ChrisCare 2/2016

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Magazin für Christen im Gesundheitswesen 2/2016

Vergesslich, aber nicht vergessen

ChrisCare

ChrisCare

T TEN E P KOM END R E I R I INSP AH N S I X PRA

Vergesslich, Vergesslich, aber nicht   aber nichtvergessen vergessen DEMENZ

KULTURELLE TEILHABE TRÖSTEN MOMENTE ÄLTER WERDEN SECHSTER SINN SCHLÜSSEL SIE GEHÖREN DAZU ANDERE WELT GEFÜHL ERGÄNZT VERSTAND

FREUNDSCHAFT

Juni 2016 // (D) € 5,80 // (A) € 6,00 // (CH) SFr. 10.30 // www.chriscare.info // ISSN 1869-9944 // ZKZ 18 381


S. 4 S. 5 S. 6 S. 7 S. 10 S. 12 S. 14 S. 20 S. 21 S. 22 S. 24 S. 26 S. 27 S. 28 S. 30 S. 33 S. 36 S. 36 S. 37 S. 39 S. 42 S. 42

Trösten 45 Jahre verheiratet! Die Mundharmonika Kann denn Liebe Sünde sein? Sie bekommen doch was mit! In einer anderen Welt Kulturelle Teilhabe für Menschen mit Demenz Darf ich bitte(n?) – Zeuge sein Zum Nachdenken Blickpunkt 5. Christlicher Gesundheitskongress in Kassel Bilder vom Kongress Nachrichten Wo treffen Sie Christen, die vom Fach sind? „Sie gehören dazu!“ Medizinische Aspekte der Demenz Kleinanzeigen Termine Für Sie gelesen Leserforum Impressum Glosse

Inhalt

Redaktionskreis: Friedhilde Bartels (Hamburg), Pflegedienstleitung, Medizinisch-Geriatrische Klinik, Albertinen-Haus, Albertinen-Krankenhaus / AlbertinenHaus gGmbH, Hamburg; Pastor Frank Fornaçon (Ahnatal), Redaktion ChrisCare; Bettina Gundlach (Aumühle), Ärztin im Sozialpsychiatrischen Dienst, Vorstand Christen im Gesundheitswesen (CiG); Günther Gundlach (Aumühle), Geschäftsführer CiG; Prof. Dr. rer. cur. Annette Meussling-Sentpali, Professorin Pflegewissenschaft, OTH Regensburg; Andreas Rieck (Stuttgart), Referent im Bereich Weiterbildung und Spiritualität, Marienhospital Stuttgart; Dr. med. Georg Schiffner (Aumühle), Chefarzt Geriatriezentrum Wilhelmsburger Krankenhaus Groß-Sand, Hamburg, Vorsitzender CiG; Pastoralreferent Bruno Schrage (Köln), Dipl. Theologe, Dipl. Caritaswissenschaftler, Referent für Caritaspastoral im Erzbistum Köln; Kathrin Städler (Havelberg), Religionswissenschaftlerin und Krankenschwester; Hans-Arved Willberg (Karlsruhe), Theologe und Pastoraltherapeut; Dr. med. Monika Windsor (Zwochau), Anästhesistin, palliative care Fachbeirat: Dr. theol. Peter Bartmann (Berlin), Gesundheitsökonom, Diakonie Bundesverband; Reinhild Bohlmann (Kassel), Bund freiberuflicher Hebammen Deutschlands BfHD e.V.; Prof. Dr. med. Andreas Broocks (Schwerin), Ärztl. Direktor Carl-Friedrich-Flemming-Klinik, HELIOSKliniken; Ulrike Döring (Wiesbaden), Vorsitzende des Evangelischen Berufsverbandes Pflege; Paul Donders (Niederlande), Leitung xpand international; Prof. Dr. Ralf Dziewas (Bernau), Professor für Diakoniewissenschaft und Sozialtheologie; Heribert Elfgen (Aachen), Physiotherapeut, Dipl. Musiktherapeut; Claudia Elwert (Karlsruhe), Physiotherapeutin, Mitarbeiterin Zentrum für Gesundheit-Therapie-Heilung; Sr. Hildegard Faupel (Springe), Theologin, Pädagogin; Dr. theol. Astrid Giebel (Berlin), Diplom-Diakoniewissenschaftlerin, Pastorin, Krankenschwester, Theologin im Vorstandsbüro der Diakonie Deutschland-Evangelischer Bundesverband; Dr. med. Martin Grabe (Oberursel), Chefarzt Psychosomatik Klinik Hohe Mark, Vorsitzender Akademie für Psychotherapie und Seelsorge e.V.; Dr. med. René Hefti (Langenthal), Chefarzt SGM Klinik Langenthal, Ltg. Forschungsinstitut Spiritualität & Gesundheit; Sr. M. Basina Kloos (Waldbreitbach), Franziskanerin, Generaloberin; Sr. Anna Luisa Kotz (Untermarchtal), Vorstand Genossenschaft der Barmherzigen Schwestern vom Hl. Vinzenz von Paul; Reinhard Köller (Aumühle), Arzt für Allgemeinmedizin, Naturheilverfahren; Pfarrer Ulrich Laepple (Berlin); Dr. med. Gabriele Müller (Frankfurt a. M.), Anästhesistin am Schmerz- und Palliativzentrum Rhein-Main; Rolf Nussbaumer (Herisau), Schule für christliche Gesundheits- und Lebensberatung; Weihbischof Thomas Maria Renz (Rottenburg), Diözese Rottenburg-Stuttgart; Dr. theol. Heinrich-Christian Rust (Braunschweig), Pastor der Evangelisch Freikirchlichen Gemeinde Braunschweig, Friedenskirche; Dr. med. Claudia Schark (Blankenburg), Chefärztin Klinik für Geriatrie und Innere Medizin; Oberin Andrea Trenner (Berlin), Oberin Johanniter Schwesternschaft; Dr. phil. Michael Utsch (Berlin), Psychotherapeut, Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen


EDITORIAL

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Liebe Leserin, lieber Leser, Der Garten der Villa in Dahlem lag im Sonnenschein. Bunte Schirme schützten vor allzu großer Hitze. Im Schatten alter Bäume standen locker gruppiert die Rollstühle. Der junge Theologiestudent folgte Schwester Dorothea in den Garten, ein zwei Schritte hinter ihr, denn die Welt, die sich da auftat, war ihm noch gänzlich unbekannt. Demenz war noch nicht in aller Munde. Aber die alten Leute im Park litten offensichtlich daran. Schwester Dorothea, die später selbst an Alzheimer leiden sollte, ging zielstrebig auf die alte Dame aus ihrer Gemeinde zu, setzte sich auf die Bank neben sie und schwieg zunächst. Die Alte schaute und suchte offenbar in ihrer Erinnerung: Wer war die Frau mit der weißen Haube? Was wollte sie? Und was suchte der junge Mann neben ihr? Schwester Dorothea stellte sich geduldig – aber offenbar vergeblich – vor. Der Student rechnete damit, dass man bald unverrichteter Dinge den Besuch beenden werde. Aber weit gefehlt. Schwester Dorothea begann zu singen: Weil ich Jesu Schäflein bin, Jesus liebt mich ganz gewiss, Ich bin durch die Welt gegangen… Das waren die Lieder, die die alte Frau im Kindergottesdienst gelernt hatte und die tief in ihr schlummerten. Sie sang aus ganzem Herzen mit, zum Erstaunen der anderen Parkbesucher, von denen einige ebenfalls die Lippen bewegten. Erstaunt war auch der angehende Pfarrer, denn er erlebte eine ganz und gar andere Art der Kommunikation. Schwester Dorothea spielte auf der Klaviatur der Erinnerung. Sie führte singenderweise ein seelsorgerliches Gespräch. Heute ist Demenz eines der Megathemen. Jeder weiß dazu etwas zu sagen. Alle fürchten sie. Und die christliche Gemeinde ist oft hilflos, wie sie mit ihren an Demenz leidenden Mitgliedern umgehen soll. Besonders in freikirchlichen Gemeinden, die stark vom Mitmachen ihrer Glieder leben, scheint der Demente manchmal fehl am Platz. In dieser Ausgabe von ChrisCare beschäftigen wir uns mit verschiedenen Aspekten des Umgangs mit Demenzpatienten. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Wir würden uns freuen, wenn Sie uns dazu schreiben. Auch das sensible Thema der Sexualität haben wir nicht ausgespart, wohl wissend, dass es eines der Tabuthemen ist. Aber wir wollen mit ChrisCare den ganzen Menschen mit all seinen Facetten in den Blick nehmen. Seit dem letzten Jahr ist unser Redaktionsteam gewachsen. Aus Hamburg ist die Pflegedienstleiterin des evangelisch-freikirchlichen Albertinenhauses Friedhilde Bartels dazu gekommen. Aus Stuttgart ergänzt der katholische Theologe Andreas Rieck den Kreis. Ihre Andreas Rieck, Bettina Gundlach, Ärz-

Stuttgart, Referent

tin im Sozialpsychiatri-

im Bereich Weiterbil-

schen Dienst, Aumühle,

dung und Spirituali-

Vorstand Christen im

tät, Marienhospital

Gesundeitswesen (CiG)

Stuttgart


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KUNST

Trösten Kunstwerk von Susanne Lemberg

Goldene Buchstaben bilden ein fast menschengroßes Schriftbild. Ohne Abstände fügt sich horizontal und vertikal ein Buchstabe an den anderen, so dass sich Wort- und Satzsinn nicht sofort erschließen. Durch ihre Größe fallen wahrscheinlich als erstes ganz oben ICH WILL und in der zweituntersten Reihe EMUT auf. Kann das bereits die Botschaft sein, dass hier jemand Mut zusprechen will? Nach und nach erschließt sich der ganze Satz: „Ich will euch trösten wie einen seine Mutter tröstet.“ Das Kunstwerk gibt einen Satz aus dem Buch Jesaja (66,13) wieder, in dem Gott zu seinem Volk spricht. Das Gold spiegelt die Größe und den Glanz Gottes. Es bringt auch zum Ausdruck, dass es ein ganz besonderes Wort ist. Ein kostbares Wort aus göttlichem Mund. Und dies im doppelten Sinn. Zum einen, weil es im Kontext von Bildern von Geburt und Trost die eher weibliche Seite Gottes beschreibt und dadurch das männliche Gottesbild weicher und zugänglicher macht. Zum anderen sagt Gott damit, dass er sein Volk – und damit auch mich – wie eine gute Mutter ihr Kind – gut kennt und ihm fürsorglich vertraut nahe ist. Was ich auch anstelle, was auch immer mit mir passiert, seine Liebe bleibt unveränderlich. Ich kann immer zu ihm kommen. Er wird mich

Trösten, 2015, ca. 80 x150 cm, Goldpigment auf Papier, geschnitten, © Susanne Lemberg, www.susannelemberg.ch

wie eine Mutter trösten und mir Mut zusprechen. Das Wortgebilde ist mit seinen Abmessungen von

der richtigen Beleuchtung von der Wand abstrahlt. Das

80 x 150 cm groß und stark. Wie ein Schild vermag es

Jesajawort ist ein wunderbarer Wegbegleiter für das

zu schützen, wie ein Mantel kann es Verfolgte umge-

Jahr 2016. Gott will uns wie eine Mutter trösten und in

ben und bergen, ihnen Halt geben und sie trösten. Das

allen schwierigen Situationen ermutigen, Heil zuspre-

Buchstabennetz vermag die Fallenden aufzufangen. Die

chen und stärken, die Schwierigkeiten zu überwinden

Durchbrüche der Buchstaben bringen symbolisch zum

und von neuem vorwärts zu gehen.

Ausdruck, dass Gottes Trost nach hoffnungslosen Situationen neue Durchblicke und Ausblicke ermöglicht. Sein

Gott will uns trösten … Nun hängt es an uns, ob wir bei

Trost gibt den Gefallenen Mut wieder aufzustehen, es

IHM Trost suchen... n

nochmals zu versuchen – mit seinem Glanz im Rücken und mit der Gewissheit im Herzen, dass er nahe ist und bleibt. Er ist mit mir. Wohin ich auch gehe, er bleibt mir nahe. Immanuel – Gott mit uns. Sein Herz schlägt für sein Volk, für jedes einzelne

Patrik Scherrer, lic. theol.,

seiner Kinder. Daran mag auch die rötliche Farbe auf

Krankenhausseelsorger, München,

der Rückseite des Wortes MUTTER erinnern, welche bei

www.bildimpuls.de


ERFAHRUNGEN

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45 Jahre verheiratet! Momente des Innehaltens, des dankbaren Rückblicks und des zuversichtlichen Ausblicks

Wohlwissend, dass diese Mitteilung und unsere Art des Mitteilens unterschiedlich aufgenommen werden und auch aufgenommen werden können, haben Jörg und ich uns für diese Form des Teilens entschieden.

wir uns freuen dürfen, mit denen wir bereits viel Schönes erlebt haben. Und da ist die Tagungsstätte Schloss Craheim ein Ort, der uns unvorstellbar Stärkung gegeben

Seit geraumer Zeit haben wir

Jörg bemerkt seine Defizite. Er geht

gemeinsam Veränderungen bei Jörg

bewundernswert damit um.

beobachtet: verstärkte Vergesslich-

hat. Und, und, und. Ja, wir haben wirklich Grund dazu,

keit, Schwierigkeiten bei der Wortfin-

So manches Mal bin auch ich müde,

dankbar zurückzuschauen und

dung, Verlangsamung, große Müdig-

stoße an meine Grenzen, merke, dass

erwartungs- und hoffnungsvoll in

keit. Zunächst dachten wir, das käme

es durchaus schwierig sein kann,

die Zukunft.

durch Jörgs Niereninsuffizienz (die

etwas zu organisieren, die Zeit muss

Nieren arbeiten leider nur noch zu

ganz schön eingeteilt werden, u.a.m.

12 Prozent, eine Dialyse steht bevor).

Natürlich haben wir uns unseren Lebensabend anders vorgestellt:

Nun haben verschiedene Untersu-

Jörg und ich lernen in verschiedener

so ein richtig vernünftig schönes

chungen bestätigt: Es ist Demenz.

Hinsicht und hoffen, dass wir auf

Seniorenleben. Möglichst lange fit

einem guten Weg sind. In unseren

an Körper und Geist.

Wie nun mit dieser Diagnose umgehen?

engen Grenzen erfahren wir, dass eine große Hand uns hält und manch-

Nun ist es anders gekommen. Aber

Eigenartig. Es war nicht zuerst

mal auch über Mauern springen lässt.

eben nur anders.

diese Frage, die uns bewegte, bzw. aufwühlte, sondern wir durften erfahren: Gott war schon vor dieser Frage da. Es ist schwierig, das zu beschreiben. (Und auch persönlich.) Wir wurden eingehüllt in einen Schutzmantel, spürten, dass wir nicht alleine sind.

Ich habe Demenz. Bitte haben Sie etwas Geduld. Danke.

Natürlich mag jemand sagen: Das ist Verdrängung. Jörg und ich

Engel begegnen uns. „Es müssen

„Gottes Friede, der höher ist als eure

empfinden das nicht so. Wir sind

nicht Engel mit Flügeln sein.“ Da sind

Vernunft, bewahre eure Herzen und

dankbar für unseren Glauben und

Menschen, die uns ihre konkrete

Sinne.“ – Worte aus dem sonntägli-

erleben ihn als großen Schatz.

Hilfe anbieten, die einfach da sind,

chen Segen unseres Gottesdienstes.

Worte aus der Tageslosung, Gebete,

aber auch verstehen, wenn wir ein-

Verse, Lieder bekommen noch ein-

fach nur Ruhe haben möchten. Und

Möge genau dieser Friede uns alle

mal eine tiefere Bedeutung, tragen

da sind Menschen, die für uns beten.

durch unseren Alltag und unser

uns durch den Alltag.

Danke dafür.

Leben begleiten – gerade auch in

Es ist nicht so, dass wir mit Leich-

Übrigens hat in diesem Monat das

tigkeit durch den Tag gehen, obwohl

Jahr der Dankbarkeit begonnen.

Danke, dass es diesen Frieden, der

wir immer wieder etwas zu lachen

Haben wir, Jörg und ich, nicht viel

über unsere Vernunft geht, gibt! n

und schmunzeln haben. Doch da

Grund, dankbar zu sein? Und ob!!

gibt es eben auch graue und dunkel-

Wir haben eine große Familie, fröh-

graue Zeiten.

liche Enkel und Freunde, über die

stürmischen Zeiten!

