Der Unterschied ist, dass hinter Cosmes Auto eine Lawine heranrollt.

Cosme legt seine Rettungsweste an, die eine

Gaskartusche mit Luft füllt, sobald er die Reiss­ leine zieht. Dann schnallt er sich einen Gurt um den Bauch, an dem zwei Taucherflossen baumeln. Die Flossen sind Cosmes letzte Versicherung, falls der Worst Case im Einsatz eines Piloten eintritt: Er kentert, Surfer und Retter treiben im Wasser, die Welle schleudert den Jetski auf beide zu. In diesem Fall könnte Cosme versuchen, seine Flos­ sen anzuziehen und sich mit reiner Muskelkraft zurück an den Strand zu kämpfen. Für einen Mann, der in regelmässigen Ab­ ständen mit extremen Gefahrensituationen zu tun hat, wirkt Cosme erstaunlich gut gelaunt. Er ­lächelt oft, streut immer wieder ein komplizen­ haftes «Yeah, Brother!» in seine Erklärungen ein und beendet Sätze vorzugsweise mit einem auf­ munternden «Juhu!». Cosme sagt: «Ich kann mir keinen besseren Job vorstellen, als Leute aus dem Ozean zu ­retten. Fahren wir an die Mole. Juhu!»

Seine Liebe für Geschwindigkeit entdeckt

­ osme, noch ehe er seinen ersten Tag im Kinder­ C garten verbringt. Cosme wächst in Lissabon und Santa Cruz an Portugals Atlantikküste auf. Mit drei Jahren b ­ ekommt er sein erstes Minimotorrad geschenkt, mit vierzehn steht er zum ersten Mal auf einem Surfbrett. Er ist ein lebhaftes Kind, das oft stürzt und seine blauen Flecken stolz seiner Mutter präsentiert. Ein Ingenieursstudium bricht er später ab, um Motocrossrennen zu fahren,

Jede Sekunde zählt

Wie Jetski-Piloten Surfer nach einem Sturz retten, ehe die nächste Riesenwelle anrollt.

Welle

5. Jetski und Surfer flüchten vor der nächsten Welle

Welle 2.  Wipe-out 4. Der Surfer hievt sich auf den Rettungsschlitten 1. Der Jetski zieht den Surfer in die Welle

3. Der Jetski-Fahrer lokalisiert den Surfer

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CHRISTINA LOCK

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Fester Griff: Schafft es der gestĂźrzte Surfer nicht aus eigener Kraft auf den Jetski, muss ihm Cosme helfen.


Im Hauptquartier: In einer Garage im alten Hafen bereitet Cosme einen seiner fĂźnf Jetskis auf den Einsatz vor.


­ amals beginnt er auch, seine Kumpels mit dem d Jetski in die Wellen zu ziehen. Doch es dauert bis 2013, ehe sich Cosmes Leiden­schaften, der Ozean und der Motorsport, vereinen – auf denkbar unspektakuläre Weise. Es ist eine Google-Suchanfrage, die sein Leben ändert. Die Suchmaschine spuckt einen Kurs aus für «Rescue Operator in Big Wave Surfing». Cosme beisst an: «Ich hatte hunderte Stunden Jetski-­Erfahrung im portugiesischen Atlantik und aus meiner Zeit als Motorsportler ein gutes Gefühl für Timing und Distanzen.» Er besteht den Kurs. Nur ein Jahr später patrouilliert er in den gigantischen Wellen vor Na­ zaré, die zu dieser Zeit bereits die besten Big-Wave-Profis der Welt anlocken. Cosme schafft sich seinen Ruf als einer der führenden Piloten im Revier mit über einem Dutzend Rettungseinsätzen und zwei Weltrekorden: 2017 zieht er den Brasilianer Rodrigo Koxa vor Nazaré in die grösste Welle, die je ein Mensch ­gesurft hat (24,38 Meter). Ein Jahr später überwacht er als zweiter Rettungsfahrer Maya Ga­ beiras Weltrekord der Damen (20,72 Meter). Cosme sagt: «Ich kann meinen Surfern grösstmögliche Sicherheit bei jeder Wellenlage bieten. Aber in Nazaré gibt es Situationen, in denen du selbst den besten Plan binnen Sekunden ändern musst.»

D

er Tag, an dem Cosme beinahe stirbt, beginnt mit einem Erfolgserlebnis. Am 4. Jänner 2017 begleitet Cosme den brasilianischen Surfer Fabiano Tissot in eine dunkelgraue Sieben-Meter-Welle. Tissot gelingt ein eleganter Ritt. Er gleitet die steile Wellen­wand hinab, hinaus aus der Gefahren­ zone. Dann packt er den Rettungsschlitten und gibt Cosme das Zeichen zur Abfahrt. Doch dieses Mal stimmt das Timing nicht. «Als ich mich umdrehte, um nach Fabiano zu sehen, hatte ihn das Weisswasser der nächsten Welle bereits verschluckt», erinnert sich Cosme. Cosme gibt Vollgas. Auf der Flucht gerät sein ­Jetski ins Schlingern, dreht zur Seite ab und verkantet. Cosme wird ins Meer katapultiert. Die wütende Welle spült seinen gut 300 Kilo schweren Jetski direkt auf ihn zu. ­Cosme gerät in die Walze, die ihn herumwirbelt wie einen Tischtennisball in einer Waschmaschine. Sein Jetski trifft ihn am Kopf. Kurz vor dem Blackout zieht Cosme die Reissleine seiner Rettungsweste und taucht in einer Wolke aus Weisswasser wieder auf. «Ich war komplett von Schaum eingeschlossen. Ich wusste nicht, wo oben oder unten ist.» Zeit, sich zu orientieren, hat Cosme nicht, hinter ihm wächst bereits die nächste Welle. Sie donnert mit voller Wucht über ihn.

Cosmes Jetski von innen. «Ich brauche mindestens 200 PS unter der Haube, um mich in Nazaré sicher zu fühlen.»

Cosme sagt: «Ärger verbraucht nur Energie. Also schieb ihn einfach weg.»   29


Cosme versucht, Ruhe zu bewahren, sich im Ozean treiben zu lassen. Entgegen allen Instink­ ten in solchen Situationen gelingt es ihm, unter Wasser die Augen zu öffnen. Er liest den Meeres­ boden, sucht einen Ausgang und schleppt sich mit Schmerzen in Brust und Kopf an den Strand.

Fragt man Cosme, wie man solche Situationen überlebt, sagt er: «Indem du ruhig bleibst.» Hinter dieser lapidaren Antwort steckt allerdings die ­alles entscheidende mentale Leistung, der sich Big-Wave-Surfer und Jetski-Fahrer stellen müssen:

«Mein Erfolg? Wenn abends alle gesund in der Garage sitzen.»

Eine letzte Jetski-Runde vor Sonnenuntergang. Cosme wird nie so berühmt werden wie die Leute, für die er sein Leben riskiert. Er sagt: «Ich kann mir keinen besseren Job vorstellen.»

Abends im Hafen: Cosme verlädt den Jetski auf den Anhänger seines Pick-ups. Bevor die nächsten grossen Wellen angesagt werden, ist er wieder einsatzbereit.

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gelassen bleiben, während man von einer Riesen­ welle unter Wasser gezogen und minutenlang festgehalten wird. Surfer wie etwa Rodrigo Koxa schaffen sich für solche Notfälle einen mentalen «Happy Place»: Sie speichern Gedanken an einen besonders schönen Ort oder ein glückerfülltes Erlebnis wie ein Mantra ab, so lange, bis sie in der Lage sind, diese positiven Gefühle auf Knopfdruck abzu­rufen, um zu entspannen. Und dadurch zu überleben. Cosme kennt die Technik. Aber als er am 4. Jänner durch die Wellenwalze wirbelt, denkt er zuerst nur eines: «Verdammt!» Doch dann greift sein Training. Cosme ver­ bannt Angst und Panik aus seinem Gehirn. Als Rettungsschwimmer und Yogaschüler hat er ­jahrelang an dieser Fertigkeit gearbeitet. Es ist die Königsfrage: Wie generiert man Gelassenheit in Situationen, die exakt das Gegenteil von Ge­ lassenheit durch Körper und Geist peitschen?

Cosme erklärt, am besten trainiere man in ­ leinen Schritten. Dafür baut er Übungen in sei­ k nen Alltag ein. «Gedanken, die keinen unmittel­ baren Nutzen in einer ärgerlichen Situation ­haben, s­ ollte man sofort vergessen», sagt er. «Du stehst im Stau? Dein Chef pöbelt? Klar nervt das. Aber Ärger macht deine Situation objektiv gesehen nicht besser. Denn wer sich ärgert, ver­ braucht unnötig Energie. Also schieb den Ärger weg.» N ­ atürlich, sagt Cosme, helfe ihm bei einer ­Katastrophe seine Ausbildung und die jahre­ lange Erfahrung im Wasser. «Aber wenn es um Gelassenheit geht, setze ich oft lieber auf die ­grosse Kraft sehr kleiner Szenarien, als auf den nächsten mentalen Notfall zu warten.» Man kön­ ne also sofort und relativ leicht mit dem Training beginnen. Wenn man das nächste Mal im Stau steht. Oder wenn der Chef nervt. Juhu.

A

n diesem Abend dreht Cosme auf dem Jetski noch einige lockere Runden um den Festungsfelsen von Nazaré, auf dem der berühmte rote Leuchtturm thront – der Aussichtspunkt für Kameraleute, TV-Reporter und Big-Wave-Touristen. Cosme kehrt völlig durchnässt zurück. Er ­lächelt und schiebt seinen Jetski auf den An­ hänger seines Toyota-Pick-ups. Vor uns steht ein patschnasser Mann, der nie so berühmt werden wird wie die Leute, für die er sein Leben riskiert. Der von dem Geld, das er verdient, die Miete für seine drei Garagen und das Haus zahlen kann und manchmal von einer befreundeten Restaurant­ besitzerin auf ein Abendessen eingeladen wird, weil das Poster von Cosmes Weltrekordfahrt an der Wand ihres Lokals hängt. Was Erfolg für ihn bedeutet? «Wenn am Abend alle meine Surfer gesund bei mir in der Garage sitzen», sagt Cosme. Dann war es ein guter Tag. Cosme in der Welle: instagram.com/sergiocosmico THE RED BULLETIN


schnell viele Stunden bei ­kritischen Verhältnissen. Davon profitieren wir Surfer, aber auch die Jetski-Fahrer. Der Unterschied ist: Jets­ ki-Fahrer ernten kaum Ruhm für ihren Beruf, haben aber ein ähnlich hohes Verletzungs­ risiko wie die Surfer.

Der Surfer Andy Cotton brach sich bei einem Crash in Nazaré 2017 den Rücken.

«Nur wenige sind dazu fähig»

Wie erleben Big-Wave-Surfer die Rettung aus dem Wasser? Der Brite ANDY COTTON, 36, über die Beziehung zwischen Athlet und Jetski-Fahrer, Freude am Risiko und den Wipe-out seines Lebens. the red bulletin: Herr Cotton, wenn Sie die gigantischen Wellen vor Nazaré surfen, vertrauen Sie Ihrem Jetski-Fahrer Ihre Gesundheit und vielleicht sogar Ihr Leben an. Was zeichnet einen guten Piloten aus? andy cotton: Er muss Situ­ ationen, die über Leben und Tod entscheiden können, binnen Sekunden richtig ein­ schätzen – mehrmals pro Tag und oft unter Stress. Es gibt nur wenige Menschen, die Ozeanwellen so präzise lesen können. Einheimische Fischer vielleicht, aber die haben dafür stundenlang Zeit. Was Sérgio Cosme und die ande­ ren Jetski-Piloten leisten, ist bewundernswert. Sie surfen seit 2010 in Nazaré und haben viele Stunden mit unterschiedlichen Jetski-Fahrern in der Welle verbracht. Wie würden Sie THE RED BULLETIN

die Beziehung zwischen Surfer und Pilot beschreiben? Die Beziehung ist eng, fast wie in einer guten Ehe. (Lacht.) Du willst einen Partner, der die gleichen Ziele wie du mit Leidenschaft verfolgt. Und du musst seinen Entscheidungen vertrauen. Die Beziehung kann auf jeden Fall sehr emo­ tional werden. Wenn Sie als Surfer stürzen, treiben Sie in einem riesigen Areal aus Weisswasser. In den YouTube-Videos erkennt man nur einen winzigen schwarzen Punkt in den Wellen. Wie können Sie einen Rettungsfahrer in so einer Situation auf sich aufmerksam machen? Wenn er nahe bei dir ist, mit Handzeichen. Ausserdem unterstützt uns bei den meis­ ten Surf-Sessions ein Spotter an Land – ein Kollege mit Fernglas, der dem Rettungspi­

loten über Funk die Position des Surfers durchgibt. Aber seien wir ehrlich: Als Mensch kannst du nicht gegen den Ozean gewinnen. Du musst deinem Team vertrauen und versuchen, ruhig zu bleiben …

«Das ist Teil der Faszination des Lebens: Angst fühlen und sie überwinden.» …während die nächste Riesenwelle auf Sie zurollt. Für Laien klingt das fast ­unmöglich. Es ist wie in jedem Sport: Mehr Training macht dich besser. Nazaré ist einer der stabilsten Big-Wave-Spots der Welt. Du sammelst sehr

Apropos Verletzung: Sie ­haben sich bei einem Wipe-­ out in Nazaré 2017 den ­Rücken gebrochen. Erinnern Sie sich noch an die letzten ­Sekunden vor dem Sturz? Klar. Und da war auch Angst dabei. Aber nicht in einem Ausmass, dass ich die Situa­ tion nicht hätte bewältigen können. Was wir machen, mag verrückt aussehen, aber wir trainieren hart für solche Notfälle. Denkt man nach so einem Sturz anders über seinen Beruf? Klar fragst du dich: «Warum mache ich das?» Aber sobald ich wieder in Nazaré war, hatte ich die Frage für mich relativ rasch beantwortet: weil ich das Surfen liebe. Ich habe meinen alten Beruf – ich war Installateur – für das Wellen­ reiten aufgegeben. Es ist also kein Job für mich, sondern mein Traum. Trotzdem gehen Sie jedes Mal ein Risiko ein, wenn Sie in eine Welle starten. Das ist ein Teil der Faszination­ des Lebens: die Angst zu ­spüren und sie zu überwinden. Wir sagen viel zu oft: «Oh, das könnte gefährlich sein. Ich mache das lieber nicht.» Es gibt Menschen, die ihr ganzes Leben so verbringen. Es muss ja nicht jeder eine Riesenwelle surfen. Natürlich nicht. Aber Heraus­ forderungen warten überall, im Job, im Alltag. Es ist ein grosser Unterschied, ob du nur von etwas träumst oder ob du versuchst, deinen Traum zu realisieren. Andy Cotton auf Instagram: @andrew_cotty

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HE RO ES

Brie Larson

«  FINDE DEINE PERSÖNLICHE REVOLUTION»

Genau. Aber man muss auch dazu stehen. Nur dann wird der Rest der Welt einem auch folgen.

