The Red Bulletin_1009_DE

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www.redbulletin.com

Ein fast unabh채ngiges Monatsmagazin / Oktober 2009

Dieses Heft singt, tanzt, fliegt und schafft einen Touchdown. Mehr auf Seite 5.

Der heilige Reggie Die New Orleans Saints wollen die NFL-Super-Bowl. Ihr Superstar Reggie Bush r채umt alle Hindernisse aus dem Weg.



Bullhorn

Dieses Heft singt Mit dieser Ausgabe betritt das Red Bulletin Neuland, als erstes Magazin der neuen Generation Print 2.0. Eine faszinierende Technologie namens „Augmented Reality“ macht es möglich, dass wir zusätzlich zu Texten und Bildern nun auch Musik, Videos und 3-D-Animationen ins Heft rücken können.

Coverbild: Jake Chessum; bild: jake chessum

Wie einfach Print 2.0 funktioniert, erklärt Ihnen die Seite 5. Und wie viel Spaß Print 2.0 macht, erleben Sie an insgesamt acht Stellen in diesem Heft: Überall dort, wo Sie das „Auge des Bullen“ sehen, wartet eine Überraschung – ein Movie, eine Backstage-Information oder wie zum Beispiel auf Seite 18 ein ganzes Musikvideo, im speziellen Fall „Breakdown“ (aus dem Album „Rush“, Red Bull Records) von Black Gold. Webcam und Internet-Anschluss genügen, schon beginnt Ihr Red Bulletin zu singen. Ein paar Seiten danach stellt Ihnen dieses Heft die bemerkenswerte ­türkische Rallye-Pilotin Burcu Çetinkaya vor (inklusive Movie von Burcu in Aktion), ebenso wie den NASCAR-Bullen Brian Vickers (mit dem Videoclip eines Reifenwechsels auf dem – tatsächlich! – Times Square in New York). Und auch die Reportage vom Saisonfinale des Red Bull MotoGP Rookies Cup kommt nicht ohne zusätzliche multimediale Dimension daher, es springt Ihnen ab Seite 64 ein kreischendes Best-of der New Kids on the Bock entgegen. Der handfeste journalistische Mehrwert von Print 2.0 gegenüber herkömmlichen Magazinen lässt sich auch am Beispiel unserer Coverstory ermessen: Red Bulletin-Reporter Jan Cremer besuchte NFL-Superstar Reggie Bush in New Orleans, begleitete den Hoffnungsträger der dortigen Saints durch einen Tag, vom Sauerstoffzelt im Luxusapartment am Ufer des Mississippi bis zum Trainingsgelände der Saints und retour. Die lesenswerte Story darüber beginnt ab Seite 50, ergänzende Impressionen des Besuchs finden Sie als Print 2.0-Movie auf Seite 51.

Das Auge des Bullen: Wo immer Sie dieses Zeichen sehen, gibt es Musik, ein Video oder eine Animation: Welcome to Print 2.0!

Zu Besuch beim Superstar: Red Bulletin-Reporter Jan Cremer (links im Bild, zu ­erkennen am moderateren Umfang der Oberarme) im Gespräch mit NFL-Held ­Reggie Bush in New Orleans.

Und weil wir schon bei Innovationen im Medienbereich sind: Auf dem Programmplatz des soeben gestarteten Satelliten-TV-Senders ServusTV ­öffnet sich ab 10. Oktober in jeder Samstag- und Sonntagnacht ein Fenster der besonderen Art. Dieses ist dem Red Bulletin insofern artverwandt, als es Ihnen einen Blick in die Welt von Red Bull ermöglicht. Einen Überblick über die Höhepunkte des Programms der ersten Wochen des Red Bull TVFensters finden Sie ab Seite 82, eine Vorschau auf eines der Highlights auf Seite 58: Als Vorgeschmack auf die atemberaubende Dokumentation über die sagenhafte Pororoca-Welle empfehlen wir Ihnen die dazugehörige ­Reportage, natürlich inklusive Print-2.0-Trailer. Viel Spaß dabei! Die Redaktion

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Die neue Dimension des Red Bulletin

Im Auge des Bullen Print 2.0: Ab sofort erleben Sie Ihr Red Bulletin noch intensiver – inklusive Movies, Sounds und Animationen. Und so einfach geht’s:

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1 Was Sie brauchen

2 Welche Bilder funktionieren?

Drei Dinge holen Multimedia-Inhalte dank der Medien-Revolution Print 2.0 ins Red Bulletin:

Das Auge des Bullen zeigt an, welche Bilder im Heft mit Hilfe Ihrer Webcam und der Website www.redbulletin.com zu „leben“ beginnen.

1. Internet-Anschluss Ihr Computer muss mit dem Internet verbunden sein, um Print 2.0 ­nützen zu können.

EIN FAST UNABHÄNGIGES MONATSMAGAZIN / OKTOBER 2009

Dieses He� singt, tanzt, fliegt und scha� einen Touchdown. Mehr auf Seite 5.

Action

Reggie Bush ist der heißeste Jungstar der NFL: Abendessen im Weißen Haus, TV-Spot mit David Beckham, Affäre mit Hollywood-Starlet Kim Kardashian. Nun wünscht sich das wiederauferstandene New Orleans vom 24-Jährigen die erste Super Bowl der Klubgeschichte. Dafür SAINTS WOLLEN DIE NFL�SUPER�BOWL. DIE NEW ORLEANS schuftet Reggie auf demIHR Trainingsplatz SUPERSTAR REGGIE BUSH RÄUMT ALLE AUS DEM WEG. und in der Kraftkammer,HINDERNISSE verbringt seine Abende beim Physiotherapeuten und seine Nächte im Sauerstoffzelt.

Der junge Mann mit T-Shirt ist Reggie, derjenige ohne T-Shirt ist Rocky: Boxerwelpe, drei Monate alt und, hm, noch nicht ganz fertig erzogen.

Der heilige Reggie

Action

Text: Jan Cremer, Fotos: Jake Chessum

Heiliger

reggie 2. Webcam Diese kann in Ihrem Computer integriert oder extern ange­ schlossen sein.

Der Superstar schält sich wie jeden Morgen um halb sechs aus einem neunzig Zentimeter breiten und zwei Meter langen Plastikschlauch, in dem er die Nacht verbracht hat: Es ist ein spezielles Sauerstoffzelt, worin sich sein Körper von den Prellungen, Zerrungen und Stauchungen erholt, die er am Vortag beim Training einstecken musste. Vom Sauerstoffzelt übersiedelt der Superstar in die Badewanne, um im warmen Wasser die Muskulatur für den neuen Arbeitstag zu lockern. Dieser beginnt um sechs Uhr mit einer Stunde Kraft- oder Laufübungen. Währenddessen bereitet sein Koch, der sich nur „Chef“ nennt, das Frühstück zu, das hauptsächlich aus einer großen Menge Kalorien besteht. Der Superstar isst an der schwarzen Marmortheke in der Mitte seiner Küche, schaut dabei schweigend fern. Der Superstar ist 1,83 Meter groß, wiegt 92 Kilogramm, sieht aus wie ein handbehauener Granitblock und trägt die Hoffnungen von New Orleans auf den ersten Titelgewinn der National Football League. EchtEr Star. reggie Bush, 24, ist der schnellste, athletischste und schillerndste Spieler der NFL, der National Football League. Sein Sechsjahresvertrag ist den New Orleans Saints kolportierte sechzig Millionen Dollar wert. Fachleute halten Bush für den Mann, der die nächsten Jahre der in den USa populärsten Sportart prägen wird – als heißeste aktie des american Football gilt er schon seit drei Jahren. reggie schmückte das cover eines Football-PlayStation-Spiels und gastierte im Video zum Nummer-1-hit „Like a Boy“ der hiphopperin ciara. als condoleezza rice US-außenministerin war, lud sie ihn zum Dinner ins Weiße haus nach Washington. In einem berühmt gewordenen tV-Spot, mit dem David Beckham den amerikanern nähergebracht werden sollte, ließ adidas ihn mit reggie Fußball und Football spielen. In der härtesten Währung, mit der die Prominenz von Sportlern in den USa gemessen wird, der anzahl der „Sports Illustrated“-cover, brachte es reggie Bush bisher auf fünf, das sind ebenso viele wie carl Lewis, Björn Borg und Michael Phelps. Reggie besitzt ein Haus in den Hollywood Hills in der Nähe von Los Angeles. Während der Saison bewohnt er aber ein vergleichsweise bescheidenes Acht-Zimmer-Apartment in einem Hochhaus in Downtown

Heroes

burcu Çetinkaya

Die Ruhe vor der Welle: Weil die Pororoca sich durch ihr Tosen früh genug ankündigt, bleibt Mensch und Tier ausreichend Zeit für die Flucht.

HEROES

widerlegt sämtliche Klischees: Wirklich schnelle Autofahrer aus der Türkei hocken nicht in tiefer gelegten BMWs mit fetten Bassboxen, bergab ging es jedoch nicht minder schnell, nachdem tagesanbruch angesagt. Die „Forest ii“ sollte liegen eher im Gegenteil. Porträt einer Tigerin im Überrollkäfig. der Gummibaum nach indonesien geschmuggelt und bleiben, wo sie lag. ihre beiboote würden uns zur

Was für ein Spaß: Ein Salto in den Amazonas bereitet nur kurz Vergnü­ gen, auf der Pororoca surfen Könner hingegen kilometerlang dahin.

HEROES

AtlAntik

br

dort in Plantagen angepflanzt worden war. heute Welle bringen: sie sind wendig genug, um im notfall Text: Ruth Morgan, Bild: Donald Milne wäre Manaus keine reise wert, würde es nicht mitten schnell fliehen zu können. in brasilien liegen, im herzen des amazonas-Gebiets, und damit die Gelegenheit bieten, zur Mündung des im Morgengrauen klettern wir in die kleinen holzkommen, wo Burcu Çetinkaya heute ist. Als Frau, Regen peitscht waagrecht durch Istanbul, am nächsten araguari vorzudringen, zur Quelle der Pororoca. boote, nussschalen im Vergleich zur stabilen „Forest noch dazu als Muslimin, ist es doppelt, ja dreimal so Tag werden die Zeitungen von Überschwemmungen unser Zuhauseschwierig. für die einwöchige reise war ein ii“. unser steuermann indio gibt das startzeichen, Sie musste viel Überzeugungsarbeit leisten, berichten. Burcu Çetinkaya flüchtet mit ihren eurodie „Forestum ii“,als 28 das Meter lang, sechs Meter was siewirft den sie außenbordmotor an. Wir legen ab. indio, anerkannt zu werden, ist, was päischen Begleitern in ihr Stammcafé imschiff, Stadtteil breit, angetrieben von will: einem 700-Ps-Dieselmotor. wie viele brasilianer asiatischer herkunft, pilotiert sein Motorsportlerin. Bebek, wo sie auch aufgewachsen ist. Man kennt sie Von Manaus aus tuckerte „Forestmit ii“dem durch ansonsten boote in Macapá, der nächsten Großstadt. Ihr ersterdie Kontakt Rallyesport erfolgte hier, Kellner und Chef grüßen freundlich, sie grüßt 64 im eine einzigartige landschaft, an santarém vorbei, er ist der Pororoca schon dutzende Male begegnet, Wohnort Alter von zwölf Jahren. Ihr Vater, ein Motorsport-Busizurück. Kurz checkt sie noch ihre E-Mails, eine ganz durchBloß die „Karibiknessman, des amazonas“, in sie denzu hier derVeranstaltung. und doch wirkt er angespannt. Die Pororoca, warnt Istanbul schleppte einer „Ich normale Szene aus dem modernen Istanbul. glitt sie demmit zwölf er uns eindringlich, kann sehr gefährlich werden. Beruf war fasziniert“, sagtmitten Burcu.auf „Aber kannst du dass Burcu selbst für das ganz moderne tapajós Istanbulmündet. Manchmal Fluss dahin, dannnoch wieder an ufern Wensoll siedas einmal überrollt hat, der findet sich in Rallye-Profi, Stuntnicht einmalentlang, normal von Auto fahren, wie besonders ist. 28 Jahre alt, sattelfest in mehreren Driver, TV-Moderatorin bäumen gesäumt,dann die ihre erschöpft ins Wasser So blieb kabbeligem, erstÄste mit Rallye funktionieren? nur die wildem Wasser wieder, in dem neben Sprachen, türkische Snowboard- und BasketballmeisAchtung auf #83: Der schnellste Qualifi er der laufenden hängenmacht lassen. Rolle als Fan, und ich bettelte meinen Vater baumstämmen Spricht an, mich auch Krokodile, Wasserschlangen terin, TV-Moderatorin, Stuntfahrerin. Gerade Türkisch, Englisch, ursprünglich sollte die „Forest ii“ durch einen und Piranhas NASCAR-Saison kämpft im „Chase“ um densie Sieg der öfter sich auf Rallyes mitzunehmen. Doch ihm passte das schwimmen. drei in Ausbildungen: Bauchtanz, Kickboxen und Französisch, Deutsch Kanal nach norden zumEr araguari schwindeln. Doch Die Gefahr besteht darin, mit dem holzboot im nicht. sah, dass seine kleine Tochter im Begriff war, Tango. Und dann ist da natürlich noch ihre größte Gesamtwertung – und ist einErfolge Mann vieler Talente. der Kanal war gesperrt, bliebzuein umweg –übers der Welle seichten Wasser auf Grund zu laufen sich inso etwas verlieben in etwas sehrvor Großes.“ Leidenschaft, ihre eigentliche Profession: Rallye. türkische SnowboardMeer der einzige ausweg, und unser schiff und stecken Text: Herbert Völker, Bild: Thomas Hoeffgen Vorerst flüchtete sie in verlor Snowboardrennen, ging zu bleiben. „Wenn das passiert“, sagt Rallye gilt als Männerdomäne. Burcu, die 1,67 Meisterin 2003 (Slalom seine nach salzwasser-unschuld. indio, Amerika, schloss ein dortpaar ihre Ausbildung ab„dann und müsst ihr springen und versuchen, euch Meter kleine Türkin, hat sich ihren Platz unfreiwillig in dieser Welt und Riesenslalom). stunden lang schaukelte es über denTürkei atlantik, dannInzwischen rasch war vomsie boot zu entfernen. Denn wenn die Welle Castrol Fiesta Rallye kam wieder in die zurück. erobert – in nicht einmal vier Jahren. Das geht nicht bog es wieder nach ab,Der genRallye-Spleen land. im araguari das boot trifft und hochwirbelt, ist die Gefahr groß, Cup Champion 2008, 24Westen Jahre alt. würde sich inzwischen mit Glück und gutem Aussehen allein, dazu braucht Von jedem ordentlichen Spitzensportler Platz gibt 2esFiesta SportingBull-Auftritts in dieser Saison; als bislang bester Qua-wir hinter einer kleinen insel vor anker. Zur gingen dass es euch zerschmettert.“ doch wohl verflüchtigt haben, hatte ihr Vater gehofft. es vor allem Talent und Durchsetzungsvermögen. Symptome himmelstürmender Entschlossenheit aus lifier (sechs Poles!) ist er voll im Fokus der Action. Trophy International. sicherheit, aus angst derman Pororoca, dieschon schonzu gröDieProfiGöttin iemanjá ist der brasilianischen sage zuMit vor 24 sei ohnehin alt, um eine Red Bull-Rallye-Teamchef Raimund Baumschlager frühester Kindheit zu berichten, kann ja Web nicht anders Zur Dramaturgie von NASCAR gehört es, zehn ßere schiffe umgeschmissen hatte. uns blie- die Experten. folge von Zeit zu Zeit böse auf die sterblichen. Dann karriere zu beginnen, sekundierten nennt sie eine „Tigerin im Auto“. Und erzählt eine einfach sein. Die Geschichte vom kleinen Brian geht so: Rennen vor Saisonende einen Strich zu ziehenben und burcucetinkaya.com wenige schlaf,wusste: die Pororoca war für den zu können, sucht sie nach opfern. Die Pororoca hilft der Göttin Um Rallyes fahren Episode von ihrem Test im Škoda Fabia S2000: „Nurstunden Burcu Er war ungefähr zehn, er und sein Vater arbeiteten die Top-12-Fahrer in ein Finale („The Chase“) für den braucht man Geld, Erfahrung, Unterstützung. Sie hatganz wenige Fahrer schaffen es, mit dem S2000 beim in der Garage, um sein Gokart fürs nächste Rennen Championship-Gesamtsieg zu hetzen. Unser Mann 60 abzute nichts davon. So bewarb sie sich für den damals ersten Versuch loszufahren, ohne den Motor fertig zu machen. Er sollte mitsamt dem Kart gewogen hat sich den letzten offenen Platz im Chase im 26. neuen Volkswagen Polo Ladies Cup. Als der VW-CEO würgen. Die Kupplung ist wirklich heikel. Burcu ist werden, hockte also drin und wetzte hin und her. Er und letzten Rennen der Regular Season gesichert. ihren Nachnamen sah, lehnte er die Bewerbung runddamit aus der Werkstatt gerollt, als ob es ein 50-PSsteckte seine Finger in die Löcher der Lenkradspeiheraus ab. Als Freund ihres Vaters war ihm natürlich Diesel wäre.“ Dass sie dabei ihre Stöckelschuhe anbechen, bis ein Finger stecken blieb. Die Eltern werkelten  : Brian, du giltst als der „intellektuelle bekannt, dass die Familie Çetinkaya die Ambitionen halten hatte, sah Baumschlager erst später. stundenlang an der heiklen Situation, aber der einzige Typ“ in NASCAR. Wenn man über dich sagt: „He is der Tochter missbilligte. „Ich wusste, in welches FitBurcus normaler Arbeitsplatz ist ein Ford Fiesta Effekt war, dass der Finger anschwoll. Brian ließ nicht a good guy. A bit of a thinker“ – wie passt das ins, nesscenter er ging“, erzählt Burcu. „Sechs Stunden ST in der Ford SportTrophy International, die im Rahzu, dass man die Speiche absägte, denn dies war sein uh, eher körperbetonte Umfeld deines Sports, wo lang habe ich vor der Tür gewartet, bis er endlich hermen der Rallye-WM stattfindet. Beim Saisonfinale, Lieblingslenkrad. So nahm man das Lenkrad samt eigentlich „bad guys“ die große Show machen? auskam. Dann habe ich ihn mir geschnappt und geder Großbritannien-Rallye in Wales (ab 23. Oktober), Brian aus dem Kart und beförderte beide erst einmal  : Zur Sicherheit bedanke ich mich einsagt, hey, das ist mein Leben! Ich bin 24 Jahre alt, ich fahren Burcu und ihre ausschließlich männlichen Kolins Bett. Am Morgen, so die Idee des jungen Mannes, mal für das Kompliment. Es hängt ein bisschen davon bin erwachsen. Ich bin ich, ich bin nicht mein Vater!“ legen wieder auf denselben Strecken wie Loeb, Sordo würde der Finger genauso locker aus dem Loch ab, wie man „intellektuell“ definiert. Ja, ich war ganz So rang sie ihm die Zusage ab, aufgenommen zu werund Co. In der Regel haben die Männer auf gleichem schlüpfen, wie er hineingekommen war. Fehlanzeige. gut in der Schule, ich lese eine Menge, was vielleicht den – sofern ihr Vater schriftlich einwilligte. Der aufMaterial das Nachsehen: Im Vorjahr belegten Burcu Man brachte Brian-am-Lenkrad in die Notaufnahme, nicht ganz typisch für mein Umfeld ist. merksame Leser ahnt, dass sie auch das geschafft hat. Çetinkaya und ihre Beifahrerin Çiçek Güney, auch sie aber die hatten auch keine Patentlösung. Der schwere Krimis, Liebesromane? Jetzt brauchte sie nur noch einen Rennwagen. Und eine ehemalige türkische Snowboardmeisterin, Platz Fall landete in der Betriebswerkstatt des KrankenLieber alle Arten von News, Zeitungen und Zeitschrifsie musste fahren lernen. Ihr einziger wertvoller Bezwei in der Gesamtwertung. Selbst mit den besten hauses. Finger gerettet, Lenkrad abgesägt, after all. ten. Wenig Fiction, aber viele Sachbücher, zum Beispiel sitz war ihr Privatauto. Das verkaufte sie. Sie spürte Voraussetzungen wäre es nicht leicht, dort hinzuDie oberste NASCAR-Liga („Sprint Cup“) gilt als zuletzt „The Tipping Point“, da geht es darum, wie eine der härtest umkämpften Rennserien der Welt – kleine Dinge Großes bewirken können. Meine Bücher 32 sehr viel „amerikanischer“ als die Formel 1, dafür handeln von Themen unserer Gesellschaft und immer auch dichter (43 Autos im Rennen), mit doppelt so wieder von Erfolg, vom Bessermachen. Das interessiert vielen Auftritten pro Saison (36 Rennen), härter im mich einfach, und vielleicht entsteht dadurch ein Bodycheck, viel mehr auf direkte Rad-an-Rad-KämpImage, das manche als „intellektuell“ bezeichnen. fe zugeschnitten. Dementsprechend aufregend sind Gegenschuss: Wie wichtig ist es, sich in der die TV-Quoten und die Kenndaten einer unvergleichNASCAR-Welt als Hero darzustellen? lichen Community: Etwa 75 Millionen deklarierte Um nicht plötzlich als Bücherwurm und Stubenhocker „Basis-Fans“ leben im Rhythmus ihres Sports. dazustehen: Ich bin ein totaler Sportfreak und entRed Bull Racing ist im Sprint Cup mit Wagen #82 decke laufend neue Sportarten dazu – von Superbike (Scott Speed) und #83 (Brian Vickers) dabei, die über Kajak bis Fallschirmspringen, von Mountainbiking 5,9-l-V8-Motoren kommen von Toyota und leisten und Tauchen nicht zu reden. Und Golf, natürlich. rund 850 PS. Scott Speed wird in dieser Saison noch Was die Frage betrifft: Ich sehe mich sicher nicht als als Rookie geführt und ist bestens unterwegs, sich Held, aber manche Sportarten schaffen eben Helden ins Establishment hochzuboxen. Auch Brian Vickers auf ihre eigene Art. Meine Vorbilder sind nicht unbegehört noch zu den jungen Angreifern in der Liga (er dingt Sportstars, aber klar habe ich einige von ihnen wird bald 26), hat aber schon ordentlich NASCARverehrt – Dale Earnhardt senior und Ayrton Senna Erfahrung. Brian ist die logische Speerspitze des Red zum Beispiel, auch Jeff Gordon und Michael Schu-

BRIAN VICKERS

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Name Burcu Çetinkaya

Geburtsdatum/-ort 19. März 1981, Istanbul, Türkei

Bild: bob martin/red bull air race via ap images; illustrationen: albert exergian

3. de.redbulletin.com/ print2.0 Surfen Sie auf diese Adresse, richten Sie die Webcam auf die entsprechend gekenn­ zeichneten Bilder im Red Bulletin … und es geht los!

Name Brian Vickers Geburtsdatum/-ort 24. Oktober 1983, Thomasville, North Carolina Early Bird Hatte mit fünfzehn schon sieben Kart-Meisterschaften gewonnen, wurde jüngster Sieger einer US-weiten NASCAR-Serie („Busch“), holte mit zwanzig seine erste Pole-Position in der obersten NASCARLiga („Cup“). Ideen Das Leben besser machen, das eigene und überhaupt. Etwa: Rennfahren mit Wasserstoffautos. NASCAR reagiert verhalten. Web www.brianvickers.com

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new kids on the bock Die Wiege künftiger Motorrad-Stars heißt Red Bull MotoGP Rookies Cup. Was die Kids hier lernen, rüstet sie für eine strahlende Zukunft. Wir haben sie eine ganze Saison lang begleitet.

Manaus

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Text: Peter Clifford, Fotos: Jiří Křenek

Brasilia

65 rio de Janeiro

Zitat Head: Zitat.Velis exer suscipsusto dion ut loborer ostiniamet in henisse vero exero odigna facipsusto corero

a ra g uar i-Flu s s

In dieser Ausgabe erleben Sie Print 2.0 auf dem Cover und den Seiten 18 (Story Black Gold), 33 (Porträt Burcu ­Çetinkaya), 43 (Held Brian Vickers), 51 (Reggie Bush), 59 (Story Pororoca) und 65 (Red Bull MotoGP Rookies). 61

Wer aussieht wie Burcu, hat es nicht leicht. Sehr routiniert wehrt sie sich mittlerweile gegen den Vorwurf, sie würde nur wegen ihres Äußeren unterstützt. Wie sie das macht? Mit dem Gaspedal.

NASCAR ist die patriotischste aller amerikanischen Motorsportveranstaltungen. Vor jedem Start spielen sie die Nationalhymne, und eine Viertelmillion Menschen im Oval singt ergriffen mit.

3 Gleich testen! Computer an? Auf http://de. redbulletin.com/ print2.0 gesurft? Webcam ange­ schlossen? Dann geht’s hier los mit Ihrem ersten Print2.0-Erlebnis: Einfach die Webcam auf das Bild links richten – und Ihr digitaler Monitor wird zur MultimediaErgänzung Ihres ana­ logen Red Bulletin.

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i n h a lt

Willkommen in der Welt von Red Bull! Diesen Monat erfinden wir den Synthesizer, mischen die NASCAR-Serie auf, werfen uns von Holzgerüsten in die Tiefe, kämpfen um die Super Bowl, fahren Rallye und surfen die gewaltige Amazonas-Welle.

Bullevard

08 Weltmeisterfrage Triathlon-Weltmeister Daniel Unger übers überraschende Schwimmen in offener See. 10 fotos des monats 16 kunst und können Unterwegs mit Mack McKelton, Marco Smolla, Jan Delay und Daniel Schuhmacher.

50

18 black gold & Cameron Diaz … mit neuer CD und tiefen Einblicken. 20 Einst und Jetzt: Sprintschuhe Wilma Rudolph und Usain Bolt im Lauf der Zeit. 23 Mein Körper und ich Diesmal: Mountainbikerin Lisi Osl. 24 Pinnwand & Formel Wie man ein Fahrrad zum Sprung bewegt. 26 Mutprobe Cliff Diving mit Oliver Pocher. 28 Zahlen des Monats Red Bull X-Fighters: die Saisonbilanz.

Heroes

32 Burcu Çetİnkaya Sie war türkische Snowboard- und Basketballmeisterin, jetzt fährt sie Rallye, als „Tigerin im Auto“.

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36 Tom Oberheim Er gab dem „Oberheim Synthesizer Expanded Module“ seinen Namen. Und revolutionierte damit die Musikwelt. 40 Hannes Arch Der Red Bull Air Race-Weltmeister ist Held der Drachenfliegerin Corinna Schwiegers­ hausen. Hier erklärt sie uns, warum.

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42 Brian Vickers Obacht auf Nummer 83: Der NASCAR-Bulle mischt die „Sprint Cup Series“ auf. Und ist ein Mann der vielen Talente. 46 Steve AOKI Noch mehr Talente als Brian Vickers? Das ist möglich, wie uns Steve Aoki beweist. Und er braucht dazu nicht mal einen Rennwagen. 6

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i n h a lt

Action

50 zu gast bei Reggie Bush Der Star der New Orleans Saints jagt die Super Bowl. Wir haben den spannendsten Granitblock der NFL besucht. 58 Pororoca Eine riesenhafte Welle rollt vom Atlantik den Amazonas hinauf bis tief ins brasi­ lianische Landesinnere. Und muss ­unbedingt gesurft werden. 64 New Kids on the Bock Der Red Bull MotoGP Rookies Cup im Rückspiegel: wie aus netten Kids ganz plötzlich kleine Rennmonster werden.

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Bilder: Getty Images (2), Aleksi Kinnunen, JiŘÍ KŘenek, Marcelo Maragni, Donald Milne, Rutger Pauw, Puma

70 Land Diver Auf der Pazifikinsel Pentecost springen junge Männer von Holzgerüsten – und landen entweder ziemlich ramponiert oder offiziell gereift.

More Body & Mind

78 Get the Gear Was man braucht, um Football beinahe wie Reggie Bush spielen zu können. 80 Mal was Deutsches Deutsche Gegenwartskunst im Rahmen der HangArt-7 in Salzburgs Hangar-7. 82 Das Fenster zur Welt Das Red Bull TV-Fenster auf ServusTV. 84 Musik & Ski-Weltcup Die Seite, auf der der Skiwinter beginnt und der Musikfestivalsommer endet. 88 Die Macht der Nacht Diesmal: zu Gast bei DJ Juho in Helsinki (sogar in der Sauna), bei Londons Szene im JuJu Club, mit Major Lazer auf ­Jamaika und bei A-Trak in Brooklyn. 96 Read Bull Es schrieb für uns: Renate Kaiser, Tirol. 98 Geist mit Körper Christian Ankowitschs Kolumne belebt. Red Bulletin täglich neu: www.redbulletin.com 7


leserbriefe

Briefe an die Redaktion l­ eben. Meine Freunde und der Insiderkreis sind da schon mehr enttäuscht. Peter Pflügl, per E-Mail

Vorab möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich das Red Bulletin gerne lese und mich über die Information zu den einzelnen Sportarten freue. Ich habe ­etwas gelächelt, als ich in der August-Ausgabe Ihren Barfußwasserski-Artikel „Jetzt wird’s etwas kitzeln“ las. Ich selbst war 16 Jahre Barefooter, mehrfacher Europapokalgewinner, Europameister und Amateurweltmeister. Mit zwei weiteren Barfuß-Wasserskifahrern halte ich noch einen Welt­rekord: Wir haben über fünf Minuten lang eine Barfuß-Pyramide gebildet. Die Trainingsstange ist eine Erfindung von mir, und ich habe sie weltweit meinen Freunden und Kontrahenten empfohlen. Ich habe kein Problem mit der Darstellung in Ihrer Reportage, dass diese Leute das „Barefooting“ in Österreich bekannt gemacht haben, und kann damit gut

Es war nicht die Absicht des Red Bulletin, die Verdienste ­erfolgreicher österreichischer Barfußwasserskifahrer zu schmälern. Allerdings sollte der Beitrag auch nicht die Geschich­ te dieser Disziplin detailliert aufarbeiten. Es ging vielmehr darum, unseren Lesern diesen interessanten Sport nahezu­ bringen. Die im Text erwähnte Wasserskischule ist eine der ­wenigen, in denen diese Sport­ art u ­ nterrichtet wird. Die Red. Im September-Bulletin ist mir ein Fehler aufgefallen: Ihr schreibt, dass „Pulp Fiction“ mit sieben Oscars ausgezeichnet worden sei. Es war aber nur einer – für das Drehbuch. Der Film war jedoch in insgesamt sieben Kategorien nominiert! Bin nicht nur ein leidenschaftlicher Rap-, sondern auch Tarantino-Experte! Martin Gächter, per E-Mail Asche auf unser Haupt: Da ­haben wir Quentin wohl nicht genau zugehört und Wunsch und Werk verwechselt. Um Nachsicht bittet: Die Red.

Durch Zufall bin ich auf Ihre Serie „Formelsammlung“ ge­ stoßen. Als Physik­lehrer kann man die Themen aufgreifen und ausarbeiten. Hätten Sie, um dies attraktiv durchzuführen, Poster von der Serie, die Sie uns zur Verfügung stellen können? Hans Preiß, Nymphenburger Schulen, 80638 München Herzlichen Dank für Ihr Inter­ esse! Wir können Ihnen zwar keine Formel-Poster anbieten. Im Internet finden Sie aber un­ ter http://de.redbulletin.com/ articles/mag_archiv_2009/ alle Magazine als PDF zum ­Herunterladen, inklusive der schlauen Formelseiten. Die Red. Die Formelseiten im Red Bulletin sind immer interessant. Unklar ist mir, warum (siehe September-Heft) bei der Reifen-Reibungskraft nirgendwo die Aufstandsfläche vorkommt. Wenn diese irrelevant wäre, warum haben F1-Boliden dann so breite Reifen? Volker Rothschädl, per E-Mail

würde man denken, dass bei kleiner Auflagefläche die Rei­ bung kleiner ist. In diesem Fall ist aber die Kraft pro Fläche (also der Druck) größer und somit auch, salopp gesagt, die Verzahnung der Oberflächen. Beide Effekte gleichen sich aus. Das kann man durch Experi­ mente belegen. Bei einem ver­ formbaren Gegenstand wie ­einem Reifen kommen weitere Effekte dazu. Dann ist es tat­ sächlich so, dass breitere Reifen eine etwas größere Reibung verursachen. Der Effekt ist aber gering und für eine größen­ ordnungsmäßige Abschätzung nicht relevant. Natürlich: Wenn jede Hundertstelsekunde zählt, spielen auch wenige Prozent eine Rolle. Daher werden in der For­ mel 1 breite Reifen verwendet. Leserbriefe richten Sie bitte per Fax an die Nummer +43 (0)1 90221-28809, per E-Mail an leserbriefe@at.redbulletin. com oder an die Postadresse HeinrichCollin-Straße 1, 1140 Wien. Leserreaktionen werden nur veröffentlicht, wenn sie Name, Adresse und Telefonnummer bzw. E-Mail-Adresse enthalten. Die ­Redaktion behält sich Kürzungen vor, wenn Länge und Klarheit solche erfordern.

