F E B R UAR • MÄR Z 2018 CHF 9
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ERGIDEE
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2018
Die Schönheit der Natur entdecken
Der erste 4.000er Von Hütte zu Hütte Fliegen lernen
...
GEMSSTOCK
MIT BERNHARD RUSSI IM POWDER VON ANDERMATT
+ ENTSPANNEN IM TESSIN WARME FELSEN, FEINE POLENTA: BOULDERN MIT KINDERN
+ GENUSS IM BERNER OBERLAND
FOTOS: XXXXXXX
SÜSSE VERSUCHUNGEN AUF DER WILDSTRUBELHÜTTE
WIR WANDERN IN DEN FRÜHLING SONNE, MEER & BERGE: DIE SCHÖNSTEN TOUREN AUF MALLORCA UND MADEIRA
BERGWELTEN 2
Inhalt FEBRUAR • MÄRZ 2018
56 Gemsstock Pulverschnee, so weit das Auge reicht, gemütliche Hütten für Geniesser und schier endlose Abfahrten für Freerider. Bernhard Russi zeigt uns seinen Hausberg.
4 BERGWELTEN
82
FOTOS: MATTHIAS FEND, ELIAS HOLZKNECHT (2), IMAGO/XINHUA, SUSANNE EINZENBERGER
REGIONEN
72 LEBEN
MENSCHEN
34 SPORT
22 Und unten das Meer Wandern auf der Baleareninsel Mallorca
54 D r. Müesli Ein Schweizer Rezept macht Furore
34 Hoch hinaus Unsere Pläne für das Bergjahr 2018
100 Klettern wie Kinder Bouldern im sonnigen Tessin
44 Weg des Wassers Eine Reise auf die grüne Insel Madeira
70 Hüttenführer Fünf Einkehrtipps für Langläufer
80 Kalte Liebe Vea Kaiser über das Knistern am Berg
106 Valentins Favoriten Ein praktisches Multitool unter der Lupe
56 R auer Luxus Der Gemsstock zeigt seine schönsten Seiten
94 Gipfelkino Fünf Berge mit Filmgeschichte
114 Gepäckkontrolle Was Lena Kleine-Kalmer auf Veloreisen mitnimmt
116 Zeit am Weg Sechs Sportuhren im Kurztest
72 S choss der Familie Ein Besuch auf der Wildstrubelhütte
108 Auf und davon Mode für die Reise in den Süden
82 Schnee und See Mit Schneeschuhen am Brisen
120 Das Tal des Kondors Unterwegs im Nord westen Argentiniens
130 Über Wagnisse Reinhold Messner im grossen Interview 136 K itzbühels Star Wie der Künstler Alfons Walde den Skiort prägte
22
KOLUMNEN 12 So Sachen, David Pfeifer 140 Evelynes 3.000er 145 Hartmanns Schweiz
STANDARDS 6 Panorama 12 Einstieg & Aufstieg 14 Wege & Ziele 16 Kinder & Familie 17 Grosse Fragen 18 Bergmomente 19 Fragen & Antworten 20 Gut & schön 92 Ein Fall für zwei 142 Après-Berg 144 Bergwelten Online 146 Vorschau, Impressum
Coverbild: Küstenwanderung im Norden Madeiras. Foto: Andreas Jakwerth
BERGWELTEN AUF REISEN
Und unten das Meer Türkisblaue Wellen, ockerfarbene Bergdörfer, graue Hochebene: Farbenreich durchquert der GR 221 den Norden Mallorcas. Eindrücke von einem der schönsten Fernwanderwege Europas. TEXT: SIMON SCHÖPF FOTOS: SUSANNE EINZENBERGER
22 BERGWELTEN
Das Mittelmeer zu FĂźssen, die Sonne im RĂźcken: Belohnt wird, wer sich hoch in die Serra de Tramuntana im Norden Mallorcas vorwagt.
