The Red Bulletin DE 08/19

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DEUTSCHLAND AUG./SEPT. 2019, € 2,50

ABSEITS DES ALLTÄGLICHEN

„VERSUCH DAS UNMÖGLICHE. UND GENIESSE DEINE REISE.“

BRAD PITT UND LEONARDO DiCAPRIO IM DOPPEL- INTERVIEW ÜBER DEMUT ALS ERFOLGSREZEPT UND TEAMWORK À LA TARANTINO BRAD PITT: „ ARBEITE MIT LEUTEN, DIE SCHLAUER SIND ALS DU.“

Für Abonnenten der

LEONARDO DiCAPRIO: „ SEI UNVERBLÜMT OFFEN. SAG, WAS DICH STÖRT.“


Foto: R. Schedl

Manche Regeln sind dazu gemacht, gebrochen zu werden. Versteh uns richtig, wir wollen nicht, dass du das Gesetz brichst – aber wir sehen . . . . 06 69 . 0 . . 6. ihre eigenen Standards und stellt dabei so manche Konvention in Frage. Erlebe jetzt den brandneuen, bahnbrechenden, Big Bore Supermoto Outlaw und definiere deine eigenen Spielregeln.

Gezeigte Fahrszenen bitte nicht nachahmen, Schutzkleidung tragen und die anwendbaren Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung beachten! Die abgebildeten Fahrzeuge können in einzelnen Details vom Serienmodell abweichen und zeigen teilweise Sonderausstattung gegen Mehrpreis.

VERGISS KONVENTIONEN


E D I TO R I A L

WILLKOMMEN

LEGENDEN UNTER SICH IM RENNEN RED BULL ILLUME

SAMIR HUSSEIN/WIREIMAGE/GETTY IMAGES (COVER), PHILIPP HORAK

BRIAN SATUFFER UND HELLO VON

Der weltweit größte Wettbewerb für Actionund Abenteuer-Sportfotografie (zuletzt über 34.000 Einsendungen) läuft wieder. Im Herbst kürt die Jury 55 Finalisten und einen Gesamtsieger. Ab Seite 6 siehst du drei Highlights unter den bisher eingereichten Bilder.

Wer Großes erreichen will, muss das Kleine ehren – was wie ein Kalenderspruch klingt, ist vielmehr das sehr ernst gemeinte Erfolgsrezept von Brad Pitt und Leonardo DiCaprio. Im Doppel-Interview ab Seite 36 sprechen die zwei Hollywood-Superstars über ihre detailbesessene Vorbereitung, ihre Demut vor dem Können der Regisseure und ihre Erlebnisse mit Filmmacher Quentin Tarantino, für dessen neues Werk „Once Upon a Time in Hollywood“ sie nun erstmals gemeinsam vor der Kamera standen. Um entscheidende Details für den Erfolg geht es auch in unserem Feature über die E-SportProfis von Team BIG (ab S. 56), die wir einen Tag lang in ihrem Trainingsalltag begleiten durften. Vor dem Bildschirm – und im Fitnessstudio.

SATZ DES MONATS

„Steh für deine Prinzipien ein und bleib gütig, dann bist du unzerstörbar.“ Schauspielerin Lily James über ihren Umgang mit schwierigen Zeiten. Ab Seite 34

Viel Spaß mit der neuen Ausgabe von The Red Bulletin! Die Redaktion

IM GAMING-HAUS CHRISTOPH VOY

Für den Fotografen (u. a. „Vice“, „ZEITmagazin“) öffneten die E-Sportler von Team BIG die Tür zu ihrem Berliner Gaming House, in dem sie jeden Tag bis in die Nacht trainieren – unterbrochen von einem Besuch im Fitnessstudio gegen 23 Uhr. „Das sind absolute Vollprofis“, resümierte Voy. Seite 56

THE RED BULLETIN

IM SURVIVAL-MODUS WALTRAUD HABLE

Wie überlebt man auf einer einsamen Insel? Unsere Autorin verbrachte sechs Tage und fünf Nächte auf einem Eiland mitten im Indischen Ozean. Der Red BulletinSelbstversuch ab Seite 66.

IN AKTION LUKAS KLOSTERMANN

Was essen Spitzensportler weltweit? Darum dreht sich alles in unserem Feature ab Seite 44. Darin schildert u. a. der FußballNationalspieler das Ernährungssystem seines Vereins RB Leipzig. 3


I N H A LT The Red Bulletin August/September 2019

COVERSTORY

Brad Pitt und Leonardo DiCaprio präg(t)en Holly wood. Hier schildern die Oscar-Preisträger, wie sie an der Spitze bleiben.

FESTIVAL

18 STADT DER WUNDER

Beim Boomtown Fair werden die Besucher zu Helden ihrer eigenen Märchenwelt.

TATTOOS

30 DAS GEHT UNTER DIE HAUT

Warum namhafte Sportler dem Wiener Tätowierer Helmut „Slimheli“ Zeiner vertrauen.

HOLLYWOOD

34 DIE IMMENSE KRAFT DER LILY JAMES

Die Schauspielerin erzählt, wie sie mit Druck umgeht – und was ihre Brüder damit zu tun haben.

6 GALLERY 12 ZAHLEN, BITTE! 14 KOLUMNE

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15 FUNDSTÜCK 16 LIFE HACKS 42 INNOVATOR

FITNESS

44 ESSEN WIE EIN CHAMPION

Acht Spitzenathleten aus aller Welt sprechen darüber, welche Ernährung sie stark macht.

E-SPORT

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AUF DER BÜHNE Beim Boomtown Fair entstehen mitten in England gigantische Fantasiewelten.

56 HIER LEBT TEAM BIG

Zu Besuch im Berliner Gaming House der deutschen Shootingstars im Spiel „Counter-Strike“.

5-MINUTEN-COACH

64 WIE DEINE IDEEN FLIEGEN LERNEN

MIKE MASSARO/BOOMTOWN, PHILIPP HORAK, ERIK TANNER/CONTOUR BY GETTY IMAGES, CHRISTOPH VOY

36 IKONEN IM INTERVIEW

Freestyle-Motocross-Star Luc Ackermann verrät seine Tipps für kreatives Denken.

ABENTEUER

66 FRAU IM SURVIVAL-MODUS

Wie unsere Autorin eine Woche auf einer einsamen Insel überlebte (und was sie dabei lernte). 96 IMPRESSUM 98 PERFEKTER ABGANG

66 AUF DER INSEL Unsere Autorin verabschiedete sich für eine Woche von der Zivilisation.

THE RED BULLETIN


„Manche Dinge kann man nicht erfinden. Sie erfinden sich selbst.“ LUC ACKERMANN, virtuoser Freestyle-Motocrosser, über Kreativität: Seite 64

guide

DEIN PROGRAMM

80 REISEN Löwen und Geparden hautnah: auf ProfiFotosafari in Kenia 84 EVENTS Von den NitrOlympX bis zur Gamescom: die Events des Monats

34 AUF ERFOLGSKURS Aktrice Lily James über ihre Strategie, mit Druck umzugehen

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56 AUF SENDUNG Zu Besuch im Berliner Gaming House der E-Sport-Profis von Team BIG

86 GAMING Dieses Spiel wird das neue „Pokémon Go“. 87 ENTERTAINMENT Red Bull TV-Highlights – live und on demand

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GA L L E RY

Teahupoo, Tahiti

TIEFENSCHÄRFE Teahupoo an Tahitis Südwestküste ist berühmt für seine hohl brechenden Wellen. Fotograf Ben Thouard, der auf der Insel lebt, kennt den Schauplatz aus allen Perspektiven: „Mein Ziel war es, Surfer aus einem neuen Blickwinkel abzulichten.“ Also tauchte der Franzose ab und drückte ab – wir erahnen die Kraft des Pazifik. benthouard.com

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BEN THOUARD/RED BULL ILLUME


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Ölüdeniz, Türkei

LUFTTAXI

Ready for Take-off: In wenigen Sekunden wird sich Base-Jumper Guillaume Galvani von Ferdi Toys Schirm lösen und über der Bucht von Ölüdeniz in die Tiefe springen. Fotograf Tristan Shu: „Wir haben uns durch die Wolken gekämpft, um Guillaume im Licht der untergehenden Sonne zu zeigen – es war einfach perfekt.“ tristanshu.com

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TRISTAN SHU/RED BULL ILLUME


GA L L E RY

Engelberg, Schweiz

OSKAR ENANDER/RED BULL ILLUME

PULVERTAUCHER

Der Mann, der hier bis zum Hals im Pulverschnee steckt, ist das US-Ski-Ass Marcus Caston. Ein Bild, das wir allen widmen, denen die Sommerhitze zu schaffen macht. Entstanden ist es in Engelberg im Kanton Obwalden, Heimatort von Fotograf Oskar Enander: „Ein herrlicher Tag mit 30 Zentimeter Neuschnee.“ oskarenander.com

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ZAHL E N , B I TT E !

Red Bull 400

KRALL DIR DEN SIEG! Am Ende geht es nur auf allen vieren weiter – 1800 Sportler erklimmen am 20. Juli beim härtesten 400-Meter-Lauf der Welt die Skischanze in Titisee-Neustadt (Anmeldung auf redbull.com). Einige Fakten zur Vorbereitung:

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140

Höhenmeter sind zu absolvieren.

Pulsschläge – natürlich pro Minute – liefern aufgrund der Anstrengung auf den 400 Metern den richtigen Rhythmus.

Vorläufe münden (wenn alle Startplätze vergeben werden) in vier Semifinale und schließlich in das Finale.

7200

4.000.000

Dosen Red Bull und 3000 Liter Gerolsteiner Wasser wurden im Vorjahr getrunken.

Euro wurden im Jahr 2000 investiert, um die Schanze Weltcup-tauglich zu machen. Größtes Problem: Immer wieder mangelt es an Schnee.

CLAUDIA MEITERT

1500

Müsliriegel, 1300 Donuts, 130 Kilo Nudeln und 55 Kilo Bananen wurden 2018 verzehrt.

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Grad beträgt die Steigung der Hochfirstschanze in TitiseeNeustadt. Den Schanzenrekord hält der slowenische Skispringer Domen Prevc: Am 11. März 2016 schaffte er 148 Meter.

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12.960

Heiratsantrag hat 2017 beim Lauf für Tränen gesorgt. Ein Schweizer Teilnehmer ging nach den Männervorläufen vor seiner Angebeteten in die Knie – eine äußerst emotionale Angelegenheit.

Kilometer legt Suzy Walsham dieses Mal zurück, um am Red Bull 400 in Titisee-Neustadt teilzunehmen. Sie reist dafür eigens aus Singapur an.

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GETTY IMAGES (3), FLO HAGENA/RED BULL CONTENT POOL

200

Teilnehmer waren seit der Premiere im Jahr 2015 jedes Mal dabei.


Die App, die Impfungen auf dem Schirm hat. Mit TK-Safe Gesundheitsdaten .. Fortschritt leben. Die Techniker dietechniker.de


KO LU M N E

Thilo Mischke

BEGEGNUNGEN

ABSEITS DES ALLTÄGLICHEN Er ist 200 Tage im Jahr unterwegs, Jetlag ist bei Korrespondent und Reisereporter Thilo Mischke (TV-Dokureihe „Uncovered“) ein Dauerzustand. Auf seinen Expeditionen trifft der 38-jährige Berliner immer wieder Menschen, die ihn faszinieren. Dieses Mal: Mr. Toh, der die Full Moon Party in Thailand ausrichtet und über die Jugend lernt.

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mal mein Name Mr. Toh stimmt“, sagt er. Die Touristen könnten sich seinen thailändischen Namen nicht merken, deswegen hat er sich diesen Spitznamen gegeben. Mr. Toh spricht am liebsten über die Besucher der Party, von den Gesichtern, die einmal im Monat vom Vollmondlicht erleuchtet werden, und was er darin sieht. „Die Gäste werden immer jünger“, sagt er. „Früher, da waren alle um die dreißig, jetzt sind alle um die zwanzig.“ Mr. Toh stört das nicht, es verblüfft ihn nur. Gestern war eine Party, und es läuft immer gleich ab. Morgens Aufbau, nachts kommen aus ganz Thailand bis zu 40.000 Menschen auf die Insel Ko Pha-ngan. Mr. Toh sorgt für Spaß. DJs aus Europa, Getränke wie in Europa, das beste Kater-Essen, auch wie in Europa: Pizza statt Pad Thai. „Viele denken ja, die Full Moon Party sei ein buddhistisches Fest“, sagt er und fügt hinzu: „Ist es aber nicht, das wurde vor über dreißig Jahren hier am Strand einfach erfunden. Der Vollmond als Grund zum Feiern.“ Die Generationen kommen und gehen, Generation X, danach Y, dann die Millennials, sie alle setzen sich von ihrer Vorgängergeneration ab. Wollen anders sein, wollen neu sein. Das ist auch wichtig, das ist schließlich die Aufgabe der Jugend.

er berühmte Haad-Rin-Strand ist leer, kaum Menschen. Ich höre das Meer rauschen, höre den Wind, der den weißen Sand umherwirbelt. Hier und da halten Menschen ihre Füße ins Wasser, trinken erschöpft von der Hitze aus einer frischen Kokosnuss. Dieser Strand ist nicht zum Baden gemacht, er ist der Austragungsort der größten Party Südostasiens. Eine Sehenswürdigkeit, ohne dass sich die Besucher dafür interessieren, wie dieser Strand aussieht – am Tage. Sie kommen nachts, sie kommen für den Techno, für die Plastikbecher, gefüllt mit Softdrinks und Rum. Sie kommen für gemalte neonfarbene Muster auf ihrer hellen Haut. Muster, die unter UV-Lampen zu leuchten beginnen. Sie kommen, um zu feiern und so lange zu trinken, bis sie nur noch auf dem Rücken im Sand liegen können, „Wenn sie feiern, sind sie alle die Musik nicht mehr hören gleich“, sagt Toh. Egal wie alt. und vom Leben besoffen über „Mischgetränke und ChartsMr. Toh betreibt die größte Bar am legendären thailändischen Partystrand Haad Rin. die Freiheit nachdenken. Auch Musik verbinden Generationen.“ Die Welt würde immer ich habe das gemacht, 2003. ernster werden, sagt Toh, die Kriege immer lauter, die Mit meinem besten Freund Robert, auch ich lag hier im Natur verkocht vor Hitze. Auch hier in Thailand spürt Sand und hörte Rummeltechno, bis die Ohren pfiffen. man den Klimawandel. „Eigentlich ist jetzt Monsun.“ Er zeigt in den blauen Himmel. Kein Regen. Die Welt verMr. Toh ist müde, 41 Jahre alt, er ist hier an diesem ändert sich, die Jugend bleibt gleich. Nur das Bedürfnis, Strand groß geworden. Seit 41 Jahren einmal im Monat der Realität zu entfliehen, setzt heute früher ein. EskapisFull Moon Party. Das hinterlässt Spuren, nicht nur in der mus als einträgliches Geschäftsmodell; je beschissener Natur der Insel, sondern auch bei ihren Bewohnern. Als die Welt, desto mehr wollen die Leute feiern. Elfjähriger hat er Schnäpse ausgeschenkt, jetzt, dreißig Mr. Toh ist aber erschöpft. „Nach dreißig Jahren Full Jahre später, betreibt er mit der Drop-in Bar eine Legende, Moon Party habe ich die Schnauze voll“, sagt er. Wischt er betreibt den Motor dieser Party. Die größte Bar am sich den Schweiß mit einem Handtuch aus dem Nacken. Haad Rin. „Ich will jetzt in Rentner investieren“, sagt er. „Die, die Von ihm habe ich nichts über das Leben gelernt, so früher hier gefeiert haben, werden jetzt alt und wollen ehrlich muss ich sein. Man lernt auf Partys nichts über betreut werden. Sie wollen am Haad Rin alt werden.“ das Leben. Vielmehr konnte ich durch ihn einen Blick auf „Rentner und Feierwillige, sie haben die gleichen Beverschiedene Jugendgenerationen aus der ganzen Welt dürfnisse?“, frage ich Toh. Und er lacht, nickt. „Sie wollen und ihre Bedürfnisse werfen, über den Zeitraum eines vergessen, wie die Wirklichkeit aussieht.“ halben Lebens. Mr. Toh spricht wenig über sich. „Nicht

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MARTIN GASCH

BLAGOVESTA BAKARDJIEVA

THILO MISCHKE

„Nach 30 Jahren Full Moon Party habe ich die Schnauze voll. Ich will jetzt in Rentner investieren.“


FB U NL DL ES VT AÜ RC DK

Bob Dylans Mundharmonika

ZEITENWENDE

HENRY LEUTWYLER, GETTY IMAGES

Die Zeit hat ihre Spuren hinterlassen auf dieser Mundharmonika. Sie hat so viel Rost angesetzt, dass das N und das D in „Marine Band“ schon fast verschwunden sind. Wir sehen eine Bluesharp in A-Dur, Seriennummer A449, und sie gehörte Bob Dylan, dem Mann, der der Folkmusik, ja der Musik überhaupt, in den 1960er-Jahren neues Leben einhauchte. Damals war er ein eigenwilliger Charakter mit wildem Lockenkopf, der sich die Seele aus dem Leib blies und mit „The Times They Are A-Changin’“ zur „Stimme einer Generation“ wurde – eine Rolle, der er sich stets verweigerte.

Bob Dylan (hier 1961 in New York): fast 60 Jahre erfolgreich, 2016 mit dem Nobelpreis geehrt

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L IF E HACKS

Science-Bastler

SO AKTIVIERST DU DEINEN GRÜNEN DAUMEN Schlaue Lösungen für konkrete Probleme, Volume 11: Was haben Windeln, Eierschalen, Flaschen und Toilettenpapierrollen gemeinsam? Sie machen deine Pflanzen glücklich. Hier erfährst du, wie.

ANZUCHT

Pflanzen mit der Flasche aufziehen

SCHUTZ

Schalen gegen Schädlinge Chemiekeule? Nein, danke! Eierschalen schützen Pflanzen als natürliche Barriere vor Schnecken.

Wirf leere Flaschen nicht weg, sondern bastle einen selbstbewässernden Pflanztopf: Über die Kordel steigt das Wasser kontinuierlich auf und befeuchtet die Blumenerde.

Streue Schalen rund um Triebe herum, um Schädlinge fernzuhalten.

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Schneide die Plastikflasche in der Mitte auseinander und fülle den unteren Teil mit Wasser, bohre ein Loch in den Flaschendeckel und fädle einen nassen Wollfaden durch.

WACHSTUM

Windel als Wasserspeicher Windelgranulat saugt Flüssigkeit auf und speichert sie – und eignet sich somit perfekt als Düngemittel.

ba byw inde l

#1

Schneide die Windel auf und mische den Inhalt 1:1 mit Blumenerde.