Die Reibung eines starren Ge­ genstandes hängt tatsächlich nicht von der Auflagefläche ab. Das klingt paradox. Intuitiv

l e s e r f r a g e n , w e lt m e i s t e r a n t w o r t e n

Allerhand, sagt ­Daniel Unger (GER), 2007 Weltmeister auf der Kurzdistanz (1,5 km Schwimmen, 40 km Radfah­ ren, 10 km Laufen). Speziell beim Schwimmen muss man mit Überraschungen rechnen. Auf jede Frage antwortet der passende Weltmeister: E-Mails an weltmeisterantworten@at.redbulletin.com

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95 Prozent meiner jährlich 1000 bis 1200 Schwimmkilometer absolviere ich im ­Becken. Dabei erlebt man bei den Wettkämpfen gerade in Freigewässern einige Über­raschungen. In der Hafenbucht von Yokohama machte ich heuer unliebsame Bekanntschaft mit einer Feuerqualle. Nach einer allergischen Reaktion und ­sofortiger medizinischer Erstversorgung war das Rennen für mich nach wenigen Minuten beendet – ärgerlich nach der Vorbereitung und den Reisestrapazen. Bei einem Rennen in Washington, D. C., wurde nach massiven Regenfällen die Strömung

in der Mitte des Potomac River so stark, dass Startplätze in Ufernähe deutlich bevorteilt waren. Erschwerend hinzu kam Treibholz, das uns mit zahlreichen blauen Flecken aus dem Wasser steigen ließ. Beim Weltcupbewerb in Edmonton (Kanada) „kippte“ das Wasser aufgrund von Vogelkot – fast alle Athleten bekamen einen Ausschlag. Manchmal ist das Wasser auch zu frisch. In Toronto musste die 1500Meter-Schwimmdistanz halbiert werden: Das Wasser hatte nicht einmal 14 Grad. Mehr Weltmeister-Tipps: redbulletin.com/deinefrage/de

bilder: Bernhard Spöttel/red bull photofiles, privat

Was erlebt man so beim Triathlon?


K a i n r at h s k a l e n d e r b l at t

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bild: carreonphotography.com/Red Bull Photofiles

credit

Bullevard Befl端geltes in kleinen Dosen.

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H u n t i n gto n B e ac h (U SA)

Erleuchtet Es war ein Versuch: Als Red Bull 2007 erstmals zum Illume-Foto­ wettbewerb aufrief, wusste keiner so recht, was er erwarten sollte. Man hoffte auf gute Fotos, klar. Dass schließlich unfassbare 2000 Fotografen aus 90 Ländern insgesamt 7500 Fotos einsandten, dokumentiert nur den quantitativen Erfolg. Noch wichtiger war die enorme Qualität der Fotos: neue Perspektiven, radikale Manöver, innovative Techniken, Bilder, die Herz und Seele berührten. Red Bulletin-Sammler kennen einen Illume-Querschnitt aus unserem Heft Nummer 2. Andere mögen der Illume-Ausstellung irgendwo auf der Welt begegnet sein, etwa hier in Huntington Beach, Kalifornien. Jetzt machen wir es noch einmal: Red Bull Illume Image Quest 2010 startet am 1. Oktober. Es gibt zehn Kategorien, eine hochkarätige Jury, tolle Preise. Der Unterschied zu damals: Heute können wir ahnen, was auf uns zukommt. Und das bereitet riesige Vorfreude! Red Bull Illume Image Quest 2010: ab 1. Oktober 2009 www.redbullillume.com Bullevard-Pics downloaden: redbulletin.com/wallpaper/de


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bild: David Blundell/AP Images/Red Bull Photofiles


P o rto (P OR)

fürs leben fliegen Genauso stellen wir uns eine spannende Rennsaison vor: Das Duell zwischen den Titelanwärtern der Red Bull Air Race World Championship, Paul Bonhomme (GBR) und Hannes Arch (AUT), ging bis in die letzte Runde. Unser Bild vom vorletzten Rennen in Porto kann nur einen groben Eindruck von der Dramatik und dem Speed der wohl spannendsten Rennserie der Welt vermitteln. Live war das alles noch viel unpackbarer. ­Echten Fans bietet sich jetzt die Chance, auf eBay Goodies der ­Piloten zu ersteigern: Hannes Archs Overall, ein Rennwochenende mit Team Bonhomme, eine Hangar-7-Tour mit Matthias Dolderer, Yoshihide Muroyas Kopfhörer oder ein Poster, hand­ signiert von allen Piloten des Red Bull Air Race. Das Beste daran: Der Erlös kommt zur Gänze Wings for Life zugute, jener ­Stiftung, die sich zum Ziel gemacht hat, Rückenmarks­ verletzungen heilbar zu machen. Pilotenporträts und alle Ergebnisse auf: www.redbullairrace.com


orlando air Orlando Duque heißt der Dominator der Red Bull Cliff Diving Series 2009. Der 35-jährige Kolumbianer gewann nicht weniger als drei der acht Konkurrenzen, seine schlechteste Platzierung war ein vierter Rang. Auch abseits der Competition begeisterte Orlando seine Fans bei Red Bull Cliff Diving Exhibitions auf der ganzen Welt, etwa hier im montenegrinischen Podgorica. Orlando ist nicht nur der weltbeste Klippenspringer, er ist auch der beste Botschafter seines Sports. Alle Saisonergebnisse und Videos: www.redbullcliffdiving.com Orlando im Porträt: redbulletin.com/duque/de

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bild: Predrag VuČkoviĆ/Red Bull Photofiles

P o d g o r i c a (M NE )


geradeaus ist der kleine Bruder von langweilig.

MINI Cooper S. Let’s MINI.

175 PS und Gokart-Feeling pur sorgen im MINI Cooper S auf jeder Strecke für garantierten Fahrspaß. Mehr Infos unter www.MINI.de, der MINI Hotline 01802 64 64 66*, per SMS mit dem Kennwort „KART“ an die 53335 oder direkt bei Ihrem MINI Partner. Kraftstoffverbrauch kombiniert: 6,2 [6,9] l/100 km, außerorts: 5,2 [5,3] l/100 km, innerorts: 7,9 [9,7] l/100 km, CO2- Emission kombiniert: 149 [165] g/km. *

0,06 EUR pro Anruf / Fax aus dem Festnetz, ggf. andere Tarife aus Mobilfunknetzen. Werte in [ ] gelten für Fahrzeuge mit 6-Gang-Automatikgetriebe.


b u l l e va r d

gleit­ zeit

Der Film „Die Götter müssen verrückt sein – Teil 2“ war bei Skateprofi Mack McKelton Auslöser für einen ungewöhnlichen Ausflug nach Mayrhofen in Österreich. Um endlich ohne Kraftaufwand richtig viel Air unter die Füße zu bekommen, wollte der Berliner Paragliden lernen. Sein Kumpel, der Snowboard-Pro Marco Smolla, bekam davon Wind und zog mit. Der Münchner träumte insgeheim schon länger vom Fliegen. Gemeinsam ging es im Auto zur Flugschule Zillertal, Smolla sorgte als beifahrender DJ für gute Musik und mit einem Höhenangst-Geständnis für Gelächter. Paraglide-Profis führten die beiden BrettPros schrittweise ins Air-Business ein. Tag 3 sah die beiden schon auf dem Weg zum internationalen Paraglide-Flugschein. Doch bei fast 300 Meter Nichts unter den Beinen wurde selbst unseren zwei Actionsportlern etwas mulmig. Jetzt sind beide völlig flugverrückt, wollen aber doch bei ihren „konventionellen“ Sportarten bleiben. Trotzdem sollte man demnächst bei den Red Bull X-Alps genau darauf achten, ob nicht ein Teilnehmer mit Skate- oder Snowboard antritt ...

Mack McKelton

Marco Smolla

Alle Bilder auf: redbulletin.com/smolla/de

Bilder des Monats

Moment mal!

Szenen aus dem abenteuerlichen Alltag unserer Leser. Einfach hochladen auf: www.redbulletin.com Unter den Einsendern der veröffentlichten Fotos wird ein Red Bull MOBILE Bluetooth Headset BH-1 verlost. Bis zu vier Stunden lässt sich damit freihändig reden. (Ein Ladegerät für danach ist selbstverständlich auch dabei.) Gewinner aus Heft 9/2009: Florian Kaiser. Wer nicht gewonnen hat: Das Headset gibt’s um 49 Euro exklusiv im Red Bull MOBILE Online Shop unter http://shop.redbullmobile.at/

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Zugspitze Weltrekord! Der Schweizer Freddy Nock verzichtete auf die Seilbahn und balancierte die 995 Meter zu Fuß. Michael Dalder, August 2009

Bilder: Erwin Polanc / Red Bull Photofiles (5)

Skater und Snowboarder kämpfen täglich gegen die Schwerkraft. Zwei Jungs konnten diesen Kampf nun endlich gewinnen.


b u l l e va r d

Daniel Schuhmacher: Gut geflogen Der ganz spezielle Höhentrip eines Sängers.

Den Funk im Blut Bilder: Michael Buchholz, Tom Lovelock/Red Bull Air Race via AP Images

Am Anfang war der Reim, und der Reim war bei Jan Delay. Das beweist der Hamburger mit seinem neuen Album wieder einmal eindrucksvoll. „Es ist hart, so hart im Showgeschäft“, singt einer, der es wissen muss. Fünfzehn Jahre ist Jan Delay dabei, von den Anfängen mit seiner G ­ ruppe Absolute Beginner bis hin zu seinem aktuellen Solo-Ding. Und er ist immer noch on top. Das belegt das frische Album des Hamburgers, „Wir Kinder vom Bahnhof Soul“, einmal mehr. Wie schon auf dem Vorgängerwerk „Mercedes Dance“ wirft er die Referenzmaschine an. Nicht allein, was den Titel angeht. Denn im Gegensatz zu Christiane F. hat Delay kein Gift in den Adern, sondern Funk im Blut. Seine Band Disko No. 1 ist mittlerweile zur zehnköpfigen Unit angewachsen, die problemlos zwischen Chic-Disco und Rick-James-Funk alterniert. So unlängst geschehen beim Chiemsee Reggae Summer. Denn obwohl Delay gar wenig karibische Klänge dabei-

hatte, wurden die Dreadlocks während seiner Performance „derbe geschüddelt“, wie Delay es wohl formulieren würde. Während der Performance seiner neuen Single „Oh Jonny“ grinste er schelmisch in die ersten Reihen. „Geh los und verkauf Crack, Mann. Quäl Tiere und schau ‚Beckmann‘“, sang er und hüpfte wild über die Bühne. Wegen solch per­ fider Reime, wegen solcher Wortakrobatik ist er der Liebling aller, ob Feuilleton oder Baggypants-Träger. „Gestern warst du die Award-Gewinner-Sensation, heute bist du beim Promi-Dinner, Endstation!“, röhrte Delay mit nasaler Verve. Eines ist sicher: Mit seinem Talent wird ihm der Fernsehherd wohl erspart bleiben.

Das Gefühl, ordentlich durchgewalkt zu werden, kennt der 22-Jährige aus seiner Zeit bei „Deutschland sucht den Superstar – DSDS“. Nach Bewertungen durch Juroren-Ekel Dieter ­Bohlen wusste Daniel Schuhmacher häufig nicht mehr, wo oben und unten war. Der Sänger bewies allerdings ­Nervenstärke, was bekanntlich am Ende mit Platz eins der Casting-Show belohnt wurde. Schuhmacher braucht aber offenbar den Nervenkitzel. Beim Rennen der Red Bull Air Race World Championship in Porto tat Pilot Sergio Pla ihm daher den Gefallen und nahm Daniel mit auf eine Runde. Schuh­ macher kam dabei schnell auf den ­Geschmack und forderte in der Luft immer mehr und immer waghalsigere Manöver: Erst bei beachtlichen 7g war die ­Grenze erreicht und der begeis­ terte Shootingstar Schuhmacher um eine Erfahrung reicher.

Jan Delay, „Wir Kinder vom Bahnhof Soul“ (Vertigo/Universal): am 26. Oktober live in der Berliner Columbiahalle

Dorset Statt tierischer Opfergaben beschränkten Hamburg Eine Wasserlandung beim Red Bull Flugtag wir uns darauf, einige Dosen Simply Cola darzubrinim Kleinformat – im Miniatur Wunderland von Hamburg. gen. Tom Jones, Camp Bestival, Juli 2009 Sebastian Mayer, September 2009

London Technische Präzision – für Fahrer und Organisatoren – ist vor dem „Flugspektakel“ gefragt. Pavel Medyzun, Red Bull X-Fighters, August 2009 17


b u l l e va r d

Keine alte Kiste

Invasion der goldgräber Nach dessen fulminantem Start in den USA dürfen jetzt auch Europäer zum neuen Black-Gold-Album grooven. Was mussten sie nicht alles durchstehen! Ein überschwemmtes Studio, endlose ­Aufnahme-Sessions und einen mühsamen Umzug an die Westküste. Im Februar ­jedoch war das Werk endlich vollendet: Black Golds Debüt „Rush“ nahm die USamerikanischen Plattenläden im Sturm. iTunes listete den Track „Detroit“ als Sin­ gle der Woche, Kritiker schüttelten begeistert Vergleiche von T-Rex bis Chic aus dem Ärmel. Nun erscheint die Platte auch in Europa, und das Duo aus Brooklyn rüstet sich „für eine stürmische Invasion des Alten Kontinents“, scherzt Drummer Than Luu. „Nach der harten Arbeit tut der Erfolg gut. Der Titel ‚Rush‘ bezieht sich auf die Höhen und Tiefen, die wir während der Albumproduktion durchlebt haben.“ Als ihr New Yorker Studio nämlich einem Rohrbruch zum Opfer fiel, übersiedelten Black Gold kurzerhand ins Red Bull Studio in Los

­ ngeles, wo die Platte fertiggestellt wurA de. Und die zusätzlichen Aufnahmen ­haben sich gelohnt: „Rush“ strotzt vor himmelhoch jauchzenden Hymnen und melancholischen Momentaufnahmen. Die Band schafft den unglaublichen Spagat zwischen der Funkyness alter MotownPlatten, dem distinguierten Songwriting eines David Bowie und der jugendlichen Energie von Panic! At The Disco. Bei letzterer Band bedient Sänger Eric Ronick zwischendurch übrigens das Keyboard, Than Luu gibt nebenbei den Perkussionisten für den US-Songwriter M. Ward. Ganz schön beschäftigt, diese Jungs! Wie gehen sich solche Seitensprünge beim dicht gedrängten Black-Gold-Kalender eigentlich aus? „Kein Problem“, sagt Luu und grinst, „statt Drogen nehmen wir Red Bull!“ Europa-Release von „Rush“: 12. Oktober 2009 Album-Download auf: www.redbullrecords.com

Wolfgangsee Jungtalente überzeugten Pu­ Garmisch-Partenkirchen Nach einem be­ blikum und Fachjury (Christl Stürmer!) beim Teenage schwerlichen Parcours wartete zur Belohnung ein Kuss der Rockstar Summercamp. G. Rosenbichler, Aug. ’09 Miss Dirndl. Hans Herbig, Red Bull Fensterlkönig, Aug. ’09 18

Weltweit haben sich schon einige ­Hundertschaften wagemutiger Piloten in selbstgebauten „Mini-Flitzern“ beim Red Bull Seifenkistenrennen in die Kurve gelegt. Dabei bekamen rosa ­Elefanten und Toiletten ebenso vier Räder wie Särge, Dampfwalzen und überdimen­sionale Red Bull-Dosen. Denn: Bewertet wird stets weniger der schiere Speed als vielmehr die Kreativität der Konstruktionen. Wem es an bastlerischem Geschick mangelt, der sollte sich das Seifenkistenrennen als Handyspiel organisieren. Jeder, der ein Java-Handy, einen BlackBerry, ein iPhone oder einen iPod touch besitzt, kann bei A1/Vodafone, T-Mobile, 3, Orange, o2, e-Plus und in Apples App Store das Spiel kaufen.* Ganz ohne Schweiß stellt man sich ­dabei allein mit seinen Daumen eine Rennseifenkiste zusammen, und schon fällt die Startflagge: Für die ­eigentlichen ­Rennen existiert eine ­üppige Auswahl an herausfordernden Strecken in ­vielen Städten der Welt. * Kostenlos für alle Red Bull MOBILE-Kunden in Österreich auf dem Red Bull MOBILE-Portal!

Wien Die deutsche Indie-Rockband Tomte auf dem Red Bull Tourbus brachte 3500 Zuschauer auf Wiens Karlsplatz so richtig in Fahrt. Philipp Schuster, September 2009

bild: Red Bull Records, philipp schuster

Das Spiel zur kreativsten Rennserie der Welt.


b u l l e va r d

Meine welt

CAMERON  DIAZ

Ihr Hauptjob ist Hollywood-Superstar. Daneben hat sie aber noch genügend Zeit für Männer, Matches und Heavy Metal. Glückstreffer Ihr Filmdebüt gab Cameron Diaz 1994 in „Die Maske“ mit Jim Carrey. Als sie damals das Drehbuch bei ihrem Agenten herumliegen sah, wollte sie nur zum Spaß probieren, ob sie eine Rolle bekommen würde. Zwölf Telefonate später hatte sie eine Zusage, obwohl sie davor nur im Schultheater aufgetreten war.

Gefähr lic he Lie bsc haf ten

Zwischen ihren Filmdrehs ist die Scha uspielerin mit zahlreichen Hobbys beschäftigt. Dazu zählen unter anderem Stricken (hat sie von Julia Robe rts gelernt), Golfen, Surfen, Karaoke, Holzschnitzen und Snowboarden. Wobei sie weder Beulen noch Brüche fürchtet. Beim Wellenreiten in Hawaii zertrümmerte sie sich die Nase, und bei einem Zusa mmenprall auf der Piste brach sie sich das Handgelen k.

Tricky Finger Man muss alles können, ist das Motto von Diaz. Für „3 Engel für Charlie“ lernte sie stuntmäßig Auto zu fahren und diverse Kampfsportarten. Und für den Part der kleinen Gaunerin Jenny in Martin Scorseses „Gangs of New York“ übte sie sich sogar im Taschendiebstahl. Ihr Lehrmeister: ein Profi-Zauberer.

Text: diane leeming; illustration: lie-ins and tigers

Win netous Enk eli n

Blond, blauäugig, bildhübsch – optisch ist Diaz ein richtiges All-American Girl. Aufgewachsen in Long Beach, nur fünfzig Kilometer südlich von Los Angeles, entstammt sie aber einem bunten ethnischen Mix. Ihr Vater Emili o ist US-Kubaner, ihre Mutter Billie hat deutsche, englische und indianische Gene. Um sich ihren eingeborenen Wurzeln anzunähern, kaufte sie sich indianische Accessoires von Designer David Jet Black Horse. Der taufte sie dafür mit dem Namen „Firedancer“ (Die durch das Feuer tanzt).

Klapp ergerüst

Als junges Mädchen hatte Diaz den Spitznamen „Skelett“, weil sie so dürr war. Ihrer Schlaksigkeit zum Trotz wurde sie auf einer Party in L. A. von einem Fotografen entdeckt und landete mit sechzehn bei der Modelagentur Elite. Sieben Monate lang musste sie auf ihren ersten Job warten, bevor sie für Kampagnen von Calvin Klein und Levi’s um die Welt jetten durfte.

Fankultur Der sportliche Filmstar scheut keinen ­Wettkampf und geht schon mal mit Ex-Weltmeister Kelly Slater zum Surfen. Als Fußballfan gibt sie es allerdings ziemlich billig und jubelt für den britischen Drittligisten Brentford FC. Und in der Halbzeitpause stopft sie sich dann beherzt einen Kuchen rein.

Hei SSe r Feg er

Justin Als Diaz noch mit Ex-’N-Sync-Sänger beim Paar das fegte war, liiert e erlak Timb 30. Geburtstag von JC Chasez, vormals nc, im ebenfalls Mitglied der Boygroup ’N-Sy heiß lich ziem Rox“ The Hollywood-Club „On efloorDanc diese für sich Um tt. Parke s über en Performance in Schwung zu halten, kippt bs sich die beiden einige Strawberry Bom Bull) (Erdbeer-Stolichnaya-Wodka mit Red und Tequila Shots hinter die Binde.

Männchen, wechsle dich Trotz ihres Eingeständnisses von ­Bindungsängsten und dass sie „nicht einmal die Verantwortung für einen Hund, geschweige denn für Kinder­tragen möchte“, hat die 37-Jährige bereits einige Hollywood-Größen durchprobiert. Ihre Liaisons reichen von Model Paul Sculfor über Sänger Justin Timberlake, Magier Criss Angel bis zu den Schau­ spielern Edward Norton und Matt Dillon. Und mit Jared Leto soll sie sogar verlobt gewesen sein.

He av y He ad ba ng in g

Ihr erstes Konzerterlebnis als Teenager war Van Halen in L. A . Ihre Mutter brachte sie hin und vertrie b sich die Wartezeit im Auto mit Gob elinsticken – Rock ’n’ Roll! Die Jahre vergingen, Camerons Hang zu Heavy Metal aber blieb. „Ich hab ganz schön abgerockt“, gestand sie einmal, „stand auf Iron Maiden, Ozzy, AC/DC. Und natürlich auf Ratt und Poison!“

Grüne Göttin Das nennt man grünen Aktivismus: Cameron hat nicht nur die MTV-Show „Eco Trippin’“ zur Rettung der Erde moderiert. Sie fährt auch ein Hybrid­ auto, half Al Gore bei seinen „Live Earth“-Konzerten und gestand, dass sie nach dem Pinkeln die Spülung nicht ­betätigt, um Wasser zu sparen. Wow!

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EINST UND JETZT

auf die plätze!

Gehen Sprinter heutzutage auf Rekordjagd, redet die Mode ein gewichtiges Wörtchen mit. Vor knapp fünfzig Jahren vertraute man auf die Vorzüge australischen Rohmaterials.

Als Wilma Rudolph 1960 bei den Olympischen Spielen in Rom an den Start ging, hatte sie das wichtigste Rennen ihres Lebens bereits gewonnen. Die Sprinterin stammte aus einer kinderreichen Familie (18 Geschwister) aus dem US-Südstaat Tennessee und erkrankte als Kleinkind an Polio. Für ihr beeinträchtigtes linkes Bein brauchte sie zunächst Schuheinlagen und eine Stütze. Als Läuferin gewann Rudolph ihre Rennen mit geschmeidiger Leichtigkeit, was ihr den Namen „schwarze Gazelle“ bescherte. Diese Spikes trugen Rudolph in Rom zu drei Goldmedaillen (100 m, 200 m, 4 × 100-m-Staffel): Sie waren aus handschuhdünnem, extrem leichtem Känguruleder gefertigt, besaßen eine Nylonsohle und wogen 336 Gramm. 20

text: tom hall; bildER: Adidas, Puma

Dreimal Gold, Teil 1 Adidas Rennschuh, 1960


B u l l e v ar d

Dreimal Gold, Teil 2 Puma Complete TFX Theseus 3 Pro, 2009 Gemüse ist gesund: Da ist es legitim, nennt Usain Bolt seine Laufschuhe nach seiner Lieblingsspeise. Das orange Oberteil des Puma Yaam, nur einen Selbstlaut von der s­ üßen YamWurzel entfernt, besteht aus High-Tech-Mikro­fasern, die nur ein Drittel von Rindsleder wiegen. Bei der Optik samt vergoldeten Spikes ließ sich Puma vom Künstler Jeff Koons inspirieren. Das Ergebnis kontrastierte vortrefflich mit der blauen Laufbahn des Berliner Olympiastadions. Dort flog der Jamaikaner Bolt mit diesen Spikes (das Paar wiegt 298 Gramm) bei der IAAF-WM im August in die Geschichtsbücher: mit Weltrekorden über 100 m (9,58 s) und 200 m (19,19 s) sowie seinem Erfolg in der 4 × 100-m-Staffel (37,31 s).


b u l l e va r d

mx forever Man kann sagen, dass Tony Cairoli die heurige Saison in der Königsklasse MX1 dominiert hat. Beim dritten Saisonrennen in der Türkei übernahm er die Red Plate des Gesamtführenden, noch vor dem ­letzten Rennen in Brasilien hatte er den WM-Titel in der Tasche. Sein härtester Konkurrent, der Deutsche Max Nagl, hatte – auch wegen einer Kahnbeinverletzung – keine Chance mehr, den Ita­liener noch einzu­holen. Zum Showdown kommt es nächstes Jahr: Da wechselt Tony nämlich

von Yamaha zu KTM und wird dort Max’ Teamkollege. KTMs Offroad-Sportchef Pit Beirer: „Das ist der Höhepunkt unseres Dreijahresprogramms. Jetzt haben wir ­eines der besten Teams in der WM.“ Wenn er da nur nicht untertreibt: Das orange Superteam geht als haus­hoher ­Favorit in die kommende Saison. Even­ tuell hat Tony ja auch Tattoo-Tipps für ­seinen neuen Kollegen … Alle News und Action-Videos auf: www.tonycairoli.com

Deutscher Ballkönig gesucht! Ballkontrolle, Kreativität und Style in Kombination mit Musik: Deutschland sucht seinen besten Freestyle-­ Kicker. Der Gewinn: ein Ticket zum Red Bull Street Style-Weltfinale im ­April 2010 nach Kapstadt in Südafrika. Und so geht’s: einfach bis 31. Oktober 2009 ein eigenes Freestyle-Soccer-­ Video mit den besten Tricks auf www. redbullstreetstyle.com hochladen. Beim anschließenden Online-Voting entscheiden die Fans bis 15. November, wer die besten 32 Freestyler sind. ­Diese Kandidaten treten im Dezember in einem Pre-Qualifier im direkten Head-to-Head-Battle vor einer Fach­ jury an. Die 16, die sich qualifizieren, kämpfen beim großen Deutschland-­ Finale um den ­Titel „Bester deutscher Freestyle-­Kicker“. Und der darf zum Weltfinale nach Südafrika. Alles klar? Dann ­Kamera zücken, die besten Balltricks aufzeichnen und hochladen. Bis 31. Oktober 2009 Freestyle-Videos hochladen: www.redbullstreetstyle.com

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bilder: Ray Demski/Red Bull Photofiles (3), Damiano Levati/Red Bull Photofiles; Illustration: dietmar kainrath

Geschwindigkeit, Dreck und Ruhm: Tony Cairolis Lebensliebe heißt Motocross, weit über den aktuellen MX-Titel hinaus.


B u l l e va r d

mein Körper und ich

Lisi Osl

Die 23-jährige Mountainbikerin aus Tirol ist die jüngste Weltcup-Gesamtsiegerin in der olympischen Cross-Country-Disziplin. Und das ist ihr Kraftwerk.

zuckerpu ppe

Ich ernähre mich ausgewogen. Kein Fett (Olivenöl ist okay), kein Zucker oder weißes Mehl. Zu Hause haben wir einen Garten, in dem wir Gemüse und Kräuter selber anbauen. In der Früh hole ich Milch vom Bauern, zu Fuß, fast wie im Tourismusprospekt. Ich esse eigentlich alles, vor allem aber Fisch, Gemüse, Hirse und Polenta. Ich koche und backe gern, auch mein eigenes Brot. Meine Kuchen kann ich leider nicht selber essen – meine vier Geschwister freut’s.

wahre kraft

Manchmal muss ich mich überwinden, vor dem Wochenende die Tasche zu packen. Früher habe ich alles Mögliche zu den Rennen mitgenommen. Mittlerweile bin ich da effizienter. An meinen Taschen habe ich trotzdem noch ganz schön zu schleppen. Unter 20 Kilo geht’s einfach nicht, wenn eine Frau verreist.

Fli ege ng ew ich t

Bei 1,65 Meter Körpergröße wieg e ich 45 Kilo, im Winter wegen des zusätzlichen Krafttrainings etwas mehr. Bevor ich professio nell mit dem Sport begonnen habe, hatte ich 52 Kilo gewogen. Generell sind gute Cross-Co untry-Fahrerinnen eher leicht, weil du dann nich t so viel Gewicht den Berg raufschleppen mus st. Mächtige Haxen allein machen nicht schn ell.

Entspannung Am besten entspanne ich mich daheim in Tirol, da ist alles so ruhig. Barfuß zu gehen, mag ich sehr. Im Sommer habe ich fast nie Schuhe an. Zur aktiven Regeneration gibt es Massage, im Winter hie und da Solarium. Als Ausgleichssport liebe ich Laufen, Langlaufen und Schitouren, weil ich da auch in der Natur bin. Und vor kurzem habe ich Federball entdeckt.

Sün de

Bild: Dom Daher/Red Bull Photofiles

An einem Wochenende pro Jahr schla ge ich hemmungslos über die Stränge: Da kaufe ich Semmeln, dann kommt noch fest Nutella drauf. Dann eine Pizza, Haus mannskost, all die verbotenen Dinge. Auf diese Art kann ich leichter verzichte n, als wenn ich mir ab und zu was erlauben würde. Nach diesem „Sünden“-Wochene nde habe ich stets einen massiven Zuckerschock.

Nad el und Fade n

Bis jetzt sind all meine Stürze so verlaufen, dass man sie mit Nadel und Faden reparieren konnte. Der Klassiker sind Rissquetschwunden am Knie. Einmal hatte ich eine Gehirnerschütterung, einmal habe ich mir innen die Unterlippe vom Kiefer gerissen. Da gab’s dann eine Zeitlang Babynahrung. Man muss ganz schöne Mengen essen, um davon satt zu werden.

Ab ins Bett

Ich gehe früh schlafen, um halb zehn oder spätestens zehn. Dafür stehe ich auch früh auf, in der Regel um sieben. Wenn ich zusätzlich eine Runde Morgensport einschiebe, kräht der Hahn um sechs. Zu Mittag halte ich eine Stunde Siesta. Nur so verkraftet der Körper eine, im Winter zwei Trainingseinheiten pro Tag. Lisi Osl bloggt auf: redbulletin.com/osl/de

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Formelsammlung

Radhochsprung

Ganz wesentlich dabei: Man sollte immer ­wissen, wo sich der Schwerpunkt befindet, sagt der Physiker*.

Der EC Red Bull Salzburg holte sich mit Siegen über die Zürcher Lions, ZSKA Moskau und im Finale Sparta Prag zum ersten Mal den Turniersieg beim Red Bulls Salute in der Salzburger Eishalle.

kurz & dennoch einzigartig Diesmal einige besonders emotionale Siege auf Eis, Wasser, Asphalt und Fels.

Kilian Fischhuber (li.) und Angie Eiter (re., beide AUT) haben jeweils das Rock Master in Arco am Gardasee gewonnen. Für Angie war es der fünfte Sieg bei der legendären Kletterveranstaltung, Kilian holte sich den Sint Roc Boulder Contest zum dritten Mal.

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bilder: ASP Red Bull (2), GEPA pictures, Jaret Llewellyn, Sutton Images

Dorien Llewellyn (AUT) ist U14-WasserskiEuropameister im Slalom. Damit nicht genug, holte der Dreizehnjährige außerdem ­Silber in der Kombi und selbst nach einem gröberen Sturz noch Bronze im Springen.

Mikhail Aleshin (RUS) hat sein erstes Rennen in der Formel 2 gewonnen. Der 22-jährige gebürtige Moskauer, der auch schon den Red Bull F1 gefahren ist, feierte in Oschersleben (GER) einen Start-Ziel-Sieg.

Der Fahrradsprung auf eine drei Meter hohe Platt­ form erfordert perfektes Timing. Die Zeit zwischen dem Absprung von der Rampe und der Landung auf der Plattform mit einem „wheel swap“ beträgt weni­ ger als eine Sekunde. In Bruchteilen einer Sekunde muss das Rad nach oben gezogen werden, und die Räder werden gebremst oder wieder frei gelassen, so dass eine sichere Landung auf einer nur 1,2 mal 1,6 Qua­dratmeter großen Plattform möglich ist. Mit einer optimal gewählten Geschwindigkeit v fährt Thomas ­Öhler über die Rampe und zieht das Vorder­ rad empor. Er hebt ab, und das Rad bewegt sich nach oben, wobei die Räder vertikal übereinander stehen. Wäre die Anfangsgeschwindigkeit zu hoch, dann würde Thomas, statt sanft aufzusetzen, im Paletten­ stoß landen. Zum Zeitpunkt, an dem Thomas das Bike hoch­ zieht, um das Vorderrad an den Palettenturm zu hängen, hat der Schwerpunkt die Höhe der Plattform erreicht. Idealerweise wird fast die gesamte kineti­ sche Energie in potentielle Energie umgewandelt. Sobald das Vorderrad am Palettenturm eingehängt ist, ist die Reibung zwischen Vorderrad und Plattform von großer Bedeutung. Thomas muss sich nach vorn bewegen, um seinen Schwerpunkt über die Kante zu bringen. Mit angezogenen Bremsen schiebt er die Schultern über die Lenkstange hinweg. Die Reibungs­ kraft und die Vorwärtsbewegung des Körpers er­ zeugen ein Drehmoment, das den Drehimpuls des Fahrrades erhöht. Dadurch schwingt das Hinterrad um 90 Grad nach oben. Mit präzisem Timing löst Thomas die Bremse und stößt das Fahrrad durch Strecken der Arme auf die Plattform. Mit dem Energieerhaltungssatz lässt sich die ­Anfangsgeschwindigkeit abschätzen. Die kinetische Energie zu Beginn, mv²/2, muss der Summe aus potentieller Energie, mgh, und Rotationsenergie, I ²/2, ent­sprechen. Im Energieerhaltungssatz sind m, die ­Gesamtmasse des Fahrrades und des Fahrers, v, die Geschwindigkeit auf der Rampe, h, die verti­ kale Distanz, I, das Trägheitsmoment des Fahrrades, und , die Winkelgeschwindigkeit des Fahrrades, enthalten. Um den Schwerpunkt des Systems auf die Höhe der Plattform zu bringen und das Fahrrad innerhalb von 200 Millisekunden um 90 Grad zu drehen, muss die Anfangsgeschwindigkeit 25 km/h betragen. * Professor Dr. DI Thomas Schrefl unterrichtet und forscht an der Fachhochschule St. Pölten und an der Universität Sheffield.