Familie T. aus Paderborn


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ERFAHRUNGEN

Die Mundharmonika Ein Schlüssel, um die Herzen der Menschen, die an Demenz erkrankt sind, zu öffnen

Wer kennt nicht das Lied vom „Jungen mit der Mundharmonika“ – er singt von dem, was einst geschah.

einfach zu lernen und vor allem hat man schnellen Erfolg. Schauen Sie im Internet nach:

Wir sitzen in einer Runde zusam-

aufbewahren. Wahrscheinlich sind

men und erzählen von vergange-

in vielen Schubladen und Nachtkäst-

nen Zeiten. Immer wieder steht

chen zuhause solche Schätze, die

Nach einem Arbeitstag und den vie-

ein Mann auf, es ist unruhig. Mit

vergessen sind, die keine Bedeu-

len Eindrücken im Pflegeheim oder

meiner Mundharmonika spiele ich

tung mehr haben. Die Mundhar-

bei Stau auf der Autobahn ist für

ganz leise das Volkslied „Muss i

monika war früher ein Instrument,

mich das Spielen auf der Mundhar-

www.muha-jochen.de.

denn, muss ich denn zum Städtele hinaus“. Schnell wird die Melodie aufgenommen und mitgesungen, erstaunlich ist die Textsicherheit. Wir haben immer Mundharmonikas in unserer Reserve. Ich biete dem Bewohner an, es einmal zu probieren. Er nimmt gekonnt die Mundharmonika, versucht sehr zaghaft hineinzublasen und schon ertönt die Melodie. Verwundert und erstaunt ist er

Vertraute Erinnerungen aufrufen

darüber, „dass er es noch kann.“ Seine Augen strah-

das man sich kaufen und vor allem

monika der Weg zur inneren Ruhe

len vor Glück und er spielt immer

überall mitnehmen konnte. Da

und Gelassenheit. n

wieder und ist für den Vormittag

wurden beim Lagerfeuer Wander-

glücklich und beschäftigt.

lieder gespielt oder in schweren Zeiten an der Front haben vertraute

Erinnerungen sind Wirklichkeit

Klänge Geborgenheit vermittelt. Die

geworden, Verschüttetes wurde

Mundharmonika ist ein Schlüssel

wieder entdeckt. Er freut sich richtig,

von vielen, die Töne sind weich und

als ich auf die Mundharmonika

nicht schrill. Ein kleiner Tipp: Ich

Maria Plepla-Peichel,

seinen Namen aufklebe und will

spiele nicht nach Noten, sondern

Inhaberin eines Pfle-

diese in seinem Nachtkästchen

im Punkt – Strich – System. Es ist

gehauses, Setzingen


TITELTHEMA

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Kann denn Liebe Sünde sein? Spiritualität und Sexualität in der Begleitung älterer Menschen in der Pflege Hanne T. pflegt seit drei Jahren ihren Mann Wilfried. Sie wird dabei von einem ambulanten Pflegedienst unterstützt. Seit einigen Monaten kommt es zunehmend vor, dass Wilfried T. gerade die jungen weiblichen Pflegekräfte während der Pflege an der Brust berührt. Eine junge Pflegerin spricht Hanne T. auf die Situation an. Hanne ist peinlich berührt.

anderer Bewohner/innen und Patient/

mung gedeutet. Geht man davon

innen und Angehöriger überschrei-

aus, dass sich der Mensch in seiner

ten. In den folgenden Überlegungen

leib-seelischen Ganzheit auch im

betrachten wir das Thema „Sexualität

Hinblick auf die Sexualität als Bezie-

im Alter“ jedoch nicht unter juris-

hungswesen zeigt, kommt hiermit

tischen Gesichtspunkten, etwa zur

eine weitere Betrachtungsweise ins

Strafbarkeit sexueller Übergriffe oder

Spiel: Sexualität als Ausdruck von

zur Prävention eines (sexuellen) Miss-

Liebe und Partnerschaft und damit

brauchs von Schutzbefohlenen.

der Wunsch, geachtet sein zu wollen, Zugehörigkeit und Nähe – auch

Unser Zugang geht vielmehr davon

durch Berührung – zu erleben. Wird

aus, dass es für die Gestaltung

diese Sichtweise in die Planung

pflegerischer Anforderungssituatio-

und Gestaltung von Pflege einbezo-

In einem gerontopsychiatrischen

nen hilfreich sein kann, das Thema

gen, stellt sich die Frage nach dem

Wohnbereich haben sich Rosi und

„Sexualität im Alter“ auch unter

Umgang mit dem Phänomen „Sexu-

Wolfgang miteinander angefreundet.

dem Gesichtspunkt von Identität

alität im Alter“ nicht allein auf der

Beide sind verheiratet und werden

und persönlichen Wertüberzeugun-

Ebene einer funktionalen Verwirk-

regelmäßig von ihren Partnern

gen, aber auch von Trägeridentität

lichung. Sie hilft vielmehr dabei,

besucht. Im Spätdienst wird die

und Ethos konfessioneller Einrich-

den Menschen in seinem Wunsch

Wohnbereichsleitung von Angehö-

tungen im Gesundheitswesen in

nach Kontakt und Verbundenheit zu

rigen anderer Bewohner darauf auf-

den Blick zu nehmen. Dazu lassen

sehen und von dorther die Mög-

merksam gemacht, dass die beiden

sich im diesem Rahmen folgende

lichkeiten und Rahmenbedingun-

im Gemeinschaftsraum intensiv

Denkanstöße formulieren:

gen zum Umgang mit dem Thema

Zärtlichkeiten austauschen. In vielfältigen Facetten begegnet Pflegenden und anderen an der Versorgung älterer Menschen

„Sexualität im Alter“ zu bestimmen.

1. Sexualität ist mehr als ein Bedürfnis nach körperlicher Erfüllung

Beteiligten in ihrem Berufsalltag das

2. Die christliche Tradition und Morallehre hat viele heute ältere Menschen geprägt

Thema „Sexualität im Alter“. In ihrer

In pflegerischen Zugängen begeg-

professionellen Kompetenz und

net uns das Thema „Sexualität im

Die christliche Tradition hat in ihrer

Achtsamkeit setzen sich Pflegende

Alter“ häufig unter dem Stichwort

Deutung der menschlichen Sexu-

empathisch und oftmals sehr kreativ

„Bedürfnis“. Um das Phänomen

alität zuweilen schwer an der Last

mit den Bedürfnissen ihrer Bewoh-

Sexualität in seiner Bedeutung für

einer Morallehre zu tragen, die diese

ner/innen und Patient/innen ausein-

die Pflege in den Blick zu nehmen,

über Jahrhunderte in Kategorien

ander, die den sensiblen Bereich der

wird es je nach Versorgungsmodell

von „natürlich/widernatürlich“, „rein/

Sexualität und körperlichen Intimität

zunächst meist als körperliches

unrein“, „erlaubt/unerlaubt“, „Pflich-

betreffen. Zugleich erleben sie auch

Grundbedürfnis wie Essen, Trinken,

ten“ und „Verbote“ etc. beschreibt.

Situationen, in denen Bewohner/

Schlaf etc., sodann auch als sozia-

Viele unserer heute Alten sind mit

innen und Patient/innen im Ausdruck

les oder spirituelles Bedürfnis und

einer Moralerziehung aufgewachsen,

ihrer Sexualität die persönlichen

von dorther als Maßstab für die

die ihrem Empfinden nach gerade

Grenzen der Versorgenden oder auch

Verwirklichung von Selbstbestim-

im Hinblick auf das Thema Sexualität


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TITELTHEMA

eine positive Auffassung der eige-

wie wir sie etwa aus den biblischen

im Blick zu behalten, um auf dieser

nen Identität eher verhindert hat,

Texten kennen. Vor dem Hintergrund

Basis das Verhalten ihres Man-

indem diese ausschließlich mit den

des christlichen Menschenbildes

nes besprechbar zu machen und

Begriffen Scham, Schuld, Unreinheit

wird dabei zugleich jede Form einer

nach Handlungsmöglichkeiten im

und (Un-)Sittlichkeit in Verbindung

Sexualität problematisiert, die bein-

Umgang mit seinem Wunsch nach

gebracht wurde. So war bis in die

haltet, dass der andere Mensch als

körperlicher Berührung zu finden.

jüngste Kirchengeschichte hinein

Objekt von Bedürfnisbefriedigung

Für unser zweites o.g. Beispiel kann

die Warnung vor dem sexuellen

etc. entwürdigt wird.

es in der Reflexion von Handlungs-

Sittenverfall ein nicht unerheblicher

möglichkeiten wohlmöglich konkret

Bestandteil religiöser Erziehung der Gläubigen. Wird das Thema Sexualität in der pflegerischen Versorgung älterer Menschen virulent, ist hier ein deutliches Bewusstsein für die Sozialisations- und Generationsunterschiede in Bezug auf Werte und

darum gehen, auf der Grundlage

4. Auftrag konfessioneller Einrichtungen, die Menschen im Alter begleiten und versorgen, ist es, sich ihres Umgang mit dem Thema „Sexualität im Alter“ zu vergewissern

des konfessionellen Trägerleitbildes, das die Wertschätzung der einzelnen Person in den Mittelpunkt stellt, zunächst die verschiedenen Perspektiven der Beteiligten (alter Mensch, Angehörige, Besucher, Pflegepersonal, Einrichtung) zu differenzieren.

Moralerziehung hilfreich, etwa um mögliche Sprachbarrieren zu Fragen

Für Mitarbeitende konfessionel-

Von dorther werden bspw. die unter-

rund um das Thema Sexualität im

ler Einrichtungen der Altenhilfe

schiedliche Wahrnehmung der Situ-

Blick zu haben oder auch Raum zu

entstehen immer wieder Anforde-

ation aus der Sicht der von Demenz

geben für einen Schutz von gelebter

rungssituationen, in denen sie eine

betroffenen Bewohner und der

Sexualität im Alter.

Handlungsorientierung im Umgang

orientierten Beteiligten bzgl. eines

mit dem Thema „Sexualität im Alter“

entwürdigenden oder auch beste-

benötigen. Für eine entsprechende

hende Partnerschaften verletzendes

Vergewisserung ist es hierbei grund-

Verhalten genauer erkennbar und

legend, Fragen der Trägeridentität

somit auch Handlungsmöglichkeiten,

– Menschenbild, Werthaltung etc.

die die Intimität, die Selbstbestim-

3. Sexualität ist Geschenk Gottes und grundlegender Wesensvollzug des Menschen

– einzubeziehen, um eine Sprach-

mung und auch die Grenzen aller

Die Theologie des 20. und 21. Jahr-

und Handlungsfähigkeit zum Thema

Beteiligten sichern, bestimmbar.

hunderts stellt die Beziehung des

sicherzustellen. Dafür kann es hilf-

Menschen zu Gott und zum anderen

reich sein, sich im Team und inner-

„Kann denn Liebe Sünde sein?“,

Menschen in den Mittelpunkt ihrer

halb der Organisation über folgende

stellt der Titel von Zarah Leander aus

Überlegungen. Der menschlichen

Dinge zu verständigen:

dem Jahre 1938 die Frage. Wenn wir

Sexualität wird hierbei eine positive

• Welche Vorstellungen habe ich

uns diese Frage im Hinblick auf eine

Bedeutung, ja eine eigene Würde

selbst vom Thema Sexualität? Wie

achtsame Begleitung von älteren

beigemessen. Sie wird als Geschenk

bin ich da geprägt?

Menschen in Pflege und Begleitung

Gottes und Ausdruck innigster Ver-

stellen, uns sensibilisieren lassen für

bundenheit mit dem anderen Men-

unsere Bewohnerinnen und Bewoh-

die Moralerziehung unserer jetzi-

schen benannt. In ihrer grundsätzlich

ner/Patientinnen und Patienten und

gen Alten in Bezug auf Sexualität

positiven Deutung menschlicher

deren Angehörige?

und Identität, wenn wir dabei die

Sexualität und der inneren Bezogen-

• Was ist unser Auftrag als Einrich-

innere Bezogenheit von Sexualität

heit von Leidenschaft und liebender

tung?

und Liebe aufeinander annehmen,

Welche Vorstellungen haben

Hingabe aufeinander knüpft die

wie sie im christlichen Menschen-

Theologie der Gegenwart auch an

Im Hinblick auf unser erstgenann-

bild grundgelegt ist, können wir

eine positive Deutung menschlicher

tes Beispiel kann dies etwa konkret

neue Räume eines konstruktiven

Leiblichkeit und Verbundenheit an,

bedeuten, die Scham der Ehefrau

Umgangs mit dem Thema „Sexua-


RUBRIK

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Auch Senioren sehnen sich nach körperlicher Liebe lität im Alter“ schaffen. Wir können

die „Sexualität im Alter“ zum

eine Sprach- und Handlungsfähigkeit

Thema wird, in der Perspektive der

fördern, die das Thema weder auf

Liebe, wie sie Franziskus versteht,

die Vermeidung von Übergriffen

begegnen, stehen wir ein für eine

und „unangepasstem Verhalten“

zugewandte Begleitung des alten

noch auf einen allein pragmatischen

Menschen und seiner Angehörigen.

Umgang mit Angeboten und Hilfs-

Wir machen uns stark dafür, dass

mitteln zur Ermöglichung sexuellen

Menschen bis in Alter, Krankheit

Erlebens reduziert. Ohne Zweifel

und Sterben hinein die Zusage eines

macht das jüngste Schreiben von

Gottes erfahren, der sich ihnen als

Papst Franziskus, „Amoris Laeti-

Hoffnung schenkt, angenommen

tia“ (Die Freude der Liebe), hierbei

zu sein mit allen Erfahrungen ihres

deutlich, wie wesentlich es für eine

Lebens, wie der Prophet Jesaja sagt:

menschenfreundliche Kirche ist, die

„Ja ich will euch tragen bis ins Alter

Assoziation von Liebe und Sünde

und bis ihr grau werdet. Ich will es

aufzukündigen:

tun, ich will heben und tragen und erretten.“ [Jesaja 46,4] n

„Wir dürfen also die erotische Dimension der Liebe keineswegs als ein geduldetes Übel oder als eine Last verstehen […] [sie [zeigt] uns vielmehr das Wunderbare […], zu dem das menschliche Herz fähig ist.“

Dr. Andrea Schaeffer, Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e.V., Referentin für Hospiz-

Wenn wir im Pflegealltag den Anforderungssituationen, in denen

arbeit und Palliativversorgung, Abteilung Altenhilfe

Quellen: Benedikt XVI, Enzyklika „Deus Caritas est“ (Weihnachten 2005). Böckle, Franz, Ja zum Menschen. Bausteine einer konkreten Moral (Freiburg i Br. 1992). Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hg.): Forum Sexualaufklärung und Familienplanung. Heft 1/2, 2003: Alter und Sexualität: http://publikationen.sexualaufklaerung.de/index. php?docid=367 Franziskus I, Nachsynodales Schreiben „Amoris Laetitia“ (April 2016). Goertz, Stephan, Sexualität und Christentum. Zur Sexualmoral der katholischen Kirche: http://www.moral.kath. theologie.uni-mainz.de/Dateien/Sexualitaet.Christentum_Trier2015.pdf Hilpert, Konrad (Hg.), Zukunftshorizonte katholischer Sexualethik (Freiburg i. Br. 2011). Zweites Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution Gaudium et Spes.


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TITELTHEMA

Sie bekommen doch was mit! Menschen mit Demenz haben einen sechsten Sinn

dass mir das niemand anmerkt. Ich habe erwartet, dass Johanna beim Abendgebet in etwa so viel Wörter

„Die Oma kriegt ja nichts mehr mit.“ Das kann man häufig hören, wenn jemand über seine demente Großmutter spricht. Warum ich glaube, dass das nicht stimmt und was wir von dementen Menschen lernen können, will ich hier aufzeigen.

mit spricht wie an anderen Abenden. Aber: weit gefehlt. Starr lag die Dame im Bett. Sie hatte Schweißperlen auf der Stirn. Und betete kein einziges Wort mit. Spätestens seit

Die Taube auf dem Bürgersteig

diesem Tag weiß ich, dass demente

Ich habe als Krankenpfleger eine Frau in der letzten Phase ihrer Demenz

Menschen in manchen Punkten

begleitet. Nennen wir sie Johanna. Johanna hat die Menschen um sich nicht

sensibler sind als Menschen ohne

mehr erkannt. Einmal begrüßte sie mich mit „Hallo Peter.“ Dann sagte sie

Demenz. Ich bin vorsichtig gewor-

zu mir: „Waren Sie gerade im Garten, Herr Schneider?“ Offenbar wusste sie

den, von dementen Menschen zu

auch nicht mehr, wer sie selber ist und wo sie sich befindet. Sogar wenn man

behaupten, dass sie nichts mehr

sie Redensarten ergänzen ließ, konnte sie diese nicht mehr vervollständigen.

mitbekommen. Denn da kann man

Einmal ergänzte sie: „Besser der Spatz in der Hand als die Taube auf dem …

sehr daneben liegen...

Bürgersteig.“ Naja – das stimmt leider nicht ganz.