«Erst wenn du herausgefordert wirst, muss sich dein Gehirn neu organisieren.»

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the red bulletin: In ­«Captain Marvel» verkörpern Sie eine der mächtigsten Superheldinnen des Marvel-­ Universums. Schon einmal nachgedacht, wie wir in unserem eigenen Leben zu Helden werden könnten? brie larson: Ja. Die Antwort lautet meiner Meinung nach: indem wir uns nicht verbiegen.­ In den vergangenen Jahren habe ich einen grossen «inneren Wachstumsschub» erfahren und begonnen, die Welt mit anderen Augen zu sehen. Der Wunsch, etwas zu ver­ ändern, wurde immer stärker. Eine Freundin, die Vollzeit­ aktivistin ist, riet mir, darüber nachzudenken: «Was ist es, was nur du machen kannst? Was ist deine Spezialität? Wenn du die Antwort darauf findest, dann weisst du: Das wird deine persönliche Revolution sein. Darin kannst du aktiv werden.» Aber das ist ­natürlich für jeden anders.

Und was, wenn man nicht so eine Mutter hat? Wie kann man sich dennoch ­dahingehend entwickeln? Ein wichtiger Punkt ist, dass du auch einmal schwierige Zeiten durchmachst. Wenn du immer nur das tust, was funktioniert, dann denkt dein Gehirn gar nicht mehr dar­ über nach, sondern sagt sich: «Wunderbar, ich m ­ ache einfach so weiter.» Wenn du aber mit etwas konfrontiert wirst, was dich herausfordert, dir Angst macht und dich vielleicht sogar am Boden zerstört, erst dann muss sich dein Gehirn neu organisieren. Nur so finden wir zu uns selbst. Gibt es etwas, was Ihnen Angst macht? Ja, das Unbekannte, wie jedem anderen Menschen auch. Ich weiss zum Beispiel nicht, was passieren wird, wenn d ­ ieser Film in die Kinos kommt.

RÜDIGER STURM/JULIA ZIMANOFSKY

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is vor drei Jahren war der Name Brie Larson nur ausgewiesenen Insidern ein Begriff – doch seit ihrem Oscar für «Raum» zählt die 29-Jährige, die gern zwischen Blockbustern wie «Kong: Skull Island» und Independent-Dramen wechselt, zu Hollywoods ­hei­ssesten Aktien. Noch in diesem Jahr wird die Amerikanerin in neue Stratosphären durchstarten – in «Captain Marvel» und «Avengers: Endgame» tritt sie als Superheldin an, das Universum zu retten. In unserem Interview gibt Brie Larson dann auch zu Protokoll, wie wir uns selbst retten können. Nur so viel vorab: Es hat mit Mut, Neugier und einer warmen Decke zu tun.

ZOEY GROSSMAN

Als «Captain Marvel» versucht Hollywood­ schauspielerin Brie Larson, die Welt zu retten. Abseits der Leinwand hat sie ebenfalls eine Mission. Sie kämpft engagiert gegen Sexismus, Trumps Politik – und ihre eigenen Ängste.

Können Sie das jetzt ein biss­chen konkreter defi­ nieren? Man muss sich völlig im Klaren darüber sein, wer man ist und was man kann. Das muss man dann auch leben, und man darf sich von niemandem vorschreiben lassen, dass man anders sein sollte. Das habe ich schon früh erkannt – auch dank meiner Mutter, die mich immer voll unterstützt hat.

Sie behaupten, man muss sich also selbst erkennen, um eine Revolution in Gang zu setzen? THE RED BULLETIN


Superheldin mit vielen Talenten: ­Oscarpreisträgerin Brie Larson, 29, kann auch singen.


vorzusprechen – das Ganze ging über einen Zeitraum von 15 Jahren. Und bei fast allen diesen Terminen wurde ich ab­gelehnt. Trotzdem blieb ich am Ball und gab nicht auf – wahrscheinlich, weil ich wusste, dass ich nicht mehr ohne diesen Job leben wollte.

Bei Ihnen klingt das, als wäre die Konfrontation mit den eigenen Ängsten ein Klacks. So ist es nicht, ganz im Gegen­ teil. Wenn ich Angst habe, ist es, als hätte ich Fieber. Es überwältigt und lähmt mich. Aber wie jedes Fieber erreicht auch dieses seinen Höhe­ punkt, dann geht es zurück – und zu guter Letzt gehst du gestärkt daraus hervor. Ich will also diese Konfrontation bewusst erleben. Denn so sehe ich klarer, wie dieser Prozess abläuft, und werde nicht von ihm kontrolliert.

Die Frustration muss enorm gewesen sein. Natürlich, aber sie hat auch mein mentales Rückgrat gebildet. Ich weiss, dass zum Leben ­alles dazugehört. Du kannst nicht stets sagen: Das will ich – das nicht. Das Leben ist unangenehm, aber es ist auch wunderbar, herrlich, magisch und bringt dich an Orte, die du dir nie ­erträumt hättest. Sosehr ich mich nach Strukturen und Kontrolle sehne – wenn ich wählen müsste zwischen ­allem oder nichts, würde ich ­alles nehmen.

Hatten Sie diese Einstellung immer schon? Irgendwie ja. Ich habe mit ­sieben Jahren angefangen, praktisch jeden Tag für Rollen

Haben Sie Techniken, die Ihnen bei diesem Prozess helfen? Lesen hilft. Bücher waren für mich immer ein Quell der In­

Mit den Waffen einer Frau: Brie Larson ist die erste Titelheldin im Marvel-Kino-Universum.

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spiration. Zum Beispiel könnte ich jetzt lange über den «Zau­ berberg» sprechen, mein Lieb­ lingsbuch. Und ich mag es, konstant dazuzulernen. Wenn ich einen Film wie «Captain Marvel» drehe, möchte ich auch möglichst viel über den Prozess des Filmemachens

«Was ich an meinem Job liebe? Dass ich reihenweise Fehler machen kann.» mitbekommen und ihn aus ­allen möglichen Perspektiven studieren – nicht nur aus der einer Schauspielerin. Wie sieht es mit körper­ lichen Aktivitäten aus? Als ich mich auf «Captain Marvel» vorbereitete, habe ich Judo für mich entdeckt. Das mache ich allerdings nicht bloss, um meinen Pulsschlag zu erhöhen, mir geht es um die mentale Erfahrung. Apropos mentale Erfahrung: Momentan reiten Sie auf ­einer Erfolgswelle, eines Tages aber werden Sie viel­ leicht auch einmal scheitern. Wie werden Sie damit klar­ kommen? Dazu muss man zuerst einmal wissen: In meinem Job gibt es eine hohe Fehlerquote. Das meiste, was ich drehe, landet gar nicht im fertigen Film. Aber ich liebe es, dass ich ­reihenweise Fehler machen kann, um zum Endresultat zu kommen. Ansonsten braucht es l­ ediglich Zeit, um mit Ent­ täuschungen fertig zu werden. Bis dahin verkrieche ich mich unter einer warmen Decke, lese ein gutes Buch, höre ­Musik oder meditiere. Aber das Wichtigste ist die Gewiss­ heit: Alles geht wieder vorbei. «Captain Marvel» startet am 7. März; marvel.com/movies THE RED BULLETIN

FILM FRAME©MARVEL STUDIOS 2019

Ist bei derartigen Comics der Erfolg nicht ohnehin programmiert? Nicht unbedingt. Wobei ich zugeben muss: Ich habe heute­ sicher weniger Angst als ­früher. Ich bin immer schon sehr neugierig gewesen, des­ halb faszinieren mich Dinge, die unbekannt, gefährlich oder mysteriös erscheinen.


HE RO ES

Charlotte Gainsbourg

EXTREME AUSLOTEN! Die französische Musikerin und Art­ house-Queen verrät ihre Lieblingsfilme.

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AMY TROOST

MARCEL ANDERS

ls Tochter des fran­ zösischen Songwriters Serge Gainsbourg und der briti­ schen Schauspielerin Jane ­Birkin wurde Charlotte Gains­ bourg die Kunst quasi in die Wiege gelegt. Ihrem Gesangs­ debüt mit zwölf – dem skandal­ umwitterten Vater-Tochter-­ Duett «Lemon Incest» (1984) – folgten Schauspieltriumphe, etwa in Lars von Triers «Anti­ christ» (2009) und «Melan­ cholia» (2011). Zur Ikone wurde die heute 47-Jährige auch durch Alben wie «Stage Whisper» (2011) und «Rest» (2017). Hier nennt sie vier ­Filme, die sie geprägt haben. charlottegainsbourg.com

«JEUX INTERDITS» – RENÉ CLÉMENT (1952) «‹Verbotene› Spiele war eine meiner frühesten starken emotionalen Erfahrungen. Es geht darum, wie unschuldig und spielerisch diese Kinder den Zweiten Weltkrieg erlebt und verarbeitet haben. Ich kann noch jede Zeile aus­ wendig. Dieser Film hat mich zur Schauspielerin gemacht.» THE RED BULLETIN

«JE T’AIME MOI NON PLUS» – SERGE ­GAINSBOURG (1976) «Ich war 18, als ich ‹Je t’aime› zum ersten Mal sah. Der Film handelt ganz klar von der ­Beziehung meiner Eltern, und die Sexszenen fand ich eher lustig als schockierend. Für mich sind meine Eltern die perfekten Menschen – wegen, nicht trotz ihrer Fehler.»

«A NOS AMOURS» – MAURICE PIALAT (1983) «Ich liebe Maurice Pialats gnadenlosen Realismus, be­ sonders in ‹Auf das, was wir lieben›. Wegen Pialat arbei­ te ich lieber mit Leuten wie Lars von Trier als mit diesen Hollywood-Heinis: Ich will raus aus der Komfortzone, Grenzen überschreiten, ­Extreme ausloten!»

«LES QUATRE CENTS COUPS» – FRANÇOIS TRUFFAUT (1959) «‹Sie küssten und sie schlu­ gen ihn› macht richtig Spass. Alles wirkt spontan, als hätte Truffaut nur die Kamera draufgehalten – eine Meisterleistung! Du hast den Film noch nicht gesehen? Dann lass alles liegen und ­stehen, sieh ihn dir sofort an!»   35


HE RO ES

Mit der Biker-Serie «Sons of Anarchy» schaffte Charlie Hunnam den Durchbruch. Doch dann kam ein Flop. Und mit ihm die Angst vor dem Scheitern.

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he red bulletin: In dem Actionthriller «Triple Frontier» spielen Sie das Mitglied einer Veteranentruppe, die ein Drogenkartell berauben will. Lernt man aus solchen Rollen eigentlich auch etwas fürs Leben? charlie hunnam: Durchaus. In dem Fall vor allem, wie wichtig das Gefühl von Brüder­ lichkeit ist. Ich habe in der Vorbereitung das Buch «Tribe» von Sebastian Junger gelesen, das auf seinen Erfahrungen als «Embedded Journalist» beruht. Er zeigt darin sehr eindringlich die Bedeutung von Gemeinschaftssinn auf – und was unsere Gesellschaft in dieser Hinsicht von alten Stammeskulturen, aber auch von Soldaten lernen kann. Und das wäre? Die wahre Essenz unseres Lebens liegt in unseren Be­ ziehungen, dem Vertrauen zu ­unseren Eltern, Geschwistern, Freunden und natürlich ­unseren Partnern. Dement­

«Ich habe meiner eigenen Dunkelheit ins Antlitz geblickt.» 36

sprechend viel Zeit und Energie müssen wir diesen Beziehungen widmen. Das ist existenziell, denn wir alle ­befinden uns im ständigen Kampf mit dem Drachen … Dem Drachen …? Einem Monster mit zwei ­Köpfen. Das Bild mag sehr dramatisch anmuten, aber es hilft mir, meine inneren Kon­ flikte zu visualisieren. Der erste Kopf des Drachen, das sind die negativen Erfahrungen unseres Lebens, die Enttäu­ schungen, der Liebeskummer und die Schande. Der zweite Kopf ist die pure menschliche Existenzangst. Beiden müssen wir uns immer wieder stellen. Ein Beispiel? 2017 kamen zwei für mich sehr wichtige Filme heraus: «King Arthur» und «Die ver­ sunkene Stadt Z», beide waren auf ihre Weise Misserfolge, und das war hart. Im ersten Kopf des Drachen nistete sich darum der Gedanke ein, dass es nur noch einen einzigen Flop braucht und ich nie wie­ der einen Film-Job bekomme.

Welche Rolle spielen dabei die eingangs erwähnten ­Beziehungen? Die Hauptrolle, denn sie geben dir das Vertrauen. Im Kampf gegen deine Ängste ist die Zeit, die du mit Menschen ver­ bringst, die du liebst, deine wichtigste Handhabe. Gemein­ sam mit der Natur, denn die ist der beste Heiler. Jedes Mal, wenn ich mich so richtig be­ schissen fühle, ziehe ich mich am schönsten Ort, zu dem ich ­gerade Zugang habe, für eine Weile ganz allein zurück. Das wirkt Wunder. Und wie begegnen Sie dem zweiten Drachenkopf, der puren Existenzangst? Dafür habe ich Kundalini ge­ funden, eine Yoga- und Medi­ tationstechnik, die mein Leben grundlegend verändert hat. Das Prinzip dabei ist, dass du in dich hineinschaust und dich mit deiner eigenen Dunkelheit konfrontierst. Das ist so, als wärst du nachts im Wald. Zu­ erst kannst du nichts sehen, und jeder Laut wirkt bedroh­ lich. Aber nach einiger Zeit ­gewöhnst du dich daran und begreifst: Diese knarzenden Laute kommen nur von den Zweigen einer Eiche, die sich im Wind wiegen. Letztlich läuft es auf eine Erkenntnis hin­ aus, die Franklin D. Roosevelt formulierte: «Das Einzige, wo­ vor wir Angst haben müssen, ist die Angst selbst.» «Triple Frontier» startet am 15. März, netflix.com

Und wie besiegt man diese Angst vor dem Scheitern? Ich konzentriere mich auf den wesentlichen Arbeitsprozess, auf meine wahren Ziele. Ich THE RED BULLETIN

RÜDIGER STURM

STELL DICH DEM DRACHEN!

MAARTEN DE BOER/CONTOUR

Charlie Hunnam

stehe jeden Tag auf und ver­ suche einfach, die beste Ver­ sion meiner selbst zu sein und den bestmöglichen Job zu machen. Damals zum Bei­ spiel setzte ich mich hin und schrieb ein Drehbuch – was eine grossartige Erfahrung war. Ängste und Enttäuschun­ gen lassen sich am besten ­ausblenden, indem man neue, positive Ziele einblendet.


Charlie Hunnam, 38, hat eine ÂŤfabelhafteÂť Methode entwickelt, seine inneren Ă„ngste zu besiegen.