ENTFALTUNG

Töpfe aus Toilettenpapierrollen FLORIAN OBKIRCHER

Umweltfreundliche Aussaatgefäße für lau: Klopapierrollen mit Erde bzw. Samen füllen – und fertig!

2 Setze den oberen Teil der Fla-

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Rolle falten, an den Seiten einschneiden, Laschen nach innen knicken.

SASCHA BIERL

sche verkehrt herum in den unteren und fülle ihn mit Erde. Drück die Samen hinein, der Keimling ist etwa eine Woche mit Feuchtigkeit versorgt.

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NATÜRLICH ERFRISCHEND – KEINE ENERGY D R IN K S


Ein Musikfestival als gigantisches Rollenspiel. Wenn in Südengland die Boomtown ihre Tore für 60.000 Besucher öffnet, hat die Realität vier Tage lang Pause. Wir tauchten in die Party ein – und trafen Blumenkinder, Disco-Cowboys und Piraten. Text LOU BOYD

MICHELLE ROBERTS/ALAMY STOCK PHOTO

WILLKOMMEN IM WUNDERLAND


DIESES RADIO IST EINE BÜHNE Boomtown gleicht eher einem Filmset als einem Festivalgelände: Hier finden Konzerte mitunter auch auf Bäumen, in Kernkraftwerken oder Postämtern statt. Und manchmal verschwindet die Bühne, wie hier, in einem Riesen-Ghettoblaster. 19


DRAMA-QUEENS UND PARTYTIGER

GEORGE HARRISON

Eine völlig alltägliche Szene aus Boomtown: Hunderte kostümierte Schauspieler, so wie dieses Pärchen, verwandeln das Festivalgelände in ein begehbares Freilufttheater. Wie weit die Besucher mitspielen, entscheiden sie selbst.

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JANE STOCKDALE


IM ZENTRUM DER EKSTASE Im Herzen von Boomtown steht ein gewaltiger Tempel, der „Lion’s Den“: Mit Pyrotechnik, Lasereffekten und Wasserfällen dominiert er die Skyline der Stadt und bringt die Menge mit Reggae-, Dancehall- und Dub-Sounds zum Kochen. 23


WÄHLE DEINE WUNDERWELT

JODY HARTLEY, GARRY JONES

Boomtown besteht aus zwölf Bezirken wie der Oldtown (li. o.), den luxuriösen Paradise Heights (re. o.) oder Copper County im Wildweststil (re. u.). Für Besucher gilt: „Choose your vibe, choose your tribe.“


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LEORA BERMEISTER, MIKE MASSARO, BOOMTOWN IMAGE


Im Oldtown District von Boomtown: Man weiß nie, welche Überraschungen hinter den Türen der Festival-Gebäude lauern. In diesem Fall eine verwegene Piratin.

Eine Riesenparty von Menschen für Menschen: Die Eröffnungsfeier wird von den Organisatoren und der gesamten Boomtown-Community gestaltet.

Es WER REGIERT DIE STADT? Dunkle Gestalten greifen nach der Macht. Auch politische Intrigen und geheime Revolutionen gehören zum Repertoire der Gesamtinszenierung von Boomtown.

ist ein im wahrsten Sinne des Wortes fantastisches Spektakel, das sich jedes Jahr in Südengland vor den Toren des beschaulichen Städtchens Winchester abspielt: Auf einem freien Feld erhebt sich hier im August eine gigantische Festival-Stadt, die ihren Besuchern an vier Tagen weit mehr bietet als zahlreiche hochkarätige Bühnen-Acts. Denn wiewohl im Line-up schon Kracher wie Gorillaz, M.I.A., The Specials oder Sublime gelistet waren, ist die wahre Attraktion des Festivals – das mit 60.000 Besuchern mittlerweile zu den größten Musik-Events Großbritanniens zählt – das FestivalGelände selbst: Boomtown. In einer Art Mega-Rollenspiel samt märchenhaften Kulissen werden die Festival-Besucher Teil einer gewaltigen Inszenierung. In Boomtown wimmelt es nur so von Piraten, Cowboys und Cyborgs. Wenn du durch eine Wildweststadt flanierst, dich im Oldtown District den Freibeutern anschließt oder dich in die postapokalyptischen Ruinen von Downtown wagst, weißt du nie, was dich hinter der nächsten Ecke erwartet. Aber eines weißt du: Es ist nicht das, was du erwartest … 27


„Wir waren schon immer die heftigsten Partymacher.“ Martin Coat ist Boomtown-Intendant und für die Entwicklung der Storyline und der Figuren in der Stadt verantwortlich. Hier erzählt er, wie man 60.000 Menschen in einer Riesen-Fantasiewelt unterhält.

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ch bin von Anfang an davon ausgegangen, dass die Leute, die nach Boomtown kommen, extrem spielbegeistert sind und immer tiefer in ein Wunderland eintauchen wollen. Unter Großbritanniens Sommer-Festivals war dies schon immer die heftigste aller Partys, geprägt von unbändiger Vergnügungssucht – man könnte auch sagen, einem ausgeprägten Wunsch nach Realitätsflucht. In den letzten Jahren jedoch ist der spielerische Aspekt, also das Theater, stärker in den Vordergrund gerückt.

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Heute ist Boomtown ein riesiges Set. Es gibt insgesamt 27 Bühnen und 12 bis ins kleinste Detail theatralisch inszenierte Districts. Insgesamt entstehen so etwa 80 Venues und zahlreiche versteckte Geheimräume, die es für die Besucher zu entdecken gibt – diesbezüglich haben wir dieses Jahr übrigens ein paar richtig gute Überraschungen. Und: Nichts bleibt, wie es einmal war. Wenn man im Jahr davor durch eine bestimmte Tür in eine Geheimkammer gelangt ist, ist sie im nächsten Jahr garantiert nicht mehr da!

boomtownfair.co.uk THE RED BULLETIN

JANE STOCKDALE, MIKE MASSARO

Der Bürgermeister: Veranstalter Martin Coat ist das ganze Jahr über mit der Vorbereitung dieses Mega-Events beschäftigt.

Bei aller Fantasie spiegelt die Storyline des Festivals aber auch stets die Realität. Wir versuchen, die gröbsten Fehler der prinzipientreu-neoliberalen Regierung übertrieben darzustellen, und prangern Korruption und Gier an. In den ersten Jahren waren Revolutionen unser bevorzugtes Thema. Die Spieler bekamen die Aufgabe, die Regierung von Boomtown durch einen Rebellenaufstand zu stürzen. Dazu musste man aber erst mal hinter die Kulissen blicken und das Gesamtbild erfassen: Wer hat hier wirklich das Sagen? Nachdem die Regierung gestürzt war, erkannten die Spieler plötzlich, dass die Politik nur die Spitze des Eisbergs war – tatsächlich hatten Konzerne und Banken in Boomtown die Fäden in der Hand. Apropos Fäden in der Hand: Ich habe hier den absoluten Traumjob, der an Kreativität und Originalität kaum zu überbieten ist. Ich bin mit Festivals groß geworden und war vom Theater schon immer fasziniert. Die Kombination aus beidem ist für mich daher der ultimative Glücksgriff. An diesem Festival waren schon immer wahnsinnig viele Künstler beteiligt, ob sie nun die Kulissen gestalten oder Performances darbieten, auf der Bühne oder in der Besuchermenge – was zählt, ist die Community. Früher konnte man diesen Geist auch auf vielen anderen Festivals spüren, vor allem den kostenlosen wie etwa Stonehenge, Elephant Fayre oder Glastonbury in seinen Anfängen. Man traf sich dort, kam als eine Gemeinschaft zusammen. Natürlich wurde wild gefeiert, und man schottete sich ein paar Tage von der Außenwelt ab, aber letztendlich war der Grundgedanke: ‚Schaut her, wir wissen es besser, wir geben aufeinander und auf unsere Umwelt acht.‘ Darum geht es allerdings bei vielen Festivals längst nicht mehr. Es gibt jeden Sommer tausende Events, auf denen man die Sau rauslassen kann – der Spirit ist aber, wenn es denn je einen gab, auf der Strecke geblieben. Einige meinen, mit dem Eintrittsgeld hätten sie schon ihren Beitrag geleistet. In Boomtown ist der Trend genau gegenläufig: Das Festival zieht zwar von Jahr zu Jahr mehr Menschen an, aber gleichzeitig wächst auch der CommunityGedanke mit. Die Leute lieben das, was wir machen, und wissen, was es bedeutet, ein Teil von Boomtown zu sein.“


PANORAMABLICK INS TRAUMLAND 2008 kamen 1000 Besucher nach Winchester, 2019 werden 60.000 Menschen erwartet. Alles begann mit nur einer Bühne – mittlerweile spielt sich das Festival auf 27 Bühnen und in 12 filmreif inszenierten Districts ab.

SPONTANE PERFORMANCE Ein Festival wie ein Karneval: Auch abseits der großen Musikbühnen wird in Boomtown an jeder Straßenecke gefeiert: Insgesamt sorgen 80 MiniVenues für Party ohne Ende.


HE RO ES

Slimheli

DAS GEHT UNTER DIE HAUT Z

uletzt stach er Torwart Christopher Knett, dann folgte die halbe Mannschaft des österreichischen Fußballklubs FC Wacker Innsbruck. Marko Arnautović bezeichnet er als sein „viertes Kind“, und David Alaba kommt gerne einfach nur zum Reden vorbei: Helmut „Slimheli“ Zeiner ist in der Sportszene erste Adresse – nicht nur beim Wunsch nach einem neuen Tattoo, sondern auch bei Gesprächsbedarf. Zeiner malt ihnen Jesus, Engel und die Gottesmutter Maria unter die Haut. Sie erzählen ihm ihr Privatleben. Auch das geht manchmal unter die Haut. „Manche haben beim Reden auch schon Tränen vergossen, vor Wut oder Trauer“, sagt Slimheli. Viele der Sportler, die zu ihm kommen, kennt er seit ihrer Jugend – über seine drei

„Ich sage nur etwas zu Dingen, die ich selbst schon erlebt habe.“ 30

Söhne, die mit ihnen gemeinsam trainierten. Slimheli ist ihnen Zuhörer – und Ratgeber, „aber ich sage nur etwas zu Dingen, die ich selbst schon erlebt habe“. Was den Gesprächsstoff allerdings kaum einschränkt, denn der drahtige Mann mit der Friedenstaube am Hinterkopf hat in seinem Leben genug erlebt, um ein ganzes Buch zu füllen – geschehen unter dem Titel „Slimheli“ im März 2019 im egoth Verlag. Eine Kindheit in kriminellem Umfeld, ein Staatsmeistertitel im Breakdance und eine Karriere als Eishockeyspieler liegen hinter dem heute 52-Jährigen. 2015 überlebte er zwei Herzinfarkte, auch Großvater ist er schon geworden. „Die Sportler sind sich bewusst, dass ich in meinem Leben schon sehr viel gesehen habe. Wenn man weiß, dass jemand schon viel hinter sich hat, hört man demjenigen ganz anders zu.“ Wegen seines Alters und seiner Lebenserfahrung hätten die Jungen Vertrauen zu ihm, sagt Helmut Zeiner. „Und sie haben Respekt vor mir – auch davor, dass ich es geschafft habe, mir nach vielen Rückschlägen ein gutes Leben aufzubauen.“

CHRISTIAN HOFER

Helmut „Slimheli“ Zeiner tätowiert Sportstars von Marko Arnautović bis Rafael Rotter. Im Service inkludiert: ein offenes Ohr und offene Worte. Seine Profession ist das Ende seines Wegs von Rückschlag zu Rücksicht, von Verbrechen zu Vertrauen.


Helmut Zeiner, 52, besser bekannt als Slimheli, kann als Tätowierer gut zustechen – und zuhören.


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Aber wie baut man sich dieses Vertrauen auf? „Sicher nicht, indem man bei Interviews aus dem Nähkästchen plaudert. Die Jungs spüren einfach, dass sie mir vertrauen können. Ich gebe ihnen das Gefühl, dass sie bei mir gut aufgehoben sind“, sagt Zeiner. Vielleicht gerade dadurch, dass er sie nicht mit Samthandschuhen anfasst. „Ein Bursche, der mit Fußball Millionen verdient, ist für mich noch lange kein Star“, stellt Slimheli klar und holt die Promisportler beim Tätowieren auf den Boden. Auf Wehleidigkeiten, Starallüren und ähnliche Mätzchen reagiert Slimheli allergisch. Und nicht nur Top-Kicker wie Marko

fast zwanzig Jahren für sich entdeckte, lange Zeit vor allem durch Abwesenheit „geglänzt“. Sein Vater war Alkoholiker, schlug regelmäßig zu. Als Vierzehnjähriger saß er unschuldig im Gefängnis. „Ich habe niemandem vertraut, nicht einmal mir selbst. Ich bin zu oft auf die Nase gefallen, habe sehr viele schlechte Menschen kennengelernt.“ Angstfrei über wirklich alles reden, das kann und will Helmut „Slimheli“ Zeiner nur mit seiner Frau. Seit 34 Jahren sind sie zusammen. Sie ist die Einzige, der er ganz vertraut. Vielleicht mehr als sich selbst.

Arnautović haben sich während einer Tattoo-Session schon ein „Ach, halt doch die Papp’n!“ abgeholt – auch Eishockeyspieler wie Rafael Rotter, Handballprofi Seppo Frimmel oder Boxer Marcos Nader zählen zu den Kunden, die genau diese schnörkellose Direktheit zu schätzen wissen. „Mit vielen der Sportler bin ich gut befreundet.“ Sie erzählen ihm ihre Geheimnisse, er teilt seine Erfahrungen. Dieses Vertrauen auszunutzen oder gar zu missbrauchen ist für Slimheli undenkbar. Dafür hat er zu hart für dieses Gefühl kämpfen müssen. Denn Vertrauen hat im Leben des gebürtigen Wieners, der das Tätowieren vor

Helmut Zeiners Biografie „Slimheli“ (208 Seiten, egoth Verlag) ist im Handel erhältlich. slimheli.com

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DAS ARNAUTOVIĆ- PUZZLE Wo am Körper des Star-Fußballers befinden sich diese Tätowierungen?

SO GEHT’S: Ordne den Buchstaben der Tattoo-Bilder rechts jeweils die dazugehörige Zahl auf der Arnautović-Illustration oben zu. Die Auflösung findest du unten. Auflösung: A9, B7, C4, D2, E3, F10, G6, H1, I11, J5, K12, L8

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Marko Arnautović, 30, Kicker und treuer Kunde von Slimheli

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GETTY IMAGES, REUTERS

TOM MACKINGER

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Lily James

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HE RED BULLETIN: Mit Filmen wie „Cinderella“, „Die dunkelste Stunde“ oder „Baby Driver“ bist du in den letzten Jahren zu einer der erfolgreichsten Schauspielerinnen deiner Generation aufgestiegen. Bestand jemals die Gefahr, dass dir der Erfolg zu Kopf steigt? LILY JAMES: Nein. Ganz einfach deshalb, weil ich meiner Arbeit immer auch mit einer großen Portion Selbstzweifel gegenüberstehe. Natürlich macht einen der Erfolg an der Oberfläche stark, aber die Unsicherheiten, die darunter schlummern, kannst du nur mit innerer Kraft lösen – nicht mit Äußerlichkeiten. Stärkt der berufliche Erfolg nicht auch die innere Kraft? Schon, aber er führt auch dazu, dass du permanent unter öffentlicher Beobachtung stehst und Menschen, die du nicht einmal kennst, dein Leben und deine Beziehungen kommentieren. So etwas kann

„Als ich jünger war, konnte ich ein wahrer Albtraum sein. Ich war gewalttätig und manipulativ.“ 34

ganz schnell Einfluss auf deine Entscheidungen nehmen. Darf es aber nicht. Es ist extrem wichtig, diese Dinge einfach zu ignorieren. Nur so bleibst du geistig gesund. Klingt nach einer eher defensiven Strategie … Nach außen vielleicht. Aber es geht darum, die eigene Privatsphäre zu bewahren und in seiner persönlichen Blase zu bleiben. Es ist unmöglich, es allen Leuten recht zu machen – also sollte man es zumindest sich selbst recht machen. Das ist mein Mantra für die Reise meines Lebens. Hast du diese innere Stärke bereits entdeckt, bevor du eine Person des öffentlichen Interesses wurdest? Ja, als ich siebzehn war, verlor ich meinen Vater. Es war eine enorme Herausforderung, das gemeinsam mit meiner Familie durchzustehen und eine gute Schwester für meine Brüder zu sein. Dass ich das geschafft habe, hat mir viel Mut gegeben. War dies das erste Mal, dass du mentale Stärke beweisen musstest? Kommt drauf an. Meine beiden Brüder – einer älter, der andere jünger – würden vermutlich eine andere Geschichte erzählen.

Du hast sie verprügelt? Es gab eine Phase, in der ich ziemlich viel Babyspeck hatte und mich einfach auf sie draufsetzen konnte. So habe ich gewonnen – es war großartig. Außerdem konnte ich als Mädchen einen auf „Mama, die waren’s, nicht ich“ machen. Kurz gesagt: Ich war gewalttätig und manipulativ. Meine Brüder nannten mich „das Biest“. Kommt dieses „Biest“ auch heute noch manchmal zum Vorschein? Ich habe das Gefühl, dass zwei Versionen von mir existieren. Eine davon engagiert sich voll fürs Berufsleben und meine Ambitionen, und dann gibt es auch noch eine hemmungslose Seite … Vor allem in meinen Zwanzigern war ich so richtig furchtlos. Ich war hungrig, ich wollte unbedingt die Welt sehen und mich dabei verlieren und gleichzeitig selbst finden. Also zog ich los, ganz allein. Und, hast du dich gefunden? Ich denke schon. Besonders weil ich gelernt habe, auch mit negativen Erfahrungen klarzukommen. Ich bleibe positiv, egal was passiert. Denn wenn du mutig für deine moralischen Prinzipien einstehst, ohne dabei deine Güte zu verlieren, dann bist du unzerstörbar. Die Musical-Komödie „Yesterday“ mit Lily James in der weiblichen Hauptrolle läuft ab 11. Juli im Kino.

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RÜDIGER STURM

Sie ist eine der heißesten Brit-Aktien Hollywoods. Im Interview erzählt Lily James, wie sie dem Erfolgsdruck von außen mit innerer Kraft begegnet – und welche Rolle ihre Brüder dabei gespielt haben.

Und zwar welche? Na ja, jetzt habe ich eine tolle Beziehung zu ihnen, aber als ich jünger war, konnte ich ein wahrer Albtraum sein. Ich habe ständig mit ihnen gekämpft.

ERIK TANNER/CONTOUR BY GETTY IMAGES

DIE SCHÖNE WAR DAS BIEST


Schauspielerin Lily James, 30, ist zielstrebig, mutig und stark – nachzufragen am besten bei ihren gepeinigten Brßdern.