Ausgeglichen sein Wenn die Worte beim Beten fehlen

Wer mit dementen Menschen zu

Wenn ich Johanna abends ins Bett brachte, betete ich danach immer das

tun hat, tut sich und seinem Schutz-

„Vater unser“ mit ihr. Sehr interessant: Je nach Tagesverfassung betete sie

befohlenen den größten Gefallen,

manchmal mehr, manchmal weniger Worte mit. Meine Neugier war geweckt:

wenn er selber Kraft tankt. Dies

Wann betet Johanna mehr mit? Und wann weniger? Wann fühlt sie sich wohl

geschieht zum Beispiel dadurch,

dabei? Welche Faktoren helfen ihr, sich besser zu fühlen?

dass man immer wieder Abstand vom Betroffenen nimmt. Angehöri-

Was tut dementen Menschen gut?

gen ist es eine Hilfe, wenn sie sich

Also habe ich bewusst darauf geachtet. Nachdem ich abends Johanna

eine Stunde vertreten lassen und im

pflegte, habe ich notiert: Wie viele Worte hat sie heute mit gebetet? Wie wirkte

Wald spazieren gehen. Pflegekräften

sie dabei? Und welche Faktoren waren heute anders als an anderen Tagen?

hilft es, zwischendrin eine Tasse Kaf-

Nachdem ich das hundertmal gemacht hatte, habe ich meine Notizen ausge-

fee zu trinken und mit ihren Kollegin-

wertet. Mir fiel auf: Es gab Faktoren, die Johanna dabei unterstützten, mehr

nen zu sprechen. Sport hilft auch, um

mitzubeten. Andere Punkte bremsten sie eher. Hilfreich war, wenn ich ihre

Stress abzubauen.

gefalteten Hände mit meinen Händen umschloss. Auch wenn ich Johanna mit ihrem Namen ansprach, wirkte sie zufriedener. Augenkontakt tat ihr ebenfalls

Eine „Übergabe“ an Gott

gut. Wenn klassische Musik im Hintergrund lief (diese Musikrichtung hat sie ihr

Für eine Pflegekraft beginnt und

Leben lang bevorzugt), betete sie mehr Worte mit. Als die Tochter eines Abends

endet jede Schicht mit einer Über-

die Charts im Radio laufen ließ, betete Johanna dagegen kein einziges Wort mit

gabe: Man erzählt der Kollegin, wie

und schaute mich nur mit starren Augen an. Konnte sie mich beim Gebet nicht

es den Heimbewohnern geht. Man

sehen, weil ich hinter ihr stand, betete sie ebenfalls weniger Wörter mit.

übergibt ihr das Diensttelefon, den Schlüssel für das Betäubungsmit-

Ein verblüffendes Ereignis

telfach – und vor allem die ganze

Eines Tages hatte ich einen anstrengenden Spätdienst einschließlich Konflikt

Verantwortung. Wenn ich um 14

mit einer Arbeitskollegin. Ich hatte kaum Zeit und war gestresst. Die Ausein-

Uhr meine Übergabe gemacht habe

andersetzung mit meiner Kollegin ging mir noch durch den Kopf, als ich

und nach dem Frühdienst das Haus

abends Johanna pflegte und ins Bett legte. Aber natürlich ging ich davon aus,

verlasse, geht mich alles nichts


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mehr an. Egal, ob um 15 Uhr das Haus abbrennt, drei Bewohner stürzen oder

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Uli Zeller bei der Arbeit

jemand einen Herzinfarkt hat. Ähnlich ist es, wenn ich Gott etwas übergebe. Ich kann sagen: „Gott, ich übergebe dir Johanna. Sie macht mir Mühe. Nimm du mir diese Sorgen fort.“ Und dann darf ich wissen: Gott ist bei Johanna.

Uli Zeller arbeitet als

Ich muss mir keine Sorgen um sie machen. Ich habe sie ihm übergeben.

Seelsorger, Kranken-

Das hilft, entspannt zu sein. Ich muss zwar einräumen, dass es bei mir nicht

pfleger und Betreuer

immer funktioniert. Weil ich doch nicht immer so gut los lassen kann, wie ich

in einem Altenheim

möchte. Aber allein sich darüber bewusst zu sein, dass ich Gott alles überge-

in Singen / Htw. Sein

ben kann, empfinde ich als Schritt in die richtige Richtung.

Theologiestudium hat er mit einer Masterarbeit zum

Entschleunigung

Thema „Demenz & Seelsorge“

Von dementen Menschen können wir viel lernen. Entschleunigung zum

abgeschlossen. Er schreibt alle zwei

Beispiel. Dr. Markus Müller wirft in seinem Buch „Lebensplanung für Fort-

Wochen die Kolumne „Uli & die

geschrittene“ (SCM) die interessante Frage auf: Kann es sein, dass demente

Demenz“ auf www.die-pflegebibel.

Menschen sich deshalb aus unserer Gesellschaft zurückziehen, weil das die

de – dort finden sich Tipps und

einzige Möglichkeit ist, aus unserer beschleunigten Lebensweise auszubre-

Gedanken rund ums Thema Demenz.

chen? Er sieht Demenz also als eine Art Erinnerung daran, nach neuen Wegen

Uli Zeller hält auch Vorträge und

zu suchen, die uns dabei helfen, ein entspannteres Leben zu führen. Abstand

Seminare über den Umgang mit

zu sozialen Medien in unseren Alltag einbauen. Sich einmal einen Tag in die

Demenz. Von ihm sind im Brunnen-

Natur zurück ziehen. Stille aushalten. In einen Gottesdienst gehen.

Verlag zwei Bücher erschienen:

Gefühl ergänzt Verstand Demenz-Expertin Naomi Feil weist in den Büchern über ihren Ansatz der „Validation“ immer wieder darauf hin, dass demente Menschen auf einer

Frau Krause macht

tieferen Ebene verstehen. Wenn man ihnen etwas vorgaukelt, merken sie,

Pause. Andachten

dass das auf einer tieferen Ebene nicht stimmt. Wenn eine demente Frau mit

zum Vorlesen für

90 Jahren etwa nach ihrer Mutter fragt, sollte man nicht sagen: „Die Mutter

Menschen mit

ist gerade einkaufen.“ Denn die Frau wird auf der Gefühlsebene merken, dass

Demenz.

man sie angelogen hat. Stattdessen könnte man sie fragen: „Was hast du gern mit deiner Mutter gemacht?“ Und dann auf das eingehen, was die Frau sagt. Demente Menschen merken, wenn man ihnen falsche Tatsachen vorgaukelt. Sie haben einen sechsten Sinn. Von ihnen kann man lernen, dass wir als

Frau Janzen geht

Menschen auch Gefühle haben, die wir wahrnehmen sollten: Was sagt uns

tanzen. Fröhliche

unser Bauchgefühl? Was sagt uns die Intuition?

Geschichten zum Vorlesen für Men-

Mit dem Tod Frieden schließen

schen mit Demenz.

Bei Menschen mit Demenz sieht man den körperlichen Zerfall. Man sieht, dass sie abbauen. Vielleicht haben manche Menschen Angst vor der Begegnung mit dementen Menschen, weil sie diese an den eigenen Tod erinnern. Der Tod aber gehört zum Leben. Es ist eine wichtige Lebensaufgabe, damit Frieden zu schließen, dass wir eines Tages nicht mehr sein werden. Men-

Im Herbst 2016 erscheint von ihm

schen mit Demenz erinnern uns daran, unser Leben zu ordnen. Frieden zu

ein Ratgeber für Angehörige von

schließen mit unseren Verwandten. Den Nachlass regeln. Uns Gedanken

Menschen mit Demenz.

über unsere gewünschte Bestattungsform zu machen und mit Angehörigen darüber zu sprechen. n


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TITELTHEMA

In einer anderen Welt Der Sitz des Lebens: Kopf oder Herz?

sagt: „Das Herz eines Menschen ist der Anfang und das Ende aller Dinge“. Nicht der Verstand ist der Anfang und das Ende aller Dinge, nein – es ist das Herz. Das ist eine

Kürzlich sah ich, die Treppe vom Bahnsteig des Bahnhofs Köln-Süd herabkommend, auf dem Bürgersteig einige weiß aufgesprayte Zeilen. „Bei gleicher Umgebung lebt doch jeder in einer anderen Welt.“ Arthur Schopenhauer. All die zur Arbeit hastenden Menschen sollten in einer eigenen Welt leben? Dieses Graffity macht nachdenklich. Dies umso mehr, als ich gerade auf dem Weg zu einer Veranstaltung war, die unter der Überschrift stand „Wege zu einem Miteinander mit demenzerkrankten Menschen“. Ist es nicht genau das, was wir oft erleben: „Bei gleicher Umgebung lebt doch jeder in einer anderen Welt.“

schmerzliche Erkenntnis für eine Gesellschaft, die sich als Wissensgesellschaft sieht und Menschen nach Bildung und Leistungsfähigkeit beurteilt. Alles wird verstandesgemäß beurteilt. Und nun kommen wir als Christen und sagen: Das Leben ist ein Wert an sich – ja, das Herz ist mehr als ein Organ, es ist zuallererst Sinnbild des Lebens. Ist das eine neue Torheit von uns Christen – um mit Paulus zu sprechen? Das Erleben von Demenz wirft uns zurück auf die tiefste Erfahrung von Leben vor allem Verstand. Der Verstand folgt dem Leben und das Leben ist da – auch ohne Verstandesleistung – so zeigt es uns die Demenz. Das

Der Philosoph Schopenhauer vertrat die Auffassung,

erleben wir in jedem an Demenz erkrankten Menschen,

dass nur das real – wirklich – ist, was ich wahrnehme.

den wir anschauen. Und wir spüren, es gibt Grundbe-

Jede und jeder von uns lebt in seiner Welt! Schopen-

dingungen des Lebens, die der Verstand nicht erbringen

hauer hat also in gewisser Weise Recht. Jede und jeder

kann. Wir spüren die tiefe Abhängigkeit des Lebens von

von uns erlebt die Welt, die Geschehnisse, seine Umwelt

einem Gehaltensein – einer Geborgenheit, die aller Wahr-

ganz unterschiedlich, obwohl es dieselben Erlebnisse

nehmung vorausgeht. Es gibt Situationen, in denen wir

sind. Und in der Tat erleben wir dies in der Begegnung in

uns nicht mehr selber Halt geben können – weil wir um

besonderer Weise mit an Demenz erkrankten Menschen.

den Verstand gebracht sind.

Wir sind im selben Raum, im selben Zimmer des Altenpflegeheims oder zu Hause und leben doch zunehmend

Im Neuen Testament lesen wir dies, wenn Menschen

in anderen Welten.

als vom Dämon befallen beschrieben werden. Dämon bedeutet im Griechischen „vom Geist abgeschieden“

Und wir fragen uns: Kennen wir sie – ihre Welt, ihr aktuel-

sein, – nicht mehr Herr seiner selbst sein. In den Evan-

les Erleben, ihr Fühlen, ihre Freude, ihr Getriebensein, ihre

gelien lesen wir, wie Jesus diesen Menschen begegnet,

Traurigkeit, ihre Angst, ihre Hoffnung, ihren Glauben, ...?

die nicht mehr Herr ihrer selbst sind – von Sinnen, so zu

Wie oft sind uns ihre Reaktionen fremd? Wo leben sie?

sagen ohne Verstand sind. Er begegnet ihnen ohne Vor-

So weit weg scheinen sie von unserer Wahrnehmung der

wurf, ohne Vorverurteilung, ohne Ausgrenzung, – nein, er

Umwelt. Unser Verstand kommt an eine Grenze – das

sieht sie an, berührt sie, spricht zu ihnen, gibt dem verlo-

verunsichert uns. Das ist doch einfach nicht zu verstehen.

renen Geist Geborgenheit und befreit sie aus ihrer Angst.

Zumal in einer Zeit, in der Verstandesleistung, Wissen,

Er überschreitet die Grenze des Verstandes und schaut

bewusstes Entscheiden können, der Maßstab ist, um

auf ihr Leben. Er berührt ihr Herz und er trifft ihr Herz.

Mensch zu sein. Nicht der Herztod ist heute entscheidend,

Und sie spüren: Ich bin kein hoffnungsloser Fall mehr,

sondern der Hirntod als Ort der Verstandesleistung. Als

sondern ein lebendiger Mensch. Ein Mensch, den Gott

Ort, dass ich mir selbst bewusst bin. In der Bibel lesen wir

im Mutterleib geformt hat. Ein Mensch, dessen Namen

nicht, Gott schenkte den Verstand, sondern Gott schenkte

er eingezeichnet hat in seine Hand. Jesus schenkte diese

das Leben – und erst mit dem Leben schenkte er dem

tiefe Erfahrung: Dein Leben ist verbürgt und im letzten

Menschen den Verstand. Er hauchte dem Menschen

geborgen. Dein Leben ist nicht vergessen. In diesem

zunächst das Leben ein. Und erst nach und nach gewinnt

Sinne überschritt Jesus die Grenzen des Verstandes und

der Mensch Erkenntnis über sich, die Welt und das Leben.

trat ein in die Welt des Anderen.

Der Sitz des Lebens war daher in der Antike und im

Und in der Tat kommt hier der mögliche Weg zum Mitein-

Judentum nicht der Kopf – sondern das Herz. Leo Tolstoi

ander in den Blick, wenn wir spüren, dass zwar der Ver-


Bei

gleicher lebt

in

Umgebung

doch

einer

TITELTHEMA

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jeder

anderen

Welt

Erst nach und nach gewinnt der Mensch Erkenntnis über sich, die Welt und das Leben. stand dement wird, „das Herz wird aber nicht dement“.

Reden hat ein Ende, Zungenrede verstummt, Erkenntnis

Als Christen zeichnen wir uns nicht dadurch aus, dass wir

vergeht. Denn Stückwerk ist unser Erkennen.“ Und einige

auf das Äußere eines Menschen schauen, sondern dass

Zeilen weiter: „Jetzt schauen wir in einen Spiegel und

wir auf das Herz des Menschen schauen – auf das Leben.

sehen nur rätselhafte Umrisse, dann aber schauen wir von

Und vielleicht geht es manchem Verstandesmenschen so,

Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich unvollkommen,

wie den Menschen damals, als sie diese Nachfolgege-

dann aber werde ich durch und durch erkennen, so wie ich

meinschaft Jesu in ihrem Dienst am Nächsten erlebten:

auch durch und durch erkannt worden bin. Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten

„Diese Christen sind doch Toren. Die haben den Ver-

unter ihnen ist die Liebe.“

stand verloren, sich um Menschen zu kümmern, deren Verstand nichts mehr leistet, die krank sind. Das bringt

Gibt es noch etwas Verbindendes, wenn der Verstand

doch nichts.“ Vielleicht ist es manchmal eine Torheit für

verwirrt ist? Wenn jeder „bei gleicher Umgebung doch

andere, wenn sie erleben, dass wir tiefer schauen, weil

in einer anderen Welt lebt“, wie Schopenhauer sagte.

wir ahnen, dass es eine tiefere Wirklichkeit gibt, einen

Ja, für uns Christen schon. Und wir glauben, dass diese

tieferen Grund, in dem alles liebevoll aufgehoben war,

Wirklichkeit spürbar ist, jenseits aller menschlicher Ver-

ist und sein wird. Dass von Gott her das Leben mehr ist

standeskategorien. Wenn ich mir selbst die Antwort nicht

als nur menschliche Verstandesleistung. Wir glauben als

mehr geben kann, dann brauche ich den Anderen. Der,

Christen, dass es hinter dem Verstand, dem sich bewusst

der mir sagt, Dein Leben ist wert, Dein Leben ist teuer,

wahrnehmen können, eine noch tiefere Wirklichkeit des

Dein Leben ist geliebt.

Lebens liegt. Blaise Pascal, Mathematiker und Mystiker schrieb so treffend: „Das Herz hat seine eigenen Gründe,

Wert, teuer, Liebe heißt im lateinischen Caritas. Caritas

die der Verstand nicht begreift.“

ist eben wirklich ein Herzensanliegen. Denn mein Herz wird nicht dement – unser Herz vergisst den Anderen

Nicht einsam zu sein im Meer der Eindrücke und Ver-

nicht. Dank an all die Angehörigen, die Pflegenden, die

unsicherungen, sondern sich gehalten zu fühlen durch

Ärzte und Alltagsbegleiter, die sozialen Dienste und Sozi-

die Hand, die mich hält, durch den Schritt neben mir,

alarbeiter/innen, die als Grenzgängerinnen und Grenz-

der meinen Schritt sicher führt, durch die Berührung,

gänger zwischen den Welten liebende Reisebegleiter des

die mich mich selbst spüren lässt, durch den weichen

Lebens sind. Eines Lebens, dem etwas widerfährt, was

Klang der Stimme, die mir vertraut ist und durch den

wir alle fürchten, uns selbst zu verlieren in der Welt.

mir zugewandten Blick, der meine Identität sichert. In solchen Momenten überschreiten wir die Grenzen des

Sie tun es freiwillig, selbstlos, sie nehmen sich Zeit, mit

Verstandes, wird spürbar – wir können „cor unum“ – für

und ohne Bezahlung und Eigennutzen, weil ihnen die

Momente ein Herz werden.

älteren und an Demenz erkrankten Menschen ein Herzensanliegen sind. Mit ihrem Engagement sind sie ein

Ein Herz werden, weil wir das Leben, so wie es ist, lieben.

Segen Gottes. n

Wir tun etwas Göttliches, weil Gott, diese Liebe ist, die uns verbindet. Das sagt kein geringerer als Papst Benedikt XVI in seiner ersten Enzyklika. Vielleicht hören wir das hohe Lied der Liebe im 1. Kor. Brief mit ganz anderen Ohren im Anblick von uns lieb gewordenen, an Demenz erkrankten

Bruno Schrage, Dipl. Theologe,

Menschen. Die Liebe „erträgt alles, glaubt alles, hofft alles,

Dipl. Caritaswissenschaftler, Referent für

hält allem stand. Die Liebe hört niemals auf. Prophetisches

Caritaspastoral im Erzbistum, Köln


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TITELTHEMA

Kulturelle Teilhabe für Menschen mit Demenz Eine schöne Zeit erleben

den Besuch eines klassischen Konzerts für eine Gruppe hochaltriger und demenziell veränderter Bewohner.

Wie soll das gehen?

