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PSORIASIS-ARTHRITIS
Zwei neue Therapieoptionen im Fokus
Auf dem ACR Convergence 2021 gab es nach dem Feuerwerk der letzten Jahre vergleichsweise wenig Neues zur PsoriasisArthritis (PsA). Von Interesse war vor allem eine deutsche Studie, die randomisiert-kontrolliert die Frage adressierte, ob sich die Zugabe von Methotrexat (MTX) zu einem bDMARD, hier dem Interleukin (IL)-12/23-Inhibitor Ustekinumab, wirklich lohnt. Ein Update gab es zum IL-23-Inhibitor Risankizumab aus einer der Phase-III-Studien. Mit dem Tyrosinkinase (TYK)-2/Januskinase (JAK)-1-Inhibitor Brepocitinib wurde zudem mit gutem Erfolg ein neuartiges tsDMARD in einer Phase-II-Studie geprüft.
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Ustekinumab: MTX ohne Zusatznutzen
Bei aktiver PsA wird MTX oft als First-line-DMARD eingesetzt, dessen Rolle in einer Kombination mit einem bDMARD nach erforderlicher Therapieeskalation ist aber strittig. Deutsche Rheumatologen um Michaela Köhm, Frankfurt/M., designten deshalb ein randomisiertes, placebokontrolliertes Investigator Initiated Trial (IIT) zur Evaluation von Ustekinumab alleine oder in Kombination mit MTX (fortlaufend oder neu initiiert). Ziel war der Nachweis einer Nicht-Unterlegenheit in Bezug auf Arthritis (DAS28 in Woche 24) und der Vergleich der Wirksamkeit auf verschiedene PsA-Domänen. In der Studie wurden 173 Patienten mit aktiver PsA (TJC ≥4, SJC ≥4 und DAS28 ≥3,2) auf Ustekinumab plus MTX (n=87) oder Placebo (n=79) randomisiert mit Stratifizierung bezüglich ihrem vorherigen MTXStatus (MTX-vorbehandelt: verblindete Fortführung oder Austausch gegen Placebo; MTX-naiv: verblindete Initiierung von MTX oder Placebo). 41 % der Patienten waren Frauen, im Mittel ca. 48 Jahre alt, mit einem BMI von 29, SJC 8, TJC 12, DAS28CRP 4,5, DAPSA 36, PASI 2,6, 50 % mit Enthesitis (LEI ≥0) und etwa 22 % mit Daktylitis. Primärer Endpunkt war ein Nachweis der Non-Inferiorität der Ustekinumab-Monotherapie (mit einer Marge von 12,5 %) bezüglich des DAS28-ESR in Woche 24.
In Woche 24 ging der DAS28-ESR auf 3,1 (MTX) vs. 2,9 (Placebo) zurück, eine Nicht-Unterlegenheit der UstekinumabMonotherapie wurde nachgewiesen. Auch bezüglich anderer Parameter wie Psoriasis, Enthesitis oder Daktylitis waren in Woche 24 keine relevanten Unterschiede erkennbar. Innerhalb der Subgruppen beeinflussten weder die Initiierung noch der Entzug von MTX die Effektivität von Ustekinumab, so z. B. im ΔDAPSA bei MTX-vortherapierten Patienten 17,0 (MTX) vs. 15,5 (Placebo) und bei MTX-naiven 20,4 vs. 24,9. Die Kombination mit MTX bot 18 % mehr unerwünschte Ereignisse (UE) und die einzigen schweren Infektionen. Im Falle von Ustekinumab, dessen gute Effektivität in dieser IIT bestätigt wurde, beeinflusste also weder die Zugabe noch der Entzug von MTX dessen Wirksamkeit in puncto Arthritis, Enthesitis, Daktylitis, Haut, Lebensqualität und Funktion. (1) Für IL-17A- und IL-23-Inhibitoren dürfte wohl ähnliches gelten, bei TNFα-Inhibitoren könnte begleitendes MTX eine etwas größere Rolle spielen.