DER WEG DER GIGANTEN

Leonardo DiCaprio und Brad Pitt residieren seit Jahrzehnten im HollywoodOlymp. Nun stehen sie erstmals gemeinsam vor der Kamera – für KultRegisseur Quentin Tarantino. Hier erzählen sie, wie du an der Spitze überlebst: indem du mutige Entscheidungen triffst und deine Reise trotzdem genießt. Interview RÜDIGER STURM

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ANDREAS RENTZ/GETTY IMAGES

Cooles Trio: Regisseur Quentin Tarantino (li.), 56, Leonardo DiCaprio, 44, und Brad Pitt, 55, bei der Premiere von „Once Upon a Time in Hollywood“ diesen Mai in Cannes


„ I C H H A B E N O C H I M M E R D E N H U N G E R , E T WA S T O L L E S Z U E R S C H A F F E N , WA S M I C H AU C H S E L B S T B E W E G T.“ LEONARDO DiCAPRIO

dieser Liga spielen nur ganz wenige mit. Brad Pitt, 55, und Leonardo DiCaprio, 44, zählen zu jenen Hollywoodstars, die einen Film ganz allein schultern können – künstlerisch und an der Kinokasse. Wobei sich zwischen den Karrieren der beiden Oscar-Gewinner eine auffallende Parallele zeigt: Im Gegensatz zu anderen Großkalibern ihrer Generation haben sie sich niemals auf eine bestimmte Rolle festlegen lassen. Während Kollegen wie Johnny Depp (als Jack Sparrow), Tom Cruise (Ethan Hunt) oder Robert Downey jr. (Tony Stark) ihre Millionen zunehmend in Serie(n) scheffeln, suchen Pitt und DiCaprio mit jedem neuen Filmprojekt eine neue Herausforderung – und wagen damit jedes Mal enorm viel. In Quentin Tarantinos zehnter Regiearbeit „Once Upon a Time in Hollywood“ stehen die beiden Superstars nun erstmals gemeinsam vor der Kamera, und Regie-Legende Tarantino verspricht „das aufregendste Star-Duo seit Paul Newman und Robert Redford“. Wir haben Pitt und DiCaprio zum Interview gebeten, um die beiden zu einem Thema zu befragen, in dem sie nachweislich Experten sind: Wie überlebt man dauerhaft in der dünnen Luft ganz an der Spitze? THE RED BULLETIN: Brad, Leo, in eurem neuen Film „Once Upon a Time in Hollywood“ gibt Leo einen Schauspieler, der seine besten Tage lange hinter sich hat. Von euch beiden kann man das wohl nicht behaupten … BRAD PITT: Stimmt, aber auch wir haben ein Ablaufdatum, das ist uns deutlich bewusst. Umso mehr wissen wir daher die Zeit zu schätzen, die wir bislang in dieser privilegierten Position an der Spitze zubringen durften. Leo und ich haben uns lange darüber unterhalten und sind uns 38

Um in diese Position zu gelangen, habt ihr beide euch mittlerweile fast dreißig Jahre an der Spitze halten müssen. Wie „überlebt“ man das? LEONARDO DICAPRIO: Ich glaube, das hat viel mit Ernsthaftigkeit und einer gewissen Demut zu tun. In meinen Augen sind Filme die wichtigste moderne Kunstform. Wir empfinden es als Ehre und Privileg, dass wir ein Teil davon sein dürfen. Brad und ich haben ungefähr zur selben Zeit in dieser Branche angefangen und wissen beide, dass es immer nur eine Chance gibt, den Durchbruch zu schaffen – und wie schwer es ist, diese eine Chance zu bekommen. Vom vielzitierten richtigen Ort zur richtigen Zeit rede ich da noch gar nicht … PITT: Es ist ungefähr so, als würdest du in der Lotterie gewinnen. Es gibt so verdammt viele talentierte Leute da draußen. Der Trick besteht also darin, dass du auch im Zimmer bleibst, sobald du es zur Tür hinein geschafft hast. Wir beide hatten die Gelegenheit, zu lernen, wie das geht. Deshalb haben wir „überlebt“ und unseren eigenen Weg gefunden. Wie lässt sich dieser eigene Weg in einem derart schnelllebigen Business überhaupt beeinflussen? DICAPRIO: In erster Linie, indem man immer und ohne Kompromisse versucht, die richtigen Projekte auszuwählen. Wir haben hart an Filmen gearbeitet, die für uns eine kreative Herausforderung und gleichzeitig auch große Kunstwerke waren. Woher kommt dieser Antrieb? DICAPRIO: Ich komme aus keiner allzu wohlhabenden Familie und war wohl auch deshalb besonders ambitioniert. Außerdem bin ich in Los Angeles aufgewachsen, mir war also von Anfang an klar, wie schwer es ist, als Schauspieler

Arbeit zu bekommen – was mich nur noch mehr motiviert hat. Woher dieser Antrieb stammt, weiß ich selbst nicht so genau. Es ist eher wie das Bedürfnis, einen Hunger zu stillen – aber es ist kein Hunger nach Reichtum oder Berühmtheit. Sondern? DICAPRIO: Der Hunger, etwas Tolles zu schaffen, was mich selbst bewegt. Und das ist keineswegs einfach. Du denkst dir: „Hey, ich habe das richtige Material und einen tollen Regisseur“ – und dann geht es trotzdem schief. Aber du musst immer dranbleiben und weitermachen, dir sagen: „Ich will, dass etwas Großartiges dabei herauskommt.“ Diese Einstellung hat sich bis heute nicht geändert. THE RED BULLETIN

ART STREIBER/SONY PICTURES

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einig: Das Entscheidende ist, dass du in dem, was du tust, eine Bedeutung findest. Wenn uns das weiterhin gelingt, werden wir in unserer jeweiligen Karriere auch einen passenden Übergang in eine neue Phase erleben – so nach dem Beispiel von Anthony Hopkins oder Gene Hackman.


Diese Besetzung sitzt: Quentin Tarantino mit seinen Hauptdarstellern Leonardo DiCaprio, Margot Robbie und Brad Pitt

„ D E R G R O S S E F E H L E R L I E G T, G L AU B E I C H , DA R I N , I M R E S U LTAT N AC H D E R B E D E U T U N G Z U S U C H E N . D U F I N D E S T D I E B E D E U T U N G I M T U N .“ B R A D P I T T PITT: Man darf auch nicht vergessen, dass du für einen Film viel Lebenszeit investieren musst – das können schon mal ein bis zwei Jahre sein. Bei einer großen Rolle kann allein die Vorbereitung an die sechs Monate dauern, und dann bist du auch noch in die Nachbereitung involviert. Die Sache sollte also richtig Gewicht haben. Schließlich weiß ich nicht, wie viel Zeit mir selbst noch bleibt. THE RED BULLETIN

Wie erkennt man, ob ein Filmprojekt das Zeug zu etwas Großartigem hat? DICAPRIO: Du kannst es naturgemäß nur erahnen. Allerdings weißt du, was du nicht willst. Tatsächlich besteht ein wichtiger Teil des Filmemachens darin, dass du dich mit dem Regisseur darauf einigst, was du nicht magst und was du nicht tun willst. Das gibt dir eine Ausgangsbasis, um auszuloten, was du wirklich tun möchtest.

PITT: Ganz wichtig für mich ist, dass ich Dinge nicht wiederhole. Ich will mich weiterbewegen, auf Gedeih und Verderb. Ich kann nicht zurück. Das ist auch bei meinen Reisen so. Wenn ich erst mal aufgebrochen bin und feststelle, dass ich meine Brille oder meinen Führerschein vergessen habe, kehre ich nicht um. Daher wähle ich Projekte nach einem schwer beschreibbaren Gefühl, dass nämlich dieses nächste Projekt mir etwas Neues, anderes bietet. Und dann bleib ich dran. Also gut, man entscheidet sich für ein Projekt, das einem viel bedeutet. Was ist der nächste Schritt? DICAPRIO: Ich halte Recherchen für den wahrscheinlich unterschätztesten Teil 39


beim Filmemachen. Im Zuge der Vorproduktion musst du deine Figuren genau analysieren. Wenn du beim Dreh nicht schon einen ganzen Wissensschatz zu diesen Personen und ihren Verhaltensweisen aufgebaut hast, wenn du dich darin nicht sattelfest fühlst, dann kannst du sie nicht authentisch darstellen. Denn es wird immer unangenehme Überraschungen geben. Dinge ändern sich tagtäglich, du änderst deine Meinung, der Regisseur ändert seine … In diesen Momenten kannst du nur richtig reagieren, wenn du in deiner Rolle ganz zu Hause bist. PITT: Und du musst den Schaffensprozess genießen. Das ist auch einer der Gründe, warum sich kein anderer Dreh mit dem eines Tarantino-Films vergleichen lässt – wegen seiner Liebe zum Film. Manchmal sagt Quentin nach einer Einstellung: „Wir haben’s im Kasten. Aber wir werden’s noch mal drehen. Und warum …?“ Dann ruft die ganze Crew im Chor: „… weil wir es lieben, Filme zu machen.“ Mit dieser Einstellung führt er das ganze Team. DICAPRIO: Brad hat recht. Das würde ich

Pitt und DiCaprio in Cannes: „Eine Karriere beim Film gleicht einer Achterbahnfahrt. Es geht immer rauf und runter.“

„ W E N N D U N I C H T A N D E I N P R O J E K T G L AU B S T, DA N N E R W E I S T D U I H M E I N E N B Ä R E N D I E N S T – D U E N T E H R S T E S .“ L E O N A R D O D i C A P R I O

auch meinem jüngeren Ich raten: Treib dich an, nimm alles ernst! Versuch das Unmögliche. Und genieße deine Reise. Hollywood ist allerdings nicht unbedingt als Ort für Friede, Freude, Eierkuchen bekannt. Ist es nicht eher das ungemütliche Haifischbecken? PITT: Ich weiß, es gibt die Ansicht, dass jeder in Hollywood Nabelschau betreibt und nur in „Ich, Ich, Ich!“-Kategorien denkt. Das will ich gar nicht bestreiten, aber das gibt es in allen Branchen. Und die für mich interessantesten Leute in unserem Beruf sind diejenigen, die Dinge hinterfragen und sich für intelligente, provokante Ideen interessieren. Das sind 40

Menschen, die beim Geschichtenerzählen nach sich selbst, nach dem Wert des Erzählten, nach Antworten und tieferer Bedeutung suchen. DICAPRIO: Was nicht heißt, dass es nicht auch Meinungsverschiedenheiten geben kann. Ich kann ganz unverblümt offen sein. Das habe ich in meinen Genen. Das mag manchmal zu Spannungen mit meinen Mitstreitern führen, aber das ist etwas Gutes. Denn ansonsten machst du etwas, woran du nicht glaubst. Und wenn du nicht an dein Projekt glaubst, dann erweist du ihm einen Bärendienst, du entehrst es. Ich glaube, kein Regisseur kann von mir behaupten, dass ich mit meiner Meinung zu Projekten je hinterm Berg

gehalten hätte. Und ich hoffe, dass diese Filme dadurch besser geworden sind. PITT: Leo und ich haben mit sehr aufgeschlossenen und intelligenten Leuten gearbeitet. Und dabei kommt es natürlich auch zu Diskussionen. Wenn dir klar ist, dass du es mit einer inspirierenden Person zu tun hast, dann kannst du etwas von ihr lernen. Deshalb mag ich es, mit Regisseuren zu arbeiten, die schlauer sind als ich. Was kann man denn von Quentin Tarantino lernen? PITT: Quentin will alles real in der Kamera einfangen. Da gibt es keine Computereffekte. Meine Figur, ein Stuntman, hat eine ganz lange Kampfszene mit Bruce THE RED BULLETIN


„ICH WILL MICH NICHT WIEDERHOLEN, SONDERN M I C H W E I T E R B E W E G E N , AU F G E D E I H U N D V E R D E R B . I C H K A N N N I C H T Z U R Ü C K .“ B R A D P I T T

Lee. Und Quentin sagte: „Wir drehen das alles in einer Einstellung – ohne Schnitte.“ Darauf ich: „Aber du kannst es doch danach so schneiden, dass es genau so wirkt.“ Aber er blieb hart: „Wenn wir alles in einer Einstellung bringen, dann muss das auch exakt so gefilmt werden.“ Und genau das haben wir gemacht. Du kannst mit ihm debattieren, aber du solltest nicht mit ihm streiten.

ANDREAS RENTZ/GETTY IMAGES, 2019 SONY PICTURES ENTERTAINMENT DEUTSCHLAND GMBH (3)

Wo wir bei dem Thema „Konfrontation“ sind: Hat einer von euch sich jemals einen echten Kampf mit einem Co-Darsteller geliefert? PITT: Nein, aber bei einem Actionfilm ließ der Regisseur mich und meine Kollegen gegeneinander boxen. Er erklärte, dass wir uns auf diese Weise besser kennenlernen. Seine Worte waren: „Du erfährst erst richtig etwas über jemanden, wenn du ihm ins Gesicht schlägst.“ Wir haben durch das Sparring einen richtigen Gemeinschaftsgeist entwickelt. Einerseits bist du aggressiv, andererseits hältst du dich auch zurück, weil dir der andere

Neulich in Hollywood Auf die große Leinwand – um jeden Preis: Nach diesem Motto versuchen TV-Star Rick Dalton (Leonardo DiCaprio) und sein Stunt-Double Cliff Booth (Brad Pitt), in Hollywood Fuß zu fassen. Quentin Tarantinos „Once Upon a Time in Hollywood“ feiert die Traumfabrik der ausklingenden 1960er-Jahre – mit perfekt inszenierter Nostalgie und einer gehörigen Portion Gewalt. 159 Minuten, ab 15. August in den Kinos THE RED BULLETIN

etwas bedeutet. Du zeigst Wettbewerbsgeist und zugleich Beschützerinstinkt. Wie stark ist der Wettbewerbsgeist beim Drehen? Wie groß ist die Versuchung, eine Szene an sich zu reißen? DICAPRIO: Das ist nie ein Thema. Wir machen, was für die Rolle richtig ist. PITT: Ja, das ist eine Sackgasse. Wenn du um so etwas kämpfst, bist du auf dem sichersten Weg, den Film zu vermurksen. Bei einem großartigen Projekt muss jeder die Chance haben, sein Bestes zu geben. All diesen Erkenntnissen zum Trotz waren nicht alle eure Filme durchschlagende Erfolge … PITT: Das kommt immer darauf an, wie man Erfolg definiert. Ich erinnere mich, wie ich Anfang der Neunziger einmal die Turnwettbewerbe bei der Olympiade anschaute. Da gab es eine Russin, die als absolute Favoritin galt. Aber nach den ersten zehn Sekunden ihres Programms stürzte sie. Ich sah, wie sie dann wieder aufstand und alles perfekt durchzog. Das war für mich höchst inspirierend und bewegend. Alle sprachen davon, was das für eine Erniedrigung gewesen sei, aber für mich war das ein wahrer Sieg. Wenn es also um Filme geht, dann denken wir oft nicht an den Schwierigkeitsgrad. Für mich definiert sich Erfolg aber genau darin – und nicht in der Frage, ob er als bester Film in den Jahrbüchern stehen wird. Doch Misserfolge aus dem Blickwinkel der Öffentlichkeit können auch zum Ende einer Karriere führen. PITT: Irgendwann wird jeder mal eine vergessene Größe sein. Du kannst nichts anderes tun, als einfach weiterzumachen. DICAPRIO: Letztlich ist jede Karriere eine Achterbahnfahrt. Es geht immer rauf und runter. Deshalb bleibt dir nichts anderes übrig, als das Ganze als Langstreckenlauf zu betrachten. PITT: Ich glaube, der große Fehler liegt darin, nach der Bedeutung im Resultat zu suchen. Du findest die Bedeutung im Tun. Jeden Tag. Darauf kommt es an. Aber das zu finden ist zugegebenermaßen ein ständiger Kampf. 41


INNOVATOR Stadt der Zukunft: Die schwimmenden Module der „Oceanix City“ bieten Lebensraum für bis zu 10.000 Menschen.

Schwimmende Stadt

Meertropolis Du sehnst dich nach einem Appartement mit Meeresblick? Wieso so bescheiden? Schon bald könnten wir alle in einer Metropole mitten im Ozean leben.

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ch weiß, dass Mensch und Fisch friedlich koexistieren können“, erklärte Ex-USPräsident George W. Bush im Jahr 2000. Wie prophetisch seine Worte sein würden, ahnte er wohl selbst nicht. Die Vereinten Nationen schätzen, dass bis 2050 etwa 90 Prozent der Weltmetropolen von einem steigenden Meeresspiegel bedroht sein werden, während landeinwärts Überbevölkerung zum Problem werden wird. Einem Problem, das die UNO

STARTPIONIEREUPS, U GENIA ND ERFINDU LE NGEN

rasch lösen will – zum Beispiel mit dem im April präsentierten Konzept „Oceanix City“. Basis der Idee sind schwimmende Bauteile à zwei Hektar, die bis zu 300 Personen tragen und zu Städten von 10.000 Einwohnern kombiniert werden können. Jedes Modul soll dabei autark sein. Energie spenden Solarpaneele auf den Dächern, Nahrung gedeiht in zentralen Farmen. Wobei auf den Inseln nicht nur Essen angebaut wird, sondern auch

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„Wir sind überzeugt davon, dass die Menschheit in Einklang mit der Unterwasserwelt leben kann.“

IN ALLER KÜRZE HIGHTECH FÜR DIE WABE Bits und Bites für Bienen: Diese Ideen helfen Imkern bei der Arbeit. Runde Sache: Die Sensoren auf dem SimyBall messen dein Stresslevel.

Marc Collins Chen, CEO von Oceanix

Gadget BIG DATA FÜR BIENEN Mit der b.tree-Software behalten Imker den Überblick über ihre Bienenvölker, effizient und einfach per App: Welches Volk war fleißiger? Wann wurde zum letzten Mal kontrolliert, behandelt, gefüttert?

Spielend entspannen Von wegen Zeitverschwendung: Das Wiener Start-up SimyBall bekämpft Alltagsstress mit einem Biofeedback-Gamecontroller.

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bienensauna.de

Baumaterial: Die bis zu sieben Stockwerke hohen Häuser bestehen nämlich großteils aus nachhaltigem Bambus. Verankerungen auf dem Meeresboden sorgen für Halt, zudem dienen sie als Saatgut künstlicher Riffe. „Wir sind überzeugt davon, dass die Menschheit in Einklang mit der Unterwasserwelt leben kann“, sagt Oceanix-Gründer Marc Collins Chen. Bush hätte es nicht besser ausdrücken können. oceanix.org

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Mehr Inspiration für Zukunftsmacher gibt es im aktuellen INNOVATOR. Infos und Abo unter: redbulletininnovator.com

BIG BJARKE INGLES GROUP, SIMYBALL

DIE BIENENSAUNA Die Varroamilbe ist die Hauptfeindin der Honigbiene – und temperatursensibel. Also heizt ein Elektrogerät die Brut auf, sodass die Schädlinge sterben, die Bienen dank kühlendem Flügelschlag nicht.

