2012 Dezember

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2012

12 1 1 10 09 08 07 06 05 04 03 0 2 Das vielleicht letzte 0 1 Magazin der Welt

8,50 Euro

www.2012.at

Das Paradies Was nach dem Ende kommt


Ende Geschichten von den letzten Dingen

Der letzte Weltuntergang

Cover-Bild: Sascha Vernik

Am 21. 12. 2012 endet der Maya-Kalender. Die Maya nennen dieses Datum „13.0.0.0.0“, es ist ihr 1.872.000. Tag nach Erschaffung der Welt, die vor 5.126 Jahren begann. Aber darum geht es gar nicht.

M

agie der Zahlen, mathematische Exaktheit. Apokalyptiker prophezeien das Ende, Wissenschaftler beweisen, dass das alles nicht stimmt. Beide irren. Für die Maya ist die Welt schon öfter unterge­ gangen, nie wären sie auf den Gedanken gekom­ men, dass es nach dem Ende nicht weitergeht. Nicht zufällig ist ihr Kalender rund. Das Ende ist

zugleich der Anfang. Eine Welt geht unter, eine neue Welt entsteht. Menschen werden geboren, leben, sterben. Das ist so. Und es ist gut. Tragisch ist es, wenn wir sterben, ohne davor gelebt zu haben – und genau diese große Kata­ strophe kann am 21.  12.  2012 geschehen. Und sie kann an jedem Tag geschehen. Denn der 21. 12. 2012 ist immer heute.


Die Letzte Chance … weiß Leonidas mit unaussprechlicher Klarhei­t, daß heute ein Angebot zur Rettun­g an ihn ergangen ist, dunke­l, halblaut, wie alle Angebote dieser Art. (…) Er weiß, daß ein neues Angebot nicht wieder erfolgen wird. Aus: Franz Werfel, „Eine blaßblaue Frauenschrift“, 1941


0179


Inhalt

#01

Von Seite 0184 bis 0001

0137

Das Mobiliar des Todes

0113

Wie funktioniert der elektrische Stuhl? Wie sollte die Gefängniszelle dazu aus­sehen? Wie ein Sterbebett? Und wie das Design eines Sarges? – Eine ­möblierte Geschichte der Enden.

0131

Der letzte Mensch

Bild: Lena Gold

0125

Manche Menschen scherzen. Andere Menschen beten. Manche wollen ihre Kinder nicht mehr sehen. Alle wissen, dass sie bald sterben werden.

„Türst führt die Seele ins Jenseits“

Der Schweizer Volkskundler Kurt Lussi bewahrt, was ganz nah ist – und fast vergessen: das ländliche Wissen vom Tod und vom Leben danach.

0110

… kämpft gegen Untote, wandert durch leere­Städte oder lebt im Dschungel. Es gibt ihn nicht nur in Filmen und Romanen. Einsiedler und Verschollene wissen, wie es ist, der Letzte zu sein. Und warum es sich lohnt, weiterzuleben.

„Wenn Sie das lesen, bin ich tot“

So lesen Sie 2012 2012 beginnt mit dem Ende. Mit Heft Nummer 12, auf Seite 2012 und zählt hinunter. Am Zwölften jedes Monats erscheint ein neues 2012. Bis Dezember 2012. Dann ist Schluss. Sie befinden sich im letzten 2012 – auf Seite 178.

Das Leben nach dem Leben

Die Jenseits-Vorstellungen der großen Religionen. Plus: zwölf Warnungen vor der Paradiesfalle.

0101

Benedikt der Vorletzte

Vor mehr als 800 Jahren hat ein irischer Mönch, der spätere heilig­e Malachias, sämtliche künftige­n Päpste vorhergesagt, 112 an der Zahl. Joseph Ratzinger ist der 111. Geht nach ihm die Kirche unter?


