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Donnerstag, 18. Dezember 2014

Ausgabe für Luxemburg Diese Beilage erscheint exklusiv im Die monatlichen Beilagen erscheinen in verschiedenen Sprachen in führenden internationalen Tageszeitungen: The Daily Telegraph, Le Figaro, The New York Times, La Repubblica and El Pais.

F Ü R D E N I N H A LT I S T AU S S C H L I E S S L I C H D I E R E DA K T I O N VO N R U S S I A B E YO N D T H E H E A D L I N E S ( R U S S L A N D) V E R A N T WO R T L I C H .

WIRTSCHAFT IN BEDRÄNGNIS Die politischen Spannungen rund um die Ukraine haben eine gefährliche Sanktionsspirale auf beiden Seiten entfesselt. Den Schaden trägt die Wirtschaft. Ist die Absage an South Stream ein vorläufiger Höhepunkt?

Das Jahr im Rückblick: Russlands Siege, Russlands Rückschläge

SEITEN 3 UND 6

RUSSISCHER WINTER VON SEINER SCHÖNSTEN SEITE

LORI/LEGION MEDIA

Banja, Heliskiing oder eine Troika-Fahrt über den Goldenen Ring. Man muss nicht immer frieren in der kalten Jahreszeit. Es reicht schon, das richtige Gegenrezept zu finden. RBTH zeigt, wie es am besten geht. SEITE 8

RUSSISCHES NEUJAHR IN LUXEMBURG: FEIERN MIT SINN Jedes Jahr aufs Neue veranstaltet der Russian Club of Luxembourg einen prachtvollen Ball zum Neujahrsfest. Dabei geht es nicht nur um Glorie und Glamour einer feinen Gesellschaft. SEITE 7

AP

Die Winterolympiade in Sotschi war bei berechtigter Kritik an den enormen Kosten ein voller Erfolg. Dennoch hat es ausgerechnet ein Pannenbild von der allseits gelobten Eröffnungsfeier zu den Symbolfotos der Spiele geschafft – die Blume verwandelte sich nicht in den fünften Ring. Genau wie in Sotschi hat Russland im scheidenden Jahr Siege gefeiert und Rückschläge erlitten, von denen nicht wenige

WER WIR SIND RUSSIA BEYOND THE HEADLINES IST EIN MEHRSPRACHIGES INFORMATIONSANGEBOT ÜBER RUSSLAND UND DESSEN ROLLE IN DER WELT. ES BIETET ARTIKEL ZU RUSSISCHER POLITIK, DEM GESCHÄFTSLEBEN, KULTUR UND WISSENSCHAFT, DARÜBER HINAUS ANALYTISCHE BEITRÄGE UND REVIEWS FÜR EINE BREITE LESERSCHAFT UND FÜR EXPERTEN.

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hausgemacht waren. Die Wirtschaft ächzt unter dem Druck der Sanktionen. Die Inflationsrate ist gestiegen und der Rubelkurs befindet sich im freien Fall. Die Opposition ist drei Jahre nach der größten Protestwelle dank Zerstrittenheit und staatlichem Druck in ihren Dornröschenschlaf zurückgefallen. RBTH zeigt die wichtigsten Momente für Russland auf.

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DIE NÄCHSTE AUSGABE erscheint am 6. Februar 2015


Donnerstag, 18. Dezember 2014

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Eine Beilage des Rossijskaja Gaseta Verlags, Moskau

POLITIK

OPPOSITION Im Winter 2011 herrschte Aufbruchstimmung – heute ist davon nicht mehr viel zu spüren

Drei Jahre nach dem Sturm Ende 2011 gab plötzlich die Straße den politischen Ton in Russland an. Der Kreml schien zunächst machtlos gegen die vereinte Opposition. Am Ende ging er jedoch als Sieger hervor. JEWGENIJ LEWKOWITSCH

Es war wohl der heißeste Dezember in Russlands jüngster Geschichte. Zumindest politisch gesehen. Ende 2011 ging eine Welle des Protests durch das Land. In Moskau waren bis zu 150 000 Menschen auf der Straße. Drei Jahre später sieht es ganz anders aus: Großdemos sind eine Seltenheit geworden, und Putins Zustimmungswerte befinden sich wieder in komfortabler Höhe. Die Anführer der Oppositionsbewegung wurden dagegen faktisch „neutralisiert“: Einige von ihnen sitzen im Gefängnis, andere haben das Land verlassen, wieder andere wurden in die Staatsduma gewählt. Wie ist es der Regierung gelungen, die Opposition zu zerschlagen, die, wie es damals schien, den Kreml so stark in Bedrängnis bringen konnte? Zum Ausgang der Dumawahlen verkündete am Abend des 4. Dezembers 2011 ein staatlicher Fernsehkanal, der gerade über die ersten Hochrechnungen informierte, dass die regierende Partei Einiges Russland 146 Prozent der Wählerstimmen gewonnen habe. Dabei handelte es sich zwar um einen peinlichen Fehler – der wurde jedoch zum ironischen Symbol für die Zweifel an der Gültigkeit der Wahlen. So holte in Tschetschenien Einiges Russland 98,6 Prozent der Stimmen und in Moskau 46,6 Prozent statt der 30 prognostizierten in Exit-Poll-Umfragen. Diese laut Opposition absurden Ergebnisse empörten viele Wählerinnen und Wähler. Lange vor dem Urnengang hatte die oppositionelle Bewegung Solidarnost eine Protestaktion für den Tag nach der Wahl angemeldet. Dass sich am Ende ganze 15 000 Menschen versammeln, um gegen die Wahlergebnisse zu protestieren, hätte jedoch niemand für möglich gehalten. „Wir hatten nicht damit gerechnet, dass so viele kommen würden, waren geradezu überrumpelt und wussten nicht, wie wir dieser Flut organisatorisch Herr werden konnten“, erinnert sich Boris Nemzow, ehemaliger VizePremier und einer der Anführer von Solidarnost.

Die Geburtsstunde der oppositionellen Bewegung Die Massendemonstration vom 5. Dezember 2011 – an diesem Tag wurde quasi die neue oppositionelle Koalition zwischen Liberalen, Linken und Nationalisten geboren – endete mit dem improvisierten Versuch, zum Kreml zu „spazieren“. Die Polizei riegelte die Straßen ab und löste die Demonstration in entschiedener Weise auf. Mehr als 3000 Teilnehmer wurden verhaftet, Alexej Nawalny und Ilja Jaschin 15 Tage unter Arrest gestellt. Am nächsten Morgen rückten in Moskau Truppen des Innenministeriums aus, doch mit diesem Schritt verärgerte die Regierung die Bürger umso mehr, sodass eine Woche später wieder etwa 100 000 Menschen auf die Barrikaden gingen, und zwar auf dem zentralen Bolotnaja-Platz. Und bereits an jenem 10. Dezember kam es zu einer ersten ernsthaften Spaltung im Kreis der Organisatoren. Die Koalition aus Oppositionellen hatte zuvor eine Protestaktion geplant, die am Revolutionsplatz nur 300 Meter von den Mauern des Kremls entfernt stattfinden sollte. Die Stadtverwaltung hatte den Antrag für die Demonstration jedoch unter dem Vorwand abgelehnt, dass an diesem Tag der Platz nicht zur Verfüngung stünde: Es wären Instandhaltungsarbeiten an unterirdischen Leitungen geplant. Weil ein Teil der Organisatoren den Kompromiss mit der Stadtregierung suchte, ein anderer auf den Revolutionsplatz als Demonstrationsort bestand, kam es zum Konflikt und offenen Streit. Am Ende setzten sich die Gemäßigten durch, und die Großkundgebung fand, wie von Moskaus Offiziellen gewünscht, auf dem Bolotnaja-Platz statt. Der Platz liegt gegen-

JURIJ KOZIREW / NOOR

FÜR RBTH

Boris Nemzow, Sergej Udalzow und Alexej Nawalny (von links nach rechts) gehörten zu den Anführern der russischen Protestbewegung.