Wieviel kulturelle Teilhabe ist für Menschen mit Demenz möglich? Und wie kann sie gewährt werden? dementia+art hat 2013 bis 2014 für den Ballungsraum Köln im Auftrag der Robert Bosch Stiftung und der Aktion Demenz e. V. ein Pilotprojekt durchgeführt, dessen Ergebnisse hier geschildert werden:

Unser Projekt wollte praktikable Antworten geben und nachhaltige Strukturen einrichten. Von Anfang an sahen wir uns jedoch auch in der Pflicht, das Recht auf kulturelle Teilhabe argumentativ zu verankern, um Angebote und Nachfrage deutlich nachhaltiger gestalten zu können.

Ziele des Projekts Als ein wichtiger Teil des Projekts erwiesen sich Qualifizie-

• Kulturelle Teilhabe bietet Menschen mit Demenz (ein-

rungen zum „Kulturbegleiter von Menschen mit Demenz“,

schließlich ihrer Angehörigen und der professionellen

sowohl im Kulturbereich als auch im Bereich Pflege /

oder ehrenamtlichen Wegbegleiter) die Chance auf mehr

Betreuung. In diese zwei- bis dreitägigen Workshops

Lebensqualität. Wir wollen zahlreiche Möglichkeiten

gehen Erfahrungen ein, die dementia+art in zahlreichen

schaffen, um gemeinsam eine „Schöne Zeit“ zu erleben.

Kulturinstitutionen, vor allem Museen und Konzerthäu-

• Das Projekt fördert mittels Kunst und Kultur die Integ-

sern, sowie mit den zu schaffenden Netzwerken in Bal-

ration in die Gesellschaft und sensibilisiert Öffentlichkeit

lungsräumen und in ländlichen Gebieten sammeln konnte.

für die Kommunikationsbedingungen und Ressourcen von Menschen mit Demenz. • Voraussetzung war die bessere Vernetzung von Pflege

Ausgangslage

/ Betreuung (ambulante u. stationäre Einrichtungen,

Die Zahl der Menschen mit Demenz wird sich in Deutsch-

Selbsthilfegruppen) und Kulturinstitutionen, um Nachfra-

land in den nächsten Jahrzehnten verdoppeln. Jetzt schon

gen und Angebote besser aufeinander abzustimmen.

gibt es bis zu 1,5 Millionen Menschen, die an einer Form von Demenz leiden. Allein in Köln sind es etwa 35 000.

Es ergeben sich vier thematischen Schwerpunkte von

Nicht wenige von ihnen gehören einer „neuen“ Generation

Fortbildungen, die sich mit dem Warum, dem Wo, dem

an, für die eine kulturelle Teilhabe selbstverständlich ist: ein

Wer und dem Wie beschäftigen.

Museums- oder Theaterbesuch, ein Konzert, ein von Kunst und Kultur geprägtes Umfeld. Und es werden — bedingt

I. Warum das Ganze?

durch ein höheres Bildungsniveau, eine bessere Ausbildung

• Demographische Entwicklung

und einen gehobenen Lebensstandard — immer mehr. Des-

Noch nie sind so viele Menschen so alt geworden. Die

halb gilt es Barrierefreiheit zu schaffen, um die Betroffenen

heute Geborenen werden ein Durchschnittsalter von etwa

und ihre Angehörigen an den schönen Dingen des Lebens

100 Jahren erreichen. Die Gruppe der ältesten Alten ist seit

teilhaben zu lassen. Gerade Kunst, Musik und Kultur öffnen

Ende der 1960er Jahre das am schnellsten wachsende Seg-

dabei Welten. Dies gilt freilich auch für Menschen, die nur

ment der Bevölkerung. Dabei altern die meisten Menschen

wenige oder keine Erfahrungen mit dem Bereich „Hochkul-

heute relativ gesund. Auch viele Hochaltrige empfinden

tur“ haben – sie machen mittlerweile über die Hälfte unse-

sich selbst noch als aktiv und lebensbejahend. Die Kehr-

rer Besucher aus… In Bezug auf Kulturelle Teilhabe gehen

seite dieser Entwicklung ist, dass durch den immer höheren

wir in den Bereichen Museen und Konzerthäuser von zwei

Anteil von alten Menschen an der Bevölkerung auch die

„typischen“ Situationen aus:

Anzahl derjenigen mehr ins Gewicht fällt, die durch körper-

• Eine Angehörige möchte mit ihrem Mann, der an

liche und / oder geistige Krankheiten bestimmte Einschrän-

Demenz erkrankt ist, ein Museum besuchen – wie sie es

kungen haben. Wenn – wie prognostiziert – mehr als ein

vor der Erkrankung viele Male getan haben.

Drittel im hohen Alter eine Demenz entwickelt, stellt dies

• In einer stationären Senioreneinrichtung plant man

schon zahlenmäßig eine besondere Herausforderung dar.


TITELTHEMA

2/2016 CHRISCARE

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• Anthropologische Aspekte und Kreativität Es gibt keine Gesellschaft ohne Kultur. Die Entstehung des Menschen ist von Anfang an mit einer künstlerischästhetischen Praxis einhergegangen. Kreatives Denken zeichnet sich dadurch aus, nicht logisch, sondern eher frei assoziierend nach neuen, originellen Ideen zu suchen. Kreative Menschen gelten als vergleichsweise unkonventionell und autonom. Der Vergleich zur „Kreativität“ von Menschen mit Demenz drängt sich geradezu auf.

• Rechtliche Rahmenbedingungen Mit der Verfassungsreform des Deutschen Grundgesetzes von 1994 wurde Artikel 3, Absatz 3 GG um den Satz ergänzt: „Niemand darf wegen seiner Behinderung

Pilotprojekt von dementia+art in einem Museum

benachteiligt werden.“ Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) definiert sodann die wichtigsten Aspekte

sätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar“ sein.

von Barrierefreiheit für „gestaltete Lebensbereiche“:

Als gesellschaftlich wirkungsvoller erwies sich 2008 die

Orte, Güter, Dienstleistungen, aber auch Informationen.

Konvention der UN über die Rechte von Menschen mit

Diese sollen für behinderte Menschen „in der allgemein

Behinderungen, die in der Folge auch in Deutschland die

üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grund-

nach wie vor anhaltende Inklusionsdebatte auslöste.

Menschen mit Behinderungen

Demenz eine weitere Differenzie-

mit Demenz als Teile der Gesellschaft

Demnach sind es „Menschen, die

rung der Betreuungsangebote auch

anzusehen, die auch ihren Teil beitra-

langfristige körperliche, seelische,

in Richtung kultureller Teilhabe for-

gen wollen, um „Welt“ und „Gesell-

geistige oder Sinnesbeeinträch-

cieren. Änderungen in der Pflege-

schaft“ zu verstehen.

tigungen haben, welche sie in

versicherung in den letzten Jahren

Wechselwirkung mit verschiedenen

begleiten diesen Prozess: sehen sie

Dabei sind wir darauf angewiesen, die

Barrieren an der vollen, wirksamen

doch eine größere Transparenz von

Handlungen, Wünsche und Bedürf-

und gleichberechtigten Teilhabe an

Pflege- und Betreuungsleistungen

nisse von Menschen mit Demenz zu

der Gesellschaft hindern können.“ Ver-

vor. In der Folge wird kulturelle

analysieren. Nicht selten spielen dann

bunden ist damit eine Akzeptanz von

Teilhabe an Orten der „Hochkultur“

– entgegen der auf glatte Effektivität

Behinderungen als Teil der mensch-

zu einem ablesbaren Kriterium von

ausgerichteten Kommunikationspraxis

lichen Vielfalt. Das Recht auf Teilhabe

Qualität werden. Mittelfristig wird

unserer Verstandeskultur – Affekte und

geht somit auf die Beachtung der

dies eine deutlichere Positionie-

Emotionen eine große Rolle.

Menschenwürde zurück und ist nicht

rung von Seniorenhäusern auch im

„nur“ eine Frage des sozialen Wohl-

Bereich „Kulturelle Teilhabe“ zur

Emotionen sind wichtige Ressour-

ergehens. Dieses Leitbild der „Inklu-

Folge haben.

cen von Menschen mit Demenz, um

sion“ entfaltete eine große öffentliche

sich zu orientieren und am sozialen

• Neurologische Aspekte und Emotionen

Leben teilzunehmen. dementia+art

Thema kulturelle Teilhabe auch für den Bereich Hochaltrigkeit „entdeckt“.

Wenn Demenz nach Tom Kitwood

tung seiner Angebote sowie für die

als ein Angriff auf unsere Vorstellung

Gestaltung von Weiterbildungen

Im Pflegebereich wird die demogra-

von Individualität und Autonomie

in beiden Bereichen. Dieser wich-

fische Entwicklung mit ihrer starken

verstanden werden kann, ist es

tige Aspekt soll genauer betrachtet

Zunahme von Menschen mit

umso mehr notwendig, Menschen

werden. In der Biologie wird der

Wirksamkeit. Und allmählich wird das

nutzt dies bewusst für die Gestal-


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TITELTHEMA

allgemeine Prozess der Selbsterschaffung und -erhaltung

die Betroffenen „Eine schöne Zeit“ erlebbar zu machen,

eines Systems als „Autopoiesis“ („sich selbst schaffen“)

muss die Vermittlung auf die Möglichkeiten und Erwar-

bezeichnet. Auch für Menschen gilt sie als entscheidende

tungen dieser besonderen Besuchergruppe eingehen.

Lebenskraft, die dazu führt, die Fähigkeiten eines Indivi-

Dies gelingt durch einen Verzicht auf eine ausschließlich

duums zu maximalisieren. Menschen mit Demenz gelingt

kognitive Wissensvermittlung. Stattdessen verstehen wir

das häufig nicht mehr.

den Bildungsauftrag der Kultureinrichtungen als ressourcenstärkende Einbindung von lebensweltlichen Erfahrun-

Der Heidelberger Gerontologe Andreas Kruse umkreist in

gen und Erinnerungen. Angestrebt wird eine Aktivierung

seinen Schriften und Vorträgen immer wieder die Frage,

von Emotionen – unterlegt mit sensorischen Elementen

ob man – auch angesichts dieser Selbstaktualisierungs-

und verfestigt durch Möglichkeiten der Vor- bzw. Nachbe-

schwäche – mit den Angeboten, wie sie die Kultur bereit-

reitung. Wichtig ist für dementia+art auch die Einbezie-

hält, an noch vorhandene Ressourcen bei Menschen mit

hung des Pflege- und Betreuungsbereichs in den Prozess

Demenz „andocken“ könnte... Er empfiehlt gerade diese

kultureller Teilhabe. Nur dann können nachhaltige Struk-

Art der Teilhabe, weil Kunst, Musik und Kultur sich mit

turen gebildet werden.

ihren emotionsnahen Inhalten als besonders geeignet erweisen – orientiert an der Biografie des Betroffenen –, die verbliebenen „Inseln des Selbst“ in der Persönlichkeit

Hemmnisse

eines Betroffenen anzusteuern, um ein Versinken (im

Dennoch ist nicht zu übersehen, dass die Bereiche Kultur

Sinne der Mäeutik) zu verhindern.

und „Pflege“ – ungeachtet der Bedeutung von cultura (lat. „Pflege“) – normalerweise wenig Gemeinsamkeiten haben. Hinzu kommt eine hohe Fluktuationsrate im

Ressourcenstärkung

Demenzbereich. Umso mehr scheint es lohnend, jene

Unsere Praxis im Museum oder im Konzert bestätigt: Die

Barrieren zu beseitigen, die eine aktive Teilhabe an Kunst

lebhaften Reaktionen von Betroffenen sind zugewandt und

und Kultur erschweren oder verhindern.

eindeutig; die Rückmeldungen von Angehörigen und von professionell oder ehrenamtlich Betreuenden sprechen von

Denn: Geprägt durch einen bunten Strauß von Hemm-

vorher nicht zu erwartenden Reaktionen, die auf lebendige

nissen verwundert es nicht, wenn wenig Begeisterung

Teilhabe und ein hohes Maß an Konzentration hinweisen.

in einer Senioreneinrichtung darüber herrscht, zu allen

Diese Wirkungen können eine Zeit lang anhalten – aller-

anderen Aktivitäten nun auch noch Kulturangebote für

dings handelt es sich weder um eine Therapieform noch um

Menschen mit Demenz auf Dauer begleiten zu sollen.

ein Bildungsangebot. Entsprechend gestaltet dementia+art

Da gibt es oft wenig Kenntnis über kulturelle Angebote,

– in genauer Kenntnis und unter Beachtung des Krankheits-

mangelndes Selbstbewusstsein, einen niedrigen Bil-

bildes – seine Angebote nach dem Motto „Eine schöne Zeit

dungsstand, schlechte Erfahrungen aus der Vergangen-

erleben“: Ressourcenstärkung, das Recht auf Teilhabe und

heit, Angst vor mangelndem „Fachwissen“.

Lebensqualität sind für uns realistische Ziele. Wenn man für Menschen mit Demenz jedoch dauerhaft

II. Wo findet es statt?

Teilhabe an solchen Orten ermöglichen will, gilt es solche

Warum werden Kulturangebote für Menschen mit Demenz verstärkt nachgefragt?

„Schwellen“ bei Pflegenden und Betreuenden abzu-

dementia+art hat – gemeinsam mit zahlreichen Kultur-

Begleitung angewiesen ist.

bauen, auf deren Engagement und Empathie man in der

partnern – eine Reihe von Voraussetzungen und Bedingungen für jene Angebote erarbeitet, die sich an diese

Vorauszusetzen ist deshalb für den Kulturbereich

besondere Zielgruppe richten:

zunächst eine verständliche Sprache und die Bereitschaft zuzuhören. Von Vorteil sind zudem feste Ansprechpart-

Wesentlich ist, dass wir vom Krankheitsbild ausgehen

ner (in beiden Bereichen). Im Kulturbereich ist eine

und nicht von bestehenden Kulturangeboten. Um für

Fortbildung der Vermittlungspersonen in Bezug auf das


TITELTHEMA

2/2016 CHRISCARE

Krankheitsbild, die besondere Kom-

starke Verschränkung von angepass-

Dabei geht es um die inhaltli-

munikation und spezifische Unterstüt-

ter Kommunikation und lebenswelt-

che Vorbereitung (Bilder, Fotos,

zungsbedarfe unerlässlich.

lichen Erfahrungen; Ziel sind „Licht-

Musik...), um die ressourcenab-

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blicke“, Ressourcenstärkung durch

hängige situative Auswahl der

Im Pflegebereich hingegen ist eine

Emotionen und Erinnerungen; nicht

Teilnehmer, um die anspruchs-

unterstützende Vorbereitung auf die

zuletzt: eine schöne Zeit erleben.

volle Logistik (fünf, sechs oder

Veranstaltung hilfreich (Kennenlernen,

• Späte Phase: aufsuchend

gar sieben Rollstühle stellen bei

Ablauf, Wegbeschreibung, „Codes“

(Museum im Koffer); Ziel: eine

einer Gruppe von maximal acht

etc.). Grundsätzlich empfiehlt sich der

schöne Zeit erleben.

Betroffenen keine Seltenheit mehr

unterstützende Einsatz von ehrenamt-

dar…), die Situation vor Ort in der Kultureinrichtung, äußere (Auf-

muss eine besondere Qualifizierung

IV. Musts und Don'ts – Wie geht das Ganze?

erfolgen. (Dies kann für Menschen,

Teilnehmer solcher Workshops erar-

Barrierefreiheit (angepasste Kom-

die sich ehrenamtlich engagieren wol-

beiten an dieser Stelle eine Check-

munikation, Auswahl der Objekte)

len, ein besonderer Anreiz sein...)

liste für einen Museums- oder Kon-

und die Nachbereitung des Besuchs

lichen Kulturbegleitern. Auch für sie

züge, Behinderten-WC) und innere

zertbesuch, für die Begleitung eines

(Kommunikation mittels Bildern,

III. Wer nimmt daran teil?

einzelnen Menschen mit Demenz

Fotos, Musik; ferner: Berichte für

Anders als bei den Fortbildungsangebo-

oder für eine Gruppe.

die interessierte Öffentlichkeit).

ten für den Kulturbereich, wo die Basics des Krankheitsbildes Demenz, die Phasen, die Bedeutung des Kurzzeitgedächtnisses, Veränderungen der Persönlichkeit, herausforderndes Verhalten und die Besonderheiten der Kommunikation eine wichtige Rolle spielen, liegt hier der Schwerpunkt im Pflegebereich bei der Biografie- und ressourcenorientierten Auswahl der Teilnehmenden. Idealerweise werden zuvor Kulturbiografien erarbeitet, Verbindungen von Zeitgeschichte und (Populär)Kultur der 20er bis 60er Jahre mit dem individuellen Erleben von Menschen mit Demenz. Im Weiteren wird man die Möglichkeiten kultureller Teilhabe mit dem jeweiligen Krankheitsbild nach Phasen verbinden. dementia+art geht dabei von folgenden – vorsichtigen – Annäherungen aus: • Frühe Phase: dialogisch geprägt; es geht um Orientierung und kognitive Ressourcen; Ziel ist die Festigung von Identität und Kontinuität des Lebensentwurfs. • Mittlere Phase: geprägt durch die

Anzeige


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TITELTHEMA

Praxismodul

eines Objektes zu tun haben. Die Dauer der Führung hängt

Danach ist in den Fortbildungen ein Praxismodul vorge-

von der Konzentrationsfähigkeit der Teilnehmenden ab; 90

sehen (in der Regel in einem Museum). Es gilt, den Ort

Minuten erweisen sich in der Regel als nicht zu lang. Diese

der „Hochkultur“ kennenzulernen und dabei den lebens-

Voraussetzungen und Bedingungen dienen in der Regel

weltlich geprägten Blickwinkel der Zielgruppe einzuneh-

nicht dazu, Pflegende in die Lage zu versetzen, selbst eine

men. Gemeinsam werden mögliche Bilder und Objekte

Museumsführung zu bestreiten. Vielmehr sollen sie qua-

ausgewählt, besprochen, bewertet.

lifiziert begleiten und in der Lage sein, das Angebot eines Museums in Hinsicht auf die Eignung für die besondere

Grundsätzlich erleben die Teilnehmenden aus Pflege und

Zielgruppe zu beurteilen – um eine wertschätzende oder

Betreuung die Aufgabe des frontalen Monologs zuguns-

auch kritische Rückmeldung geben zu können.

ten eines situativ-dialogischen Erfahrungsaustausches bei Führungen als eine Befreiung: Gespräche finden auf

Entscheidend bei dem Angebot ist die empathische Dia-

Augenhöhe statt, und die Einschränkungen von Menschen

logbereitschaft des Führenden, der drei oder vier Bilder

mit Demenz werden beachtet. Die Teilnehmer lernen eine

oder Objekte ausgewählt hat, die dazu taugen, an die

Art von Führung kennen, die zunächst nicht kognitiv-

Lebenserfahrungen von hochaltrigen Menschen „anzu-

basiert ist, sondern sich an das unmittelbare Bilderleben,

docken“, in einer Weise, dass es möglich ist, Emotionen

an die Lebenserfahrungen und Erinnerungen richtet. Die

auszulösen, Erinnerungen anzustoßen, auf die man

Folge ist häufig, dass die Teilnehmer sich solche – durch-

sodann wertschätzend eingehen kann: Ressourcenstüt-

weg dialogische – Vermittlung an einem Ort der Hochkultur

zung mit den Mitteln der Kultur. An Orten der Hochkultur,

durchaus auch für sich selbst vorstellen können. Nicht sel-

in der ganz „normalen“ Öffentlichkeit. Gezeigt wird, was

ten trifft man Teilnehmende später in der Begleitung einer

ungeachtet einer Demenz an Teilhabe möglich ist.