0177

0181 0180 0175 0163 0161

0091

Die letzte Checkliste Die letzte Chance Das letzte Abendmahl Der letzte Geburtstag Der letzte Tag

0160 0159 0158 0155 0151 0147

Der letzte Henker Die letzten Pyramiden

0157 Die Letzten ihrer Art Die letzte Hilfe 0152 Das letzte Wort Die letzten Geister 0149 Letzte Erkenntnis Die letzte Prognose 0145 Letztes Wissen Die letzte Zeit

Das Paradieszimmer

0031

Der weiße Tod

0027

Wie weit ist das Glück entfernt? Für meinen kleinen Bruder waren es drei Jahre lang nur ein paar Schritte – zu seinem Heroin-Dealer.

0082

0057

Zuerst verschwanden die Bienen, dann kam die Pandemie. Das 2012-Comic aus den aller­letzten Tagen.

Finis

Der Endzeit-Roman von Klaus Ferentschi­k über Liebe in Zeite­n des Kommunikations­zusammen­ bruchs. Exklusiv für 2012 geschriebe­n.

„Klein, gleich, glücklich“

Große Unterschiede und schwierige Beziehungen sind der Weg ins Unglück. Doch wer im Leben Sinn sieht, findet das Paradies auf Erden, sagt Zukunftsforscher Andreas Reiter.

Die Ankunft des Paradieses Das Amazonasgebiet beherbergt den größten und artenreichsten Regenwald der Welt. Ein MegaStaudammprojekt verspricht den Menschen Geld und eine große Zukunft – und gefährdet damit den letzten Garten Eden.

0011

Ende schlecht, alles gut

Wenn schon die Welt untergeht, sollten wir uns zumindest daran erinnern, dass andere Dinge glücklich ausgegangen sind. Das ändert zwar nichts an unserem Schicksal, macht aber eindeutig bessere Laune.

Bild: Martin Udovicˇic´

Das Ende



0175

DAS

LETZTE

abend MAHL


James Dean Gestorben am: 30. September 1955 Letztes Abendmahl: mittags Milch, danach nur Ă„pfel unterwegs

Von Mozart bis Marilyn, von Sisi bis Napoleon. Was berĂźhmte Menschen vor ihrem Tod gegessen haben. Guten Appetit! Chefkoch: Johannes Budweg, Requisiten: Teresa Grosser, Food-Styling: Ulla Killing, Fotograf: Manfred Klimek, Art Direktion: Markus Nowak


0145

12 VOR 12 letzteS Wissen Kein Mensch weiß, wie die letzten Stun­ den vor dem Welt­ untergang aussehen werden. Sicher wis­ sen wir nur, dass wir vieles nicht wissen. Es bleiben noch zwölf Stunden, das nachzuholen. Ein Countdown von Elisabeth Gronau, Julia Harlfinger, Frank Joung, Oliver Jungen, Susan Mücke, Karin Pollack, Stefanie Reinberger

11:32 Urinieren

Chlorgeruch verrät Urin im Schwimm­becken. Chlor zersetzt Urin, als Abbauprodukt entsteht Chlorgeruch. Schwimmbecken ent­ halten im Schnitt 100 Liter Harnstoff.

12:00 Alkohol

Das russische Wort Wodka ist eine Verkleinerungsform von Wasser. Whiskey stammt vom irischen „uisce beatha“, was Lebenswasser heißt. Auch Aquavit aus Skandinavien heißt Wasser des Lebens (aqua vitae). Das kann kein Zufall sein.

11:58 Schokolade

In Ländern mit hohem Schokoladen­ konsum gibt es besonders viele Nobelpreise pro Kopf. Allen voran in der Schweiz.

11:57 Streiten

Streit ist für die Paar-Hygiene wich­ tig. Partner, die Konflikte ausleben, sind in der Regel auch gesünder als solche, die ihre Wut unterdrücken.