ZITAT

«

Wir gingen auf die Straße, um etwas zu bewegen, und trafen auf Gleichgültigkeit. Nicht nur bei den Politikern.»

über dem Kreml am anderen Ufer der Moskwa und war an dem Tag kompett abgeriegelt. „Russlands Demokraten hatten sich schon früher erfolglos versucht zu einigen. Bei den Nationalisten stand stets die Hälfte der Anführer im Verdacht, mit dem Inlandsgeheimdienst FSB zu kooperieren“, meint Andrei Kozenko, Journalist von meduza.io, einer unabhängigen Nachrichtenseite im Netz. Kozenko, der die Oppositionsführer damals begleitet hat, erinnert sich, welch unterschiedlicher Meinung die Menschen auf dem Bolotnaja-Platz waren. „Jeder hatte eine andere politische Alternative zu Putins Programm im Gepäck.“

Der endgültige Bruch JELENA BOBROWA DEMONSTRANTIN

Nach dem 10. Dezember verließ Limonows Partei Anderes Russland die inoffizielle Straßenkoalition. Sergej Udalzow, ein weitere Anführer der Linken, war zwar ebenso unzufrieden mit der damaligen Situation, doch er blieb bei dem Bündnis, das kurze Zeit darauf den „Koordinationsrat der russischen Opposition“ gründete. Dieser rief seine Anhänger mehrmals pro Monat zu unterschiedlichen Aktionen auf, darunter Menschenketten und Auto-Demos. Höhepunkt der Protestaktionen war der 24. Dezember 2011. An dem Tag fand die größte Demonstration mit rund 150 000 Teilnehmern statt. Doch der Eifer der Demonstranten hielt nicht lange an, sodass der Protest der Opposition schnell an Kraft verlor. „Wir begannen zu realisieren, dass die Demos nutzlos waren“, sagt Fußballer Nikita Denisov, der sich an ähnlichen Protesten in Sankt Petersburg beteiligte. „Die Leute waren enttäuscht“, erinnert sich die Moskauerin Jelena Bobrowa, die bei den Bolotnaja-Demos dabei war. „Wir gingen auf die Straße, um etwas zu bewegen, und trafen nur auf Gleichgültigkeit. Nicht nur bei den Politikern, auch bei Freunden und Verwandten.“ Ein letztes Aufbäumen stellte die Kundgebung am Vorabend der Inauguration Putins nach der gewonnen Wahl am 6. Mai 2012 dar. Es kamen wieder Zehntausende, doch anders als bei vormaligen Aktionen endete die Demo in chaotischen Straßenkämpfen. Während die Ordnungshüter von einem Versuch, den Platz zu besetzen und zum Kreml durchzubrechen, sprachen, kritisierten Oppositionelle willkürliche Gewalt und Provokationen.

3 HÖHEPUNKTE DER PROTESTE 5. Dezember Der Tag nach der Dumawahl 2011 gilt als Geburtsstunde der Massenproteste, als sich zu einer Kundgebung in Moskau überraschend 15 000 Menschen zusammenfanden.

24. Dezember Die Kundgebung auf dem Sacharow-Prospekt, zu der weit mehr als 150 000 Menschen gekommen sind, gilt als Höhepunkt der Protestbewegung.

6. Mai Am Tag vor Putins Amtseinführung fand in Moskau die letzte Großdemo auf dem BolotnajaPlatz statt. Es kam zu Straßenschlachten, an denen sich Polizei und Opposition gegenseitig die Schuld geben.

Biografien

Alexej Nawalny

Sergej Udalzow

Boris Nemzow

Der 38-Jährige machte als Gründer mehrerer national-demokratischer Bewegungen von sich reden, bevor er sich auf das Thema Korruption einschoss. Im Wahljahr 2011 prägte er den Slogan „Partei der Gauner und Diebe“ für die Kreml-Partei Einiges Russland. Er steht heute wegen Betrug unter Hausarrest.

Der 37-jährige Anführer der linksradikalen Linken Front war einer der engagiertesten Aktivisten des Protestwinters 2011/2012. Später warf ihm der Kreml vor, Geld aus Georgien für die Organisation von Krawallen erhalten zu haben. Er wurde zu 4,5 Jahren Haft verurteilt wegen Anstiftung zu Massenunruhen.

Der 55-Jährige war einst Gouverneur von NischniNowgorod, 1997–98 VizePremier in Moskau und gehört zu den alten Größen der Opposition. Im Winter 2011 organisierte er eine der ersten Demos und stand im Mittelpunkt eines Abhörskandals. Seit 2013 ist er Abgeordneter der Regionalduma von Jaroslawl.

Was aus der Opposition wurde Es folgte der sogenannte BolotnajaProzess, in dem den Anführern der Proteste die Anstiftung zu Krawallen vorgeworfen wurde. Heute sitzt Sergej Udalzow, Chef der Linksfront, für viereinhalb Jahre im Gefängnis. Alexej Nawalny steht bereits seit einigen Monaten unter Hausarrest – ihm wird Betrug vorgeworfen. Nawalny selbst glaubt, dass ein „hartnäckiger Kampf, den man mit allen legalen Mitteln füh-

ren muss, bevorsteht“. Boris Nemzow wurde 2013 als Oppositioneller in die Duma des Gebiets Jaroslawl gewählt und arbeitet heute 250 Kilometer von Moskau entfernt. Sollte es wieder zu Protesten kommen, werden nicht wie 2011 politische Gründe im Vordergrund stehen, sondern soziale, sagen Experten. „Viele werden über sinkende Einkommen und die steigende Inflation klagen“, meint der Liberale Wladimir Ryschkow.

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Eine Beilage des Rossijskaja Gaseta Verlags, Moskau

Donnerstag, 18. Dezember 2014

WIRTSCHAFT

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SANKTIONSSPIRALE Die Preise für Nahrungsmittel sind seit August um nahezu ein Fünftel gestiegen

Embargo wird zum Boomerang Importverbote auf Lebensmittel sollten eigentlich die russische Vergeltung für westliche Sanktionen sein. Doch die Nebenwirkungen sind bereits jetzt in den Geschäften zu spüren. JAMES LAWRENCE