BERGWELTEN 23
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HOCH HINAUS SPRÜNGE, STERNE UND SONNENAUFGÄNGE: WAS WIR UNS FÜR DIESES BERGJAHR VORNEHMEN. TEXT: CHRISTIAN ANDIEL, MARA SIMPERLER UND KLAUS HASELBÖCK ILLUSTRATIONEN: CAROLIN EITEL
34 BERGWELTEN
AUSRÜSTUNG FÜR HÜTTENTOUREN Wanderbekleidung extra Socken und Unterwäsche Wechselshirt Hüttenschlafsack Mikrofaserhandtuch Zahnbürste, Zahnpasta und Reiseseife Ohropax genügend Wasser und Snacks für die Tages etappen Wanderkarte Handy Erste-Hilfe-Set
ZERNEZ— SCUOL Tag 1: von Zernez bis zur Chamanna Cluozza. Gehzeit: 4 Stunden Tag 2: von der Chamanna Cluozza zum Berggasthaus Buffalora am Ofenpass. Gehzeit: 5 Stunden Tag 3: vom Ofenpass durch Europas höchsten Arvenwald nach S-charl. Gehzeit: 5 Stunden
FOTO: URSULA HOFER
Tag 4: von S-charl via Val Sesvenna zur Schutzhütte Sesvenna. Gehzeit: 5,5 Stunden Tag 5: via Pass Rims zur Lischana-Hütte (Foto). Gehzeit: 5,5 Stunden Tag 6: rund 1.000 Höhenmeter bergab nach Scuol. Gehzeit: 3 Stunden
1. Von Hütte zu Hütte wandern Eine oft zitierte Weisheit besagt, dass die Seele langsamer reist als der Körper. Nicht jedoch, wenn man eine Reise ausschliesslich zu Fuss tut, etwa bei einer mehrtägigen Wanderung. Da fühlt man sich schon nach wenigen Stunden mit sich selbst im Reinen. Vorweg: Wer noch nie wandern war, sollte nicht mit einer mehrtägigen Tour starten. Geübte Wanderer wissen recht gut, wie viel sie ihrem Körper zumuten können, alle anderen sollten erst einmal mit mehrstündigen Touren üben. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, wählt eine Route, bei der
die einzelnen Etappen nicht mehr als sechs Stunden Gehzeit verlangen. Über einen ganzen Tag verteilt, sollte das jeder halbwegs trainierte Mensch schaffen. Eine Empfehlung für eine solche Tour ist der Weg durch den Schweizer Nationalpark von Zernez nach Scuol. Sie führt über sechs Etappen. Und sie kann immer wieder mittels Postauto abgebrochen werden, falls eventuell das Wetter umschlägt. Aber wir versprechen: Selbst wenn Ihr Körper Muskelkater bekommt, Ihrer Seele wird es gut gefallen. >
BERGWELTEN 35
44 BERGWELTEN
Steile Aussicht am Weg vom Pico do Arieiro zum Pico Ruivo: Die grüne Insel hält auch anspruchsvolle Wanderungen bereit.
BERGWELTEN AUF REISEN
Wo immer Frühling ist Madeira, die portugiesische Insel im Atlantik: zerklüftet und felsig im Norden, sonnig und sanft im Süden. Wir folgen den alten Wasserkanälen, die die Insel durchziehen. TEXT: SIBYLLE HAMANN FOTOS: ANDREAS JAKWERTH
BERGWELTEN 45
56 BERGWELTEN
Unberührte Hänge, so weit das Auge reicht: Blick vom Gemsstock zum Rotstock (rechts), links der Pizzo Centrale.
Rauer Luxus
Bodenständige Menschen in einem abgeschlossenen Tal, ein Freeride-Run, der nach einem kaputten Skischuh benannt ist, und ein Abfahrts-Olympiasieger als Tourenguide. Ein Besuch am Gemsstock, dem Hausberg von Andermatt.
FOTOS: XXXXXXX
TEXT: DOMINIK OSSWALD FOTOS: MATTHIAS FEND
BERGWELTEN 57
DER KLEINE HÜTTENFÜHRER
Auf der richtigen Spur Fünf Einkehrmöglichkeiten für Langläufer im Jura, im Berner Oberland, in Graubünden und St. Gallen. REDAKTION: CHRISTIAN ANDIEL ILLUSTRATION: SIMONE KARL
CHALET BODENWALD Grindelwald, Berner Oberland, Jungfrau-Region
Besser kann die Kulisse kaum sein. Am Fusse der Eiger-Nordwand verläuft in Grindelwald die Langlaufloipe von Grund auf vier Kilometern bis Schwendi. Nach einem Drittel führt sie direkt am Chalet Bodenwald und dem dazugehörigen Campingplatz vorbei, der im Winter geöffnet ist. Im Chalet bietet eine Sonnenterrasse tolle Ausblicke auf die berühmten Berge. Wie man hinkommt: Von Interlaken Ost mit der Bahn nach Grindelwald. Mit dem Bus weiter bis Grindelwald Grund. Hier startet die Loipe und endet nach 4 Kilometern in Schwendi.