11:48 Whiskeykunde

Nie mischen! Eis hat in gutem Whis­ key nichts verloren, Cola schon gar nicht. Der Kenner verdünnt, wenn überhaupt, mit einem Schlückchen stillem Wasser – aus der Quelle der Destillerie. Stilglas statt Tumbler: Das Aroma entfaltet sich darin ideal, entweicht aber nicht so schnell.

11:42 Massensterben

In Österreich sterben in einer Som­ mernacht 90 Millionen Insekten, weil sie gegen hell erleuchtete Straßenlaternen fliegen.

11:36 Beten

Studien aus den USA, Finnland und Taiwan zeigen: Ein religiöses Leben senkt die Sterbewahrscheinlichkeit um bis zu 30 Prozent.

11:25 Schlafen

Um die Auswirkungen der Schwere­ losigkeit auf den Organismus zu ­simulieren, wurden 1986 elf Proban­ den für 370 Tage ins Bett gesteckt. Die Folgen: massiver Abbau von Muskeln und Knochen sowie ­enorme psychische Belastungen.

11:22 Am Türsteher vorbeikommen

Dresscode einhalten, aber nicht verkleiden. Wissen, welcher DJ auflegt. Kein lautstarkes Einfallen in (illuminierten) Großgruppen. Ein Nein ohne Quengeln akzeptieren – damit es das nächste Mal klappt.

11:11 Gewitter

Im Gewitter lieber hüpfen statt laufen. Schlägt ein Blitz in den Boden ein, breitet sich die Spannung kreisförmig aus. Wer in dem Umkreis einen Schritt macht, erhöht die Gefahr eines Spannungsunterschieds – und der bedeutet Stromfluss.

11:07 Surfen in Europa The Bubble, Fuerteventura; Eisbach in München, Deutschland; Biarritz, Frankreich; Tullan Strand, Irland; ­Carrapateira, Portugal; Watergate Bay, England; El Confital, Gran Canaria; Klitmøller, Dänemark

11:01 Stille

Eine schalltote Kammer in den amerikanischen Orfield Laborato­ ries (Minneapolis) ist der ruhigste Ort der Erde. Niemand hat es hier bislang länger als 45 Minuten aus­ gehalten. Den Menschen fehlen die Geräusche zur Orientierung.


10:29 Kaffee rühren

11:00 Fingerlänge

Je länger der Ringfinger im Verhältnis zum Zeigefinger, desto größer die Mathebegabung. Ist er kürzer, liegen die Stärken im sprachlichen Bereich.

10:56 Bauchgefühl

Je weniger Zeit, umso besser die Entscheidungen, haben Studien an Handballspielern gezeigt. In der Politik ist das anders: Dort gewinnt einfach der, der besser aussieht, ergeben Untersuchungen.

10:50 Sicher sonnen

Das Bad in der Sonne ist die häufigs­ te Ursache für Hautkrebs. Nur am Toten Meer besteht keine Gefahr. Es liegt gut 400 Meter unter dem Meeresspiegel, und die Dunst­ schicht ist so stark, dass schädliche UV-Strahlen nicht durchdringen.

10:49 Krawatten

Der beste Knoten: der doppelte Windsor. Voluminös und fast sym­ metrisch, verbraucht er eine Menge Stoff und füllt jeden Kragen elegant.

10:47 Hauslifting

Um ein durchschnittliches Haus, das um die 200 Tonnen wiegt, abheben zu lassen, sind zwanzig Millionen Heliumluftballons nötig.

10:39 Unsinn machen

SciGen ist ein Programm, das per Zufallsprinzip wissenschaftlich anmutende Forschungsarbeiten einschließlich Grafiken, Zahlen und Zitaten generiert. http://pdos.csail.mit.edu/scigen/

Warum das Rührstäbchen für den „Coffee to go“ ein Loch hat: Es sorgt beim Umrühren für kleine Verwirbelungen, denen die Zucker­ kristalle nicht folgen. Dadurch lösen sie sich schneller auf. Denselben Effekt hat die Wölbung des Kaffee­ löffels. Doch das Stäbchen mit Loch ist platzsparender.