Alle Formeln auf: redbulletin.com/formel/de


bild: Erwin Haiden/Bike Infection; Illustration: mandy fischer

Thomas Öhler, 26, verbesserte beim Bike Infection in Kaprun, Salzburg, die Bestleistung im Bike-Hochsprung um 15 Zentimeter auf drei Meter. Das Erfolgsgeheimnis des Österreichers: „Die acht­ hundert ­Zuschauer haben mich zum Weltrekord gepusht!“


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Pochers Platsch TV-Moderator Oliver Pocher stürzte sich aus 20 Meter Höhe von einer Klippe ins Meer. Uns hat er gesagt, wie es war.

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An der Haltung muss noch gearbeitet werden. Ansonsten war Pochers 20-Meter-Sprung beim Red Bull Cliff Diving in Dubrovnik ganz ordentlich.

Auf jeden Fall. Mentale Stärke ist in meinem Job von großer Bedeutung. Wenn ich vor der Kamera stehe, spule ich ja nicht geschriebene Nummern ab, sondern lasse oft die Dinge auf mich zukommen und muss spontan reagieren. Ohne men­ tale Stärke wäre das nicht möglich. Wie hat Ihre Vorbereitung ausgesehen? Recht überschaubar. In den Flieger nach ­Kroatien steigen, theoretische Einweisung von Orlando Duque, drei oder vier Probesprünge aus geringen Höhen und fertig. Haben Sie davor einen Bissen runtergebracht? Das war kein Problem. Ich dachte mir, je schwerer ich bin, desto schneller bin ich unten. Und nachher? Hat die Nahrungsaufnahme problemlos geklappt.

Würden Sie Harald Schmidt raten, das auch einmal zu wagen? Wenn er Interesse hat, biete ich mich als Coach an, ich würde meine Erfahrung gerne an ihn weitergeben. Dann wären wir quitt. Glauben Sie, dass jeder Klippen springen kann? Könnte ein Volkssport daraus werden? Wenn man nicht komplett unsportlich und kein allzu großer Angsthase ist, steht dem Springen aus zehn Metern und mehr eigentlich nichts im Wege. Einen Klippenspringer-Verband mit acht Millionen Mitgliedern sehe ich aber nicht. Welches Abenteuer ist als Nächstes dran? Wie gesagt, das entscheiden die Zuschauer. „Die Oliver Pocher Show“: seit 2. Oktober 2009 immer freitags um 22.15 Uhr in Sat.1

bilder: Dean Treml/Red Bull Photofiles (2)

RED BULLETIN: Sind Sie als Jugendlicher je von einem 10-Meter-Brett gesprungen? Oliver Pocher: Nein! Bin ich nicht. Warum nicht? Angst gehabt? Aus zwei Gründen: Zum einen gab es im örtlichen Schwimmbad nur ein 1- und ein 3-Meter-Brett. Zum anderen war damals keine Fernsehkamera dabei. Wenn das Rotlicht leuchtet, laufe ich zur Höchstform auf und traue mir Dinge zu, die ich ohne Kamera vielleicht nicht machen würde. Sie haben letztens den Rallye-Piloten Giniel de Villiers beim Red Bull Offtrack pilotiert, jetzt stürzen Sie sich mit den Cliff Divern ins Meer. Ist Ihnen Ihr TV-Job zu langweilig? Alles andere als das. In meiner neuen Sendung gibt es die Rubrik „Pochers Auftrag“, in der mich die Zuschauer in die verschiedensten Extrem­ situationen bringen. So stand ich auf einmal in Kroatien auf einer 20 Meter hohen Klippe. Was ist der größere Thrill: einen Promi auf den Arm zu nehmen oder sich von einer ­Klippe zu stürzen? Beides hat etwas mit Mut zu tun, aber der ­größere Thrill war schon das Klippenspringen. 20 Meter sind ganz schön hoch. Wie leicht fällt da der Schritt über die Kante? Dadurch, dass drei Kameras mitgefilmt haben, blieb mir nichts anderes übrig. Ohne wäre ich vielleicht nicht gesprungen. Ihre letzten Gedanken vor dem Absprung? Wäre ich doch einfach Versicherungskaufmann geblieben. Ihr erster Gedanke beim Auftauchen? Gut, dass das Kind schon gezeugt ist. Cliff-Diving-Champs wie Orlando Duque zeichnen sich durch mentale Stärke aus. Können Sie das auch von sich behaupten?


Happy Day Rhabarber Mit seinem fruchtig-herben Geschmack ist er die ideale Begleitung in diesem Sommer: Ob purer Genuss eisgekühlt, gespritzt oder im Mix mit Prosecco und Co.!

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B u l l e va r d

zahlen des monats

Red Bull X-Fighters Freestyle Motocross at its very best gab’s auch 2009 bei den Red Bull X-Fighters zu bestaunen. Nate Adams flog in London zum Gesamtsieg, hier die Zahlen der Saison.

Die Saison stand im Zeichen von Nate „The Destroyer“ Adams (Bild). Der 25-Jährige aus Arizona siegte in Fort Worth und London, landete in Madrid auf Platz 2, kam auf 325 Gesamtpunkte. Zweiter wurde Robbie Maddison, 27 (AUS/265), der zudem im Juli mit dem Tower-Bridge-Sprung brilliert hatte.

4200 Die USA sind auch beim FMX das Land der Superlative. In Fort Worth, Texas, wurden auf dem Parcours satte 4200 m³ Dirt verarbeitet. 15 ­Kicker katapultierten die Fahrer jeweils in 15 Meter Höhe und ließen sie bis zu 40 Meter weit fliegen. Und als ob der Abend nicht schon heiß genug gewesen wäre: In Fort Worth wurden 41 Grad Celsius gemessen.

43.000 Seit 2005 steht Jahr für Jahr Mexiko City auf Platz eins im Red Bull X-Fighters-Publikumsranking. Der Grund dafür heißt ­Monumental Plaza de Toros, ist die größte Stierkampfarena der Welt und erst dann ausverkauft, wenn sich 43.000 Fans ihre Tickets für den Rundflug der besten Freestyler der Welt gesichert haben. Auch 2009 war die Arena wieder zum Bersten gefüllt.

90 90 Sekunden (im Finale 120) haben die Fahrer in den jeweiligen Head-to-HeadDuellen Zeit, um mit Tricks wie Rock Solids, Backflips oder Heart Attacks fünf Judges, die in fünf verschiedenen Kategorien einen bis hundert Punkte vergeben können, zu überzeugen.

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24 Der allererste Bewerb in der Geschichte der Red Bull X-Fighters fand 2001 in der Stierkampfarena von Valencia statt. Seither wurden 24 Contests ­ausgetragen, die diesjährigen fünf in Mexiko City (MEX), Calgary (CAN), Fort Worth (USA), Madrid (ESP) und London (GBR). Head Judge der Red Bull X-Fighters ist „einer von ihnen“: Andy Bell war von 1998 bis 2002 selbst erfolgreicher FMX-Profi, flog drei Jahre lang unter den Top Ten der Weltrang­ liste, spielte in über 30 Motocross-Movies mit und hält neun Guinness-Weltrekorde.

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17 Die wohl größte Überraschung der Saison lieferte zum Auftakt in Mexiko City der erst siebzehnjährige Rookie Levi Sherwood. Der Neuseeländer, der nur aufgrund einer Verletzung von Jeremy Stenberg (USA) mit einer Wildcard ins Starterfeld gerutscht war, eliminierte auf dem Weg ins Finale Mat ­Rebeaud und setzte sich in diesem gegen den japanischen Routinier Eigo Sato durch. Die gesamte Saison 2009 auf: redbullxfighters.com

Bild: Jörg Mitter/Red Bull Photofiles

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Der Mann mit der Nummer 83, Brian Vickers, demn채chst 26 Jahre alt, zeigt seinen NASCAR-Kollegen, was eine Sprint-CupSeries-Harke ist.

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Heroes Helden und ihre Taten: Wer uns diesen Monat bewegt.

bild: Getty Images/Red Bull Photofiles

32 Burcu Çetİnkaya 36 Tom Oberheim 40 Hannes Arch 42 Brian Vickers 46 Steve Aoki

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Heroes

burcu Çetinkaya widerlegt sämtliche Klischees: Wirklich schnelle Autofahrer aus der Türkei hocken nicht in tiefer gelegten BMWs mit fetten Bassboxen, eher im Gegenteil. Porträt einer Tigerin im Überrollkäfig. Text: Ruth Morgan, Bild: Donald Milne

Name Burcu Çetinkaya Geburtsdatum/-ort 19. März 1981, Istanbul, Türkei Wohnort Istanbul Beruf Rallye-Profi, StuntDriver, TV-Moderatorin Spricht Türkisch, Englisch, Französisch, Deutsch Erfolge türkische SnowboardMeisterin 2003 (Slalom und Riesenslalom). Castrol Fiesta Rallye Cup Champion 2008, Platz 2 Fiesta Sporting Trophy International. Web burcucetinkaya.com

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Regen peitscht waagrecht durch Istanbul, am nächsten Tag werden die Zeitungen von Überschwemmungen berichten. Burcu Çetinkaya flüchtet mit ihren europäischen Begleitern in ihr Stammcafé im Stadtteil ­Bebek, wo sie auch aufgewachsen ist. Man kennt sie hier, Kellner und Chef grüßen freundlich, sie grüßt zurück. Kurz checkt sie noch ihre E-Mails, eine ganz normale Szene aus dem modernen Istanbul. Bloß dass Burcu selbst für das ganz moderne Istanbul ­besonders ist. 28 Jahre alt, sattelfest in mehreren Sprachen, türkische Snowboard- und Basketballmeisterin, TV-Moderatorin, Stuntfahrerin. Gerade macht sie drei Ausbildungen: Bauchtanz, Kickboxen und Tango. Und dann ist da natürlich noch ihre größte Leidenschaft, ihre eigentliche Profession: Rallye. Rallye gilt als Männerdomäne. Burcu, die 1,67 Meter kleine Türkin, hat sich ihren Platz in dieser Welt erobert – in nicht einmal vier Jahren. Das geht nicht mit Glück und gutem Aussehen allein, dazu braucht es vor allem Talent und Durchsetzungsvermögen. Red Bull-Rallye-Teamchef Raimund Baumschlager nennt sie eine „Tigerin im Auto“. Und erzählt eine Episode von ihrem Test im Škoda Fabia S2000: „Nur ganz wenige Fahrer schaffen es, mit dem S2000 beim ersten Versuch loszufahren, ohne den Motor abzuwürgen. Die Kupplung ist wirklich heikel. Burcu ist damit aus der Werkstatt gerollt, als ob es ein 50-PSDiesel wäre.“ Dass sie dabei ihre Stöckelschuhe anbehalten hatte, sah Baumschlager erst später. Burcus normaler Arbeitsplatz ist ein Ford Fiesta ST in der Ford SportTrophy International, die im Rahmen der Rallye-WM stattfindet. Beim Saisonfinale, der Großbritannien-Rallye in Wales (ab 23. Oktober), fahren Burcu und ihre ausschließlich männlichen Kollegen wieder auf denselben Strecken wie Loeb, Sordo und Co. In der Regel haben die Männer auf gleichem Material das Nachsehen: Im Vorjahr belegten Burcu Çetinkaya und ihre Beifahrerin Çiçek Güney, auch sie eine ehemalige türkische Snowboardmeisterin, Platz zwei in der Gesamtwertung. Selbst mit den besten Voraussetzungen wäre es nicht leicht, dort hinzu-

kommen, wo Burcu Çetinkaya heute ist. Als Frau, noch dazu als Muslimin, ist es doppelt, ja dreimal so schwierig. Sie musste viel Überzeugungsarbeit leisten, um als das anerkannt zu werden, was sie ist, was sie sein will: Motorsportlerin. Ihr erster Kontakt mit dem Rallyesport erfolgte im Alter von zwölf Jahren. Ihr Vater, ein Motorsport-Businessman, schleppte sie zu einer Veranstaltung. „Ich war fasziniert“, sagt Burcu. „Aber mit zwölf kannst du noch nicht einmal normal Auto fahren, wie soll das dann erst mit Rallye funktionieren? So blieb nur die Rolle als Fan, und ich bettelte meinen Vater an, mich öfter auf Rallyes mitzunehmen. Doch ihm passte das nicht. Er sah, dass seine kleine Tochter im Begriff war, sich in etwas zu verlieben – in etwas sehr Großes.“ Vorerst flüchtete sie in Snowboardrennen, ging nach Amerika, schloss dort ihre Ausbildung ab und kam wieder in die Türkei zurück. Inzwischen war sie 24 Jahre alt. Der Rallye-Spleen würde sich inzwischen doch wohl verflüchtigt haben, hatte ihr Vater gehofft. Mit 24 sei man ohnehin schon zu alt, um eine Profikarriere zu beginnen, sekundierten die Experten. Burcu wusste: Um Rallyes fahren zu können, braucht man Geld, Erfahrung, Unterstützung. Sie hatte nichts davon. So bewarb sie sich für den damals neuen Volkswagen Polo Ladies Cup. Als der VW-CEO ihren Nachnamen sah, lehnte er die Bewerbung rundheraus ab. Als Freund ihres Vaters war ihm natürlich bekannt, dass die Familie Çetinkaya die Ambitionen der Tochter missbilligte. „Ich wusste, in welches Fitnesscenter er ging“, erzählt Burcu. „Sechs Stunden lang habe ich vor der Tür gewartet, bis er endlich herauskam. Dann habe ich ihn mir geschnappt und gesagt, hey, das ist mein Leben! Ich bin 24 Jahre alt, ich bin erwachsen. Ich bin ich, ich bin nicht mein Vater!“ So rang sie ihm die Zusage ab, aufgenommen zu werden – sofern ihr Vater schriftlich einwilligte. Der aufmerksame Leser ahnt, dass sie auch das geschafft hat. Jetzt brauchte sie nur noch einen Rennwagen. Und sie musste fahren lernen. Ihr einziger wertvoller Besitz war ihr Privatauto. Das verkaufte sie. Sie spürte


Wer aussieht wie Burcu, hat es nicht leicht. Sehr routiniert wehrt sie sich mittlerweile gegen den Vorwurf, sie würde nur wegen ihres Äußeren unterstützt. Wie sie das macht? Mit dem Gaspedal.


Volkan Işık auf, einen Werkstattbesitzer, der in der Rallye-EM startete. Sie kaufte ihm einen alten Fiat zum Trainieren ab. Und überredete ihn, ihr Rallye­ fahren beizubringen. Im nächsten Jahr klingelte Burcus Wecker um fünf in der Früh. Viermal pro Woche trafen sich Volkan, sie und ihr damaliger Beifahrer in einem Steinbruch eine Stunde vor der Stadt, um zu trainieren. Burcu musste wieder einmal ein paar Männer überreden – LKWFahrer diesmal, die mit ihren Geräten die Zufahrten abriegelten. Pünktlich zu Arbeitsbeginn war sie wieder in ihrem Büro in der Firma ihres Vaters. „Ich hatte meine schönen Sachen im Auto. Nach dem Training habe ich mir jeweils auf einer Tankstelle das Gesicht gewaschen, bin in Rock und Bluse geschlüpft und habe mich in die Büro-Burcu verwandelt.“ Der Training sollte sich auszahlen: 2006 qualifizierte sie sich für einen der begehrten zehn Plätze in der türkischen Ford Fiesta Sporting Trophy. Vor allem ­finanziell bedeutete das eine enorme Erleichterung: Ford subventioniert die Cockpits in der Sporting ­Trophy kräftig. Dennoch riet ihr Ford-Teamchef Serdar Bostancı von einem Start dringend ab: Sie habe zu w ­ enig Erfahrung, meinte er. Die Gegner, Männer allesamt, seien zu stark für sie. Mehr hatte er nicht gebraucht. Innerhalb von nur fünf Monaten entwickelte sich Burcu Çetinkaya von einer Rallye-Touristin, die rund um Platz 50 grundelte, zu einer Top-Ten-Kandidatin. „Immer, wenn mir jemand erzählt, dass ich dieses oder jenes nicht schaffen werde, beginne ich zu kämpfen.“ Das ist wohl der Tiger in Burcu, den jüngst auch Raimund Baumschlager entdeckt hat. Drei Jahre später fährt sie noch immer im türkischen Ford-Team und wird nicht nur von Boss Serdar respektiert. Ihre gute Performance hat sie in der Türkei populär gemacht. Inzwischen präsentiert sie sogar eine Motorsendung auf dem türkischen Kanal TV 24. Akzeptieren die Menschen in der Türkei, was sie macht? „Sie bewundern mich, die Männer vor allem. Selbst aus Gegenden, die als sehr konservativ gelten, kriege ich positives Feedback. Dreißig Fan-E-Mails pro Tag sind normal. Aber ich bemerke schon, dass ich mich viel mehr beweisen muss als Männer. Wenn mich die Leute verschwitzt im Auto sehen, gibt es keine Diskussion darüber, ob ich schnell bin. Sehen sie mich geschminkt im TV, zerreißen sich schon viele den Mund, dass ich wohl nur wegen meines Äußeren und nicht wegen meiner Performance gesponsert würde. Genau darum geht’s mir aber: Ich will beweisen, dass man zugleich gut Rallye fahren und gut aussehen kann. Ich denke nicht daran, meine Weiblichkeit aufzugeben.“ Wenn Burcu auf einer Sonderprüfung die Männer versägt hatte, wurde anfangs darauf geschaut, was den Männern, die sie geschlagen hatte, passiert war. Erst danach kam man auf die Idee, dass diese Frau schneller gewesen war und die Männer schlicht und einfach besiegt hatte. „Es hat zwei Jahre gedauert, bis sie aufgehört haben, alles ins Negative zu drehen.“ In diesen zwei Jahren ist Burcu nicht nur fahrerisch, sondern auch menschlich gereift. Am schwersten fällt ihr noch immer, jene, die ihr am nächsten sind, von dem zu überzeugen, was sie macht. Natürlich sind Familie, Exfreund und Bekanntenkreis stolz auf sie. Aber genauso oft fragen sie sie, wann sie end34

2010 wollen Burcu und ihre Beifahrerin Çiçek ihren Ford Fiesta ST gegen ein stärkeres Auto eintauschen. Das Ziel heißt WM oder IRC, als Auto kommen Mitsubishi Evo oder S2000 (hier im Bild) in Frage. Beim Test mit dem Škoda Fabia S2000 des Red Bull Rallye Teams hinter­ließen die beiden ­Mädels bereits einen starken Eindruck.

lich mit dem Rallye-Traum aufhört und ein normales Leben beginnt: „Du bist jetzt 28, wann wirst du endlich heiraten und Kinder kriegen?“ Burcu sagt dann immer, dass die Rallye-Karriere ihr Baby ist. Und denkt sich, dass sie es im Sport vielleicht nicht so weit gebracht hätte, wenn sie sich nicht dauernd hätte rechtfertigen und durchsetzen müssen. „Wer es immer leicht hat im Leben, muss nicht lernen aufzustehen, nachdem er hingefallen ist.“ Seit drei Jahren bildet Burcu ein Team mit Çiçek. Sie hat ihre heutige Copilotin vor 15 Jahren auf Snowboardrennen kennengelernt. Gemeinsam haben sie Unfälle, Pannen, Feuer im Auto, Schmutz, Hitze, Kälte und all die Unwägbarkeiten erlebt, die der Rallyesport bereithält. „Wir harmonieren super“, schwärmt Burcu. „Ich bin die Erste, bei der sie beifährt, vielleicht passt es deshalb so gut. Die Angst von jemandem zu spüren, für den du verantwortlich bist, ist schlimmer als eigene Angst. Darum ist es gut, dass Çiçek komplett angstfrei ist. Sie ist ein wirklich verrücktes Huhn und die perfekte Beifahrerin. Keiner könnte ihren Job besser machen. Mann oder Frau spielt keine Rolle. Es zählt nur, dass Çiçek Çiçek ist.“ Irgendwann kann sie sich das normale Leben, das so viele von ihr erwarten, durchaus vorstellen: „Mit 35, nein, viel zu früh. Schreib: mit vierzig.“ Als Nächstes plant sie den Aufstieg in eine größere Klasse. Entweder WM oder IRC, die eine Stufe darunter angesiedelte Intercontinental Rally Challenge. Als Autos kommen ein Škoda Fabia S2000 oder Mitsubishi Evo 9 in Frage. Für Burcu ist es ein ganz normaler, nahezu unausweichlicher Weg, den sie geht. Worin besteht die Faszination des Rallyesports? „Ganz draußen am Limit ist alles in Balance. Es fühlt sich an wie Tanzen. Du hörst die Ansage der Beifahrerin, der Motor singt, deine Hände, Füße und Augen bewegen sich im Takt. Dein Kopf ist frei, du denkst an nichts anderes. Das ist es, was ich so sehr liebe.“ Rally of Great Britain: 23. bis 25. Oktober 2009, Cardiff, Wales Die Speed-Lady im Video-Porträt: redbulletin.com/cetinkaya/de

bild: Samo Vidic/red bull photofiles

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Pionier

TOM OBERHEIM kann weder singen noch komponieren, noch beherrscht er ein Instrument. Er ist Techniker. Dennoch hat er die moderne Musik stärker geprägt als die meisten Hitparadenstürmer. Text: Justin Hynes, Bild: Rutger Pauw

Name Thomas Elroy Oberheim Geburtsdatum/-ort 7. Juli 1936, Manhattan, Kansas, USA Unternehmer Oberheim gründete drei Firmen: Oberheim, ­Marion Systems (1987, nachdem er Oberheim verkauft hatte) und dar­ auf folgend Seasound. Alle Unternehmen wid­ meten sich der Neuent­ wicklung von elektroni­ schen Soundprodukten. Erfinder Oberheim erfand unter anderem den poly­ phonen Synthesizer. Philosophie „Bei einem Konzert zu sein und zu hören, wie ein Musiker aus deiner Entwicklung tolle Musik macht … was kann es Schöneres geben?“

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Zehn Sekunden, dann sind die Vocals und die treibenden Drums von Run-DMCs „Rock Box“-Intro verdampft. Ein machtvoll wummernder Beat pro­duziert einen Groove, der in heutigen Ohren, hm, rudimentär klingen mag, zusammen mit dem roughen Sample eines übersteuerten Gitarrenriffs fast ein bisschen cheesy. Doch mit dieser und einigen anderen revolu­ tionären Singles prägten Run-DMC eine Generation lang einen neuen Musikstil: HipHop. Einige Jahre davor war erstmals ein kleingehackter Akkord im Teigmantel eines Synthesizer-Pulses serviert worden: das Radiogrundgeräusch „Tom Sawyer“ des kanadischen Trios Rush, Basisgericht tausender Spring-Break-Partys jener Saison. Die beiden Platten haben auf den ersten Blick ­wenig gemeinsam: die eine Avantgarde eines Genres, das das Gesicht moderner Popmusik radikal revolu­ tionierte. Die andere eine krachige Bombast-RockÜbung, die die letzten Tage einer Siebziger-JahreProg-Rock-Obsession einläutete. Doch hinter beiden Songs liegt ein technologischer Link, der die Genres verbindet, Jazz mit Fusion, Rock, Elektronik, HipHop und moderner DJ-Culture. Kurz gesagt: Die moderne Musik hat Tom Oberheim eine Menge zu verdanken. Oberheim ist Erfinder des polyphonen Synthesizers und Wegbereiter der digitalen Drum Machine. Als Pionier sieht sich der heute 73-Jährige aber nicht: „Wenn wir von den ersten Synthesizern sprechen, müssen wir von Robert Moog sprechen und von einem Typ namens Don Buchla“, sagt er. „Erst danach habe ich ein paar neue Dinge entwickelt. Aber nicht aus Pioniergeist. Ich wollte nur meine Firma am Leben erhalten.“ Die Firma hieß Oberheim Electronics. Sie verdankte ihre Gründung Oberheims Sehnsucht, Manhattan, Kansas, hinter sich zu lassen und in den glitzernden Lichtern L. A.s live Jazz zu hören. „Im ‚Downbeat‘-Magazin habe ich eine Anzeige für ein Konzert im Lighthouse Cafe in Hermosa Beach gelesen. Bud Shank und Bob Cooper, zwei Jazzmusiker, spielten dort bei freiem Eintritt. Mehr musste ich

nicht wissen. Auch der Begriff ,Two drink minimum‘ war mir damals nicht geläufig.“ Oberheim traf mit genau zehn Dollar in Los Angeles ein, nahm einen Job bei Lockheed Aircraft an und hantelte sich durch verschiedenste technische Berufe, die ihm grundlegende Elektronikkenntnisse vermittelten. Die Musik ließ ihn währenddessen nie ganz los und brachte ihn schließlich mit The United States of America in Kontakt, deren gleichnamiges, bei ­Columbia Records erschienenes Album heute als Meilenstein der psychedelischen Musik gilt. „Ich hatte (den späteren Bandleader; Anm.) Joseph Byrd als Student an der UCLA getroffen“, erinnert sich Oberheim. „Als ich von der Uni abging, riss auch unser Kontakt ab, ehe ich ihn bei United States of America wieder traf. Diese Band löste sich auf, aber 1968 war ich bei ­Rehearsals für eine Neuauflage der Band dabei, mit Dorothy Moskowitz als Sängerin. Sie baten mich, eine Vorrichtung namens Ringmodulator zu bauen, weil die alte Band auch so was gehabt hatte.“ Das war der Beginn von Oberheims Unternehmen. Eine Kooperation mit Vertriebspartnern ermöglichte ihm, die Modulatoren zu verkaufen. Er stellte die Produkte bei der jährlichen Musikinstrumentenmesse NAMM (National Association of Music Merchants) aus, wo er – ein Schachzug, um das Unternehmen zu vergrößern – auch Vertreter eines brandneuen Synthesizers namens ARP wurde. Die Apparatur hatte freilich noch ein paar Kinderkrankheiten. „Ich habe einen Sequenzer gebaut (ein Gerät, das den Synthesizer eine Tonfolge spielen lässt, Anm.), doch der löste das Dilemma nicht. Denn während du ihn abgespielt hast, konntest du nicht gleichzeitig das Keyboard bedienen.“ Oberheims Antwort war das Synthesizer Expander Module (kurz SEM), eine Maschine, die dem Musiker eine zusätzliche Stimme verlieh. Der konnte jetzt am Keyboard spielen, während der Sequenzer eine ganz andere Melodie spielte. Als Resultat gelang Oberheim der große Durchbruch, jener, der ihn tatsächlich zum Pionier machte: der polyphone Synthesizer.


Tom Oberheim, hier als Gastvortragender bei der Red Bull Music Academy in Barcelona, mit dem Ding, das ihn berühmt gemacht hat. Es trägt offiziell den Namen „Oberheim Synthesizer Expander Module“. Wie es klingt, wenn es Run-DMC oder Joe Zawinul in der Arbeit haben: redbulletin.com/ oberheim/de


In ihren Platten steckt Oberheim (im Uhrzeigersinn): Madonna, Eddie Van Halen, Prince, RunDMC, Stevie Wonder, Joe Zawinul, Janet Jackson. Die Liste ließe sich relativ endlos ergänzen.

Dem Triumph ging jedoch ein Schock voran. „1975 erhielt ich einen Anruf von meinen Vertriebspartnern, die die Ringmodulatoren verkauften. Sie sagten mir, dass sie ihre Bestellungen wegen der schlechten Wirtschaftslage zurückziehen wollten“, sagt er. „Es war klar, dass wir in Schwierigkeiten steckten und etwas anderes probieren mussten. Ich erinnerte mich an ein Experiment, das ich ein paar Jahre davor mit einem Musiker gemacht hatte: Wir hatten zwei ARP-2600-Synthesizer hergenommen, mit zwei SEMs zusammengeschlossen und mit jedem Keyboard zwei Noten gespielt. Das Ergebnis war ziemlich beeindruckend gewesen. Man muss bedenken, dass bis zu diesem Zeitpunkt alle Synthesizer monophon funktio­ nierten – man konnte immer nur eine Note nach der anderen spielen.“ Resultat war der polyphone Synthesizer und dessen Möglichkeit, Akkorde zu spielen. Das erste fertige Modell ging an niemand Geringeren als Stevie Wonder. „Wir brachten ihn hinunter ins Crystal Sounds Studio in Hollywood, wo Stevie gerade am Album ‚Songs in the Key of Life‘ arbeitete. Er verwendete dieses Yamaha-Keyboard, das GX-1, ein Riesending. Es wog 180 Kilo und kostete um die 60.000 Dollar, ein Vermögen. Der Prototyp, den ich Stevie verkaufte, war ein Four Voice, aber man konnte ihn auf acht erhöhen. Dabei wog er nur 18 Kilogramm und kostete 6000 Dollar.“ „Ein anderer Käufer war Joe Zawinul von der ­legendären Jazz- und Fusion-Band Weather Report. Joe rief mich 1976 an. Er hatte sich einen Four Voice oder Eight Voice angeschafft und bat mich, ihm damit zu helfen, also besuchte ich ihn in seinem Haus in Pasadena“, erinnert sich Oberheim. „Obwohl Joe das meiste verstand, was ich ihm erklärte, hatte ich den Eindruck, dass dieses Gerät nicht das richtige für ihn sei. Ein paar Wochen später rief mich Joe wieder an und lud mich ein, mir seine neueste Komposition anzuhören. Er sagte, der Oberheim habe dabei eine wichtige Rolle gespielt. Als ich da war, spielte er mir einen Rough Mix von ‚Birdland‘ vor. Ich war total von den Socken. Für mich war das eine komplett neue Erfahrung: zu sehen, wie ein großartiger Musiker hinter die rein technische Hardware blicken und aus dem Gerät so wunderbare Musik herausholen konnte.“ Es war der Beginn des goldenen Zeitalters von Oberheims Erfolg. Auf hunderten Platten, die musikalische

Meilensteine wurden, setzte man die frühen polyphonen Geräte sowie die darauffolgenden Weiter­ entwicklungen ein, etwa das omnipräsente OB-X, ein Keyboard, das 1984 durch Eddie Van Halens „Jump“Video Weltruhm erlangte. „Es gibt zwei Schlüsselsongs, die einen Oberheim verwendeten“, sagt Oberheim, „der eine ist ‚Birdland‘ und ‚Jump‘ von Van Halen der andere. Es gibt noch hunderte anderer großartiger Platten mit einem Oberheim darauf, aber man erkennt das nur mit Mühe. Bei ‚Jump‘ ist das anders. Im Orginalvideo kann man Eddie Van Halen dabei zusehen, wie er ein sehr verdrecktes, sehr staubiges OBX-A spielt. Phantastisch!“ Nachdem Oberheim den Radiosound der späten siebziger und frühen achtziger Jahre geprägt hatte, sollte er als Nächstes die folgende Ära elektronischer Musik mit einem Gerät beeinflussen, das, wie er zugibt, ­eigentlich gar nicht seine eigene Idee war. „Man sagte mir, dass jemand namens Roger Linn eine digitale Drum Machine entwickelt. Nachdem ich viel mit Computern gearbeitet hatte, kannte ich mich in digitaler Technologie aus, also schien mir das gut zusammenzupassen. Wir luden ihn ein und sprachen über eine Lizenz für seine Technologie, aber er wollte lieber sein eigenes Unternehmen starten, was ihm auch sehr erfolgreich gelungen ist. Also machten wir alleine mit dem DMX weiter.“ Wie schon davor seine Synthesizer war der DMXDrum-Computer bald eine unentbehrliche Waffe im Arsenal eines jeden Dance- und HipHop-Stars, der etwas auf sich hielt. Seine Drums hört man auf Madonnas „Holiday“, auf allen frühen Run-DMC-Singles, auf ­Janet Jacksons Material aus der Mitte der achtziger Jahre und bei den Alexander-O’Neal-Produzenten Jimmy Jam und Terry Lewis, aber auch bei Prince. Dreißig Jahre nachdem er so viele maßgebliche Alben beeinflusst hat, ist Oberheim die damit verbundene Aufmerksamkeit noch immer unheimlich – etwa wenn er von großen Elektronikunternehmen als Konsulent eingeladen wird oder bei der Red Bull Music Academy als Musikpionier einen Vortrag halten soll. „Ich habe mich nie als Entdecker gefühlt, als ich diese Dinge getan habe“, sagt er, „damals dachte ich nur: Das macht Spaß. Wenn du dir ein Gerät ausdenkst und zu einem Konzert gehst und Joe Zawinul dieses Gerät spielen hörst, das du entwickelt und ­gebaut hast … dann ist das ein Wow-Moment.“ „Als ich nach Barcelona zur Red Bull Music Aca­ demy fuhr, nahm ich ein paar Beispiele für Musik mit, die mit meinen Geräten gemacht worden war. Es war toll, all das im Paket zu hören, sehr emotional.“ Genauso geht es vielen anderen. Eine Zusammenfassung von Oberheims Einfluss überlässt man deshalb am besten einem Musiker. Roger Manning jr. hört man auf Alben der frühen Neunziger, bei Beck und Air und in seiner eigenen Psych-Popband Jellyfish. Im Wirrwarr historischen Equipments, das sein Heimstudio vom Boden bis zur Decke ausfüllt, bleibt Manning bei einem von Toms Geräten stehen und streicht mit der Hand über das Keyboard. „Von allen Synthesizern haben die Oberheims den besten Klang. Die meiste Energie, Wärme und Natürlichkeit, die reichhaltigsten Töne. Sie sind … wundervoll.“ Mehr Pioniere auf: redbulletin.com/legends/de

Bilder: Corbis, Getty Images (6)

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Hero’s Hero: Corinna Schwiegershausen über

hannes Arch

Hoch hinaus, dennoch bodenständig. Sich alles erarbeiten, nichts dem Zufall überlassen. Aber auf das Genießen nicht vergessen: Drachenfliegerin Corinna Schwiegershausen beeindruckt das Erfolgsgeheimnis des Red Bull Air Race-Weltmeisters 2008. Was mir an Hannes Arch imponiert: Trotz aller Höchstleistungen ist er sensibel ­geblieben für den eigentlichen Flugsport. Ihm sind unsere Schwierigkeiten mit den Medien bewusst, also gestaltet er eigene Events. Weg vom reißerischen, halsbrecherischen Extremsport, hat Hannes eine neue Dimension für Flugevents ­definiert: leistungsorientiert, athletisch, spannend und naturverbunden. Red Bull Vertigo am Genfer See etwa, ein Event, der die atemberaubende Dynamik unseres Flugsports einem größeren Publikum zeigt. Oder Red Bull X-Alps: Nur laufend oder per Gleitschirm fliegend müssen die Athleten von Salzburg aus über die Alpen nach Monaco kommen. Beim Red Bull X‑Alps leistete Arch zusammen mit dem SkyMedia-Team von Jürg Fleischmann spezielle Pionierarbeit. Per Handy und GPS stellen die Piloten ihre Position live online, so dass jedermann von überall in der Welt das Rennen in Echtzeit verfolgen kann. Jürg begleitet den Wettbewerb im Helikopter und filmt die spektakulärsten Szenen, kurz darauf sind die Spots im ­Internet abrufbar. Ein Rätsel, wie ein einziger Mensch so viel stemmen kann. Es gehört viel Krea­ tivität, Energie und Zielstrebigkeit dazu, in kürzester Zeit derartig ausgefeilte, neu­ artige Mega-Events auf die Beine zu stellen, wie Hannes das in den letzten Jahren getan hat. Und die Fähigkeit, die richtigen Menschen in sein Team zu holen, die begeistert seine Vision teilen. Ein smarter Schweizer Gleitschirm-­ Europameister sagte einmal: „Man muss erst lernen zu verlieren, dann kann man gewinnen!“ Dieses Motto scheint Hannes sich nach seiner ersten Saison im Red Bull Air Race zu Herzen genommen zu haben. 40

Die deutsche Drachenfliegerin Corinna Schwiegers­ hausen ist mehrfache Welt- und ­Europameisterin.