DAS KONZEPT DER FREIHEIT MAGNUS WALKER ist keine typische Stilikone. Selbstverwirklichung ist sein Lebensziel, auf die Aussenwirkung aber pfeift er vollkommen. Erklärung folgt. Text SCOTT JOHNSON  Fotos JIM KRANTZ

Oldtimer-Fan Magnus Walker: «Leidenschaft kannst du nicht produzieren.»

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ZU WALKERS KUNDEN ZÄHLEN GROSSKONZERNE WIE DISNEY ODER UNIVERSAL STUDIOS.


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OS ANGELES,  kurz vor Sonnenuntergang. ­ agnus Walker blickt von einem der Aussichtspunkte M des hoch gelegenen Angeles Crest Highway auf die Lichter seiner Wahlheimat, die in der Ferne glitzern. Er sitzt in seinem bevorzugten Porsche, einem 911 T, Baujahr 1971, in auffälligem rot-weiss-blauem Design. Die Abendsonne taucht die umliegenden Berge in sanftes Licht, und eine leichte Brise weht über die kargen Hänge. Walker kontrolliert die Schaltung, die Spiegel und seinen Gurt. Die ausgeprägte Ruhe weicht in Sekundenschnelle dem Lärm der über­ wältigenden Triebkraft. Der Porsche rast mit über 140 km/h den Highway entlang, der Geschwindigkeitsrausch vereinnahmt Geist und Körper. Walker lehnt sich zur Seite, als der Wagen durch eine Haarnadelkurve jagt. Der unbedarfte Beifahrer sieht den Porsche vor seinem geistigen Auge schon über den Abgrund hinausschiessen, doch er liegt gut in der Kurve. Wie ein Surfer auf der perfekten Welle manövriert auch Walker uns souverän aus der Kehre. In

e­ inem Moment der Euphorie beschleunigt er gleich noch etwas mehr, als hätte ihn dieser kleine Triumph zusätzlich angespornt. Nur das Motorengeheul des Porsche ist zu hören, als er wie vom Teufel getrieben durch die Serpentinen schiesst. Magnus Walker, der unorthodoxe Modedesigner und Porsche-Liebhaber, spricht gern über Freiheit, denn die spielt in seinem Werdegang eine zentrale Rolle. Der Brite aus der Arbeiterstadt Sheffield schmiss einst die Schule, bevor er im Land der unbegrenzten Möglichkeiten sein Glück machte. Auch der Name seines neuen Unternehmens Urban Outlaw ­unterstreicht dieses Konzept von Wildnis und Freiheit. Mit dieser Markenidentität hat Walker seine Lebenseinstellung auf den Punkt gebracht. Die offensicht­ liche Gegensätzlichkeit entbehrt natürlich nicht einer gewissen Ironie. Walker verdiente einerseits Millionen mit dem Verkauf seiner Klamotten an Grosskonzerne wie Disney oder die Universal Studios. Gleichzeitig pflegt er das Image des ungehobelten Raubeins mit ­einer hochstilisierten Kombination aus Dreadlocks, Leder, Jeans und Boots, die seinen sehr persönlichen Look ausmachen. Einen Look, der ehrlich und un­ verfälscht, authentisch ist – und der sich verkaufen lässt, weil er das gewisse Etwas hat. Sein Konzept geht auf. Ob er für Porsche an einem internationalen Marketing-Event in Mexiko-Stadt teilnimmt, anlässlich einer Konferenz in Portland, Oregon, A ­ utogramme verteilt oder im Rahmen eines TEDx Talks vor einem betuchten Publikum spricht – Walker, der Gesetzlose, vereint in seiner Persönlichkeit viele Gegensätze: Er ist der zottelige Gegen­ entwurf zum Materialismus, aber er repräsentiert gleichzeitig auch eine enorm erfolgreiche Marke, die einem strengen Konzept folgt.

Walker inmitten seiner Porsche-Kollektion: «Ich habe im Leben immer nur das gemacht, worauf ich Lust hatte.»

THE RED BULLETIN

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WALKERS FREIHEITSKONZEPT IST KEINE LEERE MARKETING -HÜLSE. MAN MERKT RASCH, DASS ER DAFÜR BRENNT. Genau deshalb war es ihm so wichtig, mit seinem Gast den Angeles Crest Highway abzufahren. Wer hier Höhenluft schnuppert, merkt schnell, dass Walkers Freiheitskonzept keine leere Marketing-Hülse ist, sondern dass er mit Leib und Seele für diese Idee brennt. Nirgendwo wird dies deutlicher als auf dem Beifahrersitz seines Porsche, wenn man angesichts des wahnwitzigen Tiefflugs über den Asphalt alles um sich herum vergisst. Wie eine Lebensader von spektakulärer Schönheit schlängelt sich der Highway durch die Berge, nicht einmal eine halbe Stunde Fahrt liegt zwischen dem dröhnenden Stadtverkehr von Downtown L. A. und dem idyllischen Angeles ­National Forest. Der Highway ist W ­ alkers Lieblingsstrecke – so fühlt sich Freiheit an.

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alker wuchs in einer Familie der Mittelschicht im nordenglischen Sheffield auf, der selbst ernannten «Wiege des Edelstahls». An den Wochenenden besuchte er mit seiner Familie traditionelle Landsitze und Herrenhäuser mit ihren Rauchzimmern, Ledersofas und kunstvollen Steinarbeiten. In seiner Freizeit machte er Crosslauf. Mit der Singer-Nähmaschine seiner Mutter nähte er Iron-Maiden-Abzeichen auf seine Jeans. Er sah sich als Einzelgänger. 1986 verliess er Sheffield, jobbte zunächst als ­Jugendbetreuer beim Sommerlager-Veranstalter Camp America und zog danach nach Kalifornien. ­Damals machten Verkäufer und Künstler die Strand­ promenade von Venice Beach zum kreativen Hotspot. Walker begann mit eigenen Designs. «Industrial Hippie» nannte er seinen Look – perfekt für jemanden, der sich selbst in keine Schublade stecken lässt. In Kalifornien hatte er die Gelegenheit, sich selbst neu zu erfinden. Er entwarf «eine Art RenaissanceSchlapphut», der zum Verkaufsschlager wurde. ­(«Dabei habe ich gar keinen Draht zur Renaissance.») Im nächsten Schritt kaufte er günstig Levi’s-Jeans für 50 Cent das Stück auf, verzierte sie wild mit bunten Fetzen aus Paisley-Stoff, Satin und Leder und ­verkaufte sie gewinnbringend weiter. Von den ersten Geschäftseinnahmen verwirklichte er einen Kindheitstraum und kaufte 1992 seinen ersten Porsche 911, schliesslich hatte er schon als Zehnjähriger einen glühenden Fanbrief an den Autohersteller geschrieben. Walkers innovativer Stil kam gut an, und seine Firma Venetian Paradise, die er zusammen mit seiner Frau Karen führte, wuchs. Das Paar versorgte Einzel­ händler auf der Melrose Avenue mit Grosslieferungen. Schon bald standen Disneyland, Six Flags Magic Mountain und die Universal Studios Schlange. Prominente liebten seinen Look – jeder stand auf seinen Style. Er ging mit Alice Cooper auf Tour. «Auf der Promenade in Venice Beach hat alles angefangen», erinnert sich Walker. «Ich hatte endlich etwas gefunden, das ich gut konnte und womit ich – ganz ohne Ausbildung – ordentlich Geld verdiene.»

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eitdem hat Walker ein Riesenvermögen gemacht und sich einen Riesenfuhrpark auf­ gebaut. 13 seiner Neunelfer stehen in Reih und Glied in der Garage eines 2 500-Quadratmeter-Lofts im Arts District von L. A. Als ein kom­ paktes Ganzes diente Walker das Loft zudem als Wohnung, wurde zum Film- und Fernsehset und ist Firmen- und Markensitz. Vor kurzem, an einem Oktobermorgen, verfolgt Walker aufgeregt, wie ein kirschroter Lotus Esprit, Baujahr 1979, langsam von der Laderampe eines ­Sattelzugs rollt. Man erkennt gleich, dass es sich um den Typ Sportwagen aus «James Bond – In tödlicher Mission» (1981) handelt. Ein schnittiger, abgeflachter Wagen, der sofort die Assoziationen Sex, Lavalampen und 70s-Style hervorruft. Erst bei näherem Hinsehen entdeckt man die subtileren Qualitäten: ein an­ gehobenes Armaturenbrett mit einem Wirrwarr an Knöpfen und Schaltern, ein Schaltknüppel mit Holzgriff und Ledersitze, die so verschlissen sind, dass man meinen könnte, James Bond höchstpersönlich habe schon darin gesessen. Walker hat den Wagen im Internet gefunden und ungesehen gekauft. Sobald der Lotus sicher auf der Willow Street steht, einer immer beliebter werdenden Strasse unweit der berühmten Sixth Street Bridge, schwingt sich Walker hinters Lenk­ rad und streicht andächtig über den Schaltknüppel. «Ich dreh mal schnell eine Runde um den Block», grinst er. Der Lotus röhrt auf, Walker gibt Gas und ist schon um die nächste Ecke verschwunden. Walker schert sich nicht darum, was andere denken. Wenn er erzählt, wie er durch sein Modelabel an dieses Loft gekommen ist, referiert er bei der Gelegenheit gern ausführlich darüber, wie sehr er auf die Meinung anderer Leute pfeift. Über diese Gleichgültigkeit definiert sich Walker regelrecht. Immerhin hat sich der L.-A.-Kenner in die Immobilie verliebt, lange bevor er die enormen Vorzüge von Downtown zu schätzen wusste – und damit genau den richtigen Riecher bewiesen. Im Jahr 2000 kaufte er mit Karen das riesige Gebäude und baute es zum Domizil seiner Träume um. Im Erdgeschoss zog das Atelier für sein Modelabel Serious Clothing ein. Dort entstand auch die Idee zu Urban Outlaw. Die Räumlichkeiten erwiesen sich schon bald als gewinnbringende Investition. In einem langen Artikel über die Gentrifizierung von Lofts in L. A. nannte ein Journalist der «L. A. Times» das Gebäude als Paradebeispiel. Zwei Wochen später rief ein Produzent aus Hollywood an und bat um Erlaubnis, in dem Gebäude ein Musikvideo für Missy Elliott drehen zu dürfen. Schon bald standen die Produzenten Schlange. Immer wieder vermieteten sie ihr Loft, bis ihnen irgendwann klar wurde, dass ihnen das Objekt als Mietstudio noch viel mehr Umsätze bescheren würde. «Mal ehrlich», sagte Walker zu seiner Frau, «wenn wir nicht hier wohnen würden, könnte rund um die Uhr gedreht werden.» Gesagt, getan: Die beiden zogen aus und kehrten nie zurück. Stattdessen wurden dort Streifen wie «Keine halben Sachen 2» mit Bruce Willis gedreht, ausserdem «America’s Next Top Model»,


Mal schnell eine Runde drehen: Walker mit einem von ihm restaurierten 1971er-Porsche 911


«NIMM DEIN LEBEN IN DIE HAND. AUCH WENN DU DABEI DINGE MACHST, DIE UNVERNÜNFTIG ERSCHEINEN.»

Die Schönheit des Gebrauchten: das zerschrammte HotWheels-Auto trägt Walker in seiner Hosentasche. Jeden Tag.


«American Idol», zwei sechswöchige Reality-TV-Shows und so ziemlich jede bekannte Krimiserie: «CSI: New York», «Monk», «The Lyon’s Den», «Without a Trace – Spurlos verschwunden» oder «24». «Das Studio wurde 120 bis 150 Tage im Jahr gebucht», erzählt er.

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och man täte ihm unrecht, dies alles als unbedarften Glücksgriff abzutun. Im Prinzip ist Walkers Ethos recht simpel, er hat eine sehr pragmatische Lebenseinstellung. Wenn etwas funktioniert, dann benutz es. Wenn ein fetter Motor unter der Haube ist, dann gib Gas. Und Klamotten sind eben zum Anziehen da. Die Gegenstände in ­unserem alltäglichen Leben wollen benutzt werden. Wir sollten in unserem Leben die Zügel selbst in die Hand nehmen, findet Walker. Auch wenn man dabei manchmal Entscheidungen trifft, die vielleicht auf den ersten Blick unvernünftig erscheinen. Walker steht in seinem Loft und streicht sich über die teure Lederjacke, als wolle er seinen Worten Nachdruck verleihen. Die Jacke ist nicht von Urban Outlaw, noch nicht mal von Serious. Sie ist von Ralph Lauren und war ein Spontankauf. Ihm war schon klar, dass sein Umfeld irritiert sein würde. (Aus­ gerechnet Magnus Walker kauft Ralph Lauren?) «Scheissegal», dachte er. «Ich will die haben.» Warum? Weil einfach alles stimmt: Sie ist leicht, hat ­einen schönen Used-Look und ist bequem. Er sieht sich um und macht eine ausladende Handbewegung. Im Prinzip gilt das auch für dieses Gebäude. Es wurde zwar neu eingerichtet, aber es hat diesen abgeranzten Charme, und der markante Geruch von Leder, Rauch, Teer und Zement hängt in den Mauern. Auch das Signature-Series-Lenkrad, das er zusammen mit Momo, der Firma des italienischen Ex-Rennfahrers und Unternehmers Gianpiero Moretti, entworfen hat, fällt in diese Kategorie. Er ist übrigens der erste Nicht-Rennfahrer, dem diese Ehre zuteilwurde. Das Lenkrad sieht derb und abgenutzt aus, aber es liegt gut in den Händen. «Was das mit Mode zu tun hat?», fragt Walker selbst. «Na ja, hier kommen wieder die Elemente ins Spiel. Wir haben unsere ­Lederjeans künstlich altern lassen, geflickt und ausgewaschen, um diesen Used-Look zu erzeugen. Das ist ja irgendwie auch nichts Neues. Aber mit einem Lenkrad hat das noch niemand versucht.» Auch seine Kindheit hat ihn beeinflusst, meint er. Sheffield, führend in der Schneidwarenindustrie und im Bereich Edelstahl, erstreckt sich über sieben Hügel und ist von Flüssen durchzogen. Als Kind haben ihn die Herrenhäuser nicht interessiert, die er mit seinen Eltern ständig besichtigen musste. «Aber dreißig Jahre später, nachdem ich so lange in L. A. gelebt habe, wo nichts älter ist als hundert Jahre, hat sich das komplett geändert. Wenn ich jetzt in England bin, kann ich es kaum erwarten, mir fünfhundert Jahre alte Herrenhäuser und Schlösser anzusehen.» In der obersten Etage seines Lofts mit den abgewetzten ­Ledersofas und der gezielt abgeblätterten Wandfarbe erkennt man diese Liebe zu alten, gebrauchten Objekten, die Authentizität ausstrahlen und eine Geschichte haben. «Ich bin mir sicher, dass diese Leidenschaft damit zu tun hat, dass meine Eltern mich früher in diese alten Anwesen mitgeschleppt haben»,