10:24 Papierflieger

Selbst gefaltete Flieger gleiten am besten mit 80-Gramm-Papier.

10:20 TV-Rekorde

Eine Milliarde Menschen saßen 1973 bei Elvis Presleys Konzert „Aloha from Hawaii“ vor dem Fernseher, genauso viel wie bei der Eröffnungs­ zeremonie der Olympischen Spiele in London 2012. 1985 sahen 1,5 Milliarden das Live-Aid-Konzert, 20 Jahre später waren es bei den Live-8-Konzerten doppelt so viele.

10:15 Hot Dog

Eine der beliebtesten Sportarten in den USA ist der an jedem 4. Juli abgehaltene „Hot Dog Eating Contest“. Seit sechs Jahren unge­ schlagen ist Joey Chestnut. Zuletzt verdrückte er 68 Würste samt Brötchen in zehn Minuten.

10:12 Familiennamen

Die meisten Chinesen teilen sich nur etwa 20 Namen. Jeweils 100 Mil­ lionen Menschen weltweit heißen: Liǐ, Zhāang, Chen oder Wang.

10:01 Schimpfwort

Archilochos, ein griechischer Dichter des 7. vorchristlichen Jahrhunderts, ist etymologisch nicht verwandt mit dem deutschen Schimpfwort, dürfte aber oft so gerufen worden sein, schließlich ist er der Erfinder des Spottgedichts.

10:00 Frittieren

In Schottland angesagt sind frittierte Marsriegel: Mars Chocolate UK ist stolz auf diese Variante, will die Herstellung aber nicht autorisieren. Sie widerspreche der Konzern­ werbelinie vom gesunden Leben.

09:55 Fickfreiheit

Die Liebe eines Bauern zu seiner Eselin hielt der preußische König Friedrich der Große für nicht justizi­ abel: „In meinem Staat gewähre ich jedem Gewissens- und Fickfreiheit.“

09:52 Händewaschen

Die meisten Grippen wären ver­ meidbar – würden wir nur richtig die Hände waschen. 30 Sekunden lang soll die Seife verrieben werden, rät das Robert-Koch-Institut. Kaum einer reibt länger als drei Sekunden.

09:44 Matratzen

Hersteller empfehlen, permanent zu wenden, um alle vier möglichen Positionen gleich oft zu benutzen. Vielleicht sollen auch nur alle Partien gleichmäßig nach Fuß riechen, damit schnell eine neue her muss.

09:40 Verbote (1)

In Indiana ist Rückwärtseinparken verboten. Außerdem gilt es als Ver­ gewaltigung, wenn ein minderjähri­ ges Mädchen barfuß im Fahrzeug eines männlichen Fahrers sitzt.

09:38 Katzenphobie

Jeder 470. Mensch leidet an einer Katzenphobie. Auch Caesar und Napoleon sollen panische Angst vor den Miezen gehabt haben.


0137

Das Mobiliar des

Todes Wie funktioniert der elektrische Stuhl? Wie sollte die Gefängniszelle dazu aus­sehen? Wie ein Sterbebett? Und wie das Design eines Sarges? – Eine ­möblierte Geschichte der Enden. Text: Nicole Edlinger


Bild: Underwood & Underwood/Corbis

Der elektrische Stuhl. Die „menschliche und bequeme Art der Hinrichtung“ entstand im Kopf eines Zahnarztes.


0131

Der letzte

Mensch … kämpft gegen Untote, wandert durch leere­Städte oder lebt im Dschungel. Es gibt ihn f­reilich nicht nur in Filmen und Romanen. ­Einsiedler und Verschollene wissen, wie es ist, der Letzte seiner Art zu sein. Und warum es sich lohnt, weiterzuleben. Text: Thomas Macher

Der Einsiedler von Saalfelden: Raimund von der Thannen (64) lebt seit acht Jahren abgeschieden am Fuße des Steinernen Meers.