Anteil von Patienten (%) 80
70
60
50
40
30
20
10
0 67,6 60,9
54,6
44,6 Brepocitinib 30 mg QD (n=108) Brepocitinib 60 mg QD (n=110)
64,2 60,8
41,7 36,4 46,3 42,7 53,7 46,0
ACR20 ACR50 ACR70 MDA PASI 75 PASI 90
Risankizumab: Update zur IL-23-Inhibition
Nur kurz eingegangen sei auf den IL-23-Inhibitor Risankizumab, der als zweiter Vertreter dieser Substanzklasse nach Guselkumab zur Zulassung bei aktiver PsA ansteht. Evidenz hierfür hatten die auf dem virtuellen EULAR präsentierten 24-WochenDaten der Phase-III-Studien KEEPsAKE-1 und -2 geschaffen. Merav Lidar, Ramat Gan (Israel), stellte nun die Daten einer Subgruppenanalyse der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten KEEPsAKE-2-Studie vor. 443 Patienten mit aktiver PsA (SJC/TJC ≥5) und unzureichendem Ansprechen oder Unverträglichkeit von 1-2 bDMARDs (46,5 %) oder ≥1 csDMARD waren 1:1 auf s.c. Risankizumab 150 mg oder Placebo in Woche 0, 4 und 16 randomisiert worden. Der primäre Endpunkt eines ACR20-Ansprechens in Woche 24 wurde signifikant erreicht (51,3 vs. 26,5 %; p<0,001), ebenso alle sekundäre Endpunkte. Beim Vergleich der Patienten mit und ohne bDMARDVortherapie zeigte sich, dass eine frühere bDMARD-Therapie nur das allgemeine Ansprechen, nicht aber den relativen Vorteil von Risankizumab gegenüber Placebo beeinflusste. So betrug das ACR20-Ansprechen ohne/mit bDMARD-Vortherapie 56,3 vs. 36,6 bzw. 45,7 vs. 14,9 %, das PASI 90-Ansprechen 56,5 vs. 11,5 bzw. 53,4 vs. 8,9 %, eine minimale Krankheitsaktivität (MDA) erreichten 31,4 vs. 16,1 bzw. 19,0 vs. 5,9 %. Die geringsten relativen Unterschiede für Risankizumab ohne oder mit bDMARD-Vortherapie zeigten sich im Hinblick auf die Besserung von Haut, Enthesitis und Daktylitis. (2)
Brepocitinib: Neues Therapieprinzip ante portas?
Nachdem die JAK-Inhibition mit Tofacitinib und Upadacitinib Einzug in die PsA-Therapie gehalten hat, steht mit dem TYK2-Inhibitor Deucravacitinib bereits das nächste tsDMARD in den Startlöchern – die Phase-II-Daten waren ermutigend. Jetzt stellte ein internationales Team um Philip Mease, Seattle (USA), die Daten einer randomisierten, placebokontrollierten PhaseIIb-Studie zu dem oralen TYK-2/JAK-1-Inhibitor Brepocitinib vor, der zuvor bei Plaque-Psoriasis gute Ergebnisse gezeigt hatte. In der Studie wurden 218 erwachsene Patienten mit aktiver PsA mit unzureichendem Ansprechen bzw. Intoleranz von NSAR/DMARDs (stabile csDMARD-Dosis und <30 % mit AntiTNF-Vortherapie erlaubt) im Verhältnis 2:2:1:2 für 16 Wochen auf 1x täglich Brepocitinib 60 mg, 30 mg, 10 mg oder Placebo randomisiert, danach erfolgte eine 1:1-Umstellung auf Brepocitinib 60 oder 30 mg bis Woche 52. Primärer Endpunkt war das ACR20-Ansprechen in Woche 16.