Schon als Race Director auf dem Tower in Longleat (bei Birmingham, Austragungsort je eines Air Race 2005 und 2006; Anm.) habe ich ihn bewundert für seine Fähigkeit zum Multitasking. Doch das war ihm nicht genug, zu sehr reizte es ihn, der als Erster einen BASE-Jump von der Eiger-Nordwand geschafft hatte, selbst als Pilot ins Red Bull Air Race einzusteigen. Dabei geht es Hannes gar nicht um den Adrenalin-Rausch, sondern da­rum, eine lange trainierte, präzis geplante Aktion mit größter Genauigkeit und Konzentration auszuführen. Sein durchwachsenes Abschneiden im ersten Jahr wunderte niemanden, schließlich hatten die anderen Rennpiloten Lichtjahre an Erfahrungsvorsprung mit schnellen Maschinen. Doch Hannes holte mit Lichtgeschwindigkeit auf und triumphierte in seiner zweiten Saison – Weltmeistertitel! Ganz andere Grenzen tauchen nun für ihn auf, und sie sind nicht mehr allein tech-

nischer Natur. War er vom Klettern und motorlosen Fliegen gegenseitige Hilfe gewohnt, weil man aufein­ander angewiesen war, muss Hannes nun mit direkter Konkurrenz umgehen. Beim Red Bull Air Race kommt es nicht nur auf das Können des Piloten an, sondern auch auf die schnellste, beweglichste Maschine, also wird viel im Geheimen entwickelt. Dennoch beobachte ich, wie Hannes sich am Morgen des Rennens von Budapest an den Frühstückstisch von Kirby Chambliss und Mike Mangold setzt und mit den beiden herumflachst. Obwohl die zwei seine Konkurrenten sind, ist allen Freundschaft wichtiger. Das begeistert mich: Menschlichkeit und Respekt zeichnen wahre Champions aus. Kann es auch manchmal gefährlich sein, mit solchen Perfektionisten zusammen Grenzen zu überschreiten? Sie kommen ja einfach nie zur Ruhe. Urlaub? „Brauch ich nicht!“, grinst Hannes. Ganz klar ein Workaholic. Doch der wahre Perfektionist arbeitet am meisten an sich selber, übernimmt Verantwortung für sein Handeln, versucht zu lernen. Auch mental. Also hat Hannes längst den Wert kurzer Auszeiten auf Fidschi oder Hawaii ­erkannt. Mal wieder klettern gehen. Mit Freunden zusammen das Leben genießen, die Batterien aufladen für neue Projekte. Wenn ich Hannes sehe, strahle ich automatisch. Ich denke, das ist ein Reflektieren seiner eigenen Energie. Mentaltraining versetzt Berge, also ­visualisiere ich: Eines Tages fliege ich mit Hannes zusammen in einer zweisitzigen Rennmaschine eine Runde und werde das Gefühl genießen, der Gravitation ein Schnippchen zu schlagen! Alle Ergebnisse der Red Bull Air Race World Championship 2009 auf: www.redbullairrace.com

bild: daniel grund

Text: Nadja Žele, Bild: Sven Hoffmann


Name Hannes Arch Geburtsdatum/-ort 22. September 1967, Trofaiach, Steiermark Wohnort Salzburg Beruf Rennpilot, Kunstflugpilot, BASE-Jumper, Alpinist, Gleitschirmpilot Erfolge Red Bull Air Race-Weltmeister 2008, erster BASE-Jump von der Eiger-Nordwand 2000 Web www.hannesarch.com


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Brian Vickers Achtung auf #83: Der schnellste Qualifier der laufenden NASCAR-Saison kämpft im „Chase“ um den Sieg in der Gesamtwertung – und ist ein Mann vieler Talente. Text: Herbert Völker, Bild: Thomas Hoeffgen

Name Brian Vickers Geburtsdatum/-ort 24. Oktober 1983, Thomasville, North Carolina Early Bird Hatte mit fünfzehn schon sieben Kart-Meisterschaften gewonnen, wurde jüngster Sieger einer US-weiten NASCAR-Serie („Busch“), holte mit zwanzig seine erste Pole-Position in der obersten NASCARLiga („Cup“). Ideen Das Leben besser machen, das eigene und überhaupt. Etwa: Rennfahren mit Wasser­ stoffautos. NASCAR reagiert verhalten. Web www.brianvickers.com

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Von jedem ordentlichen Spitzensportler gibt es ­Symptome himmelstürmender Entschlossenheit aus ­frühester Kindheit zu berichten, kann ja nicht anders sein. Die Geschichte vom kleinen Brian geht so: Er war ungefähr zehn, er und sein Vater arbeiteten in der Garage, um sein Gokart fürs nächste Rennen fertig zu machen. Er sollte mitsamt dem Kart gewogen werden, hockte also drin und wetzte hin und her. Er steckte seine Finger in die Löcher der Lenkradspeichen, bis ein Finger stecken blieb. Die Eltern werkelten stundenlang an der heiklen Situation, aber der einzige Effekt war, dass der Finger anschwoll. Brian ließ nicht zu, dass man die Speiche absägte, denn dies war sein Lieblingslenkrad. So nahm man das Lenkrad samt ­Brian aus dem Kart und beförderte beide erst einmal ins Bett. Am Morgen, so die Idee des jungen Mannes, würde der Finger genauso locker aus dem Loch schlüpfen, wie er hineingekommen war. Fehlanzeige. Man brachte Brian-am-Lenkrad in die Notaufnahme, aber die hatten auch keine Patentlösung. Der schwere Fall landete in der Betriebswerkstatt des Kranken­ hauses. Finger gerettet, Lenkrad abgesägt, after all. Die oberste NASCAR-Liga („Sprint Cup“) gilt als eine der härtest umkämpften Rennserien der Welt – sehr viel „amerikanischer“ als die Formel 1, dafür auch dichter (43 Autos im Rennen), mit doppelt so vielen Auftritten pro Saison (36 Rennen), härter im ­Bodycheck, viel mehr auf direkte Rad-an-Rad-Kämpfe zugeschnitten. Dementsprechend aufregend sind die TV-Quoten und die Kenndaten einer unvergleichlichen Community: Etwa 75 Millionen deklarierte ­„Basis-Fans“ leben im Rhythmus ihres Sports. Red Bull Racing ist im Sprint Cup mit Wagen #82 (Scott Speed) und #83 (Brian Vickers) dabei, die 5,9-l-V8-Motoren kommen von Toyota und leisten rund 850 PS. Scott Speed wird in dieser Saison noch als Rookie geführt und ist bestens unterwegs, sich ins Establishment hochzuboxen. Auch Brian Vickers gehört noch zu den jungen Angreifern in der Liga (er wird bald 26), hat aber schon ordentlich NASCARErfahrung. Brian ist die logische Speerspitze des Red

Bull-Auftritts in dieser Saison; als bislang bester Qualifier (sechs Poles!) ist er voll im Fokus der Action. Zur Dramaturgie von NASCAR gehört es, zehn Rennen vor Saisonende einen Strich zu ziehen und die Top-12-Fahrer in ein Finale („The Chase“) für den Championship-Gesamtsieg zu hetzen. Unser Mann hat sich den letzten offenen Platz im Chase im 26. und letzten Rennen der Regular Season gesichert. RED BULLETIN: Brian, du giltst als der „intellektuelle Typ“ in NASCAR. Wenn man über dich sagt: „He is a good guy. A bit of a thinker“ – wie passt das ins, uh, eher körperbetonte Umfeld deines Sports, wo ­eigentlich „bad guys“ die große Show machen? BRIAN VICKERS: Zur Sicherheit bedanke ich mich einmal für das Kompliment. Es hängt ein bisschen davon ab, wie man „intellektuell“ definiert. Ja, ich war ganz gut in der Schule, ich lese eine Menge, was vielleicht nicht ganz typisch für mein Umfeld ist. Krimis, Liebesromane? Lieber alle Arten von News, Zeitungen und Zeitschriften. Wenig Fiction, aber viele Sach­bücher, zum Beispiel zuletzt „The Tipping Point“, da geht es darum, wie kleine Dinge Großes bewirken können. Meine Bücher handeln von Themen unserer Gesellschaft und immer wieder von Erfolg, vom Besser­machen. Das interessiert mich einfach, und vielleicht entsteht dadurch ein Image, das manche als „­ intellektuell“ bezeichnen. Gegenschuss: Wie wichtig ist es, sich in der ­NASCAR-Welt als Hero darzustellen? Um nicht plötzlich als Bücherwurm und Stubenhocker dazustehen: Ich bin ein totaler Sportfreak und ent­ decke laufend neue Sportarten dazu – von Superbike über Kajak bis Fallschirmspringen, von Mountainbiking und T ­ auchen nicht zu reden. Und Golf, natürlich. Was die Frage betrifft: Ich sehe mich sicher nicht als Held, aber manche Sportarten schaffen eben Helden auf ihre eigene Art. Meine Vorbilder sind nicht unbedingt Sportstars, aber klar habe ich einige von ihnen verehrt – Dale Earnhardt senior und Ayrton Senna zum Beispiel, auch Jeff Gordon und Michael Schu­


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Zitat Head: Zitat.Velis exer suscipsusto dion ut loborer ostiniamet in henisse vero exero odigna facipsusto corero

NASCAR ist die patriotischste aller amerikanischen Motorsportveranstaltungen. Vor jedem Start spielen sie die Nationalhymne, und eine Viertelmillion Menschen im Oval singt ergriffen mit.


Brian Vickers, #83, Michigan: Zum ersten Mal in der Victory Lane. Sprint Cup Oberste Liga im NASCARImperium. Hat nichts mit Kurzstrecke zu tun, die meisten Rennen gehen über fast drei­ fache Formel-1-Distanz, aber der Sponsor heißt „Sprint“. 36 Rennen pro Saison, jeweils 43 Starter. Verdienstchancen durchaus ähnlich wie in der Formel 1. Das Starterfeld teilt sich auf vier Marken auf – Chevrolet, Dodge, Ford und Toyota. Die Krise ist bei NASCAR bisher nur milde spürbar, keiner der Hersteller glaubt auf den USA-weiten Auftritt verzichten zu können. Silhouetten und konven­ tionelle Technik (immerhin 850 PS, 320 km/h Spitze) sind weitgehend reglementiert, gleiche Bedingungen schaffen diese dauernde Nahkampf-Atmosphäre. Eine Besonderheit des Sprint Cup ist „The Chase“, eine Art Championship-Play-off, wofür sich die führenden zwölf Fahrer qualifizieren. Die Karten werden fürs Finale neu gemischt, alle zwölf starten auf gleichem Niveau. Die Nicht-Qualifizierten fahren die Rennen dennoch mit, kommen für den Titel aber nicht mehr in Frage.

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macher. Aber die Idealbilder, mit denen ich aufgewachsen bin, waren doch eher Albert Einstein oder auch manche amerikanische Präsidenten … verschiedene Männer für unterschiedliche Verdienste. Dieser ­Aspekt der Geschichte fasziniert mich … … wenn du einen Namen nennen solltest … … würde ich wahrscheinlich bei George Washington landen. Es hatte vor ihm keinen Präsidenten gegeben, er musste dieses Amt erst formen. Man hatte ihm alle Macht angeboten, die sich nur denken lässt, er hat sie abgelehnt und damit das Vorbild für das politische ­Augenmaß in unserem Land geschaffen. Die folgenden zwei Jahrhunderte überspringen wir jetzt. Du musstest lange warten auf deinen ersten Sieg in dieser Saison (Michigan, im 23. von 36 Rennen; Anm.). Davor hatte es ja eine unglaubliche ­Kette von Zwischenfällen gegeben, die immer wieder das Resultat verhagelt haben. Ist Unberechenbarkeit ein Teil von NASCAR? Ja, es gehört wohl irgendwie dazu. Aber es kann schon frustrierend werden, wenn du das schnellste Auto hast, fünfmal auf Pole sitzt (das sechste Mal dann am Sieg-Weekend von Michigan; Anm.), alles gut läuft, bis sich dann genau vor dir zwei in die Quere kommen … oder es kommt Regen, wenn du ihn wirklich nicht brauchen kannst. Gar nicht zu reden von unseren eigenen Fehlern, die hat’s ja auch gegeben. Der erste Sieg war eine Erlösung, ziemlich spät zwar, aber immerhin. Bei all den Dingen, die hier passieren, bekommt man den Eindruck, dass NASCAR kom­plizierter als F1 ist, trotz des meist simplen Strecken-Layouts. Beide Rennformeln sind komplex auf ihre eigene Art. Bei NASCAR bleibt in der Rennstrategie vieles offener als in der Formel 1. Was wir road course nennen wie in der Formel 1, lässt sich vom Ziel aus ziemlich genau zurückrechnen, man kann zwei oder drei Boxenstopps festlegen und dazwischen halbwegs unbekümmert fahren, so hart es nur geht. Bei uns kann sich mit jeder gelben Flagge alles umdrehen, es können sechs Pit Stops werden oder vierzehn, du musst auf alles vorbereitet sein. Auf manchen Strecken verschlechtern sich die Reifen so rapide, dass es drei Sekunden pro Runde ausmachen kann, da musst du den richtigen Zeitpunkt

des Wechsels erwischen, für zwei Reifen oder alle vier, und die Summe vieler Entscheidungen dieser Art beeinflusst das Rennen wesentlich. Daher ist nie gesagt, dass das schnellste Auto auch gewinnen muss – ich glaube eher, dass die meisten Rennen nicht vom schnellsten Auto gewonnen werden. Da sind 43 Autos auf einer Strecke, die zumeist ziemlich schmal ist, mit Mauern auf beiden Seiten. Wenn ein Fehler von wem auch immer passiert, ist die Chance groß, dass es dir das ganze Rennen r­ uiniert, obwohl du bei dem Zwischenfall unbeteiligt warst. Da sind so viele Faktoren, die im Endeffekt die Rennstrategie ausmachen – aber in ­jedem Fall ist es aufregend für die Fans. Jemand aus deinem Umfeld sagte: Formel 1 ist wie Eiskunstlauf, NASCAR ist Eishockey. Einverstanden? Absolut, ja, das ist smart, es so zu sagen. Magst du dieses „Eishockey“-Element? Im Grunde ja. Man muss aber schon auch die Vorzüge von „Eiskunstlauf“ sehen, die Finesse, die Technologie, den Speed eines Formel-1-Autos, das sind schon phantastische Rennautos. Unser Sport macht eine Menge Spaß, und er ist sehr unterhaltsam für die ­Zuschauer. Everybody likes a good hard fight, right? Könnte es sein, dass du zu nett bist … ich meine, in diesem Umfeld? Wie schon gesagt, das Publikum scheint eine Schwäche für „bad guys“ zu haben. Ich glaube, es reicht, authentisch zu sein, das sollte sowohl für die „good guys“ wie die „bad guys“ gelten, dann entwickelt sich der ganze Film von selbst. Ich gehe einem guten Kampf nicht aus dem Weg, wie jüngst in Michigan (gegen Kyle Busch, einen der liebsten „bad guys“ der NASCAR-Community; Anm.), aber ich mache nachher kein Drama draus. Du triffst Menschen im Leben, die einfach hin und wieder einen Blödsinn machen. Du lernst das zu akzeptieren, und du lässt dich nicht davon irritieren. You just don’t let it bother you. Ich hab Geduld. Lebe dein Leben und mach dein Rennen, dann wird es okay sein. Red Bull Racing ist vor drei Jahren als kompletter Neueinsteiger gekommen. Man weiß, wie schwierig es ist, in der NASCAR-Welt Fuß zu fassen. Okay, also – wie dramatisch war es tatsächlich? Ich würde lieber von zwei als von drei Jahren reden, ein Jahr ist mit Neuaufstellung ziemlich verlorengegangen. Wir kämpfen gegen Teams, die 25 Jahre dabei sind und ihre ganze Tiefe und Dichte an Organisation aufgebaut haben. Insofern ist es ja sowieso toll, dass wir denen schon auf Augenhöhe begegnen. Nimm zum Beispiel das #48-Team: Mit ihrem Fahrer Jimmie Johnson haben sie die letzten drei Championships gewonnen, aber davor hatte es fünf Jahre gebraucht bis zum ersten Titel. Wir haben in diesem Jahr das #48Team schon etliche Male geschlagen – das zeigt, wo wir stehen. Jetzt geht’s so richtig los, meine ich. Die Ressourcen stimmen, das Team ist aufgestellt, unser Rookie Scott Speed wächst immer besser hinein. Wir haben schnelle Autos, smart people, Riesenbegeisterung und einen unheimlich starken Zug zum Erfolg. „The Chase“ ist das Play-off-Format der NASCAR. Was geht in den letzten zehn Rennen noch? Wenn wir im Chase sind, dann trauen wir uns alles zu. Auch, die ganze Meisterschaft zu gewinnen. NASCAR Sprint Cup, Race #32: 25. Oktober 2009, Martinsville, Virginia, USA; www.redbullracingusa.com

Bild: Getty Images/Red Bull Photofiles

Heroes


mobil ität und lEbEn hErbst 2009 ICH GEB’ GAS

sport &elektrik

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ICH WILL SPASS

0 SFR, Euro, Schweiz 10,5 Deutschland 5,00 Euro o, Luxemburg 6,00 Österreich 5,70 Eur


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Steve Aoki

ist der coolste Typ der Welt. Punkt. Oder wer sonst kann Wrestling, Women’s Studies, Mode, Schweinerock und Lindsay Lohan in nur einer Karriere vereinen? Text: Florian Obkircher, Bild: Larry Busacca

Name Steve Aoki Geburtsdatum/-ort 30. November 1977, Miami, USA Beruf Hipster Lebt in Laurel Canyon, Los Angeles Erfolge Remixes u. a. für Lenny Kravitz, Bloc Party, Snoop Dogg, Duran Duran und Peaches Album „Pillowface and His ­Airplane Chronicles“ (Dim Mak Records) Web www.dimmak.com

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Feedback! Ohrenbetäubender Lärm dringt aus den Boxentürmen. Es quietscht, es dröhnt, es rauscht. Die Raver – gerade noch haben sie ihre verschwitzten ­Leiber zu gediegenen House-Beats geschüttelt – sind plötzlich stocksteif, mit offenen Mündern, einige ­halten sich die Ohren zu. Alle blicken fassungslos auf die Bühne, wo sich ein Typ in weißem Shirt sein langes schwarzes Haar vors Gesicht hängen lässt. Und am DJ-Mischpult herumfuhrwerkt, als sei er vom Teufel besessen. Hat sich da gar ein Todesmetaller ins ­Techno-Festival Beatpatrol in St. Pölten verirrt? Nein. Der Name des DJs steht in knalligen Kinderbuchstaben auf dem Laptop. Steve Aoki. Musiker, ­Label-Macher, Fashion-Designer, Computerspielfigur und kein Freund von konventioneller Tanzmusik. Nach gefühlten drei Minuten voller Dröhnung gleitet das Feedback in ein gesprochenes Intro über. „We hope you have fun“, sagt eine seriöse Nachrichtenstimme vom Band, dann lässt der US-Amerikaner die Beats los. Die Hände gehen nach oben, und selbst der verschüchtertste Raver im Raum kann sein Tanzbein nun nicht mehr still halten. „So bin ich nun mal“, sagt Aoki nach seiner fulminanten Show zwischen Rockstar und Electro-Schocker mit verschmitztem Grinsen. „Auch wenn ich mittlerweile hauptsächlich Dancemusic mache, ich bin eben ein Hardcore-Kid. Und meine Punkwurzeln kann ich nicht ablegen.“ Steve Aoki kam 1977 zwischen Sushi-Stäbchen und Wrestlingmasken zur Welt. Sein Vater Rocky war nicht nur Besitzer eines japanischen Restaurants in New York, in dem sich schon in den Sechzigern die Beatles oder Muhammad Ali rohen Fisch auf der Zunge hatten zergehen lassen, er war auch begeisterter Ringer. 1960 hatte sich Aoki senior gar für die Olympischen Spiele in Rom qualifiziert. „In der neunten Klasse wog ich nur 45 Kilo und wurde von meinen Mitschülern gehänselt. Deshalb wollte ich Wrestler werden, wie mein Vater. Bei meinen ersten Versuchen habe ich mir aber beinah den Hals gebrochen und landete im Krankenhaus“, erinnert sich Aoki, der sich danach für einen anderen kämpferischen Weg entschied. Der allerdings

dem Idealbild seines Vaters nicht ganz entsprach. Aoki inskribierte am College von Santa Barbara. Fachgebiet: Women’s Studies. „Ich war Aktivist, und das war das radikalste Institut am Campus. Rückblickend war das die beste Zeit meines Studiums!“ Nachts besuchte er Punkkonzerte und griff selbst zum Mikrofon. „Dazu begann ich Hardcore-Konzerte zu ver­ anstalten. In meiner Wohnung. Jimmy Eat World und zirka 450 andere Bands haben sich damals in mein kleines Wohnzimmer verirrt.“ Naheliegende Folge: Aoki gründete 1996 sein eigenes Plattenlabel Dim Mak Records. Eine Hommage an seinen Jugendhelden Bruce Lee, eine Anspielung auf den Todesgriff im Kung Fu, dem bösen Zwilling der Akupunktur. „Bis 2008 habe ich an die 145 Alben veröffentlicht, vorwiegend Rock. Seit heuer bringen wir aber hauptsächlich Dancemusic heraus. Ich release einfach, was mir gefällt. Von Gossip über Bloc Party bis Japanther, die beste Hardcore-Band der Welt.“ Inzwischen hat sich Aoki zum Entrepreneur par ­excellence entwickelt, zum Multitasking-Genie der Popkultur. Nebenbei arbeitet er mit seiner Schwester, dem Supermodel Devon Aoki, an der Dim-Mak-Modekollektion, betreibt mit dem The-Strokes-Sänger Julian Casablancas ein koreanische BBQ-Restaurant in L. A., macht Werbung für Sneakers und gibt einen Promi-Spieler im aktuellen Computergame „NBA 2K9“. Und natürlich gibt es noch die eigene Musik. Sein kratziges, electro-rockiges Debütalbum „Pillowface and His Airplane Chronicles“ erschien 2008, soeben hat er eine neue Single veröffentlicht. Mit dieser reist Aoki derzeit durch die Welt, von DJ-Pult zu DJ-Pult, vom renommierten Coachella-Musikfestival bis zu Lindsay Lohans Geburtstagsparty. Mit ihr wurde ihm sogar ein Verhältnis nachgesagt, doch da kann er nur den Kopf schütteln. „Ich liebe sie! Aber sie ist nur eine sehr gute Freundin. Lindsay hat Pfeffer, ist clever, hat einen großartigen Musikgeschmack.“ Eine Charakterisierung, die wohl gut auf ihn selbst zutreffen würde. Steve Aoki DJ-Set: 28. Oktober 2009 im Vessel, San Francisco, USA. Soeben erschien bei Dim Mak die Single „I’m in the House“


Heroes

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„Ich bin ein HardcoreKid!“, sagt Steve Aoki über sich selbst. Eh klar, wenn man zwischen SushiStäbchen und Wrestlingmasken aufwächst.


Reggie Bush in Action: Der Superstar der New Orleans Saints auf dem Weg zu einem Touchdown, in freundlich vergeblicher Begleitung der Herren Patrick Willis (#52) und Walt Harris (#27) von den San Francisco 49ers.

Action Ganz schÜn was los: Was uns diesen Monat bewegt.

50 Reggie Bush 58 Die perfekte Welle 64 Red Bull MotoGP Rookies Cup 70 Land Diving


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bild: Getty Images


A CTION ction

Reggie Bush ist der heißeste Jungstar der NFL: Abendessen im Weißen Haus, TV-Spot mit David Beckham, Affäre mit Hollywood-Starlet Kim Kardashian. Nun wünscht sich das wiederauferstandene New Orleans vom 24-Jährigen die erste Super Bowl der Klubgeschichte. Dafür schuftet Reggie auf dem Trainingsplatz und in der Kraftkammer, verbringt seine Abende beim Physiotherapeuten und seine Nächte im Sauerstoffzelt. Text: Jan Cremer, Fotos: Jake Chessum

Heiliger

Reggie Der Superstar schält sich wie jeden Morgen um halb sechs aus einem neunzig Zentimeter breiten und zwei Meter langen Plastikschlauch, in dem er die Nacht verbracht hat: Es ist ein spezielles Sauerstoffzelt, worin sich sein Körper von den Prellungen, Zerrungen und Stauchungen ­erholt, die er am Vortag beim Training einstecken musste. Vom Sauerstoffzelt übersiedelt der Superstar in die Badewanne, um im warmen Wasser die Muskulatur für den neuen Arbeitstag zu lockern. Dieser beginnt um sechs Uhr mit einer Stunde Kraft- oder Laufübungen. Währenddessen bereitet sein Koch, der sich nur „Chef“ nennt, das Frühstück zu, das hauptsächlich aus einer großen Menge Kalorien besteht. Der Superstar isst an der schwarzen Marmortheke in der Mitte seiner Küche, schaut dabei schweigend fern. Der Superstar ist 1,83 Meter groß, wiegt 92 Kilogramm, sieht aus wie ein handbehauener Granitblock und trägt die Hoffnungen von New Orleans auf den ersten Titelgewinn der National Football League. Echter Star. Reggie Bush, 24, ist der schnellste, athletischste und schillerndste Spieler der NFL, der National Football League. Sein Sechsjahresvertrag ist den New Orleans Saints kolportierte sechzig Millionen Dollar wert. Fachleute halten Bush für den Mann, der die nächsten Jahre der in den USA populärsten Sportart prägen wird – als heißeste Aktie des American Football gilt er schon seit drei Jahren. Reggie schmückte das Cover eines Football-PlayStation-Spiels und gas­ tierte im Video zum Nummer-1-Hit „Like a Boy“ der HipHopperin Ciara. Als Condoleezza Rice US-Außenministerin war, lud sie ihn zum Dinner ins Weiße Haus nach Washington. In einem berühmt gewordenen TV-Spot, mit dem David Beckham den Amerikanern nähergebracht werden sollte, ließ Adidas ihn mit Reggie Fußball und Football spielen. In der härtesten Währung, mit der die Prominenz von Sportlern in den USA gemessen wird, der Anzahl der „Sports Illustrated“-Cover, brachte es Reggie Bush bisher auf fünf, das sind ebenso viele wie Carl Lewis, Björn Borg und Michael Phelps. Reggie besitzt ein Haus in den Hollywood Hills in der Nähe von Los Angeles. Während der Saison bewohnt er aber ein vergleichsweise bescheidenes Acht-Zimmer-Apartment in einem Hochhaus in Downtown

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Der junge Mann mit T-Shirt ist Reggie, derjenige ohne T-Shirt ist Rocky: Boxerwelpe, drei Monate alt und, hm, noch nicht ganz fertig erzogen.


Name Reginald Alfred Bush II Geburtsdatum/-ort 2. M채rz 1985, Spring Valley, Kalifornien, USA Wohnort New Orleans Beruf NFL-Professional der New Orleans Saints, Position: Runnning Back So kam er in die NFL Wurde 2006 als Nummer zwei gedraftet Hohe Nummern Spielte bis zum NFLDeb체t mit der Nummer 5. Versprach, 25 Prozent seiner Einnahmen aus dem Leibchenverkauf zu spenden, wenn die NFL die Regel 채ndert, dass Running Backs nur die Nummern 20 bis 49 tragen d체rfen. Die NFL sagte nein, Reggie spendet trotzdem.

Jedes Training wird von Kamerateams gefilmt, damit danach jegliche Bewegung von den 23 Coaches analysiert werden kann.


action

Schon 2008/09 hatten die Saints eine der besten Offensiven der Liga. Die Hoffnungen für die neue Saison sind riesig: Alle wichtigen Spieler konnten gehalten werden, die Defensive wurde verstärkt. Nie waren die Saints rund um ihre Nummer 25 stärker als heuer.