Als der russische Ministerpräsident Dmitrij Medwedew für ein Jahr die Lebensmittelimporte aus der EU, den USA, Australien und Kanada verboten hat, verfolgte er das Ziel, die antirussischen Maßnahmen dieser Länder gegen sie selbst zu richten. Die Absicht war, durch das Importverbot von Rind, Schweinefleisch, Geflügel, Fisch, Käse, Milch, Obst und Gemüse Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Doch die unbeabsichtigten Nebenwirkungen dieser tiefgreifenden Maßnahmen ließen nicht lange auf sich warten. Trotz der Versprechen, die Nahrungsmittelmärkte zu stabilisieren und neue zu erschließen, sind die Lebensmittelpreise innerhalb der letzten drei Monate rapide angestiegen. Diese Entwicklung trifft alle Schichten der russischen Gesellschaft. Laut Economist Intelligence Unit (EIU) sind in Russland die Preise für Fleisch und Fleischprodukte innerhalb der letzten vier Monate gegenüber dem Vergleichszeitraum des vorangegangenen Jahres um 17 Prozent gestiegen. Darüber hinaus hat das Verbot schwerwiegende Folgen für das erst aufkommende russische Gastgewerbe. Der Sektor ist im letzten Jahrzehnt exponentiell gewachsen. Viele renommierte EU-Premium-Marken – Parmesankäse aus Italien, Charolais-Rindfleisch oder Bresse-Geflügel aus Frankreich – gehören zu den Menüs der Restaurants in Moskau und anderen Großstädten. Russlands Top-Vertreter aus der Gastronomie trotzen den Widrigkeiten mit der ureigenen russischen Anpassungsfähigkeit. Zwar bereitet ihnen das Verbot so manche finanzielle und logistische Kopfschmerzen, doch sehen sie darin auch eine Chance. Martin Repetto, Geschäftsführer des Radisson Royal Hotels in Moskau, sieht das Problem gelassen: „Ich denke, das Verbot ist eine gute Gelegenheit für die lokalen Produzenten, Marktanteile gutzumachen. Russland produziert eine große Vielfalt hervorragender Nahrungsmittel, nur haben sich die Restaurantfachleute und die Hoteliers zu sehr auf Europa verlassen – die Produkte war einfacher zu bekommen und schnell verfügbar. Was Fleisch anbelangt, bin ich eigentlich ganz froh über das Verbot. Denn jetzt können wir uns auf den Import hochwertiger Produkte aus Lateinamerika konzentrieren. Da kommt das beste Rindfleisch der Welt her.“

Preisdruck Wladimir Muchin ist Besitzer und Geschäftsführer des angesagten Restaurants White Rabbit in Moskau. Er sagt, das Verbot habe sein Geschäft nicht wesentlich tangiert, und gibt zugleich zu, die Preise seien infolge dessen gestiegen. „Lange vor den Sanktionen haben wir schon begonnen, mit den Produzenten vor Ort zusammenzuarbeiten. Daher kann ich mich nicht über große Schäden beklagen.“ „Natürlich müssen wir auf französisches Rindfleisch und französischen Käse verzichten. Aber wir haben Alternativen für eine ganze Reihe von Produkten gefunden: Fisch, der früher aus Frankreich kam, beziehen wir jetzt aus der Türkei, aus Tunesien und Marokko; Obst, Früchte und Kräuter bekommen wir vor Ort, und in den Wintermonaten importieren wir sie aus Usbekistan, Aserbaidschan, Südafrika und China“, so Muchin. Außerhalb von Moskau scheint die Branche etwas reservierter zu sein in der Bewertung der Embargofolgen für ihr Geschäft. Fabian Moritz-Mueller – Assistent der Geschäftsleitung des Kempinski-Hotels Moika 22 in Sankt Petersburg – meint, wenn europäische Produkte in Russland auch verfügbar seien, müssten die Kunden dafür doch tief in die Tasche greifen. „Nach dem Verhängen der Sanktionen hat es eine Weile gedauert, bis diese sich hinsichtlich der Verfügbarkeit ausgewirkt haben“, sagt er.

REUTERS

FÜR RBTH

Diese Länder sind vom Einfuhrverbot betroffen Kanada

EU

Norwegen

USA

Australien

Früchte und Nüsse

Gemüse

Frisches, gekühltes oder gefrorenes Fleisch

Milch und Milchprodukte

Die meisten europäischen Käsesorten gehören zu den Lebensmitteln, die nach dem Einfuhrstopp aus westlichen Ländern in den Regalen schmerzlich vermisst werden. Während einige Ketten noch Vorräte besitzen, sind andernorts bereits etliche Käsesorten ausverkauft. Gleichzeitig sind die Preise stark angestiegen.

Waren vom Markt verdrängt werden. Wenn allerdings heimische Lebensmittelproduzenten und Russlands neue Exportpartner deutlich mehr liefern und die Engpässe ausleichen – so zumindest das staatliche Kalkül – könnten sich die Preise mittel- bis langfristig stabilisieren. „Die Realität ist ganz einfach – die Lebensmittelpreise werden weiterhin für jedermann steigen, und das führt zu sinkenden Realeinkommen“, erläutert Alex Nice. Einige befürchten, dass das Importverbot auf alkoholische Getränke wie Wein und Spirituosen ausgeweitet werden könnte. Dieser Schritt wäre fatal für die junge Genussmittelindustrie des Landes. Denn der russische Einzelhandel erzielte bislang lukrative Gewinne aus dem Verkauf internationaler Premium-Spirituosen.

Fisch, Meeresfrüchte und Krebse CONVERTING MONOLOGUES INTO DIALOGUE

Gegenseitige Sanktionen im Überblick Kurz nach dem Referendum auf der Krim am 16. März 2014, bei dem sich die Mehrheit der Bevölkerung für einen Anschluss an Russland ausgesprochen hat, das jedoch von der internationalen Gemeinschaft weitgehend nicht anerkannt wurde, verhängten die EU und die USA erste Sanktionen und Einreiseverbote gegen hochrangige Beamte, öffentliche Personen und Geschäftsleute, die Wladimir Putin besonders nahe stünden. Deutschland stoppte den Export von Rüstungsgütern. Nach dem Absturz einer Boeing der Malaysia Airlines am 17. Juli 2014 über der Osturkaine verschärfte der Westen die Maßnahmen. Staatliche Banken und Rüstungsunternehmen wurden von westlicher Finanzierung ausgeschlossen. Auch sollen westliche Unternehmen keine Ausrüstung für die Ölförderung im Schelf und in der Arktis mehr liefern. Russland seinerseits hat Einreiseverbote gegen neun amerikanische, 13 kanadische und eine nicht näher bezifferte Anzahl europäischer Politiker verhängt. Am 6. August stoppte Russland Lebensmittelimporte aus der EU, den USA, Kanada, Australien und Norwegen.

„Selbst nach drei Monaten ist nahezu alles zu bekommen, wenn auch zu höheren Preisen. Unglücklicherweise haben viele Unternehmen auch für lokale Produkte die Preise erhöht. Der Rubel-Verfall hat einen spürbaren Einfluss auf unsere Kosten.“ Wie seine Kollegen aus Moskau baut Moritz-Müller auf Südamerika und natürlich auf Russland hinsichtlich der Lieferungen für das exklusive Kempinski-Restaurant Bellevue Brasserie.

Aufbruch zu neuen Ufern In den letzten Monaten war es die höchste Priorität der russischen Politik, neue Lieferanten für Grundnahrungsmittel zu gewinnen. Sergej Dankwert, Leiter der staatlichen Landwirtschaftsbehörde Rosselchosnadzor traf

sich im August mit den Botschaftern südamerikanischer Staaten zu Beratungsgesprächen über den Ersatz europäischer Geflügel-, Fleisch- und Nahrungsmittelimporte. Dennoch sind einige Kommentatoren skeptisch, dass ein schlichter Partnerwechsel eine nachhaltige Lösung darstellt. Im Jahr 2013 importierte Russland Fleisch und Fleischprodukte im Wert von 6,7 Milliarden US-Dollar. Exporteure, die jetzt auf der Schwarzen Liste stehen, hatten daran einen Anteil von 20 Prozent. Das riesige Volumen lässt die Frage aufkommen, ob Russland wirklich imstande ist, eine solche Lücke zu füllen. „Der Weltmarkt bietet das Potenzial, Nahrungsmittel aus anderen Quellen zu beziehen – zusätzlich zu den eigenen Produzenten. Im August hat die brasilianische Regierung 90 neuen Fleischfabriken den Export nach Russland bewilligt“, sagt der EIU-Analyst Alex Nice. „Diese Lösungen sind allerdings ziemlich kostspielig, und das Gastgewerbe spürt das deutlich“, fügt er hinzu. Weiter stellt er fest, das Embargo werde wahrscheinlich stärker die Privat- und Geschäftskunden im niedrigeren Preissegment treffen. Luxusrestaurants und ihre Klientel weisen die nötigen Ressourcen auf, um die gestiegenen Preise für den Import aus fernen Ländern aufzufangen. Viele Russen und die russische Geschäftswelt haben diese Ressourcen nicht.

