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SCHÖNER WOHNEN mit Klaudia Szeremeta
Auf diese Frau kann Görlitz bauen . . .
Wir kennen Klaudia Szeremeta fast genau seit fünf Jahren In der ersten Ausgabe von GÖRLITZ - Stadt und Land berichteten wir damals über ihr Restaurant "Slawomir's Küche“, das sie in der Dresdner Straße im März 2018 in den sanierten Räumlichkeiten eines ehemaligen Haarsalons in Görlitz eröffnet hatte. Das Restaurant kam zwar gut an und die Kritiken in den sozialen Netzwerken waren durchweg positiv, doch irgendwann fehlte der Architektin die Zeit für diese Nebenarbeit.
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Inzwischen ist Klaudia Szeremeta seit neun Jahren in Görlitz tätig und hat sich auf die barrierefreie Sanierung denkmalgeschützter Häuser spezialisiert Grund genug für uns, die junge Architektin anlässlich eines Besuchs in ihrer Wohnung zu ihrem bisherigen Lebenslauf und ihrer Karriere zu interviewen und ihr u.a. zur Architektur und zum Wohnstil einige Fragen zu stellen.
Hallo Klaudia, da wir uns bereits länger kennen, bleiben wir auch hier und heute einfach beim "Du". Wir haben vor fünf Jahren anlässlich „Slawomir‘s Küche“ über Dich berichtet. Inzwischen ist viel passiert und viele unserer Leser haben den damaligen Artikel vielleicht noch nicht gelesen. Daher zunächst ein paar Fragen zu Deinem Lebensweg bis zu dem Zeitpunkt als Du nach Görlitz gezogen bist. Woher kommst Du, welche Schulen hast Du besucht und wo (und was) hast Du studiert?
Ich komme aus Boleslawiecz (früher: Bunzlau), bekannt durch die Bunzlauer Keramik, einer Stadt, die ca 45 Kilometer von Görlitz entfernt ist Ich habe in Breslau Architektur, Städtebau und Innenarchitektur studiert Danach habe ich mich entschieden, in Görlitz ein Praktikum zu absolvieren Aus diesem Grund bin ich schon während meines Studiums nach Görlitz gezogen und habe zwei Jahre im Architekturbüro von Herrn Kück gearbeitet
Wieso viel Deine Wahl ausgerechnet auf Görlitz?
Ganz einfach weil Ich vom ersten Moment an in Görlitz verliebt war Ich bin damals aus dem Zug ausgestiegen, dann die Berliner Straße Richtung Postplatz gelaufen und ich fand die Stadt auf Anhieb wunderschön Danach habe ich den Wilhelmsplatz und die Augustastraße entdeckt Da war mir eigentlich sofort klar, dass ich unbedingt hier arbeiten möchte.
Welche Vorbilder hast Du im Bereich Architektur/Innenarchitektur und gibt es Bauwerke, die Dich beeindrucken und inspirieren?
In Sachen Architektur gab es bereits während meines Studiums Vorbilder: Zum einen der Architekt Frank Loyd Wright Mir gefällt besonders sein Fallingwater-Haus, das zwischen 1935 und 1939 80 KM südöstlich von Pittsburgh (Pennsylvania) gebaut wurde Auch nach beinahe 90 Jahren überzeugt das zu den bekanntesten Gebäuden in den USA gehörende Gebäude durch seine zeitlose Architektur
Der zweite Architekt, der mich beeindruckt hat, ist Ludwig Mies van der Rohe, der als Vertreter des Minimalismus in der modernen Architektur berühmt wurde Ein gutes Beispiel , wie er mit Licht und Formen spielte, ist der von ihm 1929 anlässlich der Weltaustellung in Barcelona erbaute "BarcelonaPavillon", der auch heute noch ultramodern aussieht
Zu den Bauwerken Mich hat schon immer das Haus Schminke begeistert, das 1932 und 1933 vom Architekten Scharoun hier ganz in der Nähe in Löbau errichtet wurde und zu den wichtigsten Wohnhäusern der klassischen Moderne zählt Dieses Gebäude kennenzulernen und dort zu übernachten war beeindruckend Man hat sich damals schon sehr viele Gedanken gemacht, wie sich die Architektur auf die Bewohner dieses Hauses auswirkt
Was sind die größten Herausforderungen für die Architekturbranche?