TOM GUISE, WERNER JESSNER, LEA WIESER

info.btree.at

n Zeiten immer stärker werdender Digitalisierung, dauernder Erreichbarkeit und ständig überquellender E-Mail-Postfächer spielt der Umgang mit Stress am Arbeitsplatz eine immer wichtigere Rolle. Wir wissen: Ein gesundes Maß an Stresshormonen kann zu mehr Produktivität führen. Andererseits reichen die negativen Folgen von Dauerstress von Denkblockaden und Konzentrationsproblemen bis hin zu Immunschwäche und Burn-out. „Unser Ziel ist es, den eigenen Körper zu verstehen, um Stress richtig handhaben und so die eigene Leistungsfähigkeit steigern zu können“, erklärt Andreas Chabicovsky. Dafür hat der ehemalige Spitzensportler nun den SimyBall entwickelt – einen intelligenten AntiStress-Ball, der mittels Sensoren das Stresslevel seines Nutzers über den Kontakt mit dessen Handfläche misst. Auf Basis von Puls, Hauttemperatur und Hautleitwert (Schweiß) berechnet die tennisballgroße Kugel, wie gestresst der Anwender

Der SimyBall steigert spielerisch die Leistungsfähigkeit der User.

ist, und gibt über eine Farbskala sekundenschnelles Feedback: von Blau für „sehr entspannt“ bis Rot für „sehr gestresst“. Anhand der erfassten Vitalwerte wird dem Benutzer ein fünf- bis zehnminütiges Computerspiel vorgeschlagen, das dabei helfen soll, Stress abzubauen sowie Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit langfristig zu erhöhen. Die Spiele, sogenannte SimyGames, reichen von Bogenschießen über Golfen bis zu Jump ’n’ Run und werden auf der dazugehörigen App angeboten. Der SimyBall selbst fungiert als Controller. Chabicovsky: „Der Ball ist ein Mittel zum Zweck, um seinen Körper besser wahrzunehmen.“ simyball.com

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WAS S P O R T L E R E S S E N

SO IS S T DU W IE EIN CH A MPION Von Clean Eating bis Chili zum Fr체hst체ck: Hier verraten acht Spitzensportler aus der ganzen Welt, wie ihre Ern채hrung zu ihrem Erfolg beitr채gt. Du kannst ihrem Beispiel folgen. Text WILL COCKRELL Illustrationen BRIAN STAUFFER und HELLO VON

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BRIAN STAUFFER


WAS S P O R T L E R E S S E N

David Hablützel A LT E R : 23 L A N D : Schweiz LIEBLINGSESSEN: Hablützel liebt Gemüse und isst es mittlerweile routinemäßig bei jeder Mahlzeit. Bei Reisen in die USA muss aber immer auch ein guter Burger drin sein. FRÜHSTÜCK: hausgemachtes Müsli ohne Zucker

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form“, sagte er damals. „Es geht nicht nur darum, sich mit anderen zu messen, oder um die Höhe des Sprungs. Es ist ein Lebensstil.“ Doch dann missglückte ihm eine Landung. Beim Aufwärmen für ein Slopestyle-Event in Andorra 2014 riss sein vorderes Kreuzband. 2016 riss es erneut – und mit ihm der Faden einer Karriere, die bis dahin wie selbstverständlich auf Erfolg programmiert war. Dennoch brachten diese Verletzungen auch etwas Positives in Davids Leben: eine neue Perspektive. „Sie erinnerten mich daran, dass ich ein Athlet bin“, resümiert er heute. „Das Snowboarden ist nicht bloß ein Lebensstil, es wird immer kompetitiver. Wenn du dich nicht ans steigende Level anpasst, bist du sofort ein paar Schritte zurück. Mir wurde klar, dass ich professioneller und disziplinierter werden muss.“

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HELLO VON

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ls Snowboarder David Hablützel achtzehn Jahre alt wurde, wusste er bereits, wie es ist, alles zu haben – und alles zu verlieren. Mit fünfzehn hatte das Schweizer Freestyle-Phänomen bei der JugendOlympiade 2012 die Bronzemedaille gewonnen, war im gleichen Jahr ins Nationalteam berufen worden. Mit siebzehn wurde er Fünfter bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi und stand in Vail, Colorado, bei den prestigeträchtigen U. S. Open auf dem Podium. Seine Siege feierte er wie andere Teenager auch: mit fetten Burgern und Alkohol. Zur Regeneration hielt er sich an frisch gebackene Croissants, und das neueste Kendrick-Lamar-Album interessierte ihn wesentlich mehr als frische Lebensmittel. Denn für David Hablützel war das Snowboarden kein professioneller Leistungssport, sondern eine Ausdrucksmöglichkeit. „Snowboarden ist eine Kunst-


„VERLETZTE ATHLETEN MÖCHTEN WISSEN, WAS SIE ESSEN SOLLEN, UM IHRE RÜCKKEHR ZUM SPORT BESTMÖGLICH ZU FÖRDERN.“ Eines der ersten Dinge, die Hablützel in Angriff nahm, war seine Ernährung. Er durchforstete das Internet nach Ernährungstipps und begann instinktiv Gemüse in sich reinzustopfen, aß nur noch halb so viel Fleisch, Snacks ließ er komplett weg – und folgte damit im Prinzip genau jenen Tipps, mit denen wir alle überflutet werden. Aber für jemanden, der nicht nur von einer Verletzung zurückkommen, sondern eines Tages Olympiasieger werden wollte, war das Internet-Wissen nicht differenziert genug: David zog sein selbst auferlegtes Essensregime derart streng durch, dass er sich sogar Kalorien entzog, die sein Körper eigentlich dringend benötigt hätte. Es ging in die falsche Richtung.

Ian Walsh A LT E R : 36 L A N D : USA LIEBLINGSESSEN: Walsh, ein Hawaiianer mit Leib und Seele, hat Açai-Bowls und frische Smoothies perfektioniert. Aber an seltenen Cheat-Tagen kann er einer deftigen mexikanischen Mahlzeit nicht widerstehen.

Im Jahr 2018 stellten ihm seine Trainer die Sporternährungsberaterin Kristen Bell vor. Bell ist die Ernährungsautorität bei Red Bull. Vom Snowboarder bis zum Kitesurfer hilft sie Spitzensportlern, ihre Ernährung so zu gestalten, dass sie ihre Leistung maximieren können. Und angesichts der internationalen Ausrichtung von Red Bull – und der damit einhergehenden, teils brutalen Reisepläne der Athleten – hat Bell nicht nur ein besonderes Gespür dafür entwickelt, mit regionalen Ernährungsgegebenheiten zu arbeiten, sondern auch ein professionelles Programm dafür erarbeitet – von dem auch du lernen kannst. Hier folgen ihre sechs wichtigsten Lektionen:

1 Jedes Reiskorn zählt

Als Erstes erklärt Bell den Elite-Athleten, dass schon kleine Veränderungen auf der Basis von Halbwissen katastrophale Folgen haben können. Weil sie weiß: sich gut zu fühlen reicht für diese Männer und Frauen nicht. Bell muss ihnen beibringen, „ihren Tank immer zu hundert Prozent gefüllt zu haben“. Hablützel beispielsweise brauchte nicht nur eine Comeback-Diät, er musste auch lernen, wie man diese Essgewohnheiten beibehält, wenn man unter-

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Sae Hatakeyama A LT E R : 22 L A N D : Japan S P O R T: BMX-Racing LIEBLINGSESSEN: Hatakeyama liebt Sushi und das Yakisoba ihrer Mutter, ein Pfannengericht aus Sobanudeln, Fleisch und Gemüse. Für den besonderen Genuss gönnt sie sich eine Schüssel Eiscreme. FRÜHSTÜCK: Brot, Eier und Joghurt

wegs ist – und zwar, bevor er wieder gesund war. „Viele Athleten geben ihrem Körper nicht die richtigen Lebensmittel, die mithelfen, Verletzungen zu vermeiden – also Dinge wie Vitamin C oder Kollagen“, betont Bell. „Und ihr Immunsystem ist geschwächt, weil sie so viel reisen.“

2 Lass unterwegs den Freestyler raus

„DIESE ATHLETEN SIND SO HART ZU SICH – IMMER. DARUM SOLLTEN SIE SICH MANCHMAL WAS GÖNNEN.“ 48

Im Wesentlichen bringt Bell den Athleten die Kunst des Improvisierens bei. Sie predigt regelrecht, wie wichtig es ist, das Beste aus längeren Aufenthalten zu Hause zu machen, also in Zeiten mit Zugang zu bekannten Geschäften, Märkten und Restaurants. Sie gibt den Athleten Werkzeuge in die Hand, die bei der Planung helfen – von Einkaufs- bis hin zu Zubereitungstipps – und sogar dabei, empfehlenswerte Supermärkte und Restaurants an den Orten ihrer Trainingslager und Wettkämpfe zu finden. Das sind die Tools, die Athleten benötigen, um siebzehnstündige Flüge und Menüs zu überstehen, deren Gerichte aus einem Haufen undefinierbarer Zutaten bestehen. Aber die vielleicht wichtigste ihrer strengen Regeln lautet: Brich die Regeln auch einmal! „Die

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„ PIZ Z A? KEIN PROBLEM! “

Chilis zum Frühstück und Fasten in der Saisonpause: Skibergsteiger und Bergläufer Anton Palzer erklärt, mit welcher Ernährung du jeden Gipfel erklimmst. THE RED BULLETIN: Anton, unter Skibergsteigern und Bergläufern giltst du als Mentalitätswunder, stehst du doch frühmorgens stets topmotiviert an der Startlinie. Mit Verlaub: Was isst du denn zum Frühstück? ANTON PALZER: Vor Wettkämpfen immer das Gleiche: feinblättrige Haferflocken mit Ingwer, getrockneten Chilischoten, Kurkuma und Zimt.

Chilis zum Frühstück? Das klingt ja furchtbar. Schmeckt aber fantastisch – vor allem in Kombination mit einem Esslöffel Honig. Allerdings geht es weniger um das Aroma als um den Effekt: Die Gewürze – vor allem Chili und Kurkuma – beruhigen meinen Magen. Auf den schlägt sich die Anspannung vor dem Start schon mal nieder.

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Bei deinen Wettkämpfen bist du mehrere Stunden in den Bergen unterwegs, legst zu Fuß und mit Skiern mehrere tausend Höhenmeter zurück. Wie füllst du am Vorabend deinen Tank? Kohlehydrate müssen als Energielieferant schon sein, klar. Allein darauf sollte sich ein Ausdauersportler aber nicht verlassen. Du solltest auf jeden Fall genug Eiweiß zu dir nehmen – das stabilisiert den Blutzuckerspiegel und bewirkt, dass du Kohlehydrate besser aufnehmen kannst. Mein Tipp für das Dinner vor dem Wettkampf: Steak mit Kartoffeln. Wie füllst du die Energiereserven zwischen zwei harten Trainingseinheiten wieder auf? Da schwöre ich auf die Banane. Wichtig: Zirka zwei

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Stunden vor der Belastung essen, dann entfaltet sie ihre Wirkung am effektivsten. Ohne welches Gericht könntest du nicht leben? Pizza! Drei pro Woche esse ich mindestens. Im Ernst? Aber ja. Am liebsten natürlich original italienisch mit Weißmehlteig, aber der ist ja leider entzündungsfördernd und auch sonst für Profisportler eher ungeeignet. Daher backe ich meinen eigenen Teig aus Mandeloder Dinkelmehl. Der wird zwar härter, aber was soll’s, besser als gar keine Pizza. Hast du deine Ernährung schon mal komplett umgestellt, um deine Performance zu verbessern? Klar! Im Sommer, wenn ich Saisonpause habe, experimentiere ich gerne ein bisschen. Aktuell faste ich zum Beispiel. Du verzichtest auf Essen? Wie verträgt sich das mit Leistungssport? Ich gehe nach dem 16/8Prinzip vor, das heißt ich faste 16 Stunden und esse 8 Stunden ganz normal. Konkret esse ich am frühen Abend und dann wieder zur Mittagszeit, das reicht meinem Körper. So können sich meine Zellen in der Fastenzeit reinigen, und ich kann trotzdem trainieren. Natürlich geht das nur, wenn ich keine Wettkämpfe habe, aber der Effekt ist erstaunlich. Ich fühle mich morgens wesentlich frischer als sonst, bin überhaupt nicht mehr müde – und gehe mit neuer Power in die kommende Saison.

Anton Palzer A LT E R : 26 L A N D : Deutschland S P O R T: Skibergsteiger und Bergläufer LIEBLINGSESSEN: Pizza mit Bündnerfleisch und Rucola FRÜHSTÜCK: über Nacht in Wasser eingeweichte Haferflocken, morgens gemischt mit je einem Teelöffel Kurkuma, Zimt, zwei zerstoßenen getrockneten Chilischoten, etwas Ingwer und Honig

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„ SM ART KOMBINIEREN“

Individuelle Pläne und Farbcodes am Buffet: Fußball-Bundesligist RB Leipzig hat ein eigenes E r n ä h r u n g s k o n z e p t e n t w i c ke l t . Ve r t e i d i g e r Lukas Klostermann erklärt, wie es funktioniert.

Woher wisst ihr, was auf den Teller soll? Unsere Ernährungsexperten schicken uns zum Start jede Woche eine Mail, in der genau steht, worauf wir bei den Mahlzeiten achten sollen. Also vor Spielen zum Beispiel genug Kohlehydrate zu essen. Und ihr wisst dann automatisch, was das am Buffet bedeutet? Grob schon, aber weil die wenigsten von uns Ernährungsexperten sind, hängt vor dem Buffet ein Flatscreen, auf dem Informationen zu den Gerichten stehen, die Nährwerte, aber auch Inhaltsstoffe wie Kuhmilch, Gluten für Spieler mit entsprechenden Unverträglichkeiten. Dazu gibt es am Buffet ein Farbsystem zur Orientierung. Wie werden eure individuellen Bedürfnisse ermittelt? Los geht’s mit einer großen medizinischen Untersuchung – von Blut bis Urin wird erst mal alles analysiert. Am Ende bekommst du eine mehrseitige, kleingedruckte Auswertung in die Hand gedrückt, und du verstehst erst mal gar

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Lukas Klostermann A LT E R : 23 L A N D : Deutschland S P O R T: Fußball LIEBLINGSESSEN: Currywurst mit Pommes (nicht zu scharf), das erinnert Lukas an seine Heimat am Rand des Ruhrgebiets. FRÜHSTÜCK: Bircher-Müsli mit Heidelbeeren oder Brombeeren, dazu ein gekochtes Ei

nichts. Zum Glück geht das dann ein Ernährungsexperte mit dir durch. Was kam bei dir heraus? Etwa, dass mein Magnesiumlevel etwas zu niedrig ist. Zum Ausgleich nehme ich jetzt Magnesiumtabletten. Damit ist es aber nicht getan. Warum nicht? Weil nicht gesagt ist, dass die Tabletten anschlagen. Deswegen ist es wichtig, die Werte immer wieder zu checken. Bei mir haben etwa die letzten

Untersuchungen keine großen Veränderungen beim Magnesium gezeigt – das behalten wir jetzt im Blick. Merkst du auf dem Platz einen Unterschied? Nicht unmittelbar, das wäre aber auch zu viel erwartet. Langfristig kann es auf jeden Fall einen Unterschied machen. Außerdem überträgt sich die Philosophie auf uns Spieler: Unser Verein sucht immer nach neuen Wegen, unsere Performance bis ins Detail zu verbessern – ob im

Techniktraining oder der Ernährung. Diese Einstellung haben auch wir verinnerlicht. Mal ehrlich: Kann das Essen nach Plan auch mal nerven? Klar, aber zum Glück sorgen unsere Köche immer für genug Abwechslung. Und ab und an musst du auch alle Vorgaben ignorieren und für den reinen Genuss essen. Bei mir ist das zweimal im Jahr Currywurst mit Pommes – das erinnert mich an meine Heimat in Gevelsberg am Rand des Ruhrgebiets.

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THE RED BULLETIN: Lukas, dein Verein RB Leipzig will eure Ernährung optimal abstimmen – sowohl auf eure Trainingseinheiten und Spiele als auch auf eure individuellen Bedürfnisse. Schließt sich das nicht aus? LUKAS KLOSTERMANN: Freilich ist das immer ein Balanceakt. Dabei kommt es auf eine pfiffige Kombination an. Da unsere Köche immer Buffets zubereiten, können wir unsere Mahlzeiten sehr gut selbst zusammenstellen.


Herausforderung dieser Spitzensportler besteht darin, in allen Bereichen ihres Lebens perfekt zu funktionieren“, sagt sie. „Im Schlaf, im Training und in der Ernährung. Was wir aber letztendlich immer anstreben, ist eine gesunde Balance.“

3 Zu Hause brauchst du Routinen

Bestes Beispiel dieser Balance ist der Big-WaveSurfer Ian Walsh, einer von Bells „Musterschülern“, für den Clean Eating (der Verzehr von Vollwertprodukten unter Vermeidung industriell verarbeiteter Lebensmittel) bereits seit Jahren selbstverständlich ist – und dessen Leben buchstäblich davon abhängt, in bester körperlicher Verfassung zu sein. Während der Sechsunddreißigjährige aus Maui kein Problem hat, beim Surfen im heimatlichen Jaws in Topform zu bleiben, bringen weiter entfernte Wellen wie die von Teahupoo, Tahiti, oder von Nazaré, Portugal, Probleme mit sich. Wenn es der Swell an irgendeinem Ende der Welt verlangt, muss Walsh sofort in ein Flugzeug springen und einen Langstreckenflug auf sich nehmen. Und er muss mit genügend Energie ankommen, um sofort nach der Landung an die Arbeit zu gehen. „Oft geht es direkt vom Flughafen zum Meer – und zum Hineinpaddeln in eine 18 Meter hohe

Welle“, sagt er. „Manches wird ziemlich verrückt, wenn man die Wellen auf dem ganzen Planeten jagt. Es ist schwer, immer gut vorbereitet zu sein. Kristen hat mir sehr geholfen, zu Hause, in meiner gewohnten Umgebung, Routinen zu entwickeln, mit denen ich meine Nährwerte konstant halten kann.“

4 Ehre deine Heimatküche

Bell führt mit jedem Athleten ein Erstgespräch, um herauszufinden, welche Lebensmittel er aufgrund seiner Herkunft am häufigsten isst. Da sie bereits mit Dutzenden Athleten aus der ganzen Welt zusammengearbeitet hat, weiß sie etwa, dass das Weglassen von Käse in Lateinamerika schwierig sein wird, Reis mit Bohnen hingegen eine großartige, überall verfügbare Mahlzeit für Athleten ist. Sie weiß auch, dass Gerichte in Asien dem Clean-Eating-Prinzip eher entsprechen, einige asiatische Saucen allerdings viel zu viel Zucker enthalten. Und dass in den USA die Portionsgröße die mächtigste Herausforderung ist.