Mit den beiden höheren Brepocitinib-Dosierungen wurde der primäre Endpunkt in Woche 16 mit 66,7 % (30 mg) bzw. 74,6 % (60 mg) versus 43,3 % unter Placebo signifikant erreicht (p<0,05). Selbiges galt für die sekundären Endpunkte ACR50 (48,3 und 44,1 vs. 10,4 %), ACR70 (26,7 und 23,7 vs. 0,7 %), MDA (35,0 und 35,6 vs. 3,0 %) und PASI 90 (33,3 und 53,9 vs. 12,2 %). Das Ansprechen setzte rasch binnen 4 Wochen ein, auch nach 52 Wochen blieben die Verbesserungen erhalten oder steigerten sich noch (Abb.). Auch Lebensqualität und Funktion zeigten sich klar verbessert, eine Resolution von Enthesitis und Daktylitis wurde ebenso häufiger erreicht. Bis Woche 16 zeigte sich ein akzeptables Sicherheitsprofil mit von JAK-Inhibitoren bekannten Effekten wie Herpes Zoster und Laborwertveränderungen (UE waren unter 30 und 60 mg häufiger als unter Placebo). Schwere kardiovaskuläre Ereignisse, venöse Thromboembolien oder Todesfälle traten nicht auf.
Von einer weiteren Evaluation von Brepocitinib in Phase-III ist auszugehen, die 30- und 60 mg-Dosierungen scheinen ähnlich effektiv zu sein, zumindest in Bezug auf Haut und Enthesitis wurde allerdings mit der höheren Dosis schneller ein hohes Ansprechen erzielt. (3) m
Quellen:
1 ACR Convergence: Poster L12 2 Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 0183 3 Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 0488
AXIALE SPONDYLOARTHRITIS Lohnt sich ein Drug-Monitoring bei Infliximab?
Bei der axialen Spondyloarthritis (axSpA) gab es eine Reihe von Untersuchungen zur Bildgebung und künstlicher Intelligenz im diagnostischen Setting, neue Therapiestudien waren aber Mangelware – so werden die Phase-III-Daten zum Januskinase (JAK)Inhibitor Upadacitinib aus der „Doppelstudie“ SELECT-AXIS 2 erst auf dem EULAR präsentiert. Potenziell praxisrelevant sind die Daten der randomisierten Open-label-Studie NOR-DRUM norwegischer Rheumatologen um Silje Watterdal Syversen, Oslo, zu einem therapeutischen Drug-Monitoring (TDM) von Infliximab.
In der 52-wöchigen Studie wurden 454 Patienten mit axSpA (n=138), PsA (n=53), rheumatoider Arthritis (n=79), Colitis ulcerosa (n=81), Morbus Crohn (n=66) und Psoriasis (n=37), die ≥30 Wochen auf Infliximab waren, im Verhältnis 1:1 auf ein proaktives InfliximabTDM (auf Serumspiegel von 3-8 mg/l adjustierte Dosen bzw. Intervalle) oder eine Infliximab-Standardtherapie (rein klinische Beurteilung) randomisiert.
Während in Teil A der Studie (Induktionsphase) ein proaktives TDM keinen Vorteil zeigte (1), verhielt sich dies in Teil B (Erhaltungsphase) anders. (2) Den primären Endpunkt einer anhaltenden Krankheitskontrolle ohne Verschlechterung (definiert gemäß dem jeweiligen Komposit-Score oder gemeinsamem Arzt/Patienten-Urteil) erreichten nach 52 Wochen 73,6 vs. 55,9 % der Patienten im TDM- und Standardtherapie-Arm (p<0,001). Besonders eklatant war der Unterschied bei axSpA- (79 vs. 58 %), aber auch RA-Patienten (69 vs. 55 %), während bei solchen mit PsA die Differenz gering war (68 vs. 64 %). Auch die Zeit bis zu einer Verschlechterung war länger im TDM- vs. StandardtherapieArm (Hazard ratio, HR 2,1). Bezüglich der Krankheitsaktivität oder PROs in Woche 52 waren ebenso wie bei unerwünschten Ereignissen (60 vs. 63 %) keine Unterschiede erkennbar. Die mittlere Infliximab-Dosis war in beiden Armen mit 4,8 mg/kg identisch, klinisch relevante Anti-Drug-Antikörper-Spiegel waren im TDM-Arm seltener (9 vs. 15 %). Ein klares Plädoyer für ein (doch recht aufwendiges) TDM bei TNFα-Inhibitoren oder spezifisch Infliximab (mit seinem breiten Dosierungs- bzw. Intervall-Spektrum) lässt sich aus diesen Daten nicht ableiten, bei axSpA ist es aber vielleicht doch eine Überlegung wert. (2) m
Quellen:
1 JAMA 2021; 325(17): 1744-1754 2 Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 1946
FAMILIÄRES MITTELMEERFIEBER Tocilizumab erstmals in Phase-II-Studie geprüft
Beim familiären Mittelmeerfieber (FMF) handelt es sich um das häufigste hereditäre periodische Fiebersyndrom, das mit schweren Organkomplikationen infolge einer Amyloidose assoziiert ist. Erlaubt Colchicin keine ausreichende Krankheitskontrolle, kommt in der Regel ein Interleukin (IL)-1-Inhibitor zum Einsatz. Deutsche Experten um Jörg Henes, Tübingen, prüften als Alternative den IL-6-Rezeptorinhibitor Tocilizumab in einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-II-Studie.