New Orleans. Parkservice und Concierge stehen 24 Stunden pro Tag zur Verfügung. Durch das offene Wohnzimmer­ fenster tönen die Sirenen der alten Dampfer, die tief unten auf dem Mississippi vorbeischaufeln. An den weißen Wänden der Eingangshalle seines Apartments hängen Original-Trikots mit persönlichen Widmungen von Legenden des Footballs wie Dan Marino, Joe Montana oder John Elway. Manchmal wohnt in dem Apartment auch Kim Kardashian, der MTV eine eigene Reality-Show widmet und die mit Paris Hilton befreundet ist. Seit kurzem wohnt auch Rocky hier. Er ist drei Monate alt, Boxerwelpe und noch nicht mit allen ­Details der Hausordnung vertraut, insbesondere was den korrekten Ort zur Verrichtung der Notdurft betrifft. Gerne produziert Rocky bemerkenswert stolze Haufen, die er ­mitten auf dem sehr weißen Boden des Balkons hinterlässt. Es ist kurz nach 7.30 Uhr. Nachdem er den Fußboden gereinigt hat, klettert Reggie Bush in seinen sehr weißen Range ­Rover, denn um acht Uhr beginnt der offizielle Teil seines ­Arbeitstags im Trainingszentrum der New Orleans Saints. Der Vielseitige. Reggie Bush lief als Sechzehnjähriger die hundert Meter in 10,38 Sekunden. Seine unglaubliche Schnelligkeit und enorme Athletik machen ihn bei den Saints auf drei Positionen einsetzbar: Als Running Back empfängt er den Ball aus den Händen des Spielmachers, des Quarterbacks, und muss ihn wie ein Rammbock durch die Reihen des Gegners tragen. Als Punt ­Returner fängt er den Ball ab, den der gegnerische Kicker aus dem Gefahrenbereich befördert hat – und muss ihn ebendahin zurücktragen, mitten durch die Abwehrreihen der Kontrahenten. Und als Wide­Receiver ist es seine Aufgabe, weite Pässe des Quarterbacks zu fangen und in rasendem Sprint möglichst weit zu tragen; im Idealfall fällen ihn die gegnerischen Verteidiger erst hinter der Touchdown-Linie. Alle Positionen, auf denen Reggie eingesetzt wird, stellen besondere Herausforderungen an einen Athleten. Salopp betrachtet sind sie vergleichbar mit einem 100-Meter-Lauf, bei dem im vollen Tempo (das sind bei einem Sprinter wie Reggie 35 km/h) Kleiderschränke aus dem Weg geräumt werden wollen. Reggies Vielseitigkeit hat ihn zum einzigen Spieler der Saints-Geschichte gemacht, der auf allen drei Positionen einen Touchdown erzielte. Seine vier Touchdowns im Spiel gegen die San Francisco 49ers sind Vereinsrekord. Einen NFL-Rekord von unglaublichen drei Touchdowns als Punt Returner in nur einem Spiel verpasste er um Haaresbreite: Gegen die Minnesota ­Vikings stolperte er bei einem seiner Versuche, als er schon alle Gegenspieler hinter sich gelassen hatte. So blieb es am Ende des Spiels bei zwei erfolgreichen Punt Return Touchdowns. Das Trainingszentrum der New Orleans Saints liegt fünfzehn Minuten außerhalb von Downtown New Orleans am Airline Drive zwischen Fast-Food-Restaurants, Gebraucht­ wagenhändlern und Tankstellen. Die Geschäftsstelle in einem quadratischen, gelblich weißen Gebäude hat den Charme ­einer Lagerhalle, wäre da nicht die drei Meter hohe und fünf Meter breite, golden verspiegelte Eingangstür, über der in großen Buchstaben der Vereinsname prangt. An die Rückseite der Büros, in denen über hundert Menschen für das Team arbeiten, schließen Umkleide-, Physio-, Kraft-, Video- und Konferenzräume der Mannschaft an. Aufwand und Professionalität des Trainings liegen auf allerhöchstem Niveau: Jedes Training wird von drei Krankameras und mehreren Kamerateams gefilmt. Jede noch so kleine Bewegung der Spieler soll anschließend von den 23 Coaches analysiert werden können. Für jede Position gibt es Spezialtrainer. Die Videoanalyse dauert länger als die erste Trainings­ einheit; bis zu zwei Stunden lang steht der Chefcoach wie ein 53


Action

Universitätsprofessor in einem Hörsaal vor einem riesigen Bildschirm vor seinen Spielern. Danach, es ist knapp vor elf Uhr, geht es zur nächsten Trainingseinheit hinaus auf die beiden Freiluft-Footballplätze. (Für schlechtes Wetter oder Geheimtrainings befindet sich hinter den Außenfeldern noch eine Halle mit einem Kunstrasenplatz, die von außen wie eine riesige Scheune aussieht.) Trotz der wolkenlosen 35 Grad und einer Luftfeuchtigkeit wie im Dschungel kennen die Coaches kein Erbarmen: Kommandos werden ausschließlich im Kasernenton erteilt. Reicht das nicht, zieht ein Trainer einen Spieler schon mal am Visier von dessen Helm zu sich wie einen störrischen Esel am Strick und brüllt ihm seine Anweisung direkt ins Gesicht. Wenige Wochen vor Beginn der Saison besteht das Team noch aus 75 Spielern. Nach der Vorbereitung wird der Kader auf 53 Mann gestutzt. Für viele Spieler ist deshalb jedes einzelne Training ein sportlicher Überlebenskampf. Das merkt man ihrem Stöhnen und Fluchen ebenso an wie ihrem Verhalten im Zweikampf – seinen Mitspieler zu schonen wäre ein Luxus, den sich kaum einer der 75 leisten kann. Legendäre Heimstätte. Noch nie konnten die Saints den ersehnten Titel nach New Orleans holen. Aber in der neuen ­Saison, die am 10. September begann und bis zum Super-BowlFinale in Miami am 7. Februar 2010 läuft, stehen die Chancen besser denn je. Die Erwartungen in Louisiana sind gewaltig – und die Fans in New Orleans gelten als die leidenschaftlichsten der Liga. Das Heimstadion, der Louisiana Superdome, ist eine Halle mit einem Fassungsvermögen für 72.000 Zuseher. Jedes Heimspiel ist bis auf den letzten Platz ausverkauft, Dauerkarten

bilder: Sports Illustrated/Getty Images

Der Gewinn der Super Bowl wäre ein Zeichen an die Welt, das man alles überstehen kann.

High Five: Mit fünf „Sports Illustrated“-­ Covern liegt Reggie Bush gleichauf mit Sportstars wie Björn Borg, Carl Lewis und Michael Phelps.

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können nicht gekauft werden: Sie werden ausschließlich vererbt. Der Superdome ist nicht nur Symbol der sportlichen Hoffnungen. Im August 2005 bot er nach dem Hurrikan „Katrina“ 30.000 Menschen Zuflucht vor dem sicheren Tod in der Flut. Ein Jahr lang musste der Superdome nach der Katastrophe renoviert werden. Zu Beginn der Saison 2006/2007 wurde er wiedereröffnet: Das Match gegen die Atlanta Falcons war ein nationales Ereignis, Bono Vox trat live mit U2 auf, ESPN verbuchte die höchste Einschaltquote für ein Ligaspiel in der ­Geschichte des Senders. Es war das erste Heimspiel für einen Rookie bei den Saints: Reggie Bush. Der Gewinn der Super Bowl gegen Teams wie die Pittsburgh Steelers mit Star-Quarterback Ben Roethlisberger, die Minne­ sota Vikings mit Superstar Brett Favre oder die New England Patriots mit Trainer-Genie Bill Belichick würde für New Orleans mehr bedeuten als für jede andere Stadt: Er wäre das Zeichen an die Welt, dass man alles überstehen kann. Und dass man ­sogar nach einem Weltuntergang stärker zurückkommen kann, als man davor war. Nach zwei Stunden ist das Training beendet, viele Spieler schieben mit Einzelübungen noch Überstunden auf dem Platz, natürlich auch Bush: Er übt das Fangen harter Pässe aus nächster Distanz, die perfekte Abstimmung bei der Ballübergabe mit Quarterback Drew Brees und Antritte. Bush ist trotz seiner Jugend einer der Leitwölfe des Teams; das sieht man auch beim Trainingsgemetzel: Er a ­ rbeitet hochkonzentriert, beinhart, präzise und mit vollem Einsatz. Aber

„Definitiv ein Krieger“ Reggie Bush im Interview. Für viele Sportfans sind Footballer die perfekten AllroundAthleten – und Sie gelten unter den Footballern noch als Allrounder: Sie laufen wie ein Sprinter, sind durchschlagskräftig wie ein Schwergewichts­ boxer und so geschickt, dass Sie in vollem Lauf einen Ball fangen, der von weit geflogen kommt. Was ist Ihr Erfolgs­ geheimnis? Harte Arbeit und Konsequenz, täglich, seit der Highschool. Hart trainieren, gesund essen, that’s it. Wie motiviert man sich so viele Jahre lang, jeden Tag so konsequent zu arbeiten? Das ist Routine. Wie jeder Mensch zur Arbeit geht, gehe ich ins Gym. Es gehört zu meinem Leben. Ihre Muskeln schützen Sie ­gegen Verletzungen, aber bei jedem Spielzug kämpfen Sie gegen eine Wand aus noch größeren Muskelbergen. Angst? Nein, nie. Footballer zu sein heißt, verletzt zu sein. Sind Sie als wichtigster Spieler Ihres Teams Ziel besonders fieser Attacken? Natürlich will man mich verletzen. Nicht so schwer, dass ich für die Saison ausfalle, aber für die Partie wollen sie mich schon außer Gefecht setzen. So ist das Spiel. Trotz aller Power ist Football wie Schach – und Sie sind die „Dame“ der Saints. Was geht in Ihrem Kopf vor, bevor ein ­Spielzug losgeht? Ich höre zu, was der Quarterback sagt. Und konzentriere mich nur auf meinen Laufweg. Football ist aus europäischer ➤ Sicht ein ziemlich rauer


“ My most memorable rugby moment was doing a lap after the final test win – even though I didn’t play in it”

New Orleans’ Hoffnungen auf den erstmaligen Gewinn der Super Bowl durch die Saints sind größer denn je. Aber auf diesen Schultern finden sie immer noch ­genug Platz zum Ruhen.

“ playing for the lions is an honour and a privilege”


Daheim beim Star: Koch „Chef“ sorgt für das leibliche Wohl, der Billardtisch für ein wenig Zerstreuung, die beträchtliche Sportschuhsammlung immer wieder für Auf­ sehen und das Sauerstoffzelt im Schlafzimmer (Bild unten) dafür, dass Reggie morgens einigermaßen schmerzfrei aufstehen kann.


action

er sorgt zwischendurch mit coolen Sprüchen auch für Lacher bei Teamkollegen und Trainern. Es ist 13.30 Uhr, als Reggie Bush das Trainingsfeld verlässt. Sofort stürmen – auch das ist tägliche Routine – vier Kamera­ teams, ein halbes Dutzend Fotografen und ein Dutzend Journalisten auf ihn zu. Eine halbe Stunde lang beantwortet er Fragen. Anschließend kümmert er sich noch gewissenhaft und mit ehrlicher Freundlichkeit um die Autogrammwünsche der kleinen Fans: Kaum eines der Kids hier trägt ein anderes Trikot als das mit Reggies Nummer 25. Frühes Talent. Mit seiner Karriere in der NFL hat Reggie Bush einen Traum wahr gemacht. Der Traum begann allerdings eher aus einer kleinen Verlegenheit der Eltern heraus: Beide ­arbeiteten hart (Papa als Pfarrer und zusätzlich als Angestellter einer Sicherheitsfirma, Mama als Aufseherin im Gefängnis) und hatten wenig Zeit, sich um die überschüssigen Energien des Kleinen zu kümmern, der als einer der Besten seiner Klasse mit dem Lernen nicht ausgelastet war. Als Reggie neun war, wollte er mit dem Football beginnen – in einem Alter also, in dem ­Eltern ­ihren Nachwuchs lieber in weniger robusten Sportarten sehen. Doch Reggies Erziehungsberechtigte gaben ihr Okay. Während der Highschool wurde aus dem Teenager ein Jungstar, nach seinem Abschluss umwarben ihn die Unis mit ihren ­Stipendien. Er entschied sich für die University of Southern ­California (USC) in Los Angeles, auf der er drei Jahre Politik studierte und die Uni-Mannschaft USC Trojans zweimal zum Sieg bei den n ­ ationalen Collegemeisterschaften führte. In seinem letzten Jahr, 2005, wurde Bush mit der Heisman Trophy als bester College-Footballspieler in den USA ausgezeichnet. Im NFL-Draft 2006 wurde er an die zweite Stelle gewählt. 14.15 Uhr, noch einmal Kraftraum mit dem gesamten Team. Danach stehen ein bis zwei Stunden Regeneration in den Klubräumen auf dem Programm. Manche Spieler ­erholen sich im Entmüdungsbecken, schlafen oder studieren Lauf­ wege und Spielpläne. Bush hat sich zum Studium t­ aktischer Spielzüge zurückgezogen.

Reggie Bush rennt täglich gegen Menschenwände, die aus 150-KiloBrocken gemauert sind. Nachmittags werden die Coaches das Vormittagstraining erneut per Video analysieren, dann werden die einzelnen Spielzüge wiederholt, wieder und wieder, stundenlang. Ein Ablauf, ein Spielzug, der nicht bis in die DNA hinein automatisiert ist, funktioniert beim Spiel nicht mit der entscheidenden Präzision. Und Football auf höchstem Niveau ist wie ein Schachspiel der beiden Chefcoaches: Die kleinste Unachtsamkeit einer Figur auf dem Feld genügt, und der cleverste taktische Winkelzug fällt in sich zusammen. Training der Spielzüge heißt für Reggie Bush: Ball annehmen. Gegen Mauern anrennen, die aus 150-Kilo-Menschen gemauert sind. Ball fangen. Von bulligen Verteidigern gejagt werden, die ihn um einen Kopf und mehr überragen. Als kurz nach 18 Uhr der offizielle Arbeitstag der Spieler der New Orleans Saints endet, warten der Chiropraktiker und der Masseur auf Reggie. Und ein paar Stunden später ein Plastikschlauch, zwei Meter lang, neunzig Zentimeter im Durchmesser, gefüllt mit sauerstoffangereicherter Luft.

➤ Sport. Fühlen Sie sich als Spieler oder nicht manchmal doch eher als Krieger? Definitiv als Krieger. Sie haben mit David Beckham einen Spot gedreht, der in den USA berühmt wurde. Wäre Beckham ein guter Footballspieler? Er wäre natürlich ein überragender Kicker. Er könnte aber auch auf vielen anderen Positionen spielen. Vielleicht in der Passverteidigung, er hat schnelle Füße und sehr bewegliche Hüften. Ihre Meinung von Fußball? Ich schaue gerne zu, besonders die Premier League. Ronaldinho ist mein Lieblingsspieler – auch wenn er nicht in England spielt. NFL-Commissioner Roger ­Goodell hat vorausgesagt, dass es in zehn bis zwölf Jahren ein NFL-Team in London geben könnte. Würden Sie dort ­spielen wollen? Ja, unbedingt. Ich war letztes Jahr da. London ist großartig, überall so sauber, nicht wie zum Beispiel in Los Angeles. Nerven würde nur die Fliegerei zu den Auswärtsspielen in die USA während der Saison. Man hat Ihren Speed beim Sprint gemessen: 35 km/h. Usain Bolt kommt auf ungefähr 37 km/h. Wann sehen wir das ­direkte Duell? Nie. Ich würde erbärmlich verlieren. 23 Coaches, leidenschaftliche Fans und der Fokus der größten Medienlandschaft der Welt: Wie gehen Sie mit dem Druck um? Ich habe keinen Druck. Ich sehe einfach nur meinen Sport, den ich über alles liebe. Ich habe wirklich nur Spaß auf dem Feld. Druck ­haben die Soldaten, die unser Land in Übersee verteidigen. Wie sieht es mit den Fans in New Orleans aus?

Reggie Bush ist in New Orleans all­ gegenwärtig: Seine Nummer 25 ziert sogar Actionfiguren im Miniaturformat.

Sie sind die Besten. Sie lieben das Team bedingungslos. Die härtesten Fans findest du hingegen bei den Oakland Raiders. Sie beschimpfen dich und deine Familie. Nicht sehr angenehm … Es motiviert. Sie gelten als Mensch mit zwei Persönlichkeiten: Ist der Reggie Bush auf dem Feld ein anderer als der außerhalb des Footballfelds? Ja. Auf dem Feld bin ich extro­ vertiert, laut, überheblich und ­aggressiv. Da geht es darum, kompetitiv zu sein. Außerhalb ­eines Footballfeldes bin ich schüchtern und sehr zurück­ haltend. Durch die Bekanntschaft mit vielen Hollywoodstars werden Sie in den Medien manchmal als Partyboy dargestellt. ­Ein falsches Bild? Das ist der Preis, den du als ­bekannter Mensch zahlst. Wenn du mit jemand Berühmtem ­zusammen bist, wirst du von den Medien schnell in eine Schublade gesteckt. Das muss man einfach ignorieren.

New Orleans Saints – New York Giants: 18. Oktober 2009, Louisiana Superdome, New Orleans, USA; www.neworleanssaints.com

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Action

WELLENGANG

In der Zeit um Vollmond und Neumond läuft im AmazonasGebiet eine gewaltige Welle flussaufwärts, bis weit ins Land hinein: „Pororoca“. Surfer zieht dieses Monster magisch an. Text: Holger Altrichter, Bilder: Jürgen Skarwan

Auch in diesem Fall reicht dem Indianer ein einziges Wort: „Pororoca“, sagt der uns begleitende Ureinwohner des Amazonas-Regenwalds und deutet mit dem Finger gegen den Horizont. „Pororoca“ heißt in der Sprache der Indianer „großer, zerstörerischer Lärm“ und bezeichnet eine riesige Welle. Ein Exemplar dieses Naturphänomens kündigt sich uns wie ein Motor aus der Ferne an, als ein leises, regelmäßiges Klopfen. Pororoca wird aus schierer Gewalt geboren: Der ­Amazonas und seine Nebenflüsse strömen mehr als sechzig Kilometer weit in den Atlantik. Setzt die Flut ein, trifft sie noch auf offener See auf den Widerstand der Flüsse. Die Flüsse sind stark, doch das Meer ist stärker – so bauen sich bis zu vier Meter hohe Wellen auf, die gegen das Land gepresst werden und durch die Mündungen viele Kilometer weit g ­ egen die Strömung der Flüsse ins Landesinnere rauschen. In der Sprache der Surfer wird Pororoca wohl bald „Sehnsucht“ heißen. Denn: Die Welle rollt kilometertief ins Landesinnere und lässt sich beinahe unend­ lich lange reiten – bis zu vierzig Minuten lang, hatte man uns vor Beginn der Reise erzählt. Nun sind wir hier, haben unsere drei kleinen Holzboote an Land gezogen. Stehen bis zu den Knien im Schlamm am Ufer des drei Kilometer breiten Araguari, eines nördlich gelegenen, kleinen Bruders des Amazonas. In den Holzbooten liegen unsere Surfbretter, 58

Schwimmwesten, wasserdichte Koffer für die Kameras. Wir, das sind vor allem Ross Clarke-Jones, der in Australien ein Surf-Hero ist, und Gary Linden, eine US-Surflegende, die in Kalifornien eigene Surfbretter fertigt. Dazu Brasiliens bester Surfer Carlos Burle, der Mentor der brasilianischen Big-Wave-Surferin Maya Gabeira, und Picuruta Salazar – er ist der ­„Local Hero“ und ritt die Pororoca angeblich selbst schon einmal über zwanzig Minuten lang. Wenige Kilometer von uns entfernt mündet der Araguari in den Atlantik. Noch kann man mit dem Fernglas am Horizont nicht mehr als einen dünnen weißen Strich ausmachen, der beinahe von einem Ufer zum anderen reicht. Doch das Klopfen und Tosen wird ­lauter, der Strich wird dicker und langsam, aber stetig zur Welle. Mit 30 Meilen pro Stunde, knapp 50 km/h, rauscht die ­Pororoca heran. Ausgangspunkt unseres abenteuerlichen Trips war die 1,6-Millionen-Stadt Manaus gewesen. Manaus war vor hundert Jahren unfassbar reich, besonders betuchte Einwohner haben ihre Kleider angeblich zum Waschen nach London und ihre Kinder in Schulen nach Frankreich geschickt. Manaus war eine der ersten Städte der westlichen Einflusssphäre mit ­eigenem Elektrizitätsnetz. Man erlebte einen atem­ beraubenden Aufstieg dank des Kautschukbaums, der zur Herstellung von Gummi herangezogen wurde.


Sie ist eine Schönheit, wenn auch eine mit zerstörerischer Gewalt: Die Welle Pororoca entsteht, wenn der Atlantische Ozean bei Voll- und Neumond seine Wassermassen gegen den Widerstand des Flusses meterhoch in den Amazonas drückt.


Die Ruhe vor der Welle: Weil die Pororoca sich durch ihr Tosen früh genug ankündigt, bleibt Mensch und Tier ausreichend Zeit für die Flucht.

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Tagesanbruch angesagt. Die „Forest II“ sollte liegen bleiben, wo sie lag. Ihre Beiboote würden uns zur Welle bringen: Sie sind wendig genug, um im Notfall schnell fliehen zu können. Im Morgengrauen klettern wir in die kleinen Holzboote, Nussschalen im Vergleich zur stabilen „Forest II“. Unser Steuermann Indio gibt das Startzeichen, wirft den Außenbordmotor an. Wir legen ab. Indio, wie viele Brasilianer asiatischer Herkunft, pilotiert ansonsten Boote in Macapá, der nächsten Großstadt. Er ist der Pororoca schon dutzende Male begegnet, und doch wirkt er angespannt. Die Pororoca, warnt er uns eindringlich, kann sehr gefährlich werden. Wen sie einmal überrollt hat, der findet sich in ­kabbeligem, wildem Wasser wieder, in dem neben Baumstämmen auch Krokodile, Wasserschlangen und Piranhas schwimmen. Die Gefahr besteht darin, mit dem Holzboot im vor der Welle seichten Wasser auf Grund zu laufen und stecken zu bleiben. „Wenn das passiert“, sagt ­Indio, „dann müsst ihr springen und versuchen, euch rasch vom Boot zu entfernen. Denn wenn die Welle das Boot trifft und hochwirbelt, ist die Gefahr groß, dass es euch zerschmettert.“ Die Göttin Iemanjá ist der brasilianischen Sage zufolge von Zeit zu Zeit böse auf die Sterblichen. Dann sucht sie nach Opfern. Die Pororoca hilft der Göttin

illustration: sascha bierl

Bergab ging es jedoch nicht minder schnell, nachdem der Gummibaum nach Indonesien geschmuggelt und dort in Plantagen angepflanzt worden war. Heute wäre Manaus keine Reise wert, würde es nicht mitten in Brasilien liegen, im Herzen des Amazonas-Gebiets, und damit die Gelegenheit ­bieten, zur Mündung des Araguari vorzudringen, zur Quelle der Pororoca. Unser Zuhause für die einwöchige Reise war ein Schiff, die „Forest II“, 28 Meter lang, sechs Meter ­breit, angetrieben von einem 700-PS-Dieselmotor. Von Manaus aus tuckerte die „Forest II“ durch eine einzigartige Landschaft, an Santarém vorbei, durch die „Karibik des Amazonas“, in den hier der Tapajós mündet. Manchmal glitt sie mitten auf dem Fluss dahin, dann wieder an Ufern entlang, von ­Bäumen gesäumt, die ihre Äste erschöpft ins Wasser hängen lassen. Ursprünglich sollte sich die „Forest II“ durch einen Kanal nach Norden zum Araguari schwindeln. Doch der Kanal war gesperrt, so blieb ein Umweg übers Meer der einzige Ausweg, und unser Schiff verlor ­unfreiwillig seine Salzwasser-Unschuld. Ein paar Stunden lang schaukelte es über den Atlantik, dann bog es wieder nach Westen ab, gen Land. Im Araguari gingen wir hinter einer kleinen Insel vor Anker. Zur Sicherheit, aus Angst vor der Pororoca, die schon größere Schiffe einfach umgeschmissen hatte. Uns blieben wenige Stunden Schlaf, die Pororoca war für den


Was für ein Spaß: Ein Salto in den Amazonas bereitet nur kurz Ver­gnü­ gen, auf der Pororoca surfen Könner hingegen kilometerlang dahin.

Atlantik

BR

A

Manaus

SI

LIEN Brasilia Rio de Janeiro

A ra g uar i-Flu s s

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Stürzen verboten: Die dunklen Wasser der Pororoca transportieren jede Art von schmerzhaftem Strandgut, Giftschlangen und Piranhas inklusive.

dabei. Selbst in den Millionenstädten im Süden wird den Kindern in der Schule erzählt, dass eine Welle im wilden Nordosten des Landes Dörfer überflutet und Landstriche unter Wasser setzt. Im übertragenen Sinn auf den Grund geht man Pororoca erst seit 1984 ernsthaft: Damals führte der Meeresbiologe Jacques-Yves Cousteau diverse Forschungen im Amazonas-Gebiet durch – die wesentlich dadurch beeinträchtigt wurden, dass die Welle sein Boot mit einem kompletten Satz teurer Ausrüstung zum Kentern brachte. Cousteau sprach damals von einer „Wand aus Wasser“, die auf ihn zugerast war. Vergleichbare Phänomene gibt es in Küstengebieten weltweit auf mehr als sechzig Flüssen oder Fluss­ armen. Bekannt sind der Severn in England und der Qiantang in China. Doch sie alle können der Pororoca nicht das Wasser reichen: Der Gezeitenunterschied im Amazonas-Gebiet beträgt zumindest vier Meter. Und die Regenzeit lässt zwischen Oktober und Januar die Flüsse anschwellen: Wir besuchen Pororoca im März, sie präsentiert sich in prächtiger Form. „Ein Problem mit dem Motor!“, schreit Indio plötz­ lich, „ein Problem mit dem Motor!“ Die Welle jagt auf uns zu. Wir machen uns zum Sprung bereit. Im letzten Moment kriegt Indio den Außenborder wieder in Gang, wir können flüchten. Ein anderes Boot hat weniger Glück und läuft auf Grund. Wir können nicht helfen und müssen zusehen, wie die drei Insassen 62

über Bord springen und versuchen, möglichst weit wegzukommen vom Boot. Sie schaffen es nicht weit genug. Wie ein riesiger Schlund schluckt die Pororoca Kahn und Menschen, kaut sie durch, speit sie wieder aus. Das Rescue-Boot jagt kreuz und quer über den Fluss, liest einen nach dem anderen auf. Josh wurde von der Schiffsschraube eine klaffende Wunde am Bein zugefügt. Zum Glück kam er schnell genug aus dem Wasser, um nicht von Piranhas behelligt zu werden. Gary ist mit einer schweren Rückenprellung, Renato mit dem Schrecken davongekommen. Garys Glück war, dass er sein Surfbrett wie einen Schutzschild hochhalten konnte und deshalb nicht unmittelbar vom Boot getroffen wurde. Sein Pech ist ein kaputtes Board – „that hurts“. Garys Board ist hinüber. Doch er hofft, bis zum nächsten Tag wieder fit zu sein. Er stärkt sich am Buffet von Paolo, dem Schiffskoch der „Forest II“. Paolo ist im Amazonas-Gebiet eine kleine Berühmt­heit. Er stand früher in der Kombüse der „Seamaster“, die den neuseeländischen Segler Peter Blake durch den Regenwald trug. Blake hatte zweimal den America’s Cup gewonnen und später zu Forschungszwecken den ­Amazonas bereist. Im Dezember 2001 wurde die „Seamaster“ von Piraten überfallen. Als Blake sich zur Wehr setzen wollte, wurde er erschossen. Paolo erzählt nicht ohne Stolz, wie er sich damals im Aufenthaltsraum der „Seamaster“ versteckte, alles beob-


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Aufgrund des geringen Gefälles des Amazonas kann die Pororoca bis zu 800 Kilometer weit ins Landesinnere rollen, bis zur Stadt Óbidos.

achtete und nachher der Polizei Bericht erstattete. Laut Paolo geschah der Überfall nicht weit von der Stelle, an der die „Forest II“ jetzt ankert. Ein neuer Tag, ein neues Glück. Und plötzlich klappt alles wie am Schnürchen. Die Wellenreiter springen rechtzeitig ins Wasser, gleiten auf ihre B ­ retter. Surfen nebeneinander, surfen nacheinander, surfen, surfen. Der Letzte wird erst nach unglaublichen 40 Minuten abgeworfen, „Local Hero“ Picuruta Salazar. Er übertrifft sogar Ross Clarke-Jones, den berühmten Aussie. Am Abend sitzen alle wieder beisammen auf der „Forest II“ im Schutz der kleinen Araguari-Insel. Paolo tischt auf, die Gespräche gehen ­durcheinander, bilden ein einziges großes Rauschen. Alles dreht sich um die Welle. „Das Faszinierende ist“, sagt Gary, „dass du nur eine Chance hast. Wenn du die Pororoca verpasst, musst du einen g ­ anzen Tag warten.“ Zwar kommt binnen eines Tages zweimal die Flut und mit ihr die Welle, doch lässt sich nur jede zweite Welle studieren und surfen. Die andere läuft in der Nacht ab. Nur ihr fernes Klopfen ist von draußen zu hören. Pororoca: Surfing the Amazon. The Longest Wave on Earth. Dokumentation (deutsche Fassung): 11. Oktober 2009, 22 Uhr im Red Bull TV-Fenster auf ServusTV. Empfangen lässt sich ServusTV per digitaler Hausantenne, Kabel oder Satellit (ServusTV Sat via Astra 19,2 Grad Ost, 12.663 GHz bzw. ServusTV HD via Astra 19,2 Grad Ost, 11.303 GHz).

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bild: gepa pictures

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new kids on t h e b o c k

Die Wiege künftiger Motorrad-Stars heißt Red Bull MotoGP Rookies Cup. Was die Kids hier lernen, rüstet sie für eine strahlende Zukunft. Wir haben sie eine ganze Saison lang begleitet.

Text: Peter Clifford, Fotos: Jiří Křenek 65


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o feiert Valentino Rossi, achtfacher Motorrad-Weltmeister und lebende Legende von gerade einmal dreißig Jahren, seinen hundertsten Grand-Prix-Sieg? Richtig, am Podium. Am Podium des Red Bull MotoGP Rookies Cup. Für die Youngsters, die hier gemeinsam mit dem größten Motorrad-Rennfahrer der Gegenwart stehen, ist das ein Moment, den sie nie mehr vergessen werden. Diese Szene aus Assen, Niederlande, beinhaltet die Essenz des Red Bull MotoGP Rookies Cup: hier der Superstar, gleich daneben die besten Teenager auf zwei Rädern, die alles unternehmen, um ihrem Vorbild so nahe wie möglich zu kommen. Ihre Knieschleifer streicheln dieselben Curbs, die noch Minuten zuvor von den weltbesten Bikern bearbeitet worden waren. „Es war so cool, dass er extra zu uns raufgekommen ist, um uns zu gratulieren“, zeigt sich Assen-Sieger Sturla Fagerhaug, 17, beeindruckt, um gleich ohne falsche Bescheidenheit zu ergänzen: „Meine Freunde erzählen mir, dass im MotoGP-Paddock während unserer Rennen die Arbeit ruht.“ Die spannenden Rennen holen offenbar selbst die abgebrühtesten Profis an den Streckenrand. Fagerhaug hatte den Cup die gesamte Saison über angeführt – und verlor den Titel im letzten Rennen an den sechzehnjährigen Tschechen Jakub Kornfeil doch noch um zwei Punkte. Zum Saisonfinale nach Brünn waren sie punktgleich angereist: 99 Punkte hatte der Norweger, 99 sein tschechischer Konkurrent, die letzten zwei Rennen mussten entscheiden. Und was waren das für Rennen! Zehn Mann kämpften Schulter an Schulter, Fußraste an Fußraste um die Führung, unsere beiden Helden mittendrin. Im Samstagsrennen holt Fagerhaug noch einmal drei Punkte ­Vorsprung auf seinen Kontrahenten heraus, doch im allerletzten Lauf des Jahres, in der allerletzten Runde setzt sich Jakub Kornfeil an die Spitze des Feldes, holt Laufsieg und Cup. Besser, enger geht es nicht. Die Saison 2009 mit ihren sechs Rennwochenenden (und acht Rennen) beinhaltete alles, was eine gute Rennsaison braucht. Drama, Spannung, Action, Racing vom Feinsten. Die Rookies lernten schnell, das konnte man sogar mit freiem Auge vom Streckenrand aus erkennen. Das Feld mit den identischen 125er-KTMs und den gleichen Alpinestars-Lederkombis rückte ­immer näher zusammen, je länger die Saison dauerte. Der Kampf eines Zehner-Pakets um die Führung in Brünn kam für Rider-Coach Gustl Auinger nicht unerwartet: „Sturla war in seiner dritten Rookies-Cup-Saison und hat seinen Erfahrungs­ bonus voll ausgespielt. Das hat den anderen Fahrern gezeigt, wie hart man pushen kann, und sie haben darauf reagiert. Nicht Sturla ist langsamer geworden, die anderen haben aufgeholt. In Brünn lagen die ersten zehn innerhalb von 2,3 Sekunden.“ Auinger, selber fünffacher Grand-Prix-Sieger, ist weit mehr als bloß ein Trainer für seine Rookies. „Für mich ist er gleichermaßen Freund wie Lehrer“, legt sich Fagerhaug fest. „Ich kapierte erst in 66

Bild: gepa-pictures (1)

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Der Red Bull MotoGP Rookies Cup ist die professionellste Nachwuchs-Rennserie der Welt. Das können wir ganz locker ­beweisen: Nur die Weltbesten schaffen es überhaupt, sich über internationale Sichtungen zu qualifizieren. Dort übernehmen Vollprofis wie GP-Sieger Gustl Auinger die motorsportliche Erziehung, die weit über das bloße Erklären von ­Linienwahl, Schalt- und Bremspunkten hinausgeht. Menschliche Entwicklung, Risikoabschätzung und soziale Intelligenz gehören genauso zum Rennfahren wie professionelle körperliche Vorbereitung.