Bild: Hans Hochstรถger


0125


„Wenn Sie das lesen, bin ich tot“

Manche Menschen scherzen. Andere Menschen beten. Manche wollen ihre Kinder nicht mehr sehen. Alle wissen, dass sie bald sterben werden. Unser Autor sprach im Hospiz mit Sterbenden über ihre Gefühle, ihre Ängste und ihre letzten Wünsche. Text: Mathias Morscher, Fotos: Markus Kucˇera

Hier lag ein Mensch. Im Hospiz am Rennweg begleitet die Caritas Socialis unheilbar Kranke bis in den Tod. Die Gäste sollen sich hier wie zu Hause fühlen.


0113

„Türst führt die Seele ins Jenseits“ Der Schweizer Volkskundler Kurt Lussi bewahrt, was ganz nah ist – und fast vergessen: das ländliche Wissen vom Tod und vom Leben danach. Text: Florian Horwath, Bild: Yasmina Haddad

W

ir werden im Schloss Wyher in Ettiswil nahe Luzern empfangen. Volkskundler Kurt Lussi führt dort durch eine Sammlung von religiös-mystischen Schaustücken, die er betreut und kuratiert. Liebevoll gruppiert, finden sich Reliquien von Heiligen neben Schutzengeln, Tierkrallen, echten Mammutknochen und Ingredienzien von Choleratropfen. „Es gibt natürliche und magische Schutz- und Heilmittel gegen Cholera (eine schwere Durchfallerkrankung; Anm.). Die magischen hat man sich umgehängt, in der Meinung, man steckt sich nicht an. Die Aufgeklärten dagegen waren überzeugt, dass nur Choleratropfen helfen. Die sind insofern interessant, als sie Opium enthalten. Und Opium stopft.“ Es spricht einer, der sich für das Magische entschieden hat, für die Erforschung der Schwelle von hier nach dort, für die Verbindung der Welten: „Für mich gibt es nicht Schweizer oder Deutsche, Afrikaner, Japaner oder Chinesen. Es gibt nur den Menschen. Wir sind letztlich alle miteinander ­verwandt. Unsere Probleme kommen

aus den nationalistischen Gedanken heraus.“

Wir sitzen inzwischen bei einer herrlichen Schweizer-Käse-Jause im Hause Lussi, einem bezaubernden Holzschindelbau mitten in einem sehr beschaulichen Dorf nahe einer Seelenwanderungs-Einflugschneise. Diese hatten wir am Weg

vom Schloss zur Brotzeit begutachtet, ebenso wie eine der ältesten Kapellen in der Gegend, in der man sich von Beinleiden erlösen lassen kann. Dazu muss der Fuß auf eine im Kirchenboden verankerte Platte aufgesetzt werden, damit die darunter liegenden Gebeine heiliger Märtyrer ihr Wunder tun. Wer nicht mehr gehen kann, schickt einen Strumpf in die Kirche.

„Unser Hygienewahn führt dazu, dass wir ständig krank werden, weil der Körper keine Möglichkeit mehr hat, Abwehrstoffe zu entwickeln. Stattdessen gibt es für alles und jedes Medikamente, an die wir uns längst gewöhnt haben. Dies schafft eine ungesunde Abhängigkeit. Fehlen diese Dinge, ist das träge gewordene Immunsystem nicht mehr in der Lage, Erreger abzuwehren“, sagt Lussi. Dann lieber einen kleinen Schnaps von einer vom Aussterben bedrohten Kleinzwetschkenart. Die Zieberlizunft, der Lussi angehört, hat sich der Erhaltung des Ursprünglichen verpflichtet. Durch das Brennen dieses Schnapses will sie die Zwetschkenart retten. Dass trotz aller widrigen Umstände die Welt untergeht, glaubt der Volkskundler nicht. „Das ­ Einzige, was passieren wird, ist, dass ein paar ihren Job aufgeben, ihr Haus verkaufen, das Geld verschenken. Am Tag nach dem Weltuntergang passiert der Katzenjammer.“


„Die Seele verschmilzt mit dem Licht“, sagt Kurt Lussi (56), Kenner des magischmystische­n Volks­glaubens.