5 Füll deine Lücken

In der Erstellung jedes individuellen FoodMasterplans hat Bell eine mächtige Geheimwaffe: Nahrungsergänzungsmittel. Als diese – in Form

Olga Kharlan A LT E R : 28 L A N D : Ukraine S P O R T: Fechten LIEBLINGSESSEN: Borschtsch (Rote-BeteSuppe) ist „wie Trinkwasser“ für die Olympiasiegerin, die auch gern einen guten ukrainischen Salo (geräucherten Rückenspeck) mit Knoblauch und Roggenbrot isst. FRÜHSTÜCK: Haferflocken mit Erdnussbutter und Banane

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„NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTEL HELFEN UNS DABEI, DAS LETZTE VIERTEL IN UNSEREN TANK ZU FÜLLEN.“ 51


WAS S P O R T L E R E S S E N

von Energieriegeln – auf den Markt drängten, waren sie in Wirklichkeit nur bessere Schokoriegel. Aber mittlerweile gibt es Produkte, die tatsächlich geeignet sind, Ernährungslücken zu füllen – zum Beispiel direkt nach einem harten Training oder zwischen zwei Mahlzeiten. Eine Lücke, die Ernährungsberater oft als „goldene Stunde“ bezeichnen. „Nahrungsergänzungsmittel ermöglichen es uns, die letzten 20 bis 25 Prozent in den Tank zu kriegen“, sagt Bell. „Für einige Athleten war das tatsächlich lebensverändernd.“ Etwa für den Skateboarder Felipe Gustavo, der mit pflanzlichem Proteinpulver das bei seiner veganen Ernährung sonst fehlende Protein auffüllt. Lukas Klostermann, Verteidiger von RB Leipzig,

nimmt ein Magnesiumpräparat, um seine Leistung zu steigern, seitdem seine Ernährungsberaterin einen Mangel festgestellt hat. „Musterschüler“ Walsh wiederum packt jedes Mal seine Nahrungsergänzungsmittel ein, wenn er erfährt, dass er nach Übersee reisen muss, und beginnt mit der Einnahme, sobald er ins Flugzeug steigt. „Den ganzen Flug über trinke ich viel Wasser, lade Elektrolyte auf, trinke Shakes und esse alles, was ich kann, bevor ich ankomme“, sagt er. Es gilt aber auch die Kirche im Dorf zu lassen: Laut Bell sind Energieriegel und Spezialpulver zwar eine gute Möglichkeit für Zeiten, in denen man unterwegs ist oder wenn das Leben einfach zu hektisch für Planungen verläuft, ein dauerhafter Ersatz für echtes Essen sind sie aber nicht. „Wenn ein Athlet nach einer schnellen Lösung sucht, wie eine Pille zu nehmen, damit er sonst essen kann, was er will, wird das nie funktionieren“, erklärt sie. „Nahrungsergänzungsmittel sind dazu da, zu tun, was ihr Name schon sagt.“

Mutaz Barshim

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HELLO VON

A LT E R : 28 L A N D : Qatar S P O R T: Hochsprung LIEBLINGSESSEN: Wenn er sich nach Hausmannskost sehnt, mag Barshim HühnerKabsa, ein Reisgericht mit Kräutern. Für den Extra-Leistungsschub greift er zu Kohlehydraten: Pasta und Haferflocken. FRÜHSTÜCK: Haferflocken und Eier

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WAS S P O R T L E R E S S E N

alle Regeln 6 Ignoriere (zumindest manchmal)

Bells wichtigste Lektion für ihre Athleten ist die Kunst des Loslassens. Gebetsmühlenartig betont sie die Wichtigkeit der Balance, sie erinnert die Athleten ständig daran, dass sie naturgemäß nicht jede Mahlzeit kontrollieren können – schon gar nicht, wenn sie in entlegenen Winkeln der Welt unterwegs sind. Ihr Credo: Schlechte Kalorien sind immer noch besser als gar keine. Und: Die erfolgreichsten Athleten sind jene, die ihrer Leine auch einmal Meter lassen. „Wir sind bestrebt, eine gesunde Beziehung zum Essen aufzubauen“, sagt sie. „Wenn man wegen einer schlechten Mahlzeit Stress bekommt, ist das nicht gesund – falscher Perfektionismus ist eine ständige Herausforderung für viele dieser Athleten.“ Manchmal bedeutet das, die Nährwerte einfach zu ignorieren. Essen ist emotional eines der wichtigsten Dinge in unserem Leben, sei es die Hausmannskost der Mutter oder das Lieblingsgericht in einem lokalen Restaurant. Bell ist sich der positiven Wirkung, die so ein Lieblingsessen auf einen erschöpften, von Heimweh geplagten Sportler haben kann, natürlich

bewusst. Derartige „Cheat-Tage“ sind nichts Neues, aber Bell betont, dass weit mehr dahintersteckt, als die meisten glauben. Zum einen hält sie nichts von der Betrachtungsweise des „Betrügens“ – sie bevorzugt das Wort „Belohnung“ („Treat-Tage“). Noch wichtiger: Athleten sollen sich lieber ein paar Belohnungsessen innerhalb einer Woche gönnen, anstatt einen Tag lang alles komplett schleifen zu lassen. „Sich einen ganzen Tag lang gehen zu lassen kann eine derartige Lawine an Kohlehydraten, gesättigten Fettsäuren und Zucker bedeuten, dass du am nächsten Tag für gar nichts zu gebrauchen bist“, erklärt sie. Anders ausgedrückt: Die Ernährungswissenschaft liefert uns detaillierte Erkenntnisse, mit denen wir unsere Leistung optimal unterstützen können. Jetzt musst du nur noch für dich definieren, wie weit du mit ihrer Umsetzung gehen kannst – und willst.

Kübra Dağli

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„LIEBLINGSGERICHTE KÖNNEN EINEM ERSCHÖPFTEN, HEIMWEHGEPLAGTEN SPORTLER SEHR BEI DER REGENERATION HELFEN.“

HELLO VON

A LT E R : 22 L A N D : Türkei S P O R T: Taekwondo LIEBLINGSESSEN: Soll ihr Essen sie an daheim erinnern, greift sie zu gefüllten Weinblättern. Vor dem Training isst sie stärkehaltige Lebensmittel, um sich mit Energie zu versorgen. Nach dem Training nimmt sie Protein und Gemüse zu sich. FRÜHSTÜCK: Eier, Käse, Tomaten und Gurken, mit Tahini und Melasse überzogen

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SO LEBST DU

BIG

Weltweit zählt TEAM BIG zur Spitze im Spiel „Counter-Strike“ – weil die E-Sportler wie besessen trainieren und zusammenhalten wie eine Familie. Wir haben sie einen Tag lang in ihrem Haus in Berlin besucht – und ihren Erfolgscode entschlüsselt. Text MAXIMILIAN REICH

Fotos CHRISTOPH VOY

Superhelden-Modus Seit der Gründung vor zwei Jahren hatte Team BIG viel Grund zum Jubeln, nicht zuletzt dank Star-Spieler Johannes Wodarz, genannt „tabseN“. Für diese Story gewährten uns er und seine Mitspieler exklusive Einblicke in ihren Alltag.

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Baut eine Familie auf

Im Bild von links: Can Dรถrtkardes,, Johannes Maget, Tizian Feldbusch, Johannes Wodarz, Trainer Alexander Szymanczyk und Fatih Dayik.

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Im Gegensatz zur Konkurrenz wohnen die Spieler von Team BIG unter einem Dach, bezeichnen sich sogar als Familie. Motto: Je verschworener euer Haufen, desto mehr kรถnnt ihr erreichen.

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Ehrt euren Schlaf Um drei ins Bett, um sechs Uhr wieder raus? Dafür ­mögen sich Manager feiern, E-Sportler (hier Wodarz) wissen, dass ihr Fokus ­leiden würde. Lösung: ­Wecker auf elf Uhr stellen.

„Wir wollen einen völlig neuen Spielstil erfinden.“ BI G -TIP P 3

Schafft Rituale Unter einem Dach wohnen auch Zweck-WGs. Team BIG fördert seinen Zusam­menhalt mit Ritualen. Los geht’s mit dem gemein­samen Frühstück.

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A

m Rande von Berlin, in einer ruhigen Wohngegend zwischen blühenden Kirschbäumen und Einfamilienhäusern mit Zierteichen im Vorgarten, explodiert gleich eine Bombe. Vermutlich wird kurz davor ein Scharfschütze auf einem Dach in Stellung gehen, während ein paar Blendgranaten für Chaos sorgen. Seit drei Wochen geht das jetzt schon so, jeden Tag. So lange wohnen Johannes Wodarz, Fatih Dayik, Can Dörtkardeş, Tizian Feldbusch und Johannes Maget nämlich schon zusammen in dem braunen Haus am Ende der Straße. Die fünf Jungs gehören zur E-SportMannschaft Team BIG (Berlin International Gaming) und führen das Leben, von dem Millionen Gamer träumen: Sie bekommen Geld dafür, „Counter-Strike: Global Offensive“ zu zocken. 46 Millionen Menschen auf der Welt spielen den Taktik-Shooter – und nur eine Handvoll davon ist so gut wie Team BIG. 2017 haben sie die Deutsche Meisterschaft gewonnen und 2018 bei einem internationalen Turnier in der Kölner Lanxess Arena vor 15.000 Menschen den zweiten Platz belegt. Jeder der Jungs hat mittlerweile geschätzte Preisgelder zwischen hundertund zweihunderttausend Euro gewonnen. Trotzdem wohnen die fünf lieber wie Studenten zusammen mit ihren Trainern

in einem Haus auf 380 Quadratmetern, um möglichst viel Zeit für die Entwicklung gemeinsamer Spielzüge und die Analyse gegnerischer Angriffsszenarien zu haben. Das ist ungefähr so, als würde die komplette Mannschaft des FC Bayern München zu Uli Hoeneß in sein Haus am Tegernsee ziehen. Auch in der E-Sport-Welt leben die Spieler für gewöhnlich nicht unter einem Dach. Doch der familiäre Zusammenhalt gilt als Erfolgsrezept von Team BIG. Wir haben uns gefragt: Wie schaut der Tagesablauf in so einer E-Sportler-WG aus? Dafür haben wir die Jungs in ihrem Haus besucht und einen Tag lang dabei begleitet, wie sie von früh bis spät trainieren. Na ja, mehr oder weniger früh …

10.00 UHR: AUFSTEHEN

Johannes „tabseN“ Wodarz, 24, ist als Erstes wach. Müde schlurft er in Jogginghose und Pantoletten ins Wohnzimmer. Er gilt als der beste deutsche „CounterStrike“-Spieler, weshalb wir ihm heute über die Schulter gucken möchten. Blöd für ihn, weil er deshalb früher aufstehen musste, während die anderen noch schlafen dürfen. Im Eck steht ein Whiteboard mit der Überschrift: „To-do-Liste“ und darunter Begriffe wie „Meta Strats“, die man eher im Besprechungsraum der Deutschen Bank erwarten würde als im Wohnzimmer von ein paar Computerspielern. „Meta Strats“, erklärt tabseN, „bedeutet, wir wollen einen neuen Spielstil erfinden.“ Also so wie die Spanier als Väter des Tiki-Taka-Fußballs gelten. „Es ist aber leider gar nicht so einfach, da immer wieder etwas Neues zu finden, was es nicht schon gab.“

11.30 UHR: FRÜHSTÜCK

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Erweitert euren Kreis Zum Zusammenhalt, der Team BIG antreibt, zählt auch der Support der Fans aus aller Welt – in StreamingSessions stehen die Spieler täglich mit ihnen in Kontakt. THE RED BULLETIN

Nach und nach trudeln auch die anderen im Wohnzimmer ein. Alle in Jogginghose, alle mit Hauslatschen. Heute trainieren sie den ganzen Tag zu Hause, da geht Komfort vor Style. Die Jungs essen Müsli und Obst und reden am Frühstückstisch über das Live-Match, das tabseN gleich gegen einen ehemaligen Profi aus Skandinavien bestreiten wird. Ein PR-Event für eine Gamer-Plattform, bei dem Fans aus der ganzen Welt am Bildschirm mitfiebern. „Du kriegst bestimmt 5000 Zuschauer.“ – „Spinnst du? Mach mir mal keinen Druck.“ – „Klar kriegst du 5000.“

12.00 UHR: LIVE-MATCH

Im mit Film-Equipment ausgestatteten Streaming-Raum im Keller sitzt tabseN am Schreibtisch vor seinem PC und schaltet die Kamera ein. Sowohl tabseN als auch der Skandinavier bekommen vier Fans zugelost, mit denen sie im Team 59


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Sucht euch einen Leitwolf spielen. Die einen sind die Terroristen und müssen eine Bombe legen, die anderen sind die Antiterroreinheit und sollen dies verhindern. Ein paar Minuten später verfolgen bereits 3000 Menschen das Spiel. „Wenn er hauptberuflich streamen würde, könnte er richtig viel Geld damit verdienen“, erklärt Daniel Finkler, der Geschäftsführer des Vereins. Profi-Streamer wie US-Star Ninja verdienen mit ihren Channels Millionen. Für tabseN ist das kein Thema. Als der Showkampf nach zwei Partien unentschieden endet, sagt er: „Ich will mich in Turnieren mit den Besten messen – das treibt mich an.“

In der E-Sport-Familie bringt jeder seine Stärken ein. Als ältester Spieler und Kapitän gibt Fatih Dayik, 31, seine Erfahrung weiter, ohne zu belehren. Bei seinen VideoAnalysen hören die anderen gebannt zu.

13.00 UHR: MITTAGESSEN

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Vergesst die Welt Beim Training blenden die E-Sportler alles aus und konzentrieren sich nur auf den Bildschirm. Merke: Wer ein Handwerk meistern will, sollte nicht nebenbei WhatsApp checken.

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Finkler trägt drei Plastiktüten ins Wohnzimmer und fischt daraus schwarze Plastikschalen mit Chicken Curry und Chicken Tikka Masala. Normalerweise kocht Nuran Ozan für die Truppe. Als CHO (Chief Health Officer) kümmert sie sich um das Wohlergehen der Spieler und ist für die meisten zur unverzichtbaren Vertrauensperson geworden. Sie ist aber gerade nicht in der Stadt, deswegen bringt heute der Lieferdienst das Essen. Kochen müssen die Spieler auf jeden Fall nicht. Putzen übrigens auch nicht – eine Hausfrau kommt dreimal in der Woche, damit die Jungs sich wirklich ausschließlich auf ihre Aufgabe konzentrieren können – und die heißt „Counter-Strike“.

14.00 UHR: VIDEO-ANALYSE

Im Keller neben der Streaming-Kammer befindet sich der Trainingsraum. Sieben Schreibtische stehen hier entlang der beiden Seitenwände, jeder ausgestattet mit einem PC und einem Monitor. tabseN und die anderen haben ihre Drehstühle an den Tisch von Fatih „gob b“ Dayik geschoben. Er ist der Kapitän und mit 31 Jahren der Älteste im Team, während der Jüngste erst 23 Jahre ist. Auf seinem Bildschirm führt Fatih ein Spiel eines anderen Teams vor. Es soll als Anschauungsbeispiel dienen, wie man einen Angriff geschickt antäuscht. „Double Fake“ nennt man das.

16.00 UHR: TRAINING NUMMER EINS

tabseN und die anderen sitzen wieder an ihren Schreibtischen und üben das eben besprochene Angriffsmanöver. Kopfhörer schirmen sie von der Außenwelt ab, ganze Fokussierung auf das Spiel. Bloß das flinke Wischen der Profi-Mäuse (Modell: Corsair Harpoon RGB Wireless Gaming) über die Tischplatten ist zu hören. Unter den Schreibtischen stehen die GamingRechner von OMEN by HP 880-137ng, deren Grafikkarte (NVIDIA GeForce GTX 1080Ti) zusammen mit dem Prozessor (Intel Core i7-8700K) extreme Performance garantiert. Das hier ist kein Zockabend mit den Kumpels, das ist Hochleistungssport. In einer Woche fliegt das THE RED BULLETIN


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Atmet durch Besessen trainieren ist wichtig – Erholung aber auch. Bei Hochkonzentrationsspielen immer wieder mal aufstehen und sich ablenken, etwa mit einem FuĂ&#x;ball. Zehn Minuten wirken bereits Wunder.

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Werdet zu Pantoffelhelden Wer performen will, muss sich in seiner Haut wohlfühlen, meint Team BIG – und beweist, dass Pantoletten nicht nur für Spa-Besuche taugen, sondern auch als Arbeitsoutfit.

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e Holt euch Superkräft

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Wer mental Weltklasse sein will, braucht einen Körper in Top-Form. Darum nehmen sich die E-Sportler täglich Zeit für eine Fitness-Session. Oder sogar zwei. Und sei es um Mitternacht.

Team zu einem Turnier nach Leicester. Von dort geht es direkt weiter nach Sydney. Insgesamt spielen die Jungs 10 bis 15 Turniere im Jahr; dabei geht es um viel Geld. Das Wirtschaftsunternehmen Deloitte schätzt, dass der Umsatz im E-Sport 2020 in Deutschland 130 Millionen Euro betragen wird. Zum Vergleich: Die Basketball-Bundesliga (BBL) hat im vergangenen Jahr 120 Millionen erwirtschaftet. Entsprechend professionell sind die Strukturen. „Die Spieler haben ähnliche Verträge wie die Fußball-Bundesliga-Profis“, sagt Finkler. Ein Fußball-Anwalt hat sie aufgesetzt und an den E-Sport angepasst.

20.00 UHR: PAUSE

Es ist Samstagabend. Wenn es die Zeit zulässt, genießt tabseN am Wochenende ein wenig Freizeit, sitzt draußen im Café oder geht ins Kino. Heute sitzt er auf seinem Bett und schaut eine Folge „Sons of Anarchy“, die er neulich angefangen hat. Für mehr bleibt neben dem Training keine Zeit, das nächste Turnier steht unmittelbar bevor. Sein Zimmer würde es wohl noch nicht in eine „Schöner wohnen“ Ausgabe schaffen. Bloß ein Schreibtisch, zwei Schränke und eine „Malm“-Kommode von Ikea. tabseN zuckt lächelnd mit den Schultern. „Wir sind ja erst vor ein paar Wochen hier eingezogen.“ Die wenige Zeit neben dem E-Sport verbringt er lieber mit Familie und Freunden statt mit Dekorieren und Einrichten.