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sagt er. Seinen Porsches ergeht es da nicht anders. Er kauft sie auf, baut sie um und stellt sie sich in die Sammlung. Am liebsten aber fährt er sie. Wir nähern uns auf dem Angeles Crest Drive schon wieder der Stadt, da entdeckt Walker vor uns einen frisierten schwarzen Maserati. Kurzerhand schwenkt er aus und überholt. Sekunden später hat er den italienischen Luxusflitzer hinter sich gelassen, rast wieder durch die engen Kurven und kann offenbar kaum an sich halten. «­Leidenschaft kann man nicht einfach so produ­ zieren», sagt er und grinst. Vor einigen Jahren hatten Walker und Karen keine Lust mehr auf ihr Modelabel. Auch das Filmgeschäft liess nach. Sie hatten sich eine Weile auf der Erfolgswelle treiben lassen, aber nun war es Zeit für etwas Neues. «Warum machen wir überhaupt noch diesen Klamottenkram?», fragte Walker seine Frau – oder umgekehrt. Sie waren so lange zusammen, da verschwimmen manchmal die Details. «Wir fühlten uns wie im Hamsterrad, jegliche Kreativität und Inspira­ tion waren uns verlorengegangen.» Also zogen sie einen Schlussstrich unter dieses ­Kapitel. Kurz darauf wurde Walker von Tamir Moscovici angesprochen, einem Filmemacher, der ebenfalls ein wahrer Autofanatiker ist. Er wollte einen Film über Walkers überraschenden Erfolg als Modeunternehmer und über dessen Porsche-Leidenschaft drehen. Die 30-minütige Doku «Urban Outlaw» feierte im September 2012 beim Raindance Film Festival in London Premiere. Seitdem hat Walker seine lebenslange Liebe zu Porsche in eine Geldmaschine ver­ wandelt. Zusammen mit Porsche und anderen Firmen arbeitet er an Projekten auf der ganzen Welt. Walker ist 53 und stolz darauf, nie beim Friseur gewesen oder einer regulären Arbeit nachgegangen zu sein. Nun steuert er besonnen in einen neuen ­Lebensabschnitt. Walker flucht viel, aber er meint es nicht so. Und ehrlich gesagt: Er darf das. Vor drei Jahren starb seine Frau – Karen verlor ihren langen Kampf gegen den Alkohol. Nach einem Unfall sass Walker acht Wochen im Rollstuhl. Er weiss, was Verlust bedeutet. Walker ist inzwischen an beiden Küsten zu Hause und pendelt zwischen seinen Wirkungsstätten in L. A. und dem Apartment seiner Freundin in New York. «Rock ’n’ Roll ist immer noch voll mein Ding», erklärt er. «Meine Haare werden zwar dünner, und mein Bart wird kraus, aber in bequemen Klamotten fühle ich mich einfach am wohlsten. Ich trage sie wie eine zweite Haut. Ich trage ungefähr ein Jahr lang jeden Tag dasselbe, bis die Klamotten hinüber sind. Aber mein Geschmack hat sich etwas weiterentwickelt. Man muss sich nur wohl in seiner Haut fühlen.» Ihm schwebt noch eine «kleine, exzentrische Modekollektion mit vielleicht 12 bis 18 Teilen» vor. Die Produk­tion würde er auslagern. «Das wird das nächste Kapitel», sagt er und zieht ein Hot-Wheels-Spielzeugauto aus der Tasche, das er immer bei sich trägt. Es ist ein völlig zerkratztes Relikt seiner Auto-Leidenschaft aus Kindheitstagen. Es begleitet ihn auf Schritt und Tritt und ist ebenso vom Leben gezeichnet wie die Seele des Urban Outlaw. magnuswalker911.blogspot.com

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INNOVATOR Soziale Informatik

Avatar in echt Ein Kellner-Roboter leiht behinderten Menschen seinen Körper – und verschafft ihnen so einen Job.

B

licken Pessimisten in die Zukunft, sehen sie plündernde Roboter, die die Kontrolle über die ­Gesellschaft übernehmen, unsere Jobs stehlen und uns Menschen irgendwann überflüssig machen. Optimisten schauen nach Tokio, Japan, wo im Minato-ku-Bezirk eine Flotte freundlicher Avatare behinderten Menschen hilft, von zu Hause aus zu arbeiten – als Kellner in einem Café. Wie das möglich ist? Mit Hilfe von OriHime-D, einem Serviceroboter, der vom Startup Ory Laboratory entwickelt wurde. Er ist 1,2 Meter gross und wird ferngesteuert. Wobei: Aktuell ist «er», wie unschwer erkennbar ist, zumindest optisch eine «sie». Tatsächlich spielt das Aus­sehen keine Rolle. Entscheidend sind die eingebauten K ­ ameras und Lautsprecher, dank denen der Mensch da­heim hören, sehen und steuern kann, was sein Avatar leistet. Die Anweisungen erhält der Robo-Helfer über einen Bildschirm, der mit Augen­ bewegungen bedient wird. So kann der Operator mit Kunden interagieren und Bestellungen annehmen. Der Lohn für diese völlig neue Form der Heim­arbeit: 1.000 Yen (rund 8 Euro) pro Stunde.

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DER MENSCH steuert seinen Avatar über einen Bildschirm mittels Augen­bewegungen. DER ROBOTER führt ferngesteuert aus, was ihm der Mensch vom Bett aus aufträgt.

Master­mind hinter dieser Innovation ist der CEO von Ory Laboratory, Kentaro Yoshifuji. Inspiriert haben ihn persönliche Erfahrungen. Nach einer stressbedingten Krankheit in seiner Kindheit musste er

START- U PS PIONIER , UND GEN E IALE IDEEN


Der Plastikersatz Scoby kann für essbare Ver­ packungen, biologisch abbaubare Schüsseln oder Einkaufstaschen ver­wendet werden.

IN ALLER KÜRZE MOBILITÄT AUF DEM NÄCHSTEN LEVEL Ein Einblick in die Coverstory des neuen INNOVATORMagazins.

DER GRÜNDER Die eigene Krankheit hat Kentaro Yoshifuji dazu inspiriert, die HelferAvatare zu entwickeln.

mit einem Leben in sozialer Isolation zurechtkommen. «Ich möchte eine Welt schaf­ fen, in der auch Menschen arbeiten können, die ihren Körper nicht bewegen kön­ nen», sagt er. Nachsatz: «Warum nur einen Körper haben, wenn auch zwei möglich sind?» Mit Unter­ stützung der Non-­Profit-­ Stiftung Nippon Foundation und Japans grösster Flug­gesellschaft ANA gründete er ein Café, in dem ausschliesslich von Men­ schen gesteuerte Avatare ar­ beiteten. Das Start-up soll die Chancen einer Zusammen­ arbeit von Menschen und Robotern zeigen. Bis zu den Paralympics im Sommer 2020 wird es seinen permanenten Betrieb aufnehmen. Sieht so aus, als würden die Optimis­ ten recht behalten. orylab.com

THE RED BULLETIN

Diese Verpackung kannst du essen Immer mehr junge Start-ups haben bes­ sere Ideen für den Weg von A nach B – und schon bald könnten Cloud-Solutions und jegliche Arten der E-Mobility unsere gängigen Vorstellungen von Individual­verkehr revolutionieren. Vom sich aufladenden E-Car («Sono») über kom­ postierbare Vehikel («Noah») bis zur genialen Schweizer Sharing-­ E-Mobility-­Lösung ­«Bicar» (Bild): Hier kommen die Autos für unsere Zukunft.

Mehr Inspiration für ­ ukunftsmacher gibt es Z im aktuellen INNOVATOR. redbulletininnovator.com

Sie wächst aus Abfällen, ist geniessbar und könnte helfen, die Welt zu retten – Scoby, die umweltfreundliche Alternative zu Plastik.

S ORYLAB INC, BICAR,MICROLINO AG, SHUTTERSTOCK, MARIUSZ RUTKOWSKI

«Warum nur einen Körper haben, wenn auch zwei möglich sind?»

Spezial-Wrap

tell dir vor, du könn­ test die Verpackungen der Lebensmittel, die du kaufst, bedenkenlos auf­ essen. Die polnische In­dus­ trial-Designerin Rosa Janusz macht das möglich – mit Scoby, einer umweltfreund­ lichen Alternative zu Plastik. Scoby steht für «symbio­ tic culture of bacteria and yeast», also für eine Kultur aus Bakterien und Hefe. ­Dieses dynamische Duo ist in einer zuckerhaltigen Flüssigkeit enthalten, zu der ­Abfälle gemischt und fermentiert werden. In zwei Wochen wächst daraus eine dünne Haut, die zu essbarer Verpackung geformt werden kann. Scoby ist beinahe durchsichtig und hält seinen Inhalt bis zu sechs Monate frisch. Eigengeschmack? Ja, leicht säuerlich. Das hängt aber auch von den Zutaten, also den beigefügten Ab­ fällen, ab: «In Polen werden

Rosa Janusz entwickelte Scoby für ihre Abschluss­ arbeit an der Uni Posen.

es Reste von Kartoffel- und ­Apfelbetrieben sein, in Indo­ nesien vielleicht Stoffe von Kokosnussproduzenten.» Und die Designerin spinnt ihre Idee weiter: «Wir müs­ sen grösser und verrückter denken, wenn wir etwas ­bewirken wollen.» Das gilt nicht nur für Verpackungen: «Vielleicht werden wir eines Tages mehr Produkte züch­ ten und dann sagen: Ent­ schuldigen Sie, meine Lam­ pe ist noch nicht reif.» makegrowlab.com

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«ICH BIN’S,

DER SPORTROBOTER» SEBASTIAN KIENLE

Sebastian Kienle, Ironman-Hawaii-Sieger 2014 und einer der besten Triathleten der Welt, nutzt modernste Technologie, wo er nur kann. Um besser, präziser und effizienter zu werden – und manchmal auch, um sich selbst zu überlisten. Ein Gespräch von Fuss bis Kopf. Text DOMINIK SCHÜTTE  Fotos GREG FUNNELL 48


Kienle nutzt eine  mobile Atemmaske zur Ausdauer­diagnostik. Neben­effekt: Sieht richtig badass aus.


Kienle beim Training auf Fuerteventura: ÂŤAn meinem Sport liebe ich am meisten die Freiheit.Âť


the red bulletin: Sebastian, hast du «Rocky IV» gesehen? sebastian kienle: Klar, ich liebe «Rocky». Wir wollen mit dir nämlich über die technologischen Aspekte deines ­Trainings sprechen. Ihr wollt wissen, ob ich wie Ivan Drago im Labor trainiert werde … … während Rocky Holz hackt und durch den Tiefschnee joggt. Ich stelle eine These auf: Wenn ich einen eineiigen Zwilling hätte und der würde seine Karriere ohne Technologie und Datenanalyse bestreiten – er hätte keine Chance gegen mich.

480 WATT

Was du wirklich leistest

In der Bike-Kurbel misst ein Powermeter die auf­ gewendete Drehkraft – also deine wahre Leistung, un­ abhängig von Faktoren wie Wind oder Steigungen. Quarq DZero Carbon, ca. CHF 800, via bike-components.de

Das klingt sehr bestimmt. Der technische Fortschritt hat viele ­positive Aspekte – auch ganz praktische: Dadurch, dass ich mein Fahrrad in einen Ergometer spannen und zu Hause virtuelle Rennen fahren kann, wird Indoor-Training viel spannender. Andererseits fühle ich mich manchmal auch ein wenig fern­ gesteuert: Sebastian, der Sportroboter. Um das Maximum rauszuholen, muss ich sehr spezifische Vorgaben in einem extrem engen Rahmen erfüllen. Das schränkt mich ein, denn was ich an meinem Sport eigentlich am meisten schätzte, ist die Freiheit. Ich liebe es, bei tollem Wetter einfach eine super Runde auf dem Rad hinzulegen. Es gibt nichts Schöneres. Wie schränkt dich Technologie ein? Ich trage Wearables, die ständig Daten liefern. Wenn die Werte nach der super Runde bei tollem Wetter verraten, dass ich mit acht Watt zu wenig Leistung unterwegs war, ist es plötzlich ein Scheisstag gewesen. Das kann deprimierend sein. Gehen wir einmal deine Ausrüstung durch. Also: What’s in your tech-bag? Definitionsfrage: Begreifen wir Techno­ logie als Gesamtheit aller Hilfsmittel, also beispielsweise auch den Schwimmanzug? Ja, lass es uns so definieren. Gut, dann ist es keine Tech-Bag, sondern eher ein prall gefüllter Tech-Koffer. Gehen wir von unten nach oben. Dem Schuh als Kontaktpunkt zum Boden fällt eine entscheidende Rolle zu. Zur Opti­ mierung nutze ich Sensorik, Runscribe heisst das System – kleine Pods, die an den Schnürsenkeln befestigt werden und Werte wie Beschleunigung und Aufprallkräfte messen. Das ist für mich aktuell echt wichtig.

Rennmaschine: Kienle auf seinem Scott Foil

«MEINE AUSRÜSTUNG IST ETWAS GANZ BESONDERES, ALSO MUSS ICH ES AUCH SEIN.» Beim Ironman 2018 zwang dich deine Achillesferse zur Aufgabe. Genau, und bei dieser Verletzung hilft Technologie sehr konkret. Die Daten werden an meinen Ausrüster geschickt, der Parameter wie Fussstellung und Dämpfung optimiert, um ein Gleichgewicht aus Be- und Entlastung zu erreichen. Deine Füsse werden exakt vermessen – vor und nach 20 Kilometern. Wenn man es so weit gebracht hat, dass jemand von New Balance aus Boston anreist und einem die Füsse scannt: Das ist schon auch ein bisschen geil, oder? Natürlich! Wenn Details der Ausrüstung extra für einen angefertigt werden, hilft das auch dem Kopf. Ein Placeboeffekt: Meine Ausrüstung ist etwas ganz Be­ sonderes – also muss ich es auch sein! Können auch Hobbysportler von ­diesem Effekt profitieren? Klar. Die Hersteller investieren das viele Geld ja nicht aus Jux und Tollerei. Sie wollen, dass solche Produkte den Weg zum Endkunden finden. Bald wird man etwa derartige Scans mit dem Smart­ phone durchführen können. Dann kommen passgenaue Einlegesohlen aus dem 3D-Drucker ins Haus geflattert.   51


Gutes altes Training: «Technologie hilft im Wasser wenig, hier kommt es auf die richtige Technik an.»

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152 BPM

(HERZFREQUENZ)

So hoch ist deine Belastung

Optische Messung ermöglicht Puls-Auswertung ohne Brustgurt. Dank ausgefeilter Sensorik erkennt die Polar Vantage V Veränderungen der Blutgefässe am Hand­ gelenk und ermittelt so die exakte Herzfrequenz. CHF 570, polar.com


So was von vernetzt

Daten allein sagen erst einmal wenig, auf ihre Auswertung kommt es an: Dafür lädt Kienle die ­seinen auf Plattformen wie Polar Flow, wo eine Software bei der Analyse hilft. Auch sein Coach hat Zugriff auf die Daten und kann ihm so von überall auf der Welt Trainingstipps geben.