Die 2012-LP: vielleicht das Letzte, was Sie hören werden.

Requiem für einen Planeten Hören und bestellen auf:

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dem

Die Jenseits-Vorstellungen der groĂ&#x;en Religionen. Illustration: Mandy Fischer Beratung: Franz Winter


0101

Benedikt der

Vorletzte Vor mehr als 800 Jahren hat ein irischer Mönch, der spätere heilige Malachias, sämtliche künftigen Päpste vorhergesagt, 112 an der Zahl. Joseph Ratzinger ist der 111. Geht nach ihm die Kirche unter? Text: Gerlinde Wallner


Bild: akg-images/picturedesk.com

Petrus Romanus, Fels der Kirch­e und Stellvertreter Christ­i. Wird der erste Papst auch der letzte sein?


0091

Das Paradies zimmer Wie weit ist das Glück entfernt? Für meinen kleinen Bruder waren es drei Jahre lang nur ein paar Schritte – zu seinem Heroin-Dealer. Text: Raffael Fritz, Bild: Laura Karasinski


Fabian und Raffael. Oder Raffael und Fabian. Wer ist der Süchtige? Wer ist der Schreiber? Zwei Leben, zwei Brüder.


Die letzte Sammlung Das Schicksalsjahr der Menschheit zum Nachlesen

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Der WeiSSe Tod

„Zuerst verschwanden die Bienen, dann kam die Pandemie.“ Eine Geschichte aus den allerletzten Tagen. Story: Clemens Makanaky, Zeichnungen: Martin Udovicˇic´, Koloration: Stefano Simeone


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Finis Klaus Ferentschik

Illustriert von Daniela Leitner „Aber statt vor Angst zu beben, lasst uns lustig vorwärts sehen, Kinderchen, wird das ein Leben, wenn wir alle untergehen.“

D

ie Melodie des Schlagers, der aus dem Radio klang, war einfach, zum Schunkeln komponiert sozusagen, und der Refrain so salopp vorgetragen, dass ihn meine Schwester im Taxi ungeniert mitsang. Der Chauffeur summte dazu, und ich saß hinter ihm und schwieg. Dabei hätte ich etwas zu diesem Lied sagen können, ein wenig zu seinem Ursprung, aber mir war nicht danach zumute. Das lag wohl an der Stimmung des Abschieds und gleichzeitigen Aufbruchs, denn ich begleitete meine Schwester zum Flughafen. Sie betreute das kulturelle Ressort eines Onlinemagazins und hatte interner Treffen wegen vierzehn Tage hier in der Hauptstadt verbracht. Nun befand sie sich auf dem Weg zurück in das Dorf, in dem wir geboren wurden und sie noch lebte. Witzigerweise war ich am Abend mit einem alten Freund aus derselben Ortschaft verabredet und teilte ihr das mit, als wir die Flughafenhalle betraten. „Dann ist es Zeit, dass ich gehe“, meinte sie und fügte an, es reiche ihr, ihn zuhause zu sehen. Ich erwiderte nichts, und sie begab sich zum Eincheckschalter, um Formalitäten zu erledigen. Währenddessen beobachtete ich die umtriebige Menschenmenge, bis mein Blick auf einer Reklametafel hängen blieb. Dabei kroch, gleich einem Ohrwurm, die Melodie des Schlagers in meinen Kopf. Das Werbeplakat präsentierte ein Deodorant für Männer, anscheinend extra kreiert für das nahende Weltenende. Der Text


0031

„Klein, gleich, glücklich“ Wir haben die Sinnsuche an die Konsumkultur delegiert, sagt Zukunftsforscher Andreas Reiter. Aber es gibt Wege zum Paradies auf Erden. Interview: Boro Petric, Bild: Birgit Lohmann

2012: Was ist los mit der Welt? Es ging uns

Menschen nie besser, die Lebenserwartung war nie höher, die meisten leben in Freiheit und Sicherheit – und doch jammern so viele Menschen und sind unglücklich.