CHALET DU MONT-CROSIN Mont-Crosin, Jura, Franches-Montagnes
Die Freiberge sind ein wahres Langlaufparadies im Berner Jura. Ob man bei Bise de Cortébert startet, in Les Breuleux oder bei Combe à la Biche: Stets findet man eine Loipe, die zum Chalet du Mont-Crosin führt. Dort gibt es Käsefondue mit Tête de Moine, Fondue Chinoise und Steak vom heissen Stein. Wer erst am nächsten Tag wieder auf die Ski will, kann übernachten. Wie man hinkommt: Von Zürich auf der A1 und A5 bis Biel, dann auf der A16 bis Tavannes und weiter zum gewünschten Startort. Oder mit der Bahn bis Les Breuleux und mit dem Bus weiter.
70 BERGWELTEN
BERGGASTHAUS SELLAMATT Alt St. Johann, St. Gallen, Toggenburg
Die wunderschöne Panorama-Loipe am Fusse der Churfirsten beginnt beim Berggasthaus Sellamatt. Der Weg zieht sich über 15 Kilometer via Schribersboden und Thurtalerstofel und verläuft teilweise auf dem Sagenweg. Das Berggasthaus liegt auf 1.400 Metern unterhalb des Gipfels des Chäserrugg. Wie man hinkommt: Mit der Bahn oder dem Auto via Wattwil oder Wildhaus bis ins Dorfzentrum von Alt St. Johann. Von dort mit der Bergbahn bis direkt neben das Gasthaus.
SKIHÜTTE FELDIS
FOTOS: CHALET-RESTAURANT BODENWALD, FÉLIX GERBER, TOGGENBURG TOURISMUS, BERGBAHNEN FELDIS, NATURPARK GANTRISCH
Feldis/Veulden, Graubünden, Domleschg
In dieser urigen Beiz im Domleschg wird mit Holz geheizt und das Licht spenden Gaslampen. Entsprechend währschaft ist die Kost, die aber nach der Tour mit Langlaufski auch satt macht. Wer die Ruhe in dieser Bündner Hütte länger geniessen will, kann im Massenlager übernachten. Die Skihütte Feldis hat 14 Schlafplätze. Wie man hinkommt: Von Chur mit der Bahn oder dem Auto nach Rhäzüns. Mit der Luftseilbahn hoch nach Feldis. Nun auf der Loipe ab Feldis mit den Ski zur Hütte oder zu Fuss von der Bergstation des Sessellifts Feldis-Motta.
BERGHÜTTE SELITAL Selital, Berner Oberland, Naturpark Gantrisch
Das Langlaufnetz im Naturpark Gantrisch umfasst 45 Kilometer Skating und klassisch. Die Gantrisch- Königsloipe führt über 11 Kilometer und insgesamt 300 Höhenmeter im Aufstieg. Beginn und Ende ist im Selital, was deshalb perfekt passt, weil man sich in der Berghütte Selital stärken kann. Und von der Sonnen terrasse aus lassen sich die anderen Langläufer anfeuern. Wie man hinkommt: Von Bern auf der A12 bis Neuenegg, dann via Überstorf und Guggisberg bis zur Berghütte Selital. Das Loipennetz erstreckt sich von hier bis Gurnigel.
bergwelten.com: mehr als 1.400 Hüttenporträts – mit aktuellem Wetter, Touren empfehlungen und Geschichten
BERGWELTEN 71
Entlang der Felsbänder des Waldbrueders: Renata (vorne) und Autor Roland auf dem Abstieg von der Peterslücke Richtung Brisenhaus.
82 BERGWELTEN
WINTERWANDERUNG AM BRISEN
IM SCHNEE UND AM SEE Ein Pöstler morgens in der Seilbahn, Klosterschwestern am Berg und ein Tipi-Dorf, das selbst Indianer vor Neid erblassen lässt: mit den Schneeschuhen von Niederrickenbach zur Klewenalp.