Gruppe von Menschen mit Demenz im Museum wieder... Beachtet werden soll – auf Seiten der Vermittler – auch

Nachhaltigkeit und Strukturen

eine Reihe von kulturgeragogischen Bedingungen, die mit

Kulturelle Teilhabe für Menschen mit Demenz verlangt eine

Lautstärke, Sichtachsen und Spiegelungen sowie der Größe

genaue Planung und Vorbereitung. Sie ist aufwändig zu gestalten, sowohl für den Bereich Kultur als auch für den Bereich Pflege / Betreuung. Sie bringt freilich auch erhebli-

Literatur • Zweite Heidelberger Hundertjährigen-Studie: Herausforderungen und Stärken des Lebens mit 100 Jahren. Studie in der Reihe »Alter und Demographie«. Heraus gegeben von der Robert Bosch Stiftung. Oktober 2013 • http://www.bosch-stiftung.de/content/language1/downloads/Studie_Hundertjaehrige_Online_Einzelseiten.pdf • Behindertengleichstellungsgesetz • Ohne Verfasser – Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/ Behindertengleichstellungsgesetz_%28Deutschland%29 (abgerufen am 10.08.2015) • Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, ohne Verfasser – Wikipedia https:// de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cbereinkommen_%C3%BC ber_die_Rechte_von_Menschen_mit_Behinderungen (abgerufen am 10.08.2015) • Kitwood, T. (2000) Demenz. Bern: Verlag Hans Huber. • Kruse, A. (Hrsg.) (2011). Kreativität im Alter. Heidelberg: Universitätsverlag Winter.

che Vorteile: ein deutliches Mehr an Lebensqualität, für alle Beteiligten. Und sie konfrontiert unsere Verstandeskultur mit Emotionen und Affekten, die uns in ihrer Spontaneität oft genug fremd geworden sind. Ein wichtiger Schritt in Richtung „Nachhaltige Strukturen“ sind Rahmenvereinbarungen: dementia+art konnte mit den 18 Cellitinnenhäusern zur Heiligen Maria im Raum Köln eine Rahmenvereinbarung schließen. In dieser wird erstmals Kultur und kulturelle Teilhabe für Menschen mit Demenz und für hochaltrige Bewohner Teil der Pflegeplanung. Das heißt: Für die Bewohner der betreffenden Seniorenhäuser soll verbindlich viermal im Jahr ein Besuch in einem Museum und dreimal im Jahr ein Konzertbesuch angeboten werden.

Zusammenfassung dementia+art hat ein erfolgreiches Modell kultureller Teilhabe für Menschen mit und ohne Demenz entwickelt.


TITELTHEMA

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Es stellt sich der demografischen Entwicklung und will

zichtbar – nicht nur im kulturellen, sondern auch im

den damit verbundenen gesellschaftlichen Wandel aktiv

sozialen Bereich.

im Sinne von Inklusion mitgestalten. Unser Motto dabei

5. Kulturvermittler erwerben in unseren praxisorientier-

ist: „Eine schöne Zeit erleben“.

ten Weiterbildungen Kenntnisse über das Krankheitsbild und die Art der Kommunikation.

Die wichtigsten Qualitätskriterien:

6. Pflegende und Betreuende hingegen sollen als

1. Grundsätzlich sind alle Angebote nach kulturgerago-

Kulturbegleiter „Verstärker“ kultureller Teilhabe sein, sie

gischen Prinzipien eingerichtet.

vorbereiten sowie nachhaltig gestalten können. n

2. Kulturelle Teilhabe wird nicht nur als Chance für die Betroffenen verstanden, sondern auch für professionell oder ehrenamtlich Engagierte. 3. Innere und äußere Barrierefreiheit müssen gewähr-

Jochen Schmauck-Langer,

leistet sein. Dabei geht es nicht nur um Treppenstufen,

Kulturgeragoge, Autor und Dozent,

sondern vor allem um die Auswahl der Inhalte und die

Kunstbegleiter für Ältere und besonders

Art der Kommunikation.

für Menschen mit Demenz, Köln,

4. Geschulte und qualifizierte Begleitung ist unver-

www.dementia-und-art.de Anzeige

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KLINIKEN

Psychiatrie – Psychotherapie – Psychosomatik fachlich kompetent – christlich engagiert


20

TITELTHEMA

Darf ich bitte(n?) – Zeuge Von der Identität in der Demenz John Clark hat einen guten Job, eine wunderbare Ehefrau Beverly und zwei reizende Kinder. Doch trotz allem wird er das Gefühl nicht los, dass irgendetwas in seinem Leben fehlt. Jeden Tag fährt er nach der Arbeit mit der U-Bahn nach Hause – und jeden Tag aufs Neue fällt ihm eine junge Frau auf, die mit leerem Blick am Fenster einer Tanzschule steht. Eines Abends springt John impulsiv aus dem Zug – und ehe er sich’s versieht, meldet er sich für Tanzstunden an. Und je mehr Stunden John absolviert, desto mehr verliebt er sich ins Tanzen, das eine neue Lebensfreude in ihm weckt. Fieberhaft versucht er, seine neu gewonnene Leidenschaft vor seiner Familie und seinen Kollegen

Füreinander da sein

geheim zu halten. Zu groß ist die Scham. Indessen wird Johns Frau langsam misstrauisch. Ihr Mann scheint wie

Wenn die Beziehungen kontur- und identitätslos werden

ausgewechselt und verbringt immer weniger Zeit zu

– sind sie dann vergessen? Das beschäftigt mich, denn

Hause. Und in dieser Situation – dieser Krise – in dieser

„Jeder Mensch braucht doch einen Menschen, der Zeug-

Sorge den Partner zu verlieren – denkt sie über den Sinn

nis für das Leben des Anderen ablegt.“

der Ehe nach – über den Sinn von Beziehungen an sich. Und sie macht eine Aussage.

Die Angst vergessen zu werden ist wahrscheinlich so alt, wie die Menschheit. 700 Jahre vor Christus findet diese

Eine Aussage, die für Beziehungen gerade im Anblick von

Angst vergessen zu sein schon seinen Ausdruck. Ein gan-

Demenz gilt: Jeder Mensch braucht doch einen Men-

zes Volk hat Angst vergessen zu sein. Im Exil, in der Ver-

schen, der Zeugnis für das Leben des Anderen ablegt.

bannung, in der Fremde führt Israel Klage. Alle vertrauten

Als ich den Film „Darf ich bitten?“ mit Richard Gere und

Beziehungen sind zerbrochen. Und es ruft: „Der Herr hat

Jennifer Lopez sah, hat sich mir dieser Satz förmlich ein-

mich verlassen, Gott hat mich vergessen.“ Jes. 49,14

gebrannt. Jeder Mensch braucht doch einen anderen, der seine Geschichte verbürgt – Zeuge seiner Identität ist.

Und weiter heißt es: „Kann denn eine Frau ihr Kindlein vergessen, eine Mutter ihren leiblichen Sohn? Und selbst

Welche Identität behalten wir mit Demenz?

wenn sie ihn vergessen würde: Ich vergesse dich nicht.

Wer ist unser/e Zeuge/Zeugin, wenn wir spüren, dass

Sieh her: Ich habe dich eingezeichnet in meine Hände,

wir uns verlieren?

deine Mauern habe ich immer vor Augen.“ Jes 49,15f

Wenn wir am Anderswerden zerbrechen?

Gewisse biblische Sätze bekommen im Anblick von

Können wir als Angehörige noch Zeugen sein, wenn wir

Demenz eine neue – tiefere – Bedeutung. „Hat Gott mich

das Anderswerden des Liebsten erleben? Wenn wir mit

verlassen?“, fragt Israel. „Ich habe Dich eingezeichnet

anschauen, wie in der Demenz die Ehepartnerin oder der

in meine Hände, antwortet der Herr.“ Im Hebräischen

Ehepartner die Hand einer anderen, eines anderen hält –

steht es dort eingeritzt – sozusagen eintätowiert. Wir

uns nicht mehr erkennt? Wenn ich als Kind von Vater oder

können spüren, dass wir niemals vergessen werden

Mutter nicht mehr erkannt werde?

können, weil Gott selbst unseren Namen in seine Hand eingezeichnet – eintätowiert hat. Selbst wenn die Mutter

Und in Zukunft: Wenn mit wachsender Lebenserwartung alte Eltern selbst mit über 90 ihre dementen Kinder im Alter von 60 oder 70 erleben werden?

ihren leiblichen Sohn / ihre leibliche Tochter vergisst! – Ich vergesse dich nicht! Und Gott hat noch mehr im Blick – sogar unsere Mauern – „deine Mauern habe ich


Zum Nachdenken

sein immer vor Augen“. Sei gewiss, könnte man hinzufügen: Sogar Deine Mauern – Deine Begrenztheiten – habe ich

Der an Demenz erkrankte Mensch…

immer vor Augen. Selbst dann, wenn Du sie nicht mehr siehst. Manchmal erleben wir als pflegende Mitarbeiter/

…besitzt eine unverlierbare Würde, die sich nicht am Nut-

innen, pflegende Angehörige, Seelsorger/innen, dass wir

zen misst. Er ist eine einmalige, unverwechselbare und

Fenster der Erinnerung auf diese Mauern malen können.

nicht austauschbare Person.

Für Momente die Seele streicheln, dass sie ihre Identität spürt, das sie Beziehung spürt, weil wir sie bezeugen.

…braucht Gemeinschaft. Er behauptet seine Identität in Kommunikation und Auseinandersetzung.

In solchen Momenten sind wir Zeugen für die Hoffnung, die uns trägt: Wir werden nie vergessen, selbst wenn wir

…hat seine eigene Freiheitsgeschichte und trägt damit

uns vergessen, selbst wenn die Welt uns vergisst, da ist

Verantwortung für sein eigenes Leben und Handeln.

immer noch einer, der für unser Leben Zeugnis ablegt. Das ist entscheidend: Wenn ich mich im Vergessen – in

…ist auf seine eigene Weise zur Nachfolge Jesu berufen.

der Demenz – ganz den Anderen überlassen muss – zu spüren: Ich werde nicht vergessen.

... wirkt mit am Aufbau des Reiches Gottes hier auf Erden.

Wer über Demenz nachdenkt, der denkt über sich selbst

…erlebt die Begrenztheit seines Daseins. Er setzt sich

nach. Und – es ist wird dann heute schon ein Trost sein,

damit auseinander, um sie anzunehmen.

zu wissen: Bei Euch – bei euch Christen – behalte ich meine Würde, denn ihr werdet doch in Gottes Namen zu

…hat die Zusage der Auferstehung. Er wird mit seiner

Zeugen meiner unverwechselbaren Geschichte, meiner

ganzen Lebensgeschichte von Gott angenommen. n

gelebten Beziehungen, der Einmaligkeit meines Daseins in der Welt. Ich habe doch Würde – unverlierbar – und ich bitte euch, lasst es mich spüren! Sr. Rosa-Maria Lochmiller, CiG-Denkanstöße Nr. 6,

Als Zeugen Gottes können wir antworten: Ja, ich werde mich finden in Dir, werde Deine Biographie sein – ich werde Dein Zeuge sein – wider des Vergessens – und wie unser Gott werde ich Dein Leben in meine Hände einzeichnen und Du wirst spüren – DU lebst in mir und ich in Dir. Denn Gott weiß: Jeder Mensch braucht einen Menschen, der doch Zeugnis für das Leben des Anderen ablegt. Übrigens in dem Film „Darf ich bitten“, macht sich die Lebenspartnerin Bevely auf den Weg. Sie sucht ihren Mann dort auf, wo er glücklich ist. Sie entdeckt ihn ganz neu. Und … sie tanzen in seiner Welt. n

Bruno Schrage, Dipl. Theologe, Dipl. Caritaswissenschaftler, Referent für Caritaspastoral im Erzbistum, Köln

modifiziert nach Altenwerk Diözese Rottenburg-Stuttgart


Blickpunkt

Herr, segne meine Hände, dass sie behutsam seien, dass sie halten können, ohne zur Fessel zu werden, dass sie geben können ohne Berechnung, dass ihnen innewohne die Kraft, zu trösten und zu segnen.

ChrisCare

Martin von Tours (316-397 n.Chr.)



24

CHRISTLICHER GESUNDHEITSKONGRESS

5. Christlicher Gesundheitskongress in Kassel Mit neuen Ideen zurück in die Praxis

ist möglich, Zeichen zu setzen. Wenn es um Heilen und Begleiten in Gesundheitswesen und Gemeinde (so der Untertitel des Kongressmottos) geht, dann können Chris-

„Es war wunderbar“. Die Krankenschwester aus der Nähe von Hannover fährt begeistert nach Hause und ist sich sicher: „Es war der beste der fünf bisherigen Kongresse“. Sie muss es wissen. Denn sie hat keinen ausgelassen. Viele Anregungen hat sie in ihrer Praxis als Krankenschwester im ambulanten Pflegedienst schon umsetzen können. Auch dieses Mal waren praktische Tipps dabei. Besonders gefallen hat ihr der Bericht eines Arztes aus Chemnitz, der sich angewöhnt hat, bei jedem Gang durch die Stationstür ein kurzes Gebet zu sprechen. Wenn er die Mitarbeiter und Patienten so Gott anbefehle, könne er viel entspannter arbeiten. Auch wenn es einmal stressig werde, wisse er sich nicht allein.

ten Zeichen setzen. „Manchmal sind es nur Kleinigkeiten, die Hoffnung wecken und den entscheidenden Impuls geben“, hieß es in einer der Gesprächsrunden, die immer wieder zum Dialog einluden. „In unserer Runde haben wir bis weit in die Pause diskutiert,“ erzählt eine Altenpflegerin aus der Diakonie, die sich mit einer katholischen Seelsorgerin und zwei Medizinstudenten darüber ausgetauscht hatte, welche Chancen es gibt, das Potential des Glaubens in den Alltag umzusetzen.“ Die vielfältigen Möglichkeiten zur Kommunikation waren das besondere des 5. Christlichen Gesundheitskongresses. Die Veranstalter, ein ökumenischer und multidisziplinär ausgerichteter Trägerkreis, wollten, dass es nicht nur bei schönen Worten bleibt.

650 Mediziner, Pflegende und Therapeuten waren nach

Man sollte im Gespräch entdecken, wie man die Impulse

Kassel gekommen, darunter ⅔ Frauen, was im Gesund-

in die eigene berufliche Praxis umsetzen kann.

heitswesen nicht überrascht. Und mehr als 10 Prozent der Teilnehmer kamen als haupt- oder ehrenamtliche

„Auch wenn weniger Teilnehmer dabei waren, als bei

Seelsorger, um sich am Fachgespräch über die Integra-

früheren Kongressen, war die Zufriedenheit der Besu-

tion von Spiritualität und Gesundheitswesen zu beteili-

cher deutlich höher. Viele konnten hilfreiche Kon-

gen. Ärgerlich für die Ärzte unter den Teilnehmern: Die

takte knüpfen und erlebten, dass sie nicht allein sind

Landesärztekammer Hessen war bei der Vergabe von

mit ihren Fragen“, resümiert Günther Gundlach, der

Fortbildungspunkten wesentlich restriktiver als bei den

Geschäftsführer des Kongresses. Ein Grund dafür: Der

Vorkongressen. Sie akzeptierte nur Seminare, die sich im

Kongress fand erstmals in einem Tagungshotel statt,

engeren Sinn mit ausschließlich medizinischen Fragen

so dass die meisten Teilnehmer im Kongresszentrum

befassten. Ein Arzt aus Baden-Württemberg: „Offenbar

auch wohnten. Das ermöglichte kurze Wege, lebhaften

haben die noch nicht verstanden, welche Ressourcen im

Austausch schon beim Frühstück, eine angenehme

Zusammenwirken von Glaube und Medizin liegen. Da

Atmosphäre in der Lobby beim Tagesausklang und nicht

sind Amerikaner, Schweizer oder Dänen viel weiter.“

zuletzt die Chance, nach dem Mittagessen die Beine hochzulegen und etwas auszuruhen.