Andreas Reiter: Wir zelebrieren über dieses Jammern unsere Langeweile. Das Grundproblem, so paradox es klingt, ist heute unsere absolute Freiheit. Menschen sind mit der Vielfalt an Mög­ lichkeiten, die sie haben, überfordert. Wir haben ständig Angst, etwas zu verpassen. Je mehr Mög­ lichkeiten es gibt, desto höher ist auch die Wahr­ scheinlichkeit, eine falsche Wahl zu treffen: den falschen Job, den falschen Partner, die falschen Schuhe. Immer könnte es irgendwo noch etwas Besseres geben.

Haben wir die Richtung verloren, die Werte? Verschwendet der Mensch – obwohl er sich seiner Endlichkeit bewusst ist – seine Zeit? Die Frage ist, wollen wir ein Leben light, wollen wir das große Drama oder greifen wir nach dem Glück im Alltag, nach all den kleinen Momente­n, die uns das Leben verschönern? Es geht in der Lebenskunst, so banal es klingt, weniger um das Ziel als um den Weg dorthin. Die Amerikaner haben bezeichnenderweise nicht das Glück, son­ dern das Streben nach Glück in ihrer Verfassung verankert – the pursuit of happiness.

Aber sind uns nicht die großen Utopien verlorengegangen? Es scheint, als gäbe es nur noch Untergangsszenarien. Haben wir nur noch kleine Ängste, aber keine großen Ziele?

Die westliche Gesellschaft ist in einem schwäch­ lichen Zustand, in einer Phase der Rekonvales­ zenz. Sie hat noch nicht genug Kraft für neue Utopien, daher beschäftigen wir uns vorwiegend mit kosmetischen Fragen: Kriegen die Griechen die nächste Tranche an Hilfsgeldern in vier oder in acht Monaten, um wie viel Prozent müssen wir die CO²-Emissionen reduzieren? Diese Einzelziele sind vielleicht wichtig, aber wirklich zielführend sind sie nur als Teil eine­r großen Vision. Wer nicht weiß, wo er hinwill, wird sich schnell verlaufen.

Und wer sich verirrt, konsumiert? Menschen brauchen sinnstiftende Erlebnisse, sonst driften sie in die Verblödung ab. Doch woher nehmen? In dieses Vakuum stößt nun seit Jahr­ zehnten die westliche Konsumkultur. Von Woody Allen stammt der großartige Satz: „Natür­lich gibt es eine jenseitige Welt. Die Frage ist nur: Wie weit ist sie von der Innenstadt entfernt, und wie lan­ ge hat sie offen?“ Damit hat er den Nerv unserer Gesellschaft getroffen. Konsum als Ersatz­religion. Wir haben die Sinnsuche, unsere metaphysischen Sehnsüchte an die Konsumkultur delegiert.

Das Erfolgsgeheimnis des Konsumismus? Konsum überspielt elegant die Leere, die Hohlräu­ me menschlichen Daseins. Rituale wie das Shop­ pen am Samstag strukturieren unsere Lebenszeit. Sie sind ein durchaus konstruktives Mittel gegen Langeweile, allerdings mit kurzer Halbwertszeit. Das Glücksversprechen kann nicht wirklich einge­ löst werden, weil Konsum nicht individuell genug ist. Es gibt den Werbeslogan: „Exklusiv für alle.“



0027

Die Ankunft des

Paradi Das Amazonasgebiet beherbergt den größten und artenreichsten Regenwald der Welt. Ein Mega-Staudammprojekt verspricht den Menschen Geld und eine große Zukunft – und gefährdet damit den letzten Rest dieses Gartens Eden. Text und Bilder: Mara Simperler


ieses

Der Regenwald endet abrupt. Dahinter: nur noch Sand und Steine. Die Baustelle von Belo Monte teilt hier die Landschaft in ein Schachbrett aus Gr端n und Braun.