FOTOS: XXXXXXX
TEXT: ROLAND BAUMGARTNER FOTOS: ELIAS HOLZKNECHT
BERGWELTEN 83
GIPFELKINO Kulisse für grosse Gefühle oder Sitz des Bösen, ein Rückzugsort im Paradies oder eisiger Actionschauplatz auf über 3.000 Metern. Womit Filme beginnen und Geschichten enden: fünf Berge, die Filmgeschichte schrieben und heimliche Hauptdarsteller in Hollywood wurden. TEXT: MANFRED SAX ILLUSTRATIONEN: ROLAND VORLAUFER
94 BERGWELTEN
PARAMOUNT PICTURES
Inspirationsspitze Sie nannten ihn den «Mann, der Hollywood erfand». William Wadsworth Hodkinson (1881–1971) war Ver treter, ehe er 1907 mit kargen Ersparnissen sein erstes Kino finanzierte. Es war der Grundstein für sein spä teres Filmimperium, das er Paramount Pictures nann te (engl. paramount = überragend, höchst) und das so mit den Berg (mount) schon im Namen trägt. Die Welt war in Aufruhr, der Erste Weltkrieg im Entstehen, und Hodkinson kritzelte seine Idee fürs Firmenlogo auf ein Taschentuch: das Image eines Berges. Die Inspiration zum Werk war der Pikes Peak, mit 4.302 Metern höchster Gipfel der Rocky Moun tains – für Hodkinson eine Kindheitserinnerung, für Paramount ein Auftrag: der unverrückbare Fels, auf dem Hodkinson seine «Kirche» baute. Die «Musterberge» haben sich im Lauf diverser grafischer Relaunches geändert: 1986 stand der Ben
Lomond (Utah, 2.961 m) für das modernisierte Logo Modell. Seit 2012 ist die markante Spitze des perua nischen Riesen Artesonraju (6.025 m) der optische Anhaltspunkt, um den die 22 Logo-Sterne kreisen. Im wahren Leben ist der Artesonraju einer der be sonders schwierigen Gipfel der Andenkette Cordillera Blanca und wurde von Erwin Hein und Erwin Schnei der im Jahr 1932 erstmals bestiegen. ARTESONRAJU (PERU, 6.025 M) Filme: Paramount Pictures (Intro seit 2012) Tourismus: nur für Extrembergsteiger und Iceclimbing-Spezialisten Merkmal: 22 animierte Sterne ziehen über einen Bergsee, ehe sie um den Gipfel des Artesonraju einen Kreis bilden. Detail: Bis heute gibt es keine kommerzielle Route auf den charismatischen 6.000er.
BERGWELTEN 95
Perfekt bouldern bei Bellinzona: Ute sucht die Leisten, Uta (vorn) und Nina sichern.
100 BERGWELTEN
BOULDERN IM TESSIN
Klettern wie die Kinder Zwischen maximaler Anspannung und totaler Entspannung: Im Süden des Landes finden sich auch im Winter sonnige, warme Felsen, bester Schweizer Gneis mit lässigen Griffen und zahlreichen Varianten. TEXT: UTA DE MONTE FOTOS: JOHANNES INGRISCH
U
li liegt im T-Shirt auf seiner dick gepolsterten Bouldermatte, dem Crashpad. Die Daunenjacke dient als Kopfkissen – die braucht er bei den warmen Temperaturen nicht anzuziehen –, die nackten Füsse sind der Sonne entgegengestreckt. Im Gesicht die totale Zufriedenheit. «Harry Spotter», ein anspruchsvoller 7a-Boulder mit scharfer Kante und knackigen Zügen, ist bezwungen. Nach einer Stunde Tüftelei, gefühlten tausend Ver suchen, vielen Absprüngen und einem angeritzten Ellenbogen ist die Mission erfüllt. Ruhepause. Nach dem Bouldern ist vor dem Bouldern. Die sonnige Siesta gehört untrennbar zum Boulder-Erlebnis im Tessin dazu. Wir verbringen ein Wochenende zwischen den Granitblöcken und Gneisfelsen der Gebiete Cresciano und Chironico, nur wenige Fahrminuten von Bellinzona entfernt. Mitten im Winter sind wir einmal
kurz aus den Skischuhen geschlüpft und wollen mediterranes Flair auf sportliche Art geniessen. Drei Kleinkinder jagen jauchzend durch die Laubhügel der kahlen Kastanienwälder, spielen Verstecken
«Wenn es in ganz Europa regnet oder schneit, sind die Felsen im Tessin immer noch trocken.» zwischen den Felsen und bauen geheimnisvolle Höhlen unter den Überhängen. Ute und Martin sind mit dem VW-Bus aus Bayern angereist, ganz spontan gestern Nacht, um den Sturmwarnungen in
Deutschland zu entgehen: «Wenn es in ganz Europa regnet oder schneit, sind die Felsen im Tessin immer noch trocken – da lohnt sich die Anreise.» Ulrich und Jonny, beide leidenschaftliche Kletterer aus Innsbruck, sind voller Vorfreude auf den Schweizer Gneis: «Die Qualität ist weltweit einmalig. Cresciano bietet lässige Griffformen, damit hat jede Route zahlreiche Varianten.» ÜBER DEM BODEN SCHWEBEN
Sie schätzen auch die gute Körnung der Oberflächenstruktur, die zwar griffig ist, aber dennoch nicht schmerzhaft rau. Das kommt sowohl Einsteigern entgegen, denen noch keine Hornhaut gewachsen ist, wie auch geübten Boulderern, die oft tagelang am Felsen hängen. Zu guter Letzt schwebt mein 39-jähriger Bruder Uli aus Zürich über dem staubigen Boden. Solange ich denken kann, hängt er in jeder freien Minute am Fels.