In Görlitz gibt es für meine Branche eine ganz spezielle Herausforderung. Es sind die Gründerzeithäuser, bei denen die größte Schwierigkeit darin besteht, den Grundriss der ursprünglichen Wohnungen den Bedürfnissen der heutigen Mieter anzupassen Wir haben heutzutage völlig andere Ansprüche als die Menschen vor hundert Jahren und dementsprechend auch andere Raumbedürfnisse Zum Beispiel war es damals durchaus üblich, dass alle Kinder gemeinsam in einem Zimmer schliefen und in Sachen Bäder und Küchen war man damals - wenn die überhaupt räumlich getrennt waren - nicht besonders anspruchsvoll Heute legt man Wert auf eine großzügige Küche, jedes Kind bekommt sein eigenes Zimmer und die Wohnungen sollen möglichst noch ein zweites Bad sowie ein Gäste-WC enthalten Dazu am besten noch ein separater Wäscheraum Meistens soll in diesen alten Häusern mit mehreren Etagen dann auch noch ein Fahrstuhl eingebaut werden Das ist schon eine wirklich sehr schwierige anspruchsvolle Arbeit, sich mit den Bestandsgrundrissen zu beschäftigen und ohne Zerstörung der Substanz gut geschnittene Grundrisse für die neuen Wohnungen zu entwickeln
Mal ganz ehrlich: Es gibt in vielen Städten in Deutschland schlechte Beispiele zeitgemäßer Architektur, die sich inmitten von Straßenzügen mit geschmackvoll sanierten Gebäuden wie Krebsgeschwüre abheben. Woran liegt es, dass es wenigen Architekten gelingt, ein einzelnes Gebäude als Teil eines Ganzen zu integrieren und sie statt dessen lieber ihr eigenes Genie verewigen?
Das sehe ich etwas anders Ich habe in der Innenstadt von Görlitzer noch nichts entdeckt, was mich wirklich stört Fake Baustile, die alt wirken sollen, sind auch nicht besser als Häuser aus späteren Bauzeiten Schönheit ist auch auch immer relativ In Görlitz haben wir viele Gründerzeitfassaden, die mit Stuck und Dekoelementen geschmückt sind; die neueren Fassaden sind dagegen eher zurückhaltend und einfach gehalten Ob das gut ist oder nicht, das ist schwierig zu entscheiden Alles in allem ist Görlitz für mich eine wunderschöne Stadt mit einer Substanz, die man erhalten soll, aber neue Objekte sollten meiner Meinung nach wie neue Häuser aussehen Ich bin kein Fan davon, neue Objekte wie historische Bauten aussehen zu lassen Das wirkt dann wie eine Verkleidung Ich finde, das Neue darf durchaus abweichen von dem historischen Baustil, zumal es auch irgendwie ehrlicher ist, als dem Mieter mit einem neuem, historisch gestylten Gebäude Glauben zu machen, dass er zum Beispiel in einem 200 Jahre alten Haus wohnt.
Ich habe mir bereits einige von Dir sanierte Wohnungen in dem Gebäude Wielandstraße 6 in der Görlitzer Südstadt angesehen und war sehr beeindruckt. Nach Deinem eigenen Haus hier in der Krölstraße und einem Haus für einen anderen Bauherren in der Carl-von-Ossietzky-Straße ist es das dritte Gebäude in Görlitz, dass Du in Eigenregie saniert hast und es werden bestimmt noch viele folgen. Wie muss man sich den Ablauf eines solchen Sanierungs- und Renovierungsprozesses vorstellen - von der ersten Überlegung bis zur Wohnungsübergabe an die jeweiligen Mieter?
Der Ablauf bei den von mir sanierten Gebäuden ist eigentlich immer sehr ähnlich: ich treffe mich mit den Bauherren, sie zeigen mir ihre Bestandspläne, wir besprechen dann, wie viele Wohnungen in dem Gebäude zukünftig sein sollen, wie groß die einzelnen Wohnungen sein sollen, ob es sich um EinRaum-Appartements handelt oder Wohnungen mit 5 Zimmern und ob das Haus einen Fahrstuhl enthalten soll. Wir reden also über die ganzen Fragestellungen und Details, die ich benötige, um anschließend einen Entwurf oder mehrere Entwürfe zeichnen zu können Anschließend einigen wir uns mit dem Bauherren auf ein Konzept Wenn später die Baugenehmigung kommt, beginnt die Arbeit auf der Baustelle Das ist ein wirklich aufwendiger Prozess, denn davor müssen noch die Leistunsgverzeichnisse, die sogenannten LVs, erstellt werden In einem Leistungsverzeichnis finden die beteiligten Unternehmen alle Gewerke - also die handwerklichen und bautechnischen Leistungen - die ihrerseits erbracht werden sollen Zu diesen einzelnen Leistungen benötige ich die Preise von den Handwerkern Mit einem korrekten und ausführlichen Leistungsverzeichnis sind dann auch genaue Kostenkalkulationen möglich Am Ende gehören auch die Terminpläne dazu, so dass dann eine Auftragserteilung möglich ist
Das ist ja wirklich eine sehr komplexe und aufwendige Arbeit. Das stimmt Besonders wenn man sich überlegt, wieviel Dokumentation dahinter steht und wieviel Management erfor- derlich ist. So bin ich als Architektin auch alleine dafür verantwortlich, wann die beteiligten Handwerker auf der Baustelle zu erscheinen haben und - vor allem - in welcher Reihenfolge. Nur so ist möglich, dass einzelne Arbeitsschritte abgeschlossen sind und es nicht zu unnötigen Verzögerungen kommt. Das ist eine wirklich präzise Zeit- und damit auch Preiskalkulation, die ich zu erstellen habe. Am Ende sind die ganzen Abnahmen durchgeführt, die Schlussrechnungen geprüft... diese ganzen Unterlagen verteilen sich auf mehrere Aktenordner, in welchen auch die kopierten Rechnungen einsortiert werden. Alles geht anschließend noch einmal zum Amt, zur Prüfung beim Brandschutz... und dann, ganz am Ende - nach mehreren Monaten schwieriger Arbeiten - erfolgt die Übergabe der Wohnungen an die Mieter.