Zurück zu deiner Ausrüstung … Auch an der Fahrradkurbel benutze ich Sensorik, ein System namens Quarq. Das ist vielleicht der grösste Sprung der vergangenen Jahre. Die Geschwindigkeit konnte man immer schon messen, aber sie sagt kaum etwas über die Leistung aus. Leistung ist ja Arbeit durch Zeit. Bei starkem Wind beispielsweise fährt man mit extrem hoher Leistung, jedoch recht niedriger Geschwindigkeit. Dadurch wird das Bild völlig verzerrt – diese Sensoren rücken es aber wieder zurecht. Was stellst du mit all den Daten­an? Diese Leistungswerte werden – wie die meisten anderen Parameter – auf meine Uhr übertragen, eine Polar Vantage V, die sich wiederum mit iPhone und iPad synchronisiert. Einerseits analysiert mein Trainer die Daten, andererseits – und das ist der nächste grosse Fortschritt –

«TECHNIK SAGT DIR, WO DEINE WAHREN TALENTE LIEGEN.» 54

bettet Software alles in einen Kontext ein. Das macht eine bessere Interpretation möglich. Das Verhältnis Herz­frequenz– Leistung beispielsweise konnte man noch nie so einfach messen wie heute. Oder wenn man in Übertraining gerät, sieht man das an der Schlafqualität, die sich dank einer Uhr ebenfalls so einfach ­messen lässt wie nie zuvor. Arbeiten wir uns nach oben: Sind deine Schenkel technologiefrei? Auch nicht. Ich habe immer ein System namens Normatec dabei. Das sind Bein­ stulpen, die ein Kompressor aufpumpt. Dadurch wird die Schenkelmuskulatur nach dem Training besser durchblutet, die Erholungszeit verkürzt sich deutlich. Sieht aber etwas ulkig aus. Mir ist ein echter Physiotherapeut auch lieber, aber pack den mal in den Koffer … Prozentrechnung mit Sebastian Kienle, Teil 1: Du hast einmal gesagt, beim ­Tri­athlon seien 60 Prozent Talent, 30 Prozent Arbeit und 10 Prozent der Rest. Ändert sich diese Verteilung durch Hightech? Den Einfluss von Technologie muss man übergeordnet betrachten. Sie hilft zum Beispiel, Talent überhaupt zu erkennen. Eine hohe Sauerstoffaufnahme ist bei­ spielsweise ein Talentfaktor. Aber bis zum Messzeitpunkt hat man keine Ahnung da­ von. Konkret: Meine Sauerstoffaufnahme

17,43 G

(AUFPRALLSTÄRKE)

Wie es bei dir läuft

Wie stark ist dein Fuss­ aufprall? Wie lange die ­Kontaktzeit zum Boden? Wo belastest du deinen Fuss am meisten? Auf solche Fragen gibt ein neunachsiger Sensor im Pad von Runscribe präzise Antwort. 399 Dollar (etwa CHF 400), runscribe.com


Kienle weiss sehr  genau, woran er hart arbeiten muss. «Auch mir ist nicht alles in die Wiege gelegt.»

78,3 VO2

(SAUERSTOFF­ AUFNAHME)

Was du leisten könntest

Wie viel Sauerstoff dein ­ örper aufnimmt, sagt viel K über sein Ausdauerpotenzial und geeignete Trainingszonen aus. Das System MetaMax 3B von Cortex Biophysik wertet die Gase deines Atems aus und gibt entsprechende ­Empfehlungen. Früher war so eine Spirometrie nur im Labor möglich, dank ­geringem Gewicht eignet sich dieses Modell für den Einsatz unter freiem Himmel und ­sogar im Wasser. Preis auf Anfrage, cortex-medical.de


INSPECTOR

GADGET

Kaum ein Sport ist so technologiegetrieben wie Triathlon. Eine kleine Auswahl von Sebastian Kienles Tools.

Filme gegen Schmerzen

Für VR-Brillen wie Oculus Rift gibt es Programme mit autogenem Training – zum Beispiel in der Therapie von Schmerzen. Rund CHF 450, via amazon.de

Upgrade für den Körper

Kienles Schwimmanzug holt das Beste aus seinem Körper heraus. Die Spezialanferti­ gung des Orca Predator hebt die Hüfte an und positioniert den Körper somit für opti­ male Hydrodynamik. Ca. CHF 900, orca-team.de

Top-Form für den Kopf

Der Helm Scott Cadence Plus steht für eine ausgewogene Balance zwischen Aero­ dynamik und Belüftung – Kienle hat sie im Windkanal weiter optimiert. Ab rund CHF 280, scott-sports.com

Höchste Präzision fürs Herz So exakt wie ein EKG: Der Brustgurt H10 von Polar funktioniert dank inte­ griertem Speicher auch ­unabhängig von Uhr und Smartphone und liefert sehr genaue Ergebnisse bei ­hohem Tragekomfort. Ca. CHF 100, polar.de

Sensoren für die optimale Haltung

Per Gyroskop und Be­ schleunigungssensor wertet der Leomo Type-R deine ­Körperhaltung aus – und hilft so zum Beispiel, auf dem Rad den bestmöglichen Winkel zwischen Oberschenkel und Hüfte zu finden. Ca. CHF 900, leomo.io

Sohlen für den perfekten Schritt Kienle lässt sich seine New Balance 1500T2 vom Aus­ rüster exakt anpassen. Für die Zwischensohle aus ­extrem leichtem Schaum werden mehrere Messungen vorgenommen. Ergebnis: perfekte Mischung aus Dämpfung und Stabilität. CHF 150, newbalance.de

Ernährungscoach zum Draufstehen

Die Waage Polar Balance ver­ gleicht Kienles Gewicht mit seinen sonstigen Körper­ daten und gibt ihm passende Ernährungstipps. Ca. CHF 110, polar.de


ist sehr gut, im Zellstoffwechsel hingegen habe ich noch viel Potenzial. Ich weiss also genau, woran ich arbeiten muss, Kleiner Exkurs: Du arbeitest, so hört man, auch mit einem Thermometer, das man schlucken muss. Handelt es sich hierbei um ein Einmalprodukt? Nein, das wäre zu teuer, das holt man wieder raus. Ich habe das allerdings nur ein einziges Mal im Einsatz gehabt. Wir wollten genaue Daten haben, was bei Höchstbelastung und Hitze mit meiner Körpertemperatur geschieht. Das geht in einen Bereich jenseits der 40 Grad – was extrem hohem Fieber entspricht. Moment bitte: Was heisst, das Thermo­ meter holt man wieder raus? Hängt ­einem ein Rückholfaden aus dem Mund? Nein, das Gerät sucht sich andere Wege … Womit wir bei der Körpermitte wären. Für meine Arbeit auf dem Rad nutze ich «Leomo Type-R»-Sensoren an Schuh, Oberschenkel und Hüfte. Neben Geschwindigkeit und Beschleunigung ana­ lysiert das System auch die Position. So kann man live den Winkel zwischen Hüfte und Oberschenkel messen und die Rücken­haltung optimieren. Für perfekte Aerodynamik muss man sein Körper­gefühl eichen, um immer in der richtigen Position zu sein. Irgendwann kann man das dann auch ohne Sensor – wie ein Musiker, der so lange mit Metronom übt, bis er nicht anders kann, als im Takt zu bleiben.

«MAN MUSS SEIN KÖRPERGEFÜHL EICHEN  –  WIE EIN MUSIKER, DER IM TAKT SPIELT.» Prozentrechnung, Teil 2: Wie sollte der angesprochene Freizeit-Triathlet seine Investitionen auf die drei Teil­ disziplinen verteilen? 20 Prozent Laufen. Die Schuhe sind dabei das A und O. 40 Prozent Schwimmen. Hier sollte man in einen Trainer investieren, denn im Wasser hilft Technologie wenig. Dafür braucht man Technik – und die muss einem jemand beibringen. Zuletzt: 40 Prozent Fahrrad. Mit 2000 Euro für eine gute Ausrüstung ist man dabei. Und: bitte nicht beim Helm sparen! Womit wir beim Kopf wären. In meinen Helm ist eine Menge Ent­ wicklungsarbeit geflossen. Ich war viel im Windkanal, um einen optimalen Kompromiss aus Aerodynamik und Be­ lüftung zu erreichen. Die beiden Faktoren widersprechen sich, denn in Öffnungen bilden sich unweigerlich Luftwirbel. Es ist bei Hitze aber wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren – im wahrsten Wortsinn.

Mehr cool als kühl: deine Maske. Du siehst damit echt hart aus. Nicht wahr? Das Gerät kommt bei vier, fünf Tests im Jahr zum Einsatz. Die Maske verringert den Atemwiderstand nicht, sondern misst nur die Atemgase. Das lässt Aussagen über den Stoffwechsel zu. Dies ist sehr wichtig, wenn man zum Beispiel die Fettverbrennung optimieren will. ­Früher konnte man solche Spirometrie-­ Tests nur im Labor durchführen, heute können wir sie unter echten Bedingungen einsetzen – zum Beispiel bei Hitze oder in der Höhe. Setzt du für die Kopfarbeit auch mentale Techniken ein? Manchmal lasse ich all den Technik­ krempel bewusst weg und gehe wandern – gerade in Ruhephasen, ohne Kopfhörer, ohne Uhr, ohne Smartphone. Ich nutze auch autogenes Training, um mit einer Verletzung klarzukommen. Dafür benutze ich auch gerne immersive VR-Brillen. Wenn man einen chronischen Schmerz hat, muss man das Gehirn sozusagen neu programmieren. … da ist er wieder, Sebastian … … der Sportroboter. Im Ozean, auf dem Renner, beim Laufen – auf Instagram gibt Kienle Trainingseinblicke: @sebastiankienle

Beim Fahrradtraining bist du ganz anderen «Gegnern» als im Rennen ­ausgeliefert: Autos und Lkw. Hier ­helfen auch keine Gadgets, oder? Bin ich allein unterwegs, lasse ich mein Smartphone ständig die Position senden. Falls man im Strassengraben endet, ist es entscheidend, schnell gefunden zu werden. Smartphones im Allgemeinen gefährden mich allerdings eher – weil Autofahrer im Strassenverkehr an ihren Geräten rumfummeln. Übrigens könnte hier Technologie helfen: Smartphones «be­merken» ja, wenn man fährt, und schalten auf Wunsch ab. Ich bin dafür, diese Funktion verpflichtend zu machen. Wir sind beim Oberkörper angelangt. Früher hast du oft so ausgesehen, als hätte dich ein Krake umarmt. Ja, dieses ganze Verkabeln gehört dank Wearables zum Glück der Vergangenheit an. Und wenn’s einmal doch ganz genau sein muss, etwa für ein EKG, reicht heute ein Brustgurt. THE RED BULLETIN

Mobiler Physiotherapeut

Nach dem Training ist vor dem Training. Dazwischen optimiert Kienle auch die Erholungsphase. Immer dabei: Normatec, ein System von Beinstulpen, die sich aufpumpen lassen und die Muskel­ regeneration beschleunigen. Ab 1495 Dollar (etwas über CHF 1500), normatec.com

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TACK, TOCK! Danke für dieses schöne Geräusch!

Wie aus Autofahren Tanzen wird und man selbst bei grimmigen Temperaturen ins Schwitzen gerät. Text WERNER JESSNER  Fotos CHRISTIAN BITTMANN/VOLVO

TOCK.

Ah, herrlich! Oh, das ist die Skyline von Luleå hier plötzlich rechts. Jetzt aber schnell. TOCK. Sehr schön. Da hinten links muss Finnland liegen. Okay, schau ich mir beim nächsten Mal an, grad wenig Zeit. Kurbeln am Lenkrad. TOCK. Schon wieder alles richtig gemacht. Wo waren wir? Luleå, die nördlichste grosse Stadt Schwedens. Phänomenaler Eishockeyclub, in der Champions Hockey League Schrecken nicht nur der Schweizer Clubs. TOCK. Im Rückspiegel wirbelt Schnee auf. Gut! 58

Jetzt muss sich bald wieder Finnland ins Bild drehen. Das offene Meer, zur Zeit gar nicht so offen, weil 30 Grad unter null und daher in Küstennähe mit 90 Zentimeter Eis gepanzert. Auf dem fahren wir gerade. TOCK. Retour nach rechts. Hallo, das funktioniert wie bestellt. Wie schnell bin ich unterwegs? 90 km/h zeigt der Tachometer des brandneuen Volvo V60 Cross Country. Dritter Gang, da hat der Motor bereits schönes Drehmoment, ohne aber schon laut zu sein. Oh, das letzte Tock habe ich vergessen zu protokollieren.


Was Schweden im Winter machen: Sie bauen einen temporären Drift-Kurs aufs Meer.


«WENN DU BEI DER SEITENSCHEIBE RAUSSCHAUEN MUSST, UM IN FAHRTRICHTUNG ZU BLICKEN, HAST DU HIER AM EISPARCOURS ­ALLES RICHTIG ­GEMACHT.»

TOCK. «Wie Skifahren auf einem perfekten Hang an einem perfekten Tag, Linksschwung, Rechts­ schwung, bloss dass das hier Autofahren auf Eis ist, mit Spikereifen auf einem extra präparierten Rundkurs auf dem gefrorenen Wasser vor Luleå, und das Tock, dieses regelmässige, rhythmische, wunderbare Tock ist das Geräusch, das die Len­

Skandinavische Eleganz im Innenraum mit Digital-Cockpit, Assistenzsystemen und 8-Gang-Automatikgetriebe

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kung jeweils macht, wenn sie im Drift ihren ­vollen Einschlag erreicht. Das Besondere an dieser Be­ wegung: Sie tut das in Gegenrichtung. In Rechts­ kurven lenkst du bis zum Anschlag nach links, in Linkskurven umgekehrt.

I

m normalen Strassenverkehr wäre das freilich undenkbar. Aber anderswo undenkbar ist ­vieles, was hier oben im nördlichsten Zipfel Skandinaviens völlig normal ist. Zum Beispiel, dass du minus 20 Grad als warm empfindest und dir überlegst, die Handschuhe abzustreifen. Das liegt vor allem daran, dass es gestern noch minus 31 Grad hatte, was aber, wie man hört, immer noch gar nichts sei im Vergleich zu den vor ein paar Jahren gemessenen minus 46 Grad. Oder auch dass man einen Sternenhimmel sieht wie sonst nirgendwo mehr in Europa. Mit dem Motor­ schlitten ein paar Minuten raus aus der Stadt über verschwiegene Pfade im Wald, dann gibt es keine Licht-, keine Lärmverschmutzung mehr. Absolute, kristalline Stille. Die Neoprenmaske dämpft deine eigenen Atemgeräusche. Leg eine Gerade von THE RED BULLETIN


ALTERNATIVE ABENTEUER Was in Luleå sonst noch Freude macht. FATBIKEN

Fatbikes sind Mountainbikes mit extrem breiten Reifen, die sogar auf Schnee und Eis Grip bieten. Wichtig: gute Hand­ schuhe und Überschuhe für die Füsse, da Finger und Zehen am schnellsten frieren.

