The Red Bulletin AT 08/19

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ÖSTERREICH AUGUST 2019, € 3,50

ABSEITS DES ALLTÄGLICHEN

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MotoGP-Star JOHANN ZARCO über Entscheidungen bei 300 km/h. Und wie er seine Schüchternheit mit Saltos heilt.


Eine entgeltliche Einschaltung des Innenministeriums

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E D I TO R I A L

WILLKOMMEN

IM SAND DAVID CLERIHEW

Ob Neymar oder David Beckham: Sportgrößen sind das Lieblings­ motiv des Londoners. Für uns fotografierte er die BeachvolleyballStars Anders Mol und Christian Sørum zur Einstimmung auf das Major in Wien. Ab Seite 54

IM RENNEN RED BULL ILLUME

RUUD BAAN (COVER), KONSTANTIN REYER

Der größte Contest für Action- und Aben­ teuer-Sport­fotografie (zuletzt über 34.000 Einsendungen) läuft wieder. Im November kürt die Jury 55 Finalisten und einen Gesamt­ sieger. Wir zeigen drei der ersten Highlights ab Seite 6.

MIT 300 SACHEN

Was geht dir durch den Kopf, wenn du mit Top-Speed am Hinterrad deines Gegners hängst und zum Überholen ­ansetzt? Am besten gar nichts – sagt MotoGP-Star Johann Zarco. Vor dem myWorld Motorrad Grand Prix von Österreich (9.  – 11. 8.) erklärt der Pilot des Red Bull KTM Factory Racing Teams, warum nicht Denken, sondern Fühlen ­entscheidend ist, wenn du mit 300 Kilometern pro Stunde über die Rennstrecke rast. Um ein Gespür für magische Momente geht es auch den Machern des Boomtown Fair in England. Auf dem Musikfestival werden 60.000 Gäste zu ­Einwohnern einer gigantischen Fantasie-Stadt. Wie das aussieht, zeigt unsere Reportage ab Seite 20.

IN DER RÖHRE UNSER SELBST­ VERSUCH

Wie geht Rennrutschen? Das zeigt der deutsche Meister Sven Schubert (vorne) hier unserem Fotografen Konstantin Reyer (Mitte) und dessen Assistent Roland Zygmunt. Die Reportage: ab Seite 66

Viel Spaß mit der neuen Ausgabe von The Red Bulletin! Die Redaktion

SATZ DES MONATS

„ Ich habe nicht mal mir selbst vertraut.“ „Slimheli“, 52, als Tätowierer heute Vertrauensperson der Sportstars. Mehr über seinen Wandel ab Seite 32. THE RED BULLETIN

IM GRENZBEREICH JOHANN ZARCO Nicht nur beim Überholen geht der MotoGP-Star ans Limit, sondern auch bei seinem Jubel-Salto. Der Beweis: ab Seite 40

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I N H A LT The Red Bulletin August 2019

COVERSTORY

MotoGP-Profi Johann Zarco über Motorrad-Duelle bei TopSpeed und die befreiende Kraft seines Jubel-Saltos.

FESTIVALS

20 DIE PARTY-TRAUMSTADT

Beim Boomtown Fair werden 60.000 Besucher zu Helden einer gigantischen Märchenwelt.

TATTOOS

32 DAS GEHT UNTER DIE HAUT

Warum namhafte Sportler den Künsten des Wiener Tätowierers Helmut „Slimheli“ Zeiner bedingungslos vertrauen.

HOLLYWOOD

36 DIE WUNDERSAME KRAFT DER LILY JAMES

Die Schauspielerin erklärt, wie sie Druck schultert – und was ihre Brüder damit zu tun haben.

6 GALLERY 12 ZAHLEN, BITTE! 14 KOLUMNE

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16 FUNDSTÜCK 18 LIFE HACKS 64 INNOVATOR

MUSIKTIPPS

38 SONGS FÜR DIE APOKALYPSE

Lieder für den letzten Tag auf Erden, empfohlen von den britischen Indie-Helden Bastille.

MUT

48 REBELLIN IN DEN WELLEN

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AUF DER BÜHNE Beim Boomtown-FairFestival entsteht mitten in England eine Party-Fantasiewelt.

Wie eine junge Jamaikanerin im Wasser erfolgreich gegen Vorurteile zu Lande kämpft.

BEACHVOLLEYBALL

MIKE MASSARO/BOOMTOWN, ERIK TANNER/CONTOUR BY GETTY IMAGES, KONSTANTIN REYER, DAVID CLERIHEW

40 DAS 300-KM/H-GEFÜHL

54 17 FAKTEN, DIE SELBST FANS ÜBERRASCHEN

Kuriose Spitznamen oder die Beatles als Beachvolleyballer: Wir liefern Insiderwissen für das Major-Turnier in Wien.

SELBSTTEST

66 SHOWDOWN IN DER WASSERRUTSCHE

Wir schicken unseren Redakteur mit Deutschlands schnellstem Rennrutscher in die Röhre. 92 READ BULL 96 IMPRESSUM 98 LIFESTYLE, EXTRAORDINÄR

36 AUF ERFOLGSKURS Aktrice Lily James über ihre Strategie, mit Druck umzugehen

THE RED BULLETIN


„Motorradfahren ist im Grunde wie Gitarrespielen.“ JOHANN ZARCO Der MotoGP-Pilot erklärt die Parallelen zwischen seinem und Paul McCartneys Beruf. Seite 40

guide

DEIN PROGRAMM

78 REISEN Löwen und Geparden hautnah: auf ProfiFoto-Safari in Kenia 82 UHREN Wie die NASA die Omega Speedmaster für die Mondlandung testete 84 BARS Sternwarte & Panoramablick: die Top-Plätze für Afterwork-Drinks 86 FITNESS Besuch im virtuellen Fitnessstudio 87 GAMING Was uns „Apex Legends“ über Teamwork lehrt

66 AUF DIE PLÄTZE, FERTIG, LOS! Unser Autor stellt sich dem Rennrutschen-Seriensieger.

THE RED BULLETIN

54 AUF SAND Das Beachvolleyball-Duo Mol/Sørum (NOR) zeigt uns die Tricks der Spitzenspieler.

88 EVENTS Die Pflichttermine der kommenden Wochen 90 ENTERTAINMENT Red Bull TV-Highlights, live und on demand

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GA L L E RY

Teahupoo, Tahiti

TIEFENSCHÄRFE Teahupoo an Tahitis Südwestküste ist berühmt für seine hohl brechenden Wellen. Fotograf Ben Thouard, der auf der Insel lebt, kennt den Schauplatz aus allen Perspektiven: „Mein Ziel war es, Surfer aus einem neuen Blickwinkel abzulichten.“ Also tauchte der Franzose ab und drückte ab – wir erahnen die Kraft des Pazifik. benthouard.com

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BEN THOUARD/RED BULL ILLUME


GA L L E RY

Ölüdeniz, Türkei

LUFTTAXI

Ready for Take-off: In wenigen Sekunden wird sich Base-Jumper Guillaume Galvani von Ferdi Toys Schirm lösen und über der Bucht von Ölüdeniz in die Tiefe springen. Fotograf Tristan Shu: „Wir haben uns durch die Wolken gekämpft, um Guillaume im Licht der untergehenden Sonne zu zeigen – es war einfach perfekt.“ tristanshu.com

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TRISTAN SHU/RED BULL ILLUME


GA L L E RY

Engelberg, Schweiz

OSKAR ENANDER/RED BULL ILLUME

PULVERTAUCHER

Der Mann, der hier bis zum Hals im Pulverschnee steckt, ist das US-Ski-Ass Marcus Caston. Ein Bild, das wir allen widmen, denen die Sommerhitze zu schaffen macht. Entstanden ist es in Engelberg im Kanton Obwalden, Heimatort von Fotograf Oskar Enander: „Ein herrlicher Tag mit 30 Zentimeter Neuschnee.“ oskarenander.com

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THE RED BULLETIN

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ZAHL E N , B I TT E !

BBQ

GLÜHENDE LEIDENSCHAFT Würstchen am Vulkangipfel, Luxussteaks aus Japan und die schärfste Sauce der Welt: hier die heißesten Zahlen für Menschen mit dem Griller-Instinkt.

13.713

690

1093

Grad Celsius wurden bei einem Vulkan-BBQ erreicht – man grillte dabei über flüssiger Lava. Hitze bei einem normalen BBQ: 230 Grad.

Euro etwa kostet ein Kilogramm des japanischen Kobe-Rindes. Die Tiere werden u. a. mit Bier gefüttert, das Steak gilt als das beste der Welt.

62.750

Meter lang ist die längste Wurst der Welt – hergestellt 2014 in Ploies, ti,Rumänien.

9982

Kalorien hat der Quadruple Bypass Burger, serviert im Heart Attack Grill in Las Vegas. Das entspricht dem Kalorienbedarf von vier Tagen.

666 16.000.000 12

1661 tauchte das Wort „barbecue“ erstmals im Oxford English Dictionary auf: als Bezeichnung für einen Grill aus Holz.

Kilo Rindfleisch wurden 2011 in General Pico, Argentinien, bei nur einem Fest gegrillt: Weltrekord!

ganze Hühner wurden in Stans, Schweiz, zugleich auf einem Spießapparat gegrillt.

Euro kostet der Edelstahl-Luxusgrill Hydra 900, entworfen von Designer Antonio Basile. Gewicht: 290 Kilo.

Scoville hat „Blair’s 16 Million Reserve“ und ist damit die schärfste Sauce der Welt (zum Vergleich: Tabascosauce hat maximal 5000 Scoville).

80

Stunden grillte der Rekordhalter Jan Greeff ohne Pause für den guten Zweck (Diabetesforschung, USA).

THE RED BULLETIN

CLAUDIA MEITERT

wurde das 1. Deutsche Bratwurstmuseum am Bratwurstweg 1 in Holzhausen (Thüringen) eröffnet.

Tonnen wiegt der größte Griller der Welt: Big Taste Grill (6 Meter hoch, 20 Meter lang).

35.105

GETTY IMAGES (4)

2006

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KO LU M N E

Thilo Mischke

BEGEGNUNGEN

ABSEITS DES ALLTÄGLICHEN Er ist 200 Tage im Jahr unterwegs, Jetlag ist bei Korrespondent und Reisereporter Thilo Mischke (TV-Dokureihe „Uncovered“) ein Dauerzustand. Auf seinen Expeditionen trifft der 38-jährige Berliner immer wieder Menschen, die ihn faszinieren. Dieses Mal: Mr. Toh, der die Full Moon Party in Thailand ausrichtet und über die Jugend lernt.

D

mal mein Name Mr. Toh stimmt“, sagt er. Die Touristen könnten sich seinen thailändischen Namen nicht merken, deswegen hat er sich diesen Spitznamen gegeben. Mr. Toh spricht am liebsten über die Besucher der Party, von den Gesichtern, die einmal im Monat vom Vollmondlicht erleuchtet werden, und was er darin sieht. „Die Gäste werden immer jünger“, sagt er. „Früher, da waren alle um die dreißig, jetzt sind alle um die zwanzig.“ Mr. Toh stört das nicht, es verblüfft ihn nur. Gestern war eine Party, und es läuft immer gleich ab. Morgens Aufbau, nachts kommen aus ganz Thailand bis zu 40.000 Menschen auf die Insel Ko Pha-ngan. Mr. Toh sorgt für Spaß. DJs aus Europa, Getränke wie in Europa, das beste Kater-Essen, auch wie in Europa: Pizza statt Pad Thai. „Viele denken ja, die Full Moon Party sei ein buddhistisches Fest“, sagt er und fügt hinzu: „Ist es aber nicht, das wurde vor über dreißig Jahren hier am Strand einfach erfunden. Der Vollmond als Grund zum Feiern.“ Die Generationen kommen und gehen, Generation X, danach Y, dann die Millennials, sie alle setzen sich von ihrer Vorgängergeneration ab. Wollen anders sein, wollen neu sein. Das ist auch wichtig, das ist schließlich die Aufgabe der Jugend.

er berühmte Haad-Rin-Strand ist leer, kaum Menschen. Ich höre das Meer rauschen, höre den Wind, der den weißen Sand umherwirbelt. Hier und da halten Menschen ihre Füße ins Wasser, trinken erschöpft von der Hitze aus einer frischen Kokosnuss. Dieser Strand ist nicht zum Baden gemacht, er ist der Austragungsort der größten Party Südostasiens. Eine Sehenswürdigkeit, ohne dass sich die Besucher dafür interessieren, wie dieser Strand aussieht – am Tage. Sie kommen nachts, sie kommen für den Techno, für die Plastikbecher, gefüllt mit Softdrinks und Rum. Sie kommen für gemalte neonfarbene Muster auf ihrer hellen Haut. Muster, die unter UV-Lampen zu leuchten beginnen. Sie kommen, um zu feiern und so lange zu trinken, bis sie nur noch auf dem Rücken im Sand liegen können, „Wenn sie feiern, sind sie alle die Musik nicht mehr hören gleich“, sagt Toh. Egal wie alt. und vom Leben besoffen über „Mischgetränke und ChartsMr. Toh betreibt die größte Bar am legendären thailändischen Partystrand Haad Rin. die Freiheit nachdenken. Auch Musik verbinden Generationen.“ Die Welt würde immer ich habe das gemacht, 2003. ernster werden, sagt Toh, die Kriege immer lauter, die Mit meinem besten Freund Robert, auch ich lag hier im Natur verkocht vor Hitze. Auch hier in Thailand spürt Sand und hörte Rummeltechno, bis die Ohren pfiffen. man den Klimawandel. „Eigentlich ist jetzt Monsun.“ Er zeigt in den blauen Himmel. Kein Regen. Die Welt verMr. Toh ist müde, 41 Jahre alt, er ist hier an diesem ändert sich, die Jugend bleibt gleich. Nur das Bedürfnis, Strand groß geworden. Seit 41 Jahren einmal im Monat der Realität zu entfliehen, setzt heute früher ein. EskapisFull Moon Party. Das hinterlässt Spuren, nicht nur in der mus als einträgliches Geschäftsmodell; je beschissener Natur der Insel, sondern auch bei ihren Bewohnern. Als die Welt, desto mehr wollen die Leute feiern. Elfjähriger hat er Schnäpse ausgeschenkt, jetzt, dreißig Mr. Toh ist aber erschöpft. „Nach dreißig Jahren Full Jahre später, betreibt er mit der Drop-in Bar eine Legende, Moon Party habe ich die Schnauze voll“, sagt er. Wischt er betreibt den Motor dieser Party. Die größte Bar am sich den Schweiß mit einem Handtuch aus dem Nacken. Haad Rin. „Ich will jetzt in Rentner investieren“, sagt er. „Die, die Von ihm habe ich nichts über das Leben gelernt, so früher hier gefeiert haben, werden jetzt alt und wollen ehrlich muss ich sein. Man lernt auf Partys nichts über betreut werden. Sie wollen am Haad Rin alt werden.“ das Leben. Vielmehr konnte ich durch ihn einen Blick auf „Rentner und Feierwillige, sie haben die gleichen Beverschiedene Jugendgenerationen aus der ganzen Welt dürfnisse?“, frage ich Toh. Und er lacht, nickt. „Sie wollen und ihre Bedürfnisse werfen, über den Zeitraum eines vergessen, wie die Wirklichkeit aussieht.“ halben Lebens. Mr. Toh spricht wenig über sich. „Nicht

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THE RED BULLETIN

MARTIN GASCH

BLAGOVESTA BAKARDJIEVA

THILO MISCHKE

„Nach 30 Jahren Full Moon Party habe ich die Schnauze voll. Ich will jetzt in Rentner investieren.“


s i e f li erblock

r t e s n o M oo #LIFEISTASTEA


F U ND ST Ü CK

Bob Dylans Mundharmonika

ZEITENWENDE

Bob Dylan (hier 1961 in New York): fast 60 Jahre erfolgreich, 2016 mit dem Nobelpreis geehrt

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THE RED BULLETIN

HENRY LEUTWYLER, GETTY IMAGES

Die Zeit hat ihre Spuren hinterlassen auf dieser Mundharmonika. Sie hat so viel Rost angesetzt, dass das N und das D in „Marine Band“ schon fast verschwunden sind. Wir sehen eine Bluesharp in A-Dur, Seriennummer A449, und sie gehörte Bob Dylan, dem Mann, der der Folkmusik, ja der Musik überhaupt, in den 1960er-Jahren neues Leben einhauchte. Damals war er ein eigenwilliger Charakter mit wildem Lockenkopf, der sich die Seele aus dem Leib blies und mit „The Times They Are A-Changin’“ zur „Stimme einer Generation“ wurde – eine Rolle, der er sich stets verweigerte.


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L IF E HACKS

Science-Bastler

SO AKTIVIERST DU DEINEN GRÜNEN DAUMEN Schlaue Lösungen für konkrete Probleme, Volume 11: Was haben Windeln, Eierschalen, Flaschen und Toilettenpapierrollen gemeinsam? Sie machen deine Pflanzen glücklich. Hier erfährst du, wie.

ANZUCHT

Pflanzen mit der Flasche aufziehen

SCHUTZ

Schalen gegen Schädlinge Chemiekeule? Nein, danke! Eierschalen schützen Pflanzen als natürliche Barriere vor Schnecken.

Wirf leere Flaschen nicht weg, sondern bastle einen selbstbewässernden Pflanztopf: Über die Kordel steigt das Wasser kontinuierlich auf und befeuchtet die Blumenerde.

Streue Schalen rund um Triebe herum, um Schädlinge fernzuhalten.

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Schneide die Plastikflasche in der Mitte auseinander und fülle den unteren Teil mit Wasser, bohre ein Loch in den Flaschendeckel und fädle einen nassen Wollfaden durch.

WACHSTUM

Windel als Wasserspeicher Windelgranulat saugt Flüssigkeit auf und speichert sie – und eignet sich somit perfekt als Düngemittel.

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Schneide die Windel auf und mische den Inhalt 1:1 mit Blumenerde.

ENTFALTUNG

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Umweltfreundliche Aussaatgefäße für lau: Klopapierrollen mit Erde bzw. Samen füllen – und fertig!

2 Setze den oberen Teil der Fla-

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Rolle falten, an den Seiten einschneiden, Laschen nach innen knicken.

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sche verkehrt herum in den unteren und fülle ihn mit Erde. Drück die Samen hinein, der Keimling ist etwa eine Woche mit Feuchtigkeit versorgt.

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Ein Musikfestival als gigantisches Rollenspiel. Wenn in Südengland die Boomtown ihre Tore für 60.000 Besucher öffnet, hat die Realität vier Tage lang Pause. Wir tauchten in die Party ein – und trafen Blumenkinder, Disco-Cowboys und Piraten. Text LOU BOYD

MICHELLE ROBERTS/ALAMY STOCK PHOTO

WILLKOMMEN IM WUNDERLAND


DIESES RADIO IST EINE BÜHNE Boomtown gleicht eher einem Filmset als einem Festivalgelände: Hier finden Konzerte mitunter auch auf Bäumen, in Kernkraftwerken oder Postämtern statt. Und manchmal verschwindet die Bühne, wie hier, in einem Riesen-Ghettoblaster. 21


DRAMA-QUEENS UND PARTYTIGER

GEORGE HARRISON

Eine völlig alltägliche Szene aus Boomtown: Hunderte kostümierte Schauspieler, so wie dieses Pärchen, verwandeln das Festivalgelände in ein begehbares Freilufttheater. Wie weit die Besucher mitspielen, entscheiden sie selbst.