Russia Direct is a forum for experts and senior decision-makers from Russia and abroad to discuss, debate and understand issues in geopolitical relations from a sophisticated vantage point

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October brief: Moscow’s Strategy Against Financial Sanctions Read this RD Monthly to find out more about the impact of Western sanctions on the financial sector of Russia and how the government is responding. The author of this memo is Ivan Kapitonov of the Russian Academy of the National Economy and Public Administration under the President of the Russian Federation.

January Report: Year in Review Never before have post-Cold War relations between Russia and the United States been surrounded by such pessimism and uncertainty. Bilateral contacts in almost all areas and at all levels are either frozen, suspended or stagnant at best. Where do we go from here? What lessons should we come away with for the a new year?

Ungewiss in die Zukunft Das Land sollte sich jetzt auf eventuell schwerwiegende Einbußen in der Lebensqualität einstellen. Es besteht die Gefahr, dass Anbieter bestimmter

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Donnerstag, 18. Dezember 2014

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Eine Beilage des Rossijskaja Gaseta Verlags, Moskau

DAS THEMA

RÜCKBLICK 2014

DIE HÖHEN UND TIEFEN EINES EREIGNISREICHEN JAHRES SANKTIONEN

DAS SCHEIDENDE JAHR WAR AUS

Im Juni 2014 ordneten die USA und die EU erstmals großangelegte Sanktionen gegen russische Unternehmen mit mehrheitlich staatlicher Beteiligung an. Darunter befanden sich Firmen wie der Ölkonzern Rosneft, aber auch wichtige Banken wie Vneschekonom, die Vneschtorgbank, Sberbank und die Gazprombank. Diese Unternehmen dürfen seitdem keine Mittel von US-amerikanischen oder europäischen Investoren und auch keine Kredite mit einer Laufzeit von mehr als drei Monaten von westlichen Banken annehmen. Wobei das Vermögen der betroffenen russischen Unternehmen nicht eingefroren wurde. Russland reagierte mit einem Embargo auf Lebensmittelimporte aus den USA, Europa und anderen Ländern, die Sanktionen gegen Russland verhängt hatten. Russische Verbraucher mussten so auf ein Drittel der Einfuhren von Milchprodukten und Fleisch sowie auf die Hälfte des Fischimports verzichten. Lieferanten aus Südamerika, aber auch aus dem Nachbarland Weißrussland konnten so ihre Exporte nach Russland beträchtlich steigern. de.rbth.com/tag/sanktionen

RUSSISCHER SICHT EIN WECHSELBAD DER GEFÜHLE ZWISCHEN TRIUMPH UND NIEDERLAGE Das vergangene Jahr kann getrost zu den turbulentesten in der jüngsten Geschichte Russlands gezählt werden. So war die Winterolympiade in Sotschi ein unerwarteter Triumph nicht nur für die russischen Sportler, sondern auch für die Organisatoren des internationalen Großereignisses. Viele der gebauten Objekte sollen künftig für neue Veranstaltungen wie dem Formel-1- GrandPrix von Russland dienen. Gleichzeitig hielt die Ukraine-Krise und Russlands Position in dieser Auseinandersetzung die Welt in Atem. Dabei hat Russland das erste Mal nach dem Zerfall der Sowjetunion neue Landesteile angegliedert, im Osten der Ukraine brach später ein Konflikt zwischen prorussischen Kämpfern und der Zentralregierung in Kiew aus, der Tausende Tote forderte. Das Verhältnis zwischen Russland und dem Westen erreichte einen Tiefpunkt. Beide Seiten überzogen einander mit Wirtschaftssanktionen. Einer der Höhepunkte ist der Baustopp für die South-StreamPipeline. Besonders schwer wiegt die Krise vor dem Hintergrund des 25. Jubiläums des Mauerfalls, der, wie es damals schien, alle Differenzen zwischen Ost und West begraben sollte. Im Schatten der Politik erlebte Russland einige kulturelle Höhepunkte. So feierte das wichtigste Museum, die Petersburger Eremitage, ihr 250-jähriges Bestehen und empfing die Biennale Manifesta 10. Auch der russische Film war dank Andrej Swjaginzews Drama „Leviathan“ selten erfolgreich.

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G-20-GIPFEL IN AUSTRALIEN Die beiden wichtigsten internationalen Termine für den russischen Präsidenten waren das APEC-Treffen in China sowie der G-20-Gipfel in Australien. Während in Peking alles glatt lief, verließ Putin das G-20-Treffen früher als geplant, was für einige Spekulationen sorgte. Putin selbst bezeichnete diese als übertrieben. In Brisbane führte Putin mehrere Gespräche mit hochrangigen Politikern wie Angela Merkel und François Hollande, zu denen jedoch keine Details bekannt wurden. Zusätzlich kam in Brisbane die BRICS-Gruppe zusammen, um die gescheiterte IWFReform und die Gründung einer eigenen Entwicklungsbank zu diskutieren. de.rbth.com/g20 DPA/VOSTOCK-PHOTO

25 JAHRE MAUERFALL Der Fall der Mauer vor 25 Jahren markierte nicht nur die Beseitigung von Grenzbefestigungen zwischen zwei deutschen Staaten. Er hat bis heute enormen Einfluss auf die geopolitische Situation und auf die Stimmung der Menschen. Möglich wurde er durch den Wunsch der Deutschen nach Einheit und durch das Scheitern des sozialistischen Wirtschaftsmodells. Die Voraussetzungen für diesen friedlichen Wandel schuf die damalige sowjetische Führung unter Michail Gorbatschow mit ihrer Perestroika-Politik. de.rbth.com/25_jahre_ mauerfall REUTERS

„Leviathan“ ist der russische Film des Jahres. Nach seinem Erfolg auf dem Festival in Cannes (bestes Drehbuch) und der Nominierung für den Golden Globe hat der Streifen einen klaren Kurs auf den Oscar genommen. Zum ersten Mal seit vielen Jahren konnte die russische Filmindustrie ein konkurrenzfähiges Produkt für den Preis der Filmakademie in Los Angeles präsentieren. Andrej Swjaginzew führt den legendären Stil des sowjetischen Filmemachers Andrej Tarkowski fort, der das poetische und nachdenkliche Arthouse-Kino in Russland gewissermaßen patentiert hatte. Das Paradoxe an „Leviathan“ ist die Kombination aus ernsthaftem Sozialdrama mit biblischen Anspielungen und Elementen der Komödie: Auf lakonischsatirische Art analysiert der Regisseur das Leben in der russischen Provinz. de.rbth.com/film

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„LEVIATHAN“ VON ANDREJ SWJAGINZEW

FORMEL 1 IN RUSSLAND Anfang Oktober machte der Formel-1-Zirkus zum ersten Mal seit einem ganzen Jahrhundert wieder in Russland halt, genauer gesagt in Sotschi. Die Veranstalter verzeichneten eine erfolgreiche Premiere: Komplimente gab es sowohl von den Rennfahrern als auch von Zuschauern. Vor 55 000 Besuchern entschied Mercedes-Pilot Lewis Hamilton den ersten Grand Prix von Russland für sich, später gewann er auch die Saison. Der russische Pilot Daniil Kwjat blieb bei seinem Heimrennen außerhalb der Punkteränge. Experten sagen ihm jedoch einen Durchbruch in der nächsten Saison voraus, wenn Kwjat ins Team von Red Bull Racing wechselt. de.rbth.com/sport