MOTORSCHLITTENSAFARI

Markantester Unterschied des rustikalen Cross Country zum normalen Volvo V60: Er liegt um 60 Millimeter höher – gut für ruppigen Untergrund.

den oberen beiden Punkten des Grossen Wagens, und du findet den Polarstern. Er gibt dir Orien­ tierung und Halt in der unendlichen Vielfalt eines übervollen Sternenhimmels. Das Polarlicht, weiss bis gelb und bisweilen sogar grün, ist keine Selbst­ verständlichkeit, nicht einmal hier nördlich des 65. Breitengrades. Dazu bedarf es eines wirklich klaren Himmels, klirrender Temperaturen und auch einer Portion Glück. Wer noch nie dieses Privileg hatte: als ob man in eine offene Flamme starren würde, bloss im Muster unberechenbarer und in Super SloMo. Welch meditativer Gegen­ satz zum Spielen auf Eis mit Autos!

F

ür das regelmässige Tock hilft es, Allrad­ antrieb zu haben. Und zwar einen von der echten Sorte. Einen, bei dem der Verbren­ nungsmotor alle Räder mit Kraft beschickt, jedes einzelne nach einem ausgeklügelten System ge­ nau so stark, wie es diese Kraft auch übertragen kann. Das unterscheidet echten Allradantrieb von Hybridmodellen, die lediglich einen Elektro­ motor an der Hinterachse haben und daher nie­ THE RED BULLETIN

mals so präzise zu driften sind. Sportliche Gene, vor allem derart sportliche Kompetenz im Grenz­ bereich würde man einem Volvo-Kombi nicht von vornherein zutrauen. Bei all dem beiläufigen Driften, bei all der ­artistischen Perfektion, der Leichtigkeit und ­Souveränität dieses Familienkombis gerät eines völlig in Vergessenheit, nämlich die Temperatur­ extreme. Na gut, Lenkrad- und Sitzheizung haben die Minustemperaturen schon kurz nach dem Einsteigen erledigt, aber ist das tatsächlich ein leichtes Schwitzen? Bei minus wie viel Grad? 22 im Moment? Und die Klimaanlage kühlt bereits auf Maximum? Ist das etwa gar Sport, dieses freie Schwingen mit einem Auto, dieses Tanzen, diese Harmonie in Bewegung, diese andere, besondere Art, Spass in Schnee und Eis zu haben? Wird wohl so sein. Solange mich keiner hier rauswinkt, höre ich freiwillig sicher nicht auf. Und weiter: Linksdrift, Rechtsdrift bis zum Lenk­ anschlag. Tack! für diesen Spass, danke auf Schwedisch fürs Tock. volvocars.ch; visitlulea.se/en/

Wer Motorrad fahren kann, kommt auch mit einem Motor­ schlitten zurecht. Man beschleu­ nigt mit einem Daumenhebel, lenkt mit Gewichtsverteilung und gelangt dank der Raupenkette überallhin – auch im Tiefschnee.

EISHOCKEY SCHAUEN

Schwedisches Eishockey gilt als das taktisch und technisch höchststehende Europas. Selbst Spiele mit wenigen Toren sind in der Regel ein Genuss. Ein ­Besuch in der Halle lohnt sich!

EISFISCHEN

Hecht, Barsch, Saibling & Co: Ein Loch im Eis, eine Angel, ein Köder, ein wenig Geduld – und schon steht dem selbst ge­ fangenen Abendessen nichts mehr im Wege. Voraussetzung: tragfähiges Eis.

STERNE GUCKEN

Der Norden ist ein Paradies für Astronomen: Weitab grosser Städte ist die Lichtverschmut­ zung minimal, klirrend kalte, klare Winterhimmel offenbaren Sterne, die man in Mitteleuropa nicht sieht.

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DER

PARTY PERFEKTIONIST

Partypeople sind nachtaktiv. Das war auch auf Ibiza so. Bis YANN PISSENEM die spanische Szene-Insel kaperte und die Nacht zum Tag machte. Hier lüftet der amtierende Club-König der Isla Blanca sein Erfolgsgeheimnis: Überlass nichts dem Zufall! Text PIERS MARTIN

F 62

ROBERTO CASTANO

alls du zu den drei Millionen Touristen gehörst, die vergangenen Sommer ihren Urlaub auf Ibiza verbracht haben, hast du höchstwahrscheinlich einem der Clubs von Yann Pissenem einen Besuch abgestattet. Im Laufe der letzten zehn Jahre hat der heute 44-jährige Unternehmer der Partyszene auf der Insel neues Leben ein­ gehaucht, besser gesagt: eingehämmert – mit tags­über stattfindenden Open-Air-Events, die einen globalen Trend ausgelöst haben, von London bis Berlin. THE RED BULLETIN


“I try to be myself… I don‘t want to hide what I think and feel“ «Wir haben das ­Gesicht von Ibiza verändert, indem wir zwei Generationen von Partygängern zusammen­ geführt haben.» Yann Pissenem (links) und die Bühne des Ushuaïa Ibiza Beach Hotel (rechts) – der Ort für die ultimative Tag-und-Nacht-Party

THE RED BULLETIN

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the red bulletin: Wie bist du auf die Playa d’en Bossa auf Ibiza gekommen? yann pissenem: Das erste Mal bin ich 1994 nach ­Ibiza gekommen. Eigentlich wollte ich nur die Insel kennenlernen, habe dann aber auch das Space be­ sucht, wo ich richtig grossartige Feiern erlebt habe. 2008 bin ich mit meinem Bruder zurückgekommen, und wir haben festgestellt, dass alles anders war. ­Keine After-Partys mehr unter freiem Himmel, nie­ mand tanzte mehr im S ­ onnen- oder Mondschein. Wir haben mehrere Clubs besucht, die eher wie Lager­ hallen wirkten: gross, dunkel, aber ohne Spirit. Mir war sofort klar, dass es hier eine Marktlücke gab. 64

Hï Ibiza, Pissenems strahlender Superclub, entstand 2017 an Ort und Stelle des legendären Space.

Und du hattest eine Idee, diese Marktlücke zu schliessen … Ja, meine Idee war, etwas für unter­tags zu entwickeln, den Nach­ mittag zu nutzen. So haben wir das Gesicht von Ibiza verändert, indem wir zwei Generationen von Party­ gängern zusammengeführt haben. Die Jungen bekamen die Gelegen­ heit, in der Sonne zu feiern, und die älteren Gäste brauchten nicht mehr bis fünf Uhr früh zu warten, bis der Star auflegt.

ROBERTO CASTANO

2008 richtete der Franzose den Ushuaïa Ibiza ­ each Club auf der Playa d’en Bossa ein – mit dem B gewagten Konzept, bereits am Nachmittag Vollgas zu geben. Zwei Jahre später feierten auf der Abschluss­ party nicht weniger als 14.000 Gäste. 2011 eröffnete er dann das Ushuaïa Ibiza Beach Hotel mit einer Kapazität von 7.000 Gästen, das er als «Vergnügungs­ park für Erwachsene» bezeichnet. Untertags läuft hier die Party zwischen Pools, Restaurants und Club ab, während die abendlichen, privaten Sausen in den Hotelzimmern stattfinden können. 2017 nahm dasselbe Team Hï Ibiza in Betrieb, eine aufwendige Erneuerung eines der legendärsten Clubs der Insel, des Space. Seit seinem ersten Job in einer McDonald’s-Filiale im Nordosten Frankreichs hat Pissenem einen langen Weg zurückgelegt. «Ich habe eine Menge Burger ­zubereitet und mir sehr oft die Hände verbrannt», ­erzählt er in seinem Büro auf Ibiza, wo er dem Pro­ gramm der kommenden Saison den letzten Schliff verpasst – wobei «Programm» in seinem Fall Booking im internationalen Feinkostladen bedeutet. Letztes Jahr waren unter den DJs Namen wie David Guetta, Martin Garrix und Kygo. Grundlegend für seinen Erfolg war sein starker Sinn für Kontrolle, sagt Pissenem. Er überprüft jeden Aspekt der über 250 Shows, die seine Dachgesell­ schaft The Night League an verschiedenen Locations produziert und die in den nächsten fünf Monaten von 1,5 Millionen Menschen besucht werden. «Wenn ich die genauen Details nicht kenne, werde ich ner­ vös», sagt Pissenem, der studierter Jurist ist und im Gastgewerbe des Barcelona der mittleren 1990erJahre, nach dem Olympia-Boom, gross wurde. Pissenem ist ein eingefleischter Techno-Fan. «Wir sind damals nach Belgien zu Raves mitten im Wald gefahren», erinnert er sich an seine jugendlichen Abenteuer. «Klar hörte ich auch Nirvana und U2, aber elektronische Musik war schon immer mein Leben.» Diese Leidenschaft hat Pissenem zu einer professio­ nellen Meisterschaft kultiviert – und er hat keines­ wegs vor, sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen.

THE RED BULLETIN


Aber du kannst doch unmöglich alle Aspekte der über 250 Shows kontrollieren, die du jedes Jahr organisierst? Ich habe das Glück, ein grossartiges Team zu haben, das mich unterstützt. Einer von ihnen ist mein Bruder, der ein Produktionsgenie ist. Er ist der Mensch, der mir in meinem Leben am nächsten steht, und viel­ leicht kann er genau deswegen meine Ideen so per­ fekt ­verwirklichen. Wir diskutieren Konzepte durch, und er kommt dann mit fertigen 3D-Plänen und Szeno­grafien für unsere Shows zurück.

Welche Lektion hat dir den Weg zum Erfolg geebnet? Keine Lektion, sondern meine ­gesamte Erziehung. Meine Eltern nahmen mich einmal in der Woche ins Theater mit und einmal im ­Monat in die Oper. Sie haben mich in dem Bewusstsein erzogen, dass das Verständnis von Kultur und ständiges Lernen das Wichtigste im Leben sind.

Es heisst, dass du 2008, nach der ersten Saison des Ushuaïa Ibiza Beach Club, immer in der Bar übernachtet hast, gemeinsam mit deinem Hund. Stimmt. Ich war über den Sommer auf die Insel ge­ kommen und hatte kein Winterhaus. Und da ich mein gesamtes Equipment im Beach Club hatte, beschloss ich, mit meinem Hund einfach dazubleiben, ohne Licht und ohne Strom. Ich habe vier Monate lang auf dem Boden geschlafen. Viele Unternehmer versuchen ihr Glück auf Ibiza. Die meisten scheitern. Was ist dein Geheimnis? Man muss sämtliche Aspekte des Prozesses kon­ trollieren und voll dabei sei, vom ersten Entwurf ­einer Idee bis zu jenem Zeitpunkt, wenn die Kunden die Location verlassen und in ein Taxi steigen. Jedes kleinste Detail kann das Gesamterlebnis zerstören. Und das betrifft wirklich sämtliche Bereiche: von ­Gestaltung und Entwicklung über Marketing bis hin zur Durchführung. THE RED BULLETIN

Und was musst du noch lernen? Entscheidend ist, dass ich nicht aufhöre zu lernen. In meinem Business muss ich immer auf dem Lau­ fenden bleiben, was den Geschmack der jüngeren Genera­tion betrifft. Ich folge den neuen Talenten und ver­suche herauszufinden, wer aktuell die Grenzen der Dance Music neu auslotet. Abschliessend: Wie sieht während der Partysaison ein typischer Tag für dich aus? Ich stehe gegen Mittag auf, lese und beantworte alle Nachrichten auf meinem Handy, dann laufe ich eine Runde, dusche und gehe zum Ushuaïa. Dort rede ich mit dem Team und starte das Event im Ushuaïa gegen fünf Uhr, das geht dann bis Mitter­ nacht. Anschliessend gehe ich über die Strasse zum Hï Ibiza, wo ich bis sieben oder acht Uhr morgens bleibe. Um 8.30 Uhr komme ich nach Hause, gebe meinen Hunden zu fressen und entspanne mich 20 Minuten lang, weil ich nicht gleich schlafen kann. Und ich sehe meine Frau und mein Baby. Das geht 120 Tage lang so weiter … Die Eröffnung der Clubs Ushuaïa und Hï Ibiza findet am Samstag, dem 18. Mai statt. Weitere Infos auf: ushuaiaexperience.com

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EISKALT DURCHGEZOGEN Von Bayern nach Grönland und wieder zurück, nur mit der Kraft der Natur. Extremkletterer STEFAN GLOWACZ hat 100 Tage pures Abenteuer hinter sich – und unterwegs ein paar wichtige Lektionen fürs Leben gelernt. Text NINA HIMMER  Fotos THOMAS ULRICH


Tausend Kilometer von Westen nach Osten. Dazwischen nichts als Eis, Schnee und unsichtbare Höhen­ meter, die am Schlitten zerren.

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EINMAL GRÖNLAND UND ZURÜCK Elektroautos Segelschiff Gehen, Kiten oder Klettern

Grönland

Island

Färöer

Lektion 1:

Mensch, ärgere dich nicht Die ersten Tage auf dem Eis kommen Stefan Glowacz und seine Begleiter kaum voran. Das GPS-Gerät zeigt abends selten mehr als zehn Kilometer an. Der Grund: unzählige Rinnen mit Schmelzwasser, die das Eis zerfurchen und lange Umwege erzwingen. «Geduld ist nicht meine Stärke, da rebelliere ich innerlich», sagt Glowacz. Und doch muss er einsehen: Ärger ändert nichts. «Man muss den Ist-Zustand akzeptieren – selbst wenn das bedeutet, stundenlang in die falsche Richtung zu marschieren.»

Schottland

England Deutschland München Bern Frankreich

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Lektion 2:

Die Natur bestimmt das Tempo

Bei Grönland zwingen Gletscherbrocken die «Santa Maria» zum Schneckentempo, auf dem Eis bläst der Wind aus der falschen Richtung. Statt mit Snowkites zu brettern, heisst es für Stefan Glowacz, Philipp Hans und Fotograf Thomas Ulrich: latschen, schleppen, frieren, fluchen.


«Man kann auch bei minus 40 Grad ordentlich ins Schwitzen kommen. Aber wehe, man bleibt stehen.» Jeden Tag ist die Gruppe neun Stunden unterwegs – ohne grössere Pausen. Dafür ist es schlicht zu kalt.

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«Wir wollten unbedingt auf diesen Berg rauf – aber der Berg wollte uns nicht rauflassen.»