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JANE STOCKDALE


IM ZENTRUM DER EKSTASE Im Herzen von Boomtown steht ein gewaltiger Tempel, der „Lion’s Den“: Mit Pyrotechnik, Lasereffekten und Wasserfällen dominiert er die Skyline der Stadt und bringt die Menge mit Reggae-, Dancehall- und Dub-Sounds zum Kochen. 25


WÄHLE DEINE WUNDERWELT

JODY HARTLEY, GARRY JONES

Boomtown besteht aus zwölf Bezirken wie der Oldtown (li. o.), den luxuriösen Paradise Heights (re. o.) oder Copper County im Wildweststil (re. u.). Für Besucher gilt: „Choose your vibe, choose your tribe.“


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LEORA BERMEISTER, MIKE MASSARO, BOOMTOWN IMAGE


Im Oldtown District von Boomtown: Man weiß nie, welche Überraschungen hinter den Türen der Festival-Gebäude lauern. In diesem Fall eine verwegene Piratin.

Eine Riesenparty von Menschen für Menschen: Die Eröffnungsfeier wird von den Organisatoren und der gesamten Boomtown-Community gestaltet.

Es WER REGIERT DIE STADT? Dunkle Gestalten greifen nach der Macht. Auch politische Intrigen und geheime Revolutionen gehören zum Repertoire der Gesamtinszenierung von Boomtown.

ist ein im wahrsten Sinne des Wortes fantastisches Spektakel, das sich jedes Jahr in Südengland vor den Toren des beschaulichen Städtchens Winchester abspielt: Auf einem freien Feld erhebt sich hier im August eine gigantische Festival-Stadt, die ihren Besuchern an vier Tagen weit mehr bietet als zahlreiche hochkarätige Bühnen-Acts. Denn wiewohl im Line-up schon Kracher wie Gorillaz, M.I.A., The Specials oder Sublime gelistet waren, ist die wahre Attraktion des Festivals – das mit 60.000 Besuchern mittlerweile zu den größten Musik-Events Großbritanniens zählt – das FestivalGelände selbst: Boomtown. In einer Art Mega-Rollenspiel samt märchenhaften Kulissen werden die Festival-Besucher Teil einer gewaltigen Inszenierung. In Boomtown wimmelt es nur so von Piraten, Cowboys und Cyborgs. Wenn du durch eine Wildweststadt flanierst, dich im Oldtown District den Freibeutern anschließt oder dich in die postapokalyptischen Ruinen von Downtown wagst, weißt du nie, was dich hinter der nächsten Ecke erwartet. Aber eines weißt du: Es ist nicht das, was du erwartest … 29


„Wir waren schon immer die heftigsten Partymacher.“ Martin Coat ist Boomtown-Intendant und für die Entwicklung der Storyline und der Figuren in der Stadt verantwortlich. Hier erzählt er, wie man 60.000 Menschen in einer Riesen-Fantasiewelt unterhält.

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ch bin von Anfang an davon ausgegangen, dass die Leute, die nach Boomtown kommen, extrem spielbegeistert sind und immer tiefer in ein Wunderland eintauchen wollen. Unter Großbritanniens Sommer-Festivals war dies schon immer die heftigste aller Partys, geprägt von unbändiger Vergnügungssucht – man könnte auch sagen, einem ausgeprägten Wunsch nach Realitätsflucht. In den letzten Jahren jedoch ist der spielerische Aspekt, also das Theater, stärker in den Vordergrund gerückt.

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Heute ist Boomtown ein riesiges Set. Es gibt insgesamt 27 Bühnen und 12 bis ins kleinste Detail theatralisch inszenierte Districts. Insgesamt entstehen so etwa 80 Venues und zahlreiche versteckte Geheimräume, die es für die Besucher zu entdecken gibt – diesbezüglich haben wir dieses Jahr übrigens ein paar richtig gute Überraschungen. Und: Nichts bleibt, wie es einmal war. Wenn man im Jahr davor durch eine bestimmte Tür in eine Geheimkammer gelangt ist, ist sie im nächsten Jahr garantiert nicht mehr da!

boomtownfair.co.uk THE RED BULLETIN

JANE STOCKDALE, MIKE MASSARO

Der Bürgermeister: Veranstalter Martin Coat ist das ganze Jahr über mit der Vorbereitung dieses Mega-Events beschäftigt.

Bei aller Fantasie spiegelt die Storyline des Festivals aber auch stets die Realität. Wir versuchen, die gröbsten Fehler der prinzipientreu-neoliberalen Regierung übertrieben darzustellen, und prangern Korruption und Gier an. In den ersten Jahren waren Revolutionen unser bevorzugtes Thema. Die Spieler bekamen die Aufgabe, die Regierung von Boomtown durch einen Rebellenaufstand zu stürzen. Dazu musste man aber erst mal hinter die Kulissen blicken und das Gesamtbild erfassen: Wer hat hier wirklich das Sagen? Nachdem die Regierung gestürzt war, erkannten die Spieler plötzlich, dass die Politik nur die Spitze des Eisbergs war – tatsächlich hatten Konzerne und Banken in Boomtown die Fäden in der Hand. Apropos Fäden in der Hand: Ich habe hier den absoluten Traumjob, der an Kreativität und Originalität kaum zu überbieten ist. Ich bin mit Festivals groß geworden und war vom Theater schon immer fasziniert. Die Kombination aus beidem ist für mich daher der ultimative Glücksgriff. An diesem Festival waren schon immer wahnsinnig viele Künstler beteiligt, ob sie nun die Kulissen gestalten oder Performances darbieten, auf der Bühne oder in der Besuchermenge – was zählt, ist die Community. Früher konnte man diesen Geist auch auf vielen anderen Festivals spüren, vor allem den kostenlosen wie etwa Stonehenge, Elephant Fayre oder Glastonbury in seinen Anfängen. Man traf sich dort, kam als eine Gemeinschaft zusammen. Natürlich wurde wild gefeiert, und man schottete sich ein paar Tage von der Außenwelt ab, aber letztendlich war der Grundgedanke: ‚Schaut her, wir wissen es besser, wir geben aufeinander und auf unsere Umwelt acht.‘ Darum geht es allerdings bei vielen Festivals längst nicht mehr. Es gibt jeden Sommer tausende Events, auf denen man die Sau rauslassen kann – der Spirit ist aber, wenn es denn je einen gab, auf der Strecke geblieben. Einige meinen, mit dem Eintrittsgeld hätten sie schon ihren Beitrag geleistet. In Boomtown ist der Trend genau gegenläufig: Das Festival zieht zwar von Jahr zu Jahr mehr Menschen an, aber gleichzeitig wächst auch der CommunityGedanke mit. Die Leute lieben das, was wir machen, und wissen, was es bedeutet, ein Teil von Boomtown zu sein.“


PANORAMABLICK INS TRAUMLAND 2008 kamen 1000 Besucher nach Winchester, 2019 werden 60.000 Menschen erwartet. Alles begann mit nur einer Bühne – mittlerweile spielt sich das Festival auf 27 Bühnen und in 12 filmreif inszenierten Districts ab.

SPONTANE PERFORMANCE Ein Festival wie ein Karneval: Auch abseits der großen Musikbühnen wird in Boomtown an jeder Straßenecke gefeiert: Insgesamt sorgen 80 MiniVenues für Party ohne Ende.


HE RO ES

Slimheli

DAS GEHT UNTER DIE HAUT Z

uletzt stach er Torwart Christopher Knett, dann folgte die halbe Mannschaft des österreichischen Fußballklubs FC Wacker Innsbruck. Marko Arnautović bezeichnet er als sein „viertes Kind“, und David Alaba kommt gerne einfach nur zum Reden vorbei: Helmut „Slimheli“ Zeiner ist in der Sportszene erste Adresse – nicht nur beim Wunsch nach einem neuen Tattoo, sondern auch bei Gesprächsbedarf. Zeiner malt ihnen Jesus, Engel und die Gottesmutter Maria unter die Haut. Sie erzählen ihm ihr Privatleben. Auch das geht manchmal unter die Haut. „Manche haben beim Reden auch schon Tränen vergossen, vor Wut oder Trauer“, sagt Slimheli. Viele der Sportler, die zu ihm kommen, kennt er seit ihrer Jugend – über seine drei

„Ich sage nur etwas zu Dingen, die ich selbst schon erlebt habe.“ 32

Söhne, die mit ihnen gemeinsam trainierten. Slimheli ist ihnen Zuhörer – und Ratgeber, „aber ich sage nur etwas zu Dingen, die ich selbst schon erlebt habe“. Was den Gesprächsstoff allerdings kaum einschränkt, denn der drahtige Mann mit der Friedenstaube am Hinterkopf hat in seinem Leben genug erlebt, um ein ganzes Buch zu füllen – geschehen unter dem Titel „Slimheli“ im März 2019 im egoth Verlag. Eine Kindheit in kriminellem Umfeld, ein Staatsmeistertitel im Breakdance und eine Karriere als Eishockeyspieler liegen hinter dem heute 52-Jährigen. 2015 überlebte er zwei Herzinfarkte, auch Großvater ist er schon geworden. „Die Sportler sind sich bewusst, dass ich in meinem Leben schon sehr viel gesehen habe. Wenn man weiß, dass jemand schon viel hinter sich hat, hört man demjenigen ganz anders zu.“ Wegen seines Alters und seiner Lebenserfahrung hätten die Jungen Vertrauen zu ihm, sagt Helmut Zeiner. „Und sie haben Respekt vor mir – auch davor, dass ich es geschafft habe, mir nach vielen Rückschlägen ein gutes Leben aufzubauen.“

CHRISTIAN HOFER

Helmut „Slimheli“ Zeiner tätowiert Sportstars von Marko Arnautović bis Rafael Rotter. Im Service inkludiert: ein offenes Ohr und offene Worte. Seine Profession ist das Ende seines Wegs von Rückschlag zu Rücksicht, von Verbrechen zu Vertrauen.


Helmut Zeiner, 52, besser bekannt als Slimheli, kann als Tätowierer gut zustechen – und zuhören.


HE RO ES

Aber wie baut man sich dieses Vertrauen auf? „Sicher nicht, indem man bei Interviews aus dem Nähkästchen plaudert. Die Jungs spüren einfach, dass sie mir vertrauen können. Ich gebe ihnen das Gefühl, dass sie bei mir gut aufgehoben sind“, sagt Zeiner. Vielleicht gerade dadurch, dass er sie nicht mit Samthandschuhen anfasst. „Ein Bursche, der mit Fußball Millionen verdient, ist für mich noch lange kein Star“, stellt Slimheli klar und holt die Promisportler beim Tätowieren auf den Boden. Auf Wehleidigkeiten, Starallüren und ähnliche Mätzchen reagiert Slimheli allergisch. Und nicht nur Top-Kicker wie Marko

fast zwanzig Jahren für sich entdeckte, lange Zeit vor allem durch Abwesenheit „geglänzt“. Sein Vater war Alkoholiker, schlug regelmäßig zu. Als Vierzehnjähriger saß er unschuldig im Gefängnis. „Ich habe niemandem vertraut, nicht einmal mir selbst. Ich bin zu oft auf die Nase gefallen, habe sehr viele schlechte Menschen kennengelernt.“ Angstfrei über wirklich alles reden, das kann und will Helmut „Slimheli“ Zeiner nur mit seiner Frau. Seit 34 Jahren sind sie zusammen. Sie ist die Einzige, der er ganz vertraut. Vielleicht mehr als sich selbst.

Arnautović haben sich während einer Tattoo-Session schon ein „Ach, halt doch die Papp’n!“ abgeholt – auch Eishockeyspieler wie Rafael Rotter, Handballprofi Seppo Frimmel oder Boxer Marcos Nader zählen zu den Kunden, die genau diese schnörkellose Direktheit zu schätzen wissen. „Mit vielen der Sportler bin ich gut befreundet.“ Sie erzählen ihm ihre Geheimnisse, er teilt seine Erfahrungen. Dieses Vertrauen auszunutzen oder gar zu missbrauchen ist für Slimheli undenkbar. Dafür hat er zu hart für dieses Gefühl kämpfen müssen. Denn Vertrauen hat im Leben des gebürtigen Wieners, der das Tätowieren vor

Helmut Zeiners Biografie „Slimheli“ (208 Seiten, egoth Verlag) ist im Handel erhältlich. slimheli.com

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DAS ARNAUTOVIĆ- PUZZLE Wo am Körper des Star-Fußballers befinden sich diese Tätowierungen?

SO GEHT’S: Ordne den Buchstaben der Tattoo-Bilder rechts jeweils die dazugehörige Zahl auf der Arnautović-Illustration oben zu. Die Auflösung findest du unten. Auflösung: A9, B7, C4, D2, E3, F10, G6, H1, I11, J5, K12, L8

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Marko Arnautović, 30, Kicker und treuer Kunde von Slimheli

THE RED BULLETIN

GETTY IMAGES, REUTERS

TOM MACKINGER

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HE RED BULLETIN: Mit Filmen wie „Cinderella“, „Die dunkelste Stunde“ oder „Baby Driver“ bist du in den letzten Jahren zu einer der erfolgreichsten Schauspielerinnen deiner Generation aufgestiegen. Bestand jemals die Gefahr, dass dir der Erfolg zu Kopf steigt? LILY JAMES: Nein. Ganz einfach deshalb, weil ich meiner Arbeit immer auch mit einer großen Portion Selbstzweifel gegenüberstehe. Natürlich macht einen der Erfolg an der Oberfläche stark, aber die Unsicherheiten, die darunter schlummern, kannst du nur mit innerer Kraft lösen – nicht mit Äußerlichkeiten. Stärkt der berufliche Erfolg nicht auch die innere Kraft? Schon, aber er führt auch dazu, dass du permanent unter öffentlicher Beobachtung stehst und Menschen, die du nicht einmal kennst, dein Leben und deine Beziehungen kommentieren. So etwas kann

„Als ich jünger war, konnte ich ein wahrer Albtraum sein. Ich war gewalttätig und manipulativ.“ 36

ganz schnell Einfluss auf deine Entscheidungen nehmen. Darf es aber nicht. Es ist extrem wichtig, diese Dinge einfach zu ignorieren. Nur so bleibst du geistig gesund. Klingt nach einer eher defensiven Strategie … Nach außen vielleicht. Aber es geht darum, die eigene Privatsphäre zu bewahren und in seiner persönlichen Blase zu bleiben. Es ist unmöglich, es allen Leuten recht zu machen – also sollte man es zumindest sich selbst recht machen. Das ist mein Mantra für die Reise meines Lebens. Hast du diese innere Stärke bereits entdeckt, bevor du eine Person des öffentlichen Interesses wurdest? Ja, als ich siebzehn war, verlor ich meinen Vater. Es war eine enorme Herausforderung, das gemeinsam mit meiner Familie durchzustehen und eine gute Schwester für meine Brüder zu sein. Dass ich das geschafft habe, hat mir viel Mut gegeben. War dies das erste Mal, dass du mentale Stärke beweisen musstest? Kommt drauf an. Meine beiden Brüder – einer älter, der andere jünger – würden vermutlich eine andere Geschichte erzählen.

Du hast sie verprügelt? Es gab eine Phase, in der ich ziemlich viel Babyspeck hatte und mich einfach auf sie draufsetzen konnte. So habe ich gewonnen – es war großartig. Außerdem konnte ich als Mädchen einen auf „Mama, die waren’s, nicht ich“ machen. Kurz gesagt: Ich war gewalttätig und manipulativ. Meine Brüder nannten mich „das Biest“. Kommt dieses „Biest“ auch heute noch manchmal zum Vorschein? Ich habe das Gefühl, dass zwei Versionen von mir existieren. Eine davon engagiert sich voll fürs Berufsleben und meine Ambitionen, und dann gibt es auch noch eine hemmungslose Seite … Vor allem in meinen Zwanzigern war ich so richtig furchtlos. Ich war hungrig, ich wollte unbedingt die Welt sehen und mich dabei verlieren und gleichzeitig selbst finden. Also zog ich los, ganz allein. Und, hast du dich gefunden? Ich denke schon. Besonders weil ich gelernt habe, auch mit negativen Erfahrungen klarzukommen. Ich bleibe positiv, egal was passiert. Denn wenn du mutig für deine moralischen Prinzipien einstehst, ohne dabei deine Güte zu verlieren, dann bist du unzerstörbar. Die Musical-Komödie „Yesterday“ mit Lily James in der weiblichen Hauptrolle läuft ab 11. Juli im Kino.

THE RED BULLETIN

RÜDIGER STURM

Sie ist eine der heißesten Brit-Aktien Hollywoods. Im Interview erzählt Lily James, wie sie dem Erfolgsdruck von außen mit innerer Kraft begegnet – und welche Rolle ihre Brüder dabei gespielt haben.

Und zwar welche? Na ja, jetzt habe ich eine tolle Beziehung zu ihnen, aber als ich jünger war, konnte ich ein wahrer Albtraum sein. Ich habe ständig mit ihnen gekämpft.

ERIK TANNER/CONTOUR BY GETTY IMAGES

DIE SCHÖNE WAR DAS BIEST


Schauspielerin Lily James, 30, ist zielstrebig, mutig und stark – nachzufragen am besten bei ihren gepeinigten Brßdern.


HE RO ES

UNDERWORLD „BORN SLIPPY“ (1995) „Diese Melodie fängt eine ebenso rauschende wie berauschende Partynacht ein. Sie erinnert an glücklichere Zeiten. In den 1990er-­ Jahren war Großbritannien so sinnlich, so lustvoll, so inspirierend für viele Künstler. Da war der Britpop, und auch in Kunst und Mode tauchten plötzlich junge, neue Gesichter auf. Blicken wir am Ende unserer Tage doch zurück – auf diese interessante Zeit.“

R. E. M. „IT’S THE END OF THE WORLD AS WE KNOW IT (AND I FEEL FINE)“ (1987) „Ich stelle es mir lustig vor, dieses Lied in unserer letzten Nacht auf Erden zu singen. In der Musik geht es darum, neue Ideen zu ­ar­tikulieren, aber es geht auch um Unterhaltung, Ablenkung und Flucht. Das sind die Momente, für die es sich zu leben lohnt. Tröst­ liche Momente, die unsere bizarre Welt erträglich machen.“

Bastille

SO KLINGT DIE APOKALYPSE

„Doom Days“ ist ab sofort erhältlich; bastillebastille.com

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THE BEATLES „BECAUSE“ (1969)

MOBY „PLAY“ (1999)

„Ein guter Abend ist einer, an dem wir mit Freunden zusammen sind, die nicht im Musikbusiness ar­ beiten. Mit Models Champagner­ korken knallen zu lassen – das interessiert uns einfach nicht. In der letzten Nacht auf Erden würden wir tanzen, ein bisschen gemeinsam weinen. Und dazu würden wir ein Lied hören, das uns alle entspannt – ‚Because‘ passt perfekt.“

„Das Album ist der Soundtrack für die Weltuntergangs-Afterparty. Kennst du den Podcast ‚Heavyweight‘? (Vom kanadisch-amerikanischen Komiker Jonathan Goldstein; Anm.) In einer Episode will der Typ, der Moby die GospelCDs geliehen hat, die er auf diesem A ­ lbum sampelt, seine Platten ­wieder zurückhaben. Total lustig – das musst du dir anhören.“ THE RED BULLETIN

UNIVERSAL MUSIC

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rei Jahre nach ihrer Gründung feierten Bastille rund um Sänger Dan Smith ihren großen Durchbruch – mit dem 2013 veröffentlichten Hit „Pompeii“ vom Debüt­ album „Bad Blood“. In Großbritannien blieb er ein Jahr lang der meistgestreamte Song. Und er brachte Bastille den Titel des „British Breakthrough Act“ bei den Brit Awards ein. Nach dem weltweiten Erfolg ihrer Single „Happier“ (2018, mit USProduzent Marshmello) hat das britische Quartett jetzt sein neues Album „Doom Days“ veröffentlich – der Soundtrack für eine „apokalyptische Party“, sagt Smith. Welche Songs noch gut zum Weltuntergang passen würden? Hier seine Auswahl.