BERGWELTEN 101
Mit Blick auf die Ausläufer der Anden lässt sich im Tal von Cafayate auf rund 1.600 Meter Höhe entspannt wandern.
120 BERGWELTEN
BERGWELTEN AUF REISEN
IM TAL DES KONDORS Argentiniens unbekannter Nordwesten: Wir wandern in bizzaren Landschaften, reiten durch wilde Steppen, radeln über Salzseen und verkosten in Weingärten kühlen Torrontés. TEXT: SISSI PÄRSCH FOTOS: SEBASTIAN DOERK
BERGWELTEN 121
GIPFELGESPRÄCH
Die Gabe, es zu wagen Vor 40 Jahren hat Reinhold Messner gemeinsam mit Peter Habeler den höchsten Gipfel der Welt erstmals ohne zusätzlichen Sauerstoff bestiegen. Ein Interview mit dem berühmtesten Bergsteiger der Welt über die Verpichtung, sich am Unmöglichen zu messen, über sein zweites Ich am Gipfel und die Wiedergeburt nach der Rückkehr vom Berg. TEXT: STEFAN WAGNER UND MARKUS HONSIG ILLUSTRATION: ROLAND VORLAUFER
130 BERGWELTEN
Herr Messner, der Mount Everest ohne zusätzlichen Sauerstoff hat Sie zum Weltstar gemacht. Was bedeutet Ihnen das 40-Jahre-Jubiläum im Mai? Wenig, ehrlich gesagt. Ein bisschen feiern werden Sie schon? Nein. Die Kameraden der damaligen Ex pedition haben zwar gemeint, wir müssen zum Vierziger etwas machen. Aber ich habe gesagt: Warten wir doch besser, bis es 50 Jahre sind. Herr Messner, wir sprechen von der Erstbesteigung des höchsten Bergs der Welt ohne zusätzlichen Sauerstoff. Wir sprechen von einer Leistung, die nicht nur den Alpinismus ver ändert hat, sondern auch unser Wissen über die Grenzen der menschlichen Physiologie. Man prophezeite Ihnen, dass Sie entweder oben zugrunde gehen oder als Gemüse zurück kommen. Als völlig vertrottelt, ja, wenn überhaupt. Als Matschbirne. Das war der Stand der Wissenschaft.
