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Väterkram: Ohne Kind ist auch nicht schlechter

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Ohne Kind ist auch nicht schlechter

Für ein besseres Verständnis zwischen Eltern und kinderlosen Erwachsenen

Foto: lolostock/istock.com Nicht nur Eltern mit kleinen Kindern leiden unter Schlafmangel!

Kolumnen wie diese für Kinderkram zu schreiben, ist für mich ein besonderes Privileg. Nicht nur, weil ich Dinge thematisieren kann, die mir wichtig sind, sondern weil ich so eine Möglichkeit habe, mich mit anderen Eltern darüber auszutauschen. Teile meines Jobs bestehen ansonsten darin, für Redaktionen zu schreiben, die irgendwo in Deutschland, Österreich oder der Schweiz liegen und die ich nie persönlich kennengelernt habe. Andere Teile lassen sich schwer in einem Satz zusammenfassen. Wenn ich aber in Kiel und Umgebung sage, ich schreibe für Kinderkram, dann nicken immer alle. Übrigens auch Menschen ohne Kinder, die die Zeitschrift scheinbar häufiger lesen als mir klar war. Gewöhnlich komme ich mit anderen Eltern über meine Texte ins Gespräch, die mir erzählen, dass sie die eine oder andere Situation auch schon erlebt haben, oder diese und jene Meinung nicht teilen würden. Aber ab und an erzählen mir auch kinderlose Menschen, dass sie im Wartezimmer oder anderswo gerne in Kinderkram lesen und so die Welt der mit ihnen befreundeten Eltern besser zu verstehen lernen. Wir Eltern sollten uns ebenfalls um mehr Verständnis bemühen. Meiner Erfahrung nach wissen beide Personengruppen auch deswegen so wenig voneinander, weil sie gesellschaftlich weit auseinanderfallen und gegeneinander ausgespielt werden. Kinderlose Menschen müssen sich anhören, sie seien wohl karrieregeil und egoistisch, würden das Rentensystem torpedieren und müssten sich im Alter darauf einstellen, sehr einsam zu sein. Eltern hingegen gelten schnell als zu kindfixiert, monothematisch und herablassend. Dabei ist man ohne Kind weder zwangsweise ichfixierter, noch mit Kindern automatisch ein besserer Mensch. Wir reden einfach nur alle zu wenig miteinander und entwickeln zu wenig Empathie für die jeweilige Gegenseite. So ist mir in meinen 13 Jahren als Elternteil außer kinderlosen Lehrerinnen und Lehrern noch nie jemand ohne Kinder begegnet, der sich wirklich vorstellen konnte, was es bedeutet, immer in den Schulferien Urlaub nehmen zu müssen. Oder wie viel es wirklich kostet, mit vier Kindern zu verreisen. Ich versuche dann immer zu erklären, dass das wie Verreisen mit vier Mitbewohnern sei, die man zu allem einlädt. Meistens ist das Staunen dann sehr groß. Eltern wiederum, und das schließt mich mit ein, neigen dazu die Erfahrungen von kinderlosen Menschen unterzubewerten. Besonders fällt mir das beim Thema Schlafmangel auf. Ich kann gar nicht aufzählen, wie oft ich schon mitgehört habe, wie Eltern jemandem ohne Kinder in seinen Satz über akute Müdigkeit gefahren sind: „Was, duuuuu bist müde?! Warte erst mal ab bis du ein Kind hast, das zahnt/schreit/krank ist/nachts alle 2 Stunden gestillt werden will/etc. So als wäre es unvorstellbar, dass Menschen ohne Kinder Schichtdienst haben, an Schlafmangel leiden oder durcharbeiten müssen, um einen Termin zu halten. Müde sind immer nur Eltern. Als meine Großen noch sehr viel kleiner waren, habe ich das vermutlich auch ein paar Mal gebracht. Allerdings ist mir da auch aufgefallen, wie häufig Eltern von ihren kinderlosen Freunden vorgeworfen wird, sie würden „immer nur über die Kinder reden“. Während sich die meisten Eltern einfach nur in den Küchen ihrer Freunde mit verquollenen Augen an einen Kaffee geklammert haben und froh waren, mal über etwas anderes als Kinder zu sprechen. Wir reden nicht gut miteinander. Und wie in einer scheiternden Beziehung neigen Menschen mit Kindern und Menschen ohne zu oft dazu, das Beste vom jeweils anderen anzunehmen und zu seinen Gunsten zu rechnen. Dass die Deutsche Bahn eine Mutter mit drei Kindern automatisch in den Ruhebereich gebucht hat, weil das Kinderabteil schon voll war, darauf

kommen die wenigsten. Und das es in Ordnung sein kann, wenn es Einrichtungen gibt, in denen Kinder nicht stattfinden sollen, will Eltern auch nicht so recht einleuchten. Weil es im Gegenzug zu wenig Möglichkeiten mit Kind gibt. Aber wenn wir das alle miteinander angehen, ob nun mit oder ohne Kind, dann kriegen wir das sicher hin.

Nils Pickert ist vierfacher Vater, Journalist und Feminist. Jeden Monat lässt er uns an seiner Gedankenwelt teilhaben.

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Carl-Otto Heer

Rechtsanwalt und Notar Fachanwalt für Familienrecht

Frank Beckröge

Rechtsanwalt und Notar Mietrecht und Verkehrsrecht

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