MARCEL ANDERS

Welche Songs würdest du hören, wenn morgen die Welt unterginge? Englands Indie-Pop-Helden verraten ihre Favoriten.


FLÜÜÜGEL FÜR JEDEN GESCHMACK.


Wer mit 300 km/h am Hinterrad eines Kontrahenten klebt ‌ Speed Dating Johann Zarco bei den Vorsaisontests in Doha, Katar. Stundenlanges Abstimmen ist nÜtig, um die Harmonie zwischen Fahrer und Motorrad zu perfektionieren.

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GOLD & GOOSE/RED BULL CONTENT POOL


… ist entweder komplett irre – oder er will einfach nur überholen. Wir haben MotoGP-Pilot JOHANN ZARCO besucht und dabei zwei Dinge gelernt: Text PIERRE-HENRI CAMY Fotos RUUD BAAN über Motorradrennfahrer kann Klischees man getrost vergessen, und gesundes Essen gibt’s im Tupperware. Text PIERRE-HENRI CAMY Fotos RUUD BAAN

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Schnell, aber nicht vorschnell Der 28-jährige Franzose Johann Zarco ist im Motorsport ein Star. Zweimal war er Weltmeister in der Moto2-Klasse, 2018 belegte er den sechsten Platz in der MotoGP.


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iel Lärm, hektisches Treiben, dazwischen wild gestikulierende Ordnungshüter und Fotografen in Lauerstellung. Spannung liegt in der Luft. Ein Motorradfahrer mit einem auffallenden Rennhelm taucht auf. Eine Atmosphäre wie bei einem Grand Prix … bloß dass wir uns nicht am Rande einer Rennstrecke befinden, sondern mitten in Paris, im 7. Arrondissement, nur wenige Schritte vom Invalidendom entfernt. Dort haben sich eben erst wieder die „Gilets jaunes“, die Gelbwesten, zum Protest versammelt, wie inzwischen fast an jedem Samstag. Der Motorradfahrer bleibt inmitten dieser chaotischen Szenerie erstaunlich gelassen. Kein Wunder, er ist ein Profi, einer der besten der Welt – Johann Zarco. Die Maschine, auf der er heute fährt, ist aber nicht seine KTM RC16, die es auf über 300 Stundenkilometer bringt. Heute lässt sich Zarco mit dem Motorradtaxi chauffieren. Der Helm aber ist sein eigener, ein Shark, und darauf abgebildet: die aufgehende Sonne, das KTM-Logo und der rote Stier. Ein Gelbwesten-Demonstrant dreht sich irritiert um. Was macht denn dieser Typ mit so einem Helm hier? Die simple Antwort: Johann Zarco folgt unserer Einladung. Und es ist ein im wahrsten Wortsinn eingesprungenes Treffen. Zwischen einem Termin mit der Nachrichtenagentur AFP und einem Interview beim TV-Sender Canal+ nimmt er sich zwei Stunden Zeit für ein Fotoshooting. Jemand hatte die verrückte Idee, dass Zarco uns zwischen den beiden

„Ich darf nicht darüber nachdenken, ob ich überholen will. Ich muss es einfach tun.“ 44

„Nur das zu kopieren, was ich schon weiß, wird mir keinen Sieg einbringen.“ Terminen im Studio besucht, um uns seinen legendären Rückwärtssalto zu zeigen, mit dem er seine Siege feiert. Zarco gefiel diese schräge Idee offenbar, denn im Studio demonstriert er uns dann nicht einen Salto – sondern gleich zehn. Der Franzose, der zweimal die Moto2WM gewann und in der MotoGP-Klasse im vergangenen Jahr den sechsten Platz belegte, ist eben kein gewöhnlicher Typ. Kein typischer Motorradprofi, wie man ihn sich vorstellt – Motto: „Ich geb Gas, also bin ich.“ Nein, Zarco ist anders. Ein paar Tage nach unserem Shooting treffen wir ihn nochmals, diesmal in wunderschöner Umgebung in Südfrankreich, in seinem ebenso schlicht wie stilsicher eingerichteten Haus in Avignon. Spätestens jetzt sind wir überzeugt: Johann Zarco mag zwar den für Motorrad-Weltmeister-Ehren notwendigen Tunnelblick perfekt beherrschen, aber dieser junge Mann besitzt auch die Fähigkeit, sehr weit über seinen Tellerrand hinauszublicken. THE RED BULLETIN: Wenn man dich hier so entspannt auf deiner Terrasse sitzen sieht, könnte man fast vergessen, dass man sich mit einem MotoGP-Star unterhält. Wie schnell bist du auf dem Motorrad? JOHANN ZARCO: Mein persönlicher Rekord liegt bei 346 Stundenkilometern. Es gibt nur sehr wenige Menschen, die diese Geschwindigkeit mit einem Motorrad erreichen. Für mich ist sie normal (lacht). Ehrlich gesagt: Als wir für das Fotoshooting in Paris die Rückwärtssaltos vorgeschlagen haben, dachten wir, dass du bestimmt ablehnst – ein gewisses Verletzungsrisiko ist ja schon dabei. Und der Termin war kurz vor dem Start

in die erste Saison nach deinem Wechsel zum Red Bull KTM Team. Der Rückwärtssalto ist ein Sprung, den ich sehr gerne mache, und ich weiß, dass ich ihn beherrsche. Natürlich ist auch ein bisschen Show dabei. Ich bin schon häufig gefragt worden, ob ich keine Angst habe, mich dabei zu verletzen. Aber wenn ich ein Rennen gewinne, in dem ich über 300 Stundenkilometer gefahren bin, ist es am Ende sicher nicht der Salto, der gefährlich ist. Mir geht’s dabei vielmehr darum, mich nicht gehemmt fühlen zu müssen – denn das führt nur dazu, dass man sich plötzlich nichts mehr traut. Denkst du dabei auch an deinen Sport? Nein, ich denke nicht, dass im Sport … (Er überlegt einen Moment.) Also, wenn du im Leben weiterkommen willst, musst du zunehmend Verantwortung übernehmen, dich aber gleichzeitig gegen alle Eventualitäten absichern. Folglich wagt man nichts mehr, weil der Preis

„Mein großes Vorbild ist Paul McCartney. Motorradfahren ist im Grunde wie Gitarrespielen.“ zu hoch ist. Man hat Angst, alles zu verlieren. Man fragt sich, was wäre, wenn dieses oder jenes passiert … Ich finde, das hemmt das natürliche Verhalten des Menschen auf dramatische Weise. Du handelst also instinktiv? Wenn man darüber nachdenkt, etwas zu tun, ist es meist schon zu spät. Das habe ich in meinem Beruf gelernt: Man muss in Bewegung bleiben, immer agieren. Wenn ich ein Rennen fahre und jemanden überholen will, dann darf ich nicht darüber nachdenken, ob ich überholen will. Ich muss es einfach tun. Andernfalls verschwende ich wertvolle SekundenbruchTHE RED BULLETIN


Normalerweise zeigt er ihn nur nach einem Sieg, aber für uns hat er gleich zehn gemacht. Ehrlich.

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„Am Ende ist sicher nicht der Salto gefährlich, sondern das Tempo auf der Rennstrecke.“ teile. Es ist besser, zu handeln, selbst wenn man falsch handelt. Denn so verinnerlicht man das Geschehene und lernt daraus. Bist du außerhalb der Rennstrecke auch so dynamisch? Wenn ich versuche, diese Wettkampfphilosophie auf mein alltägliches Leben zu übertragen, dann ist das Ergebnis: Ich will im Hier und Jetzt leben. Das ist natürlich sehr viel leichter gesagt als getan, aber wenn man es schafft, das umzusetzen, ist das wirklich sehr wertvoll. Und man muss seinem Körper voll und ganz vertrauen. Unser Körper ist ein unglaubliches Wunderwerk, genau wie unser Gehirn. Und wenn man beiden vertraut, dann … (Er hält kurz inne.) Warum lernt ein Kind ab der Geburt bis zu seinem zwölften Lebensjahr so schnell? Weil es noch nicht gezwungen ist, so viel nachzudenken. Erst in der Jugend beginnt man, über alles nachzudenken, handelt nicht mehr so instinktiv. Lässt die sehr technisch-rationale Denkweise des Motorsports überhaupt genug Raum für Instinkte? Ja, das ist kein Widerspruch für mich. Alles in meiner aktuellen Entwicklung muss zielgerichtet sein, in ein Ideal übergehen – ein leistungsstarkes Motorrad, ein Motorrad, das gewinnen kann, ein Fahrer, der für einen Sieg zu allem bereit ist. Nur so lässt sich ein gutes Ergebnis erzielen. Aber nicht nur das Resultat ist von Bedeutung, auch der Weg, der zu diesem Ziel führt, ist entscheidend. Das habe ich verinnerlicht, um das Motorradfahren weiterentwickeln zu können. Das braucht Planung genauso wie Instinkt. Klingt sehr vernünftig. 46

Auch wenn wir über 300 Stundenkilometer fahren, sind wir keine Draufgänger. Draufgänger halten das nicht lange durch. Gibt es solche Typen trotzdem noch in der MotoGP? Dieses Niveau erreichen solche Fahrer nicht. Man findet sie noch unter den Moto2-Piloten, aber auch dort kaum – denn hohe Geschwindigkeit bedeutet, dass man umfassende Kontrolle braucht. Wenn man über 300 Stundenkilometer fährt, einen Bremsweg von 150 Metern hat und nicht weiß, was zu tun ist, dann macht man das nur ein einziges Mal. In einem Interview wurdest du einmal nach deinen größten Vorbildern gefragt. Wenig überraschend hast du erst MotoGP-Legende Valentino Rossi genannt – aber auch Paul McCartney. Inwiefern kann dich denn ein Musiker inspirieren? Man spürt einfach, dass er stark instinktiv handelt, gefühlsorientiert. Er ist ein sehr ruhiger und reflektierter Mensch, ein großartiger Musiker – Musik ist auch Mathematik, Reflexion und ein Lernprozess. Aber mehr noch geht es darum, seiner Intuition freien Lauf zu lassen. Mit den Beatles hat McCartney eine verrückte Zeit durchlebt, dieses instinktive Lebensgefühl der Hippiezeit, mit Peace and Love: „Vielleicht wird es in fünf Jahren erneut einen Krieg geben, also genießen wir das Hier und Jetzt.“ Diese Einstellung hat er sich bis heute bewahrt, ohne viel Aufhebens darum zu machen. Er hat nie den Eindruck vermittelt, abgehoben zu sein. Das imponiert mir.

Dein ultimatives MotoGP-Erlebnis Sichere dir ein KTM Fan-Package für das Rennen am 11. August am Red Bull Ring. Neben dem Sitzplatz auf der KTM-Tribüne gibt es zusätzlich Tasche, T-Shirt, Kappe, Schlüsselband und Ohrstöpsel von KTM sowie einen exklusiven Parkplatz. Alle Details unter: ktm.com/fanpackage

Motoren machen zwar mächtig Sound, aber keinen Song. Gibt es zwischen deiner Liebe zur Musik und deiner Motorrad-Karriere einen Zusammenhang? Ich denke schon. Da ich keine Noten lesen kann, muss ich ein Stück auf dem Klavier oder der Gitarre auswendig spielen. Wenn man auswendig spielt, ist es nicht mehr das Gehirn, das die Arbeit leistet, sondern der Körper selbst ruft die Erinnerung ab. Trotzdem muss ich vorwegnehmen, welche Akkorde aufeinanderfolgen. Es braucht weniger als eine Sekunde der Vorwegnahme, um den nächsten Akkord spielen zu können. Auf dem Motorrad ist diese Vorwegnahme genauso erforderlich – vor der Kurve, dem nächsten Handgriff, dem Bremsen im richtigen Moment … Also ja, so gesehen ist das wie in der Musik. Wenn ich Gitarre spiele, gibt es

„Wir sind keine Draufgänger. Draufgänger halten das nicht lange durch.“ ein paar Griffe, die ich absolut nicht hinbekomme – meine Finger wollen einfach nicht. Das muss man sich dann erarbeiten. Und dazu wiederum muss man sein Naturell verändern. Und diese Einstellung lässt sich auch auf die Rennstrecke tragen? Genau. Man muss immer offen bleiben. Nur das zu kopieren, was ich schon weiß, wird mir keinen Sieg einbringen. Ich muss meine Komfortzone verlassen, Neues lernen. Wenn du immer bei dem bleibst, was du schon kannst, schaffst du es vielleicht unter die Top Ten. Um aber zu den Top Three zu gehören, wirst du immer weiter an dir arbeiten müssen. Wann bist du eigentlich das erste Mal auf einem Motorrad gesessen? Ich muss neun Jahre alt gewesen sein, damals wohnten wir in Antibes (an der französischen Riviera; Anm.). Nicht weit von dort gab es eine Kartbahn, wo ich THE RED BULLETIN


kurz auf einem kleinen Motorrad fahren durfte. Ich habe meinen Vater gebeten, wieder mit mir hinzufahren und dann noch einmal. Der Besitzer der Strecke hat zu meinem Vater gesagt: „Man sieht, dass Ihr Sohn das schon öfter gemacht hat.“ Mein Vater hat ihm geantwortet, dass wir erst zum dritten Mal dort waren. Da hat der Mann uns geraten, zum Motorradclub in Cagnes-sur-Mer zu fahren, wo auch Kinder fahren durften. Ich war total begeistert. So hat sich das Ganze entwickelt.

GETTY IMAGES (5), REPSOL HONDA/RED BULL CONTENT POOL, GOLD & GOOSE/RED BULL CONTENT POOL

War dein Vater ein Motorrad-Fan? Überhaupt nicht! Mein Vater war Chiropraktiker. Maschinen waren nicht sein Ding. Keiner aus der Familie hatte etwas mit Maschinen zu tun. Diese Welt war ihm ein wenig … suspekt (lacht). Warum suspekt? Es war schwierig, in dieser Welt jemanden zu finden, der ehrlich ist. Mein Vater hat sich oft gefragt, was wir da eigentlich sollten, aber er hat mich weiter unterstützt. Schließlich haben wir Laurent Fellon kennengelernt, jenen Mann, der mich bis letztes Jahr begleitet hat. In Laurent hatte mein Vater jemanden gefunden, der kompetent und ehrlich war. Bis dahin war es nichts als ein Wettkampf unter den Eltern, ausgetragen über ihre Kinder. Wenn man sie gefragt hat, ob man ein 44er- oder ein 45er-Kettenrad brauchte, bekam man keine Antwort. Gesprächsthema war eher: „Mein Sohn wird schneller sein als deiner.“ Selbst in diesen Kinderklassen haben sie sich gegenseitig das Leben schwer gemacht. Stimmt es eigentlich, dass sich deine Tante um deine Ernährung kümmert? Ja. Ich möchte mich gerne gesünder ernähren, aber ich habe keine Zeit, mir ausgewogene Gerichte zuzubereiten. Meine Tante und mein Onkel wohnen fast nebenan – da haben wir beschlossen, dass ich sie dafür einspannen könnte. Meine Tante stellt mir alles in TupperwareDosen bereit. Wenn ich vom Training komme, muss ich es nur aufwärmen. Ach ja, ich muss jetzt noch meine Tupperware abholen. Möchten Sie mitkommen? Instagram: @johannzarco THE RED BULLETIN

Knietief: MotoGP-Star Marc Márquez 2018 auf dem Red Bull Ring

MotoGP am Red Bull Ring: der Thriller auf zwei Rädern

Wechselnde Sieger, konstantes Spektakel: Von 9. bis 11. August findet am Spielberg der myWorld Motorrad Grand Prix von Österreich statt. Sei dabei unter den zehntausenden Fans vor Ort – oder live mit ServusTV. RUHMESHALLE DER CHAMPIONS Fünf Rennen, fünf verschiedene Sieger. Dieses Quintett triumphierte in der Königsklasse am Red Bull Ring. ÀLEX CRIVILLÉ (1996) Premiere für die MotorradWM am Spielberg. Die Top-Motoren hatten noch 500 Kubik, der erste Sieger einen spanischen Pass. MICK DOOHAN (1997) Zwischenstation eines Triumphzuges: Gleich zwölfmal stand der Australier in der Saison ganz oben auf dem Treppchen, darunter – natürlich – auch in Österreich. ANDREA IANNONE (2016) Ans Österreich-Comeback der Motorrad-WM erinnert sich der Italiener ganz besonders. Bis dato ist es nämlich sein einziger MotoGP-Sieg.

ACTION AM BILDSCHIRM Für alle, die nicht vor Ort sein können, zeigt ServusTV alle Qualifyings und Rennen der Moto3, Moto2 und MotoGP des myWorld Motorrad Grand Prix von Österreich live im Free-TV. Zehn Stunden Live-Kompetenz: mit Moderatorin Andrea Schlager, den Kommentatoren Christian Brugger und Alex Hofmann und den Experten Stefan Bradl und Gustl Auinger. servusmotogp.com

ACTION AM RING Fast ebenso spektakulär wie die Rennen präsentiert sich am Red Bull Ring das Angebot abseits der Piste. FreestyleMotocrosser, KTM-Stuntfahrer und die Flying Bulls sorgen mit ihren Shows für staunende Blicke, namhafte Coverbands von Guns N’ Roses über Pink bis zu den Rolling Stones für satten Sound. Dazu gibt es die Möglichkeit zum Bungee Jumping, den Pitlane Walk sowie eine Autogrammstunde mit allen MotoGP-Fahrern. Ticktes unter: projekt-spielberg.com

ANDREA DOVIZIOSO (2017) Wie im Jahr davor heißt der Sieger Andrea und kommt aus Italien: Dovizioso gewinnt 0,18 Sekunden vor Weltmeister Marc Márquez. JORGE LORENZO (2018) Márquez geht als Favorit ins Rennen, muss sich aber erneut mit Rang zwei begnügen. Der Sieg geht nach harten Duellen an Lorenzo, in dieser Márquez’ Teamkollege.