am Tempo. Schon 1924, mit dieser Aus rüstung, ohne dass sie davor auf einem 8.000er gewesen waren – vergleichen Sie das mit meiner Ausgangsposition in den 1970ern: Ich wusste, dass es weltweit da mals keinen besseren Alpinisten als mich gab, ich hatte als einziger Mensch der Welt schon drei 8.000er ohne Flasche bestie gen, und die Ausrüstung war mit der aus den Zwanzigern nicht vergleichbar. Aber wissen Sie, dass der Everest ohne Flasche gar nicht die ursprüngliche Idee war? Nicht? Es ging uns allen seit Anfang der 1970er um ganz was anderes: um die Südwestwand des Everest. Das war die grosse Heraus
An einem Zeitungsstand in der Getreidegasse ist die Entscheidung gefallen, ohne Sauerstoff auf den Mount Everest zu gehen? Man stellt sich Anlässe historischer Ereignisse gern erhabener vor. Es sind schon noch drei Überlegungen dazugekommen, ganz praktische Dinge. Erstens hatten der Peter Habeler und ich schon im selben Jahr den Hidden Peak im Alpinstil bestiegen. Wir waren also die Ersten, die ohne Hochlager, ohne Fixseile, ohne Träger, ohne Sauerstoff auf einen 8.000er gestiegen sind, so wie man sonst aufs Matterhorn steigt. Und mir war klar, dass man genau auf diese Art auch den Everest ohne Maske besteigen kann. Zweitens hatte ich mit Peter den perfek ten Partner – er war der Ein zige, der die Kraft, die Schnel ligkeit, die Kondition und das alpinistische Können hatte. Der Peter konnte auch noch klettern, wenn er schon halb geschlafen hat. Und drittens: In dieser Zeit kam die EverestGenehmigung für 1978 für die österreichische Expedition von Wolfgang Nairz. Das hat sich günstig ergeben, da ha ben wir uns reinverhandelt, dass wir uns anschliessen dürfen.
«Der Peter konnte auch noch klettern, wenn er schon halb geschlafen hat.»
Sie vertrauten aber den Berichten einer in den 1920ern gescheiterten englischen Expedition. Es gab schon auch einzelne Mediziner, die es für möglich hielten, Oswald Oelz zum Beispiel, der ja dann auch Arzt unserer Expedition war. Aber ja, Somervell und Norton waren für mich der stärkste Be leg, dass es gehen muss. Die beiden waren schon 1924 auf knapp 8.600 Meter gestie gen, mit Lodenhosen, Nagelschuhen, Wi ckelgamaschen. Nur die Erkenntnis, dass sie nicht mehr als 30 Höhenmeter pro Stunde machen, hat sie aufgeben lassen: Also scheiterten die beiden in erster Linie
forderung, die schönste Wand, das berg steigerische Ziel schlechthin. Von ’70 bis ’75 haben sich alle an ihr versucht – Eng länder, Japaner, Deutsche, Österreicher –, alle sind gescheitert, und natürlich hab auch ich auf die Herausforderung hinge arbeitet. Aber im Herbst ’75 spaziere ich durch Salzburg, vorbei an diesem Kiosk am westlichen Ende der Getreidegasse. Beim Vorbeigehen, nur so im Augenwinkel, sehe ich die Titelseite einer englischen Zeitung: «Everest», «Southwest face» … hingegangen, Zeitung gekauft und sehe: «climbed». Die Engländer haben es gemacht. In diesem Moment war die Südwest für mich erledigt. Musste ich also was anderes machen. In diesem Moment hab ich entschieden: Ich werde den Everest ohne Maske versuchen.
Lassen Sie uns noch über die Skepsis der Mediziner sprechen. Diese Ungewissheit war Ihnen egal, dass eine Ader im Hirn platzen kann und aus – Sie fallen einfach um … … oder man wird höhenkrank, oder Äder chen platzen in den Augen, man wird blind und findet nimmer runter. Die Be denken der Mediziner kannte ich, ja. Und die Bedenken wurden durch den Verlauf der Expedition nicht zerstreut? Zunächst stürzte ein Sherpa ab und starb,
BERGWELTEN 131
IMPRESSUM
Ausblick
Was im Frühling kommt
Das nächste Bergwelten-Magazin erscheint am 29. März 2018. Erhältlich im Zeitschriftenhandel und auf bergwelten.com/abo
Die Königin der Berge
Chefredaktoren Christian Andiel, Markus Honsig Chefredaktion Klaus Haselböck (Bergwelten Specials), Mesi Tötschinger (Digital Brand Manager bergwelten.com) Head of Photo Isabella Russ Art Direction Daniela Bily Leitende Redaktorin Mara Simperler Redaktion Karin Boba, Peter Plattner (ÖAV), Christina Schwann, Gerald Valentin, Wolfgang Wieser, Walter Würtl (ÖAV) Autoren und Kolumnisten: Evelyne Binsack, Nik Hartmann, Reinhold Messner, Stevan Paul, David Pfeifer Mitarbeiter dieser Ausgabe: Roland Baumgartner, Uta De Monte, Sibylle Hamann, Dominik Osswald, Sissi Pärsch, Simon Schöpf Beirat Robert Renzler, Hans-Peter Stauber Grafik Elke Bauer, Tino Liebmann Fotoredaktion Elisabeth Prattes (Ltg.), Matti Wulfes, Sabina Dzinic (Beratung) bergwelten.com Marco Bogner, Riki Daurer, Martin Foszczynski, Christina Geyer, Max Moser (Portalmanagement), Katrin Rath Chefin vom Dienst Martina Bozecsky Produktion Veronika Felder (Ltg.), Martin Brandhofer, Michael Menitz Lektorat Hans Fleissner (Ltg.), Petra Hannert, Monika Hasleder, Billy Kirnbauer-Walek, Belinda Mautner, Klaus Peham, Vera Pink Office Management Kristina Krizmanic, Yvonne Tremmel Lithografie Clemens Ragotzky (Ltg.), Claudia Heis, Nenad Isailovic, Maximilian Kment, Josef Mühlbacher Head of Creative Markus Kietreiber
Lamatrekking Intelligent, liebevoll und neugierig: Lamas sind gerade für Kinder ideale Wanderbegleiter, wie eine Tour rund um den Giswilerstock zeigt.