21.00 UHR: TRAINING NUMMER ZWEI

Das Game speichert die Daten aller Spieler. So kann man zum Beispiel sehen, dass tabseN in den letzten sechs Jahren 10.425 Stunden „Counter-Strike“ gespielt hat, Turnierspiele nicht eingerechnet. Die Erfahrung ist neben der Reaktionsfähigkeit und dem Taktikverständnis der größte Unterschied zwischen einem Profispieler wie tabseN und Otto Normalzocker. Aufgrund jahrelangen Trainings verfügt er über enormes Spielverständnis und weiß, wie sich der Gegenspieler in bestimmten Situationen verhält, und trifft in Sekundenschnelle die richtigen Entscheidungen – jene, die das Spiel entscheiden. Jetzt sitzt tabseN wieder im Computerraum an seiTHE RED BULLETIN

„Die E-Sportler haben ähnliche Verträge wie Profis in der Fußball-Bundesliga.“ nem Platz und spielt – Überraschung – „Counter-Strike“. Denn am Abend findet für Profis täglich ein Online-Wettkampf statt. Für jeden Sieg gibt es einen Punkt. Wer am Ende des Monats die meisten Punkte hat, gewinnt 4500 Euro. Heute holt tabseN den Punkt.

23.00 UHR: FITNESS-STUDIO

E-Sportler müssen sich nicht bewegen? Denkste. Vier-, fünfmal in der Woche quält sich tabseN mit den anderen Jungs im Fitness-Studio, damit sein Körper die Belastungen aushält. „Das viele Sitzen am Computer und das Steuern mit der Maus gehen vor allem auf das Handgelenk und den Rücken“, sagt er. Deshalb stehen heute Rückenstrecken und Rudern an der Maschine auf dem Trainingsplan.

0.00 UHR: TRAINING NUMMER DREI

Fast zehn Stunden hat tabseN heute auf den Bildschirm gestarrt. Da brennen doch bestimmt die Augen? „Nee, alles gut. Bloß das Hirn ist langsam Matsch“, meint er und lacht. Spielzüge zu pauken hat jetzt keinen Sinn mehr. Lieber noch ein paar Schussübungen. Es geht darum, das Gefühl zu verinnerlichen, wie die Waffe auf die Maus reagiert, und den richtigen Bewegungsablauf im Handgelenk zu speichern. Der Tennisprofi stellt sich am Abend mit einem Korb Bälle auf den Platz und macht 500 Aufschläge – tabseN stellt sich mit einem Scharfschützengewehr auf einen virtuellen Dorfplatz und gibt 1000 Schuss ab. Um drei Uhr geht er ins Bett – und schläft ein. Friedlich, versteht sich. Alles rund um Team BIG: bigclan.gg

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5-M I NU TE N-COACH

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SO BLEIB D U KR E A ST TIV

Lass deine Ideen fliegen Vom „Tsunami“ bis zum Triple Backflip: Im FreestyleMotocross scheint es jeden Trick bereits zu geben. Shootingstar Luc Ackermann, 21, entwickelt dennoch permanent neue Stunts. Hier erklärt er, wie du deiner Kreativität auf die Sprünge hilfst. 00:22

Räum deine Festplatte auf, bevor du loslegst

Schau anderen zu, aber niemals von ihnen ab

Der Eindruck mag manchmal täuschen, aber ich bin sehr fokussiert und ordentlich – wie viele Menschen, die ihr Geld damit verdienen, Neues zu erschaffen. Deswegen kann ich auch wahnsinnig gut nachvollziehen, dass die Konstruktionsbüros der Formel-1-Teams beinahe klinisch aufgeräumt sind. Persönlich kann ich Unordnung in der Garage oder im Van gar nicht gebrauchen. Kreatives Chaos? Für mich ein Widerspruch in sich. Vor allem wenn ich mich daranmache, einen neuen Trick zu entwickeln, will ich auf gar keinen Fall abgelenkt werden – von nichts und niemandem. Dann geht es nur um die eine Sache, die ich gerade probiere – ausschließlich. Kreativität auszuleben ist Arbeit, kein geistiges Herumspringen. Was das übersetzt auf andere Berufe oder Hobbys bedeuten kann? Leg dein Handy weg, wenn du etwas wirklich Neues schaffen willst; schließ die Programme, die du nicht benötigst; und sorg dafür, dass der Schreibtisch aufgeräumt ist, bevor du loslegst.

Etwas bloß zu kopieren ist nicht kreativ – im Gegenteil. Aber Kreativität baut nahezu immer auf etwas bereits Bestehendem auf. Das Alphabet hat nur 26 Buchstaben, eine Tonleiter nur soundso viele Töne – und doch sind alle Bücher und Songs auf der ganzen Welt aus diesen Zutaten gemacht, die jemand auf eine völlig neue, einzigartige Weise miteinander kombiniert hat. Auch in meiner Disziplin, dem Freestyle-Motocross, gibt es natürlich eine endliche Anzahl an Tricks und Moves, die du in der Luft mit deinem Motorrad anstellen kannst. Die Kunst für uns Athleten besteht nun darin, sie so abzumischen wie noch keiner vor uns. Dazu ist es selbstverständlich hilfreich, genau hinzuschauen, was die anderen Fahrer gerade machen – und die Elemente dann so zu kombinieren wie niemand sonst. Erst wenn du weißt, was bereits „auf dem Markt“ ist, hast du die Chance, die Regeln mit deinen eigenen Ideen auf den Kopf zu stellen. Oft ist Kreativität einfach der Gegensatz zu Konvention.

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Manches kann man nicht erfinden – es erfindet sich quasi von selbst. Die Geburt des „Tornado“ war so ein Fall. Eigentlich wollte ich damals einen „Tsunami“ springen, einen Backflip mit Handstand auf dem Lenker. Leider ist das – im wahrsten Sinn des Wortes – schief gegangen und ich hing völlig schräg in der Backflip-Position. Anstatt den Trick verloren zu geben, habe ich alles darangesetzt, das Bike wieder unter Kontrolle zu bekommen und den Trick gewollt aussehen zu lassen. Zurück am Boden, habe ich einfach behauptet, ich sei einen „Tornado“ gesprungen – und heute gibt es etliche Rider, die diesen Trick im Repertoire haben. Viele Dinge gibt es nur, weil sich etwas verselbständigt hat und zu Ende gebracht wurde. Das reicht von der Erfindung des Post-its bis zur Mikrowelle.

Trau dich aufzugeben Maler, die frustriert ihre Leinwände wegstellen, Komponisten, die ihre Melodien löschen, Schriftsteller, die ihre Manuskripte zerknüllen: Es gibt den Moment, in dem du einfach anstehst. Ich kenne das aus meiner Erfahrung nur zu gut. Du übst einen Trick immer und immer wieder, aber er will einfach nicht

03:07 THE RED BULLETIN

DDP/FOX-IMAGES, PREDRAG VUCKOVIC/RED BULL CONTENT POOL

Gib dem Zufall eine Chance


03:08

klappen. Keine Chance, ihn im Contest zu bringen. Mein Tipp: Dann lass es sein. Damit meine ich nicht, die Flinte vorschnell ins Korn zu werfen. Ich gebe mir ein Jahr lang Zeit, um sicher zu gehen. Ob eine Idee gut genug ist, um irgendwann zu funktionieren, das spürst du. Niemand produziert ausschließlich Geistesblitze. Vermutlich war es gut, dass van Gogh Leinwände übermalt und Lemmy gewisse Songs nicht aufgenommen hat. Richtig gute Gedanken finden in der Regel ohnehin zu dir zurück, wenn die Zeit reif dafür ist.

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Flugshow der Superlative

Innovative Hindernisse, spektakuläre Stunts, einzigartige Atmosphäre: Das verspricht das FreestyleMotocross-Event Red Bull Dirt Diggers am 14. 9. auf einer Halde in Dinslaken, NRW. Stars wie Luc Ackermann zeigen auf drei Stages – Freestyle, Freeride, Big Jumps – ihre Tricks. Extra: Die Fahrer steuern Ideen zum Bau der Obstacles bei. redbull.com/dirtdiggers

Gib alles oder geh nach Hause „Manche Dinge kann man nicht erfinden – sie erfinden sich quasi von selbst.“ Luc Ackermann, 21, Freestyle-Motocross-Ass

Mein Jugendheld war Travis Pastrana. Er war der erste Mensch, der einen Double Backflip mit dem Motorrad gesprungen ist, obwohl das jeder für unmöglich hielt. Heute ist der Double Backflip so etwas wie mein Signature Move – und auch der Triple Backflip ist längst realisiert. Um etwas Neues zu schaffen, wirst du zwangsläufig in großen Dimensionen denken und ans Limit gehen müssen. Schmetterlinge in der Magengrube gehören dazu. Lass dich davon nicht abhalten. „Go big or go home“ ist mein Lebensmotto. Ich habe es mir sogar tätowieren lassen, um mich immer wieder selbst daran zu erinnern.

05:00 THE RED BULLETIN

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DER RED BULLETIN

SELBSTVERSUCH

verschollen

Wie man auf einer einsamen Insel überlebt Sechs Tage und fünf Nächte auf einem Eiland mitten im Indischen Ozean. Kein Zelt, kein Survival-Handbuch, keine Ahnung. Unsere Autorin hat sich der Wildnis, einem Taifun und sich selbst gestellt, um zu erkennen: Das Wecken deines Urinstinkts hat nichts mit Mordlust zu tun. Text WALTRAUD HABLE

Fotos PHILIPP HORAK


Ratlosigkeit unter der schĂźtzenden Plastikplane: Ist der Taifun vorbei, oder kommt er wieder?

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D

Einsame Insel bedeutet: Du musst an Land schwimmen, kein Boot kann direkt ankern. Das Salzwasser brennt in den Augen, die Kleidung ist vollgesogen, der Energieakku nach 28 Stunden Indonesien-Anreise leer. Helfer befördern das Equipment schwimmend ans Ufer, bevor sie abhauen.

as Meer rauscht nicht, es brüllt mich an. Der Wind pfeift durch die Dunkelheit, Regen peitscht mir ins Gesicht. Ich zittere am ganzen Körper, meine Haut ist kalt und nass, und was von meinen Haaren übrig blieb, ist zu einem heillos verfilzten Biberschwanz auf meinem Hinterkopf verkommen. Als Schutz gegen das Unwetter liege ich eingewickelt in eine schwarze Plastikplane. Aus der Vogelperspektive muss ich wie eine schlecht verpackte Leiche aussehen, an den Strand gespült. Aber ich bin nicht tot. Dafür bin ich gerade viel zu wütend aufs Leben. Und auf mich selbst. Warum zum Teufel wollte ich unbedingt auf diese einsame Insel mitten im Indischen Ozean – ohne Zelt und vor allem ohne die geringste Ahnung, wie man einen 120-km/h-Tropensturm überlebt? Da können noch so viele Selbsthilfebücher behaupten, einmal im Leben müsse man wimmernd in Embryonalstellung am Boden liegen, weil das angeblich so heilsam sei. Ich weiß nur: Wenn ich hier weiter in Embryonalstellung verharre, stehen die Chancen gut, dass mich noch eine Palme erschlägt.

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Rückblende. Es waren vier Flieger, ein Speedboot und zwei Tabletten gegen Seekrankheit erforderlich, um auf dieses Archipel vor Indonesien zu kommen. Genauere Koordinaten darf ich nicht nennen. Sowohl der Name der einsamen Insel als auch die Region sind geheim. Alvaro Cerezo, ein 38-jähriger Spanier und Kopf der Zwei-Mann-Abenteuer-Reiseagentur Docastaway.com, hat mich und unseren Fotografen Philipp sogar eine Verschwiegenheitsklausel unterschreiben lassen. Mit Docastaway (frei übersetzt: „Schiffbruch zum Nachmachen“) bietet der studierte Betriebswirt tropische Inselaufenthalte mit Einsamkeitsgarantie an. In einer Zeit, in der man immer erreichbar sein muss und jeder Quadratmillimeter Land verbaut scheint, ist er besessen davon, den höchsten Grad an Isolation zu finden und diesen auch zu bewahren. Für Alvaro sind einsame Inseln wie eine Zeitreise, mit einer Flora und Fauna wie vor hunderten von Jahren. Tut sich ein passendes Eiland auf, beginnt die Überzeugungsarbeit. Denn jedes Stück Land dieser Welt gehört irgendjemandem: Privatbesitzern, Regierungen, dem Militär. Bei erfolgreich verhandelter Betretungserlaubnis lotst Docastaway dann Möchtegern-Robinson-Crusoes wie mich ab zirka 1000 Euro pro Woche auf die jeweilige Insel und stellt nur das Nötigste zum Überleben zur Verfügung: Macheten, eine Harpune, ein Feuerzeug, zwei Kochtöpfe, Angelleine und Angelhaken und einen 12-Liter-Kanister Trinkwasser. Das nennt sich das „Abenteuer-Paket“. Der Deal lautet: sechs Tage und fünf Nächte Survival,

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Anfängerf ehler: Ich habe mir lieber Gedanken über wirksame Deos als über Regenschutz gemacht.

Früher Morgen auf einer unbewohnten indonesischen Insel: Taifun überlebt. Kleidung nass. Körper völlig ausgekühlt. Ich fühle mich gestrandet.


Das Inselreich aus der Drohnenperspektive: tosende Brandung, viel Sand, Treibholz, gefühlt drei Milliarden Krebse (und ich).

Das rund vier Meter lange Bambusrohr ist ein Glücksfund. Mit ihm schlägt man die Kokosnüsse von den Palmen – oder versucht es zumindest.

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Selbstporträt mit Schattenspiel. Auf der einsamen Insel gibt es kein elektrisches Licht. Dunkel wird es gegen 19 Uhr, das bleibt dann auch so für die nächsten zwölf Stunden.

Fotograf Philipp und ich mutterseelenallein auf einer unbewohnten indonesischen Insel – nur mit dem genannten Equipment, ohne Zelt oder festen Unterschlupf. Dazu: zwei Hängematten, Sonnenschutz, Moskitospray, Stirnlampen, ein Kilogramm Reis, ein halbes Kilo Quinoa, Zahnbürste, Decken, ein bisschen Kleidung. Alvaro legte uns Ressourcenknappheit ans Herz: „Je weniger ihr mitbringt, desto prägender wird euer Erlebnis sein.“ Während der Wind mannshohe Palmwedel von den Bäumen reißt, verfluche ich den Kerl. Dabei trifft Alvaro keine Schuld. Ich habe nur einmal im Garten unseres Ferienhauses eine Nacht gezeltet, ich habe keine Ahnung, wie man das Wetter liest, geschweige denn, wie man einen Unterstand baut oder gar jagt. Aber warum ich wirklich in diesem Schlamassel stecke, ist: Ich bin zu blöd zum Zuhören. Alvaro hatte nämlich im Vorfeld vor Regen gewarnt: „Auf der Insel wird es gegen 19 Uhr dunkel und erst zwölf Stunden später wieder hell. So ein nächtlicher Sturm kann eine gefühlte Ewigkeit dauern und vor allem ziemlich kalt werden.“ Ich wiegelte ab mit „Jajaja, wir nehmen eh zwei Plastikplanen und warme Pullis mit – alles kein Problem“ und machte mir dann Gedanken über die wichtigen Dinge im Leben. Zum Beispiel Deos und wie man knapp eine Woche ohne Dusche und ohne Geruchsbelästigung übersteht. (Dass Philipps Nase nach einer Polypen-Entfernung noch nicht wieder feinjustiert war, kam mir sehr gelegen.) Oder Sandflöhe! Laut Google höchst heimtückische Biester: Bevorzugt legen sie ihre Eier in menschlichen Fußsohlen ab (klingt unheimlich, ist aber mit einer Pinzette und Antibiotika zu kurieren). Mittlerweile kann ich sagen: Die schlimmste Bedrohung in freier Natur sind nicht wilde Tiere oder bissige Insekten. Was du wirklich fürchten musst, THE RED BULLETIN

das ist der Regen. Regen ist brutal. Denn wenn du bis auf die letzte Faser nass bist und nicht weißt, ob der nächtliche Sturm noch Stunden oder vielleicht sogar Tage dauern wird, dann kommen Körper und Psyche an ihre Grenzen – zumal es von Survival-Inseln keinen einfachen Exit gibt. Alvaro hat mir und dem Fotografen zwar ein Notfallhandy mitgegeben, aber eine Schnellevakuierung garantiert das nicht. Denn einsame Inseln sind vor allem deshalb einsam, weil kein Boot direkt andocken kann. Diese Lektion offenbarte sich mir gleich bei der Ankunft. „Wir müssen ans Ufer schwimmen“, wurden wir angewiesen, als der Motor 200 Meter vor der Insel plötzlich verstummte. Ein Postkartenidyll mit Palmen, schroffen Felsen und Sandstrand, geschätzt einen Kilometer lang und 300 Meter breit, lag vor uns. Irgendwo hinter dem Horizont, 1500 Seemeilen weiter westlich, sollten die Malediven beginnen. „Und: unser Gepäck? Die Kameras?“ – „Die schwimmen wir für euch rüber.“ Unser Bootsführer war bereits mit einer überladenen Plastikbox in die Fluten gesprungen. Die Kiste taumelte durch den Wellengang gefährlich hin und her. Würde sie kippen, Reisepässe, Gepäck, alles wäre verloren. Der unfreiwillige Schwimmgang scheint ewig her, obwohl seitdem gerade mal 48 Stunden vergangen sind. Die Bucht, an der uns Alvaro unserem Schicksal überlassen hat, besteht aus einem Strandabschnitt mit hoher Brandung und gefühlt drei Milliarden Einsiedlerkrebsen. Das Meer ist so laut, dass man

Solange du Kokosnüsse hast, überlebst du. Eine Nuss spende t bis zu einen halben Liter Flüssigkeit. 71


Oben: der Lagerplatz. Zwei Hängematten, eine Wäscheleine, Kokospalmen, Schatten. Raue Brandung. Die Strömungen hier sind gefährlich. Unten: Einsiedlerkrebse machen sich im Dutzend über eine von mir aufgeschlagene Kokosnuss her.