An 5 deutschen Zentren wurden 25 erwachsene FMF-Patienten (56 % weiblich, im Mittel 31 Jahre) mit mindestens einer bekannten Mutation im MEFV-Gen, aktiver Erkrankung und unzureichendem Ansprechen auf oder Intoleranz von Colchicin eingeschlossen. Als klinischer Score wurde das globale Arzturteil (PhGA) basierend auf einer 5-PunkteSkala herangezogen, beim Screening musste der PhGA >2 betragen. Die Patienten wurden im Verhältnis 1:1 auf i.v. Tocilizumab 8 mg/kg oder Placebo für 24 Wochen randomisiert. Bei unzureichendem Ansprechen nach 12 Wochen war open-label Tocilizumab ab Woche 16 möglich. Primärer Endpunkt war der Anteil von Patienten mit adäquatem Ansprechen in Woche 16, definiert als PhGA ≤2 plus normalisiertes ESR oder CRP plus normalisiertes Serum-Amyloid A (SAA). In Woche 16 hatten lediglich 2 Patienten unter Tocilizumab den primären Endpunkt erreicht gegenüber 0 unter Placebo (p=0,089). Die Differenz war primär auf die verfehlte Normalisierung der Laborwerte unter Placebo zurückzuführen, der Unterschied im PhGA war nicht signifikant.
In dieser ersten randomisierten, kontrollierten Studie zur Wirksamkeit von Tocilizumab bei aktivem Colchicin-resistentem FMF zeigte sich eine Überlegenheit gegenüber Placebo im primären Endpunkt im Sinne eines adäquaten Ansprechens. Zu einer Normalisierung der SAA-Werte kam es nur unter Tocilizumab. Angesichts der CRP-Normalisierung bei fast allen Tocilizumab-Patienten muss dessen Effektivität zunächst in einer größeren Studie bestätigt werden –dass diese Therapie einen ähnlichen Stellenwert wie IL-1-Inhibitoren erlangt, muss derzeit noch bezweifelt werden. m
Quelle: Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 0193
SYSTEMISCHE JUVENILE IDIOPATHISCHE ARTHRITIS Emapalumab effektiv bei therapierefraktärem MAS
Gerade bei Patienten mit systemischer juveniler idiopathischer Arthritis (sJIA) ist gehäuft mit einem Makrophagenaktivierungssyndrom (MAS) zu rechnen. Lässt sich dieses mit hoch dosierten Glukokortikoiden (GK) nicht kontrollieren, scheint nach den von Fabrizio De Benedetti, Rom (Italien), und Kollegen vorgestellten Ergebnissen einer internationalen Pilotstudie der i.v. zu verabreichende, gegen Interferon (IFN)γ gerichtete monoklonale Antikörper Emapalumab eine effektive Therapieoption zu sein.