Die Qualität der Vorträge lobten auch Kongressbesucher, die eher skeptisch waren, wie ein sich „christlich

Neue Akzente setzte der Kongress, indem er an promi-

nennender Kongress“ mit den Fragen des Gesundheits-

nenter Stelle die Verantwortung für die Gesundheit auch

wesens umgeht. „Da war weder von Gesundbeterei

jenseits Europas in den Blick nahm und nach den Impul-

die Rede noch von esoterischen Ansätzen. Die Christen

sen für unser Gesundheitssystem aus den Ländern des

waren nüchtern aber auch selbstbewusst, wie wichtig der

Südens fragte. Ein weiterer Schwerpunkt lag in der Frage

Glaube für die Gesundheit und das Heilwerden ist.“

nach den Grenzen des Lebens. Auch wenn die politische Debatte um die Sterbehilfe in Deutschland zu einem

Auch das Thema des Kongresses verzichtete auf über-

vorläufigen Abschluss gekommen ist, bleibt die Aufgabe

höhte Ansprüche, sondern machte klar: Mit dem Glauben

der Christen, für eine positive Einstellung zum Leben bis

kann man nicht alle Probleme der Welt lösen, aber es

zuletzt zu werben.


CHRISTLICHER GESUNDHEITSKONGRESS

2/2016 CHRISCARE

25

llen, ebenso die Mir hat die Professionalität gefa , die Gemeinschaft so Abwechslung, die Atmosphäre vieler engagierter Christen. Autorin, 46 Jahre

Ein Höhepunkt war für viele Teilnehmer ein Abend mit dem Geigenbauer Martin Schleske, der vom Klang, dem unerhörten Sinn des Lebens, erzählte. „Das tat meiner Seele so richtig gut“, meinte eine Chirurgin, die das erste Mal dabei war.

Die Referenten waren fachlich, menschlich un tuell sehr kom d spiripetent. Arzt, 67 Jahre

Zum vierten Mal wurde der Christliche Gesundheitspreis verliehen, der innovative Ansätze zum Miteinander von christlichen Gemeinden und Gesundheitswesen auszeichnet. Vis-à-vis aus Rheinland Pfalz wurde der 1. Preis verliehen. Die Organisation hat sich der Wiederentdeckung der klassischen Gemeindeschwester verschrieben. Mit professionellem pflegerischen Know-how und einer sehr engen Anbindung an die Kirchengemeinden und deren

nreteren Ideen, A ngress konkre Ko em es di i Die be tliche in Einwie das Chris e, el pi is Be d für gungen un und Türöffner racht werden eb ng ei n ge un richt sehr deutlich. kann, wurden Patienten sein , 45 Jahre Krankenpfleger

Seelsorgeauftrag arbeiten Vis-à-vis-Mitarbeiterinnen in immer mehr Gemeinden. Dabei nutzt der Verein Erfahrungen der Parishnurse-Bewegung, die zum Beispiel in England, den USA und Australien neue Wege der christlichen Fürsorge erprobt. Den 2. Preis erhielt das Netzwerk Nächstenliebe aus Braunschweig. Eine der dortigen evangelisch-freikirchlichen Gemeinden, die Friedenskirche, hat ein umfangreiches, eng mit der Gemeindearbeit verbundenes diakonisches Programm entwickelt. n

Frank Fornaçon, Pastor, Verleger und Chefredakteur von ChrisCare Die meisten Vorträge des Kongresses können auf DVD bestellt werden bei: www.christlicheraudiodienst.de/ christsein-und-beruf/5-christlichergesundheitskongress-2016

Die Auswahl de r Referenten in ihrer Unterschi keit und in Er edlichgänzung zueina nder war sehr sodass das Th ge lu ngen, ema von versch iedenen Seite delt wurde un n behand ganz viele Im pulse gesetzt die hilfreich m w ur den, itgehen. Wertv oll waren auch praktischen Er di e ganz fahrungen, die weiter gegebe den. Und imm n w urer wieder wer tvolle geistlich e Impulse. Referentin

Ich fand den Kontakt

tionen untereinande

der verschiedenen Or

r sehr wertvoll – das

wächst!

ganisa-

Netzwerk

Ärztin, 56 Jahre

große h als c äti e ab rtsch s We gen h l n a su t h l c i sta dheit pfand esun veran m G d e n m s e i b da n Die A dche lebt, ke er es Rä n n i e e h l c k ls Ges ich a für m g n u z m. syste re 7 Jah tin, 4 u e p thera Ergo

Es gab fundierte und vielseitige Beiträge aus vielen medizinischen Fachbereichen. Medizinstudentin, 19 Jahre

Mir hat das Zu gehörigkeitsge fühl gefallen, Nicht-Gläubig auch als er/Suchender. Krankenschw

ester, 39 Jahre


26

Bilder vom Kongress

eusslingM . r u c . r e .r , Prof. Dr r. med. Schiffner D .l.) Sentpali, l. Rust (v Dr. theo

Publikum

des Kong

resses

-Vis) à s i V ser ( is a Gla sundheitspre l e g n A e den G t l ä h r e

Viel Nachfrage an den Fachausstellungen

Eine gelungene Konzertlesung

Günther Gund lach begrüßt Teilnehmenr

Interessante Infomaterialien für die unterschied lichen Bereiche

Kasseler Gospelchor

Schleske n i t r a M z klingen l o H t s s ä l

r isthaue e F r e t e i ) Hans-D Nächstenliebe erk eis (Netzw Gesundheitspr en erhält d

Auch persönliche Ges präche kamen nicht zu kurz

Anregende

Gesprächs

runden


Nachrichten Demenz

Musik hilft

NACHRICHTEN

aber bisher kaum Möglichkeiten der

2/2016 CHRISCARE

27

Bewertet

Bester Arbeitgeber

Fortbildung zu diesem Thema“, sagt Dr. Ulrike Kehrer, Dozentin für Musik an der Katholischen Akademie Stapelfeld in Cloppenburg. Aus diesem Grund haben die Katholische Akademie und die Universität Vechta ein neues Musik erleichtert Beziehungsaufbau

gemeinsames Fortbildungsprogramm

Krankenhaus Groß-Sand

konzipiert. n Vechta: „Das Wandern ist des Müllers Lust…“ Hanna W., 79 Jahre alt, strahlt. Die Worte fließen nur so aus ihr heraus, die Melodie ist altbekannt,

Amazing

Musik gegen Angst

Hamburg: In der diesjährigen Runde von Hamburgs bestem Arbeitgeber hat das katholische Krankenhaus GroßSand in Wilhelmsburg mit 5 Sternen

sie wiegt sich im Takt. Sie liebt den

die Bestnote erreicht – und das als

Singkreis, der einmal in der Woche im

einziges Gesundheitsunternehmen

Pflegeheim angeboten wird. Außer-

der Hansestadt. Was macht Groß-Sand

halb dieser einen Stunde ist Hanna

als Arbeitgeber aus? Das wurde im

eher still: Sie hat Demenz im fortge-

Vorfeld gefragt. Wibke Groth, seit 1998

schrittenen Stadium. So wie Hanna W. leiden immer mehr Menschen an

im Team des Krankenhauses, hatte die Abwehr gegen negative Gefühle

Demenz, die Zahl der Betroffenen

treffende Antwort: „Wir haben gute Laune in Groß-Sand!“ n

steigt. „Demenz lässt sich nicht heilen,

Baltimore: Eine Untersuchung an der

zumindest im Moment noch nicht“,

Johns Hopkins School of Nursing

sagt Prof. Dr. Theo Hartogh von der

fragte Afroamerikaner im Südosten

Universität Vechta. „Aber es gibt viele

der USA nach dem Gebrauch reli-

Ansätze, die die Lebensqualität von

giöser Musik als Abwehr negativer

dementiell Erkrankten verbessern.

Gefühle im Zusammenhang mit ihrer

Ein sehr effektiver ist das Singen und

Krebsdiagnose und -therapie. Die Teil-

Musizieren.“ Der Professor für Musik-

nehmer sagten, dass religiöse Musik

pädagogik und historische Musikwis-

ihnen helfe, Depressionen, Traurigkeit,

senschaft befasst sich seit vielen Jah-

Schwächegefühl, Sorge und Furcht

ren mit dem Themenkomplex Demenz

zu überwinden. Die meisten hatten

und Musik und hat zahlreiche Publi-

lebenslang in einem Millieu der Armut,

kationen zum Thema veröffentlicht.

des Drogenmissbrauchs und der

Warschau: Die regelmäßige Teil-

„Singen und Musizieren ist auch dort

Kriminalität gelebt. Sie hatten in ihrem

nahme an religiösen Veranstaltun-

möglich, wo es Gespräche nicht mehr

Leben erfahren, dass religiöse Musik

gen fördert die Gesundheit. Das

sind. Es erleichtert den Beziehungsauf-

ermutigt und Hoffnung spendet. Unter

ergab eine Studie des Zentrums für

bau zwischen Erkrankten und Pflege-

den Liedern, die oft genannt wurden,

Sozial- und Wirtschaftsforschung in

personal und schafft Zugehörigkeit in

waren Amazing Grace, Jesus liebt

Warschau, das die Daten von 57.000

der Gruppe. Außerdem kann so auch

mich ganz gewiss, Swing Low, Sweet

Personen über 50 Jahre in 16 Euro-

kognitiv stimuliert werden, wenn z.B.

Chario. Der amerikanische Mediziner

päischen Ländern auswertete. Die

nicht nur Altbekanntes, sondern auch

Harold König meint zu der Studie:

Teilnehmer wurden nicht nur nach

neue Lieder gesungen werden.“ Sym-

„Das ist ein faszinierender Einblick, wie

ihrer religiösen Praxis, sondern auch

ptome einer Demenz wie unruhiges

Gläubige, auch angesichts von Krebs,

nach ihrem Gesundheitszustand

Verhalten, so Hartogh, können damit

ihre Lebensqualität bewahren können.“

befragt. Dabei wurde u.a. nach Atem-

sogar gemildert werden. „Aufgrund

Mehr: Hamilton JB, Worthy VC, Kurtz

wegsproblemen, Herzbeschwerden,

der stetig steigenden Zahl dementi-

MJ, Cudjoe J, Johnstone PA (2016).

Schlaganfall, Diabetes und Chroni-

ell erkrankter Menschen besteht ein

Using religious songs as an integrative

schen Krankheiten gefragt. Religiöse

erhöhter Bedarf an musikalischen

and complementary therapy for the

Aktivität war mit einer geringeren

Angeboten für diese Zielgruppe.

management of psychological symp-

Demenzrate und ähnlichen positiven

Speziell in ländlichen Räumen wie

toms among African American cancer

Effekten verbunden. Mehr: European

dem Oldenburger Münsterland gab es

survivors. Cancer Nursing. n

Journal of Ageing, März 2012 n

Effekt

Religion stärkt im Alter

Religiosität als Vorsorge


28

CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN

Wo treffen Sie Christen, die vom Fach sind? 3x3-Christliche Heilkunde kompakt // Neues Kursangebot und Projektteam Dr. Volker Brandes, Facharzt für Urologie

Isa Junge, Fachkran-

in einer Praxisge-

kenschwester, für

Erika Schiffner,

meinschaft,

Sozialpsychiatrie,

Ergotherapeutin,

Hamburg

Hamburg

Geesthacht

„Viel Ermutigung durch die Berichte der Teilnehmer“ Nachfolgend stellen wir Ihnen drei interaktive Fortbildungsabende vor, die Sie bequem und ohne viel Aufwand in Ihrem Umfeld anbieten können. Die Durchführung ist für Gruppen zwischen 3 und ca. 20 Personen gewinnbringend und über das Netzwerk von Christen im Gesundheitswesen im häuslichen Umfeld oder in Räumlichkeiten von Gesundheitswesen und Gemeinden organisierbar. Könnte das etwas für Sie sein? Neh-

oder ehrenamtlich kranken Menschen

christlichen Gemeinden ist vielerorts

zuwenden. Mit „3 x 3 – Christliche

die Vision einer Christlichen Heil-

Heilkunde kompakt“ vermitteln wir

kunde (CHK) lebendig. CHK ist eine

an 3 aufeinander bezogenen Abenden

integrative seelsorgerliche Heilkunde,

in je 3 Schritten zentrale Themen einer

die Hilfen der modernen Medizin,

christlich integrativen Heilkunde. Dies

Pflege und Therapie verbindet mit

geschieht in einem übersichtlichen und

christlicher Glaubens- und Gemein-

wiederkehrenden

schaftserfahrung.

Aufbau:

Seelsorgerlich ist

1. Impulsgedanken zum Thema 2. Fallbeispiele aus der Praxis

„Gute Einführung in die Christliche Heilkunde“

hierbei im weiten Sinn zu verstehen als Sorge für den ganzen Men-

3. Anleitung zu

schen in seiner

Reflexion und

Mehrdimensio-

Austausch

nalität von körperlichen, psychischen, sozialen und spirituellen Bedürfnis-

Thematische Schwerpunkte

sen, Gaben und Aufgaben.

1. Abend: Berufung in Beruf und Ehrenamt – Sinn- und Gaben-ori-

Diakonie und Caritas als verfasste

entiert arbeiten in der Fürsorge für

Ausdrucksformen kirchlichen Diens-

men Sie

Kranke

tes spielen dabei eine wichtige

gerne

2. Abend: Spiritual Care

Rolle. Sie treten allerdings in vielen

und christlich geschulte

Tätigkeitsfeldern des säkularen

Aufmerksamkeit

Gesundheitswesens sowie manchen

3. Abend: Zeichen setzen

christlichen Gemeindebezügen wenig

– christliche Spirituali-

in Erscheinung. Die Vision einer CHK

tät in den Berufsalltag

möchte für die Vielfalt beruflicher

einbringen. Vernetzung

und ehrenamtlicher Tätigkeiten Hilfen

mit uns Kontakt auf!

„Praxisnah und persönlich“

Das Angebot. Im Rahmen des ökumenischen

von Gesundheitswesen und Gemein-

anbieten. Hierbei werden seelsorger-

Netzwerkes Christen im Gesundheits-

den – Angebote einer Christlichen

liche Aspekte und Alltagserfahrun-

wesen (CiG) bieten wir Ihnen drei

Heilkunde nutzen

gen der eigenen Tätigkeit reflektiert,

interaktive Fortbildungsabende in

wissenschaftliche Erkenntnisse zur

Kursform an, die Sie bei sich vor Ort

Inhaltliche Skizzierung:

Einbeziehung von Spiritualität in die

durchführen können. Diese richten sich

Im Zusammenwirken von Mitarbei-

Krankenbegleitung vermittelt sowie

an Mitarbeitende, die sich beruflich

tenden aus Gesundheitswesen und

Impulse für das Zusammenwirken


CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN

2/2016 CHRISCARE

29

Die Arbeit von CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN (CiG) CiG e.V. ist ein bundesweites konfessionsverbindendes Netzwerk von Mitarbeitern unterschiedlicher Berufsgruppen im Gesundheitswesen: Pflegende, Ärzte, Therapeuten, Mitarbeiter aus Management und Verwaltung, Seelsorger, Sozialarbeiter und weitere Berufsgruppen des Gesundheitswesens. Basis der Zusammenarbeit sind die Bibel, das apostolische Glaubensbekenntnis sowie die Achtung des Einzelnen in seiner jeweiligen Konfessionszugehörigkeit. Wir CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN wollen • einander fördern, christlichen Glauben im Berufsalltag einzubringen, • zur Neubelebung an der Bibel orientierter Werte im Gesundheitswesen beitragen, Dr. Georg Schiffner,

• Patienten und Kollegen die heilende Liebe Jesu Christi erfahrbar machen,

Facharzt für Innere

• in Einheit mit Kirchen und Gemeinden den biblischen Auftrag von Diakonie,

Medizin, Geriatrie

Caritas und Heilungsdienst in unserem Land wahrnehmen.

und Palliativmedizin, Chefarzt Geriatrie-

Die ökumenische Arbeit von CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN verbindet

zentrum und Palliativbereich,

seit über 25 Jahren Christen im Umfeld des Gesundheitswesens – inzwischen

Wilhelmsburger Krankenhaus,

rund 10.000 in regionaler sowie in bundesweiter Vernetzung.

Groß Sand, Hamburg Wichtiges Element sind die CiG-Regionalgruppen, die von Mitarbeitern vor heilender Dienste von Gesundheits-

Ort geleitet und verantwortet werden und die sich in unterschiedlichen, z.B.

wesen und Gemeinden aus der Praxis

monatlichen Abständen treffen. Beruflicher Austausch, biblischer Impuls und

für die Praxis vermittelt.