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DAS THEMA

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OLYMPIA 2014 IN SOTSCHI Aufwendig gestaltete, internationale Großereignisse nutzen viele Nationen zur Selbstdarstellung auf der Weltbühne. Russland macht da keine Ausnahme. In wenigen Jahren wurde die Infrastruktur für die 22. Olympischen Winterspiele in Sotschi aus dem Boden gestampft, dazu gehörten nicht nur Stadien und Sportstätten, sondern auch Bahntrassen, ein neuer Flughafen, Hotels und andere Unterkünfte sowie ein nagelneues Skigebiet. Die Entwicklung des Badeorts Sotschi zur Olympiastadt war ein gewaltiges Unterfangen und kostete über 30 Milliarden Euro, was viel Kritik hervorrief. Auch in sportlicher Hinsicht waren die Spiele für Russland ein Erfolg, konnte die Mannschaft doch überraschend die Nationenwertung für sich entscheiden. Russische Sportler gingen aus dem Wettbewerb mit 13 Gold-, 11 Silber- und 9 Bronzemedaillen hervor. Einziger Wermutstropfen: Beim Eishockeyturnier schied die Sbornaja, auf die so viele Fans gehofft hatten, bereits im Viertelfinale aus und machte den Weg zum Gold für die Erzrivalen aus Kanada frei. Nun bemüht sich die Regierung, das Erbe von Olympia bestmöglich zu verwalten. Sotschi soll zu einem ganzjährigen Urlaubsort werden. de.rbth.com/sotschi_2014

REUTERS

Am 7. Dezember 2014 feierte Russland den 250. Geburtstag des wichtigsten Museums im Land, der Petersburger Eremitage. Dabei fanden schon das ganze Jahr über Events rund um das Museum statt. Im Sommer richtete die Eremitage eine der größten europäischen Biennalen für moderne Kunst aus, die Manifesta 10. Im Herbst gab es einen großen Maskenball, auf dem Schauspieler die Helden bekannter Kunstwerke verkörperten. Über sechs Jahre war an den Kostümen gearbeitet worden. Am eigentlichen Geburtstag wurde auf dem Palastplatz vor der Eremitage eine grandiose Lasershow gezeigt. Ein besonderes Geburtstagsgeschenk war die Auszeichnung der Nutzer des Tourismusportals Tripadvisor, die die Eremitage zum besten Museum Europas kürten. de.rbth.com/tag/museen

BAUSTOPP FÜR SOUTH STREAM

AFP/EASTNEWS

250 JAHRE EREMITAGE

Im Dezember 2014 stellte Russland das lang diskutierte Projekt South Stream endgültig ein. Die Pipeline sollte jährlich 63 Milliarden Kubikmeter Gas transportieren und hätte durch das Schwarze Meer über Bulgarien und andere Balkanstaaten zu den europäischen Gasmärkten führen sollen. Der Grund für den Baustopp war laut Wladimir Putin die ausstehende Entscheidung über den Bau von Bulgariens Regierung, die sich dem Druck aus Brüssel gebeugt habe. In den letzten drei Jahren hatte Gazprom insgesamt 3,74 Milliarden Euro in den Bau von South Stream investiert. Derzeit ist eine Alternativleitung über die Türkei im Gespräch. de.rbth.com/tag/gazprom

PHOTOXPRESS

REUTERS

DPA/VOSTOCK-PHOTO

DIE KRIM Im März 2014 weitete sich die Krise in der Ukraine zu einem internationalen Konflikt aus. Nach dem Machtwechel in Kiew, bei dem auch nationalistische Kräfte an Einfluss gewannen, kam es auf der mehrheitlich von Russen bewohnten Halbinsel Krim zu prorussischen Protesten. Diese wurden vom 2010 gewählten Regionalparlament unterstützt. Am 16. März stimmten mehr als 90 Prozent der Krim-Bewohner bei einem Referendum für eine Wiedervereinigug mit Russland, zu dem die Halbinsel bis 1954 gehört hatte. Am 18. März wurde die Krim in die Russische Föderation aufgenommen. Dies wird bis heute von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt. Später kam es auch im Osten der Ukraine zu prorussischen Aufständen, die zu einem blutigen Konflikt mit der Kiewer Zentralregierung und einer tiefen Krise in den Beziehungen zwischen Russland und dem Westen führten. de.rbth.com/krim

VERFALL DES RUBELS Nachdem die russische Zentralbank noch im Oktober mit 24 Milliarden Euro auf den Devisenmärkten intervenierte, um den Rubel zu stützen, beschloss sie im November, die Maßnahmen einzustellen und die Bildung des Rubelkurses auf diesem Weg endgültig den Märkten zu überlassen. Das führte zu einer weiteren Schwächung der russischen Währung, die im laufenden Jahr über 45 Prozent ihres Werts gegenüber dem Euro verloren hat – ein Rekord seit der Krise 1998. de.rbth.com/tag/rubel


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MEINUNG

KEIN SINN FÜR SOUTH STREAM

ALEXANDER KURDIN ÖKONOM Leiter der Abteilung für strategische Energieforschung im Analystenzentrum der Regierung der Russischen Föderation

NATALIA MIKHAYLENKO

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as Projekt South Stream wurde auf russische Initiative beendet. In Russland sorgte das, ungeachtet aller Schwierigkeiten des Projekts und der russisch-europäischen Beziehungen, für eine Überraschung. Dabei gibt es handfeste Gründe für den Stopp. Die Gelegenheit, das Projekt ganz zu beenden oder zumindest teilweise herunterzufahren, gab es bereits schon im letzten und vorletzten Jahr. Die wirtschaftliche Vernunft wurde damals noch nicht durch politische Überlegungen verdrängt. Die Kosten-Nutzen-Rechnungen verwiesen allzu deutlich darauf, dass die massiven Ausgaben für das Mega-Projekt nicht ganz zu rechtfertigen sind, jedenfalls im Vergleich mit der Situation am Anfang des Vorhabens. Der Stopp ist ein guter Moment, um in Erinnerung zu rufen, wann und wofür die Pipeline geplant wurde: Mitte 2007 unterschreiben Gazprom und Eni das erste Memorandum über die Umsetzung von South Stream. Anfang 2008 schließt Russland Regierungserklärungen mit Bulgarien, Ungarn und Serbien ab. Diese Länder sind aktuell am stärksten in das Projekt einbezogen und am meisten durch sein Ende beunruhigt. Die weltweite Wirtschaftskrise ist noch nicht im Gange, und die Umweltschutzprogramme der EU sind noch in der Ausarbeitung. Demnach soll der europäische Gasverbrauch voraussichtlich steigen. Der Gasimport in die EU beträgt 2005 jährlich 300 Milliarden Kubikmeter, und die Internationale Energieagentur (IEA) sagt einen Anstieg auf 430 Milliarden Kubikmeter bis zum Jahr 2015 voraus. Das dritte Energiepaket der EU, das eine Trennung zwischen Gaslieferanten und Netzbetreibern vorsieht, wird von der Europäischen Kommission zwar genehmigt, tritt aber noch nicht in Kraft. Zum Jahreswechsel 2007/2008 ist der Gasendpreis auf europäischen Handelsplattformen höher als bei der Gazprom. Unter diesen Bedingungen erschien ein Anstieg der Nachfrage nach russischem Gas selbstverständlich.

«

Die Entscheidung Russlands in der Gaspolitik ist keineswegs eine Abkehr von der Europäischen Union.»