Voralphütte Wenn Silvia und Peter in ihrer Hütte in den Urner Bergen Polentaschnitten mit Salbei kredenzen, stellen sich bei den Gästen Glücksgefühle ein.
UNTERWEGS IN SÜDTIROL Saftige Alpen, sanfte Wege und köstliche Südtiroler Spezialitäten: Das Grödnertal ist ein idealer Ort für genussvolle Touren im Frühling.
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Anzeigenleitung Elisabeth Staber Anzeigenverkauf Gerald Daum, Clemens Dittrich, Alexander Kopellos, Christopher Miesbauer, Nicole Okasek-Lang, Maximilian Stern, Christian Wörndle Creative Solutions Eva Locker (Ltg.), Martina Maier, Verena Schörkhuber, Edith Zöchling-Marchart B2B-Marketing Alexandra Ita (Ltg.), Agnes Hager Leitung Marketing & Kommunikation Barbara Kaiser Leser-Marketing Marija Althajm, Judith Strasser Marketing-Design Peter Knehtl (Ltg.), Simone Fischer, Alexandra Hundsdorfer Abo & Vertrieb Peter Schiffer (Ltg.), Klaus Pleninger (Vertrieb), Nicole Glaser (Vertriebsmarketing), Yoldas Yarar (Abo-Marketing) Finanzen Siegmar Hofstetter, Simone Kratochwill IT Michael Thaler Herausgeber und Geschäftsführer Andreas Kornhofer Medieninhaber, Eigentümer & Verleger Red Bull Media House GmbH, Oberst-LepperdingerStrasse 11–15, A-5071 Wals bei Salzburg, FN 297115i, Landesgericht Salzburg, ATU63611700 Geschäftsführer Dipl.-Kfm. Dietrich Mateschitz, Gerrit Meier, Dietmar Otti, Christopher Reindl Offenlegung gemäss § 25 Mediengesetz: Informationen zum Medieninhaber sind ständig und unmittelbar unter folgender Webadresse auffindbar: bergwelten.com/impressum Druck Prinovis GmbH & Co. KG (Kern und Endfertigung), Poly-Druck Dresden GmbH (Umschlag); gedruckt auf Galerie Fine Silk (Kern) und Magno Volume (Umschlag) von Sappi Europe Vertrieb: 7Days Media Services GmbH, www.7days-media.ch Abo-Service Bergwelten-Kundenservice, Postfach, CH-6002 Luzern Tel.: +41 41 329 22 02, Fax: +41 41 329 22 04 Mail: kundenservice@bergweltenabo.ch Abo Jahresabo CHF 64, Schnupperabo CHF 25 Redaktionsanschrift Poststrasse 3, Postfach, CH-6340 Baar Tel.: +41 41 766 36 36 E-Mail redaktion@bergwelten.com www.bergwelten.com Ein Produkt aus dem
FOTOS: SAMUEL TRÜMPY, VERA HARTMANN, OSKAR ENANDER, JAKOB EDER
Ruhige Wege, anspruchsvolle Alpinwanderungen und zahlreiche Spuren einer bewegten Vergangenheit: ein Besuch auf der Rigi ob dem Vierwaldstättersee, abseits vom Rummel rund um den Kulm.
Commercial Director Franz Renkin Verkaufsleitung Theresa Sternbach Project Sales Manager Michael Linauer Project Sales Specialist Vanessa Elwitschger
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