Hast Du derzeit - soweit Du das verraten kannst - noch weitere Projekte in Arbeit?
Aktuell (Stand: Anfang März 2023) habe ich zwei Baustellen, die eine ist noch neu und die andere ist bereits ein Jahr alt und wird in diesem Jahr beendet. Sie befindet sich an der Emmerichstraße 57. Die neue Baustelle befindet sich an der James-von-Moltkestraße 33 und ist etwas Besonderes, denn dort entstehen ausschließlich vier besonders großzügige Wohnungen, ein wirklich wunderbares Objekt. Andere Projekte sind zum Beispiel Einfamilienhäuser, die ich für einen Bauträger entwerfe und zeichne. Das ist für mich eine sehr tolle Arbeit: Ich entwerfe schön geschnittene Grundrisse für Neubauten für Familien, die auch von außen beeindruckend aussehen.
Wie sieht der kreative Prozess aus - welche Werkzeuge benutzt Du?
Ich arbeite grundsätzlich mit dem ArchiCad-Programm, dass unter anderen 2D-Linienzeichnungen in 3D umwandeln kann. Danach sind die Perspektiven als 3D-Bild bearbeitet. Die neuste Version besitzt wirklich alle notwendigen Werkzeuge und Perspektiven um tolle 360-Grad -Visualisierungen herzustellen.
Gibt es aktuell irgendwelche innenarchitektonischen Trends? Natürlich gibt es immer irgendwelche Trends. Ich neige eher dazu dieses Thema individualistisch anzugehen und mich nach den Wünschen des Bauherrn zu richten. Nicht jeder Bauherr mag das , was gerade modern und angesagt ist. Würde ich versuchen, ihm irgendetwas einzureden, dann bestünde die Gefahr, dass er später unzufrieden ist. Die Innenarchitektur ist derart vielseitig, dass jeder Bauherr das Haus oder die Wohnung seinen Wünschen anpassen kann. Wir können von extrem minimalistisch bis komplex klassizistisch zeichnen. Das ist für mich das Besondere an der Innenarchitektur, dass man fühlt sich auch Klaudias Kater Leo wohl . unendlich viele Bereiche und Möglichkeiten hat, die Wünsche des Bauherrn umzusetzen.
Die Einrichtung Deiner Wohnung, in der ich zumindest einige fertiggestellte Zimmer fotografieren konnte, gefällt mir ausgesprochen gut. Wie würdest Du Deinen persönlichen Stil beschreiben? Was ist Dir bei der Einrichtung Deiner Wohnung wichtig?
Mein persönlicher Stil ist ein bisschen klassisch mit modernen Elementen gemischt, man könnte es auch "Moderne Klassik" nennen mit Naturmaterialien wie Leder und Holz kombiniert und auf jeden Fall elegant
Jetzt folgen noch einige eher private Fragen… Was würdest Du jetzt alternativ arbeiten, wenn Du nicht Architektin geworden wärst? Gab es da in Deiner Jugend auch einen anderen Berufswunsch?
Als Kind konnte ich mir vorstellen, Zahnärztin oder Tierärztin zu werden. Später habe ich mich dann für meinen heutigen Beruf entschieden.
Hast Du neben Deiner beruflichen Tätigkeit noch Zeit für Hobbies, Freizeitvergnügen oder Sport? Wenn ja - verrate uns bitte wofür....