Selfie-Time: Stars wie Marc Márquez (re.) gibt es am Red Bull Ring zum Anfassen.

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DIE KRAFT DES HORIZONTS

IMANI WILMOT hat das erste Surf-Camp f체r M채dchen und Frauen in Jamaika gegr체ndet. Doch ihre Mission geht 체ber den Tanz auf den Wellen weit hinaus. Text LOU BOYD

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Fotos ISHACK WILMOT

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THE RIGHT TO ROAM FILMS

Die Bilder zeigen Surf-Lehrerin Imani Wilmot (mittleres Bild rechts) und ihre Schülerinnen im „Klassenzimmer“, der Bull Bay an der Südostküste Jamaikas

THE RED BULLETIN

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ie war nicht allein, aber sie war die Einzige. Als Mädchen war Imani Wilmot in Eight Miles, Bull Bay, an der Südostküste von Jamaika, eine kleine Berühmtheit. Weil sie ständig im Wasser war. Und weil ihr Vater, Billy „Mystic“ Wilmot, als Gründer des jamaikanischen Wellenreitverbands JSA (Jamaican Surf Association) in seiner Heimat auch als „Godfather of Jamaican Surfing“ bekannt ist. Imani wächst sozusagen am Strand auf und verbringt – wie ihre Brüder – die meiste Zeit ihrer Kindheit mit Surfen. Aber schon in jungen Jahren wird ihr klar: Sie ist nicht wie ihre Brüder. Sie ist ein Mädchen. Und zwar das einzige weit und breit auf einem Surfbrett … „Frauen hat man in Jamaika immer schon verboten, ins Wasser zu gehen“, erzählt Wilmot, die heute, mit 28 Jahren, das Jamnesia Surf Camp in Eight Miles leitet. „Viele haben Angst, dass das Salzwasser ihren Haaren und die Sonne ihrer Haut schaden könnte. Darüber habe ich mir nie Gedanken gemacht, weil ich damit aufgewachsen bin.“ Und geschadet hat es weder ihren Haaren noch ihrer Haut, noch ihrer Entwicklung. Ganz im Gegenteil: „An meiner Schule wurde meine Leidenschaft extrem unterstützt“, erzählt Wilmot. „Nach Siegen hat man mich bei Veranstaltungen auf die Bühne geholt

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Hier, am Strand von Bull Bay, wuchs Imani Wilmot auf. Heute organisiert sie hier Surf-Camps für Frauen.

und außerdem meine Pokale präsentiert – aber das änderte nichts an der Tatsache, dass ich die einzige Surferin meiner Generation war. Mir wurde damals bewusst, wie wichtig es ist, dass mehr Mädchen – vor allem auch Mädchen mit dunkler Hautfarbe – surfen, damit sie anderen als Vorbild dienen.“ Mit siebzehn gründet Imani Wilmot die erste jamaikanische Surf-Schule für Mädchen und Frauen. „Dieses Angebot hat einfach gefehlt, es gab da eindeutig eine Lücke, und ich hatte das dringende Bedürfnis, sie zu schließen.“ Dass die karibische Surf-Kultur in der internationalen Szene eine eher bescheidene Rolle spielt, war für Wilmot keine Hürde, sondern vielmehr eine Rampe. Luft nach oben hat schließlich noch keinem geschadet. „In den Mainstream-Medien ist für unsere Surf-Kultur kein Platz“, sagt sie. „Das hat finanzielle Gründe. Die Medien arbeiten profitorientiert, und mit AfroCaribbeans lässt sich – zumindest nach Ansicht der Medienmacher – keine gute

Werbung machen.“ Allerdings nicht nach Wilmots Ansicht: Sie glaubt fest an einen Wandel, wenn mehr Frauen mit dunkler Hautfarbe den Surf-Sport ausüben. „Wir stärken uns damit letztendlich selbst, denn die People of Color geben für solche Bereiche Geld aus, in denen sie sich gut repräsentiert fühlen“, erklärt sie. „Wenn andere Frauen sehen, was ich mache, dann ist das für sie ein Denkanstoß – ganz im Sinne von ‚Wenn die das kann, kann ich das auch‘.“ Aber es geht nicht nur um sportliche Perspektiven. Für viele Frauen in Bull Bay und Umgebung sind die Surf-Camps in mehrfacher Hinsicht eine wichtige Anlaufstelle. „Jamaikas Kultur ist mitunter äußerst frauenverachtend und brutal“, erzählt Wilmot. „Bei mir können sich Mädchen sicher und geborgen fühlen und ganz unbehelligt surfen lernen. Ich will aber auch, dass es ihnen emotional gut geht. Es ist einfach enorm wichtig, junge Menschen zu unterstützen und ihre Träume und Lebensziele ernst zu nehmen.“ THE RED BULLETIN


„Frauen hat man hier früher immer verboten, ins Wasser zu gehen.“ Freiheitskämpferin mit Dreadlocks: Schon als Siebzehnjährige gab Imani Wilmot Frauen Surf-Unterricht und unterstützte sie auch mental.

THE RED BULLETIN

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„Surfen ist eine der positivsten Sportarten überhaupt, weil man allem Negativen den Rücken kehrt.“

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Szenen aus dem Film „Surf Girls Jamaica“ – die Dokumentation taucht tief ein in die Lebenswelt der Menschen.

Die therapeutische Wirkung des Surfens ist seit Jahrzehnten bekannt, und Wilmots Camps sind keinesfalls die ersten, in denen der Sport auch als soziale Unterstützung dient. Aber in ihrer Heimat hat sie damit absolutes Neuland betreten. Natürlich wird in den Camps sportlicher Einsatz und Ehrgeiz erwartet, gleichzeitig erfahren die Frauen aber auch Geborgenheit und Unterstützung. „Surfen ist eine der positivsten Sportarten überhaupt, weil man nur den Horizont im Blick hat und allem Negativen einfach den Rücken kehrt“, sagt Wilmot. „Das Meer ist gigantisch und erscheint

grenzenlos – daneben wirken wir Menschen klein und unbedeutend. Wenn du die Kraft des Meeres spürst, in dich aufnimmst und allgemein in etwas Positives umwandelst, dann kann sich das einfach nur gut anfühlen.“ „Surf Girls Jamaica“ findet ihr auf dem YouTubeKanal „Real Stories“. Zum Zeitpunkt der Drucklegung haben wir erfahren, dass das Haus von Billy Wilmot durch einen Brand zerstört wurde. Links zu seiner GoFundMe-Seite findest du auf Instagram: @jamnesiasurf

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THE RIGHT TO ROAM FILMS

Eines dieser jungen Mädchen ist Melissa Fearon – gleichzeitig eine der zentralen Figuren von „Surf Girls Jamaica“, einem Dokumentarfilm, in dem die britischen Filmemacherinnen Joya Berrow und Lucy Jane die Geschichte von Imani Wilmot und ihren surfenden Schützlingen erzählen. Als Imani Melissa kennenlernt, ist von Träumen und Lebenszielen allerdings keine Rede. Melissa steckt damals in extremen Schwierigkeiten. „In Jamaika aufzuwachsen ist hart“, erzählt sie. „Vor allem für Frauen. Beziehungen sind oberflächlich, Sex bedeutet nichts. Wenn ein Mann dich vergewaltigt, behauptet er anschließend, du hättest darum gebeten.“ Melissa Fearon wird wegen versuchten Marihuana-Schmuggels in die USA verhaftet. „Diese mentale Unterjochung, mit der wir unser ganzes Leben lang konfrontiert sind, macht alles kaputt“, erklärt sie. „Wenn einem das Geld für eine gute Ausbildung fehlt, nimmt man Jobs an, von denen man besser die Finger lassen sollte. In meinem Fall sollte ich Gras in die USA schmuggeln. Deswegen standen mir zwei Jahre harte Zwangsarbeit in einem Frauengefängnis bevor. Die Haft hat mein Leben völlig gekippt und mich total aus der Bahn geworfen. Niemand stellt dich ein, wenn du vorbestraft bist. Ich war wirklich am Ende.“ Aber dann kam ein neuer Anfang: Imani Wilmot. „Eines Tages kam Imani am Strand auf mich zu und meinte: ‚Komm, lass uns zusammen surfen‘“, erinnert sich Melissa, und auch heute noch huscht ein ungläubiges Lächeln über ihr Gesicht. „Es war wie ein Wunder. Das Surfen wirkte total befreiend, ich wurde eins mit mir selbst, ich hatte endlich wieder so etwas wie ein Selbstwertgefühl.“ Nach und nach wird Melissa Fearon Teil von Wilmots Mission. „Mel hat die Veränderung selbst erlebt und zu schätzen gelernt, wie gut ihr das getan hat“, sagt Wilmot. „Als Lehrerin will sie diese Erfahrung weitergeben, andere für das Surfen begeistern, da es dein Leben wirklich verändern kann.“



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FAKTEN ÜBER BEACHVOLLEYBALL, DIE DU NIE WIEDER VERGISST Sonne, Action, jede Menge Party: Auch diesen Sommer steigt auf der Wiener Donauinsel das BeachvolleyballMajor. Hier kommt ein Guide über den spektakulären Outdoor-Sport, der dich auf der Stelle zum Experten macht. Text MARC BAUMANN

Fotos DAVID CLERIHEW

Bonus: Die Titelverteidiger aus Norwegen erklären einige ihrer Tricks.


MACHT AUS DEM NORDEN

Unter ihrem Teamnamen „Beachvolleyball Vikings“ sorgen die Norweger Anders Mol (li.) und Christian Sørum aktuell an der Weltspitze für Furore.

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Am Anfang war der Basketball

Volleyball – also die Mutter des Beachvolleyballs – wurde ursprünglich mit Basketbällen gespielt. Weil die Bälle aber zu hart waren, ließ man die äußere Lederschicht weg und spielte nur mit dem Kern. Weil sich der wiederum als zu weich entpuppte, wurde die Firma Spalding gebeten, für die junge Sportart eigene Bälle anzufertigen. Der erste richtige Volleyball entstand 1895.

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Mit dem Sand kannst du keine Burgen bauen

Sand ist eine Wissenschaft für sich. Beim Beachvolleyball darf er nicht zu hell sein, sonst blendet er die Fernsehkameras – er darf aber auch nicht zu dunkel sein, sonst sieht er schmutzig aus. Der Feinkornanteil ist wichtig für die Abtrittfestigkeit, also den Absprung, gleichzeitig muss aber auch der Grobkornanteil stimmen, sonst ist der Sand zu dicht – und unbespielbar. Je tiefer man in den Sand einsinkt, desto mehr entscheiden Technik und Taktik über den Sieg. „Jeder kann gewinnen, wenn der Sand nicht tief ist“, hat der brasilianische Beachvolleyball-Profi Pedro Solberg mal gesagt. „Jeder springt dann hoch und schmettert hart.“ Sein Lieblingssand? Liegt – Überraschung! – an Rios Copacabana. Übrigens: Mit professionellem Beachvolleyball-Sand kann man keine Sandburgen bauen. Die Körner kleben nicht genug aneinander.

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Funktionäre geben ihr letztes Hemd

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Beachvolleyball ist ein Krisengewinner

Die Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre machte den Sport in den USA erst richtig populär – schlicht weil er günstig war. Während des Zweiten Weltkriegs spielten GIs auf offizielle Anweisung Beachvolleyball zur Ablenkung – deutsche, italienische und japanische Soldaten übernahmen den Sport und brachten ihn in ihre Heimatländer.

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Beachvolleyball lockt die Massen

Bei den Olympischen Spielen in Brasilien 2016 war Beachvolleyball noch vor Fußball oder dem 100-Meter-Finale der Sport mit den meisten Fernsehzuschauern.

Hannes Jagerhofer, erfolgreicher Veranstalter des Major-Turniers in Wien (und davor in Klagenfurt), wettete, er würde nackt um den Stephansdom laufen, wenn je ein österreichisches BeachvolleyballTeam das Halbfinale bei einem Grand-Slam-Turnier erreichte. Vor zehn Jahren schafften es Barbara Hansel und Sara Montagnolli unter die letzten vier. Jagerhofer beglich seine Wettschuld (im Juli 2010, um zwei Uhr früh).

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Die Spieler haben die besten Spitznamen

US-Profi Phil Dalhausser wird „The Thin Beast“ genannt, der Deutsche David Klemperer war „The Rabbit“, der Brasilianer Alison Cerutti wird liebevoll „O Mamute“ (das Mammut) gerufen. Das 2018 in Wien siegreiche und auf diesen Seiten abgebildete Männer-Duo Anders Mol und Christian Sørum nennt sich „Beachvolleyball Vikings“.


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Erfolg liegt in der Familie

Auch Anders’ Bruder Hendrik Mol ist Beachvolleyball-Profi. Hendriks Partner ist sein Cousin Mathias Berntsen, der früher mit Anders Mol ein Duo bildete. Die Eltern der Mols, Merita und Kåre, waren Beachvolleyball-Spieler und sind heute Trainer. Die übrigen drei Geschwister spielen ebenfalls.

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Weniger Zuschauer heißt nicht weniger Stimmung

8000 Personen fasst die eigens auf der Donauinsel errichtete Red Bull Beach Arena auch 2019. Bei der WM 2017 gab es hier zwar um 2000 Plätze mehr, dafür sind die Tribünen nun steiler, das Publikum ist somit lauter.

„Im Flug musst du alles um dich herum vergessen.“ Hebt Christian Sørum zum Dive ab, denkt er nur an eines: Der Ball muss in der Luft bleiben.


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Beachvolleyball hat die besten Fachbegriffe

Ein einhändiger Block heißt Kong, weil man dabei Schmetterbälle abwehrt wie der legendäre Filmaffe King Kong auf dem Empire State Building die Flugzeuge. Andere Schläge heißen Cobra Shot (Ball mit den Fingerspitzen der gestreckten Hand spielen), Tomahawk (Bälle mit geschlossenen Fingern abwehren), Chicken Wing (gebeugter Ober- und Unterarm oder Ellbogen als Spielfläche) oder Gator Dig (von Alligator, hart geschlagene Bälle mit Handinnenflächen abwehren).

„Kommt der Ball mit Tempo 100 auf dich zu, musst du ganz deinem Körper vertrauen.“ Hart geschlagene Bälle nimmt Christian Sørum mit Arm oder Ellbogen an (Chicken-Wing-Technik).

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Die Beatles waren keine Beachboys

Die Beatles haben sich in den 1960er-Jahren in San Diego in Kalifornien in Beachvolleyball versucht – mit mäßigem Erfolg.

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Jeder Spieler muss 32 Quadratmeter abdecken Hallenspieler nur etwas mehr als 13 Quadratmeter.

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Ein Beachvolleyball ist um 1 Zentimeter größer ...

… als ein Hallenvolleyball, hat aber um 0,1 bar weniger Druck.


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Ein Spieler springt im Schnitt 400-mal pro Spiel

Versuch das beim nächsten Urlaub auf Mallorca mal nachzumachen.

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Sand saugt Energie

Auf Sand Sport zu machen kostet um rund 30 Prozent mehr Kraft als Sport auf festem Untergrund.

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Verlierer müssen zum Grill

Was heißt denn „One – two – barbecue“, bitte? Klingt lecker, bedeutet aber nur: Ein Beachvolleyball-Team verliert nicht nur das erste Spiel, sondern auch direkt noch das zweite – und fliegt damit auf kürzestem Weg raus. Ab zum Grill. Typischerweise kommt dieser Modus in Nordamerika zum Einsatz.

„Ein guter Sprung braucht guten Grip.“ Für bestmögliche Beschleunigung aus dem Sand balanciert Anders Mol erst seine Füße aus.

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GUTES SERVICE GARANTIERT Anders Mol schlägt mit Partner Christian Sørum auch 2019 in Wien auf. Das Ziel: Verteidigung des Titels aus dem Vorjahr.

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Auf die geheimen Fingerzeige kommt es an

Die wichtigsten Kommandos erfolgen stumm, per Fingerzeig, hinter dem Rücken. Ein Finger gestreckt heißt, der gegnerische Angreifer wird longline geblockt, zwei Finger gestreckt bedeuten, der gegnerische Angreifer wird diagonal geblockt – um nur mal zwei einfache Zeichen zu erklären. Zu den zahlreichen offiziellen Kommandos hat jedes Team noch eigene, individuelle GeheimFingerzeige.

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Alternative: Schnee

Sollte es im Juli in Wien sehr heiß werden, stell dir einfach Schnee-Volleyball vor. Das gibt es wirklich, Turniere finden etwa in St. Anton am Arlberg statt.

JOERG MITTER/BEACH VOLLEYBALL MAJOR SERIES/RED BULL CONTENT POOL

ERLEBE DIE SANDPLATZHELDEN LIVE! In Wien spielt die Beachvolleyball-Elite um den Major-Titel.

DAS TURNIER. 64 Teams, rund 100.000 Zuschauer, 600.000 US-Dollar Preisgeld: Beim A1 Major Vienna presented by Swatch geht es ums Ganze. Vom 31. Juli bis zum 4. August kämpfen die weltbesten Damenund Herren-Duos in der Red Bull Beach Arena auf der Wiener Donauinsel um den Turniersieg. UND SONST? 2500 Tonnen Sand, Chillout-Areas und DJ-Sounds sorgen für Strandfeeling. Und allen, denen es zu heiß wird, bietet die ORGANICS by Red Bull Area im Beach Village Erfrischung – inklusive Pool. Der Eintritt für das gesamte Event ist frei. beachmajorseries.com Wo große Männer im Sand spielen: Clemens Doppler (beim Sprung) und Alex Horst in der Red Bull Beach Arena 2018

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Perfekter Sound für Ihre Dinnerparty: der Amazon Echo Plus (2. Generation)

SO WIRD IHR ABEND MIT FREUNDEN EINMALIG! Warum mit Amazon Echo mehr Zeit für unvergessliche Momente bleibt.

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and aufs Herz: Wann haben Sie Ihren Liebsten zuletzt ungeteilte Aufmerk­ samkeit geschenkt? Nein, wir wollen Ihnen kein schlechtes Gewissen ­machen – es geht uns doch allen so! In der Hektik des Alltags wird es immer schwieriger, all seine Liebsten an einen Tisch zu bekommen. Umso wichtiger ist es, diese wertvollen

Momente in vollen Zügen genießen zu können. Doch wer kennt es nicht? Sobald der Blick – wenn auch nur kurz – aufs Smartphone gerichtet ist, ist es fast unmöglich, dem Gespräch zu folgen, geschweige denn aktiv dar­ an teilzunehmen. Wäre es da nicht herrlich, beim nächsten Get-together das Smartphone gar nicht erst in die Hand nehmen zu müssen?