Jakub Kornfeil

Handshake von Valentino Rossi und Sturla Fagerhaug.

Die Saison kulminierte in einem ­Duell der Nummer 33 (Fagerhaug) mit der 84 (Kornfeil), das in der ­letzten Runde des letzten Rennens entschieden wurde. Beide Jungs ­waren am Limit, manchmal auch dar­ über. Die Chancen stehen gut, dass Rossi seinen Nachfolger als Weltmeister bereits im Feld des Red Bull MotoGP Rookies Cup gesehen hat.


Die Fagerhaugs reisen in ­diesem liebevoll adaptierten Un­getüm von einem Volvo-Bus zu den Rennen. Der Bus ist das Reich von Mama Fagerhaug. Verpflegung für alle gibt es in der Red Bull Energy Station, sie ist das Kraft- und Kommunikationszentrum der Rookies und ihrer Familien. Neben einem Wuzler gibt es hier auch PlayStations. Was gespielt wird? MotoGP selbstverständlich!

meinem zweiten Rookies-Jahr, wie sehr ich von ihm profitieren kann. Ich habe begonnen, sehr viel und sehr intensiv mit ihm zu reden. Das war der Moment, wo ich einen großen Sprung nach vorn gemacht habe und deutlich schneller geworden bin. Am Ende dieses Jahres habe ich dann auch mein erstes Rennen gewonnen.“ Gustl sonnt sich nicht in seinem Erfolg, nicht im Erfolg der siegreichen Rookies. „Natürlich freut er sich mit denen, die am Stockerl stehen, aber dann siehst du ihn schon wieder bei jenen Jungs, die noch hinterherfahren. Er ist für sie da und hilft ihnen, schneller zu werden. Sein Ziel ist, dass wir uns alle verbessern.“

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ie gut ihm das gelingt, beweist die Tatsache, dass bereits fünf ehemalige Rookies den Sprung in die Achtelliter­klasse der WM geschafft haben. Kein Wunder, stehen die Jungs beim Red Bull MotoGP Rookies Cup doch das gesamte Wochenende in der Auslage. Für Teammanager und Talentscouts ist der Rookies Cup Pflichtprogramm, das spannendste und knappste Rennen des Wochenendes in einer hochprofessionellen Rennserie mit gleichem Material. Wer sich hier durchsetzt, muss gut sein, Punkt. Sturla Fagerhaug musste nicht einmal bis zum Ende seiner Rookies-Karriere warten, um sein GP-Debüt geben zu können. Nach seiner beeindruckenden Form in den ersten Rennen holte ihn KTM ins Werksteam. „Es war eine unfassbare Saison für mich. Einerseits die Siege im Rookies Cup, andererseits die 68

­ rfahrung aus den GPs. Klar bin ich da noch weiter hinten, aber E es ist schon toll, mit jenen Jungs zu fighten, die man aus dem Fernsehen kennt. Du lernst so viel, wenn du glaubst, schon am Limit zu sein, und trotzdem überholt wirst. Das schiebt dein ­Limit jedes Mal noch ein Stück weiter hinaus.“ Genau das, so Sturla, sei auch im Red Bull MotoGP Rookies Cup bei den anderen Jungs passiert: „Nach dem Rennen in Mugello haben die anderen kapiert, wie hart man das Bike fahren kann. Schlagartig wurde es härter für mich. Natürlich ist es ärgerlich, den Titel im letzten Rennen zu verspielen, weil dich ein anderer Fahrer knapp vor Schluss rempelt. Aber vergeigt habe ich den Cup schon selber. In Deutschland und England zuvor war ich einfach nicht gut genug“, gibt der Norweger freimütig zu. Angebotene bequeme Ausreden, wie den öffentlichen Druck als Punkte-Leader, lehnt er rundweg ab: „Klar habe ich viel Aufmerksamkeit gekriegt. In Norwegen war ich auf den Titelseiten, ich war im TV, obwohl denen Motorradrennen normalerweise hinten vorbeigehen. Das hat mich am Bike aber nie gebremst, im Gegenteil, es hat mich zusätzlich motiviert. Ich will Rennfahrer werden, nichts anderes. Snowboarden oder Skaten ist zwar auch lustig, aber nichts auf der Welt bedeutet mir so viel, wie am Rennmotorrad sitzen zu können. Eines Tages will ich davon ­leben können.“ Noch arbeitet Sturla gemeinsam mit seinem Vater als ­Elektriker. Seine Eltern haben ihn nie zu einer Rennkarriere ­gedrängt, „sie waren für mich da und haben mir Dinge ermöglicht, wenn ich sie wirklich wollte“. Die Fagerhaugs reisen in ­einem umgebauten alten Bus zu den Rennen, nicht selten parken sie dann neben ihren Erzrivalen, den Kornfeils, die mit ihrem


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Wohnmobil quer durch Europa angereist kommen, meist in der Nacht, damit Jakub möglichst wenig Zeit in der Schule verpasst. „Er darf so lange Rennen fahren, wie seine Noten in Ordnung sind“, gibt sich Kornfeil senior streng. „Schule ist Priorität Nummer eins. Außerdem nimmt Jakub Englisch-Privatstunden, denn ohne gutes Englisch bist du verloren. Gut, dass unsere Rennen in der Regel am Samstag stattfinden. So sitzt der Bub am Montag in der Früh wieder in der Klasse.“ „In der Schule rede ich nicht groß von meinen Rennen“, gibt sich Jakub bescheiden. „Ich bin ein ganz normaler Teenager. Am liebsten wäre mir, die anderen wüssten gar nicht, was ich am Wochenende mache. Früher konnte ich meine Rennerei noch verheimlichen, aber weil der Red Bull MotoGP Rookies Cup so professionell ist, geht das nicht mehr. Natürlich bin ich stolz auf das, was ich erreicht habe, aber ich will damit nicht angeben. Mehr Mädchen haben begonnen, sich für mich zu interessieren, seit ich Rennen gewinne.“ Hat er eine Freundin? „Noch nicht.“

Bild: gepa pictures

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nter ihren Lederkombis und Helmen ist es schwer, die Schulkinder zu erkennen, die die ­Burschen ja noch sind, manche erst dreizehn, vierzehn Jahre alt, kämpfen sie dennoch mit 200 km/h Ellbogen an Ellbogen um Positionen. Für die Zuschauer ist es Racing vom Feinsten, für die Kids die Erfüllung eines Traumes. Es schaut gefährlich aus, ist aber die sicherste Variante von Motorrad-Rennsport, auf den modernsten Rennstrecken der Welt mit jenem Aufwand an Sicherheit und medizinischem Back-up ausgeübt, der auch für die Weltbesten gut genug ist. Oft sind es die Kinder, die die Sicherheit ansprechen, wie ­Colleen Scholtz, die Mutter von Rookie Mathew, erklärt: „Der Bub hat gesagt, weißt du, Mama, wenn ich einen schweren ­Unfall hätte oder stürbe, wäre es bei etwas, das ich absolut liebe.“ Mathew wurde mit fünfzehn Jahren Rookie, er hat bereits ein Rennen gewonnen und war Teil der 10-Mann-Spitzengruppe beim finalen Battle in Brünn. Der Cup bedeutet für Familie Scholtz in der Regel dreißig Stunden An- und Abreise. Von ihrer Heimatstadt Durban in Südafrika fliegen sie zuerst nach Johannesburg, dann rauf nach Europa, in der Regel nach Paris, dann mit einem dritten Flug weiter in die Nähe der Rennstrecke, nach Prag etwa. Ein Renn-„Wochenende“ dauert für die Scholtz’ üblicherweise von Dienstag bis Dienstag. Und sie sind nicht die Einzigen, die einen breiten Weg haben; andere Rookies reisen aus Japan oder gar Australien an. Das Rookies-Fahrerlager ist ein buntes Multikulti-Durcheinander, das ganz wunderbar über alle Sprach- oder Kulturbarrieren ­hinweg miteinander auskommt. Freundschaften entwickelten sich quer über die Grenzen. Sturla Fagerhaug war heuer der ­Leader einer bunten, ungestümen Gruppe schneller Jungs, mit dem Kalifornier Jake Gagne, dem bereits angesprochenen Süd­ afrikaner Mathew Scholtz und anderen, die bereitwillig Interviews gaben und für jeden Spaß zu haben waren. Der ruhige Jakub Kornfeil gehörte nicht zu dieser Clique, er trat erst zum Schluss ins Scheinwerferlicht. Sein bester Freund ist der Japaner Daijiro Hiura, der letzten April mit erst dreizehn ­Jahren sein bislang einziges Rennen gewonnen hat. Daijiro spricht nicht besonders viel Englisch und vermutlich noch weniger Tschechisch; wie sich die zwei miteinander unterhalten, ist nicht erforscht. Auch auf der Strecke verstehen sich die beiden perfekt. Hiura: „Einmal haben wir heuer das gesamte Rennen lang um den Sieg gekämpft. Immer, wenn ich mich an ihm vorbeigepresst hat-

te, kam in der nächsten Kurve sein Konter. Jakub hatte den Sieg in seinem Herzen.“ Die beiden pushen sich gegenseitig, sie machen einander stark: „Daijiro hat sich nach dem Qualifying in Brünn bei mir für seine Pole-Position bedankt. Nur weil er versucht hat, mir zu folgen, ist er überhaupt so schnell gefahren, hat er gesagt.“ Kornfeil startete beim großen Showdown ebenfalls in der ersten Reihe, genau wie sein großer Rivale Fagerhaug. Der Druck lag bei seinem Heimrennen auf Kornfeil: „Jeder sagte mir, komm, du schaffst das, du musst, du wirst, du sollst. Ein Interview hier, ein Schulterklopfen da – kein Wunder, dass ich das erste Rennen verpatzt habe. Ich bin einfach im Verkehr stecken geblieben und konnte nie so schnell fahren, wie ich es eigentlich draufgehabt hätte.“ Doch der junge Mann konnte selbst dieser Situation etwas Positives abgewinnen: „Jetzt war der Druck weg. Am Sonntag konnte ich endlich mein eigenes Rennen fahren. Ich hatte ja ­eigentlich schon verloren.“ Das Ergebnis ist bekannt: Jakub Kornfeil geigte ganz groß auf, schnappte Sturla Fagerhaug in der letzten Runde Führung, Sieg und Cup weg. Ganz großes Drama, ganz großes Racing. ­Applaus auch von den Großen, den GP-Stars. Das Schlusswort gehört trotzdem dem jüngsten Rookie im Feld, dem erst dreizehnjährigen Engländer Fraser Rogers: „Sie hätten es beide verdient. Sturla wegen des Starts in die Saison, Jakub wegen des Finishs. Zum Schluss so knapp zu v­ erlieren, nachdem du die ganze Saison geführt hast, ist ­natürlich bitter. Sturla tut mir leid.“ Und wieder haben die Rookies eine Lektion gelernt: Es kann nur einen Sieger geben. Und der wird zum Schluss bestimmt. Im letzten Rennen. In der letzten Runde. Manchmal erst in der letzten Kurve. Fahrerporträts, Ergebnisse, Videos auf: www.redbullrookiescup.com

Nico Thöni: n Schwierige Saiso Die Probleme für den vierzehnjährigen Steirer, den einzigen deutschsprachigen Beitrag im Red Bull MotoGP Rookies Cup, ­begannen vor der Saison: Schlüsselbeinbruch beim Snowboarden. Prompt entwickelte sich die Saison zum Lehrbeispiel, wie ein kleiner Fehler eine Abwärtsspirale in Gang setzt: erstes Rennen ohne Punkte, Verkrampfung im Kopf, der Versuch, Versäumtes aufzuholen, ein zweiter Platz im Training mit Sturz danach und doppeltem Daumenbruch. Reha, noch dreimal schuldlos abgeschossen, schon steht statt des angestrebten Top-10-Platzes in der Gesamtwertung ein einsamer zehnter Platz in Mugello als bestes Ergebnis am Papier. Besser lief es in der Schule, Nico beendete die Sporthauptschule als Klassenbester und steigt nun in die HTL auf. Positive Neben­ wirkung des Red Bull Rookies Cup: „Mein Englisch hat sich enorm verbessert, weil wir im Fahrerlager englisch miteinander reden.“ Wie es nächstes Jahr weitergeht, ist noch ungewiss: entweder wieder Red Bull Rookies Cup oder IDM, die Internationale Deutsche Meisterschaft. Wohin die Reise gehen soll, steht heute so fest wie vor dem ersten Start: „Ich will in die WM!“

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Diver Auf der Pazifikinsel Pentecost springen junge Männer von Holzgerüsten. Gehalten werden sie nur von Lianen – und dem wachsamen Blick ihres Stammesältesten. Text und Bilder: Tim Clayton/Reportage by Getty Images


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„Du nicht!“ Häuptling Lauran Tho springt auf und ist unzweideutig in seiner Ansage. Dem Teenager, in dessen Augen, in dessen Seele sich Tho versenkt hatte, werden die Lianen von den Fesseln abgenommen. Die hölzerne Plattform, die für ihn bestimmt ­gewesen war, wird mit lautem Knacken abgebrochen. Der Blick des Jungen scheint erleichtert, keine Spur von Scham. Er respektiert die Entscheidung des Weisen, klettert vom Turm und mischt sich unter den Rest seines Stammes, dessen Singen und Tanzen den Sprung des Nächsten einleitet. „Ich kann es nicht erklären“, sagt Lauran Tho später, „es ist ein Geschenk, ein sechster Sinn. Ich spreche mit den Lianen, sie sagen mir, wenn etwas nicht in Ordnung ist, wenn sich jemand verletzen wird. Dann verbiete ich den Sprung.“ In den siebzehn

Jahren, in denen Tho Land Diving Doctor ist, hat es keine einzige Verletzung gegeben. Was in der Tat erstaunlich ist, denn auf anderen Sprungtürmen im Süden Pentecosts passiert durchaus was, Verletzungen sowieso, aber auch drei Tote in den letzten Jahren. Tho ist verantwortlich für alles Sprungtechnische, was hier in Lonorore auf Pentecost passiert, einer von 83 Inseln im Südpazifik, die zusammen den Staat Vanuatu ausmachen. Er bestimmt, welche Bäume für den Turm gefällt werden, er sucht die Lianen aus, er überwacht den Bau und natürlich die Sprünge. Die Vorbereitung dauert mehrere Wochen. Die Arbeiter kommen von der ganzen Insel, sie kommen in mehrstündigen Fußmärschen oder in Ruderbooten übers Meer. Lauran Tho kommandiert den Bautrupp, der aus etwa fünfzehn Männern besteht, zwischen

Die Arbeit an den Sprungtürmen dauert mehrere Wochen, das taugliche Material wird von „Land Diving Doctor“ Lauran Tho persönlich ausgesucht. Selbstverständlich wird jeder Baum von Hand gefällt. Die Arbeiter kommen von überall auf der Insel, teils zu Fuß, teils mit Booten übers Meer.

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Zehn Meter freier Fall, unten harter Erdboden. An den FĂźĂ&#x;en nur Lianen, die den Springer zu bremsen.


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Pentecost gehört zu den mela­nesischen Inseln. Es liegt im Südpazifik und bildet mit 82 ­weiteren ­Inseln den Staat Vanuatu.

acht und sechzig Jahre alt. Er zeigt auf die Bäume, die gefällt werden. Die Männer benutzen riesige Macheten dafür, dann tragen sie Stämme und Lianen zum Sprungplatz. Ein Generationenriss wird sichtbar: Die jungen Männer tragen Shorts, die alten Nambas, den traditionellen Genitalschutz. Jean-Claude Asal, ­genannt „Van Damme“, steht mit seinen 31 Jahren irgendwo in der Mitte und wird von den Youngsters ob seines Nambas so lang gehäkerlt, bis er zu Shorts wechselt. Lauran Tho bestimmt neun Stellen, an denen Löcher gegraben werden. Die Männer schwitzen, Insekten piesacken sie, während Tho auf einem Hügel im Schatten sitzt. Keiner hinterfragt seine Autorität, wenn er Kommandos gibt und den Bau des Turms überwacht, jede Verbindung und jeden Knoten. Wenn der Turm steht, werden Plattformen eingezogen. Ein einfacher Holzmechanismus mit zwei sorgfältig geglätteten Pfosten, über welche die Lianen laufen, dient als Bremsmechanismus. Tho ruft zum Feierabend, wenn er der Ansicht ist, dass genug Arbeit für den Tag geleistet wurde. Die Männer machen sich auf den Heimweg, nicht wenige von ihnen mit Kava-Wurzeln für die abendliche Entspannung im Gepäck. Der Rauschpfeffer wächst hier wie Unkraut, vier Jahre dauert es, bis man ihn ernten kann. Im Export bringt eine Wurzel rund zwei Dollar, und vielen Männern sieht man ihre Vorliebe für das entspannende Getränk schon von weitem an: Ihre Haut ist völlig ausgedörrt. Am Tag des Land Diving ist alles fertig, es gibt verschiedene Höhen, aus denen die Männer springen werden. Jeanis Asal, bärtig, über dreißig Jahre alt, genauer weiß das hier keiner, klettert auf den höchsten Punkt des Turms, zehn ­Meter über dem Erdboden. Bis auf das traditionelle Namba ist Jeanis nackt. Zwei Stammesangehörige begleiten ihn und befestigen je eine Liane an seinen Knöcheln. So tritt er vor Lauran Tho. Der versenkt sich in seine Augen und spricht mit den Lianen. Diesmal scheint alles okay. Jeanis Asal wird springen dürfen. Das Singen, das Tanzen, das charakteristische Wupp-Wupp am Fuße des Turms wird lauter und intensiver. Männer und Frauen, alle in ihren traditionellen Gewändern, feuern den Springer an, der spielt den Ball an die Zuschauer zurück und ­fordert mehr, ähnlich einem Stabhochspringer in einem vollen Leichtathletikstadion. Auch eine Handvoll Touristen befindet sich unter den Zuschauern, rübergeflogen von Vanuatus Hauptstadt Port Vila. Zehn Sprünge in einer Stunde werden die Touristen heute sehen, wobei der jüngste Land Diver gerade einmal acht Jahre alt ist, dann fliegen die Touristen wieder zurück, das Wetter, sagt der Pilot, Sie verstehen. Als die Stimmung am Höhepunkt ist, drückt sich Jeanis Asal von der Holzkonstruktion ab, volle Körperspannung, die Arme seitlich ausgestreckt, perfekte Balance, wie ein Turmspringer. Bloß ist da kein Wasser unter ihm, da ist braune, festgetretene Erde. Sein Leben, seine Gesundheit hängt an zwei um seine ­Fußgelenke geknoteten Lianen. Die Zuschauer in den hinteren Reihen hören nur ein lautes Knacken. Dann ist Stille. Jeanis Asal liegt am Boden, die Arme seitlich ausgestreckt, zwei Helfer eilen zu ihm. Da hebt Jeanis seinen Kopf, weiße Zähne blitzen aus dem staubigen Bart, er winkt den Zuschauern. Der hölzerne Bremsmechanismus, der den Fall dämpfen sollte, hat offenbar funktioniert, das war das Knacken. Und die Lianen haben gehalten. Die Menge tobt. Über den Ursprung des Land Diving auf der südpazifischen Insel Pentecost gibt es mehrere Legenden, deren bestverbreitete so klingt: Es waren einmal Mann und Frau, die dauernd stritten. Eines Tages wurde es der Frau zu blöd, sie kletterte auf einen Baum und drohte damit, sich springend umzubringen. Ihren Mann überkamen Schuldgefühle, immerhin waren die beiden noch nicht so lang verheiratet. Sie mögen doch gemeinsam 73


Ben Fransicso (li.) und Colin Tate (re.) werden heute springen. Land Diving in Lonorore ist einerseits Spektakel, andererseits Zeremonie, drittens eine Art, Geld zu verdienen. Inverses Maibaumkraxeln, wenn man so will.


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springen, sagte er. Das taten sie. Was der arme Tropf nicht wusste: Die Frau hatte sich Lianen um die Beine gebunden, das rettete ihr Leben, während der Mann am Boden zerschellte. Der listigen Dame zu Ehren begannen die Inselfrauen zu springen, allerdings nicht lang: Die Grasröckchen der Insulanerinnen offenbarten beim Sprung allzu delikate Einsichten, woraufhin die Männer wieder das Kommando übernahmen und Land Diving zu ihrer Sache erklärten. Frauen sind seither nur mehr klatschendes und singendes Bodenpersonal. Land Diving passiert ausschließlich zwischen März und Juni, man feiert damit die Yams-Ernte. Das Datum hat die erfreuliche Nebenwirkung, dass um diese Zeit die Lianen am saftigsten und somit haltbarsten sind. Eine Zeitlang galt Landtauchen außerdem als Initiationsritus; wer gesprungen war, galt als Mann. Es gibt drei Sprungplätze auf Pentecost, die für Touristen zugänglich sind, Lonorore ist einer von ihnen. Der Flugplatz ist nur ein paar hundert Meter entfernt, schon bald soll er asphaltiert werden, heißt es. Am Flugplatz steht auch das einzige Telefon des Dorfes. Es gibt kein Stromnetz und nur eine Toilette, nur eine Wasserleitung, die ihren Ursprung oben am Berg hat. Zu essen gibt es entweder Lap-Lap, ein Gericht aus Bananen und der Wasserbrotwurzel Taro, oder Cracker, Corned Beef, Frühlingspizza und Instant-Nudeln. Wer hier auf der Insel ein Zimmer bucht, kriegt ein Bett im Krankenhaus. Auf der gesamten Insel leben laut Schätzungen zwischen 9000 und 11.000 Menschen. Pentecost ist eine der letzten nahezu unberührten Inseln der Region. Es gibt hier Palmen, Schildkröten, Kokosnüsse und ­Wasserfälle, in der Nacht sieht man den roten Widerschein der zwei aktiven Vulkane auf der Nachbarinsel Ambrym. Gefischt wird von traditionellen Kanus aus, ein Fluss heißen Thermal­ wassers mündet ins Meer. Pentecost ist ein potenzielles Touristenparadies, es gibt immer wieder Gerüchte, japanische Investoren würden in großem Stil hier einsteigen. Noch aber fehlt es an der Infrastruktur. Immerhin, eine Touristenattraktion gibt es schon: Land Diving eben. Während die Lebensumstände auf Pentecost und Umgebung also relativ bescheiden sind, ist der sprachliche Reichtum enorm. Im Staatsgebiet von Vanuatu werden nicht weniger als 110 Sprachen gesprochen. Auf Pentecost allein sind es fünf: Raga, Apma, Ske, Sowa und Sa, daneben natürlich die Nationalsprache ­Bislama. Außerdem haben die meisten Schulen entweder englischen oder französischen Hintergrund, darum ist es hier völlig normal, fünf Sprachen zu sprechen. Silas Buli, der Direktor des Rawandi College, spricht gar acht Sprachen. 335 Schüler hat er aktuell, die Eltern zahlen für den Schulbesuch mit Schweinen, Hühnern, Taro oder Krautköpfen. Darüber hinaus wird die Schule von der australischen Gesellschaft Oz Aid unterstützt. Langsam kommt die Moderne nach Pentecost. Land Diving ist auch längst kein Initiationsritus mehr, heute ist es ein Sport. Auf den jungen Männern laste kein Druck zu springen, sagt Lauran Tho, der Zeremonienmeister. Für Sprünge gibt es heute Geld. Umgerechnet drei Dollar für einen Sprung von der untersten Plattform, fünfzehn von der obersten. Das Geld sei freilich nicht für die Sportler selbst, fügt er hinzu. Das Geld geht an den Clan des Springers. Anatol Anas hat beispielsweise die ganze Insel durchquert, zwei Tage zu Fuß, um ein bisschen Geld für seine Sippe zu verdienen. Der persönliche Gewinn eines solchen Sprungs sei sozialer Aufstieg, erklärt Lauran Tho. Wer springt, ist ein Held. Nicht nur des Sprungs wegen, sondern weil er Leib und Leben für die Gesellschaft einsetzt. Die besten Action-Shots aus der Welt von Red Bull: redbulletin.com/action/de

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Bild: Johannes Vetter

­ opflose Männer sind derzeit ­ K das Motiv des jungen Münchner Künstlers Johannes Vetter. ­ Mit Köpfchen kann man allerdings derzeit junge Nachwuchskünstler aus Deutschland im Hangar-7 entdecken (S. 80).

More Body&Mind Belebendes für Körper und Geist.

78 Football-Ausrüstung 80 Kunst im Hangar-7 82 Red Bull TV 84 Sommer & Winter 86 Tag & Nacht 96 Read Bull 98 Kolumne


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bild: Will Thom

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Mal was Deutsches

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Im Salzburger Hangar-7 hat man sich auf die Suche nach deutschen Nachwuchs­ künstlern begeben, die abseits der „Boomkünstler“ der Leipziger Schule neue Wege einschlagen. Zehn Künstler präsentieren derzeit in einer Ausstellung ihre brand­ aktuellen Malereien und Skulpturen. Bis 15. November 2009: „’mal was Deutsches“ – eine Werkschau deutscher Kunst im Hangar-7, Salzburg, www.hangar-7.com

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1  Franziska Klotz Jahrgang 1979 Lebt und arbeitet in Berlin Markenzeichen Bezeichnet sich als ­„Sammlerin von Alltagsbildern“. Neben der Komposition ihrer Motive steuert der Farbauftrag viel zur Dynamik der Arbeiten bei. Klotz verteilt die Farbe gern grob mit der Spachtel, lässt d ­ abei Flächen frei, auf denen man die Vorzeichnungen mit Bleistift und Kuli noch sieht. Stellt schwer erscheinende Dinge besonders leicht dar, setzt starken Farben zarte Struk­turen entgegen. Ihre Inspirationsquelle: die aktuelle gesellschaftliche Gegenwart.

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bilder: Gregor Gaida, Elke Graalfs, Nikola Irmer, Franziska Klotz, Gerit Koglin, Anna Krammig, Irma Markulin, Sybille Springer, Johannes Vetter, Nadine Wölk

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2  Gregor Gaida Jahrgang 1975 Lebt und arbeitet in Bremen Markenzeichen Monumentale Skulpturen, entstanden aus Reibung und Unruhe. Der ­sensible Seismograph für gesellschaftliche Veränderungen benutzt Abbildungen aus ­Zeitschriften und Büchern, versteht seine ­Arbeiten als drei­dimensionale Komposition aus Form, Farbe und Material. Er beobachtet die Menschen im Kampf, immer das „Richtige“ zu tun, protokolliert ihre Haltung und Gesten. Fokussiert genau den Moment, in dem eine Zerreißprobe stattfindet. 3  Gerit Koglin Jahrgang 1974 Lebt und arbeitet in Berlin Markenzeichen War Eisschnellläufer, Skateboarder und Bootsbauer, bevor er sich an den Berliner Kunsthochschulen bewarb. „Mal, was du siehst – es ist genug da“: Nach diesem Motto lässt er sich von seinem nahen Umfeld inspirieren. Erzählt die Geschichten von ­Kollegen, seiner Familie und Menschen in ­seiner Umgebung – in Farbe und auf Fläche. Bringt dabei Störfaktoren ein, um beim Betrachter ein Aufmerken zu provozieren. Dadurch entstehen neue Zusammenhänge, die für ihn selbst oft erst später sichtbar werden. 4 Anna Krammig Jahrgang 1981 Lebt und arbeitet in München Markenzeichen Für Krammig hat Malen mit Konzentration und Konstanz zu tun. Sucht sich als Motiv Dinge, die beiläufig auftauchen, die so banal sind, dass sie kaum jemand beachtet. Drückt mit ausgereifter Technik zum Beispiel die Geschichte eines Stückchens Waldboden aus. Sammelt alle möglichen ­Fotos, die ihr beim Bauen ihrer Werke helfen. Will mit der Konzentration auf ihre Sujets das Einfache, Klare sichtbar machen. In ihrem ­sezierenden Blick offenbart sich die Poesie von Naturbetrachtungen. 5 Nikola Irmer Jahrgang 1970 Lebt und arbeitet in Berlin Markenzeichen Studierte am New Yorker Hunter College, traf dort den Künstler Robert Morris, einen Vertreter des Minimalismus. ­Fixiert in prägnanten P ­ inselstrichen Körper, Gesten und von ihr beobachtete Szenen. Als Hilfsmittel dient die Fotografie, doch sie bezeichnet sich selbst eindeutig als Malerin. Ist fasziniert von Shakespeare, der seinen ­Figuren viel Raum gelassen hat und nicht die Form die Figur bestimmen ließ.

6 Elke Graalfs Jahrgang 1966 Lebt und arbeitet in Berlin Markenzeichen Wuchs an der Nordseeküste auf und bezeichnet Berlin als idealen Ort für ihre Lebens- und Arbeitsdynamik. Findet hier im Alltag Platz und Toleranz für echte Experimente mit offenem Ausgang. Malt u. a. Bilder auf abgenutzte Ziegelmauern oder mit Öl auf Leinwand, verwendet auch Fundstücke und Geschenke, die sie transformiert. Komponiert ihre Werke weniger, sondern kommuniziert mehr mit ihnen. Hat zum Beispiel das Thema Schnee in einer Performance mit Staubzucker umgesetzt. 7  Johannes Vetter Jahrgang 1979 Lebt und arbeitet in Karlsruhe Markenzeichen Begann sein Kunststudium mit einer Ausbildung als Steinmetz, was man den Figuren auf seinen heutigen Bildern ansieht. Bildet derzeit ausschließlich kopflose Männer ab, mit einer oft nicht leicht interpretierbaren Beigabe. Erzeugt zunächst mit Hilfe der einfachen Mittel Licht, Schatten und Materialeffekt Fotos mit dem Selbstauslöser, ­denen er dann mit aufwendiger Malerei eine beinahe sakrale Stimmung verpasst. Ist seit seiner Kindheit von der Virtuosität und Popularität der Kunstwerke in Kirchen beeindruckt. 8 Nadine Wölk Jahrgang 1979 Lebt und arbeitet in Dresden Markenzeichen Beschäftigte sich zunächst mit Mumienporträts und ägyptischer Grabund Papyrusmalerei. Malt heute Bilder mit preiswerten Acrylfarben aus dem Baumarkt, die von frühen Wachs- und Temperamalereien auf Holz inspiriert sind. Zeigt in ihrem Werk den Lebenshunger ihrer Generation, mit der Sehnsucht nach einem freien Leben, mit der Freude am Hier und Jetzt. 9 Irma Markulin Jahrgang 1982 Lebt und arbeitet in Berlin und Zagreb Markenzeichen Studierte zuerst Malerei in Zagreb, dann an der Kunstakademie in Prag, bevor sie Gaststudentin bei Anselm Reyle an Berlins Universität der Künste wurde und ­nebenbei ein zweites Kunststudium in BerlinWeißensee bei Antje Majewski abschloss. Kindheitserinnerungen an Jugoslawien sind ihre wichtigste Inspiration. Irma Markulin ­beschäftigt sich in ihren Bildern mit den ­Themen Masse und Ornament und setzt sich mit szenischen Bewegungen auseinander. 10 Sybille Springer Jahrgang 1975 Lebt und arbeitet in Bremen Markenzeichen War Meisterschülerin bei ­Karin Kneffel in Bremen und studierte ein Jahr in Florenz, weil sie von Alten Meistern fasziniert war. Beschäftigt sich mit Fallen, Springen, Fliegen und Schweben, also mit Raum­ zuständen und Übergängen. Stellt in den jüngeren Arbeiten die alte Frage ins Zentrum, wie man Raum malerisch darstellt. Rückt ­dafür zunehmend die Figuren in den Hintergrund. Ihre Bilder sind körperbezogen und groß, wodurch sich der Betrachter gedanklich im dargestellten Raum bewegen kann.

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Action on Air

Das Red Bull TV-Fenster auf ServusTV füllt unsere Nächte mit Art, Music, Culture, Nightlife, Action, Sport und Entertainment.

Einige Musts im ersten Sendemonat: 10. Oktober, 23 Uhr: Red Bull X-Fighters London Das Finale der World Series 2009. 11. Oktober, 01.30 Uhr: Nightflight Special Holt – als Variante 1 der Red Bull Music Nights – die tollsten Clubs der Welt in Ihr Wohnzimmer (auch zu sehen am 18. Oktober ab 1.00 Uhr, am 25. Oktober und am 1. November ab 1.30 Uhr).

Ein Sender, so bunt wie die Welt: Am 10. Oktober startet das Red Bull TV-Fenster auf ServusTV.

12. Oktober, 00.45 Uhr: Talking Music Variante 2 der Red Bull Music Nights mit Dokus und Porträts der Lecturers der Red Bull Music Academy (auch zu sehen am 18./25./31. Oktober jeweils ab 00.00 Uhr). 18. Oktober, 22.30 Uhr: Riding Giants Genialer Surffilm von Skateboard-Pionier Stacy Peralta. Läuft in der Programm­ leiste „The Film Festival in Your Living Room“. 24. Oktober, 00.00 Uhr: Adventure Circus: This is Australia Dokumentation (der Adventure Circus gastiert auch am 10./17./31. Oktober, ­jeweils ab 00.00 Uhr). 25. Oktober, 22.00 Uhr: Lindsey Vonn Das Porträt einer einzigartigen Athletin pünktlich zum Weltcup-Auftakt.

