Kinderkram 211

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Lesen & Hören

Drei Fragen an Christian Hanne

Was mir von dir bleibt

Christian Hanne ist Vater, Autor und Blogger. Auf www.familienbetrieb.info sowie in Büchern und Kolumnen für verschiedene Medien schreibt er über den normalen Alltagswahnsinn mit Kindern und Kegel.

Geschichten verbinden Menschen über den Tod hinaus

Womit hattest du absolut nicht gerechnet als du Vater wurdest? Das waren zwei Sachen. Zum einen diese unfassbare Müdigkeit, die das Zusammenleben mit einem Säugling mit sich bringt. Davon liest du zwar vorher immer mal wieder, aber du musst sie selbst erlebt haben, um sie nachvollziehen zu können. Jede Nacht wirst du mehrfach geweckt, so dass dein ganzer Körper irgendwann nach Schlaf schreit. Am Foto: Laurin Schmidt nächsten Tag im Büro starrst du dann mit dem lebensfrohen Gesichtsausdruck eines Zombies auf deinen Bildschirm und sehnst dich nach der nächsten Mitarbeiterbesprechung, in der du ungestört wegdämmern kannst. Zum anderen war da dieses Wechselbad der Gefühle, die ein Neugeborenes in einem auslösen kann. Tagsüber sitzt du mit deinem Baby auf dem Sofa und möchtest eigentlich nie wieder etwas anderes tun, als es verzückt anzuschauen. Nachts verwandelt sich diese schier grenzenlose Liebe in eine noch grenzenlosere Verzweiflung, weil sich dein Kind in einen rotgesichtigen, dauerbrüllenden Dämon verwandelt hat, dessen einziges Ziel darin besteht, die eigenen Eltern durch systematische Schlaffolter in den Wahnsinn zu stürzen. Am nächsten Morgen schaust du dann auf dein selig schlummerndes Kindchen, durch deinen Körper fließen mehr Glückshormone als auf dem Oktoberfest Bier und alle Qualen der letzten Stunden sind vergessen. Bis dann abends wieder die Nacht anbricht. Was hast du dich damals nicht getraut zu fragen? Eigentlich nichts. Aber nicht, weil ich ein allwissender Erstlingsvater war. Ich bin einfach sehr naiv in die Elternschaft gegangen. Deswegen hatte ich keine Fragen, sondern dachte meistens „Es wird schon gut gehen.“ Ist es ja auch. Die Kinder sind jetzt 12 und 15 und weisen weder größere Verhaltensauffälligkeiten auf, noch wurden sie bisher von der Polizei nach Hause gebracht, weil sie randaliert oder gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen haben. Welchen ultimativen Tipp möchtest du an dieser Stelle werdenden Vätern auf den Weg geben? Eigentlich fühle ich mich in meinem eigenen täglichen Scheitern als Vater nicht kompetent, um anderen Vätern irgendwelche Ratschläge zu geben. Das hat mich trotzdem nicht daran gehindert, einen Ratgeber für werdende Väter zu schreiben. Meine drei wichtigsten Tipps daraus lauten: Erstens, habt keine Panik: Ihr seid nicht die ersten Männer, die daran scheitern, perfekte Väter zu sein. Also entspannt euch. Es wird schon schiefgehen. Zweitens, seid ein Team: Eure Partnerinnen haben von der Kindersache genauso wenig Ahnung wie ihr. Aber zusammen schafft ihr das mit der Kindererziehung. Oder ihr vermasselt es gemeinsam. Und drittens, sucht keine Patentrezepte: Jedes Kind ist anders und hat andere Bedürfnisse. Irgendwann findet ihr schon heraus, was für eure Kinder funktioniert. Und noch häufiger, was nicht funktioniert. „Hilfe, ich werde Papa!“ von Christian Hanne, arsEdition 2019, 10,- €

An der Schanze 44 a 24159 Kiel-Friedrichsort Tel. 0431 – 39 16 34

Öffnungszeiten: täglich ab 11 Uhr Hausgemachtes Eis Spezialitäten: Nussriese, Pflaumenkuss, Apfeltraum

www.eis-neitsch.de

Der Jugendroman von Adam Silvera beschäftigt sich auf ganz eigene Weise mit den Problemen des Lebens und des Erwachsenwerdens, mit der ersten Liebe und dem Umgang mit dem Tod eines geliebten Menschen. Auf zwei Zeit­ ebenen wird die Geschichte aus Sicht des jungen Griffin erzählt, der sich in einem einseitigen Zwiegespräch mit seinem kürzlich verstorbenen Exfreund Theo befindet. In der Gegenwart lässt er den Leser am Schmerz des Verlustes teilhaben, aber in Rückblenden erzählt er auch die Geschichte der ersten großen Liebe, die über eine gemeinsame Leidenschaft für das Puzzeln entstand. Im Verlauf des Buches stellt Griffin fest, dass man Freundschaft und Liebe manchmal an Orten findet, wo man es nicht erwartet hätte. Adam Silvera hat mit „Was mir von dir bleibt“ einen Roman geschrieben der zum erneuten Lesen einlädt. Mit seinem flüssigen und humorvollen Schreibstil gelingt es, die Gedanken und Gefühle, die mit der ersten Liebe einhergehen, einzufangen, sodass man sich darin wieder erkennen kann. Auch der Umgang mit ernsten Themen wie Depression und Zwangsstörungen ist einfühlsam, respektvoll und realistisch – und auch nachvollziehbar geschrieben. Obwohl es um die Liebe zwischen zwei jungen Männern geht, wird das immer noch aktuelle Problem der Homophobie nur kurz angeschnitten; doch das ist gut so, da es nicht das entscheidende Thema der Geschichte ist. Es geht um Liebe und Freundschaft, um Trauer und Verlust, Wut und Schuldgefühle, Verarbeitung und Selbstfindung. Kurz gesagt, es geht ums Leben, das auf einfühlsame Weise von allen Seiten betrachtet wird und sich manchmal eben doch wie ein unvollendetes, verwirrendes Puzzle anfühlt. Stefanie Ahrens „Was mir von dir bleibt“ von Adam Silvera Arctis 2019, ab 14 J., 18,- €

Praxis für Sprachtherapie Sprachheilpädagogin M.A.

Tel. 0431 / 220 28 00 Mobil: 0176 / 32568251 Sophienblatt 1 24103 Kiel www.sprachtherapie-uliczka.de

Kinderkram Nr. 211 · Juli/August 2019


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