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DAS SURVIVAL-EQUIPMENT 1 Agavenblatt. Natürlicher Trichter zum verschüttfreien Umfüllen von Flüssigkeiten. 2 Wasserkanister für sechs Tage. Inhalt: 12 Liter. 3 Leatherman mit Messer und Minisäge für Schneidearbeiten. 4 Macheten, wegen der hohen Luftfeuchtigkeit täglich eine Spur rostiger. 5 Kokosnüsse mit Trieben. Wachsen am Boden, bei Energielosigkeit leichte Beute. Innen süßlich – und schaumig wie Styropor. 6 Kochtöpfe, Streichhölzer, Kaminanzünder (für den Fall, dass alles nass ist) und zwei Esslöffel. 7 Harpune ohne Sicherung, Marke indonesischer Eigenbau. Mehr Gefahr für einen selbst als für die Fische. 8 Plastikplane aus dem Baumarkt. Lebensretter. Schützt bei einem Sturm vor Nässe und hält notfalls die Körpertemperatur halbwegs stabil. 7

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Ich dachte, ich würde in j edem Lebewesen eine potenzielle wandelnde Mahlzeit sehen. das eigene Wort nicht versteht. Dahinter beginnt die Dschungel-Version von „Blair Witch Project“: Spinnweben, Palmen, Agaven, leere Kokosnussschalen, die Unterschlupf für Tausendfüßer, Zikaden, Schlangen und Echsen bieten. Solange man Kokosnüsse hat, stirbt man nicht, heißt es. Grüne, unreife Nüsse enthalten bis zu 500 Milliliter Wasser mit wichtigen Elektrolyten. Ob man aber auch immer die Kraft findet, die Dinger mit einem Bambusrohr von der Palme zu schlagen, ist eine andere Frage. In einen Baumstamm ist „Mikelo“ eingeritzt. So heißt ein ehemaliger Survival-Kandidat, der hier die Asche seiner toten Mutter verstreut haben soll. Wir sind also nicht allein, auch wenn es die Indonesier beim Gedanken daran schaudern würde. In dem Inselstaat glaubt man an Geister. Dass man sich freiwillig auf einem einsamen Eiland verschanzt, ist für viele unheimlich. „Bist du okay?“ Philipp, der Fotograf, hat ein paar Meter weiter dem nächtlichen Sturm getrotzt. Durchweicht und erschöpft lässt er sich neben mich in den Sand fallen. Wir haben seit zwei Tagen kaum gegessen, abends ein paar Löffel Reis, zum Frühstück eine Kokosnuss, mehr gibt es nicht. Bei tropischen 35 Grad kein Problem, da brauchst du wenig Energie. Doch nach dem Taifun fehlt uns für so ziemlich alles die Kraft. Fischen ist wegen des hohen Wellengangs in unserer Bucht und dank der Talentfreiheit meinerseits sinnlos. Die Köder – Algen oder Krebse – rutschen sofort vom Haken, die Schnur verfängt sich in versteinerten Korallen und reißt. Und Einsiedlerkrebse über dem Feuer zu rösten, dazu konnten wir uns bis dato nicht durchringen. Die spinnenartigen Beine sind haarig, die Körper unter den Schneckenhäusern mager. „Denkst du, das war’s? Oder geht das jetzt die restlichen Tage so weiter?“, frage ich Philipp leise. „Ich weiß es nicht.“ – „Noch so eine Horrornacht überstehe ich nicht.“ – „Wir müssen positiv denken. Die Anreise war zu lang, um aufzugeben.“ Als zu Mittag die Sonne durch die Wolken blinzelt, lebt auch mein Kampfgeist wieder auf. Wir spannen eine Schnur, um unsere Hängematten zu trocknen, und planen eine – zumindest in der Theorie – sturmfeste Behausung aus Plastikplanen, Seilen und Steinen. Der Wind hat sich gelegt, der Himmel wird mit jeder Minute blauer. Das, was vor ein paar Stunden noch Apokalypse war, mutiert jetzt zu einem kitschigen Werbetraum. Plopp. Eine Kokosnuss fällt zu Boden. Schwindelig von der Unterzuckerung trabe ich los, um sie aufzulesen, und säble dann durch die Fasern der Frucht. Meine Armmuskulatur brennt, ich bin am Ende. Die hohe Luftfeuchtigkeit und das Salzwasser haben die Klingen der Macheten rostig

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werden lassen, meine Handflächen entwickeln braunrote Schwielen. „Mit dem Sturm hat dieses Abenteuer erst begonnen“, sinniert Philipp. Ich weiß, er hat recht. Aber mir ist nicht nach Reden zumute. In meinem Kopf ist es zu laut. Ich dachte, dieses SurvivalAbenteuer würde meine Urinstinkte wecken, jedes Lebewesen zu einer potenziellen wandelnden Mahlzeit machen. Mein Vater ist von Beruf Metzger, die Sache wäre also gar nicht mal so abwegig. Doch das Gegenteil ist der Fall. Ich will nichts töten. Ich will verstehen und fühle mich plötzlich seltsam mit der Erde verbunden. Stundenlang studiere ich das Chaos des Dschungels. Die schiefen Stämme, die vorbei an den gerade gewachsenen zum Licht drängen. Ein braun-grünes Durcheinander, das keiner menschlichen Ordnung folgt und genau deshalb so wunderschön ist. Ich atme die feucht-sandig-moosige Luft ein. Gleich hinter mir verrotten entwurzelte Bäume und, ich wette, auch tote Echsen, Vögel und Krabben. Trotzdem: Die Natur riecht taufrisch, während ich das von mir nicht mehr behaupten kann. Der Sturm war hart, aber mir dämmert, er war keine Kampfansage der Welt an mich. Meine Wenigkeit ist der Natur vollkommen egal. Sie ist größer als ich, immerhin wird sie noch existieren, wenn ich längst nicht mehr bin. Dennoch stellt sie großzügig alles zur Verfügung, was ich zum Leben brauche. Ich muss nur lernen, die Geschenke erkennen. Da wäre zum Beispiel das Meer. Ein Schuss Ozean im Kochwasser würzt unseren Reis. Zum Reinigen des Topfs ist Sand das beste Scheuermittel. Überdies spült das Meer täglich Treibholz an, von der Sonne getrocknet,

Die Natur stellt grosszügig alles zur verf ügung, was ich zum überleben brauche. ich muss nur lernen, ihre geschenke zu erkennen. brennt es wie Zunder. Oder die Palmen, diese Universalgenies! Sie sind Kokosnuss- und Schattenspender, Hängematten-Stützen, ihre Wedel dienen als Baumaterial, und in leeren Kokosschalen kann man Regenwasser auffangen. Ein abgeschnittenes Agavenblatt wiederum lässt sich als Trichter missbrauchen. Hält man es im richtigen Winkel, geht beim Umfüllen vom Wasserkanister in unsere Trinkflaschen kein Tropfen verloren. Dass der dauer-

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Lagerfeuer? Nein, meine persönliche Müllverbrennungsanlage. Der Verschmutzung der Weltmeere entkommt auch die einsamste Insel nicht.

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Nachts kommen Schildkröten auf die Insel, um ihre Eier in Nistkammern im Sand abzulegen.

Das größte Badezimmer der Welt: Mit einem Kamm versuche ich, die verfilzten Haare zu entwirren. Ein paar Meter weiter rauscht das Meer: meine Badewanne und Waschmaschine.

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klebrige Salzfilm auf der Haut einen in den Wahnsinn treibt – Schwamm drüber! Auf einer einsamen Insel wirfst du spätestens nach der ersten Freiluft-Notdurft deine Sauberkeitsideale über Bord. Wenn ich nicht gerade über das große Ganze nachdenke, schreite ich durch mein sandiges Königreich und räume auf. Mit 120-Liter-Müllsäcken, die ich zum Schutz für die Kameras mitgebracht habe, sammle ich angespültes Plastik ein. Die Insel mag zwar fern von allem liegen, der Verschmutzung der Weltmeere entkommt sie nicht. Allein in „meiner“ Bucht stoße ich auf hunderte leere Plastikflaschen, bei 246 habe ich aufgehört zu zählen. Ölkanister. Sonnenmilchtuben. Flip-Flops – 56 Einzelexemplare, keine zwei passen zusammen. Dazu: Zahnbürsten. Shiva-Spielzeugfiguren, vermutlich aus Indien. Joghurtbecher. Alte Bojen, Taue, Styropor. Plastikstrohhalme, die infolge Salz- und Sonneneinwirkung zwischen meinen Fingern zerbröseln. Es bricht mir fast das Herz, als ich sehe, wie Krabben die Mikroteile zwischen ihre Scheren nehmen und davon kosten. Also starte ich eine Müllverbrennungsanlage. Sechs volle Säcke, 720 Liter Unrat, gehen dramatisch in schwarzem Rauch auf, es stinkt nach Chemie, das Treibgas in einer Spraydose knallt. Am Festland würde man mit dem Plastik dasselbe machen, das Feuer mag zwar die Luft verpesten, stellt aber sicher, dass die Babyschildkröten, die hier bald schlüpfen, in eine sauberere und für sie weniger gefährliche Welt krabbeln können. Die Spuren im Sand verraten, wo eine Schildkröte Nistkammern angelegt haben muss. Irgendwann dämmert mir, dass auch unter meiner Feuerstelle Eier liegen werden. Verdammt! Der Kreislauf des Lebens scheint zu vielschichtig für mein klein dimensioniertes Hirn. Kein YouTube-Sur vivalVideomarathon kann dich darauf vorbereiten. Zur Beruhigung beobachte ich die Krebse und die Krabben. So ereignislos das Leben auf einer einsamen Insel scheint – du schläfst, du versuchst, jeden Tag ein bisschen kraftloser, Kokosnüsse zu ernten, machst Feuer, schwimmst, sammelst Müll ein –, am Boden geht’s geschäftig zu wie in einer Megametropole. Flächendeckend wuseln die Viecher hin und her. Ich beginne, sie nach Größe und Farben zu differenzieren. Es gibt Tiere mit grünen Schneckenhäusern am Rücken. Manche sind babyrosa, andere gepunktet oder rot-braun-weiß. Zwei Arten und zwei Zonen

Die Einsiedlerkrebse sind Junkies, insgeheim nenne ich sie Kokossüchtler.

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Ich finde Plastikflaschen. Flip-Flops, 56 EinzelExemplare, keine zwei Sandalen passen zusammen. Einsame Insel heisst nicht, dass man der Verschmutzung der Meere entkommt, im Gegenteil. mache ich aus. Die Einsiedlerkrebse – von fingernagelklein bis handtellergroß – halten sich in Dschungelnähe auf. Sie sind Junkies, insgeheim nenne ich sie Kokossüchtler. Kaum fällt ein Schnipsel Kokosfleisch zu Boden, stürzen sie sich zu Dutzenden darauf. Exkremente und Plastik verspeisen sie im Übrigen auch. Und dann gibt es die Albino-Krabben. Ihren korrekten biologischen Namen kenne ich nicht. Sie leben vorwiegend in Löchern am Strand, haben einen lustigen Seitwärtsgang und aufmerksame schwarze Stielaugen. Nahrungstechnisch würden sie mehr hergeben als die Kokossüchtler. Aber ich kann sie trotzdem nicht mit einem Stein erschlagen. Denn die Albinos sind Hardcore-Romantiker. Wenn abends der Himmel rot und pink zu glühen beginnt, dann unterbrechen auch sie ihr Treiben. Plötzlich erscheinen sie für mich menschlich. Als Alvaro am sechsten Tag wie aus dem Nichts auftaucht, um uns durch den Dschungel zurück zum Boot zu führen, freue ich mich auf 3000 Kalorien Nasi Goreng, eine lange Dusche und Jod für das an Korallen aufgeschürfte Knie, das Herz aber sagt: Hmmm. „Ich habe am Festland oft an euch denken müssen, der Sturm in der dritten Nacht war schlimm“, schnattert Alvaro. Ja, stimmt. Aber der Taifun hat nicht nur das Meer aufgewühlt. Sondern auch mich. Ich werfe einen letzten Blick auf „meine“ Insel, lasse mich unwillig zurück in die Zivilisation führen. Als wir Stunden später im Flughafentaxi sitzen, gefangen im Feierabendstau, sage ich zu Philipp: „Das saugt mir gerade enorm viel Energie ab. Die vielen Menschen! Ich habe das Gefühl, ich spüre jede einzelne ihrer Stimmungen, ihren Ärger über die Autokolonnen, ihre Unruhe. Mit den Krabben und den Palmen war das Leben irgendwie einfacher.“ – „Ich weiß, was du meinst.“ Ich schaue auf meine geschundenen Finger, die Hautrisse, die durch Rostspuren der Machete dunkel gefärbt sind, nach dreimal waschen werden sie nicht mehr zu sehen sein. „Ich will zurück“, sagt das Herz. „Das geht nicht“, sagt der Verstand. Flüstert das Herz: „Dann musst du wohl ab jetzt deine eigene Insel sein.“

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FLÜÜÜGEL FÜR JEDEN GESCHMACK.


guide Dein Programm

ZUM DABEISEIN

ZUM MITSPIELEN

ZUM ERLEBEN

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Von Rallye über Rock bis Gaming: die spannendsten Events im August und September.

Das AugmentedReality-Game „Harry Potter: Wizards Unite“ löst einen Boom aus.

Von Downhillrennen bis Popmusikproduktionen: die Highlights auf Red Bull TV.

GRAEME PURDY

ZUM STAUNEN

Auf Foto-Safari in Kenia: Wie du mit einem ProfiGuide die Bilder deines Lebens knipst. SEITE 80

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Reisen

Die Fotografen-Crew bringt sich unter einem Akazienbaum in der Masai Mara in Stellung.

SHOOTING IN KENIA

JAG DAS FOTO DEINES LEBENS Lust auf gewaltfreie Trophäenjagd? Graeme Purdy bringt Amateurfotografen auf Tuchfühlung mit Löwen, Büffeln und Gazellen – und garantiert reiche Fotobeute.

M

ein Herz blieb stehen. Auf der anderen Seite des Land Rover, neben dem ich Position bezogen hatte, war gerade ein Löwe vorbeigetrabt. Wir hatten das Scheinwerferlicht auf ein Rudel Hyänen gerichtet, das gerade ein totes Gnu verschlang, als der Löwe

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die Party crashte. Als sich mein Zittern gelegt hatte, hob ich die Kamera. Da hörte ich es direkt hinter mir: kein Brüllen, kein Knurren, nur das dumpfe Echo von Pfoten auf dem Steppenboden. Wumpf … wumpf … wumpf … Bald lief neben mir ein zweiter Löwe vorbei, so

16 Jahre Safari-Erfahrung auf einem Bild: Graeme Purdy

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guide

REISE-TIPPS

KATZENFOTOS GEFÄLLIG?

Was du wissen solltest, bevor du in einem von Kenias größten Naturschutzgebieten auf Großwild(foto)jagd gehst.

Fantastisches Fotomotiv auf Graemes Safaris: Gepardenmütter und ihre Babys

Kenia Nairobi Masai Mara

Die Masai Mara liegt auf 1800 Meter Höhe und hat täglich zwölf Stunden Tageslicht und zwölf Stunden Dunkelheit. Die Morgenstunden sind hell und klar, aber nachmittags ziehen oft Gewitter auf.

Geschossen werden auf dieser Safari nur Fotos.

GRAEME PURDY PHOTOGRAPHY

RACHAEL SIGEE

WÄHRUNG nahe, dass ich seinen Atem spüren konnte. „Keine Panik“, sagte der Guide, „die interessieren sich nur für ihre Beute, nicht für dich.“ Um 16 Jahre Safari-Erfahrung reifer, weiß ich heute, dass Großkatzen – sie leben im Reservat Masai Mara in größerer Dichte als irgendwo sonst auf der Welt – für Menschen relativ harmlos sind. Gefährlicher sind Büffel (permanent schlecht gelaunt) und Elefanten (unberechenbar). Wie ich zu meinem Job kam? Zuerst arbeitete ich als hauptberuflicher Wildtierfotograf, der hin und wieder Gäste auf Safaris mitnahm. Jetzt zeige ich HobbyFotografen jeden November im Rahmen von zwei einwöchigen

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Einmal pinkelte uns ein Löwe an. Er zeigte uns damit, wer der Boss ist. Trips, wie man Wildtiere in ihrer natürlichen Umgebung ablichtet. Warum gerade dann? Die Regenzeit beginnt, der Himmel sieht besonders dramatisch aus, und die Tiere sind aktiver, sobald es etwas kühler wird. Wir beginnen gleich nach dem 45-minütigen Flug vom Wilson Airport in Nairobi mit dem Knipsen, sobald die sechs- bis acht-

SPRACHE (SWAHILI)

KENIA-SCHILLING 1 Kenia-Schilling = 89 Cents 1 Euro = 113 Kenia-Schillinge

Naona chui Ich sehe einen Leoparden Twende Lass uns Eletutafute tembo fanten suchen Wapi mtoto wa Wo ist das simba? Löwenbaby?

WISSEN 1. Die Masai Mara liegt nahe dem Äquator, daher sind Tag und Nacht fast gleich lang. 2. Benannt ist das Reservat nach den hier ansässigen Nomaden, den Massai. „Mara“ bedeutet in ihrer Sprache „gefleckt“. 3. Die häufigste Tierart ist das millionenfach vertretene Gnu. 4. Die Seehöhe entspricht jener hoch gelegener Alpendörfer – etwa 1800 Meter.

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Reisen

guide

HAKUNA MATATA

SAFARI DE LUXE

Welche Ausrüstung der Tierfotograf Graeme empfiehlt. Plus: seine Profi-Tipps nach 16 Jahren Masai-Mara-Erfahrung.

MUST-HAVE DREI DINGE, DIE DU AUF EINER FOTOSAFARI UNBEDINGT BENÖTIGST:

Was braucht man, um dabei zu sein? „Nichts. Außer einer Kamera und Begeisterung“, sagt Graeme.