In den nachfolgenden Jahren fing das Fundament von South Stream immer mehr zu bröckeln an. Im Jahr 2020 sollte die Pipeline voraussichtlich seine volle Leistung erreichen. Die wirtschaftliche Flaute in der EU und neue Umweltprogramme führten allerdings zu einer Neubewertung der europäischen Gasimporte: von 450 – 500 Milliarden Kubikmeter auf 300 – 350 Milliarden Kubikmeter. Aufgrund der Ausweitung alternativer Anbieter und des FrackingBooms in den USA nahm die Konkurrenz auf europäischen Märkten zu. Russisches Gas wurde in Zeiten weltweiter Krise wesentlich teurer als das Gas von

europäischen Handelsplattformen. Schließlich wird die North Stream in Betrieb genommen. Zwar ist es noch nicht möglich, die Ukraine beim Gastransport gänzlich zu umgehen, aber es entstehen zusätzliche Kapazitäten. Außerdem kommt in der Ukraine Wiktor Janukowytsch an die Macht, und Gazprom kann sich wieder mehr auf das ukrainische Transportnetz verlassen. Für South Stream mit seiner gigantischen Kapazität von 63 Milliarden Kubikmeter pro Jahr gibt es immer weniger Gründe. Die Ereignisse in der Ukraine 2014 hätten alles grundsätzlich ändern und dem

WARUM RUSSLAND GEGEN DEN NATO-BEITRITT DER UKRAINE IST

S ANDREJ SUSCHENZOW POLITOLOGE Professor am Staatlichen Moskauer Institut für Internationale Beziehungen (MGIMO) und Mitglied des Waldai-Clubs

tellen wir uns einmal vor, dass vor 23 Jahren nicht die Sowjetunion, sondern die Vereinigten Staaten auseinandergefallen wären. Die Küsten- und Grenzstaaten Washington, Kalifornien, Arizona, New Mexico, Texas, Florida und Georgia hätten sich von den USA abgespalten. Die ehemaligen Vereinigten Staaten hätten ihren direkten Zugang zum Pazifischen Ozean verloren, und wichtige Objekte der staatlichen Infrastruktur wären auf dem Territorium anderer Staaten verblieben – das Weltraumflugzentrum, Militärbasen und -häfen, Erdölpipelines und Eisenbahnmagistralen, GPS-Knoten und Industriezentren. Vor diesem Hintergrund hätte nun ein einflussreiches und aktives Europa sein Engagement in Nord- und Lateinamerika verstärkt. Die externe Kraft hätte den ehemaligen US-amerikanischen Staaten den Beitritt in ihr Militärbündnis und eine Wirtschaftsintegration unter der Losung „Staaten haben das souveräne Recht, ihren eigenen Weg zu gehen“ angeboten. Zwischen den USA und dieser externen Kraft beginnt nun ein „Nullsummenspiel“. Die Differenzen führen zu einem Konflikt um das Weltraumflugzentrum in Cape

«

An der Stelle Russlands hätten die Vereinigten Staaten genauso gehandelt.»

Canaveral und den Flottenstützpunkt in San Diego. In dieser Auseinandersetzung dehnt die externe Kraft ihr Einflussgebiet aus, und die USA verteidigen ihre Interessen. Mit einer solchen Logik lässt sich auch die Politik Russlands in der Ukraine erklären, das dort seine Interessen verteidigt – seine Militärbasis auf der Krim, den Erdöl- und Erdgastransit nach Europa, die Industrie- und Handelskooperation sowie die Rechte der russischen Bevölkerung. An der Stelle Moskaus hätten die USA genauso gehandelt. Aber gegenwärtig dehnt nicht Europa seine Präsenz in der Neuen Welt aus, sondern die NATO und die USA erweitern ihr Engagement in der Alten Welt. Große Länder außerhalb der NATO stellen sich jedoch die Frage, welche Rolle diese Allianz auf dem Kontinent spielt und gegen wen sie sich zu verteidigen beabsichtigt. In Bezug auf die ukrainische Krise wies der Vize-Generalsekretär der NATO, Alexander Vershbow, darauf hin, dass die NATO Russland als Gefahr ansehe. Er wiederholte das, was vor ihm bereits einzelne US-Senatoren sowie die Staatsoberhäupter des Baltikums und Polens erklärt hatten.

Nicht alle in der NATO verstehen, dass die Staaten des postsowjetischen Raums äußerst zerbrechliche Gebilde sind. Eine Provokation von außen vermag die politische Stabilität dieser Länder zu zerstören und damit auch die Grundlage für deren wirtschaftliche Prosperität. In den letzten Jahren hat Russland versucht, seine Position als dynamischer Kern Eurasiens zurückzuerobern. In der Ukraine kollidiert dieser Prozess mit der Ausdehnung des westlichen Einflusses nach Osten. Die USA haben den Umsturz in Kiew nicht initiiert. Aber sie erkannten die Situation und beschlossen, sie zur Festigung ihrer eigenen Position auszunutzen, um so die Spaltung der ukrainischen Gesellschaft voranzutreiben. Die neue Regierung in Kiew hat versucht, die USA und die NATO für ihren Kampf gegen Russland genauso auszunutzen, wie dies einst Michail Saakaschwili tat, als er im Jahr 2008 die russischen Friedenstruppen in Südossetien angriff. Mit seiner Unterstützung der europäisch-atlantischen Integration der Ukraine zerreißt der Westen dieses Land in zwei Teile und fügt damit seinem Verhältnis zu Russland einen irreparablen Schaden zu.

Projekt neue Kräfte verleihen können. Denn der nunmehr einzige Zweck der Pipelene war de facto, die Ukraine vorsichtshalber zu umgehen. Die Unfähigkeit Russlands, der Ukraine und der Europäischen Union, sich auf Gaslieferungen in die Ukraine zu einigen, hat die Notwendigkeit einer alternativen Route für die Lieferungen nach Europa unabhängig von der Ukraine hervorgehoben. Die Position der EU hat sich allerdings als recht konservativ erwiesen. Schwer zu sagen, was der Grund dafür war: beharrliches Bestehen auf Rechtsnormen, die negative Resonanz der Ukrainekrise oder schlicht der mangelnde Wille, Gazprom und Russland entgegenzukommen. Und wenn die europäische Bürokratie unter den heutigen Umständen zu einem Kompromiss nicht bereit war, ist dies auch für die Zukunft kaum zu erwarten. Die Pipeline auf dem Grund des Schwarzen Meeres bis in die Türkei zu verlegen, ist im Augenblick eine logische Alternativlösung. Die Infrastruktur für den Export in die EU wurde im Süden Russlands bereits vorbereitet. Die Notwendigkeit, die Ukraine zu umgehen, bleibt weiterhin bestehen. Daher ist die einzige Option, die Pipeline durch die Türkei bis zu ihren Grenzen mit der EU zu verlegen. Wohin das Gas weiter strömt, bleibt offen. Vor einigen Jahren hatten die Europäer viele alternative Projekte, die momentan auf Eis gelegt sind: ITGI, SEEP, Nabucco West. Sie begannen alle in der Türkei, und die türkische Route der Gazprom macht diese Projekte wieder möglich. Die Entscheidung Russlands in der Gaspolitik ist keineswegs eine Abkehr von der EU. Die östliche Ausrichtung entwickelt sich quasi unabhängig davon auf Grundlage eigener Ressourcen und Vorkommen. Die russische Seite und Gazprom optimieren dabei die Form ihrer europäischen Strategie. Der Inhalt bleibt, abgesehen von der Verfügung über Pipelines in Europa, derselbe. Und so wollte die Europäische Kommission es auch.