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Amazon Echo – das Geheimrezept für einen gelungenen Abend Genau hier setzt die Produktfamilie des Amazon Echo an. Statt beim Hantieren in der Küche auch noch das Rezeptbuch hervorzukramen oder mit schmierigen Fingern auf dem Bildschirm herumzu­ tippen, bitten Sie einfach Ihren Amazon Echo um Hilfe: „Alexa, finde ein Rezept für Quinoa-Salat“. Denn Alexa macht Ihnen nicht nur auf An­ frage Rezeptvorschläge zum Wunsch­ gericht, Sie werden auch Schritt für Schritt von den Rezeptzutaten bis zum fertigen Gericht geführt. Wussten Sie außerdem, dass Sie mit dem smarten

» ALEXA, SPIEL GUTELAUNEMUSIK! «

Lautsprecher mehrere Timer gleich­ zeitig stellen können? Mit „Alexa, stell einen Quinoa-Timer für zwanzig Minuten“ erinnert Sie Alexa schließlich, wenn die Kochzeit beendet ist – und Sie können sich in der Zwi­ schenzeit ganz Ihren Liebsten widmen. Apropos: Nicht nur das Essen, sondern auch das Ambiente soll perfekt sein. Kein Problem! Sie müssen sich einfach nur eine smarte Glühlampe zulegen, und schon lässt sich das Licht mit dem Amazon Echo per Sprachbefehl steuern, etwa: „Alexa, dimm das Wohn­ zimmerlicht auf 20 Prozent“. Fehlt nur noch der richtige Sound, oder? Gemeinsam neue und alte Lieblingssongs entdecken Ganz egal, ob Sie sich durch einen bestimmten Song in den letzten ge­ meinsamen Urlaub zurückversetzen und dabei natürlich lautstark mit­-

MEHR MÖGLICHKEITEN FÜR ALEXA – MIT DEM NEUEN ECHO SHOW 5 Innerhalb der Amazon Echo Produkt­ familie besticht der neue Echo Show 5 dank 5,5-Zoll-Display durch sein besonders kompaktes Design. Damit ist er die optimale Lösung, um sich von Alexa in jedem Raum die verschiedensten Inhalte anzeigen zu lassen – sei es ein Rezept, die Wettervorhersage oder die Bild-

Fotos: Amazon; * Separates Musik-Abonnement möglicherweise erforderlich

singen wollen oder Inspiration für neue Lieblingssongs suchen, auf die Sie vielleicht nie gekommen wären – ein kurzer Sprachbefehl an Alexa genügt. Wie wäre es zum Beispiel mit „Alexa, spiel Jazz“?* Selbstverständlich schafft der Amazon Echo mit „Alexa, welcher Song läuft gerade?“ auch Klarheit, falls sich Ihre Liebsten nach intensiver Diskussion partout nicht ei­ nigen können, von wem der coole Song eigentlich ist. Und das Beste: Sie haben bei all dem die Hände frei, um auf alte und neue Erlebnisse anstoßen zu kön­ nen. Sie verpassen keinen gemeinsa­ men Moment mehr! Und davon soll es selbstverständlich bald noch viele wei­ tere geben. Also fragen Sie Alexa am besten gleich nach dem nächsten freien Termin in Ihrem Kalender. Denn nach einem Abend voller toller Gespräche und gutem Essen wird klar: Das muss schnell wiederholt werden!

übertragung Ihrer Baby-Kamera. Außerdem schafft Echo Show 5 Un­ terhaltung für jeden Augenblick des Tages. Fragen Sie Alexa zum Beispiel einfach nach Ihrer Lieblings­musik. Mitsingen ist ausdrücklich erlaubt! Denn auch die entsprechenden Lyrics werden auf dem Bildschirm angezeigt. Wie bei allen Echo-Geräten können Sie bei Bedarf das Mikrofon per Knopf­ druck ein- und ausschalten. Darüber hinaus verfügt der Echo Show 5 über eine integrierte Kameraabdeckung, die über die Linse geschoben werden kann. Preis: € 89,99 Die Echo Produktfamilie ist nicht nur bei AMAZON erhältlich – ab sofort können Sie die Geräte auch im Handel bei SATURN oder MEDIA MARKT entdecken.


INNOVATOR Stadt der Zukunft: Die schwimmenden Module der „Oceanix City“ bieten Lebensraum für bis zu 10.000 Menschen.

Schwimmende Stadt

Meertropolis Du sehnst dich nach einem Appartement mit Meeresblick? Wieso so bescheiden? Schon bald könnten wir alle in einer Metropole mitten im Ozean leben.

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ch weiß, dass Mensch und Fisch friedlich koexistieren können“, erklärte Ex-USPräsident George W. Bush im Jahr 2000. Wie prophetisch seine Worte sein würden, ahnte er wohl selbst nicht. Die Vereinten Nationen schätzen, dass bis 2050 etwa 90 Prozent der Weltmetropolen von einem steigenden Meeresspiegel bedroht sein werden, während landeinwärts Überbevölkerung zum Problem werden wird. Einem Problem, das die UNO

STARTPIONIEREUPS, U GENIA ND ERFINDU LE NGEN

rasch lösen will – zum Beispiel mit dem im April präsentierten Konzept „Oceanix City“. Basis der Idee sind schwimmende Bauteile à zwei Hektar, die bis zu 300 Personen tragen und zu Städten von 10.000 Einwohnern kombiniert werden können. Jedes Modul soll dabei autark sein. Energie spenden Solarpaneele auf den Dächern, Nahrung gedeiht in zentralen Farmen. Wobei auf den Inseln nicht nur Essen angebaut wird, sondern auch

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„Wir sind überzeugt davon, dass die Menschheit in Einklang mit der Unterwasserwelt leben kann.“

IN ALLER KÜRZE HIGHTECH FÜR DIE WABE Bits und Bites für Bienen: Diese Ideen helfen Imkern bei der Arbeit. Runde Sache: Die Sensoren auf dem SimyBall messen dein Stresslevel.

Marc Collins Chen, CEO von Oceanix

Gadget BIG DATA FÜR BIENEN Mit der b.tree-Software behalten Imker den Überblick über ihre Bienenvölker, effizient und einfach per App: Welches Volk war fleißiger? Wann wurde zum letzten Mal kontrolliert, behandelt, gefüttert?

Spielend entspannen Von wegen Zeitverschwendung: Das Wiener Start-up SimyBall bekämpft Alltagsstress mit einem Biofeedback-Gamecontroller.

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bienensauna.de

Baumaterial: Die bis zu sieben Stockwerke hohen Häuser bestehen nämlich großteils aus nachhaltigem Bambus. Verankerungen auf dem Meeresboden sorgen für Halt, zudem dienen sie als Saatgut künstlicher Riffe. „Wir sind überzeugt davon, dass die Menschheit in Einklang mit der Unterwasserwelt leben kann“, sagt Oceanix-Gründer Marc Collins Chen. Bush hätte es nicht besser ausdrücken können. oceanix.org

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Mehr Inspiration für Zukunftsmacher gibt es im aktuellen INNOVATOR. Infos und Abo unter: redbulletininnovator.com

BIG BJARKE INGLES GROUP, SIMYBALL

DIE BIENENSAUNA Die Varroamilbe ist die Hauptfeindin der Honigbiene – und temperatursensibel. Also heizt ein Elektrogerät die Brut auf, sodass die Schädlinge sterben, die Bienen dank kühlendem Flügelschlag nicht.

TOM GUISE, WERNER JESSNER, LEA WIESER

info.btree.at

n Zeiten immer stärker werdender Digitalisierung, dauernder Erreichbarkeit und ständig überquellender E-Mail-Postfächer spielt der Umgang mit Stress am Arbeitsplatz eine immer wichtigere Rolle. Wir wissen: Ein gesundes Maß an Stresshormonen kann zu mehr Produktivität führen. Andererseits reichen die negativen Folgen von Dauerstress von Denkblockaden und Konzentrationsproblemen bis hin zu Immunschwäche und Burn-out. „Unser Ziel ist es, den eigenen Körper zu verstehen, um Stress richtig handhaben und so die eigene Leistungsfähigkeit steigern zu können“, erklärt Andreas Chabicovsky. Dafür hat der ehemalige Spitzensportler nun den SimyBall entwickelt – einen intelligenten AntiStress-Ball, der mittels Sensoren das Stresslevel seines Nutzers über den Kontakt mit dessen Handfläche misst. Auf Basis von Puls, Hauttemperatur und Hautleitwert (Schweiß) berechnet die tennisballgroße Kugel, wie gestresst der Anwender

Der SimyBall steigert spielerisch die Leistungsfähigkeit der User.

ist, und gibt über eine Farbskala sekundenschnelles Feedback: von Blau für „sehr entspannt“ bis Rot für „sehr gestresst“. Anhand der erfassten Vitalwerte wird dem Benutzer ein fünf- bis zehnminütiges Computerspiel vorgeschlagen, das dabei helfen soll, Stress abzubauen sowie Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit langfristig zu erhöhen. Die Spiele, sogenannte SimyGames, reichen von Bogenschießen über Golfen bis zu Jump ’n’ Run und werden auf der dazugehörigen App angeboten. Der SimyBall selbst fungiert als Controller. Chabicovsky: „Der Ball ist ein Mittel zum Zweck, um seinen Körper besser wahrzunehmen.“ simyball.com

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D RED BUELR L SELBSTE-TIN V ERSUC H

GUTEN RUTSCH! Von wegen Freizeitspaß: Eine Sportart namens RENNRUTSCHEN nimmt immer mehr Fahrt auf. Unser Autor trainierte einen Vormittag lang mit Deutschlands Serienmeister Sven Schubert – und forderte den 98-Kilo-Mann in der „Black Mamba“ zum Duell. Text DAVID MAYER

Fotos KONSTANTIN REYER


Er macht es richtig Deutschlands RennrutschIkone Sven Schubert (im Brotberuf Chemiker) auf Ideallinie in der Galaxy Rutschenwelt in Erding

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lötzlich weht Fahrtwind über mein Gesicht, in immer schnellerem Takt streifen die Fugen der Edelstahlröhre meine Schulterblätter, über mir rasen die Metallstreben der Glaskuppel vorbei. Gerade habe ich meinen Hintern zum ersten Mal in Rennposition gehoben, und die Rasanz der Beschleunigung verblüfft mich jetzt doch. In meinem Magen macht sich ein leichtes Kribbeln breit, das jäh aufhört, als meine Beine in einer S-Kurve deutlich zu hoch schwingen und ich beide Arme zur Seite ausstrecken muss, um wieder in Position zu kommen. Da rausche ich auch schon ins Landebecken, Wasser schießt in meine Nasenlöcher, ich tauche mit pochendem Herzen auf: So muss es sich anfühlen, dieses Rennrutschen. „Nicht schlecht!“, ruft mir Sven Schubert vom Beckenrand zu – und ergänzt: „Aber jetzt komm mal runter von der Familienrutsche.“

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s ist ein Mittwoch im Spätsommer, und wir befinden uns in der Anlage Galaxy Rutschenwelt im Erlebnisbad Therme Erding bei München. Seit heute Morgen versucht Deutschlands vier-

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Hast du das Zeug zum Rennrutscher?

facher Rennrutschmeister Sven Schubert, meine Performance auf der Wasserrutsche zu verbessern. Wie es dazu kam? Während einer Internetrecherche stieß ich zufällig auf Sven und war sofort wie elektrisiert: Wie um alles in der Welt geht Rennrutschen? Wie kommt man als erwachsener Mensch zu dieser Sportart? Und wie grandios wäre es, wenn ich meinem vor zweieinhalb Jahren geborenen Sohn irgendwann ein paar Technik-Tipps mit auf den Weg geben könnte – wenn er schon in puncto DampfmaschineBauen und Planeten-Erklären eher weniger von mir zu erwarten hat! „Klar, machen wir!“, ruft Sven ins Telefon, als ich ihm von meiner Trainingsidee erzähle.

EINE FRAGE DER MASSE: Schon beim Duschen erleidet unser Autor die erste Niederlage, denn Sven (li., 98 Kilo) bringt mehr Gewicht mit als er (72 Kilo). Und je schwerer der Rutscher, desto schneller sein potenzielles Tempo. Für Rennen plant der Verband darum Gewichtsklassen.

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as Rennrutsch-Reglement ist bestechend einfach: Wer eine mit Zeitmessung ausgestattete Wasserrutsche mit den Füßen zuerst am schnellsten herunterbrettert, gewinnt (okay, ein paar mehr Vorgaben gibt es schon – dazu später). Sven zählt zu einer Handvoll RutschVerrückten, die den Sport in Deutschland groß machen wollen. Um die deutsche Rutsch-Elite anzuführen, reicht dem Chemiker ein

EINE FRAGE DER EINSTELLUNG: Wenn du in der Röhre Top-Speed erreichen willst, brauchst du neben Körperspannung und Technik vor allem gute Nerven. „Rutschen ist ein Mentalsport“, meint Sven. „Schon ein falscher Beinschwung am Start kann über Sieg und Niederlage entscheiden.“

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Unglaublich ... … aber wahr. Unser Autor (re.) liegt in der Kurve knapp vorn. Sein Erfolgsgeheimnis: Der Rutschmeister hat ihm am Start zwei Sekunden Vorsprung gelassen.

Die offiziellen Rennregeln sind schnell erklärt: nicht auf den Ellenbogen rutschen, nicht eingeölt, nicht nackt.

Der Torpedo Rennrutscher Sven Schubert unterwegs mit maximaler Körperspannung: Der ehemalige Ruderer und Schach-Fan kombiniert in der Röhre Athletik und strategisches Denken.


Ja, wo rutschen sie denn? Sven (re. o.) und unser Autor trainieren ihre Kurvenlage durch Gewichtsverlagerung auf den Schulterblättern.


Training pro Woche auf seiner Heimatröhre in Hannover. Noch. „Die Konkurrenz sitzt mir im Nacken“, sagt Sven am Telefon. In den an Wochenenden steigenden Wettbewerben entscheiden mittlerweile Hundertstelsekunden über den Sieg. Auch international schlägt die Disziplin Wellen. In Österreich wurden bereits Meisterschaften veranstaltet, und in Norwegen etabliert sich eine Rennrutsch-Szene, deren Star mit Anlauf in die Rutsche springt. „Bringt aber zeitlich kaum einen Vorteil“, wiegelt Sven ab. Am Vortag ist der 26-Jährige aus Hannover angereist, jetzt, um 9.30 Uhr, dreieinhalb Stunden vor dem öffentlichen Einlass, stehen wir frisch geduscht vor dem Erdinger Rutschen-Knäuel. 18 verschiedene Rutschen schlängeln sich unter der 25 Meter hohen Kuppel, von der Babyrutsche über eine Rutschenschanze bis zur Highspeed-Rutsche „Fazer“ (72 km/h!) ist für jeden Geschmack etwas geboten. „Zum Rennrutschen eignen sich mittelschnelle Rutschen bis 50 km/h“, sagt Sven. Noch schnellere Varianten führen meist nur geradeaus hinunter, hier würde schlicht der schwerste Rutscher gewinnen. Für unser Training wählen wir drei verschiedene Röhren mit ansteigendem Schwierigkeitsgrad, was schon die Namen verraten: „Family Slide“, „Speed Racer“, „Black Mamba“.

Einweisung in die Technik: drei Punkte fürs Rutschenrasen Zuerst proben wir die Rennposition am Beckenrand. Sven, knapp 100 Kilo schwer, durchtrainiert bis zum kleinen Zeh, legt sich mit dem Rücken auf die Kacheln. Er kreuzt den rechten Knöchel über den linken, führt die ausgestreckten Arme hinter den Kopf, legt die Fingerspitzen aneinander und drückt den kompletten Körper nach oben, so dass nur noch eine Ferse und die beiden Schulterblätter aufliegen. „Und jetzt alles anspannen“, ruft er, „die Füße und die Finger aneinanderpressen.“ Ein wenig sieht es aus, als würde ein Bodybuilder in der Waldorfschule einen gefällten Tannenbaum tanzen. Dank passabler Körperspannung THE RED BULLETIN

„Rutschen ist ein Mentalsport“, sagt Profi Sven. „Schon ein falscher Beinschwung am Start kann über Sieg und Niederlage entscheiden.“ schaffe ich die Drei-Punkt-Position auf Anhieb, allerdings fangen meine Beine nach 20 Sekunden an zu zittern. „Auf der Rutsche macht das mehr Spaß“, sagt Sven aufmunternd und läuft los Richtung „Family Slide“. Als Tagesziel setzt er mir eine Zeit von unter 19 Sekunden auf der „Black Mamba“.

Trockentraining und Materialkunde

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um Rennrutschen kam Sven 2013 durch Zufall. Als er während seines Chemiestudiums im Harz mit Kommilitonen das Schwimmbad in Osterode besucht, sieht er zufällig die Ausschreibung für einen Rutsch-Wettbewerb. Aus Jux nimmt er teil und belegt prompt den zweiten Platz. Eine Erfolgsstory nimmt ihren Lauf: Sven tritt dem Deutschen Rennrutsch Verband bei, fährt zu Wettbewerben im ganzen Land und gewinnt vier Mal in Folge die Deutschen Rennrutschmeisterschaften. In der Szene ist er ein Star. Allerdings ist die Szene recht klein. Rund 40 Leistungsrutscher gibt es in Deutschland, schätzt Sven. Es sind diejenigen, die für Wettbewerbe auch reisen und regelmäßig trainieren. Fast alle Rennen sind offen, sodass viele Teilnehmer lokale Spaßrutscher sind, die ihre „Laufbahn“ nach dem ersten Mal wieder beenden. Für die Ausrichtung reicht eine Rutsche mit Zeitmessung, die Regeln sind einfach: Nicht mit dem Kopf voraus rutschen, nicht auf den Ellenbogen oder den Knien, nicht eingeölt oder eingecremt und nicht nackt.

A

ll diese Kriterien erfüllen wir souverän, als wir uns das erste Mal von der Startstange auf die bereits erwähnte Familienrutsche („Family Slide“) schwingen – eine einfache, oben offene Edelstahl-

RUTSCHEN GEHT ÜBERALL: na ja, zumindest das Training. Um die Drei-Punkt-Technik (Details siehe linke Spalte: „Einweisung in die Technik …“) zu perfektionieren, empfiehlt Sven das Einnehmen der Rennrutschposition in allen Lebenslagen – zum Beispiel abends im Wohnzimmer vor dem Fernseher.

DIE FEINHEITEN: Sven passt seine Technik ans Rutschenmaterial an. Auf Edelstahlrutschen macht er einen Buckel, sodass der obere Rücken aufliegt. Warum ihn das auf Stahl schneller macht, weiß er nicht, aber die Zeiten geben ihm recht.

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rutsche mit mäßigem Gefälle für Groß und Klein. Ein Donnerschlag hallt durch die Rutschenwelt, als Sven sich auf die Bahn wirft. Und während ich noch über den Widerhall staune, taucht drei Kurven weiter für einen Augenblick Svens Arm auf. Keine Ahnung, wie er so schnell da hingekommen ist, aber jetzt bin ich auch schon an der Reihe. Vorher hat mir Sven seine Startroutine gezeigt: Für maximalen Grip trocknet er erst die Hände und dann die Startstange gründlich mit einem Handtuch ab. Anschließend umgreift er die Stange, rüttelt an ihr („um Spannung aufzubauen“), platziert die Füße in etwa 1,5 Metern Abstand dahinter, springt dreimal in die Höhe und schwingt sich mit dem dritten Sprung auf die Bahn. Das mit dem Abtrocknen gelingt mir von Anfang an hervorragend, der Rest braucht etwas Zeit. Bei meinem ersten Versuch verschätze ich mich beim Loslassen und schlage derart unsanft mit dem Rücken auf, dass ich die Prellung an der Wirbelsäule noch beim Schreiben dieser Zeilen gut eine Woche später merke. Doch mit jedem Versuch starte ich geschmeidiger. Beim siebten Mal fühlt es sich an, als würde ich bis zur ersten Kurve fliegen. Sven nickt zufrieden.