0011


Ende schlecht, alles gut Wenn schon die Welt untergeht, sollten wir uns zumindest daran erinnern, dass andere Dinge gl체cklich ausgegangen sind. Das 채ndert zwar nichts an unserem Schicksal, macht aber eindeutig bessere Laune. Zusammengetragen von Elisabeth Gronau, Julia Harlfinger, Oliver Jungen, Susan M체cke, Karin Pollack, Stefanie Reinberger

Happy End im Paradies. Bild: Burn Bjoern


Bild: NASA

0001


2013

Sie leben

haben vielleicht nur noch ein Jahr zu Also fangen Sie damit an!


Impressum

Herausgeber Red Bull Media House GmbH Chefredakteur Boro Petric Berater Christian Seiler Creative Director Dominik Uhl Art Director Birgit Lohmann Design Marianne Minar Bildchef Markus Kucˇera infografik Birgit Lohmann Künstlerische Kuratorin Laura Karasinski Literarischer Kurator Thomas Keul, „Volltext“ Wissenschaftlicher Berater Andreas Reiter Historische Recherche Clemens Makanaky Themeningenieur Christian Ankowitsch Themenredaktion Nadja James Interviewredaktion Isabella Großschopf, Andrea Pascher, Holger Potye Reporterinnen Martina Powell, Teresa Reiter, Mara Simperler AutorInnen Gerlinde Wallner, Estella Weiss-Krejci Autoren Gottfried Derka, Georg Eckelsberger, Raffael Fritz, Peter Hiess, Florian Horwath, Peter Krobath, Mike Mandl, Mathias Morscher

Internationale Koordination Lisa Blazek Redaktion in London Florian Obkircher, Paul Wilson Paris Christophe Couvrat New York Andreas Tzortzis Kapstadt Steve Smith Mexico City Alejandro García Digitale Medien Christian Graf-Simpson, Daniel Kudernatsch, Christoph Rietner Mann fürs ENDE Andreas Kornhofer Lektorat Hans Fleißner, Petra Hannert, Monika Hasleder, Lithografen Herstellungsleitung Producer Konzept Druck

Hannes Hessenberger (Ltg.), Billy Kirnbauer-Walek, Thomas Lederer, Klaus Peham, Vera Pink Nenad Isailovic, Josef Mühlbacher, Clemens Ragotzky (Ltg.) Michael Bergmeister Matthias Zimmermann Boro Petric, Birgit Lohmann RR Donnelley, 30-733 Krakau, Polen

general manager Mag. Alexander Koppel Finanzchef Mag. Siegmar Hofstetter Verlagsleiter Franz Renkin Leitung Marketing, Ab0 & Vertrieb Mag. Barbara Kaiser Vertrieb Mag. Klaus Pleninger Abo-Marketing Mag. Peter Schiffer Marketing Mag. Johanna Troger Office Management Anna Jankovic, Manuela Geßlbauer IT Michael Thaler Firmensitz Red Bull Media House GmbH, Oberst-Lepperdinger-Straße 11–15, A-5071 Wals bei Salzburg, FN 297115i, Landesgericht Salzburg, ATU 63611700

Sitz der Redaktion Heinrich-Collin-Straße 1, A-1140 Wien Telefon +43/(0)1/90 221-28800, Fax: +43/(0)1/90 221-28809 Kontakt redaktion@2012.at Web www.2012.at

Offenlegung Gemäß § 25 Mediengesetz sind Informationen zum Medieninhaber ständig und unmittelbar unter folgender Web-Adresse auffindbar: http://www.2012.at/impressum Dieses Magazin entsteht mit freundlicher Unterstützung durch die Wissenschaftsredaktion von TERRA MATER. Ein Produkt von RED BULL MEDIA HOUSE.


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