In die einarmige Open-label-Studie eingeschlossen wurden 14 sJIA-Patienten (10 weiblich, im Mittel 11 Jahre) mit einem MAS gemäß den ACR/EULAR-Kriterien 2016 und Versagen auf Hochdosis-GK. Dies erhielten zunächst Emapalumab 6 mg/kg und dann fortgesetzt 3 mg/kg alle 3 Tage bis Tag 15 und 2x wöchentlich bis Tag 28. Die Studiendauer betrug 8 Wochen (mit Follow-up über 12 Monate), primärer Endpunkt war ein komplettes Ansprechen (keine klinische Zeichen gemäß Prüfarzt und Normalisierung MASassoziierter Laborwerte). 6 Patienten erhielten Emapalumab bis Tag 28, bei 7 wurde es infolge MAS-Remission früher abgesetzt. Emapalumab resultierte in einer raschen IFNγ-Neutralisierung, gezeigt anhand einer Reduktion des mit MAS assoziierten Chemokins CXCL9. 13 der 14 Patienten erreichten eine komplette Remission gemäß dem Studienprotokoll (bei 2 aber noch nicht in Woche 8), in einem Fall wurde diese aufgrund eines zu hohen LDH-Spiegels verfehlt. In Woche 8 konnten GK bei allen Teilnehmern reduziert werden, bei 12 um ≥50 %, bei 8 auf ≤1 mg/kg/Tag. Während das MAS mit Emapalumab gut kontrolliert werden konnte, bedurfte es aber stets zusätzlich einer effektiven Therapie der sJIA (in 10 Fällen mit Anakinra). Emapalumab wurde jenseits einer CMV-Reaktivierung, die mit einer antiviralen Therapie beherrscht wurde, gut vertragen und musste in keinem Fall sicherheitsbedingt abgesetzt werden. Alle Patienten überlebten, es kam nur zu einer erneuten MAS-Episode 12 Monate nach der letzten Emapalumab-Dosis.
Mit Emapalumab lässt sich somit bei guter Sicherheit eine effektive Kontrolle auch eines Hochdosis-GK-refraktären MAS erreichen. Überdies stützen die Ergebnisse die pathogenetische Rolle von IFNy beim MAS in sJIA-Patienten und den Nutzen von dessen Neutralisierung. m
GICHTARTHRITIS
Harnsäuresenkende Therapien: Alte Bekannte und ein neuer Kandidat
Eine effektive harnsäuresenkende Therapie (ULT) mit in der Regel Allopurinol oder Febuxostat ist der Eckpfeiler im Management der Gichtarthritis, möglichst, wie von ACR und EULAR empfohlen, in Form eines Treat-to-target (T2T)-Ansatzes. US-amerikanische Rheumatologen um James O'Dell, Omaha, verglichen nun in einer großen randomisierten, doppelblinden Nicht-Unterlegenheitsstudie STOP-Gout die Effektivität und Sicherheit von Allopurinol und Febuxostat im Rahmen einer T2T-Strategie. Auch wenn sich beide Medikamente als hocheffektiv erwiesen, sind Alternativen willkommen. Mit Tigulixostat lieferte ein neuartiger Nicht-Purin selektiver Xanthinoxidase-Inhibitor (XOI) gute Ergebnisse in einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-II-Studie, die Robert Terkeltaub, San Diego (USA), und Kollegen als Late-breaking Poster präsentierten.
In der 72-wöchigen Non-Inferioritätsstudie wurden 940 GichtPatienten mit einem Serum-Harnsäurespiegel ≥6,8 mg/dl im Verhältnis 1:1 auf Allopurinol (mit angemessener Titration) oder Febuxostat randomisiert. Rekrutiert wurden Patienten mit persistierender Hyperurikämie trotz Allopurinol (≤300 mg/dl), über ein Drittel davon wiesen eine chronische Niereninsuffizienz (CKD) Stadium 3 auf.
Allopurinol und Febuxostat auf Augenhöhe
Die Studie umfasste drei Phasen: 1. Titration der harnsäuresenkenden Therapie (HST) von Woche 0-24, 2. Erhaltung von Woche 25-48 und 3. Beobachtung mit weiter stabiler HST von Woche 49-72. Allopurinol und Febuxostat wurden von zu Beginn 100 bzw. 40 mg/Tag auf max. 800 bzw. (120)/80 mg/Tag gesteigert. Bis Anfang der Phase 3 erhielten die Patienten eine antientzündliche Prophylaxe gemäß der ACR-Leitlinie 2012. Primärer Endpunkt war der Anteil von Patienten mit ≥1 Flare während Phase 3 (prä-spezifizierte Marge für Nicht-Unterlegenheit <8 % Unterschied). Es wurden ferner die Effektivität und Verträglichkeit beider Therapien bei Patienten mit CKD-Stadium 3, der Patientenanteil mit einem Serum-Harnsäurespiegel <6 mg/dl (Ende Phase 2) und schwere unerwünschte Ereignisse (SUE) erfasst. In beiden Armen brachen ca. 20 % der Patienten die Studie vorzeitig ab.