Lektion 3:

Man kann nichts erzwingen «Manchmal muss man etwas tun, obwohl man schon vorher weiss, dass es sinnlos ist», sagt Glowacz. Das gilt auch für diesen Auf­stieg zur Grundtvigskirken. Den mäch­ tigen Gipfel haben Glowacz und sein Seil­ partner Philipp Hans vom Boot aus ent­ deckt. Er ist ihre letzte Chance auf eine Erstbegehung. Doch als die beiden und der Fotograf ­Thomas Ulrich am Fuss des Berges an­kommen, bestätigen sich ihre Befürch­ tungen: alles vereist, klettern unmöglich. Damit ist ein Teil der Expedition ge­ scheitert, aber nur aufgeschoben.   73


Lektion 4:

Überlasse nichts dem Zufall Daheim in der Garage sortieren Stefan ­Glowacz und Philipp Hans vor der Expedition ihre Ausrüstung. «Wenn man ein solches Abenteuer wagt, ist Vorbereitung alles», sagt Glowacz. Sie entscheidet über Erfolg oder Niederlage, im Extremfall über Leben und Tod. Haken, Karabiner, Kletterseile, ­Leinen, Fixseile, Schwimmweste, Snow­ kites: «Wir haben vorab jeden Gegenstand einzeln in die Hand genommen und mit der Sorgfalt eines Buchhalters überprüft.» 74




«Nach so langer Zeit auf endlosen Ebenen fühlt man sich in der Wand wie ein Fremdkörper.»

Lektion 5:

«I’ll be back» Dieses Bild zeigt keine Erstbegehung. Trotzdem hält es für Glowacz einen der grössten Glücksmomente der Expedition fest: zum ersten Mal nach Monaten wieder Fels unter den Fingern zu spüren. In diesem Fall bei ­einem Zwischenstopp auf den Färöer-Inseln während der Heimreise. Die Euphorie festigt eine Erkenntnis: «Klettern ist und bleibt meine grosse Leidenschaft.» Trotz schmerzender Unterarme schrumpft das Gefühl des Scheiterns mit jedem Zug nach oben und macht etwas anderem Platz: der Lust auf eine Rückkehr nach Grönland, um sich den Gipfel doch noch zu holen.   77


Hier zerrt das Glück am Schirm. Nach zähen Wandertagen auf dem Eis klart der Himmel zum ersten Mal auf, und der Wind weht aus der richtigen Richtung. Endlich schmelzen beim Kiten die Kilometer.

Auch abenteuerlich: die Anreise von München nach Mallaig in Schottland. Dabei war weniger die Reich­ weite der E-Autos das Problem als vielmehr die überschaubare Anzahl der Ladesäulen auf der Strecke.

Um in Stimmung für die grosse Expedition in der freien Wildbahn zu kommen, wurde wild gezeltet, nur im Schlafsack, direkt neben dem BMW i3.

D

as mit den Abenteuern ist so eine Sache. Wo soll man sie suchen in einer Welt, in der jeder Berg bereits bestiegen und jede Wüste durchquert ist? «Im eigenen Kopf», meint Stefan Glowacz. Man kombiniere persönliche Herausforderungen mit einer un­ gewöhnlichen Idee – und fertig ist die ­Expedition. Bei «Coast to Coast» bestand der Reiz darin, eigenständige Zielsetzungen zu einer grossen Unternehmung zusammenzufassen: Von Schottland aus mit dem Segelschiff nach Grönland, dort das Inlandeis zu Fuss, auf Skiern und mit Snowkites überqueren, am anderen Ende eine Big Wall erklimmen und mit dem Schiff wieder zurück. Mehr als 5000 Kilo­ 78

meter an Land, über 3000 Seemeilen im Wasser – und das Ganze bitte klima­ neutral. Das war allen Beteiligten verrückt genug, um mitzumachen. Für ein solches Abenteuer muss man erst einmal Mit­ streiter finden. Am Ende waren der Nachwuchskletterer Philipp Hans, der Fotograf Thomas Ulrich und der Skipper Wolf Kloss verrückt genug, um zuzusagen – ohne auch nur einen Moment zu zögern. the red bulletin: Herr Glowacz, wie fühlen sich Frostbeulen an? stefan glowacz: Man spürt sie überhaupt nicht. Das ist das Tückische daran, denn solche Durchblutungsstörungen können sich von der Oberfläche in tiefere

Hautschichten ausbreiten und die Nerven schädigen. Das ist mir zum Glück erspart geblieben, obwohl ich zeitweise aussah wie ein Blumenkohl. Was treibt einen Kletterer dazu, bei ­minus 40 Grad durchs Eis zu stapfen? Ich habe die riesigen Eismassen Grönlands vor drei Jahren von einem Flugzeug aus gesehen. Seitdem hat mich der Gedanke nicht mehr losgelassen. Ich wollte wissen, wie es sich anfühlt, dort zu stehen. Und? Brutal. Die Zeit auf dem Eis war eine wahnsinnige Schinderei. Diese Umgebung ist körperlich und emotional eine absolute Grenzerfahrung. Nicht nur wegen der extremen Kälte. Auch wegen der Gleichförmigkeit, der Weite und des Fehlens eines sichtbaren Ziels vor Augen. Wir hatten oft Whiteouts, also eine Wetterlage, bei der Schnee und Himmel eins werden. Da läuft man durch ein grosses, weisses Nichts. Aber das hat keinerlei spirituelle Komponente, es ist einfach nur zermürbend. Dazu kommt der Druck, keine Fehler machen zu dürfen. Weil die Umgebung sie nicht verzeiht? Genau. Schon die kleinste Unachtsamkeit kann fatale Folgen haben: ein verlorener Handschuh, ein Loch im Zelt, ein verstauchter Knöchel, zu wenig geschmolzenes Wasser. Jeder Handgriff muss sitzen, Disziplin ist überlebenswichtig. Das habe ich von Thomas Ulrich gelernt, der schon Erfahrung mit Arktis-Expeditionen hatte. Anfangs hielt ich seine akribische Vorbereitung für kleinlich, aber ich musste schnell einsehen: Ohne Sorgfalt bis ins letzte Detail ist man geliefert. Eigentlich wolltet ihr weite Teile kiten. Das war der Plan. Aber zunächst ging es nur zäh voran. Entweder war es windstill, oder die Böen kamen aus der falschen Richtung, also sind wir anfangs auf Steigeisen gelaufen und dann auf Skier um­ gestiegen. Da ackerst du den ganzen Tag, machst aber kaum Strecke. Wenn du noch 1000 Kilometer vor dir hast, die Nahrung auf 40 Tage rationiert ist und dir 130 Kilo Gepäck im Kreuz hängen, kann das schon auf die Laune schlagen. Wie habt ihr es geschafft, rechtzeitig an der Ostküste anzukommen? Wir haben nur einen Tag pausiert. Irgendwann kam der Wind. Auf einmal sind wir in der Sonne auf dem Pulverschnee dahingerast, inmitten dieser abstrakten Kulisse. Ein irres Glücksgefühl. So haben wir bis zu 120 Kilometer am Tag gemacht. THE RED BULLETIN


Suchte bei der Expedition die Weite – statt wie sonst die Höhe: Extrem­kletterer Stefan Glowacz, 53

Kälte, Wind, Wellen: Die Expedition war ein Spiel mit den Naturgewalten. Ein einseitiges Spiel, bei dem immer die Natur die Oberhand hatte. Sie diktiert den Weg, die Stimmung und das Tempo. Wir mussten Zwangspausen einlegen wegen Eisschollen, Sturm oder Wellen, dann wieder war der Wind zu stark oder zu schwach. Am meisten hat mir zugesetzt, dass ich viele Situationen nicht einschät­ zen konnte. Auf dem Meer oder auf dem Eis kannst du als Kletterer nicht auf deine Erfahrungen und Instinkte vertrauen. Du musst dich auf andere verlassen. Wie gefährlich ein Sturm ist, verrät dir im Zweifel nur das Gesicht des Skippers. Es heisst, Sie waren seekrank. Wir waren kaum ausgelaufen, da ging es los – ein furchtbares Gefühl. Man ist ­immer müde. Nichts in Kopf und Körper ist mehr, wo es sein soll, und ständig hängt man kotzend über der Reling. Seefahrer werde ich in diesem Leben nicht mehr. Es ging um die emissionsfreie Fort­ bewegung. Wie kam es dazu? Ich handle schon lange nach dem Credo «by fair means». Das bedeutet, sich vom THE RED BULLETIN

letztmöglichen Zivilisationspunkt aus nur mit eigener Kraft zu seinem Ziel zu bewegen. Diesen Gedanken haben wir bei dieser Expedition auf die Spitze ge­ trieben, indem wir sie klimaneutral durch­ geführt haben. Gestartet sind wir vor meiner Haustür in Bayern mit BMW i3-­ E‑Autos, danach ging es mit Segelyacht, Skiern und Kites voran. Ich finde den An­ satz zeitgeistig. Und ausserdem maximiert es die Herausforderung, die Anreise in das Abenteuer zu integrieren. Mit welchem Gefühl kommt man nach dreieinhalb Monaten wieder heim? Schwer zu sagen. Erschöpfung, Dankbar­ keit, Glück? Die Strapazen verblassen schnell. Was dir bleibt, sind intensive

«Auf dem Meer oder Eis helfen dir deine Kletterfähigkeiten gar nichts.»

Er­inne­rungen, darunter viele kleine ­Glücks­momente: das Stück Schokolade abends im Zelt, das Auftauchen von Felsformationen am Horizont, nachdem man wochenlang nur Eis gesehen hat, das ­Segeln unter Nordlichtern oder das Gefühl, zum ersten Mal nach langer Zeit wieder zu klettern. Die geplante Erstbegehung mussten Sie auslassen. Wie tief sitzt das? Wir waren zu spät dran, die Wände an der Ostküste waren bei unserer Ankunft be­ reits komplett vereist. Das war zuerst ein­ mal eine grosse Enttäuschung. Aber man muss auch ehrlich zugeben: Wir ­wären nach der Zeit auf dem Eis körperlich nicht mehr in der Lage gewesen, vom B ­ oden abzuheben. Wir sassen vor dem Berg und waren platt. Aber die Lust war da. Für mich ein untrügliches Zeichen, dass ich mein Leben genau richtig lebe. Der Bildband «Grönland Coast to Coast» (Verlag Delius Klasing, € 49,90) gibt spektakuläre Ein­ blicke in die gesamte Expedition.

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WELCHE FLÜÜÜGEL DÜRFEN‘S SEIN?

CH-BIO-004 EU/NICHT-EU Landwirtschaft


guide Dein Programm

EVENT-KALENDER FÜR MEHR ACTION

COMPUTERSPIEL FÜR MEHR GLÜCK

OFFROADBEGLEITER

SEITE 86

SEITE 88

SEITE 90

Speed-Drohnen-Race oder Indoor-Skydive? Du hast die Wahl!

Furchtbar gut: warum «Resident Evil 2» dein Leben retten könnte.

Die heissesten neuen Moutainbikes – und das Gear gleich dazu.

ADVENTURE MARATHONS

POWER AUF DER GROSSEN MAUER

Begleite Marathon-­ Veteran Brian Metzler auf Chinas härtesten 42,195 Kilometern. REISEN, SEITE 82

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Reisen

Der Great Wall Marathon ist eine der härtesten Marathon-Erfahrungen, die du machen kannst.

MARATHON SÜSS-SAUER

GRENZERFAHRUNG IN LAUFSCHUHEN Mit dem Kopf durch die Wand, buchstäblich: Marathon-­ Veteran Brian Metzler über seine 42,195 Kilometer lange Erkundung der Chinesischen Mauer im Laufschritt.

D

er Great Wall Marathon in China braucht gerade mal 30 Minuten, um mich ans Ende meiner Kräfte zu bringen. Fürs Protokoll: Ich habe schon ein paar Dutzend Marathons hinter mir. Aber so geschafft war ich bei der Sechs-Kilometer-Marke noch

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nie. Mein Atem rast, als würde mir gleich das Herz aus der Brust ­hüpfen. Mir wird schwarz vor den Augen, als ich oben auf dem Anstieg ankomme. Endlich wieder bergab laufen! Doch die Stufen sind tückisch, vor Jahrhunderten händisch aus

Da kann er noch lachen: Metzler vor dem nächsten Anstieg

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guide

REISE-TIPPS

CHINA FÜR ANFÄNGER Wie Skorpione gegen den kleinen Hunger helfen und welche No-Gos beim Essen mit Stäbchen gelten: ein kleiner Insider-Guide für deine Reise in den Fernen Osten.

HuangyaguanPass

Manche Abschnitte sind so steil, dass man die Hände zu Hilfe nehmen muss.

Peking

China

Der Marathon führt 120 Kilometer östlich von Peking über den Huangyaguan-Abschnitt der Grossen Mauer.

GO LIKE A PRO 6 DOS & DON’TS FÜR DEN CHINESISCHEN ALLTAG

ADVENTURE MARATHONS, GETTY IMAGES

Gegenseitiges Bestaunen: Einheimische neben der Marathonstrecke

groben Granitblöcken gehauen. Nach gerade einmal zwanzig Schritten ­verknöchle ich und knalle heftig gegen die rund einen Meter hohe steinerne Einfriedung oben auf der Mauer. Ich habe Glück, dass ich mir dabei nur Knie, Rippen und Unter­ arm aufschürfe. Hätte ich mich nicht geistesgegenwärtig an der Kante abgefangen, läge ich jetzt nämlich ungesunde zehn Meter tiefer unten im Wald. Ich bin schon etliche der gros­ sen City-Marathons gelaufen. Aber lieber waren mir immer die Läufe in tollen Naturlandschaften: felsige Wege in den französischen Alpen, gottvergessene Trails in Chiles Torres-del-Paine-National­

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«So fertig wie hier war ich nach sechs Kilometern noch nie.» park oder die dünne Luft hoch oben in den Rocky Mountains von Colo­rado. Der Marathon, den ich heute laufe, s­ chlängelt sich durch den Huangyaguan-­Abschnitt der Chinesischen Mauer rund 120 Kilometer östlich von Peking. Die Grosse Mauer wollte ich mir schon immer mal ansehen. Warum also nicht bei einem ein­ wöchigen China-Urlaub diesen

1. Lern Geschichte. Besuch den Tian’anmen-Platz und erweise dem Studentenaufstand von 1989 die Ehre, indem du dir heimlich mit Ohrstöpseln Beet­ hovens Neunte anhörst. 2. Iss wie die Locals. Gönn dir die berühmte PekingEnte. Aber nimm dir auch Zeit für den Wangfujing Food Court und probier dort Skorpion am Spiess. 3. Block den Smog. Luftverschmutzung ist in ­Chinas Städten – vor allem Peking – ein Riesenproblem. Die Locals schützen sich mit Feinstaubmasken.

4. Sei zum Reis respektvoll. Stäbchen werden niemals senkrecht in den Reis gesteckt (auf ähnliche ­Weise erweist man nämlich Verstorbenen die Ehre). 5. Drängle dich vor. Sich vorzudrängen gilt in China nicht als unhöflich. Wirf dich ins Getümmel, oder du verpasst den Bus! 6. Lass dich knipsen. Jeder in China hat ein Smartphone, und Touristen sind ein beliebtes Fotomotiv. Um Erlaubnis gefragt wird nicht – selbst der Kellner im Restaurant freut sich über ein Erinnerungsfoto.