25. Oktober, 23.00 Uhr: Against the Grain Der Weg der US-Amerikanerin Tara Dakides von einer drogenabhängigen Jugendlichen zu einer der weltbesten Snowboarderinnen. Ebenfalls in der Leiste „The Film­Festival in Your Living Room“. 31. Oktober, 23.00 Uhr: Red Bull X-Alps Zu Fuß und per Gleitschirm über die ­Alpen. Grandiose Bilder von einem der härtesten Abenteuer der Welt. 1. November, 22.30 Uhr The Parks Bonifay Documentary Jahrelang haben Kameras den 28-jährigen US-­Wakeboard-Ausnahmeathleten begleitet. Ebenfalls im Rahmen von „The Film Festival in Your Living Room“.

Das komplette Programm finden Sie im Internet unter: www.servustv.com

So sind Sie im Bild Das Red Bull TV-Fenster auf ServusTV ist auf drei Arten zu empfangen: 1. Via Kabel (die Liste aller Kabelnetze in Österreich, Deutschland und der Schweiz finden Sie unter www.servustv.com). 2. Via digitale Antenne (DVB-T): Um ServusTV in Ihre Programmliste aufzunehmen, müssen Sie lediglich den Sendersuchlauf starten. 3. Direkt und unverschlüsselt via Satellit (DVB-S). Zum Empfang benötigen Sie nur eine digitale Satellitenanlage mit entsprechendem Empfänger. Zusätzlich zur Verbreitung in der gängigen Standardauflösung können Sie ServusTV auch im hochauflösenden HD-Standard empfangen. Dazu benötigen Sie einen HD-tauglichen Satellitenempfänger sowie ein HD-fähiges Fernsehgerät.

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Um ServusTV/ServusTV HD auf Ihrem Satellitenempfänger zu installieren, haben Sie drei Möglichkeiten: 1. Automatisches Update: Viele Satellitenempfänger erkennen neue Sender selbsttätig und aktualisieren Ihre Programmliste entsprechend. 2. Sendersuchlauf: Verfügt Ihr digitaler Satellitenempfänger über die Möglichkeit eines Sendersuchlaufs, werden automatisch alle neuen Sender in die Programmliste aufgenommen. 3. Manuelle Suche. Die dafür notwendigen Empfangsdaten lauten: für ServusTV Sat Satellit Astra 19,2 Grad Ost; Frequenz 12.663 GHz, Polarisierung horizontal, Symbolrate 22.000, FEC 5/6 bzw. für ServusTV HD Satellit ­Astra 19,2 Grad Ost, Frequenz 11.303 GHz, Polarisierung horizontal, Symbolrate 22000, FEC 2/3, Modulation 8PSK, Übertragungsart DVB-S2. Alle Infos dazu unter http://servustv.com/empfangen.html

bilder: red bull photofiles (2), red bull media house (2)

Ab 10. Oktober ist es so weit: An diesem Tag startet das Red Bull TV-Fenster jeden Samstag (von 22.30 Uhr bis Sonntag früh 7.55 Uhr) und Sonntag (von 22.00 Uhr bis Montag früh 6.20 Uhr) auf ServusTV. Das Programm setzt auf Themen, die zwar unter den be­kannten Schlagworten Art, Music, Culture, Nightlife, Action, Sport und Entertainment zu kategorisieren sind, doch der Zugang ist frischer, spannender und überraschender. Aus­gestrahlt wird per Satellit (Astra) und in HD-Qualität, Programmsprachen sind vorrangig Deutsch und Englisch.


Kostenlose Schaltung.

“Das Schicksal entscheidet sich oft in nur einer Sekunde.” Gerhard Berger.

10-facher Formel 1-Grand Prix Sieger und Wings for Life Botschafter.

Es war ein Autounfall, bei dem er sich die Halswirbelsäule schwer verletzte, und die Zeit schien für ihn einen Augenblick lang stillzustehen. Rund 2,7 Millionen Menschen weltweit haben eine ganz ähnliche Geschichte zu erzählen. Doch sie hatten weniger Glück als Gerhard Berger. Sie sind seit ihrem Unfall an den Rollstuhl gefesselt. Diagnose: Querschnittslähmung. Lange Zeit galt eine Verletzung des Rückenmarks als unheilbar. Bahnbrechende Erfolge in Laborversuchen haben jedoch bewiesen, dass die Heilung möglich ist. Um den Fortschritt auf dem komplexen Gebiet der Nervenregeneration zu gewährleisten, fördert Wings for Life die weltweit besten Forschungsprojekte zur Heilung des verletzten Rückenmarks. Denn Querschnittslähmung darf keine Frage des Schicksals bleiben.

Jede Spende zählt. Wings for Life. Stiftung für Rückenmarksforschung. Bayrische Landesbank München Kontonummer 11911. Bankleitzahl 700 500 00.

www.wingsforlife.com


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Der Sommer in Repeat Mode Akustischer Wintervorrat: Das Red Bull Music Academy Radio hat den Sommer über Feldforschung ­betrieben. Die besten DJ-Sets und Konzerte der Festivalsaison gibt’s jetzt zum Nachhören.

Ein südafrikanischer House-Newcomer (Culoe De Song, oben), der Erfinder des Ethio-Jazz (Mulatu Astatke, li.) und eine mexikanische Grammy-Gewinnerin (Natalia Lafourcade, re.): Ihre Sets vom Sónar Festival gibt’s im Red Bull Music Academy Radio zum Nachhören.

DJ‑Sets auf Festivals einzufangen. Vom irischen Oxegen, wo die Konzerte von Brooklyns Hipster-Duo Telepathe oder des SoundtrackMaestros David Holmes mitgeschnitten wurden, bis hin zum Melt!-Festival, von dem es etwa den Gig der Dubstep-Helden Benga & Skream zum Nachhören gibt.

Von Major Lazer, die beim Notting Hill Carnival die Hüften ­kreisen ließen, bis zur Mercury-Prize-Gewinnerin Speech Debelle, die am britischen Bestival zum Mikro gegriffen hat. In diesem Sinn: Der Sommer ist vorbei, die KopfhörerParty kann starten. www.redbullmusicacademyradio.com

Neue Brettln, alte Ziele

Der Skiwinter startet oberhalb der Baumgrenze. Der Rettenbachgletscher im Tiroler Ötztal ist der ideale Ort nicht nur für Ski-Amateure, um die neue Wintersaison einzucarven. Auch der FIS SkiWeltcup startet hier, traditionell mit zwei Riesentorläufen. Im olympischen Winter hat das erste Rennen noch nicht die Bedeutung: Erst im ­Februar 2010 in Vancouver (CAN) muss die Form passen. Trotzdem f­ indet in 3000 Meter Seehöhe in Sölden das statt, was Ski­reporter „Standort­ bestimmung“ nennen: Und wer den Sommer über gut trainiert hat – Weltcup-Titelverteidigerin Lindsey Vonn (USA) auch in Chile –, wird das kaum verheimlichen können. Vonn brennt wie immer vor Ehrgeiz und ist nach einem Skimarkenwechsel (auf Head) speziell motiviert: Der Riesen­ torlauf ist die einzige Disziplin, in der ihr noch ein Einzelsieg fehlt. Schauen Sie der Weltcupsiegerin Lindsey Vonn in Sölden beim Carven zu.

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Auftakt FIS Ski-Weltcup 2009/2010: 24./25. Oktober 2009, Sölden/Tirol (RTL Damen/ Herren); Tickets und Infos unter www.skiweltcup.soelden.com

bilder: head, Michelle de Villiers, red bull music academy (3)

Red Bull Music Academy Radio „On demand“-Zugriff auf mehr als 2000 DJ-Mixes, Interviews und Liveshows, präsentiert von Musikern (u. a. GrammyGewinnerin M.I.A., oben) aus über 50 Ländern.

Mulatu Astatke greift zum Vibrafon-Stock. Vor ihm hunderte Elektronik-Musikfans, die altersmäßig locker als Enkel des Ethio-Jazz-­ Erfinders durchgehen würden, hinter ihm seine Band, die Heliocentrics. Die katalanische Hitze brütet, das Zelt am Sónar Festival droht aus allen Nähten zu platzen. Viele kennen die Musik des Altmeisters nicht, blicken skeptisch Richtung Bühne. Doch als Astatke mit dem „Yekermo Sew“ loslegt, seiner Jazz-Perle aus den Sieb­zigern, der Regisseur Jim Jarmusch mit seinem Film „Broken Flowers“ einen zweiten Frühling beschert hat, bricht die Generationenschranke. Jubel geht durch die Menge, Kids, die sonst nur zu House-Beats das Tanzbein hochkriegen, wippen im Groove. Ein Moment für die Ewigkeit. Ein Moment, den man dank des Red Bull Music Academy Radios nachhören und -holen kann. Denn das Team war den ganzen Sommer unterwegs, um große LiveMomente und berauschende


Weiterhin glänzend!

tz – die Nr. 1

Und der Sieger in München heißt erneut tz! Auch 2009 sichert sich die tz den ersten Platz bei der Lesermeisterschaft in München. Mit den meisten Lesern in der Stadt verweist die tz ihre unmittelbaren Wettbewerber Abendzeitung München und Bild München auf die weiteren Plätze. Nutzen Sie also den Erfolg der tz für Ihre Werbung und setzen Sie auch weiterhin auf die Nr. 1 der Kaufzeitungen. Quelle: Media-Analyse 2009


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ASP Men’s World Qualifying Series 5. – 11. 10. 2009

hot SPOTS

Die jungen Surfer Wiggoly Dantas und Rudy Palmboom treten an und haben die World Tour als großes Ziel vor Augen. Arpoador Beach, Rio de Janeiro, Brasilien

Die besten Events des Monats rund um die Welt.

ASP World Tour 5. – 17. 10. 2009 Im baskischen Surfer-Paradies wird traditionell das Billabong Pro ausgetragen. Spezielle ­Herausforderung: die Tubes und die nach links über eine Sandbank brechenden Wellen. Mundaka, Euskadi, Spanien

Bathurst 1000 8. – 11. 10. 2009 Das Bathurst 1000 zählt seit dem Jahr 2000 zur V8 ­Supercar Championship Series. Diesmal wird auch Rick Kelly am TouringCar-Rennen über tausend Kilometer in New South Wales teilnehmen. Mt. Panorama, Bathurst, Australien

FIS Snowboard Weltcup 9. 10. 2009 Ja, in den Niederlanden kann man snowboarden. Der erste Saison-Parallel-Slalom der Frauen und Männer wird in der Provinz Limburg ausgetragen. Landgraaf, Niederlande

BerglaufWeltmeisterschaft 9. – 11. 10. 2009 Lokalmatador Markus Kröll erhofft sich einen kleinen Heimvorteil auf der 42.195 Meter langen Strecke mit einem Höhenunterschied von über 2000 Metern. Söll/Tirol, Österreich

Freestyle.Berlin 9. – 11. 10. 2009 Alles, was in der Freestyle-Szene Rang und Namen hat, hebt in Berlin ab – vom FMXer Mat Rebeaud über Freeskier Simon Dumont, Vert-Skateboarder Renton Millar bis zu FreestyleSnowboarder Travis Rice. Flughafen Tempelhof, Berlin, Deutschland

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Marosana 9. – 11. 10. 2009 Bei der elften Auflage des von Bike-Guru Michal Marosi organisierten Mountainbike-Contests geht es wieder um den Sieg in einem Bewerb, der Downhill und 4Cross kombiniert. Pec pod Sneˇžkou, Tschechien

Red Bull Road Rage 10. 10. 2009 Wer ist der schnellste AsphaltDownhill-Biker Deutschlands? Guido Tschugg hat harte ­Konkurrenz zu erwarten. Moritzberg, Deutschland

Ironman Hawaii 10. 10. 2009 Die härtesten Ausdauersportler quälen sich unter der gnaden­ losen Sonne Hawaiis. Der Sieger des ältesten und bekanntesten Ironman (3,86 km Schwimmen, 180,2 km Radfahren und 42,195 km Laufen) darf sich obendrein ­Weltmeister nennen. Kona, Hawaii, USA

Weston Beach Race 10./11. 10. 2009 David Knight und Shaun Simp­son matchen sich mit rund tausend anderen Motocrossern beim größten Zweirad-Offroad-Rennen des Vereinigten Königreichs. Weston-super-Mare, Großbritannien

Buenos Aires Marathon 11. 10. 2009 Südamerikas bedeutendster Marathon führt heuer erstmals auch an der Kathedrale vorbei. Buenos Aires, Argentinien


FIS Ski-Weltcup 24./25. 10. 2009 Nach der erfolgreichen Vorjahressaison mit zwei WM-Goldenen und drei Weltcup-Kristallkugeln geht Lindsey Vonn (USA) mit neuem Material an den Start. Sölden, Österreich

Balltechnische Highlights in Hülle und Fülle – was sollte man sich im Mutterland des Fußballs anderes erwarten? Newcastle, Großbritannien

Infinity 200 12. – 18. 10. 2009 Die Gleitschirmpiloten Gábor Kézi und Pál Takáts versuchen den Weltrekord im Infinity ­Tumbling (Flugmanöver, bei dem der Schirm unter dem Piloten „hindurchgeschleudert“ wird) zu verbessern – und das sogar synchron. Kiskunlacháza, Ungarn

Red Bull Schützenfest 16. 10. 2009 Es darf auf alles geschossen werden, wo ein Fußball durchpasst. Bayern-Star Mario Gomez geht mit den zehn Gewinnern der Votingphase auf die Suche nach dem ausgefallensten ­Fußballtor der Stadt. München, Deutschland

MotoGP von Malaysia 25. 10. 2009 Große Spannung beim vorletzten Rennen: In der 250-ccm­Klasse kämpft Hiroshi Aoyama (JPN) um seinen ersten WMTitel, in der MotoGP Valentino Rossi um seinen neunten. Sepang, Malaysia

ASP Women’s World Tour 26. – 30. 10. 2009

Größter BMX-Flatland-Event ­Japans. Unter anderem mit ­dabei: Jorge Gomez. Tokio, Japan

FC Red Bull Salzburg vs. Lewski Sofia 22. 10. 2009

FIS Snowboard Weltcup 31. 10. 2009

Beim zweiten Heimspiel in der Europa League treten die Roten Bullen gegen den 26-fachen und derzeit amtierenden bulgarischen Meister Lewski Sofia an. Red Bull Arena, Salzburg, Österreich

Superbike World Championship 23. – 25. 10. 2009

Reifenwechsel- und Tankstoppstrategien gibt es keine. Viel wichtiger ist ein außergewöhnliches Design der Gefährte. Jerusalem, Israel

Die Saison endet dort, wo sie begonnen hat – am Hockenheimring. Beim ersten Rennen startete der Schwede Mattias Ekström aus der Pole-Position. Den Sieg holte sich dann aber der Däne Tom Kristensen. Hockenheim, Deutschland

Nach zwei Bewerben im Frühling startet die Surf-Tour der Frauen jetzt erst so richtig durch – mit dem Rip Curl Search an einem der besten Surfspots Europas. Peniche, Portugal

King of Ground 17./18. 10. 2009

Red Bull Soapbox Race 7. 10. 2009

DTM Hockenheimring 25. 10. 2009

Im Vorjahr wurden beim ersten Big-Air-Weltcupbewerb auf britischem Boden 10.000 Fans Zeugen, wie sich der Finne Peetu Piiroinen den Sieg holte. London, Großbritannien

Formel-1-Grand-Prix von Abu Dhabi 1. 11. 2009

Die Superbike-Saison der ­seriennahen Bikes, die im ­Zeichen des Duells zwischen Ben Spies (USA) und Noriyuki Haga (JPN) steht, geht zu Ende. Portimão, Portugal

Premiere für alle F1-Piloten: Zum Saisonausklang geht es erstmals auf die nagelneue, 5,52 Kilometer lange Renn­ strecke in den Emiraten. Yas Marina Circuit, Abu Dhabi, Vereinigte Arabische Emirate

wrc-finale GroSSbritannien 23. – 25. 10. 2009

O’Neill Coldwater Classic 2. – 8. 11. 2009

Ebenfalls zu Ende geht die Rallye-Saison der WRC und der P‑WRC – und zwar auf walisischen Schotterstraßen. Im Vorjahr bewies Sébastien Loeb, dass er auch auf britischem ­Boden gewinnen kann. Cardiff, Großbritannien

Mehr Hot Spots auf: www.redbulletin.com

Wo man sonst als Beach Boy Waschbrett zeigen kann, wird’s im November ganz schön frostig. Darum gilt: Warm anziehen und ab durch die Wellen! Santa Cruz, Kalifornien, USA

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Bilder: imago sportfotodienst, Agustín Muñoz/Red Bull Photofiles, François Portmann/Red Bull Photofiles, Mark Watson/Red Bull Photofiles

Red Bull Street Style 10. 10. 2009


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die macht der nacht Mehr als einmal um die Welt für alle, die nie müde werden.

To the end of love 6. – 17. 10. 2009 Von Zarah Leander über Edith Piaf, Hildegard Knef bis zu Leonard Cohen – sie alle haben in Filmen zum Akkordeon gesungen. Christina Zurbrügg, Maria Düchler und Martin ­Kelner ­machen eine musikalische Zeitreise durch die Welt der Filmsongs samt Quetsch’n. Theater Drachengasse, Wien, Österreich

Bilder: Aleksi Kinnunen, Getty Images, James Pearson-Howes/Red Bull Photofiles, Peter Dean Rickards

Riot Fest 7. – 11. 10. 2009 Die „Windy City“ blickt auf eine große Punk-Tradition zurück: Naked Raygun oder Screeching Weasel sind nur zwei der legendären Chicago-Bands, die sich jetzt noch einmal die Klampfen umschnallen, um den DreiAkkord-Mythos zu zelebrieren. In diesem Sinne: Oi! Oi! Oi! Congress Theater, Chicago, USA

Mayer Hawthorne 7. 10. 2009 Eine verlorene Aufnahme von Smokey Robinson? Oder singt gar Marvin Gaye aus dem ­Jenseits zu uns? Nein. Der junge Kalifornier mit der Goldstimme hat mehr Soul im kleinen Finger als so mancher Sammler im Plattenregal. The Social, Orlando, USA

Mark de Clive-Lowe 8. 10. 2009 Seine Beats liebkosen das Trommelfell, seine Arrangements streicheln die Seele. Dennoch ist die Musik des Neuseeländers alles andere als Weichspülkost, denn er bringt Soul, Nu-Jazz und Broken Beats auf einen Nenner. Spirit of Soul Festival, The Red Rattler, Sydney, Australien

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Tony Allen 9. 10. 2009 Ein Drummer für die ganze Familie: Väter haben seine Afro-Beat-Platten mit Fela Kuti im Plattenregal, die Kids kennen Tony Allen wegen seiner Alben mit Blur-Sänger Damon Albarn. Solo tänzelt der vielleicht weltbeste Schlagzeuger zwischen Jazz und afrikanischem Funk. La Cigale Factory, Paris, Frankreich

DJ Mehdi 9. 10. 2009 Ausgehend vom HipHop, beackert der Kitsuné-DJ jedes Genre, das ihm in die Quere kommt – von Böller-House bis Elektro-Funk. Egal welchen Style der Franzose durch den Fleischwolf dreht, heraus kommt eine quietschbunte Mixtur, die am Dancefloor die Hände nach oben schnellen lässt. Club Bonsoir, Bern, Schweiz

16 Jahre Danube Rave 10. 10. 2009 Als der Linzer Lokalmatador Eric Fischer vor 16 Jahren mit Partys in kleinen Kellern begann, steckte Techno noch in den ­Kinderschuhen. Mittlerweile hat das Genre die Welt erobert, Fischer ist zum international gefragten DJ avanciert. Zum Jubiläum des Danube Rave werden hochkarä­tige Gratulanten wie DJ Hell, Gregor Tresher oder Lützenkirchen erwartet. Posthof, Linz, Österreich

Major Lazer US-Musikvisionär Diplo und sein britischer Kollege Switch haben in Kingston ihr neues DancehallProjekt vorgestellt. Wir waren live dabei (S. 94). Kingston, Jamaika

A-Trak Der HipHop-Hipster ist von Kanada nach Williamsburg in Brooklyn gezogen. Und hat uns seine liebsten Plätze dort verraten (S. 93). New York, USA


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Pursuit Grooves 15. 10. 2009

Juho kahilainen Vom Würstelstand, wo die Präsidentin ihren Amtsantritt feierte, bis zur Privatsauna: Wir streiften mit dem Techno-Produzenten eine Nacht lang durch die finnische Hauptstadt (S. 90). Helsinki, Finnland

15 Years Compost 10. 10. 2009 350 Platten, über 2500 Songs von Helden wie Jazzanova, Beanfield oder Kruder & Dorfmeister. So die stattliche 15-Jahr-Bilanz des Münchner Labels Compost, das sich von oben Genannten und Wahlverwandten wie Gilles Peterson feiern lässt. Muffatwerk, München, Deutschland

Richard The Third 10. 10. 2009 „Achtung, hochexplosiv!“ steht auf seinem Plattenkoffer. Wenn ihn der Südafrikaner öffnet und seine räudigen Elektro-Stampfer herauszückt, geht die BassBombe hoch. Den Besuchern des „Rocking the Daisies“-Festival samt Red Bull Music Academy Stage wird’s gefallen. Darling, Kapstadt, Südafrika

Fort Knox Five/ Kraak & Smaak 10. 10. 2009 Wie gut sich Funk und HipHopBeats in einer Plattenrille vertragen, zeigen Fort Knox Five seit über fünf Jahren. Ihre FunkBreaks zwicken das Tanzbein, ihre Tracks zaubern ein entspanntes Lächeln auf die Lippen. World Cafe, Philadelphia, USA

Osunlade 11. 10. 2009 Als überall der Electro-Knarz Einzug in House-Discos hielt, war es Osunlade, der eine Lanze für die Deepness gebrochen hat. Er sollte recht behalten. Während Kratzbürsten-Sounds langsam wieder verschwinden, sitzt er nun am House-Thron. Secretsundaze, Ministry of Sound, London, Großbritannien

Airwaves Festival 14. – 18. 10. 2009

Twin Atlantic 10. 10. 2009 Jugendliche Wut trifft auf himmelhoch jauchzende Harmonien: Das Quartett reist samt neuem Album „Vivarium“ erstmals nach Berlin. Freestyle.Berlin, Flughafen Tempelhof

Insider nennen es das SWSX Europas, ein Festival also, in dessen Rahmen die heißesten Bands der Welt kurz vor ihrem Durchbruch konzertieren. So prophezeien die Geysir-Geister heuer Acts wie Black Cherry, The Drums oder Kidcrash eine große Zukunft. Diverse Locations, Reykjavík, Island

Die Beats humpeln, die JazzAkkorde eiern, der Bass tänzelt im Kreis. Wenn der Kopf aber sofort zu nicken beginnt, weißt du, du hörst Pursuit Grooves. Die Brooklyner Musikerin ist die Meisterin der Broken Beats. The Boat, Toronto, Kanada

Tim Sweeney: Beats In Space – 10 Year Anniversary 16. 10. 2009 Sein Archiv an obskuren DiscoPerlen ist umfangreicher als so mancher Plattenladen. Dieses plündert das New Yorker DFAGangmitglied allwöchentlich für seine Radiosendung „Beats in Space“, die in den letzten zehn Jahren zur fixen Instanz für ­anspruchsvolle Disco-Kosmonauten weltweit avanciert ist. Plastic People, London, Großbritannien

Red Bull Soundclash 16. 10. 2009 Texas gegen Oklahoma – ein Football-Klassiker mit hohem Fan-Faktor. Und in der Nacht davor findet das Match musikalisch statt, wenn Erykah Badu (Texas) gegen die Shiny Toy Guns (Oklahoma) im direkten Sound-Fight antritt. Der Sieger wird vom Publikum gekürt. Dallas, USA

Sany Pitbull 16. 10. 2009 Er ist ein harter Knochen. Aufgewachsen in den Favelas von Rio de Janeiro, macht der Enddreißiger mit seiner Statur diesem Spitznamen alle Ehre. Seit den Achtzigern schlägt er sich als Musiker durch. Weil sein DJStyle den Stempel „Baile Funk“ aufgedrückt bekommen hat und er weltweit reüssiert, kann der Bulle nun aber wieder lächeln. Redrum, Helsinki, Finnland

James Pants 16. 10. 2009 Von Postpunk zu Synthie-Funk im Bruchteil eines Stücks: Angenommen, Musik sei ein See, James Pants wäre garantiert der schnellste Fisch darin. Er hechtet dermaßen rasch von einem Genre ins andere, dass selbst die Ohren ins Schwitzen kommen. Carleton College, Minneapolis, USA

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Resident Artist

From Dampfbad to Disco Streunende Füchse, Saunaterrassen und Käse, der quietscht: Techno-Produzent Juho Kahi­ lainen zeigt uns sein leicht morbides Helsinki.

Ein Partybezirk ist Ruskeasuo nicht. Ganz im Gegenteil, im Stadtteil nördlich des Zentrums von Helsinki gesellt sich ein Reihenhäuschen zum nächsten, die kleinen Straßen sind grün gesäumt, betagte Herrschaften gehen mit ihren Enkeln spazieren. 1952 wurde die Siedlung hier als Olympisches Dorf aufgebaut. Nachdem der Sportlertross wieder abgezogen war, übernahmen die Stadtbewohner den Ort. Gut möglich also, dass Bud Spencer, der 1952 als 100-Meter-Freistilschwimmer an den Start ging, damals kurze Zeit das kleine graue Wohnhaus direkt am Eläintarha-Park bewohnt hat, in dem heute ein junger Mann namens Juho Kahilainen lebt. Das blonde Haar trägt der 28-Jährige an den Schläfen kurz, Strähnen bedecken seine blasse Stirn, das orange Shirt hängt lässig über die blaugrauen Jeans. 90

Juho kahilainen Helsinki

Untertags arbeitet er als Journalist für Helsinkis Tageszeitung „Ilta-Sanomat“, nachts erweckt er in seinem Heimstudio Synthesizer zum Leben. Juho ist Techno-Produzent. Sein Portfolio reicht von Remixes für den HouseHeroen Laurent Garnier bis hin zu Platten für die Münchner Plattenschmiede Prologue, die unlängst vom Musikmagazin „Resident Advisor“ mit dem Etikett „Headfuck-Techno“ zum Label des Monats gekürt wurde. Klingt nach starkem Tobak, klingt nach Musik aus düsteren Kellern. Doch das Gegenteil ist der Fall: Juhos lichtdurchflutete, elegant eingerichtete Tonkammer liegt zwischen Küche und Balkon, und so tischt der Hausherr gut gelaunt Leipäjuusto mit Moltemarmelade auf. Eine Jause mit Tradition. Schon seit Jahrhunderten quietscht den Finnen dieser Käse

zwischen den Zähnen, und die Moltebeere, erklärt Juho, ist das Wahrzeichen Lapplands und ziert ihrer Seltenheit und Kostbarkeit wegen sogar die finnische 2-Euro-Münze. Punkt 19 Uhr wird Juho von seinem Bruder abgeholt. Saunazeit. „Schon in unserer Jugend war die Sauna für uns ein Ort der Familie. Mindestens zweimal die Woche waren wir mit unseren Eltern abends im Dampfbad und haben uns im Anschluss Naturdokumentationen im Fernsehen angeschaut“, erinnert er sich. Heute teilt er die Hitze gerne mit Freunden, bevorzugt im Dachgeschoss eines zehnstöckigen Wohnhauses im Arbeiterviertel Merihaka. In der Gegend spiegeln sich die historischen Unterschiede der Stadt wider. Im Gegensatz zum klassizistischen Zentrum lebt hier im Osten der Stadt das Erbe des Sozialismus weiter,


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Ein Weg durch Helsinki abseits der touristischen Trampelpfade: der Würstelstand, bei dem die finnische Präsidentin ihren Amtsantritt feierte (ganz li.), die Bar, in der Aki Kaurismäki seinen Film „Calamari Union“ drehte (li.), und eine Sauna über den Dächern der Hauptstadt (u.).