Während Phase 3 hatten unter Allopurinol und Febuxostat 35 vs. 42 % der Patienten ≥1 Gichtanfall (p<0,001 für Nicht-Unterlegenheit), bei den CKD-Patienten in Stadium 3 waren es 29,9 vs. 43,8 % (p<0,001). 81,1 vs. 78,4 % erreichten unter Allopurinol bzw. Febuxostat den Zielwert <6 mg/dl (p=0,34). Keine relevanten Unterschiede gab es auch hinsichtlich der Rate von SUE inklusive kardiovaskulärer Komplikationen bei Patienten mit oder ohne CKD.
Somit zeigt sich im Rahmen einer T2T-Strategie eine vergleichbare, sehr gute Wirksamkeit beider HST mit Erreichen des Zielwerts in ca. 80 % der Fälle nach einem Jahr. Auch bezüglich des kardiovaskulären Risikos und dem Einsatz beider Therapien bei fortgeschrittener CKD zeigt sich eine jeweils gute Sicherheit in der praktischen Anwendung in dieser großen kontrollierten Studie – das größere Problem dürfte unabhängig von der gewählten HST das Umsetzen der T2T-Strategie im Praxisalltag außerhalb einer Studie sein. (1)
Erste Studiendaten zu Tigulixostat
Unabhängig davon, ob es für die HST noch eines weiteren selektiven XOI bedarf, wurde mit Tigulixostat ein solcher nun in einer Phase-II-Dosisfindungsstudie getestet. Hierin wurden Gicht-Patienten mit einem Serum-Harnsäurespiegel ≥8,0 bis ≤12,0 mg/dl nach vorheriger Washout/Prophylaxe-Phase für 12 Wochen im Verhältnis 1:1:1:1 auf 1x täglich Tigulixostat 50 mg (n=34), 100 mg (n=38) oder 200 mg (n=37) oder Placebo (n=34) randomisiert (plus Prophylaxe mit 1x 0,6 mg Colchicin/ Tag). Primärer Endpunkt war ein Serum-Harnsäurespiegel <5,0 mg/dl in Woche 12, sekundäre Endpunkte waren das Erreichen des Zielwerts <6,0 mg/dl und Flares in Woche 12 sowie die Sicherheit bis Woche 14.
Nach 12 Wochen waren alle drei Dosierungen im primären und sekundären Endpunkt (5,0 bzw. 6,0 mg/dl) Placebo signifikant überlegen (je p<0,0001) mit klarem Wirkeffekt ab Woche 2. Einen Serum-Harnsäurespiegel <5,0 mg/dl bzw. <6,0 mg/dl in Woche 12 erreichten mit Tigulixostat 50, 100 oder 200 mg 47, 45 und 62 % bzw. 59, 63 und 78 % der Patienten (mit Placebo jeweils 3 %). Die maximale Harnsäuresenkung betrug 47, 51 und 67 vs. 11,2 % vom Ausgangswert. Zu Gichtanfällen kam es bei 12,9, 13,2, 10,8 und 9,4 % der Patienten, was nach 12 Wochen aber noch wenig aussagekräftig erscheint. Es wurden keine schweren, mit Tigulixostat assoziierten Ereignisse dokumentiert, die Rate therapieassoziierter Ereignisse war in allen vier Studienarmen vergleichbar. Angesichts der bislang guten Sicherheit und Wirksamkeit erscheint eine weitere Evaluation dieses neuen XOI durchaus sinnvoll. (2) m
Quellen:
1 Arthritis Rheumatol 2021; 73 (Suppl 10): Abstr. 1900 2 ACR Convergence 2021: Poster L05