GREAT WALL MARATHON: FAKTEN 2500 Maximale Teilnehmeranzahl. 2018 waren die Startplätze komplett ausverkauft. 3:09:18 Die Bestzeit teilen sich drei Läufer, die 2013 gemeinsam ins Ziel liefen: Jorge Maravilla (USA), Jonathan Wyatt (Neuseeland) und Dimitris Theodorakakos (Griechenland). 19 Der Däne Henrik Brandt ist der Einzige, der seit 1999 bei allen 19 Great Wall Marathons das Ziel erreichte.

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Reisen

guide

GET READY

5164 SCHRITTE ZUM ERFOLG

So kommst du in Top-Form an den Start – und ein paar unvergesslich schöne, grausame Stunden später glücklich ins Ziel.

VORBEREITUNG TRAININGSPLAN Bereite dich mit einem 16- bis 20-wöchigen Aufbauplan vor. Im Fokus: Ausdauer und aerobes Krafttraining. BERGINTERVALLE Baue Kraft- und Bergeinheiten ein. Du bist bereit, wenn du alle Stufen eines Wolkenkratzers schaffst.

DAS RENNEN AUFWÄRMEN Gestretcht wird zu Songs wie «Party Till We Die», die in voller Lautstärke aus den Lautsprechern dröhnen. Die Race MCs wollen dich tanzen sehen! KLETTER-ABSCHNITTE Du läufst nicht nur mit den Füssen: Manche Teile des Kurses sind so steil, dass man beide Hände zu Hilfe nehmen muss, um die ­Balance zu halten. POWER-SNACK Die Locals schwören vor dem Start auf hart ­ge­kochte Eier und dünne, ­geröstete Seetang-Blätter.

DAUER Addiere als Richtzeit etwa 30 bis 40 Prozent auf deine normale Marathon-Zeit. ENERGIE Locals holen sich Extra­ power mit «Golden Rabbit Candy», milchigen Süssigkeiten, die in essbares Reispapier gehüllt sind. LAND & LEUTE Die Strecke führt durch viele kleine traditionelle Dörfer. Gut möglich, dass du einem Einheimischen beim Vorbereiten des Mittagessens zusehen kannst. Im Klartext: wie er einer Ente den Hals umdreht.

Geschafft: An der Ziellinie fallen sich die Teilnehmer erschöpft, aber glücklich in die Arme.

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Da fänden mehrere Marathons Platz: Die Mauer ist 21.196 Kilometer lang.

einmaligen (und einmalig harten) Marathon mitnehmen? Anfangs überwältigt mich die Traumkulisse, die Magie uralter Geschichte. Aber bald habe ich keine Augen mehr dafür, weil das Laufen selbst so verdammt anstrengend ist. Auf der 42,195 Kilometer langen Strecke erwarten mich 900 Höhenmeter sowie 5164 Steinstufen, die Bauern, ­Soldaten und Gefangene vor rund 1500 Jahren während der Nörd­lichen Qi-Dynastie auf­ geschlichtet haben. Alle paar Kilometer passiere ich Wachtürme aus Ziegelsteinen, die in die Mauer eingebaut wurden. Von hier aus signalisierten die Wachposten einst mit Feuer und Rauch das Heranrücken feindlicher Truppen. Heute stellen sie sich mir mit labyrinthartigen Treppenhäusern und steilen Stiegen in den Weg. Nur einer dieser Türme lässt mich durchatmen. Er entpuppt sich als Labestation mit Wasser­ flaschen, Gebäck, Bananen und – Überraschung! – süssen Kirsch­ tomaten. Frisch gestärkt kann ich mich wieder besser auf die Strecke konzentrieren. Und mir wird bewusst: Bei diesem Marathon ist kein Ab-

schnitt – nein, eigentlich kein einziger Schritt – wie der andere. Die grob bearbeiteten, kreuz und quer verlegten Steine lassen so etwas wie Laufrhythmus einfach nicht zu. In manchen Passagen tripple ich wie auf heis­sen Kohlen. Auf den absurd steilen Treppen muss ich die Hände zu Hilfe nehmen, um nicht die Balance zu verlieren. Immer wieder lenken mich die spektakuläre Bergkulisse und das babylonische Sprachengewirr der anderen Läufer ab. Pure Reizüberflutung – dabei sollte ich mich doch aufs Vorwärtskommen konzentrieren! Ich laufe zeitgleich mit einem Chinesen ins Ziel, der eine Schirmmütze von den New York Yankees trägt. Wir verstehen nichts von dem, was der jeweils andere sagt, doch an der Ziellinie umarmen wir einander. Wir teilen diesen Moment ohne Worte. Den Stolz auf unseren Kampfgeist. Und die Genugtuung, mit dem Great Wall Marathon ein unver­ gleichliches Abenteuer erlebt zu haben, das uns bis über die Grenzen gefordert, aber auch mit unvergesslichen Erfahrungen beschenkt hat. Lust gekriegt? Am 18. Mai geht’s wieder los. Infos: albatros-adventure.com

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ADVENTURE MARATHONS

CORE-TRAINING Trainiere deine Stützmuskulatur! Du musst mit Stufen und unebenem Terrain fertig werden – dafür brauchst du mehr als nur starke Beine und Lungen.



Events

Die Weltelite der Skibergsteiger misst bei der SkiMo-Weltmeisterschaft in Villars ihre Kräfte – im wahrsten Sinn des Wortes, gilt diese Sportart doch als außerordentlich strapaziös. Auf dem Programm der WM-Woche stehen Einzelrennen, spektakuläre Sprints, ein Mannschafts-Staffellauf und Vertikal-Rennen. Villars-sur-Ollon, skimo-villars.ch

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bis 31. März Showdown der Velo-Künstler Wer hält am längsten die Balance auf seinem Bike – einhändig, freihändig, mit nur einem Bein am Pedal? Beim Urban Bike Festival treffen sich VeloFans und alle, die es noch werden wollen. Höhepunkte: der Urban Cyclo­ cross-Bewerb quer durch die Stadt und die Shows des Trick- und You­ Tube-Superstars Danny MacAskill (Bild). Der Eintritt ist kostenlos. Zürich; urbanbikefestival.ch

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MICHAEL MULLER, URBAN BIKE FESTIVAL, WINDWERK, DOMINIC ZIMMERMANN/RED BULL CONTENT POOL

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bis 16. März Gipfelstürmer: Start zur WM der Skibergsteiger


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und 23. März

WER FLIEGT AM SCHÖNSTEN? Der Wind bläst mit 280 km/h durch die Luftkammer: perfekte ­Bedingungen für einen Kunstflug – ohne Flugzeug. Bei den Schweizer Indoor-Skydiving-Meisterschaften in Winterthur kämpfen die besten Athleten des Landes um den Titel. Ziel ist es, Figuren und Übergänge möglichst zahlreich und perfekt ­auszuführen. Neben den Bewerben im Formationsfliegen in Bauch- und vertikaler Körperposition fasziniert vor allem die Freestyle-Disziplin mit ihrer Figuren-Vielfalt. Windwerk, Winterthur; swissskydive.org

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März Das Lauberhorn verkehrt laufen Über 4,5 Kilometer führt die Strecke der berühmten Lauber­ horn-Abfahrt in Wengen. Beim Lauberhornrun gilt es, sie bergauf zu bewältigen, das sind 1028 Höhenmeter. Das Ziel entspricht dabei der Start­linie der Abfahrt. Und als Belohnung warten jeweils 1000 Franken auf das Top-Duo. Lauberhorn, Wengen; lauberhornrun.ch

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bis 30. März Wettkampf der Speed-Drohnen Premiere in neuer Umgebung: Die Drone Cham­pions League startet im Snowpark von Laax auf über 2000 Metern in die neue Saison. Bei der Hoch­ geschwindigkeitsrennserie (bis zu 140 km/h Topspeed) steuern die weltbesten Piloten ihre selbst gebauten Flug­ geräte durch den Parcours. Snowpark, Laax; dcl.aero

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bis 22. April Montreux im Manga-Fieber Seit 15 Jahren versammeln sich bei Polymanga, dem führenden Schweizer Festival für Manga-Fans, die Freunde japanischer Comic-Kultur. Auf 18.000 Quadratmetern tummeln sich auch 2019 Besucher in MangaMontur, um an einer Cosplay-­Parade oder einem Videospiel-Turnier teil­ zunehmen und neues Manga-Material zu shoppen. Im Vorjahr waren mehr als 40.000 Fans dabei. 2M2C, Montreux; polymanga.com

April Red Bull Homerun: Jetzt wird’s wild! Das verrückte Downhill-Rennen für Ski­ fahrer und Snowboarder geht in die zweite Runde. Nach einem Le-Mans-Massenstart (ein gemeinsamer Sprint zu den zuvor platzierten Wintersportgeräten) geht’s von der Jatzhütte 6,8 Kilometer bergab zum Bolgen Plaza. Immer legendär: die ­After-Race-Party im Plaza. Jatzhütte, Davos; redbull.com

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Gaming

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WISSENSCHAFT

HORROR-­ SPIELE SIND GUT FÜR DICH Wie «Resident Evil 2» dich das Fürchten lehrt – und dir damit einen Gefallen tut.

E

s zielt nur auf eines ab – nämlich dir eine Scheissangst einzujagen. Als «Resident Evil 2» im Jahr 1998 erstmals auf den Markt kam, ­wurde es schnell zum Vorreiter für das Game-Genre «Survival-Horror». Heute, 21 Jahre später, hat das ­Remake noch eins draufgelegt – mit kinoreifen Sound- und Bildeffekten sowie einer SchulterblickKamera, die den Spieler-Albtraum noch realer wirken lässt. Warum man sich das freiwillig antut? Verhaltens­forscher Mathias Clasen erklärt, mit ­welchen Angsttricks bei «Resident Evil 2» gearbeitet wird – und w ­ ieso sich diese letztlich positiv auf deine ­Gesundheit und dein Wohlbefinden auswirken.

TRICK 2: ES ÄHNELT DIR GANZ SCHRECKLICH Es sieht aus wie du, es hat vertraute Züge, aber irgendetwas ist auf un­ erklärliche Weise anders – und das versetzt dich in Panik. «In Testreihen wurden Makaken Zombie-Fotos von ihren Artgenossen gezeigt – und ihre Reaktionen darauf waren heftig. Das legt den Schluss nahe, dass ­diese Angst evolutionär bedingt ist», erläutert Clasen. DAS BRINGT’S: Die psychologische Abwehrreaktion auf das leicht Ver­ änderte ist laut Clasen tief in uns verankert – «wahrscheinlich, um uns vor Infektionen zu schützen». Regel­ mässiges Spielen von Horror-Games kann diesen Warnreflex schärfen. TRICK 3: DU WEISST NICHT, WO DU ZUERST HINSCHAUEN SOLLST Die häufigen Perspektivenwechsel bei «Resident Evil 2» sind psycho­ logisches Kalkül. «Wird zum Beispiel etwas aus einer hohen Perspektive gezeigt, deutet das an, dass Spieler oder Mitspieler Schrecklichem aus­ geliefert sind», so Clasen. Überlebt der Spieler die Schreckenspassage, stellt sich Erleichterung ein. Oben­ drein dienen die Perspektivenwech­ sel der besseren Identifikation mit dem Spieler-Charakter. Und je stärker die Identifikation, desto mehr lässt man den Horror an sich heran. DAS BRINGT’S: «Durch die ständige Anspannung beim Gaming lernen wir, mit Furcht und negativen Emo­ tionen umzugehen», sagt Clasen. ­Ausserdem erhöht das Spiel mit der Angst die Herzschlagrate, im Schnitt um rund 14 Schläge pro Minute. Das entspricht ungefähr dem Wert eines Aerobic-Aufwärmtrainings. Ausser­ dem wird die Produktion der weissen Blutkörperchen angekurbelt, die ­unter anderem dafür zuständig sind, Infektionen im Körper abzuwehren.

Vertraute Monster TRICK 4: DIE MUSIK MACHT DICH FERTIG Was der Mensch nicht kennt, macht ihm erst mal Angst. Und: Je unangenehmer der Ton, desto stärker die körperlichen Reaktionen. Bei der Akustik wird tief in die Trick­ kiste ­gegriffen – und das nicht nur mit knarzenden Treppen, undefinier­ baren Stimmen oder Zombie-Ge­ schrei. Gezielt kommen dissonante Har­monien, schrille Tonfolgen und ­überraschende Tempowechsel zum Einsatz. DAS BRINGT’S: «Das akustische Grauen schult deine Aufmerksam­ keit. Es signalisiert: Pass auf. Da passiert etwas, was nicht gut für dich ist», sagt Clasen. «Es gibt aber Menschen, die von Natur aus keine Angst verspüren. Sie haben diese Fähigkeit nicht. Das ist aber nicht unbedingt ein Vorteil, denn diese Menschen werden selten alt.»

DER EXPERTE

MATHIAS CLASEN Horror-Forscher

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Clasen ist Professor für Verhaltensforschung und kognitive Psycho­ logie an der dänischen Aarhus-Universität. Das Horror-Genre – und wie es mit unseren Ängsten spielt – ist Teil seines Spezialgebiets. Er hat nicht nur seine Doktor­arbeit, sondern auch mehrere Bücher zum Thema geschrieben, darunter das Werk «Why Horror Seduces».

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EDDY LAWRENCE

«Resident Evil 2»: Ein Zombie hat Hunger …

CAPCOM

TRICK 1: ATTACKE AUS DEM NICHTS Du läufst einen dunklen Gang ent­ lang, und – wumm! – springen dich plötzlich quasi aus dem Nichts ­Zombies an. Ein billiger Trick, aber Horror-Forscher Clasen weiss, warum er funktioniert: «Die unvermeidbare Schreckreaktion setzt instinktiv ­deinen Überlebensmechanismus in Gang. Die Amygdala – das Angst­ zentrum im Hirn – setzt Adrenalin frei, und das wiederum pumpt mehr Blut in die Muskeln.» DAS BRINGT’S: Dein ganzer Körper spannt sich an, der Blutfluss wird ak­ tiviert, das Hirn ist schlagartig wach.

GETTY IMAGES

«Resident Evil 2» ist erhältlich für PS4, Xbox One und PC.


Entertainment

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IMPRESSUM

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Aktuell ­erscheint The Red Bulletin in sieben Ländern. Die Coverstory ­unserer US-Ausgabe ist dem 20-jährigen Indie-Pop-Phänomen Cuco gewidmet – und seinem kreativen Comeback nach einem Autounfall. Mehr Storys abseits des Alltäglichen gibt’s auf: redbulletin.com

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Die nächste Ausgabe des RED BULLETIN erscheint am 7. April 2019 98

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