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Donnerstag, 18. Dezember 2014

Eine Beilage des Rossijskaja Gaseta Verlags, Moskau

KULTUR

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NEUJAHR Seit 2012 findet in Luxemburg der russische Ball statt, der mittlerweile zu den gesellschaftlichen Großereignissen zählt

Russische Eleganz in Luxemburg Wo auch immer russische Emigranten leben, Weihnachten und das neue Jahr werden in vielen Ländern „à la russe“ gefeiert. Der russische Ball in Luxemburg ist einer der Höhepunkte. NICK NICKELS FÜR RBTH

In Luxemburg haben bereits die Vorfeiern begonnen. Den Auftakt machte dieses Jahr die russische Botschaft mit einem Weihnachtsfest für die Kinder russischstämmiger Familien im prachtvollen Beggener Schloss. Weitere Festlichkeiten folgen, ob im Kulturzentrum oder bei den verschiedenen Vereinen, die dem Russian Club of Luxembourg angegliedert sind. Das prestigeträchtigste Ereignis dieser Veranstaltungen ist aber der russische Ball, der jedes Jahr zum russischen Neujahr stattfindet.

Als Ballsaal hatten die Organisatoren des russischen Balls Neujahr 2014 die prächtigste Location der Hauptstadt ausgewählt: den Cercle Municipal de la Ville de Luxembourg. Zu den Highlights des Abends gehörte auch eine Kostprobe russischer Ballettkunst.

Für Politiker, Geschäftsleute und Kunstschaffende aus Luxemburg und Russland ist der Ball schon zum „must“ geworden.

Ball für karitative Zwecke Als gesellschaftliches Ereignis ersten Ranges bietet der russische Ball vor allem den Gästen die Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen und zu pflegen. Für Politiker, Geschäftsleute und Kunstschaffende aus Luxemburg und Russland ist es schon zum „must“ geworden, sich zum russischen Neujahr in diesem Ambiente zu treffen. Der Erlös aus dem Ball wird jedes Jahr wohltätigen Organisationen gestiftet,

MEHR ÜBER RUSSISCHE SPRACHE UND LITERATUR ERFAHREN SIE AUF RUSSJAHR.DE

3 EREIGNISSE DES ABLAUFENDEN JAHRES

PRESSEBILD

Als Aliona Zander, Stieftochter des bekannten Kinderbuchautors Anatoli Aleksin, erstmals die Idee eines russischen Balls vortrug, stieß sie zunächst auf Skepsis oder sogar Ablehnung. Sollte der noch so junge Russische Klub es schaffen, eine derart aufwendige Veranstaltung zu stemmen? Denn jedem war von Anfang an klar: Das bedeutet hohe Kosten und viel Arbeit, sehr viel Arbeit sogar. Doch von der Idee waren einige angetan, die im Laufe der folgenden Wochen Überzeugungsarbeit leisten konnten. Allen voran der Vorsitzende des Russischen Klubs, Vsevolod Yampolski, der alle Register zog, um Unterstützung für das Vorhaben zu erlangen. So waren schnell die ersten Schirmherren für den Ball gefunden: hohe Persönlichkeiten aus Politik und Diplomatie. Und auch Aliona Zander und ihre Mitstreiterinnen verbuchten erste Erfolge und begeisterten Sponsoren für das Event. So kam der Stein ins Rollen, und dem ersten russischen Ball am 14. Januar 2012 konnte nichts mehr im Wege stehen. Als Ballsaal hatten die Organisatoren sich den prächtigsten Saal der Hauptstadt ausgewählt: den Cercle Municipal, ein Gebäude, das einst als Stadtpalast errichtet wurde, das eine Zeitlang Sitz der CECA war und häufig für offizielle Empfänge von Staat und Stadt genutzt wird. Bis auf den letzten Platz ausverkauft war der erste russische Ball, und so sollte es auch im Laufe der folgenden Jahre bleiben. Das Erfolgsrezept für dieses prestigegeladene Event ist jedes Jahr das gleiche: Schick und Eleganz der Gäste, Sterneköche, die höchsten Genuss auf die Teller zaubern, großartige musikalische und tänzerische Darbietungen und – das gehört zum Rahmenprogramm – Ausstellungen von anerkannten Künstlern.

SHUTTERSTOCK/LEGION-MEDIA

Keine Mühe und keine Kosten wurden gescheut

Russian Club of Luxembourg Auf Initiative des damaligen russischen Botschafters Eduard Malayan wurde 2009 der Russian Club of Luxembourg gegründet. Vorsitzender ist Vsevolod Yampolski, der die Geschicke des Vereins von Anfang an leitet. In der Zwischenzeit ist der Klub zur Dachorganisation für eine ganze Reihe weiterer Vereine geworden. Zu seinen Mitgliedern gehören die russische Schule Kalinka, ein erfolgreicher Tennisverein, der den Namen Raketka trägt, gleich zwei Vereine für rhythmische Gymnastik (Rythmocats und Rythmica), die Studentenvereinigung NiBeNiLux, der russische Frauenclub, der Stand am Internationalen Basar und die Organisatoren des Russian Charity Ball. Alle Organisationen haben ihr eigenes Leben, tauschen sich aber regelmäßig innerhalb der föderativen Struktur des russischen Klubs aus.

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Russland und die EU Namhafte Experten aus Russland und aus Ländern der EU trafen sich am 28. und 29. November in Luxemburg, um über die Beziehung zwischen Russland und der EU zu diskutieren. Es war eine weitere Gelegenheit für beide Seiten, sich mit der aktuellen Krisenproblematik zwischen Ost und West möglichst konstruktiv auseinanderzusetzen.

und zwar zur Hälfte der russischen Organisation „Podsolnukh“ und zur anderen der Luxemburger Vereinigung „SOS-Kinderdörfer“ für ihre Projekte in Russland. Von 2012 bis 2014 wurde jeder der beiden Stiftungen 62 500 Euro zugestellt. Eine Bilanz, die sich sehen lassen kann. Ein Ball dieser Größenordnung lässt sich natürlich nur mit Unterstützung finanzkräftiger Sponsoren organisieren. Und die kommen sowohl aus Russland als auch aus Luxemburg: MMK Steel und Severstal auf der einen Seite, Astron Building – Lindab, die EastWest United Bank und die Luxemburger Handelskammer auf der anderen Seite, um nur einige zu nennen. Viele von ihnen sind seit den Anfängen dabei.

Rechenschaft im Internet In der Zwischenzeit haben sich die Organisatoren des russischen Balls zu

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PuschkinBüste am Literaturzentrum Alexander Puschkin hat seinen Platz im Park des Luxemburger Lite-raturzentrums in Mersch gefunden. Das Denkmal wurde auf Initiative des Sekretärs des russischen Schriftstellerverbands Igor Petrowitsch Nowoselow gespendet und im Beisein zahlreicher Gäste am 7. Dezember eingeweiht.

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Bazar international Wie seit Jahren war die russische Gemeinschaft Luxemburgs mit einem Stand auf dem Bazar international vertreten. Wie beliebt russische Produkte wie Geschenke oder gastronomische Spezialitäten sind, beweist der Umsatz: 23 000 Euro wurden eingenommen. Der Gewinn geht wie jedes Jahr an wohltätige Organisationen.

einer eigenständigen Vereinigung innerhalb der Dachorganisation des Russian Club of Luxembourg zusammengeschlossen. Präsidentin ist Nadejda Muller, die ebenfalls von Anfang an dabei ist. Angesichts der enormen Summen, die für dieses Großereignis in Umlauf geraten, wird jedes Jahr ein detaillierter Abschlussbericht veröffentlicht, den jeder auf der Webseite ball.russki.lu einsehen kann. Am 17. Januar 2015 wird der schon lange vorher ausverkaufte Festsaal wieder seine Pforten öffnen. Monica Semedo, Sängerin und Moderatorin, und Gennadi Lerner werden durch den Abend führen, der etliche Attraktionen verspricht. Luxemburgs VizePremier, Wirtschaftsminister und Minister für Verteidigung und Innere Sicherheit Etienne Schneider sowie Russlands Botschafter Mark Entin haben 2015 die Schirmherrschaft übernommen.