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ast mehr noch als seine eigene Rutschkarriere liegt ihm der Sport selbst am Herzen. „Vielleicht können wir in den nächsten Jahren so etwas wie eine Bundesliga etablieren und eines Tages sogar Europa- und Weltmeisterschaften veranstalten“, sagt er. Im Moment verbringt er viel Zeit damit, Schwimmbäder zu überzeugen, Rennen auszutragen. „Wettbewerbe sind die beste Chance, Menschen für unseren Sport zu gewinnen“, sagt er. Mit dem Verband bietet Sven den Bädern gegen eine Aufwandsentschädigung Rennrutsch-Pakete – inklusive Anmeldeformularen, Urkunden und Pokalen. Etwa 50 Rennen gibt es pro Jahr in Deutschland, Tendenz: steigend. Rennrutsch-Hauptsaison sind die kalten Monate. „Im Sommer trocknen gerade die Kunststoffrutschen wegen der Sonnen72

einstrahlung schnell und werden stumpf“, erklärt Sven und schaut dabei, also würde ihm allein der Gedanke daran schon zusetzen.

Stangenstart für Fortgeschrittene

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ei besten RennrutschRahmenbedingungen (es ist ein kühler Septembermorgen, die Sonne kämpft sich noch den Himmel hoch) steigen Sven und ich zum „Speed Racer“ auf, einer 14 Meter hohen und 130 Meter langen, nach oben offenen Doppelrutsche mit wesentlich steilerem Gefälle als zuvor. Auf einer Geraden baue ich in der DreiPunkt-Position derartig viel Tempo auf, dass es mich in der folgenden Kurve überschlägt und ich auf dem Bauch lande. „Das war dein erster Flip“, gratuliert mir Sven im Landebecken und erwähnt beiläufig, dass in dieser Röhre keine Rennen mehr durchgeführt werden, seit ein Rutscher beinahe komplett aus der Kurve geflogen wäre. Etwas verunsichert gehe ich die nächsten Läufe an, stelle aber auch hier fest: Mit jedem Versuch werde ich sicherer. Mein Körper ahnt die Kurven voraus und neigt sich rechtzeitig vor jeder Kurve zur Seite. Merke: Jede Rutsche ist anders, und je öfter du sie rutschst, desto besser kannst du dich auf sie einstellen.

TROCKNEN: Optimale Druckübertragung erfordert maximalen Grip – und der benötigt eine staubtrockene Stange und trockene Hände. Vor jedem Lauf kräftig mit einem Handtuch zupacken. Wenn die Hände beim Start leicht brennen, weil die Haut über den Stahl reibt, ist es gerade trocken genug.

Auf der Bahn: Vorsprung durch Strategie und Streckenwissen Das klingt banal, aber es weist auf den größten Unterschied zwischen Sven und Spaßrutschern wie mir hin. Sven rutscht mit System, denkt strategisch über jeden Lauf nach, reist vor wichtigen Rennen einen Tag vorher an, um

UND LOS: Stange mit den Daumen umschließen, je nach Vorliebe springend oder mit einem Bein Schwung holend am Reck unter der Stange durchschwingen und nach kurzer vertikaler Flugphase aufsetzen – dabei darf es ruhig satt klatschen.

Auf einer Geraden baue ich mit der Drei-Punkt-Technik derartig viel Tempo auf, dass ich mich in der folgenden Kurve überschlage und auf dem Bauch lande. „Das war dein erster Flip“, gratuliert Sven. THE RED BULLETIN


Auch ein Rücken … … kann verblüffen. Auf Svens Kreuz zeichnen sich die Rutsch-Kilometer in Form roter Druckstellen ab.


die Rutsche kennenzulernen. Am Telefon hatte er mir eingebläut, Online-Videos der Rutschen anzuschauen (von jeder Rutsche dieser Welt gibt es mit Action-Cams aufgenommene Filme) und mir den Verlauf einzuprägen, eine Bitte, der ich nur halbherzig folgte, indem ich die Videos mit mäßiger Konzentration zwei-, dreimal anschaute. Das Muster setzte sich fort: „Das macht so viel Spaß, da strengt das Treppensteigen gar nicht an“, rufe ich ihm auf dem Weg zur gefühlt 37. Rutschpartie zu. „Ja“, erwidert er trocken, „aber du merkst die Anstrengung an deiner abnehmenden RutschPerformance.“ Und als ich vom Balkon vorm Rutschenstart zusehen möchte, wie der Fotograf seine Kameradrohne startet, schaut Sven leicht genervt, weil er lieber noch einmal mit mir den Verlauf der Rutsche studieren möchte. Für ihn ist aus dem Freizeitvergnügen ein ergebnisorientierter Sport geworden. Sven mag, dass die Leute ihn am liebsten umarmen möchten, wenn sie hören, dass er, dieser Baum von einem Mann, Rennrutscher ist. Aber wenn es ums Training geht, macht er keine Faxen. Zu keinem Zeitpunkt wird das so deutlich wie vor dem Start an der „Black Mamba“, einer 14 Meter hohen und 145 Meter langen, geschlossenen weißen Röhre, Austragungsort der Deutschen Meisterschaft und großes Finale unseres Trainings.

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inter uns warten ungeduldig die gerade hereingeströmten Besucher. Aber Sven scheint die Außenwelt nicht mehr wahrzunehmen. Laut klatscht er in die Hände, packt die Stange, atmet bei jedem Sprung scharf fauchend aus und katapultiert seinen Körper beim dritten Mal in den Schlund der Schlange. Etwa eine Minute später springt die Startampel auch für mich auf Grün. Permanent beschleunigend gleite ich durch jede Kurve, Wasser spritzt mir ins Gesicht, da gelange ich an die Stelle, vor der Sven mich gewarnt hatte: „Kurz vor dem Ziel kommt eine Rampe“, meinte er, „da musst du in Position bleiben 74

Sven hatte mich gewarnt: „Kurz vor dem Ziel kommt eine Rampe – für eine gute Zeit musst du drüberspringen.“ und drüberspringen.“ Tatsächlich hebe ich ab, jede Faser meines Körpers ist angespannt, mit einem dumpfen Klatschen komme ich auf. Im Zielbecken zeigt die Uhr 19,84 Sekunden an – ich fluche. „Das ist schon eine gute Zeit“, versucht Sven mich aufzumuntern, aber ich sehe in seinem Blick, dass auch er etwas enttäuscht von mir ist. Auf unter 19 Sekunden wollte er mich ja coachen. Wir steigen für einen letzten Versuch die Treppen hoch.

Der letzte Lauf: noch einmal abheben für das große Ziel Während ich mich die Stufen hinaufschleppe, muss ich an unser Abendessen am Vortag denken. Eher beiläufig hatte Sven mir in der Münchner Gastwirtschaft erzählt, dass er mit dreizehn niedersächsischer Jugend-Landesmeister im Schach war, dann mit dem Rudern anfing und im Achter deutscher Vizemeister bei den Junioren wurde. Auf meine Frage nach seinem Erfolgsgeheimnis hatte er kurz überlegt und dann gemeint: „Ich bin gut darin, Dinge zu finden, die mir liegen.“ Mit seiner Größe und dem vom Rudern gestählten Körper bringt er die perfekten Voraussetzungen mit, um wasserdurchströmte Röhren hinunterzubrettern. Und weil er – siehe Schach – gerne strategisch denkt, reizt ihn besonders, dass er gerade die Chance hat, eine Sportart zu etablieren und ein Stück weit sogar mitzuerfinden. Auch wenn es das Rennrutschen seit rund dreißig Jahren in Deutschland gibt, existiert kein Lehrbuch dazu. Vom Start bis zum Rutschen selbst hat Sven, basierend auf Empfehlungen aus dem Internet, seine Technik selbst entwickelt. Auch wenn es natürlich

nur ein Hobby ist: Sven hat eine Mission gefunden, die perfekt zu ihm passt. Nach seinem letzten Lauf auf der „Black Mamba“ zeigt die Uhr 17,32 Sekunden an – Sven hat sein Ziel, unter 18 Sekunden zu bleiben, geschafft. Bei mir fordern vier Stunden pausenloses Rutschen ausgerechnet beim letzten Lauf ihren Tribut. Als ich beschleunige, kann ich in der Kurve meinen Kopf nicht mehr hochhalten. Ich spüre noch, wie die Fugen meinen Hinterkopf entlangschrammen, und dann kommt der Sprung. Bei der Landung knallt mein Hinterkopf auf die Röhre, mein Schädel fängt an zu brummen. Bis heute kann ich mir nicht erklären, wie ich meine Zeit mit diesem Lauf auf 19,15 Sekunden verbessern konnte, es ist auf jeden Fall der Moment, in dem ich mein Training beende. Die 19-Sekunden-Marke muss bis zum nächsten Besuch warten.

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as ich meinem Sohn erzählen werde von meinem Training mit Sven, dem deutschen Rennrutsch-Meister? Zum Beispiel, dass in der Röhre Körperspannung alles ist (vor allem im Flug), dass man mit der Ferse lenken kann und dass er vor dem Start auch ja die Stange trocknen soll. Vor allem aber werde ich ihm erzählen, dass ich von Sven gelernt habe, was für eine verrückt-schöne Reise es bedeuten kann, konsequent den eigenen Neigungen zu folgen. Und dann werden wir auf der „Family Slide“ rutschen, bis unsere Schulterblätter glühen. Du spürst das Rennrutsch-Fieber in dir? Lass es raus! Rutschen mit Zeitmessung gibt es etwa in der Wörgler Wasserwelt, im Strandbad Klagenfurt oder in der Aqua Nova in Wiener Neustadt. Termine der Rennen in Deutschland findest du unter: drv-rennrutschen.com


Jetzt läuft’s … Unserem Autor gelingt eine beachtliche Kurvenlage (o.), und er dankt sogleich seinem Lehrmeister (u.).


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Auf Bilder-Safari in Kenia: wie du mit einem ProfiGuide die Fotos deines Lebens knipst. SEITE 78

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Reisen

Die Fotografen-Crew bringt sich unter einem Akazienbaum in der Masai Mara in Stellung.

SHOOTING IN KENIA

JAG DAS FOTO DEINES LEBENS Lust auf gewaltfreie Trophäenjagd? Graeme Purdy bringt Amateurfotografen auf Tuchfühlung mit Löwen, Büffeln und Gazellen – und garantiert reiche Fotobeute.

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ein Herz blieb stehen. Auf der anderen Seite des Land Rover, neben dem ich Position bezogen hatte, war gerade ein Löwe vorbeigetrabt. Wir hatten das Scheinwerferlicht auf ein Rudel Hyänen gerichtet, das gerade ein totes Gnu verschlang, als der Löwe

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die Party crashte. Als sich mein Zittern gelegt hatte, hob ich die Kamera. Da hörte ich es direkt hinter mir: kein Brüllen, kein Knurren, nur das dumpfe Echo von Pfoten auf dem Steppenboden. Wumpf … wumpf … wumpf … Bald lief neben mir ein zweiter Löwe vorbei, so

16 Jahre Safari-Erfahrung auf einem Bild: Graeme Purdy

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guide

REISE-TIPPS

KATZENFOTOS GEFÄLLIG?

Was du wissen solltest, bevor du in einem von Kenias größten Naturschutzgebieten auf Großwild(foto)jagd gehst.

Fantastisches Fotomotiv auf Graemes Safaris: Gepardenmütter und ihre Babys

Kenia Nairobi Masai Mara

Die Masai Mara liegt auf 1800 Meter Höhe und hat täglich zwölf Stunden Tageslicht und zwölf Stunden Dunkelheit. Die Morgenstunden sind hell und klar, aber nachmittags ziehen oft Gewitter auf.

Geschossen werden auf dieser Safari nur Fotos.

GRAEME PURDY PHOTOGRAPHY

RACHAEL SIGEE

WÄHRUNG nahe, dass ich seinen Atem spüren konnte. „Keine Panik“, sagte der Guide, „die interessieren sich nur für ihre Beute, nicht für dich.“ Um 16 Jahre Safari-Erfahrung reifer, weiß ich heute, dass Großkatzen – sie leben im Reservat Masai Mara in größerer Dichte als irgendwo sonst auf der Welt – für Menschen relativ harmlos sind. Gefährlicher sind Büffel (permanent schlecht gelaunt) und Elefanten (unberechenbar). Wie ich zu meinem Job kam? Zuerst arbeitete ich als hauptberuflicher Wildtierfotograf, der hin und wieder Gäste auf Safaris mitnahm. Jetzt zeige ich HobbyFotografen jeden November im Rahmen von zwei einwöchigen

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Einmal pinkelte uns ein Löwe an. Er zeigte uns damit, wer der Boss ist. Trips, wie man Wildtiere in ihrer natürlichen Umgebung ablichtet. Warum gerade dann? Die Regenzeit beginnt, der Himmel sieht besonders dramatisch aus, und die Tiere sind aktiver, sobald es etwas kühler wird. Wir beginnen gleich nach dem 45-minütigen Flug vom Wilson Airport in Nairobi mit dem Knipsen, sobald die sechs- bis acht-

SPRACHE (SWAHILI)

KENIA-SCHILLING 1 Kenia-Schilling = 89 Cents 1 Euro = 113 Kenia-Schillinge

Naona chui Ich sehe einen Leoparden Twende Lass uns Eletutafute tembo fanten suchen Wapi mtoto wa Wo ist das simba? Löwenbaby?

WISSEN 1. Die Masai Mara liegt nahe dem Äquator, daher sind Tag und Nacht fast gleich lang. 2. Benannt ist das Reservat nach den hier ansässigen Nomaden, den Massai. „Mara“ bedeutet in ihrer Sprache „gefleckt“. 3. Die häufigste Tierart ist das millionenfach vertretene Gnu. 4. Die Seehöhe entspricht jener hoch gelegener Alpendörfer – etwa 1800 Meter.

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Reisen

guide

HAKUNA MATATA

SAFARI DE LUXE

Welche Ausrüstung der Tierfotograf Graeme empfiehlt. Plus: seine Profi-Tipps nach 16 Jahren Masai-Mara-Erfahrung.

MUST-HAVE DREI DINGE, DIE DU AUF EINER FOTOSAFARI UNBEDINGT BENÖTIGST:

Was braucht man, um dabei zu sein? „Nichts. Außer einer Kamera und Begeisterung“, sagt Graeme.

MUST-KNOW 1. AASGEIER FRESSEN SCHNELL „In 90 Minuten können 70 Geier einen Tierkadaver auffressen. Fand das Tier einen natürlichen Tod, fressen sie sich durch Auge oder Anus.“ 2. BABY-ELEFANTEN SIND UNGESCHICKT „Im Rüssel eines Elefanten stecken mehr Muskeln als in unserem ganzen Körper. Aber Babys, die erst ein paar Monate alt sind, können ihren Rüssel noch nicht kontrollieren. Darum wackelt und schlenkert er, wenn sie laufen.“ 3. NILPFERDE BRAUCHEN PLATZ „Als Flüsse für uns noch die wichtigsten Transportwege waren, galten Flusspferde als die gefährlichsten Tiere Afrikas. Doch sie greifen nicht grundlos an – es reicht, ihnen nicht in die Quere zu kommen.“

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Die Masai Mara ist Heimat von über tausend Vogelarten und zahllosen Säugetieren.

köpfigen Gruppen in der Masai Mara gelandet sind. Ach ja: In unserem Camp gibt es keine Zäune. Darum begleitet dich immer ein Guide zu deinem Zelt, und meist steht jemand mit Speer bewaffnet Wache. Auch im Geländewagen, in den wir jeden Morgen 40 Minuten vor Sonnenaufgang steigen, gibt es keine Barriere zwischen dir und den Tieren: Damit man besser fotografieren kann, haben wir das Dach, die Seitenteile und sogar die Windschutzscheibe entfernt. Einmal spazierte ein männlicher Löwe direkt auf uns zu und pinkelte uns von oben bis unten an. So zeigte er uns, wer hier der Boss ist. Zehn Minuten vor Sonnenaufgang baut sich im Morgennebel plötzlich eine Wand aus zwanzig Elefanten auf. Mucksmäuschenstill waten sie durch das Gras. Ein atemberaubender Anblick, unwirklich wie eine Szene aus „Jurassic Park“. Zusammen mit dem Licht kurz vor der Morgendämmerung ergibt das ein episches Foto – wenn man schnell genug ist und den magischen Moment einfängt. Die Verhältnisse ändern sich hier blitzschnell. Reaktionsschnelligkeit ist auch eine Stunde vor Sonnenuntergang gefragt, weil dann das Licht am

besten ist. Da beobachten wir nämlich, wie eine Gepardin Thomson-Gazellen jagt. Es spielt keine Rolle, wie viele Naturdokumentationen du gesehen hast – einen Geparden in vollem Tempo laufen zu sehen ist unbeschreiblich. Wir fiebern mit, bis das Raubtier eine Gazelle erlegt hat. Hier ist das Leben kein Disney-Film, sondern täglicher Überlebenskampf. Einen Hügel entfernt beginnt gerade ein neues Leben: Eine Gazelle hat soeben ihr Junges auf die Welt gebracht. Gazellen und Impalas grasen hier gemeinsam; und das Neugeborene wackelt zu einem riesigen Impala-Männchen hinüber. „Bist du meine Mama?“, scheint es zu fragen. Die Impala senkt ihren Kopf und dreht das Baby sanft um, sodass es seine Mutter sieht. Ein unvergesslicher Moment. Unser Eintauchen in die Wildnis fühlt sich beinahe spirituell an. Nach 36 Stunden in der Masai Mara hast du vergessen, welcher Wochentag ist. Wenn ich hier morgens aufwache, strotze ich nur so vor Optimismus. Welche fantastischen Erinnerungen der neue Tag wohl bringen wird? Infos zu Graeme Purdys Safaris: purdy. photography/photographic-safaris

THE RED BULLETIN

RACHAEL SIGEE

2. „Mit einem iPhone kann man ziemlich gute Fotos machen. Ich verwende Clip-on-Objektive von Moment.“

3. „Nimm doppelt so viele Speicherkarten mit, wie du glaubst, dass du brauchen wirst. Mindestens. Ich habe noch nie jemanden getroffen, der bei seiner ersten Safari zu viele Speicherkarten dabeihatte. Bei meiner ersten Fotosafari machte ich 12.000 Fotos.“

GRAEME PURDY PHOTOGRAPHY

1. „Ich verwende eine Canon 5DSR mit verschiedenen Objektiven, das 300-mm-WeitwinkelObjektiv passt am besten zu meinem Fotostil.“


JAHRESABO

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BEYOND THE ORDINARY Erhältlich am Kiosk, als E-Paper oder als Beilage bei ausgewählten Österreichischen Tageszeitungen, mehr infos unter: theredbulletin.com RICARDO NASCIMENTO / RED BULL CONTENT POOL


Uhren

OMEGA SPEEDMASTER

WIE SPÄT IST ES AUF DEM MOND? Vor fünfzig Jahren betraten zwei Menschen erstmals den Mond. Mit dabei: eine Uhr, die Torturen überstehen musste, um ebenfalls zur Legende zu werden.