MUST-KNOW 1. AASGEIER FRESSEN SCHNELL „In 90 Minuten können 70 Geier einen Tierkadaver auffressen. Fand das Tier einen natürlichen Tod, fressen sie sich durch Auge oder Anus.“ 2. BABY-ELEFANTEN SIND UNGESCHICKT „Im Rüssel eines Elefanten stecken mehr Muskeln als in unserem ganzen Körper. Aber Babys, die erst ein paar Monate alt sind, können ihren Rüssel noch nicht kontrollieren. Darum wackelt und schlenkert er, wenn sie laufen.“ 3. NILPFERDE BRAUCHEN PLATZ „Als Flüsse für uns noch die wichtigsten Transportwege waren, galten Flusspferde als die gefährlichsten Tiere Afrikas. Doch sie greifen nicht grundlos an – es reicht, ihnen nicht in die Quere zu kommen.“

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Die Masai Mara ist Heimat von über tausend Vogelarten und zahllosen Säugetieren.

köpfigen Gruppen in der Masai Mara gelandet sind. Ach ja: In unserem Camp gibt es keine Zäune. Darum begleitet dich immer ein Guide zu deinem Zelt, und meist steht jemand mit Speer bewaffnet Wache. Auch im Geländewagen, in den wir jeden Morgen 40 Minuten vor Sonnenaufgang steigen, gibt es keine Barriere zwischen dir und den Tieren: Damit man besser fotografieren kann, haben wir das Dach, die Seitenteile und sogar die Windschutzscheibe entfernt. Einmal spazierte ein männlicher Löwe direkt auf uns zu und pinkelte uns von oben bis unten an. So zeigte er uns, wer hier der Boss ist. Zehn Minuten vor Sonnenaufgang baut sich im Morgennebel plötzlich eine Wand aus zwanzig Elefanten auf. Mucksmäuschenstill waten sie durch das Gras. Ein atemberaubender Anblick, unwirklich wie eine Szene aus „Jurassic Park“. Zusammen mit dem Licht kurz vor der Morgendämmerung ergibt das ein episches Foto – wenn man schnell genug ist und den magischen Moment einfängt. Die Verhältnisse ändern sich hier blitzschnell. Reaktionsschnelligkeit ist auch eine Stunde vor Sonnenuntergang gefragt, weil dann das Licht am

besten ist. Da beobachten wir nämlich, wie eine Gepardin Thomson-Gazellen jagt. Es spielt keine Rolle, wie viele Naturdokumentationen du gesehen hast – einen Geparden in vollem Tempo laufen zu sehen ist unbeschreiblich. Wir fiebern mit, bis das Raubtier eine Gazelle erlegt hat. Hier ist das Leben kein Disney-Film, sondern täglicher Überlebenskampf. Einen Hügel entfernt beginnt gerade ein neues Leben: Eine Gazelle hat soeben ihr Junges auf die Welt gebracht. Gazellen und Impalas grasen hier gemeinsam; und das Neugeborene wackelt zu einem riesigen Impala-Männchen hinüber. „Bist du meine Mama?“, scheint es zu fragen. Die Impala senkt ihren Kopf und dreht das Baby sanft um, sodass es seine Mutter sieht. Ein unvergesslicher Moment. Unser Eintauchen in die Wildnis fühlt sich beinahe spirituell an. Nach 36 Stunden in der Masai Mara hast du vergessen, welcher Wochentag ist. Wenn ich hier morgens aufwache, strotze ich nur so vor Optimismus. Welche fantastischen Erinnerungen der neue Tag wohl bringen wird? Infos zu Graeme Purdys Safaris: purdy. photography/photographic-safaris

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RACHAEL SIGEE

2. „Mit einem iPhone kann man ziemlich gute Fotos machen. Ich verwende Clip-on-Objektive von Moment.“

3. „Nimm doppelt so viele Speicherkarten mit, wie du glaubst, dass du brauchen wirst. Mindestens. Ich habe noch nie jemanden getroffen, der bei seiner ersten Safari zu viele Speicherkarten dabeihatte. Bei meiner ersten Fotosafari machte ich 12.000 Fotos.“

GRAEME PURDY PHOTOGRAPHY

1. „Ich verwende eine Canon 5DSR mit verschiedenen Objektiven, das 300-mm-WeitwinkelObjektiv passt am besten zu meinem Fotostil.“



Events

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bis 25. August Spür das Rallye-Feeling Packende Renn-Action vor spektakulärer Kulisse: Dafür steht die ADAC Rallye Deutschland, die auch in diesem Jahr unter anderem durch die Weinberge entlang der Mosel führt (im Bild: Titelverteidiger Sébastien Ogier). Gute Nachrichten für die Fans: Die Strecke wächst im Vergleich zum Vorjahr um sechs Prozent auf 343,95 Kilometer an. Gleichzeitig verkürzen sich die Entfernungen zwischen den einzelnen Etappen. Saarland; adac-rallye-deutschland.de

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bis 18. August Höre den Donner Es ist das größte Dragster-Rennen außerhalb der USA. Rund 250 Teams gehen bei den NitrOlympX am Hockenheimring an den Start. 40.000 Zuschauer pilgern zu den Tagen des Donners, um die bis zu 10.000 PS starken Fahrzeuge beim Duell auf der Viertelmeile zu bestaunen. Heiß her geht’s auch bei „The Nightshow“ am Samstagabend, wenn Motorsport auf Entertainment trifft – Pyrotechnik inklusive.

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Juli

ERLEBE PURE GAMING-ACTION

Monster, Türme und gegnerische Champions besiegen – mit Strategie und Tempo: Darum geht es im Erfolgsspiel „League of Legends“. Aber wer ist weltweit der beste Einzelspieler? Das ermittelt Red Bull Player One. Bei den nationalen Finals in Frankfurt a. M. kämpfen die besten deutschen AmateurGamer um den Einzug ins Finale in Brasilien. Wer kein Ticket mehr bekommt, kann auf der StreamingPlattform Twitch live dabei sein. Silberturm, Frankfurt am Main; redbull.com

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ADAC/SASCHA DÖRRENBÄCHER, HOCKENHEIM-RING GMBH, MARCELO MARAGNI/RED BULL CONTENT POOL, SF@STEPHANFLAD.COM

Motodrom, Hockenheim; nitrolympx.de


guide

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und 21. Juli Beweg dich wie nie zuvor In unserem Körper liegt die Kraft für ein besseres Leben: Deswegen lädt das „World of Movement“-Event seine Besucher dazu ein, das Thema Bewegung neu zu entdecken und dabei gleichzeitig zu neuer Ruhe zu finden – etwa bei Tanz, Yoga oder Martial Arts. Schönes Workshop-Beispiel: „The Art to Handstand“. Dazu gibt es auf den rund 5000 Quadratmetern im Edelfettwerk auch eine Fitness-Messe. Edelfettwerk, Hamburg; world-of-movement.de

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bis 28. Juli Verfolge die Stars Im Vorjahr holte Formel-1-Profi Lewis Hamilton beim Großen Preis von Deutschland den Sieg, auch dieses Jahr zählt der Brite zu den Favoriten. Sei dabei, wenn Lokalmatador Sebastian Vettel und Red Bull RacingFahrer Max Verstappen ihm den Sieg auf der 4574 Meter langen Strecke mit den 17 Kurven streitig machen wollen. Hockenheimring; hockenheimring.de

und 8. September Feier im Freien Was für ein Line-up, was für eine Basis für ein legendäres Wochenende: Bei der deutschen Ausgabe des Lollapalooza-Festivals reihen sich die Top-Acts aneinander. Am Samstag etwa Swedish House Mafia, Twenty One Pilots und Billie Eilish; am Sonntag zum Beispiel mit Kings of Leon, Martin Garrix und Kraftklub. Olympiastadion und Olympiapark, Berlin; lollapaloozade.com

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bis 24. August Entdecke das nächste Level Neue Technik, neue Spiele, ganz viel Party: Dafür steht Gamescom, die weltgrößte Computerspielmesse. In diesem Jahr soll die Marke von 400.000 Besuchern geknackt werden. Nicht verpassen: Auf dem Red Bull Gaming Ground (Außenbereich P8) kannst du aktuelle Games testen und spannende Live-Acts erleben. Kölnmesse, Köln; gamescom.de

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Gaming

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in „Wizards Unite“.

SMART LEBEN

KAMPF DER REALITÄTEN „Harry Potter: Wizards Unite“ wird ein Smartphone-Gaming-Fieber auslösen, wie wir es seit „Pokémon Go“ nicht mehr erlebt haben.

V

or drei Jahren hat sich das Leben, wie wir es kannten, für immer verändert. Oder zumindest hat es sich für immer erweitert. Augmented Reality (AR), die Verschmelzung von Virtuellem und Realem, wurde damals vom AR-Smartphone-Game „Pokémon Go“ auf ein völlig neues Level gebracht. In aller Welt jagten bis zu 45 Millionen Menschen auf ihren Handys digitalen Kreaturen hinterher. Millionen jagen auch heute noch. Was ein wenig nach kollektiver Verwirrung klingt, bringt handfeste praktische Vorteile mit sich, zum Beispiel bewegen sich die Menschen freiwillig stundenlang an der frischen Luft. „Pokémon Go“-Entwickler Niantic bringt nun ein neues Game heraus, das den AR-Hype in ungeahnte Höhen katapultieren soll – „Harry Potter: Wizards Unite“. Gamifications-Experte Marc Woodhead erklärt, wie Augmented Reality unser reales Leben verbessert hat. Und weiter verbessern wird.

DIE WELT RETTEN Besonders wertvolle Pokémons wie Zapdos kann man bei „Pokémon Go“ nur gemeinsam mit anderen Spielern fangen. Dieser sehr reale soziale Aspekt des Spiels hat einen interessanten Nebeneffekt: Er führt zu gemeinnützigen Aktionen, zum Beispiel dem Earth Day 2019. 17.000 Spieler von „Pokémon Go“ und „Ingress“ (Niantics erstem AR-Spiel) sammelten gemeinsam in 41 Ländern 145 Tonnen Müll. „Dank AR können wir uns besser um unsere Welt kümmern“, sagt Woodhead. AKTIV WERDEN 2016 legten die Spieler von „Pokémon Go“ insgesamt 8,7 Milliarden Kilometer zurück – umgerechnet marschierten sie bis zum Ende des Sonnensystems. Eine im „Journal of the American Heart Association“ veröffentlichte Studie belegte, dass Pokémon-Spieler um fast 35 Prozent mehr Schritte schafften als NichtSpieler. „Einige Spieler bewegten sich fünf, sechs Stunden die Woche, um die nötigen Schritte zu sammeln. AR hilft uns, gesünder zu leben.“

Prêt-à-portal: Magische Türen ermöglichen es, zwischen realer und virtueller Welt zu wechseln.

MARC WOODHEAD Der GamificationGuru

Gründer von Holograph, einem Unternehmen, das intelligente Gamifications- und AR-Lösungen für große Marken entwickelt (u. a. den Online-Contest zur Bestimmung des beliebtesten M&M’s-Charakters). holograph.digital

STIMMUNG VERBESSERN AR-Games wie „Wizards Unite“ ergänzen unsere Realität so glaubwürdig, dass uns Erfolge und Belohnungen im virtuellen Spiel ganz real wohlfühlen lassen. „Ich habe beobachtet, wie Menschen jeden Alters beim Spielen richtige Erfolgserlebnisse hatten, samt EndorphinAusschüttung und entsprechendem Boost an guter Laune“, sagt Woodhead. Doch es kann auch frustrierend sein, wenn dir die AR-Kreatur entwischt. „Darum“, so Woodhead, „ist es wichtig, nie zu vergessen, dass es nur ein Spiel ist.“ TECHNOLOGIE BILDET Woodhead meint, dass Augmented Reality eine immer größere Rolle in unserem Alltag spielen wird. „Es gibt auch Spiele, die enorm viel Wissen vermitteln, zum Beispiel ‚The Body VR‘. Mit der VR-Brille HTC Vive unternimmt man dabei eine Reise durch den menschlichen Körper und sieht unter anderem, wie Blutzellen Sauerstoff im ganzen Körper verteilen, bis hinein in die Zellen. Gleichzeitig erzählt eine Stimme, was man gerade sieht und wie das alles funktioniert. AR macht uns also nicht nur fitter und schlauer, sondern lässt uns auch die reale Welt besser verstehen.“

harrypotterwizardsunite.com

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MATT RAY

Harry Potters Seele

EXPERTENPROFIL

GETTY IMAGES

Kuss des Grauens: Ein böser Dementor holt sich

GEHIRNTRAINING Bei AR-Spielen wie „Pokémon Go“ oder „Wizards Unite“ lebt man in zwei Welten gleichzeitig, in der eigenen und in der des Spiels. Das Spannende an diesem MultitaskingErlebnis ist, dass man beide Welten gleichzeitig im Blick haben muss. „Bei jungen Spielern konnte man beobachten, dass sie dadurch lernen, komplexe Informationen überhaupt leichter zu verarbeiten“, sagt Woodhead. Neurowissenschaftler Jesse Gomez ergänzt: „Bei einer Studie untersuchten wir Erwachsene, die als Kinder ‚Pokémon‘ gespielt hatten. Wir entdeckten eine eigene Region in ihrem Gehirn, die nur dazu dient, die Bilder des Spiels zu erkennen.“


Entertainment

BARTEK WOLINSKI/RED BULL CONTENT POOL, KEITH SOLOMON/RED BULL CONTENT POOL, GRAEME MURRAY/RED BULL CONTENT POOL

ACTION HAUTNAH

Egal ob du mit Rachel Atherton abwärtsrauschst oder Kelly Rowland lauschst: Hier sind die Red Bull TVProgramm-Highlights der kommenden Wochen.

guide

Topstar in Aktion: Rachel Atherton bei ihrer Siegerfahrt in Lenzerheide 2018

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bis 11. August

LIVE

UCI MTB WORLD CUP IN LENZERHEIDE

2,5 Kilometer lang und gespickt mit kniffligen Schlüsselstellen wie dem #fullgas-Sprung, zieht die Downhill-Weltcup-Strecke in Lenzerheide Fahrer und Zuschauer gleichermaßen in ihren Bann. Mindestens genauso aufregend: der Cross-Country-Bewerb. Im Bild sehen wir Englands Pro Rachel Atherton bergabrasen, die bei der Weltmeisterschaft in Lenzerheide im Vorjahr Gold holte.

1

August

ON DEMAND

RED BULL MUSIC STUDIO SESSIONS

SO SIEHST DU RED BULL TV ÜBERALL

Red Bull TV ist deine globale digitale Destination für Entertainment abseits des Alltäglichen, empfangbar rund um die Uhr an jedem Ort der Welt. Geh auf redbull.tv, hol dir die App oder connecte dich via Smart-TV. Alle Infos: redbull.tv

THE RED BULLETIN

Ein einzigartiger Blick hinter die Kulissen des PopBusiness: Kelly Rowland (Bild) arbeitet mit TopSongwriter Alex Saad und Producer Fabian Mazur an drei neuen Songs – und du bist mit dabei.

17

August

LIVE

CRANKWORX

Auf Augenhöhe mit den weltbesten Mountainbikern und ihren spektakulären Sprüngen, den verblüffenden Tricks und irrem Tempo. Dieses Mal macht die Crankworx-Tour Station im kanadischen Whistler. Mit dabei: der vielversprechende Erik Fedko (GER; im Bild).

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8. WER SCHWITZT, DARF SCHLEMMEN KRUPS KÜCHENMASCHINE Und zum Finale: das gesunde Fressen. Der Prep&Cook bringt dich rasch zum selbst gekochten Genuss. Denn er kann schmoren, dünsten, rühren, kneten, mixen, mahlen, zerkleinern. Mahlzeit! PERFEKT FÜR DICH, WENN … … du auf frisches Fastfood stehst.

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GO SLOWENIEN! Hier trifft Abenteuer auf Entschleunigung: Jedes Jahr im Juni findet in Slowenien das berüchtigte Red Bull Goni Pony statt – ein Fahrradrennen hoch zum Vršičpass. Einzige Voraussetzung: Es muss mit dem legendären Balkan-Klapprad Pony gefahren werden – auf 20-Zoll-Rädern mit nur einem Gang. Grund genug für einen Roadtrip zum Event im neuen HYMERCAR Grand Canyon S.


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„Unten Universitätsstadt mit Bars, Cafés und Ost-Charme, oben einer der besten Bikeparks des Landes“, so beschreibt Filip seine Heimatstadt.

JURE GASPARIC

MARIBOR Wer Land und Leute erleben will, nimmt nach Slowenien am besten zwei Dinge mit: Camper Van und Bike(s). Die Freundlichkeit der Menschen lässt sich an jeder Straßenkreuzung durchs Seitenfenster erfahren, und es gibt kaum einen Ort, an dem man nicht das Mountainbike vom Fahrradträger nehmen möchte. Für beides steht Filip Flisar. Der Weltmeister im Skicross ist sympathisch – und extrem gut auf dem Bike. Bevor er uns zum Red Bull Goni Pony mitnimmt, zeigt er uns noch seine Heimatstadt: vom Pumptrack übers Altstadtcafé bis hin zum Bikepark vor den Toren der Stadt.

Zum Start des Bikeparks Pohorje fährt entweder eine Gondel oder führt eine Straße: mit dem Vorteil, dass man easy im Grünen grillen kann.


JAMNICA Der nächste Stopp ist ein Tipp von Filip: Weiter westlich und ebenfalls direkt an der Grenze zu Österreich hat Anej Štrucl, sein Freund aus Skikaderzeiten, einen Trail mitten in ein stillgelegtes Bergwerk gebaut – den Black Hole Trail. Steil, dunkel und außergewöhnlich. Wer Angst um seine Knochen hat, weicht besser auf den alternativen Trail durch den Stollen aus; der ist für jedermann leicht fahrbar. Da ist die Straße hoch zur Bikebase Koroš schon abenteuerlicher – sie verläuft kilometerlang durch einsame Wälder und über Schotterpisten. Umso besser für die Aussicht am Abend vom Stellplatz im Freien.

Den Trail hat Anej zusammen mit alten Bergarbeitern aus dem Gestein gesprengt und entschärft. Nun ist er laut eigener Ausgabe nicht mehr „tiefschwarz, sondern nur noch schwarz“.

Den HYMERCAR Grand Canyon S gibt es auch als 4 × 4 . Das rechnet sich in einem Land, das zu über einem Drittel aus Wald besteht.


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KRANJSKA GORA

IAM LEON // IG IAMLEONOFFICIAL; JURE GASPARIC

Ebenfalls in den Bergen liegt unser Ziel: Kranjska Gora, jährlicher Austragungsort vom Red Bull Goni Pony. Was vor fünf Jahren als kleines Event in dem beschaulichen Ort angefangen hat, ist inzwischen eine der berüchtigsten Veranstaltungen des Landes. Über 1.300 kostümierte Radler fahren, schieben und tragen ihr Pony hoch zum Pass auf 1.611 Metern. Die Besonderheit: Wer antritt, muss mit dem Pony fahren – einem EingangKlapprad aus dem ehemaligen Jugoslawien. Tuning ist verboten, außer man schmückt sein Bike mit aufblasbaren Wassermelonen und Einhörnern. Mehr Tipps für einen Roadtrip durch Slowenien: redbull.com/slowenien-camping, hymer.com, slovenia.info

Als Style-Judge kürt Filip beim Red Bull Goni Pony das beste Outfit.

Der Rekord liegt bei 40 Minuten für die knapp 1.000 Höhen- meter. Der durchschnittliche Teilnehmer braucht 1 ½ Stunden mit dem Klapprad.


IMPRESSUM

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Aktuell ­erscheint The Red Bulletin in sieben Ländern. In der Coverstory ­unserer FrankreichAusgabe beleuchten wir den Karriereweg der Brasilianerin ­Leticia Bufoni zur stilprägenden Skaterin ihrer Generation. Mehr Storys ­abseits des Alltäglichen gibt’s auf: redbulletin.com

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Einfach gut fer nsehen.


Driftiger Grund Brennende Sonne, glühende Felsen, staubige Pisten: Das Rennen in Stellenbosch, Südafrika, stellt die Fahrerinnen des UCI Mountainbike World Cup (im Bild angeführt von der Französin Pauline Ferrand-Prévot) vor besondere Herausforderungen. Beim Ritt über den rutschigen Untergrund ist vor allem eine perfekt dosierte Bremstechnik gefragt.

Die nächste Ausgabe des RED BULLETIN erscheint am 10. September 2019. 98

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