Die Webseite russjahr.de bündelt zahlreiche Veranstaltungen in den Bereichen Sprachunterricht, Übersetzung und Literatur, wie beispielsweise: - die bundesweite Russisch-Olympiade - Konferenzen für Lehrer und Dozenten für Russisch - Übersetzer-Symposien - Ausstellungen, Lesungen und Theateraufführungen - Interviews mit renommierten Slawisten und Dozenten für Russisch als Fremdsprache - Datenbank zu Sprachschulen mit Russisch als Schwerpunkt - Austauschprogramme für deutschsprachige Studenten und Absolventen - Literaten – und Publizistentreffen und vieles andere mehr


Donnerstag, 18. Dezember 2014

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Eine Beilage des Rossijskaja Gaseta Verlags, Moskau

TOURISMUS LORI/LEGION MEDIA

RUSSISCHER WINTER von seiner schönsten und sportlichen Seite

DARIA GONZALES RBTH

Vor dem russischen Winter haben viele Respekt und glauben, dass die Temperaturen so niedrig sind, dass man sie nur mithilfe von Wodka oder einem Bärenfell übersteht. Dem ist allerdings nicht so – die mörderische Kälte wird durch die Schönheit der Landschaft kompensiert, und Wintersport heizt den Körper nach wenigen Minuten wieder auf.

1. Reise zum Kältepol

4. Eismarathon auf dem Im Winter Baikalsee kann schon Der tiefste und sauberste See auf unmal der Atem serem Planeten ist der Baikalsee im Herzen Sibiriens. Bereits seit zehn Jahzu kleinen ren findet hier im Winter ein internaEiskristallen tionaler Marathon statt, dessen Teilnehmer die mehr als 42 Kilometer gefrieren. lange Strecke von einem zum anderen Die Jakuten Ufer auf dem Eis zurücklegen. Das nennen Wasser des Sees ist dermaßen klar, dass man noch in drei Meter Tiefe gedas „Sternfrorene Wasserpflanzen und Luftbläsflüstern“. chen erkennen kann. Viele Fotografen kommen extra im Winter hierher, um die Formationen im Eis abzulichten.

5. Heliskiing und Freeriden auf Kamtschatka

In einigen Gebieten Russlands sind minus 40° C im Winter Normalität. Und in einer dieser Ecken befindet sich auch der „Kältepol“ – ein idealer Ort für Extremurlauber, die ihre physischen Grenzen ausloten wollen. Die tiefste Temperatur, die hier jemals gemessen wurde, betrug minus 77° C, während das Thermometer im Sommer auch gern schon mal auf 30° C klettert. Im Winter kann selbst der Atem gefrieren, die Jakuten nennen das „Sternflüstern“ – wenn die Atemluft leise knistert und schillert.

Das Relief der Halbinsel Kamtschatka ist so vielfältig, dass professionelle Snowboarder es selbst binnen zwanzig Jahren nicht schaffen würden, alle Hänge abzufahren. Im Winter beginnt die Hochsaison. Sportliche Highlights der Halbinsel sind Heliskiing und Freeriden, die es ermöglichen, durch unberührte Schneelandschaften abzufahren. Und zwar von Bergen der besonderen Art – von Vulkanen. Wer nicht so gerne auf den „Brettern“ unterwegs ist, kann auch im Winter an Trekkingtouren zu einem der Vulkane oder zu Geysiren teilnehmen.

2. Extremabenteuer in den Bergen des Urals

6. Eisangeln und Ausflüge mit dem Schneemobil

Der Ural bildet die Grenze zwischen Europa und Asien und verfügt über jede Menge Naturschutzgebiete und Abfahrtspisten. Hier erzählt man sich Geschichten über UFOs und bizarre Naturphänomene. Kurz, der Winter im Uralgebirge ist etwas für all jene, die Extreme in körperlicher und auch in geistiger Hinsicht suchen. Sie können Hütten und Stahlwerke besuchen oder eine der längsten Höhlen der Welt. Die touristische Infrastruktur gehört zu den besten des Landes.

Der Altai ist eine Gebirgskette im Süden Sibiriens an der Grenze zu Kasachstan. Hier kann man Touren zu Pferd, auf Skiern und mit dem Schneemobil unternehmen, Eisangeln auf dem Telezker See, schwitzen in einer Banja – der russischen Sauna – und auf Abfahrtsskiern oder dem Snowboard die präparierten Skigebiete nutzen. Außerdem ist der Winter die einzige Jahreszeit, in der die höchste Eishöhle der Welt zu besichtigen ist. Wem das nicht reicht, dem empfiehlt sich ein Bad im Blauen See bei minus 30° C.

3. Mit der Troika über den Goldenen Ring Die Route um Moskau herum, die aus einem Dutzend altrussischer Städte besteht, von denen zwei auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes stehen, ist zu jeder Jahreszeit eine Reise wert. Aber im Winter lohnt sich ein Abstecher dorthin besonders – aus zwei Gründen: Erstens befindet sich in Kostroma und in Uglitsch, die Bestandteil dieser Route sind, eine Residenz von Väterchen Frost und seiner Enkelin Snegurotschka. Zweitens bieten die Städte des „Goldenen Rings“ eine reichhaltige Auswahl an Wintervergnügungen: Wie wäre es mit einer Fahrt in der Troika, einem dreispännigen Pferdeschlitten, dick in Felle gepackt durch verschneite Wälder?

Oben: Der Baikalsee ist im Winter besonders spektakulär und zieht Langstreckenläufer und Fotografen an. Rechts oben: Die Troika ist ein traditionelles russisches Dreigespann, das im Winter auch Schlitten zieht. Rechts unten: Heliskiing ist der neue Trend auf der entlegenen Halbinsel Kamtschatka und ermöglicht Abfahrten in unberührtem Schnee. unbe- rührtem Schnee möglich.

GETTY IMAGES/FOTOBANK

Eine Fahrt mit der Schlitten-Troika, Snowboarden am Vulkan und Eisbaden im Blauen See. Diese Aktivitäten können den russischen Winter zu einem Erlebnis machen.

© A. SOLOMONOV / RIA NOVOSTI

Die Top-SechsAktivitäten, wenn es in Russland kalt ist

WHAT DOES A RUSSIAN WINTER REALLY LOOK LIKE?

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Tipps für eine Russlandreise 1. Immer den Ausweis dabei haben. Üblicherweise muss man ihn beim Betreten eines Geschäftszentrums oder beim Umtausch eines Artikels in einem Kaufhaus vorlegen. Russen tragen ihren Pass immer bei sich. Sie sollten das ebenfalls tun oder zumindest eine Kopie zur Hand haben. 2. Telefonieren ist teuer. Einige Ausländer sind überrascht über die hohen Roaminggebühren bei Telefonverbindungen zwischen russischen Städten. Überprüfen Sie Ihren Tarif und wählen Sie eventuell einen speziellen, um die Telefonkosten auf Ihrer Reise zu minimieren. 3. Lassen Sie sich registrieren. Ausländer müssen ihre Visa innerhalb von sieben Werktagen nach der Einreise in Russland bei der Polizei oder der Post registrieren lassen. Andernfalls riskieren sie Geldbußen oder eine Ausweisung. Hotels übernehmen die Registrierung meist für ihren Gast.

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