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as ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein riesiger Sprung für die Menschheit“, sagte der US-amerikanische Astronaut Neil Armstrong, stieg auf die Oberfläche des Mondes und markierte damit am 21. Juli 1969 um exakt 02:56:20 Uhr Weltzeit jenen Moment, in dem die Menschheit ihre irdischen Fesseln abwarf. Wenig später kletterte auch

Buzz Aldrin aus der Mondlandefähre „Eagle“. Er trug einen Chronographen über dem Ärmel seines Raumanzugs: eine OMEGA Speedmaster. Ursprünglich für Rennfahrer konstruiert, war sie die einzige Uhr, die den Härtetest der US-Raumfahrtbehörde (siehe Infokasten unten) überlebte und so zum offiziellen Ausrüstungsgegenstand aller bemannten Weltraummissionen der NASA wurde.

MOND-CHRONOGRAPH HEUTE Die Speedmaster Moonwatch Professional aus Edelstahl

WELTRAUM-TEST NUR EINE UHR ÜBERLEBTE DIESE FOLTER „Bis hin zur Zerstörung“ überprüfte ein Heer von NASAIngenieuren im Herbst 1964 Uhren mehrerer Manufakturen, um einen Chronographen für ihre Astronauten zu finden, der den Strapazen der Raumfahrt trotzen würde.

Die OMEGA Speedmaster auf dem NASA-Testbericht

Am Ende hatte nur eine einzige Uhr überlebt – OMEGAs Speedmaster.

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OMEGA

Unter anderem wurden die Uhren Temperaturen von 200 Grad Fahrenheit (93,3 °C) ausgesetzt, sie wurden bei 0 °F (– 17,8 °C) eingefroren, mussten Stöße bis zum Vierzigfachen der Erdbeschleunigung sowie extreme Vibrationen aushalten.

Diese Maschine erzeugte Stöße bis zur 40fachen Erdbeschleunigung.

Die Uhren wurden mehrfach erhitzt und eingefroren.

THE RED BULLETIN


guide

RAUMFAHRT-PIONIERE ZUERST FLOG DIE SPEEDMASTER „PRIVAT“ INS ALL, DANN WURDE SIE OFFIZIELLES NASA-EQUIPMENT Oktober 1962: Mercury-Atlas 8-Mission Walter Schirras Flug umrundet die Erde sechsmal. Über dem Ärmel seines Raumanzugs festgezurrt, trägt Schirra seine private OMEGA Speedmaster.

Juni 1965: die Gemini-IV-Mission Beim Flug von Gemini IV ist Ed White der erste Astronaut, der einen Weltraumspaziergang unternimmt. Auf den Fotos von diesem historischen Ereignis ist seine außen am Ärmel des Raumanzugs befestigte OMEGA Speedmaster deutlich zu erkennen.

Juli 1969: die Apollo-11-Mission Die berühmteste aller ApolloMissionen: Apollo 11 landet auf dem Mond. Neil Armstrong und Buzz Aldrin untersuchen den Landeplatz zu Fuß. Der Speedmaster Chronograph ist die erste Uhr auf dem Erdtrabanten.

April 1970: die Apollo-13-Mission

ZUM 50. JAHRESTAG DER MONDLANDUNG Speedmaster Apollo 11 50th Anniversary. Das Hilfszifferblatt zeigt Buzz Aldrin beim Ausstieg aus der Fähre. Edelstahl und Moonshine™-Gold.

Apollo 13 geht nach einer Explosion im Versorgungsmodul als „erfolgreicher Fehlschlag“ in die Geschichte ein. Die Besatzung begibt sich vorübergehend in die Mondlandefähre, um nach einer Mondumkreisung mit dem Kommandomodul zur Erde zurückzufliegen. Die OMEGA Speedmaster dient in dieser Situation zum präzisen Stoppen der Brenndauer der Raketenmotoren.

Dezember 1972: die Apollo-17-Mission Der bislang letzte bemannte Flug zum Erdtrabanten. Ronald Evans bleibt in der Kommandokapsel, Gene Cernan und der Geologe Harrison Schmitt führen Untersuchungen und Experimente auf der Oberfläche durch. Cernan, er trägt eine OMEGA Speedmaster, ist „der letzte Mann auf dem Mond“. Er sagt, er wäre glücklich, diesen Titel eines Tages an einen Astronauten einer neuen Generation übergeben zu können.

1975 Juli: das ApolloSojus-Projekt

DIE DUNKLE SEITE DES MONDES Speedmaster Dark Side of the Moon. Die Neuinterpretation der Moonwatch aus schwarzer, ultraharter Keramik.

THE RED BULLETIN

Im Juli 1975 erfolgt die Umbenennung von Apollo in Apollo-Sojus-Test-Projekt. Bei dieser Mission, die auch als Apollo 18 bekannt ist, koppeln das Apollo-Raumschiff und das sowjetische Raumschiff Sojus 19 in der Erdumlaufbahn aneinander. Alle Astronauten und Kosmonauten tragen OMEGA-Chronographen Speedmaster Professional.

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Bars

guide

SUNDOWNER-TIPPS

STRESS, LASS NACH Auch hier gibt’s Cocktail-Kultur im Szene-Ambiente.

Klyo-Terrasse bei Sonnenuntergang: Party mit Blick auf den Donaukanal

KLYO

MOTTO DIE MYSTISCHE HÖHLE Das Interieur mit sinnlichem Licht, Samtpolsterungen und Palmenprints sowie der versteckte Garten lassen einen die Zeit hier nur zu gern vergessen. motto.wien

URANIAS COOLE SCHWESTER

Sternwarte, Kino, Theater: Die Urania prägt seit über 110 Jahren das Wiener Donaukanal-Ufer.

Die Outdoor-Bar: Frühstück gibt’s bis 22.30 Uhr.

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klyo.at

von The Red Bulletin.

DAS LOFT DER 360-GRAD-GENUSS Wohin soll man vom 18. Stock des Sofitels nur blicken – auf die kunstvoll inszenierte Decke, die imposante Wiener Innenstadt oder doch die Barkarte? so-vienna.com

DOTS DAS GESAMTKUNSTWERK Das erste Wiener Lokal von Kunstsammler und Szenewirt Martin Ho: zeitgenössische Bilder an der Wand, KreativSushi und -Maki auf dem Teller. dots1060.at

THE RED BULLETIN

MATHIAS KNIEPEISS, ABACAPRESS/DIDIER DELMAS

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er sich in griechischer Mythologie auskennt, weiß: Urania war die Muse der Sternenkunde. Deshalb lag der Name auf der Hand, als Wien im Jahr 1910 eine neue Sternwarte bekam. Das Neobarock-Gebäude ist seither zu einem Wahrzeichen des Wiener Donaukanals geworden. Und damit der ideale Platz für eine Bar: Vor knapp zwei Jahren eröffneten Manfred Pschaid und Andreas Nigitz das Klyo, das sich mittlerweile zu einem hippen Treffpunkt der Stadt gemausert hat. Hier gibt es nicht nur feine Cocktails (benannt nach Sternzeichen) oder Speisen (mit Zutaten von Pschaids steirischem Familien-Bauernhof), man kann auch bis 22.30 Uhr frühstücken. Und was hat es mit dem Namen auf sich? Klio war Uranias Schwester, Muse des Lyraspiels. Also der Party. Passt doch! Jetzt am Kiosk: Mehr Drink-Empfehlung: Widder – Bar-Tipps gibt es im u. a. mit Tequila, Mezcal & Tonic Magazin ORGANICS, Water. Musik: Lounge/House. der Feel Good Edition

CHRISTIAN EBERLE-ABASOLO

Eine der lässigsten Wiener Bars befindet sich in der historischen Sternwarte. Plus: drei weitere Sundowner-Tipps für Wien.


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Fitness

guide

GADGETS

VR-FITNESS FÜR ZU HAUSE

Harte Muskeln dank neuer Hardware

ICAROS R Für diesen MotorradSimulator brauchst du keinen Führerschein, sondern nur deine VRBrille sowie Körperspannung und Balancegefühl. Preis: rund 7500 Euro. icaros.com

Via VR-Brille wird dein Workout an der elektronisch gesteuerten Maschine zu einem spielerischen Kraftakt. Die KI der Black Box passt das Training deiner Leistung an.

BLACK BOX VR

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as Fitnessstudio befindet sich in San Francisco, direkt gegenüber den Zentralen von Twitter, Uber und Dolby Laboratories – ein perfekter Platz, um eine Idee zum Erfolg zu führen. Die Black Box VR macht das Workout zum Spiel, lässt die Monotonie der Übungen vergessen. „In diesem Spiel ist dein Körper der Controller“, sagt Preston Lewis, Co-Founder von Black Box VR. Nachsatz: „Und weil das so viel Spaß macht, merkst du gar nicht, wie schnell die Zeit vergeht und wie hart du trainierst.“ Trainiert wird mit einer VRBrille an einer speziell konstruier-

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ten Maschine. Ein elektronisch gesteuertes Kabelsystem liefert per Widerstand das persönlich angepasste Gewicht für die Übungen (z. B. Kniebeugen, Kreuz- und Brustpressen, Lat-Pulldowns). Bei jeder Wiederholung schießt du etwa einen Feuerball auf ein Ziel. Wer härter trainiert, erhöht seine Erfolgschancen in der virtuellen Arena – denn der Avatar profitiert von der wachsenden realen Power. Noch ist die im März gestartete Black Box ein Unikat, Trainingsspiele sind nur in San Francisco möglich. Franchise-Varianten werden allerdings bereits geprüft. blackbox-vr.com

Preston Lewis, Co-Founder Black Box VR

PETER FLAX

Monotonie, ade: Im weltweit ersten Virtual-RealityFitnessstudio wird dein Workout zum Videogame.

„In diesem Spiel ist dein Körper der Controller.“

Blick durch die VR-Brille: Wiederholungen steigern die Feuerkraft – wer härter trainiert, gewinnt virtuelle Features dazu.

THE RED BULLETIN

FUDO JAHIC

POWERPLAY

VIRZOOM Sensor am Pedal, die Knöpfe an der Lenkerstange montiert – schon radelst du mit VR-Brille am Hometrainer gefühlt durch Paris oder im Tretkajak. Preis: ca. 90 Euro plus 13 Euro monatlich. virzoom.com


Gaming

guide

VERTRAUEN AUFBAUEN Bei „AL“ besteht dein Team aus Wildfremden. Wie baut man da Vertrauen auf? Aus dem Berufs- oder Privatleben kennen wir zwei Wege: den Austausch über gemeinsam erlebte Erfahrungen oder die durch kompetentes Handeln gewonnene Glaubwürdigkeit. Das Ping-System konzentriert sich auf Punkt 2, indem es dein Team über jeden deiner Schritte am Laufenden hält (inklusive WCPausen). Punkt 1 bleibt außen vor: „Dass du mit deinen Teamkollegen nicht reden, texten oder sie gar sehen musst, ist genial“, sagt Owen. „Es ist egal, ob du blaue Haut und zwei Köpfe hast, solange du pingen und schießen kannst.“

Aller guten Dinge sind 3: Bloodhound, Wraith, Gibraltar von „AL“

TEAMTAKTIK

GEMEINSAM STARK Wieso uns Teamwork weiter als Egoismus bringt. Und was wir im Battle-Royale-Game „Apex Legends“ darüber lernen können.

ELECTRONIC ARTS

MATT RAY

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er Starke ist am mächtigsten allein? Unsinn. Seit jeher sind wir Menschen zum Überleben aufeinander angewiesen – so wie im OnlineShooter „Apex Legends“ („AL“). Eine Million Gamer hatte den Superhit schon acht Stunden nach seiner unangekündigten Veröffentlichung gespielt, 50 Millionen binnen eines Monats. Die geniale Idee: Ein schnelles und einfaches Kommunikationssystem stärkt den Teamfaktor, indem es wichtige Infos an alle Verbündeten „pingt“. Verbale Kommunikation ist unnötig, und man muss auch nicht mehr erraten, warum das Teammitglied ohne Mikro gerade in die Todeszone des Feindes stürmt. Stattdessen setzt ein Klick auf die Ping-Taste Wegpunkte oder markiert Objekte im Spiel, ein Doppelklick zeigt feindliche Positionen an. Bei gedrückter Taste erscheint ein Menü mit weiteren Ping-Aktionen. „In den effektivsten Teams sind die Mitglieder voneinander abhängig, haben aber volles Vertrauen ineinander“, sagt Leadership-Experte Jo Owen. Für uns analysiert er, was wir aus den Mechanismen hinter „Apex Legends“ für das echte Leben ableiten können.

KLARHEIT SCHAFFEN Ein typischer Satz bei MultiplayerShootern mit Mikro: „Vorsicht, da ist ein Feind bei diesem Baum.“ Die typische Antwort: „Äh, welcher Baum?“ „Ein effektives Team braucht klare Kommunikation“, sagt Owen. „‚AL‘ ist dank der Pings ein Musterbeispiel für permanenten, präzisen Austausch. Im Alltag hört man oft: Kannst du den Bericht in Ordnung bringen? Und denkt: Welchen Bericht? Und was heißt ‚in Ordnung bringen‘? Lass dein Team nicht raten, was du meinst. Drück dich von vornherein klar und exakt aus.“ FÜHRUNG ÜBERNEHMEN „AL“ wählt nach dem Zufallsprinzip einen „Jumpmaster“ aus. Er legt den Landepunkt fest und gibt per Ping die Ziele seiner Einheit vor – deren Einverständnis vorausgesetzt. „Wer führen will, muss sich seine Position verdienen“, sagt Owen. Im Job gehen viele davon aus, dass sie ihre Position bereits zur Führungskraft macht. „Unsinn. Was zählt, ist, was du tust und wie du es tust. Im Game ist das genauso: Verhältst du dich nicht wie ein Leader, bist du nach 30 Sekunden keiner mehr.“

Ungemütlich: die apokalyptische „AL“-Welt

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EXPERTE IM PORTRÄT

JO OWEN

Team-Forscher

Als Unternehmer und Autor hat Owen acht gemeinnützige Organisationen mit einem Jahresgesamtumsatz von mehr als 115 Millionen Euro gegründet, hält Vorträge über Führung und Teamwork und hat mit indigenen Völkern gelebt. Sein neuestes Buch, „Myths of Leadership“, ist über Amazon erhältlich. „Apex Legends“ gibt’s für PC, PS4 und Xbox One.

LOYALITÄT BELOHNEN „Im Arbeitsleben tolerieren Führungskräfte Inkompetenz länger als Illoyalität“, erklärt Owen. Laut ihm entsteht Loyalität durch die Erkenntnis, in einer Gruppe besser dran zu sein als allein. Ein Hauptgrund für den Erfolg von „AL“: Anders als bei anderen Team-Shootern ist man hier als einsamer Wolf auf verlorenem Posten. „‚Apex Legends‘ erinnert mich an die Kriegsführung indigener Stämme, die ich erforscht habe. Dort habe ich gelernt, was Menschen hundertprozentig loyal macht: das Wissen, außerhalb des Stammes nicht überleben zu können.“ ROLLEN DEFINIEREN „Ein schlagkräftiges Team braucht nicht nur Vertrauen und Abhängigkeit, sondern auch die richtige Rollenverteilung“, sagt Owen. „Gehe ich gern Risiken ein – z. B. als Verkäufer –, oder bleibe ich lieber auf der sicheren Seite, etwa als Buchhalter?“ Die Charaktere in „Apex Legends“ fallen in die Standard-VideospielMuster Defensive, Offensive und Support – und müssen passend besetzt sein. „Der Arzt in deinem Team sollte nicht vorauslaufen und als Erster Feindkontakt haben“, sagt Owen. „Jedes Teammitglied ist in der Rolle am wertvollsten, die zu ihm passt.“

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Events

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bis 14. Juli Martyrium für Mountainbiker Die Salzkammergut Trophy rund um Bad Goisern gilt als härtestes Mountainbike-Rennen Österreichs: Es führt über 210 km, dabei sind 7119 Höhenmeter zu bewältigen. Gestartet wird bereits um 5 Uhr früh. 900 Teilnehmer werden es wagen. Für alle, die es nicht ganz so hart mögen, gibt es sechs kürzere Distanzen (zwischen 22 und 119 km). Plus: Bike-Messe, E-BikeTouren, Heli-Flüge. Marktplatz, Bad Goisern; salzkammergut-trophy.at

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bis 27. Juli Bergsport statt Bergbau Wo sonst Erz abgebaut wird, können nun Muskeln und Selbstvertrauen aufgebaut werden. Über 3000 Frauen und Männer versuchen allein beim Erzberg Dirtrun auf drei Strecken (8, 16, 24 km) bis zu 60 Hindernisse zu bewältigen, darunter Steigungen bis zu 97 Prozent, Stollen und Schlammlöcher. Zu wild? Bei den Erzberg Adventure Days warten neun weitere irre Disziplinen. Erzberg, erzbergsport.at

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August Indie-Rock und Cowboystiefel Mitski gilt derzeit als First Lady des Indie-Rock: Ihr Album „Be the Cowboy“ war 2018 in den Top Ten der Jahresbestenlisten aller wichtigen Musikmagazine zu finden. Der Grund: Egal ob brachialer Gitarrenkrach, sanfte Pianoklänge oder Elektronik – die 28-jährige US-Japanerin versteht es, verschiedenste Stilelemente mit ihrem Gespür für große Melodien zu verknüpfen. Flex, Wien; mitski.com

SUCHT 29 BAUER BÜHNE Juli

Die meisten von uns kennen Kiefer Sutherland als Jack Bauer, der die Welt in 24 Stunden vor Terroristen rettet. Weit weniger Menschen wissen um das musikalische Talent des 52-Jährigen: 2016 veröffentlichte er sein erstes Album, „Down in a Hole“, eine sanfte Hommage an Johnny Cash, mit elf Country-Songs aus eigener Feder. Derzeit tourt er mit seinem neuen Album „Reckless & Me“ durch Europa. Conrad Sohm, Dornbirn; kiefersutherland.net

GETTY IMAGES, DR. PETER MEIERHOFER, MORITZ ABLINGER

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bis 27. Juli Legenden auf vier Rädern und zwei Beinen Mark Webber und Hans-Joachim Stuck, Dieter Quester und Jochen Mass – die Oldtimer Rallye Ennstal-Classic glänzt im 27. Jahr ihres Bestehens nicht nur mit einzigartigen Boliden, auch die Piloten sind echte Klassiker. Mehr als 100.000 Fans werden während Prolog und Marathon entlang der Strecke erwartet, 20.000 beim finalen Grand Prix in Gröbming. Kirchplatz, Gröbming; ennstal-classic.at

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THE RED BULLETIN


guide

DURCH 9 REITE DIE NACHT

bis 11. August

Ein Rennen, das in Österreich einzigartig ist: Bei der Bike Night in Flachau muss ein 4,5 Kilometer langer Rundkurs – 200 Höhenmeter und spektakuläre Downhill-Passagen inklusive – in zwei Stunden möglichst oft bewältigt werden. Wer bei Flutlicht die meisten Runden schafft (im Bild: Benny Karl, Snowboard-Pro und Biker, 2018), gewinnt. Weniger anstrengend, aber lustig: das Quietschentenrennen im Vorfeld. Flachau; flachau.com/bike-night

D I E W E LT E N T D E C K E N UND BEGREIFEN

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Entertainment

Egal ob du mit Rachel Atherton abwärtsrauschst oder Kelly Rowland lauschst: Hier sind die Red Bull TVProgramm-Highlights der kommenden Wochen.