Man nennt ihn die Stimme Gottes. Zu Recht. Als Sängerknabe aus Chicago hat Owens an der Seite von Larry Heard in den Achtzigern House erfunden, und bis heute greifen Helden wie Coldcut auf sein Timbre zurück, wenn es gilt, Musik Seele einzuhauchen. Atlantis Club, Basel, Schweiz

RUSKEASUO

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Scratch Perverts & Zinc 17. 10. 2009

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1 Würstelstand Harrin Nakki, Agricolankatu 11 in Karhupuisto, Kallio 2 Pub Sirdie, Kolmas linja 21

Bilder: Aleksi Kinnunen (4); Illustration: Andreas Posselt

Robert Owens 17. 10. 2009

zumindest architektonisch. Ein funktionalistischer Plattenbau neben dem anderen, die Höfe sind kühl und zubetoniert. Nur von ganz oben, vom kleinen Saunakämmerchen aus, ist der Blick auf die Stadt frei. Juho, sein Bruder und ein Freund setzen sich mit Bierflaschen ins Dampfbad. Schweigen. Schwitzen. Aufguss. Seufzen. „Bei uns zu Hause am Land würden wir jetzt ins Eiswasser springen“, sagt Juho mit glasigen Augen nach den ersten fünfzehn Minuten, „hier müssen wir uns mit einer Abkühlung auf der Dachterrasse begnügen.“ Aber auch die hat es in sich. Nackt stehen die drei am Geländer und blicken über die Stadt. Die Schornsteine des Kohlewerks gegenüber ragen über die Dächer hinaus, ein Dampfschiff röhrt im Hintergrund. Nach dieser hitzigen Runde ist das Freundes­ trio bereit auszugehen. Der Weg führt sie durch die dunklen Straßen des Kallio-Viertels, das gerade am Erblühen ist. „Aki Kaurismäki hat seine ersten Filme hier gedreht. Und bis vor kurzem hat es auch noch sehr danach ausgesehen. Ziemlich heruntergekommen. Weil die Mieten aber günstig sind, ziehen ­immer mehr junge Leute in die Gegend.“ Schon die erste Bar, die die Männer ansteuern, würde dem Filmemacher alle Ehre machen. Balkonbar heißt sie, hat jedoch überhaupt keinen solchen, erzählt Juho. Vor kurzem lag am defekten WC noch ein Zettel mit

dem Hinweis, dass bitte das Waschbecken zu verwenden sei. Zum Glück ist die Bar zu, somit führt der Weg in ein kleines Schaufensterlokal namens Sirdie (2) mit nicht minder kaurismäkieskem Charme. In der Sechziger-JahreJuke­box dreht sich ein alter, melancholischer Schlager. „Die Sängerin vergleicht das Leben mit einem Jahr in Finnland: ein Viertel Freude, drei Viertel voll Kummer und Kälte“, übersetzt Juho. Die Wände sind dicht behängt mit Schachbrettern und Skiern, Karikaturen und Küchengeschirr. Neben dem rustikalen Bücherregal prangt ein Zeitungsausschnitt samt Autogramm des finnischen Dichters, Sängers und Volksheiligen M. A. Numminen. „Helsinki abseits der Tourismusrouten“, lächelt Juho, während er sich zum Nachtsnack aufmacht. Vorbei an anrüchigen Massagesalons, vorbei an streunenden Füchsen, die hier durch die Nacht streifen, hin zum wohl wichtigsten Würstelstand der Stadt, dem Harrin Nakki (1). „Als Tarja Halonen zur finnischen Präsidentin gewählt wurde, warteten dutzende Fotografen vor dem Parlament, um sie zu knipsen. Doch sie mussten lange warten. Bevor Halonen ihr Amt antrat, genehmigte sie sich hier bei Harrin Nakki mit ihren Bodyguards erst ein Würstchen“, erzählt Juho und bestellt eine ­dicke Wurst. Quadratisch geschnitten und ohne Brot serviert. Danach verabschiedet sich der Musiker von seinen Begleitern, die noch weiterziehen. Er hat morgen einen stressigen Tag, muss eine Bühne des Flow Festival, Helsinkis sommerlicher Alternative-MusicInstanz, betreuen. Wie die Bühne heißt? AcidSauna. Wie könnte es auch anders sein? Soundproben auf: www.juhokahilainen.com

Die britischen Scratch Perverts sind Plattenspieler im wahrsten Sinn ihrer Profession: Der Turn­ table ist ihr Musikinstrument, der gekonnte Scratch die Note auf der Klaviatur. Live sorgt das DMCgekrönte Kollektiv seit zehn Jahren für offene Münder. Concorde 2, Brighton, Groß­ britannien

Rustie 17. 10. 2009 So hat sich Marty McFly wohl die Musik der Zukunft vorgestellt: zwitschernde Computerspiel-Sounds, Bässe, die im Magen wummern, und verzerrte Beats, die einen Flügeltüren-DeLorean auf Hochturen bringen. Dabei ist Rustie bloß eines dieser durchgeknallten britischen Dubstep-Grime-Kids, die so Gegenwart sind wie sonst nur was. Mailand, Italien

Micachu 19. 10. 2009 Während ihrer Studentenzeit hat sie ein Werk für das London ­Philharmonic Orchestra geschrieben, heute greift Micachu lieber zur Kindergitarre und schüttelt Folk-Punk-Perlen aus dem Ärmel. Hafenklang, Hamburg, Deutschland

Elevate Festival 21. – 26. 10. 2009 Zeitgenössischer Musik, Kunst und politischem Diskurs hat sich das Elevate Festival verschrieben. Keine Sorge, das klingt verkopfter, als es ist. Neben den KrautrockPionieren Cluster und den Linzer Noir-Jazzern Ritornell darf sich das Tanzbein auch über Acts wie OmarS, Dave Aju oder Clara Moto freuen. Dom im Berg, Graz, Österreich

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Amsterdam Dance Event 21. – 24. 10. 2009 1996 war es noch eine Minikonferenz mit 30 DJs, 13 Jahre später gilt das Amsterdam Dance Event als wichtigster Schmelztiegel für elektronische Musik in ganz Europa. Mit 90.000 Besuchern, 44 Venues und über 700 DJs: von Simian Mobile Disco über Sven Väth bis The Gaslamp Killer. Diverse Locations, Amsterdam, Niederlande

Club To Club Festival 22. 10. 2009

juJu London

Theater, Industrielofts, Kellerclubs und Parks: Das Festival durchdringt ganz Turin mit seinem Motto „State of Indepen/Dance“. Und die Künstler gehorchen dem Leitspruch: Wem bei Carl Craig, Laurent Garnier, Hudson Mohawke oder Dorian Concept die Füße einschlafen, ist selber schuld. Diverse Locations, Turin, Italien

Ein Franzose im Italiener-Pelz: Don Rimini lebt in Paris, spielt aber gern mit adriatischen Cosmic-DiscoReferenzen. Außerdem hat er am Flug nach Ägypten in puncto knarziger Bässe und knuspriger House-Beats sicher Übergepäck. CFCC, Kairo, Ägypten

The Foreign Exchange 23. 10. 2009 Wenn das junge US-HipHop-Duo zum Mikrofon greift, tropft die Zeit wie in einem Dalì-Gemälde. Jazz-Akkorde schmiegen sich an Funk-Beats, Phontes sanfte Stimme ruht darauf wie im Himmelbett. Einer der besten Acts der Baggypants-Gilde, findet nicht nur das Musikmagazin „PopMatters“. The 8×10, Baltimore, USA

Michele Amador 23. 10. 2009 Mit zwölf schrieb sie ihre ersten Pianostücke, auf der Highschool komponierte sie Musik für ihre Thea­ tergruppe. Inzwischen ist die New ­Yorkerin auf den Jazz gekommen und legt ihre große Stimme über Stücke des Broken-Beats-Künstlers Zed Bias. BAMcafé, Brooklyn, USA

Legowelt 23. 10. 2009 Legowelt ist ein Schatzgräber, besonders wenn es um rare Italo-Disco-, Chicago-House- oder Electro-Platten aus den Anfangstagen elektronischer Musik geht. Und nach diesen richtet der Holländer sein eigenes Œuvre aus. So retroverliebt wie originell. Stubnitz, Amsterdam, Niederlande

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World’s Best Bars

We love JuJu

Königliches Ambiente, fürstliche Fruchtcocktails: Die Londoner King’s Road hat blaublütigen Nachwuchs, das JuJu. Karl II. hatte es gut. Der hedonistische ­Monarch ließ im 17. Jahrhundert die pfeil­ gerade King’s Road bauen. Quasi als Privatautobahn, um schneller aufs Land ins idyllische Kew zu gelangen. Heute hat die Straße zwar ihre royale Exklusivität verloren, an exklu­siven Amüsiermöglichkeiten allerdings ist sie im Herzen Londons kaum zu über­ bieten. Gerade Nachtschwärmer freuen sich, wenn abends in der King’s Road die Lichter angehen und dutzende Bars ihre Zapfhähne anwerfen. Eine davon heißt JuJu. Und dort hat man sich die königliche Tradi­ tion bewahrt. Es gibt eine Kings- und eine Queens-Lounge mit dezenten, intimen Abteilen, von denen aus man durch die riesigen Fenster auf die Straße schauen kann. Der hintere Gästebereich des Lokals, die Royal

Section mit Ledersofas und dunklen Holz­ tischen, liegt gleich neben dem VIP-Raum. Es kann also leicht passieren, dass einem einer der bekannten DJs, die hierorts täglich ihre Platten kreisen lassen, über den Weg läuft. Musikalisch bewegt sich das JuJu zwischen knackigem House und dem Besten, was die Föhnwellen-Dekade zu bieten hat. Von De­ peche Mode bis Eurythmics. In puncto Drinks trumpft das JuJu mit ­einer reichen Palette an Fruchtcocktails auf, die Spezialität des Hauses heißt Two’s Company, ein Supersize-Drink für rauschende Nächte zu zweit. Es geht auch luxuriöser: Für eine Magnumflasche Snow-Queen-Wodka kann man gut und gerne einige Hunderter loswerden, die Champagnerkarte reicht preislich bis in luftige Höhen. Die Besitzer des JuJu sind der Ex-Fußballstar Lee Chapman (Leeds United!) und seine Frau, die Schauspielerin Leslie Ash. Beide sind zufrieden mit den ersten Schritten ihres achtmonatigen Babys. „Du musst deine Nachbarn respektieren“, weiß Chapman. Deshalb gehen die Partys im JuJu auch nur bis ein Uhr nachts. Was Cricketspieler Kevin Pieterson oder den Fußballer Joe Cole aber natürlich nicht davon abhält, regelmäßig reinzuschneien. Das JuJu hat noch viel vor – lang lebe der neue König der King’s Road! JuJu, 316–318 King’s Road, London www.jujulondon.com

Bilder: Alicia Canter (3)

Don Rimini 22. 10. 2009


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Resident Artist

Schlaflos in Brooklyn

liamsburg mittlerweile scherzhaft als Hochburg der Bourgeois Bohemians ­bezeichnet. Egal, mir gefällt’s! Wegen Orten wie der Trophy Bar (1) am Broadway in Williamsburg. Ein unauffälliger Laden mit kleinem Dancefloor, aber in seiner Schlichtheit großartig. Außerdem legen dort eine Menge DJ-Freunde von mir auf. Eine ­andere Bar, die ich empfehlen kann, ist das Savalas auf der Bedford Avenue. Prinzipiell bin ich mehr der Restauranttyp als der Biertrinker. Klar, gelegentlich juckt’s mich in der Kehle, da muss dann ein kühles Blondes her, meistens ist mir aber ein Fruchtcocktail ­lieber. Da geh ich dann ins Dressler (3), das neben guter Küche hervorragende Granat­ apfel-Martinis serviert. Ebenfalls empfehlenswert: das Diner (2). Von der ZwanzigerJahre-Deko darf man sich nicht abschrecken lassen, das Essen dort ist toll. Auch wenn’s täglich nur zwei Gerichte auf der Karte gibt. Über der Brücke auf der Lower East Side gibt es den kleinen Club 105 Rivington (4). „Big Fun“ heißt dort die Mittwochnacht, die mein Freund DJ Soul schmeißt – solltet ihr unbedingt auschecken. Soul und ich gehen gern gemeinsam Platten kaufen. Unser Lieblingsladen in New York ist das Turntable Lab (5) im East Village. Kleine Auswahl, aber gut, weil dort DJs ihr Sortiment bestellen: HipHop, Dancehall und Disco – von allem nur das Feinste. Ich bin nicht der Typ, der sich stundenlang durch Berge von Second-HandPlatten wühlt, obwohl die Chancen gut stehen, dass man in nahe gelegenen, obskuren Vinyl-Läden wie A-1 oder Sound Library nach langer Suche auf wertvolle Perlen stößt. Mir ist der schnelle Weg im Turntable Lab lieber, auch wenn die Scheiben dort etwas teurer sind. Die Verkäufer wissen, was ihre Platten wert sind, und ich bin gern bereit, für diese Vorsortierung etwas mehr zu zahlen. Zurück nach Williamsburg: Das Viertel hat viel zu bieten, zum Beispiel die McCarrenPark-Pool-Konzerte. Umsonst und draußen. So wie die Open-Air-Shows etwas weiter ­unten in Bushwick. Die Gegend ist momentan einfach der inspirierendste Ort der Stadt. Immer, wenn ich nach einer Tour heimkomme, hat sich etwas verändert. Langweilig wird mir hier bestimmt nicht so bald.

Dass es den kanadischen Beatbastler A-Trak nach New York zog, ist kein Wunder. Und dass der HipHop-Hipster sich in seiner neuen Heimat Williamsburg pudelwohl fühlt, wahrscheinlich genauso wenig. Brooklyn-Boy A-Trak (re.) trinkt mit DJ LV gern Bier im Savalas (u.), schätzt aber auch Cocktails im Dressler (re. u.).

Blogs und Sounds: www.djatrak.com

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Eigentlich komm ich ja aus Montreal. Aber als echter HipHop-Fan bist du in New York besser aufgehoben. Es ist das Mekka, der Ort, wo alles angefangen hat. Deshalb bin ich vor drei Jahren hergezogen. Der Zeitpunkt war perfekt. Mein älterer Bruder David, der das Digital-Dance-Duo Chromeo betreibt, war es schon leid, dass ich auf seiner Couch schlafe. Von Manhattan kommst du sehr schnell nach Williamsburg in Brooklyn, wo ich ­wohne. Auch wenn ich Partys nach wie vor jenseits des Hudsons feiere, komme ich spätnachts immer mit einem guten Gefühl nach Williamsburg zurück. Die Gegend ist so inspirierend, voll mit Künstlern und Musikern und dabei fast ein Paradebeispiel für die Gentrification („Yuppisierung“; Anm.). Vor knapp sieben Jahren sind viele Künstler ­hergezogen, weil die Mieten günstig waren. Jetzt ist dem nicht mehr so. Es folgten die Schickimickis, und die Preise explodierten. Darum wird Wil-

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Bilder: GEtty Images, Jen, Trespassers Will; Illustration: Andreas Posselt

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Diplo mit Flüsterlady (gr. Bild) und Switch (re., im Karohemd) lassen sich in Kingston feiern. Rechts unten: Prince Zimboo sorgt für den Gastauftritt der Nacht.

Major Lazer Jamaika The Green Room

Major, über­ nehmen Sie! Ein einarmiger Krieger, George Michael und ein singender Prinz: Für die Kingston-Premiere ihres neuen Dancehall-Projekts zückten der US‑Musikvisionär Diplo und sein Kompanion Switch die Laserschwerter.

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Seine Augen kleben am Bildschirm des Laptops, seine in schwarzes Denim gehüllten Oberschenkel wippen nervös und lassen die weiße Ledercouch im weitläufigen Foyer des Spanish Court Hotel sanft vibrieren. Thomas Wesley Pentz alias Diplo wirkt angespannt. Und das ist verständlich. Denn hier in ­Kingston, der Wiege von Dub und Reggae, wird der US-amerikanische Musiker sein neues Digital-Dancehall-Projekt „Major ­Lazer“ erstmals auf die Bühne bringen. „Ich versuche einfach, den heutigen Gig wie jedes andere Konzert zu sehen. Sonst werd ich noch verrückt“, sagt Diplo. Während im Hintergrund sanfte ReggaeSounds plätschern, kramt der Musiker einen CD-Rohling aus seiner Umhängetasche und schiebt ihn ins Laufwerk seines Computers. Das Brennprogramm startet, Diplo hat kurz Zeit, durchzuschnaufen und am Strohhalm seines Cocktailglases zu saugen. „Die Kids hier auf Jamaika gehen mit dieser Musik ganz anders um als anderswo in der Welt“, sagt er. „Deshalb möchte ich den Hype, den es derzeit um das Album gibt, nutzen, um hier die Grenzen des Dancefloors auszu­


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Ty & Pee Wee Ellis: Still Black, Still Proud Tour 24. 10. 2009 „Say it loud – I’m black and proud“, röhrte James Brown 1968 ins Mikrofon. Es war kurz nach Marthin Luther Kings Tod, Revolution lag in der Luft. Auch heute noch gebe es in Sachen Gleichberechtigung einiges zu tun, sind der britische Rapper Ty und der US-Jazzer Pee Wee Ellis überzeugt und gehen mit diesem Motto auf Tour. The Cork Jazz Festival, Cork, Irland

Bilder: Peter Dean Rickards (4)

I Love Techno 24. 10. 2009

loten. Für den Fall, dass mein Plan nicht aufgehen sollte, hab ich immer noch ein paar Klassiker in der Plattenkiste.“ Die umjubelte LP, von der Diplo spricht, heißt „Major Lazer: Guns Don’t Kill People … Lazers Do“. Und ­jeder, der eine Ader für elektronische karibische Klänge hat, bestätigt: Die Lorbeeren sind gerechtfertigt. Im März 2008 sperrten sich Diplo und sein Londoner Kollege Switch, der heuer für die Produktion des M.I.A.-Hits „Paper ­Planes“ für den Grammy nominiert war, zehn Tage lang in Kingstons Tuff Gong Studio ein. Ausgestattet mit analogem Sound­ equipment und einer Wunschliste an Dancehall-Vokalisten, hoben sie dort ihr neues Projekt „Major Lazer“ aus der Taufe. Mr. Lexx schaute vorbei, ebenso Mr. Vegas, Prince Zimboo und Jamaikas kontroversester ­Sänger, Vybz Kartel. Nach den Aufnahmen zwängten Diplo und Switch die Gesangs­ spuren in ein knappes Rhythmuskorsett, in ein enges Kleidchen, gewebt aus Techno, Dancehall, Soca und Eurodance. Und nannten dieses kecke Outfit nach der erfundenen Figur Major Lazer, einem fiktiven jamaikanischen Ex-Kommandeur, der in einem Zombie-Krieg 1984 einen Arm verloren hatte. Kurz vor 23 Uhr füllen sich die Straßen Kingstons, das Partyvolk macht sich auf seinen Weg, bevölkert lautstark den Platz vor dem Spanish Court Hotel. Auch in der Lobby beginnt das nächtliche Treiben, eine Horde wunderhübscher Frauen drängt sich um die Bar. „Die Carribbean Fashion Week …“, antwortet der Kellner auf Diplos verwirrtes ­Lächeln. Zwischen den Models bahnt sich plötzlich ein schlanker Junge seinen Weg

an Diplos Tisch. Er trägt ein weites kariertes Hemd, schwarze Hosen und den Laptop unterm Arm. Es ist Switch. Er will mit seinem Partner noch einmal die Setlist für die Nacht durchgehen. „Spielen wir ‚Tainted Love‘?“, fragt er. „Klar“, antwortet Diplo. „Und wie schaut’s mit Wham! aus? Die ­Jamaikaner lieben Wham!.“ „Nein, sie lieben nicht Wham!, sie lieben George Michael“, hält Diplo entgegen. Es folgt eine amüsante Diskussion der beiden über den angeblich großen Appetit der Jamaikaner auf schmalzigen Pop à la Kenny Rogers, Air Supply und, ja, sogar ­Céline Dion. „Es ist echt bizarr: In einigen der gefährlichsten Kneipen in Kingston wird regelmäßig Céline Dion gespielt. In voller Lautstärke. Angeblich hält das die Damen bei Laune“, sagt Switch und grinst. Die „Titanic“-Sirene schafft es dennoch nicht in die Playlist von Major Lazer. Aber egal: Als die beiden kurz nach zwei Uhr früh die verglaste DJ-Tribüne des Quad Club ­betreten, verstehen sie es auch ohne Dion, die vielen aufwendig gestylten, leicht bekleideten Frauen im Publikum in Stimmung zu bringen. Diplo schraubt am Mischpult. Seine Augen gleiten schnell zwischen seinem Computer, dem CD-Spieler und dem Plattenteller hin und her, Switch wippt mit dem Kopf und zückt Nachschub aus dem Plattenkoffer. Laser-Effekte zischen über die Tanzfläche, Hybrid-Hits aus Dancehall-Klassikern und ihren eigenen Tracks lassen die Boxentürme beben. Bei ihrer neuen Single „Hold the Line“ schnellen die Hände am randvollen Dance­floor in die Höhe, beim Mr.-Vegas-/ Jovi-Rockwell-Track „Can’t Stop Now“ ­hämmern die Männer vor Begeisterung mit den Fäusten an die Wände. Gekrönt wird das Set durch einen Freestyle-Gastauftritt der jamaikanischen Dancehall-Ikone Prince Zimboo. Und am Ende der Nacht sind sich wohl alle 1200 ­Tänzer einig: Major Lazer, Mission erfüllt! Tourdaten, Downloads, Videos: www.majorlazer.com

Beim Techno-Festival huldigen DJGrößen von Len Faki über Carl Craig oder A-Trak bis zu Zombie Nation der kühlsten Subkultur, die der Dance­ floor je erlebt hat. Flanders Expo, Gent, Belgien

Jeff Samuel 24. 10. 2009 Seine Katalognummer 100 – eine technoide CD-Rückschau auf die letzten neun Jahre – feiert das ­Traditionslabel Trapez in München. Mit Gratulanten wie Jeff Samuel. Harry Klein Club, München, Deutschland

Hudson Mohawke 25. 10. 2009 Neben seinem Freund Flying Lotus gilt der Brite als Hoffnungsträger elektronischer Musik, der Funk ins 21. Jahrhundert retten könnte. Seine instrumentalen HipHop-Skizzen klingen ebenso roh wie verspielt. Und so phantastisch, dass ihn die legendäre Plattenschmiede Warp sofort zur ­Vertragsunterzeichnung drängte. Limousin, Nancy, France

Calvin Harris & Mr Hudson 28. 10. 2009 Wenn diese beiden charmanten und gutaussehenden Dandys gemeinsam die Tour-Koffer packen und auf der Bühne die Geister von Larry Levan oder gar Oscar Wilde beschwören, schlägt wohl nicht nur das Herz von Verehrer Kanye West höher … Forum, London, Großbritannien

Red Lights Flash 30. 10. 2009 Nenn es Punk, nenn es Post­Hardcore. Wenn die Grazer Rocker Red Lights Flash in ihrer Heimatstadt das neue Album „For Your Safety“ präsentieren, bleibt keine Achsel­ höhle trocken. PPC, Graz, Österreich Mehr Nacht-Events auf: www.redbulletin.com

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Read bull

Über den Spitzensport Zeitungsaustragen Ich bin Profisportler. Zeitungsausträger. Bezahlter Morgensport. Bitte, liebe Amateursportler, wer be­ zahlt euch denn euren Morgensport? Eben. Mich bezahlt jemand. Das sind Konditionen, wie sie sonst nur Profis ­haben. Oder nicht? Also habe ich Profi­ sport-Konditionen. Also bin ich Profisportler. Apropos Konditionen: Natürlich habe ich Kondition. Ich gehe jeden Morgen in durchschnitt­ lich zehn durchschnittlich dreistöckigen Häusern durchschnittlich in den dritten Stock hinauf und wieder hinunter. Das sind durchschnittlich 30 Stockwerke am Tag und 915 Stockwerke im Monat, was bei einer durchschnittlichen Stockwerk­ höhe von 2,6 Metern also durchschnittlich 2379 Höhenmeter im Monat ergibt. Rauf und runter. Kondition kann man kaufen. Kondition kann man trinken. Du öffnest die richtige Dose und ent­ faltest ein Paar Flügel. Das ist alles, das ist Kondition. Jedenfalls genug für 2379 Höhen­meter im Monat. Rauf und runter. Um vier Uhr früh. Übrigens: Beklage dich nie über zu viele Stockwerke! Wenn du gut bist, hast du in 30 Stockwerken schon die halbe Zeitung gelesen! Doch wer jetzt denkt, dass, wenn dieser Sport doch so leicht sei, ihm jeglicher Reiz fehle – der kennt die Hürden noch nicht. Diese lächerlichen, dummen kleinen Hürden. Die reizen mich manchmal bis zur Weißglut. Also Reiz genug. Da sind zum Beispiel die Schlüssel und ihre Schlüssellöcher. Man sollte nicht meinen, was die um vier Uhr früh für ein Eigenleben haben! 20 Mal springt der Schlüssel hin und her und verhakt sich mal so und mal so herum, bevor er sich endlich dazu herab­ lässt, ins Schlüsselloch zu gleiten und aufzusperren. Aus purer Tücke. Noch tückischer sind die Briefkästen, Zeitungsboxen und Türschlitze. 96

Und die Zeitung selbst. Besonders wenn sie dünn ist. Dann lässt sie sich nicht rollen, sondern sperrt sich mit allen möglichen Faltungen dagegen, zu einer einfachen Rolle geformt zu werden. (Hat die Zeitung ein anstän­ diges „Bulletin“ im Bauch, geht das viel leichter, versuchen Sie es selbst!) Gibt es in einer Zeitungsbox nur den geringsten Punkt, wo man sich verhaken könnte, dann ergreift die Zeitung sofort die Gelegenheit, sich daran festzukrallen, anstatt reibungslos hineinzugleiten. Den verzweifelten Abwehrkampf der Zeitung, sich in einen Brief- oder Tür­ schlitz quetschen zu lassen, mag ich gar nicht beschreiben. Zu makaber. Und dann die Schuhabstreifer. Da gibt es doch echt Menschen, die wollen ihre Zeitung UNTER dem Schuh­ abstreifer zugestellt bekommen. Also bücken, Schuhabstreifer angrei­ fen (igitt!) und hochheben, Zeitung hin­ legen und Schuhabstreifer drauf. Igitt!; das hat für mich nichts mehr mit Sport zu tun. Ganz abgesehen davon, dass ich in ­einer Hand einen Stoß Zeitungen halte, in der anderen die eine, die ich gerade ­zustelle, in der dritten den Regenschirm, in der vierten die Taschenlampe, mit der fünften greife ich mir den Schuhabstrei­ fer … – oh nein. Ohne mich! Die fünfte Hand brauche ich definitiv zum Schweißabwischen. Lieber obendrauf. Versuche mal, ohne dich zu bücken (um Zeit zu gewinnen!) – also aus Ober­

„Es gibt doch tatsächlich Menschen, die wollen ihre Zeitung unter dem Schuhabstreifer zugestellt ­bekommen.“

schenkelhöhe –, eine Samstagszeitung auf einen Fußabstreifer fallen zu lassen, im Treppenhaus eines durchschnittlich ­dreistöckigen Hauses. Das gibt einen KNALL wie ein Pistolenschuss. Das geht natürlich nicht. Schließlich ist es vier Uhr früh. Schließlich gibt es Nachbarn. Da muss man schon an seiner Technik feilen. Ich bevorzuge da den sanften Gleitflug aus etwa drei Meter Entfernung. Erstens: Du sparst dir etwa drei Meter Weg. Zweitens: Du sparst dir möglicherweise ein halbes Stockwerk! ABER: Da musst du dich mit deinen Zeitun­ gen schon gut stellen! Denn die sind schließlich auch nur Menschen! Die machen plötzlich aus dem Nichts heraus einen Salto rückwärts und landen grad zum Trotz mit einem lauten KNALL auf der Matte! Aus purer Tücke! Da gibt es nur eins: sofort die Flucht ergreifen! Keine Fluchtmöglichkeit birgt aller­ dings folgende Situation: Die Zeitung öff­ net sich in der Luft und verstreut sich und ihr Innenleben sanft im Umkreis eines halben Stockwerks! Um Disqualifikation zu vermeiden, gibt es jetzt nur eins: Du musst die eingesparten drei Meter (das halbe eingesparte Stockwerk) nun doch gehen und reumütig den entblätter­ ten Wald wieder zusammenfügen, ehe du ihn (gebückt) auf dem richtigen Schuh­ abstreifer ablegst, als sei nichts gewesen. Das sind mindestens 15 Strafsekun­ den! Da du – wie bei jeder anständigen Sportart – gegen die Zeit antrittst, wird dieser Sport also nie fad. Denn da sind ja die Hürden. Und die Zeit rennt schnell! Und hürdenfrei. Aber die muss ja dann um sechs Uhr auch weiterrennen, während ich zufrie­ den nach Hause komme und endlich ge­ nüsslich mein Bulletin lese! (Ach, gäbe es doch Flügel aus Dosen auch für Zeitungen!)

illustration: albert exergian

Von Renate Kaiser.


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Leser machen Programm Schicken Sie Ihren Text bitte an: readbull@redbulletin.at Das Thema ist frei, doch irgendwo kann eine Dose versteckt sein. Die besten Texte (4000 bis 5000 Anschläge) werden ­abwechselnd mit den Storys professioneller Autoren veröffentlicht.

Renate Kaiser,

Jahrgang 1958, im Hauptberuf Lebenskünstlerin, im Nebenberuf Zeitungsausträgerin, Wellnessund Schlafberaterin, Baubiologin, Sozialarbeiterin. Sie lebt in Maurach am Achensee in Tirol. 97


ko lu m n e

Ankowitschs Kolumne belebt Körper und Geist

Was Tränen alles können: Spuren verwischen, Ärger anzeigen und warme Milch herbeizaubern. Es sind immer die einfachen Dinge, die uns die größten Rätsel aufgeben. Zu­ mindest geht es mir so: Wieso bin ich? ­Warum fällt das Butterbrot stets auf die falsche Seite? Und warum müssen wir weinen? Während sich die Wissenschaft bei der Antwort auf die ersten beiden Fragen auf­ fällig zurückhält, widmet sie sich letzterer seit längerer Zeit – und ist dennoch weit davon entfernt, sie endgültig beantwor­ ten zu können. Ganz im Gegenteil. Stän­ dig tauchen neue Studien auf, in denen zunächst eine überraschende Vermutung ge­äußert wird und anschließend die Ein­ schränkung folgt, man stehe erst ganz am Anfang der Forschungen. Die bislang letzte Perle auf der un­end­ lichen Erkenntnisschnur in Sachen Wei­ nen erreicht uns dieser Tage aus ­Israel, genauer: von der Universität in Tel Aviv. Eine Studie des Evolutionsbiologen Oren Hasson deutet darauf hin, dass wir Men­ schen Tränen produzieren, um unser Ge­ genüber für uns einzunehmen und d ­ essen etwaige böse Absichten zu ­dämpfen. Wer nämlich weine, der erschwere es dem ­anderen, die Bewegungen seiner Pupillen und seine Blickrichtung genauer zu erken­ nen; dadurch wiederum verberge man ­erfolgreich seine Motive. Wir können uns Tränen also wie jene Teppiche vorstellen, die die Indianer hinter ihren Pferden her­ schleppten, um ihre Spuren zu verwischen;

Die bereits klassische ­Vorstellung, dass uns das Weinen immer Erleichterung verschafft, konnte von der Wissenschaft nicht bestätigt werden. genauso versuchen wir heulenderweise, den anderen im Unklaren zu lassen. Das erhöht dessen Bereitschaft, friedlich zu bleiben. Wie dem auch sein mag: Es gibt eine lange Liste weiterer Studien, die zu klären versuchen, warum wer wann wie lange weint. Manche dieser Erkenntnisse sind naheliegend, andere überraschend: Babys und Kinder beispielsweise heu­ len, um uns Erwachsene in Trab zu ver­ setzen, damit wir ihnen nachts um zwei ein Fläschchen gut gewärmter Milch brin­ gen. Manche Erwachsene weinen, weil sie traurig sind. Manche Frauen weinen vor Ohnmacht, weil sie wieder einmal ­erleben mussten, dass ihnen im Job ein unfähiger Mann vorgezogen wurde. Man­ chen Männern rinnen die Tränen über die bartstoppeligen Wangen, weil sie ent­

weder den Grand Slam gewonnen haben oder ihr Lieblingsverein den Aufstieg in die Superliga verpasst hat. Und manche weinen, weil sie sich schrecklich ärgern, das aber nicht zeigen können/wollen/ dürfen. All diese Beispiele ergeben noch keine schlüssige Theorie, die uns ein für alle­ mal dieses Phänomen erklären könnte. ICH WEISS! Ein besonderes Lied davon singen kann Ad Vingerhoets, Psychologe von der niederländischen Universität ­Tilburg. Seit über zwanzig Jahren forscht er bereits und kann doch bloß eine Mi­ schung aus Selbstverständlichkeiten und Vermutungen äußern. Als gesichert kann allein gelten, dass wir Menschen die ein­ zigen Lebewesen auf der Welt sind, die zu dieser Gefühlsäußerung in der Lage sind. Aber damit beginnen wir bereits das Ter­ rain der gesicherten Erkenntnisse zu ver­ lassen. Denn die klassische Vorstellung, dass uns Weinen immer Erleichterung verschafft, konnte von der Wissenschaft nicht bestätigt werden. Manche weinen und sind danach noch trauriger als zuvor. Diese Ratlosigkeit wäre zum Heulen, wenn sie nicht so toll wäre! Denn was ­beweist denn die Hartnäckigkeit, mit der sich das Rätsel um unsere Tränen dagegen sträubt, entschlüsselt zu werden? Nichts anderes, als dass wir Menschen ein wah­ res Wunderwerk der Natur sind. Uner­ gründlich, rätselhaft, wunderbar – und das ist doch wohl derart zum Lachen, dass uns die Tränen kommen. Christian Ankowitsch, 50, ist ein öster­ reichischer Journalist, Schriftsteller und origineller Lebenshelfer. Sein neuestes Buch „Dr. Ankowitschs Kleiner Seelenklempner: Wie Sie sich glücklich durchs Leben impro­ visieren …“ erscheint im Rowohlt Verlag. Ankowitsch lebt mit seiner Familie in Berlin.

Herausgeber und Verleger Red Bulletin GmbH Chefredaktion Robert Sperl, Stefan Wagner (Stv.) Creative Director Erik Turek Art Director Markus Kietreiber Fotodirektion Susie Forman, Fritz Schuster (Stv.) Chefin vom Dienst Marion Wildmann Leitende Redakteure Werner Jessner, Uschi Korda, Nadja Žele Redak­ tion Ulrich Corazza, Florian Obkircher, Christoph Rietner Grafik Claudia Drechsler, Dominik Uhl Fotoredaktion Markus Kucˇera, Valerie Rosenburg Senior Illus­ trator Dietmar Kainrath Autor Christian Ankowitsch Mitarbeiter Holger Altrichter, Tim Clayton, Peter Clifford, Justin Hynes, Ruth Morgan, Herbert Völker Illustratoren Sascha Bierl, Albert Exergian, Mandy Fischer, Lie-Ins and Tigers, Andreas Posselt Augmented Reality Martin Herz, www.imagination.at Lektorat Hans Fleißner Lithografie Clemens Ragotzky (Ltg.), Christian Graf-Simpson, Nenad Isailovic Herstellung Michael Bergmeister Produktion Wolfgang Stecher Druck Prinovis Ltd. & Co. KG, D-90471 Nürnberg Geschäftsführung Karl Abentheuer, Rudolf Theierl Projektleitung Bernd Fisa Sonder­ projekte Boro Petric Finanzen Siegmar Hofstetter Verlagsleitung Joachim Zieger Marketing Barbara Kaiser (Ltg.), Regina Köstler Projektmanagement Jan Cremer, Dagmar Kiefer, Sandra Sieder, Sara Varming Anzeigenverkauf Bull Verlags GmbH, Heinrich-Collin-Straße 1, A-1140 Wien; anzeigen@at.redbulletin.com Office Management Martina Bozecsky, Claudia Felicetti Firmensitz Red Bulletin GmbH, Am Brunnen 1, A-5330 Fuschl am See, FN 287869 m, ATU 63087028 Sitz der Redaktion Heinrich-Collin-Straße 1, A-1140 Wien Telefon +43 1 90221-28800 Fax +43 1 90221-28809 Kontakt redaktion@ at.redbulletin.com Redaktionsbüro London 14 Soho Square, W1D 3QG, UK Telefon +44 20 7434-8600 Fax +44 20 7434-8650 Web www.redbulletin.com Erscheinungsweise Das Red Bulletin erscheint jeweils am ersten Dienstag des Monats als Eigenbeilage von und in Kooperation mit folgenden Partnerzeitungen – in Österreich: Kleine Zeitung, Kurier, Oberösterreichische Nachrichten, Die Presse, Salzburger Nachrichten, Tiroler Tageszeitung, Vorarlberger Nachrichten; Burgenländische Volkszeitung, Niederösterreichische Nachrichten. In Deutschland: Münchner Merkur, tz. In Großbritannien: The Independent. In Irland: Irish Independent. In Nordirland: Belfast Telegraph. Gesamtauflage 3,2 Millionen Leserbriefe bitte an leserbriefe@at.redbulletin.com

Das Red Bulletin erscheint jeden ersten Dienstag im Monat. Die nächste Ausgabe gibt es am 3. November 2009.

illustration: albert exergian

Es ist zum Weinen!



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