Gebet sind wiederkehrende Bestandteile der Treffen. Einige Gruppen bieten Regionalveranstaltungen an, zu denen öffentlich eingeladen wird. Kontakt zu

Organisation

den Regionalgruppen vermittelt die Geschäftsstelle.

Da die Themen aufeinander aufbauen, ist die Teilnahme an allen drei Abenden

Die Veranstaltungen der Akademie werden dezentral meist in Zusammenarbeit

sinnvoll. Ausführliches schriftliches

mit den CiG-Regionalgruppen angeboten: Seminare zu berufsspezifischen The-

Material wird zur Verfügung gestellt.

men aus christlicher Sicht, Fachgruppentreffen wie auch Angebote für Kranke

Als Kostenbeitrag bitten wir um

und Angehörige. Wenn Sie in Ihrer Region ein Seminar initiieren wollen, neh-

10 Euro pro Abend.

men Sie gern mit uns Kontakt auf. Weitere Infos: www.cig-online.de.

Die Abende sind sowohl geeignet für

Die bundesweit ausgerichtete Arbeit von Christen im Gesundheitswesen wird

Christen, die bereits an einem Kurs

von rund 20 Mitarbeitern aus unterschiedlichen Gesundheitsberufen im Bundes-

CHK teilgenommen haben wie auch

weiten Leitungskreis verantwortet und geleitet.

für Interessierte, die erstmals in kompakter Form Grundlagen und Praxis

In der Geschäftsstelle in Aumühle bei Hamburg wird die Arbeit koordiniert.

einer CHK kennenlernen möchten.

Hauptamtliche, geringfügig Beschäftigte und rund 130 Ehrenamtliche sorgen

Interessierte können nähere Infor-

für die Umsetzung von Projekten und unterstützen die Arbeit des Bundes-

mationen und das Material über die

weiten Leitungskreises.

Geschäftsstelle von CiG beziehen, einschließlich einer Handreichung für die

Die Arbeit von CiG finanziert sich wesentlich aus Spenden. Ein Kreis von z.Zt.

Durchführung von „3 x 3 – Christliche

500 Förderern bildet hierfür die Grundlage, indem sie den gemeinnützigen Ver-

Heilkunde kompakt“. Hierzu nehmen

ein jeweils mit einem Mindestbeitrag von 10 € im Monat finanziell unterstützen.

Sie gern Kontakt mit uns auf. n Förderer können an den Fortbildungsseminaren der CiG-Akademie für den ermäßigten Beitrag teilnehmen und erhalten das ChrisCare-Abo kostenfrei. Wir laden Sie herzlich ein, dem Förderkreis beizutreten! n Günther Gundlach,

CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN e.V.

Geschäftsführer

Bergstraße 25, D-21521 Aumühle

Christen im Gesund-

Tel.: (+49) (0) 4104 917 09 30, Fax: (+49) (0) 4104 917 09 39

heitswesen

Email: info@cig-online.de, Internet: www.cig-online.de


30

TITELTHEMA

„Sie gehören dazu!“ Gaben und Aufgaben demenzsensibler Kirchengemeinden im Blick. „Das macht uns nichts“, hört man nicht selten auf Nachfrage von kirchlichen Akteuren. „Das macht wohl was!“ spüren Betroffene und ihre Angehörigen, wenn alte Bekannte aus dem Kirchenchor aus Unsicherheit und Angst plötzlich die Straßenseite wechseln oder beim Kirchencafé in seinem Beisein ausschließlich über ein Gemeindeglied gesprochen wird, statt mit ihm. Um diesem Trend offensiv entgegenzuwirken, machen sich Pfarreien in dem Kölner Projekt „dabei und mitEinbindung aller Besucher in die Gemeinschaft

tendrin“ auf den Weg zur „demenzsensiblen Kirchengemeinde“.

Demenz hat Zukunft. Die wachsende Zahl demenzkranker Menschen berührt, verunsichert und fordert unsere auf Vernunft und Leistung basierende Gesellschaft zum Umdenken heraus. Pioniere, um die anstehenden Veränderungs- und Wandlungsprozesse aktiv mitzugestalten, können die örtlichen Kirchengemeinden sein. Kaum eine Firma in Deutschland hat ein solches Filialnetz! Jedes Quartier hat seine Kirchengemeinden. Deren Altersstruktur ist der Gesellschaft – in beiden christlichen Konfessionen – an vielen Orten um bis zu 30 Jahre voraus. Das heißt, in einer alternden Kirche ist die gesellschaftliche Zukunft längst kirchliche Realität! Und gerade dort, wo religiöse Traditionen und Glaubensgewissheiten bei vielen alten Menschen lebendiger Teil der eigenen Biografie waren, bietet sich eine Hilfe zur Lebensbewältigung, an die bis zum Schluss angeknüpft werden kann. Denn vor Gott ist Demenz kein Makel!

Und viele Menschen ersehnen den Zuspruch eines liebenden Gottes, der sie nicht vergisst, auch wenn sie alles vergessen.

Gemeint sind mit diesem Begriff Ortsgemeinden, die die Lebenssituation von Menschen mit Demenz und ihren Familien achtsam wahrnehmen wollen. So dass Barrieren abgebaut

Umso nachdenklicher macht die

werden und Menschen mit Demenz

Tatsache, dass Menschen mit Demenz

im alltäglichen Leben normal dazu-

bisher nur selten zum alltäglichen

gehören. Dies geschieht nicht nur

Erscheinungsbild des kirchlichen

um ihrer Lebensqualität und Teil-

Lebens gehören. Da ist schon mal

habe willen. Sondern auch um der

einer, der nervt die anderen bei einer

Zukunftsfähigkeit einer alternden,

Gemeindeveranstaltung mit den

menschenfreundlichen Kirche! In der

ständig gleichen Geschichten von

das Wertvolle dieser Menschen, ihr

früher. Eine Frau stört beim Senioren-

Potential für Kirche und Gemeinde

nachmittag und will während eines

und die Selbstverständlichkeit des

Vortrags lautstark „nach Hause“. Als

Dazugehörens bislang noch zu häu-

während einer Predigt ein unüberhör-

fig verloren gehen.

bares „Mir ist langweilig“ ertönt, wird deutlich, dass Menschen mit Demenz

Die Türen offen halten

unberechenbar sind – und ihren

Damit das Gefühl von Scham über

Angehörigen oft peinlich. Deshalb

abnehmende Kräfte, zunehmende

ziehen sie sich häufig zurück, auch

Verlusterfahrungen und einen wach-

aus der Kirchengemeinde.

senden Kontrollverlust nicht zu Rückzug und Isolation führen, brauchen

Kirchengemeinden als Begegnungsorte

Betroffene von Seiten der Kirchen

In vielen Kirchengemeinden sind

Du da bist“, „Du bist uns wichtig“, „Du

Gemeindeglieder mit einer Demenzer-

gehörst dazu“. Dieses bedingungslose

krankung bisher bestenfalls am Rande

Willkommen Sein und Dazugehören

ein klares Signal: ein „Schön, dass


2/2016 CHRISCARE

31

Die Gemeindemitglieder altern, damit müssen sich alle Gemeinden auseinandersetzen.

äußert sich sowohl in unserer Haltung als auch in konkre-

Gespräch mit ihr zu suchen. Andere Beispiele zeigen, wie

ten Handlungen; z.B. indem ein Artikel im Pfarrblatt auf die

gut gemeinte Hinweise wie „Für Dich sind ab jetzt unsere

besondere Situation der betroffenen Menschen hinweist

Diakoniestationen zuständig“ von den Betroffenen als

und Ansprechpartner der Kirchengemeinde benennt. Oder

Ausgrenzung, Abstempelung und Verletzung erlebt wur-

indem Menschen mit Demenz selbst zu Wort kommen, weil

den. Als wären sie von nun an vor allem Symptomträger

sie zusammen mit Angehörigen in Vorbereitungsgruppen

einer bestimmten Erkrankung. Und damit dem Sektor der

für Seniorennachmittage, Feste und Feiern einbezogen

professionellen Versorgung zugeordnet, statt der bisheri-

werden. In dem Kölner Projekt werden gezielt „Gottes-

gen Gemeinschaft und Gemeinde. Barriereabbau beginnt

dienste für alle“ gefeiert: mit sinnlichen Gestaltungsele-

hier im Kopf! Und neben den inneren Barrieren sind es die

menten, vertrauten Liedern, bekannten biblischen Texten,

äußeren, oft unbedacht gewählten Rahmenbedingungen,

Gebeten und biografisch verankerten Formeln, Formen,

die Menschen mit Demenz ausschließen, ohne dass es die

Riten und Routinen. Das geschieht nicht als gesondertes

anderen überhaupt merken. Zum Beispiel wenn an den

Spezialangebot, sondern inklusiv und bewusst am Sonn-

Gottesdienst- und Veranstaltungsorten keine geöffneten

tagmorgen zur üblichen Gottesdienstzeit!

oder ausgeschilderten Toiletten zu finden sind. Oder ein Vortrag am Seniorennachmittag zu lang, zu leise und aus-

Wandeln durch Handeln

schließlich auf kognitive Teilhabe basierend gestaltet ist.

Zu einer solchen, neuen Gemeindekultur gehört auch, dass wir sensibler und achtsamer werden, die größten-

Teilhabe statt Fürsorge

teils nicht bewussten Ausgrenzungsmechanismen auf

In den meisten Kirchengemeinden lassen sich bisher

Seiten der Gemeinden wahrzunehmen. Zum Beispiel

mehr Hilfsangebote als Beteiligungsmöglichkeiten fin-

wenn eine an Demenz erkrankte Frau sich an der Kaffee-

den. Was wir im Sinne einer teilhabeorientierten Entwick-

tafel des Seniorentreffs plötzlich nicht mehr auf ihrem

lungsrichtung brauchen, ist mehr vom Gegenteil. Eben

üblichen Stammplatz nieder lässt und ihre Nachbarinnen

mehr Beteiligungsmöglichkeiten statt Hilfsangebote! D.

sich daraufhin empört und strafend abwenden, statt ein

h. eine Vielfalt an Gelegenheiten zum Kommen, Gucken,


32

TITELTHEMA

„Dabei und mittendrin“– Gaben und Aufgaben demenzsensibler Kirchengemeinden, 64-seitige Broschüre mit vielen Hintergründen, was Kirchengemeinden konkret tun können und praktischen Anregungen für den Weg zur demenzsensiblen Kirchengemeinde.

Achtsame Geburtstags- und Krankenbesuche bei Menschen mit Demenz, Praxisorientierte Handreichung mit Tipps und praktischen Hinweisen für die kirchliche Besuchsdienstarbeit. Information und Bestellung: koehler@demenz-sensibel.de, 9,95 € / 10 Stück plus Versandkosten

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Mitmachen, Dabeisein und – nicht unerheblich – auch wieder Wegbleiben dürfen. Viele Ideen und Anregungen für den Weg zur demenzsensiblen Kirchengemeinde sind dabei ohne großen Aufwand umzusetzen. Andere brauchen Zeit und finanzielle Ressourcen. Immer geht es mehr um kleine Schritte als große Projekte. Auf dem Weg zu einer demenzsensiblen Kirchengemeinde sind erstaunliche Erfahrungen nicht ausgeschlossen. Einige Gemeinden berichten davon, wie die vermeintliche Behinderung auch zur Begabung wird, von der alle profitieren. Und gerade die kleinen und großen Verunsicherungen und Irritationen, die in den Begegnung mit Menschen mit einer Demenz möglich sind, eine heilsame Ressource

Barrierefreie Gottesdienstteilnahme ermöglichen

für Veränderungen sein können; z. B. in einer praxisnahen,

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verständlichen Verkündigung für alle Sinne, die auch junge

… das meistverkaufte christliche Buch 2015!

Familien anspricht. Oder einer mehr körperbezogenen Spiritualität, in der ein Salbungsgottesdienst am Sonntagmorgen neue Erfahrungsräume bietet. Der laut geäußerte Ausspruch „Mir ist langweilig“ in einer Predigtsituation ermöglichte nicht nur Gelächter und Lebendigkeit im Gottesdienst, sondern war auch Anstoß für ehrliche Rückmeldungen über die Gestaltung. Nicht zuletzt geht es uns darum, dass wir einen neuen Blick dafür gewinnen, wie

In diesem Verständnis sind Menschen mit einer Demenz nicht „notwendige Aufgabe“ einer Kirchengemeinde – und schon gar nicht die neue Problemzielgruppe, um die wir uns aus demografischen Gründen nun auch noch kümmern müssen. Sie sind Kirche. Nicht wegen, nicht

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normal es ist, verschieden zu sein.

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trotz, sondern mit ihrer Demenz. Es kann sich lohnen, gerade dort auf ihren Reichtum an Bedürfnissen, Bedingungen und Begabungen nicht länger zu verzichten. n

Antje Koehler, Dipl. Religionspädagogin und Dipl.

Top-aktuell, Streitschrift gegen Resignation und für eine Gesellschaft mit christlichen Werten. Greift der Islam nach Deutschland? Was ist uns heilig? Was lehrt unsere Geschichte? Wie können wir uns »wehren«? Gehört das Christentum noch zu Deutschland?

Heilpädagogin. Sie ist die Initiatorin „dabei und mittendrin“ – Gaben und Aufgaben demenzsensibler Kirchengemeinden. E-Mail: koehler@demenz-sensibel.de

GmbH

und Koordinatorin des Kölner Projekts im

Kawohl Verlag

e.K.

46485 Wesel · Blumenkamper Weg 16 · Tel 0281 96299-0 · www.kawohl.de


TITELTHEMA

2/2016 CHRISCARE

33

Medizinische Aspekte Demenz ist nicht gleich Demenz „In mir passt nichts zusammen“ (Frau L., demenzkrank)1.

Da der Anteil älterer und

tierung in Raum und Zeit, fehlende

hochbetagter Menschen in

Motivation zur Versorgung des

Deutschland in den kommen-

Haushalts, Vernachlässigung der

den Jahren und Jahrzehnten

Körperpflege, Reizbarkeit, gestörtes

deutlich zunehmen wird, ist

soziales Verhalten, Gangunsicher-

auch mit einer ausgeprägten

heiten, zunehmende Immobilität

Die Demenzkrankheiten stören alle

Zunahme von Demenzerkrankungen

höheren Funktionen des Gehirns und

zu rechnen. Schätzungen sprechen

verändern die Betroffenen in ihrer

von 2,6 Millionen Demenzerkrankten

Für die Schweregrad-Einteilung

Persönlichkeit. Das Wahrnehmen,

im Jahr 2050.2

einer Demenz gibt es unterschiedli-

Erkennen, Nachdenken, Entscheiden

und Pflegebedürftigkeit.4

che Klassifikationen. Eine einfache

beeinträchtigt. Immer weniger kann

Symptome und Verlauf der Demenz

sich der Kranke seiner Umgebung

Die 5 wichtigsten Merkmale der

anpassen und seinen Alltag bewäl-

Demenz sind:

Leicht

tigen. Verzweiflung und Ängste kön-

1. Verlust intellektueller Fähigkeit in

Obwohl Arbeit und soziale Aktivitä-

nen zu psychomotorischer Unruhe,

einem Ausmaß, dass die sozialen und

ten deutlich beeinträchtigt sind, ist

aggressivem Verhalten und ständi-

beruflichen Leistungen kaum mehr

die Fähigkeit, unabhängig zu leben

ger Suche nach etwas „Vertrautem“

bewältigt werden können, seit min-

mit entsprechend persönlicher Hygi-

oder „Erkennbarem“ führen. Bei

destens sechs Monaten bestehend.

ene und intaktem Urteilsvermögen

stützender Umgebung und liebevoll-

2. Objektiv nachweisbares Nach-

erhalten.

kompetenter Begleitung ist jedoch

lassen des Gedächtnisses, das die

ein Leben mit Demenz auch in

Bewältigung von Alltagsaktivitäten

Mittel

subjektiv guter Lebensqualität über

beeinträchtigt.

Eine selbständige Lebensführung

lange Zeit möglich.

3. Zusätzlich Störungen in mindes-

ist mit Schwierigkeiten möglich und

tens einem der folgenden Bereiche:

ein gewisses Ausmaß an Aufsicht ist

Der Krankheits-Begriff leitet sich ab

abstraktes Denken, Urteilsvermögen,

erforderlich.

vom lateinischen Wort „de-mens“,

andere höhere kortikale Funktionen

(„ohne Verstand“, „ohne Geist“,

(z.B. Aphasie, Apraxie, Agnosie),

Schwer

„geistiger Zerfall“), was in Bezug auf

Persönlichkeit.

Die Aktivitäten des täglichen

Rückschlüsse über den erkrankten

4. Fehlen einer rasch einsetzenden

Lebens sind derart beeinträchtigt,

Menschen durchaus problematisch

Bewusstseinstrübung (Delir).

dass ständige Betreuung und Pflege

sein kann. Bevor eine eindeutige

5. Hinweise auf einen ursächlichen

benötigt wird, z.B. besteht die Unfä-

Diagnose gestellt ist, wird von einer

organischen Faktor, also nicht auf-

higkeit, minimale persönliche Hygi-

„kognitiven Störung“ oder „Hirnleis-

grund eines anderen primär psychi-

ene aufrecht zu erhalten; motorische

tungsminderung“ gesprochen.

schen Leidens3.