Topstar in Aktion: Rachel Atherton bei ihrer Siegerfahrt in Lenzerheide 2018

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bis 11. August

LIVE

UCI MTB WORLD CUP IN LENZERHEIDE

2,5 Kilometer lang und gespickt mit kniffligen Schlüsselstellen wie dem #fullgas-Sprung, zieht die Downhill-Weltcup-Strecke in Lenzerheide Fahrer und Zuschauer gleichermaßen in ihren Bann. Mindestens genauso aufregend: der Cross-Country-Bewerb. Im Bild sehen wir Englands Pro Rachel Atherton bergabrasen, die bei der Weltmeisterschaft in Lenzerheide im Vorjahr Gold holte.

1

August

ON DEMAND

RED BULL MUSIC STUDIO SESSIONS

SO SIEHST DU RED BULL TV ÜBERALL

Red Bull TV ist deine globale digitale Destination für Entertainment abseits des Alltäglichen, empfangbar rund um die Uhr an jedem Ort der Welt. Geh auf redbull.tv, hol dir die App oder connecte dich via Smart-TV. Alle Infos: redbull.tv

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Ein einzigartiger Blick hinter die Kulissen des PopBusiness: Kelly Rowland (Bild) arbeitet mit TopSongwriter Alex Saad und Producer Fabian Mazur an drei neuen Songs – und du bist mit dabei.

17

August

LIVE

CRANKWORX

Auf Augenhöhe mit den weltbesten Mountainbikern und ihren spektakulären Sprüngen, den verblüffenden Tricks und irrem Tempo. Dieses Mal macht die Crankworx-Tour Station im kanadischen Whistler. Mit dabei: der vielversprechende Erik Fedko (GER; im Bild).

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BARTEK WOLINSKI/RED BULL CONTENT POOL, KEITH SOLOMON/RED BULL CONTENT POOL, GRAEME MURRAY/RED BULL CONTENT POOL

ACTION HAUTNAH

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Read Bull Hier schreiben namhafte österreichische Literatinnen und Literaten jeden Monat über ein Thema, das sie bewegt.

Franzobel, 52

Der Sohn eines Chemiearbeiters aus Vöcklabruck (OÖ), mit bürgerlichem Namen Franz Stefan Griebel, ist seit 1989 Schriftsteller und hat über 60 Bücher und mehr als zwei Dutzend Theaterstücke geschrieben. Franzobel sieht sich als sprachgewandter Querdenker, seine Texte enthalten gern Anspielungen auf die Zeitgeschichte. Zuletzt erschienen: der Kriminalroman „Rechtswalzer“ (Verlag Zsolnay) und das Theaterstück „Der Lebkuchenmann“.

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s ist ein reich gesegnetes Volk – mit Raunzertum und Grantigkeit. Würde man die Wiener darüber abstimmen lassen, ob es Wien überhaupt geben soll, sie wären glatt dagegen, schon aus Prinzip, wegen überhaupt, aus Angst vor Veränderung und weil man ja nie weiß. Zwei Grundprinzipien regieren hier: Das war schon immer so, und da könnte ja ein jeder kommen. Der von Fremden für so überaus charmant gehaltene Wiener ist in Wirklichkeit hinterfotzig und verschlagen, ein Mensch, der das Glück auf Erden für das größte Unglück hält, weil ihm, wie er sagt, alle nachrennen. Von den Wienern könnte ich

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FRANZOBEL

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as Leben ist geprägt von Niederlagen. Nicht die Erfolge bleiben in Erinnerung, sondern die Demütigungen, Beleidigungen, Tiefschläge – alles, was sich eingegraben und Narben zurückgelassen hat. Heute habe ich keine Lust, mag ich nicht aufstehen, mir nicht die Uniform anziehen, nicht zur Remise gehen und schon gar nicht Ihnen etwas über Motivation erzählen. Heute mag ich gar nichts, nicht behelligt werden von der Welt, keine Menschen sehen, nicht einmal mit einem Minimum an Aufwand ein Maximum erreichen. Ja, es stimmt schon, man muss sich auch mit sich selbst auseinandersetzen, nicht nur mit anderen, um ein einigermaßen glückliches Leben zu führen, aber heute mag ich nicht, heute habe ich keine Lust auf Extrawurstsemmeln mit Essiggurkerl, alkoholfreies Bier und Straßenbahn. Heute nicht. Schuld an allem ist der Finger. Hätte nämlich der Sportreporter Edi Finger damals, am 21. Juni 1978, nicht „I wer’ narrisch“ in den Äther geplärrt und der Nation mitgeteilt, dass „unser Hansiburli“, unser Hans Krankl, Doppeltorschütze beim gefühlt einzigen Sieg der österreichischen

GEORG BUXHOFER/PAUL ZSOLNAY VERLAG

MURPHY’S LAW

Fußballnationalmannschaft, Sohn eines Straßenbahners sei – Sie können sich vorstellen, wie es um das Selbstverständnis einer Nation bestellt ist, wenn sie noch immer von einem vor über vierzig Jahren auch damals zufällig errungenen Sieg zehrt, aber die Österreicher haben halt immer gern und viel und ausdauernd verloren, jeden Krieg und jedes Spiel, Länder und den Kaiser … Manchmal denke ich, wir sind so etwas wie ein auserwähltes Volk der Verlierer, eine Gemeinschaft der Niederlage, das haben wir gelernt, das macht uns Österreicher demütig und bescheiden, obwohl wir von Natur aus großkopfert und überheblich sind – jedenfalls ist der Edi Finger schuld, der Hans Krankl und sein Vater, der Straßenbahner, und natürlich auch der Wolfgang Ambros, der im selben Jahr eine Schallplatte mit dem Titel „Schaffnerlos“ herausgegeben hat, sonst wäre ich doch nie, aber wirklich niemals Straßenbahnfahrer geworden. Was soll ich sagen? Ich liebe den Beruf. Ganz egal, ob im Sommer der Asphalt schmilzt oder man im Winter die vereisten Weichen händisch stellen muss, ich fahre gern mit meiner Bim. Neuerdings sagt niemand mehr Straßenbahn, alle reden von der Bim. Bim-bim! Vor ein paar Jahren hat man sie in Wien noch Tramway geheißen. Tramwääh, das hat besser gepasst. Weil eines kann ich Ihnen sagen, die Wiener kenne ich.


Franzobel

Ihnen viel erzählen. Und erst von den Wiener Autofahrern … und den Radfahrern und Fußgängern und Elektrorollern und Segways und … Es gibt keine rechthaberischeren Menschen als Österreicher im Verkehr. Das sag ich Ihnen.

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ber heute mag ich nicht. Schon wenn ich an den wie Sülze aussehenden Boden in der Remise denke, an die grauen Garderobenspinde mit den Busenmädchen, den groben Stoff der Uniform, die grantigen Leute, die einem ein herzhaftes „Leck mich am Arsch“ zurufen, weil ihnen irgendwas nicht passt … Leck ihn dir doch selber, liegt mir dann immer auf der Zunge, aber ich habe es noch nie gesagt. Anstatt dass sie froh sind über die Bequemlichkeit der Straßenbahn, wo einem die Demütigungen des Fliegens erspart bleiben, man nicht ohne Gürtel und Schuhe durch eine Sicherheitsschleuse muss, um dann stundenlang eingezwängt in dieser schlecht belüfteten Leidensgemeinschaft auszuharren, schimpfen sie über das Wetter, Hunde oder was ihnen sonst noch so in die Quere kommt.

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eshalb mag ich heute nicht. Aufstehen? Jemanden anrufen? Mich krank schreiben lassen? Motivieren? Mich und andere? Nein! Heute mag ich gar nichts, nicht einmal atmen. Nur träumen von der Bar, die ich irgendwann eröffnen will. Einen Namen habe ich bereits: Murphy’s Law. Ich habe an einen Schuppen mit gediegenen Getränken und Livemusik gedacht. An Themenabende mit Slam-Poesie, das ist so eine Art Paralympics für Dichter, Burger-Wettessen, Nachwuchskabarettisten, Gin-Verkostungen … Murphy’s Law wird das neue InLokal. Und ich werde wie ein König hinter der Theke stehen und Cocktails mixen, meine Musik spielen und mich mit interessanten Leuten unterhalten. Wer weiß, vielleicht sogar über Hans Krankl, Córdoba und meine Zeit als Straßenbahnfahrer. Aber dann sehe ich die vollen Aschenbecher und das abgestandene Bier, die angekotzten Toiletten und Alkoholleichen in der Pissoirrinne und bin mir nicht mehr sicher, ob ich mit Murphy’s Law tatsächlich auf die Butterseite falle oder nicht doch lieber bei meiner Bim bleibe. Weil eigentlich liebe ich ja meinen Beruf. Wissen Sie, warum? Wegen der

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Wendeschleifen. Haben Sie schon einmal das Pendel einer Pendeluhr beobachtet? Da gibt es den Moment des höchsten Ausschlags, wenn das Pendulum ganz kurz innehält, merkt, dass es nicht weitergeht, die Zeit stillsteht, und das ausschlagende Objekt überlegt, was nun geschehen soll, bevor es sich fallen lässt und seine Rückreise antritt. Es heißt ja auch, das Universum dehne sich aus. Ich weiß zwar nicht, wohin und was dort, wohin das Universum sich dehnt, jetzt ist, wenn dort noch nichts ist, bevor das All kommt und es entnichtet, aber dann wird es, das Universum, irgendwann einen Punkt erreichen, an dem es nicht mehr weitergeht, der kosmische Brustkorb voll ist, das Universum kurz die Luft anhält, bevor es, müde von Milliarden Jahren, plötzlich antriebslos wieder zusammensinkt, die Zeit demotiviert rück-

Würde man die Wiener darüber abstimmen lassen, ob es Wien überhaupt geben soll, sie wären glatt dagegen. wärtsgeht und alles in sich zusammenfällt, bis es nur noch ein stecknadelkopfgroßer Punkt verdichteter Materie ist. Und sehen Sie, dieser Umkehrpunkt, dieses kurze Innehalten vor dem Umstülpen, das ist die Wendeschleife. Es geht vorwärts und zugleich zurück. Und alles dreht sich – auch in mir. Ich vergesse Murphy’s Law, hüpfe aus dem Bett, ziehe mich an und laufe so wie jeden Tag Richtung Remise, wo meine Uniform in der Garderobe hängt, im Spind mit dem Hans-Krankl-Poster, Busenmädchen habe ich nicht. Ich sehe den an eine Sülze erinnernden Boden und freue mich auf meine Fahrten mit der Straßenbahn, weil das wollte ich immer schon: den stählernen Wurm durch den Verkehr führen, Leute transportieren. Das ist die

tägliche Wendeschleife in mir drin, der Punkt, an dem es kippt, ich Murphy’s Law vergesse und wieder zufrieden bin.

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enn Sie so etwas bereits jetzt, bevor das Universum in sich selbst zusammenkracht, erleben wollen, müssen Sie Straßenbahn fahren in Wien, wo es die allerschönsten Wendeschleifen gibt. Hier haben sogar die Bims ein Bams, also Schleifen, und machen auf Opernball, Lipizzaner, Apfelstrudel. Es sind kleine Ehrenrunden, die einen dort hinführen, woher man kommt, nur die Richtung ändert sich. Der 62er zum Beispiel zieht am Karlsplatz eine Schleife, fährt mit Grandezza an der Otto-WagnerStation und am Künstlerhaus vorbei. Der 5er biegt einmal vom Westbahnhof wie zu einem Stoßgebet nach Mariahilf, während er am anderen Ende seiner Tour am Prater ganz hallodrisch kreist. Oder der 43er, der in Neuwaldegg bei den Heurigen eine kleine Runde ausgibt. Und dann gibt es noch die Mutter aller Wendeschleifen, das sogenannte JonasReindl am Schottentor. Benannt nach dem Bürgermeister und Bundespräsidenten Franz Jonas, gleicht dieses Rondeau, wo gleich sieben Linien (37 bis 44) ihre Schleifen ziehen, tatsächlich einem Reindl, also einem Topf. Praktisch jede Linie in Wien beginnt und endet mit einer Schleife, einer Wende ins Entgegengesetzte. Früher sind da die Fahrer ausgestiegen und haben geraucht. Heute denkt man mehr ans Universum, dass es jetzt zurückgeht, weil, wissen Sie, Wien ist eine schöne Stadt, und die Wiener sind die charmantesten Menschen auf der Welt mit der besten Küche und dem tollsten Schmäh, ein wein- und walzerseliges, aus lauter Schnitzeln zusammengesetztes Völkchen. Hier fragt man nicht „Wie geht’s?“, sondern „Wie schau’ ma aus?“, statt „Ich ruf dich an“ sagt man „Ich rühr mich“, so als ob man sich bis dahin nicht bewegen würde. Und wem es jetzt den Zeh aufrollt, weil irgendwie beginnt ja alles mit den Zehen, dem bleibt nichts anderes übrig, als bis zur nächsten Wendeschleife zu warten, weil bis dahin ist alles gut und groß und schön und hat ein Mascherl umgebunden. Doch freuen Sie sich nicht zu früh, die nächste Wendeschleife kommt bestimmt. Mal hü, mal hott. Und wenn Sie jetzt motiviert sind, fragen Sie sich ruhig: Wozu?

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Beim Einsatz­ kommando Cobra gibt es zahlreiche Spezialisierungs­ möglichkeiten: Die Ausbildung zum Einsatztaucher ist eine davon.

COBRA – FÜR ALLE FÄLLE W Der Name des Sondereinsatzkommandos Cobra ist auf die US-amerikanische Fernsehserie „Kobra, übernehmen Sie“ zurückzuführen. Die Sondereinheit kommt bei hohen Gefährdungslagen zum Einsatz – am Boden, im Wasser und in der Luft.

enn das Einsatzkommando Cobra angefordert wird, herrscht Alarmstufe Rot. Die Cobra unterstützt vor allem die Kollegen der Polizeidienststellen bei erhöhten Gefährdungslagen, wie zum Beispiel bewaffneten Geiselnahmen. Zugriffshandlungen im Bereich der organisierten Kriminalität sowie die Bekämpfung von Terrorismus zählen ebenso zu den Aufgaben der Einheit wie die Erstürmung von Luftfahrzeugen oder grenzüberschreitende Einsätze. Um im Fall der Fälle bereit zu sein, trainieren die Cobra-Beamten täglich hart.


ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG DES BUNDESMINISTERIUMS FÜR INNERES

Wer Polizistin oder Polizist bei der Spezial­ einheit werden möchte, muss einiges ­mitbringen: Nerven aus Stahl, eiserne Disziplin, Ausdauer, Teamgeist und min­ destens zwei Jahre Berufserfahrung als Polizist. Bei der Aufnahmeprüfung müssen die Anwärter physisch und psychisch über­ zeugen, bevor es in die sechsmonatige Aus­ bildung geht. So breit der Einsatz­bereich der Cobra ist, so vielfältig sind auch die Spezialisierungsmöglichkeiten: Ob Einsatz­ taucher, Fallschirmspringer, Personen­ schützer, Seiltechniker, Air Marshal – nach der bestandenen Grundausbildung sind je nach Stärke und Eignung weitere Aus­ bildungen möglich. Mehr als ein Beruf Der Einsatz von Polizei und Spezialeinheit geht weit über einen klassischen Beruf hin­ aus – vielmehr ist er eine Berufung, Men­ schen zu helfen und Sicherheit zu gewähr­ leisten. Das Miteinander in der Einheit spielt dementsprechend eine große Rolle: Gerade in Extremsituationen müssen sich die Cobra-Beamten aufeinander verlassen

Das Einsatz­ kommando Cobra ist für alle Fälle ­gerüstet: Während Fallschirmspringer lautlos auf Zielobjek­ ten landen, durch­ suchen und sichern die Einheiten am ­Boden das Objekt Raum für Raum.

„DIE GRÖSSTEN STÄRKEN UNSERER EINHEIT SIND EIN GESUNDER TEAMGEIST UND GEGENSEITIGES VERTRAUEN.“

FOTOS: PHILIPP CARL SCHUSTER

Einsatzkommando Cobra

können. Gemeinsames Training und sportliche Aktivitäten stärken den Zusammenhalt. Um den ­A nforderungen dieser Spezial­ einsätze gerecht zu werden, bedarf es außergewöhnlicher Menschen mit speziellen Fähigkeiten und be­ sonderer Einstellung – beruhigend zu wissen, dass es sie gibt.

www.polizeikarriere.gv.at


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Aktuell erscheint The Red Bulletin in sieben Ländern. In der Coverstory unserer FrankreichAusgabe beleuchten wir den Karriereweg der Brasilianerin Leticia Bufoni zur stilprägenden Skaterin ihrer Generation. Mehr Storys abseits des Alltäglichen gibt’s auf: redbulletin.com

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Weil das Leben zu kurz ist für lähmende Routine, gibt es hier jeden Monat eine herzerfrischende Challenge. Diesmal:

SO KOMMT BEWEGUNG IN DEN STAU * Das Lenkrad großzügig mit Luftpolsterfolie umwickeln. Sich bei Bedarf an jedem einzelnen der 124.438 Bläschen abreagieren. Als Beifahrer im Drei-MinutenTakt fragen: „Sind wir bald da?“ Die Frequenz stetig steigern. Allen winken. Unablässig winken. Das Autofenster runterfahren und den Nebenstehenden fragen, ob er auch gerade im Stau steht. Freundlich lächeln. Den Stillstand als Live-KonzertBühne nutzen – mit sich selbst in der Hauptrolle. Die Lichthupe sorgt für Special Effects, das Bremspedal für Bewegung. Fenster öffnen.

Für talentfreie Tänzer: Die stehende Autokolonne für eine Mannequin-Instagram-Challenge nutzen. Aus dem Wagen aussteigen und sich reglos wie eine Schaufensterpuppe zwischen den Fahrzeugen filmen lassen.

Die nächste Ausgabe des RED BULLETIN erscheint am 13. August 2019 98

Die Heckscheibe des eigenen Wagens mit der Botschaft „Fahren Sie mir ruhig rein, ich kann Geld gebrauchen“ versehen. Aus dem Rückspiegel Augenkontakt suchen und nicken. Bei sämtlichen Radiostationen im Umkreis anrufen und Hörerwünsche für Allerweltsnamen deponieren. Die plötzliche Harmonie genießen, wenn „I Just Called to Say I Love You“ für Andrea, Thomas oder Michaela ertönt und jede(r) Zweite sich angesprochen fühlt.

* Warnung: Diese Aktivitäten können zu sozialen Unverträglichkeiten führen.

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NICOLAS MAHLER

Eine Polonaise durch die Blechlawine starten. Vogerltanz und Lambada gehen auch.


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