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PORTRAIT RENÉ STAUD

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JAMES BOND & DB5

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Das Glück des Tüchtigen

René Staud

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Text: Joachim Fischer · Fotos: Maximilián Balázs

Die Fotografie ist das herausragende Leitmedium des 21. Jahrhunderts, prägend für dessen visuelle Kultur und Kommunikation. Dabei reicht die Bandbreite der Anwendungen vom privaten Schnappschussfoto mit dem Smartphone über die Reproduktion von Kulturgütern und das Imagefoto bis hin zur künstlerischen Bildproduktion. Einer, der sich in diesem Genre einen Namen erarbeitet hat, ist Fotograf René Staud.

Mit seinen opulenten Büchern dokumentiert Staud seine Arbeiten und reflektiert damit auch eindrucksvoll die wachsenden Ansprüche einer selbstbewussten Kundschaft, die verstärkt wieder das echte Foto wünscht

Mit über 35 Jahren Erfahrung im Bereich der Fotografie ist der Name René Staud untrennbar mit bedeutenden Marken der Automobilindustrie verknüpft. Seine aufwendigen Bildwelten dürften die öffentliche Wahrnehmung von Aston Martin, Mercedes-Benz und Porsche geprägt haben. Auch die Topmodelle der Marken Maserati, Audi, BMW, Bugatti und Mini lässt Staud in perfekter Inszenierung zeitgenössischer Kunst oder Architektur begegnen. Sein erstes fotografiertes Auto war der eigene VW Buggy aus dem Jahre 1971. Die Höhepunkte seiner Arbeiten waren zweifellos die fotografischen Schöpfungen zur Wiedergeburt der Marke Maybach und Landschaftskompositionen für Aston Martin in Grönland und Island.

Automobile zu fotografieren heißt, mit der Zeit zu gehen: Der gebürtige Stuttgarter René Staud gehört unbestritten zu den renommiertesten und international anerkanntesten Automobilfotografen. Heute sind immer noch Fahrzeuge seine bevorzugten Motive, inzwischen aber meist seltene Oldtimer. Kreativität, Selbstständigkeit, Flexibilität und Belastbarkeit sind Voraussetzungen für den Erfolg. Neben Fleiß gehört jedoch auch eine Portion Glück dazu. Was zu den unglaublichen Pirouetten im Leben des Grandseigneurs der Autofotografie geführt hat, muss man wohl als perfektes Zusammenspiel aus all diesen Komponenten bezeichnen.

Doch was ist das – „Glück gehabt“? Was ist Glück überhaupt? Darüber habe ich mit René Staud für diese Ausgabe von Retrowelt gesprochen. Wir sitzen hier im fast intimen Cafeteria-Bereich der Staud Studios, werden mit Cappuccino verwöhnt und fühlen uns inmitten von Kameras, Fotos und Erinnerungen ausgesprochen wohl. Wir sprechen über die Fotografie, aber nicht nur. Unser Gespräch wird schnell privat, immerhin kennen wir uns seit über 40 Jahren und haben viel miteinander erlebt. Dabei lässt sich festhalten: Wenngleich René Staud sich sein Glück vor allem erarbeitet hat, hat er es auch verdient. Er hat den Erfolg gesucht und sein Glück gefunden, hat es erkannt und festgehalten. Und ja, Glück ist auch immer ein sehr individueller Zustand, eine Empfindung. Nicht immer nur im Großen, wir sind auch mit „den kleinen Glücken“ zufrieden, wenn sich das große Glück nicht einstellt, wie es der deutsche Schriftsteller Theodor Fontane einst formulierte. Eine Aufgabe gelöst, eine Prüfung bestanden zu haben oder befördert worden zu sein – all das zähle ich zu den kleinen Glücken. Sind dann der berufliche Erfolg, eine glückliche Beziehung und Söhne, die das Erbe antreten, ein großes Glück?