Bis vor wenigen Jahren hatte ich tatsächlich noch mehr Freizeit zum Beispiel war Reiten damals ein Hobby von mir Ich besaß ein eigenes Pferd und bin fast jeden Tag mit ihm ausgeritten. Seit dem Tod meines Pferdes ist die Arbeit mehr und mehr zu meinem Hobby geworden. Deshalb werde ich mir auch kein neues Pferd mehr zulegen. Ich beschäftige mich tagsüber eigentlich ausschließlich mit Immobilien und meinen Projekten.
Besonders in Berufen wie Deinem, die eine hohe Konzentration und zeitliche Flexibilität erfordern, empfiehlt es sich, ab und an abzuschalten und neue Kräfte zu sammeln. Was tust Du selbst um fit zu bleiben?
Das ist tatsächlich nicht ganz einfach Es gibt manchmal Tage, an denen ich nicht mehr weiß, wie ich heiße (lacht) Da gibt es dann so viel zu erledigen viele Baustellen zu besuchen und am Ende ist das alles noch in den Leistungsverzeichnissen zu beschreiben, Fotos sind abzulegen und zu beschriften Dann gibt es außerdem Tage, an denen ich möglichst ausschließlich an Projekten am PC arbeitete
Das trenne ich: An den Tagen mit Baustellenbesuch kümmere ich mich anschließend um die LV-Dokumentation und Rechnungsprüfung, aber an diesen Tagen zeichne ich nicht Wenn ich dagegen Projekte entwickle und zeichne, kommen möglicht nur Tage ohne Baustellenbesuche und andere Tätigkeiten in Frage, denn da muss ich tagsüber konzentriert und ungestört arbeiten können
Aber zurück zur eigentlichen Frage: Im Winter fahre ich gerne
Ski und im Sommer reise ich mit meinem Mann häufiger für zwei, drei Tage zur Ostsee und dort treffen wir uns mit Freunden. Das lenkt mich auch etwas vom Alltag ab. Darüber hinaus achte ich auf ausreichend langen Schlaf und Entspannung und versuche, den Alltag möglichst ruhig und unaufgeregt zu meistern.
Woher schöpfst Du ganz allgemein Deine Inspiration?
Das ist ganz unterschiedlich. Manchmal entdecke ich in einem Fliesen-Geschäft eine neue Kollektion, die mir gefällt und dann stelle ich mir vor, wie ein Badezimmer mit diesen Fliesen aussehen könnte... Manchmal kommen - wie ich schon erwähnt hatte - die Bauherren mit eigenen Ideen und ich lasse mich durch ihre Vorschläge und Bilder inspirieren.
Am häufigsten ist jedoch, dass ich in einem leeren Raum stehe und mir diesen Raum gedanklich renoviert und eingerichtet vorstelle - ich sehe bereits vor meinen geistigen Augen, wie er am Ende aussehen soll. Insofern werde ich meistens durch leere Räume inspiriert.
Manchmal auch durch eine Grundrisszeichnung. Dann stelle ich mir bereits vor, wie man die Räume ordnen und aufteilen kann. Ich bin jedoch der Meinung, dass diese Fähigkeit eine Grundvoraussetzung ist, um überhaupt als Architekt arbeiten zu können.
Worin unterscheiden sich für Dich die Stadt Görlitz und ihr Umland von anderen Regionen in Deutschland und was macht das Leben hier für Dich persönlich besonders lebenswert? Das ist für mich nicht einfach zu beantworten, da ich noch nicht viele Städte und Regionen in Deutschland kennengelernt habe. Okay, ich war schon in Berlin und Hamburg und habe einige Male Dresden besucht. Dresden unterscheidet sich jetzt hauptsächlich durch die Größe von Görlitz. Für mich als Architektin bietet Görlitz aber die besten beruflichen Möglichkeiten und deshalb ist das Leben hier für mich besonders lebenswert.
Welche Wünsche für die Zukunft hast Du und vor allem: Gibt es bereits ein Projekt, das derzeit in Planung ist und auf das Du dich sehr freust?
Nun zunächst möchte ich weiter an neuen Projekten arbeiten. Ich freue mich, mit Bauherren zusammen arbeiten zu können, die meinen Stil zu schätzen wissen und zudem viel Wert auf eine gute Planung legen sowie auf Qualität und eine hochwertige Ausstattung. Ich habe ja bereits zuvor einige neue Projekte erwähnt, an denen ich derzeit arbeite und einige andere in Planung. Die aktuellen Projekte Moltkestraße 33 und Emmerichstraße 57 sind am Tag der offenen Tür am 18. Juni öffentlich zugänglich. Das sind wunderschöne Häuser, da kann ich einen Besuch unbedingt empfehlen.