Bei René Staud paart es sich augenscheinlich mit Können und darüber lässt sich doch glücklich sein. Und ist der tüchtige Fotograf diesmal der „Glückliche“? In der Regel ja, denn der „Tüchtige“ hat die Gabe, mit Widerwärtigkeiten fertig zu werden. Er nimmt die Hürden, wie sie kommen – und baut sie nicht zu einem unüberwindbaren Hindernis auf. Dennoch, selbst einem Optimisten wie Staud ist das Glück nicht in den Schoß gefallen. Er hat seit seiner Kindheit hart dafür gearbeitet, er wollte eine Chance, und hat sie genutzt. „Ob wir erreichen, was wir uns vornehmen, hängt stark vom Glück ab, aber das Wollen ist das einzig Wichtige, das wir selbst beeinflussen können.“ Doch hin und wieder musste sich auch René Staud eingestehen, Pech gehabt zu haben – was in seiner Definition nichts anderes war als die Abwesenheit von Glück. Er gesteht ein, bei mancher Entscheidung nicht immer eine „glückliche Hand“ gehabt zu haben. Glücklich, wer das erkennt und die nächste richtig trifft. Und: „Manch einer muss zu seinem Glück gezwungen werden.“

Manchmal passiert das Leben einfach. Gerade in der „Rushhour des Lebens“ zwischen Anfang 20 und Ende 40 passiert häufig in verschiedenen Lebensbereichen unheimlich viel und es stehen wegweisende Entscheidungen an. Durch die Vielfältigkeit an Themen und Möglichkeiten kann es dabei jedoch auch passieren, dass man sich selbst aus den Augen verliert und die berufliche Karriere vielleicht einfach so geschieht. Rene Staud hat rückblickend in diesen Lebensphasen wohl die richtigen Weggabelungen gewählt.

Der Volksmund sagt, das Glück sei mit den Tüchtigen. Und weiß doch längst: Es ist nur mit den Glücklichen

Bei all den Fotos für andere Personen, für Kunden und Kampagnen mag man die Abbildung des ersten Fotojobs (für Mercedes-Benz) fast übersehen

Die aufregendsten Autos, die schönsten Motive – und eben die Familie. Das ist es was bis heute gilt – und zählt.

Mit 15 Jahren der erste Fotoapparat, als Jugendlicher das Kennenlernen von Prof. Ferdinand Porsche, die Lehre im Fotolabor, Übernahme des ehemaligen Möbel Behr Fotostudios (eine unglückliche Fehlentscheidung!) –und die wegweisende Erfindung des Studioblitzsystems „Magicflash“. Soeben ist sein Lebenswerk, das Staud Studio, über Media Monks in das weltgrößte Werbenetzwerk integriert worden. Alles richtig gemacht und: Nochmals Glück gehabt! So verwundert es nicht, dass er sich nun entspannt zurücklehnen kann. Und wenn es nur in der eigen Cafeteria ist. „Wenn ich hier sitze und auf das Studio, das Erreichte, die Mitarbeiter und auf meine Söhne blicke“, so Staud, dann empfinde er eine große Dankbarkeit und sei so richtig glücklich.

Auch wenn sich die Werkzeuge der Fotografie verändert haben, ist eines geblieben: Staud besitzt immer noch die große Leidenschaft für herausragende Fotografie, anspruchsvolle Technik und profunde Beratung, für akribische Planung, ehrgeizige Ziele und viel Durchhaltevermögen. All das zeichnet René Staud aus. Kreativer und komplexer denn je. Glück gehabt – davon darf es ruhig etwas mehr sein.

Neben der Fotografie sind vor allem hochwertige Bildbände ein Steckenpferd von René Staud. Rund 100 Bücher hat er bisher mit gestaltet und herausgegeben. Stimmungsvoll die Sammlung von Kameras, Projektoren und anderen Accessoires, die sich über die Jahre hinweg angesammelt haben

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