Fähigkeiten gehen verloren.4

Epidemiologie

Während im leichten bis mittelschwe-

In Deutschland sind 1,2 bis 1,3 Mil-

Typische Symptome einer beginnenden Demenz sind:

lionen Menschen demenzkrank, fast

Antriebsarmut, diffuse Ängste,

die subjektiven Beschwerden des

350 000 erkranken jährlich neu. Mit

Interessenlosigkeit, Konzentrati-

Erkrankten ausgeprägt sind, verrin-

zunehmendem Lebensalter steigt die

onsstörungen, Überforderungsge-

gern sich diese mit zunehmendem

Demenzhäufigkeit deutlich an:

fühle, Depressivität, Apathie und

Schweregrad der Demenz. Die

rasche Erschöpfbarkeit. Im fortge-

objektive Hilfsbedürftigkeit nimmt

schrittenen Stadium der Demenz

im Verlauf deutlich zu, wenn gleich

finden sich als typische Symptome:

auch zeitweilig relativ stabile Pla-

Gedächtnisstörungen, Schwierig-

teauphasen erreicht werden können.

keiten im Erkennen und Verstehen,

Die Lebenserwartung beträgt nur

Sprachstörungen, gestörte Orien-

zwischen 30-70% der altersüblichen

und Handeln werden zunehmend

60-69-jährig 2-5% 70-79-jährig 5-12% 80-90-Jährig 12-21% über 90-jährig 30-50%

Einteilung der Schweregrade kann wie folgt vorgenommen werden:

ren Stadium der Demenzkrankheit


34

TITELTHEMA

Lebenserwartung, bei Eintritt in ein klinisch relevantes Krankheitsstadium liegt die Überlebensrate bei 4-5 Jahren.2

Weitere neuro-degenerative und sekundäre Demenzen: Neben der Alzheimer-Erkrankung sind weitere neuro-degenerative Erkrankun-

Einteilung der Demenzen:

gen (Morbus Pick oder Fronto-temporale Demenz, Lewy-Körperchen-Demenz,

Alzheimer-Demenz: 50 - 70% Vaskuläre Demenz: 15 - 25% Gemischt degenerativ-vaskuläre Demenz: mind. 15% Weitere neuro-degenerative und sekundäre Demenzen (Demenz bei anderen Erkrankungen): 10 - 15%

Morbus Parkinson) für dementielle Entwicklungen verantwortlich. Auch verschiedene andere Erkrankungen können dementielle Symptome hervorrufen. Beispielhaft seien genannt Schilddrüsenerkrankungen, Vitaminmangel, verschiedene Stoffwechselstörungen,

Bei vielen hochbetagten Demenzkranken liegen sowohl

Vergiftungen, chronischer Alkoholismus, Hirntumore, Hirn-

degenerative wie vaskuläre Hirnschädigungen vor mit

entzündungen, Normaldruckhydrozephalus. Viele der den

unterschiedlicher Akzentuierung. Angesichts des steigen-

sekundären Demenzen zugrundeliegenden Erkrankungen

den Lebensalters in der Bevölkerung sind Mischformen

lassen sich medizinisch behandeln, eine Verbesserung der

deutlich zunehmend.

Demenzsymptomatik ist deshalb in einigen Fällen, wenn gleich keineswegs immer möglich.

Alzheimer Demenz: Die Alzheimer-Demenz stellt die weitaus größte Gruppe

Diagnostik

der degenerativen Demenzen dar. Die Alzheimer-Krankheit

Zur Sicherung und Klärung der Demenzform sowie

ist durch einen progredienten Verlauf gekennzeichnet und

möglicher Therapiewege ist bei Verdacht auf ein demen-

weist krankheitsspezifische und in ihrer Ausprägung dem

tielles Syndrom in jedem Fall eine ausreichende Dia-

Schweregrad der Demenz korrespondierende Hirnschädi-

gnostik notwendig. Hierzu gehören neben Anamnese

gungen auf: Hirnatrophie (Substanzschwund), pathologische

und Ergänzung durch Fremdanamnese die körperliche

Proteinablagerungen (extrazelluläre Amyloid-Plaques und

Untersuchung einschließlich psychiatrischer und neuro-

intrazelluläre neuro-fibrilläre Aggregate), Verarmung von

logischer Beurteilung, Labordiagnostik, psychometrische

Neurotransmittern (Überträgerstoffe zwischen Nervenzellen).

Tests und apparative Untersuchungen. Als psychome-

Diese Veränderungen sind in bestimmten kortikalen und sub-

trische Testverfahren gibt es eine ganze Reihe standar-

kortikalen Arealen des Großhirns ausgeprägt, am stärksten

disierter Testungen zur Einschätzung der Hirnleistung

im Bereich von Stirn und Schläfen. Trotz zahlreicher Hypo-

(z.B. MiniMetalState-Test), Skalen zur Einschätzung des

thesen und intensiver Grundlagenforschungen ist bisher die

Hilfebedarfs bei Aktivitäten des täglichen Lebens (z.B.

Entstehung der Alzheimer-Demenz nicht ausreichend geklärt.

Barthel-Index) sowie zur Einschätzung der Befindlichkeit durch nahestehende Bezugspersonen. Als apparative

Vaskuläre Demenz:

Untersuchungen sind neben aus internistischer Sicht not-

Die vaskuläre Demenz oder Multiinfarkt-Demenz entsteht

wendigen Untersuchungsverfahren (z.B. EKG, Röntgen-

durch arteriosklerotisch oder thrombotisch bedingte

Thorax) eine Bildgebung des Gehirns mittels Compu-

Verschlüsse größerer oder kleinerer Hirngefäße. Charakte-

tertomographie oder Magnet-Resonanz-Tomographie

ristisch hierfür sind stufenweise abrupte Verschlechterun-

grundsätzlich empfohlen, um ursächlich behandelbare

gen des Gesundheitszustandes mit schlaganfallähnlichen

Erkrankungen möglichst frühzeitig erkennen zu können.5

Symptomen wie Lähmungen oder Sprachstörungen. Für

Als wichtige Differenzialdiagnose der Demenz muss

die Ausprägung der vaskulären Demenz sind nicht nur die

eine Depression abgegrenzt werden, die im Sinne einer

Infarktgröße maßgebend, sondern auch die Infarktlokali-

„Pseudo-Demenz“ verkannt werden kann. Trotz neurolo-

sation. Vielfach finden sich auch diffuse Durchblutungsstö-

gisch-psychiatrischer Begutachtung und Einsatz psycho-

rungen unterhalb der Hirnrinde (Subkortikale arterioskle-

metrischer Testverfahren kann manchmal die Abgrenzung

rotische Enzephalopathie, SAE) als Ursache einer Demenz,

schwer sein, so dass ggf. erst ein ausreichend langer

die frühzeitig mit Urininkontinenz und im Verlauf parkin-

medikamentöser Therapieversuch mit Antidepressiva

sonähnlichen Gangstörungen einhergehen.

eine Zuordnung der Beschwerden ermöglicht.


2/2016 CHRISCARE

TITELTHEMA

35

Ist Demenz-Vorsorge möglich? Ja! Als Stichworte seien genannt: Therapie

(verschiedene

• Angenehme soziale Aktivität suchen (Seniorengrup-

Die Demenztherapie sollte immer

Anticholinergika

pen, Ehrenamt, Vereinsleben, Kirchenchor, Familie…)

interdisziplinär unter Einbeziehung

und Memantine).

• Interesse an Leben und Bildung wach halten (Hob-

von Angehörigen, Pflegenden, The-

Trotz intensiver

bys, Kunst, Kultur, Volkshochschule, Tageszeitung…)

rapeuten, Seelsorgern und Ärzten

pharmakologischer

• Regelmäßige altersangepasste körperliche Bewe-

erfolgen. Hierbei sind als wichtige

Forschungen kann

gung (Tanzen, Wandern, Schwimmen…)

Aspekte zu nennen:

medikamentös

• Gesunde Ernährung mit viel Gemüse, Obst, unge-

jedoch nur bei

sättigten Fettsäuren in Fisch und Geflügel (mediterrane

1. Milieutherapie

6

einem Teil der

Ernährung)

• Bezugspersonen mit persönlicher

Patienten eine

• Zuverlässige Behandlung körperlicher und seelischer

und fachlicher Qualifikation, Teamar-

gewisse Verzöge-

Erkrankungen (Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Hyper-

beit und Supervision

rung der dementi-

cholesterinämie, Schilddrüsen-Funktionsstörungen, chro-

ellen Progression

nische Herz- und Lungenerkrankungen, Depression usw.)

• Raumgestaltung mit ausreichend

strukturierter Tagesablauf

erreicht werden.

• Zufriedene und sinngebende Lebenseinstellung

Bewegungsmöglichkeit, Helligkeit,

Der Einsatz eines

Orientierung hin zu einem „Lebens-

Antidementivums

zentrum“ als Begegnungsraum, nicht

sollte bei Alzhei-

zu hohe Raumtemperatur, Meidung

mer-Demenz, gemischter Demenz

6. Angehörigenbetreuung

chaotischer Geräusche (dagegen z.B.

und Parkinson-Demenz individuell

Demenzkranke werden weiterhin

Einsatz beruhigender Musik).

erfolgen und in 1/2-jährlichen Abstän-

zum überwiegenden Teil von ihren

den anhand von Nutzen und Verträg-

Angehörigen versorgt. Diese brau-

2. Psychosoziale Therapie

lichkeit überprüft werden. Bei guter

chen sowohl fachliche als auch mit-

• Einbeziehung der Angehörigen

Verträglichkeit wird eine Dauermedi-

menschliche Unterstützung, um den

als Partner

kation empfohlen.5

oft belastenden Alltagsanforderungen

• psychotherapeutische Konzepte

standhalten zu können. Insbesondere

wie z.B. Biographie-Arbeit, Valida-

quilizer und weitere Psychopharmaka

hinsichtlich notwendiger Entlastun-

tion, Realitätsorientierungstraining

werden nur bei Begleitphänomenen

gen durch ehrenamtliche Betreuungs-

• soweit wie möglich Einbeziehung

der Demenzerkrankung eingesetzt,

dienste, ambulante Pflegedienste,

des Demenzkranken in praktische

wie z.B. Unruhe, Wahn und Halluzi-

ambulante Gruppenangebote,

Tätigkeiten des Alltags, um noch vor-

nationen und depressive Verstim-

teilstationäre oder vollstationäre

handene Fähigkeiten zu erhalten oder

mungen. Hier stehen eine große Zahl

Betreuungen bedarf es individueller

zu fördern ohne jedoch zu überfordern.

unterschiedlicher Medikamente zur

Beratung. Hierfür steht eine Vielzahl

Neuroleptika, Antidepressiva, Tran-

Verfügung, vielfach können quälende

von kompetenten Beratungsstellen

3. Hirnleistungstraining

Begleitsymptome der Demenz deut-

zur Verfügung, z.B. von der Deutschen

Insbesondere in den frühen Stadien

lich gemindert werden. Bei Einsatz

Alzheimer-Gesellschaft.

der Demenz wird Hirnleistungstraining

der übrigen Therapiemöglichkeiten

eingesetzt (z.B. durch Ergotherapeu-

im Sinne einer möglichst optima-

ten, Neuropsychologen, auch durch

len Versorgung und Begleitung der

Pflegende und Angehörige möglich).

Demenzkranken ist jedoch der Einsatz von Psychopharmaka nicht oder nur in

4. Medikamentöse Therapie

geringem Maße notwendig.

• Antidementiva: Es gibt verschiesene Medikamente mit allgemein

5. Als weitere Hilfen sind bedeutsam:

anerkanntem Wirkungsnachweis bei

• ausgewogene Ernährung

unterschiedlichen pharmakologi-

• körperliche Bewegung und Bewe-

schen Ansatzpunkten im Bereich des

gungstherapie

Hirnstoffwechsels sowie zur Vermin-

• Ergotherapie

derung der Neurotransmitter–Defizite

• Musiktherapie.

dene als Antidementiva zugelas-

Quellen: Aus J. Wojnar, J. Bruder, Betreuung Demenzkranker, Prospekt „Pflegen und Wohnen“ 2 Dt. Alzheimer Gesellschaft 2010 und Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Gesellschaft und Demenz, 2012 3 Nach I. Füsgen, Demenz 1995; Definition nach DSM IV u. ICD-10, 2001 4 Hirnleistungsstörungen / Demenz, Merz Pharma u. ICD-10, 2001 1

5

S3-Leitlinie „Demenzen“ 2015 C. Wächtler, Demenzen, 2003

6


36

TITELTHEMA + KLEINANZEIGEN + TERMINE

Termine Tagungen, Seminare & Konferenzen

7. Seelsorge und gemeindlich-kirchliche Angebote Gerade angesichts prägender kirchlicher Erfahrungen in der Kindheit und Jugend vieler heute an Demenz erkrankter Menschen ist die seelsorgerliche und geistlich-spirituelle Begleitung Demenzkranker bedeutsam. Erfreulicherweise entstehen in zunehmend mehr Kirchengemeinden Angebote für Demenzkranke und deren Angehörige, wie z.B. spezielle Gottesdienste. Christen sind sowohl in professioneller Tätigkeit wie auch in gemeindlichem Engagement herausgefordert, Angebote der Begleitung Demenzkranker im christlich-ganzheitlichen Sinne zu fördern. n

21.5. – 25.6.: Zürich, Grundkurs zur Sterbebegleitung, „Einander Nahe sein in einer schweren Zeit“, www.paulusakademie.ch 12.6.: Reinbek, Ökumenischer Patientengottesdienst, www.cig-online.de 17. – 18.6.: Hamburg, 3. Fachtag „Wie kommt Spiritualität in das Gesundheits- und Sozialwesen?” Tagung des Netzwerkes Existentielle Kommunikation und Spiritualität e.V., schmidt@netzwerk-eks.de 19. – 20.6.: Berlin, 2. Fachtag des Netzwerkes Existentielle Kommunikation und Spiritualität „… mit spiritueller Kompetenz”, www.netzwerk-eks.de

Dr. med. Georg Schiffner, Facharzt für Innere Medizin, Geriatrie und Palliativmedizin, Chefarzt Geriatriezentrum und Palliativbereich, Wilhelmsburger Krankenhaus Groß Sand, Hamburg

21. – 22.6.: Berlin, CKiD-Jahrestagung 2016 ‚Für die Ewigkeit?‘ – Christliche Krankenhäuser zwischen Transformation und Beharrlichkeit, www.christliche-krankenhaeuser.de 24. – 26.6.: Heilbad Heiligenstadt, Jahrestagung Christen im Gesundheitswesen, www.cig-online.de 30.6.: Vallendar, Wie tot ist ein Hirntoter? Die Organspende in der Krise, www.pthv.de 30.6. – 3.7.: Marburg, Das religiöse Erleben psychisch Kranker, www.marburger-institut.de 2.7.: Dudenhof, Vis-a-vis Seminartag „Konflikte”, www.visavis-gemeindediakonie.de

Kleinanzeigen ChrisCare

4.7.: Berlin, Bewegen und bewegt werden, für Führungskräfte, www.fa-kd.de

[ Kleinanzeigen ]

20.8.: Chemnitz, Mit Gott am Arbeitsplatz, www.cig-online.de 15.9.: Zürich, Pulse Days. Globuli – Kräuter – Tabletten, www.cdkschweiz.ch

Israel-Studienreise Workshop Klimaheiltherapie am Toten Meer, 4. September – 12. September 2016, 32 Punkte für Fortbildungsdiplom, Info: Dr. Siegfried Hummel, KKH Schleiz,

16. – 18.9.: Kloster Nütschau, Wochenende für Kranke und Angehörige, www.cig-online.de 16. – 18.9.: Neudietendorf, Sterbebegleitung bei Menschen mit dementieller Erkrankung, info@gemeindekolleg.de

Telefon: 0 36 63 – 467 737 10, E-Mail: s.hummel@hospital-schleiz.de n

23.9.: Hamburg, Ökumenischer Patientengottesdienst, www.cig-online.de

NACHFOLGER/IN für MASSAGEPRAXIS GESUCHT

26. – 27.9.: Frankfurt a.M., Ethik in der Caritas, Info: barbara.hummel@caritas.de

Altersgründe/KG-Praxis und Wohnen möglich/Nähe

27.9.: Moritzburg, Glauben mit IQ 34 oder Wie rede ich mit Menschen mit geistiger Behinderung von Gott, info@diakademie.de

Mainz. massagepraxis-bodo-homburg.de n Kleinanzeige ab 3 Zeilen möglich. Für Anbieter 19 € / Zeile; für Suchende 9,50 € / Zeile. Chiffregebühr: 5 €. Alle Mediadaten unter: www.chriscare.info

8. – 14.10.: Berlin, Zeit für mich! Fasten nach Buchinger/Lützner, www.diakonieverein.de 5. – 8.2.17: Hannover, Wesentlich werden – eine diakonische Pilgerreise zum Wandel der Lebensphasen, www.stephansstift.de (Anmeldeschluss 15.7.16)


2/2016 CHRISCARE

Für Sie gelesen

37

Spiritual Care statt Seelsorge? Das Buch soll provokativ sein und ist es auch. Die Autorin ist katholische Professorin für Pastoraltheologie und Diakonische Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar. Sie stellt gut gegliedert, mit viel Sachverstand und sorgfältig recherchiert Entwicklung, Inhalte und Ziele der seelsorgerischen Spiritual Care Bewegung dar und vergleicht sie mit der herkömmlichen Klinikseelsorge. Großen Raum nimmt die kritische Auseinandersetzung mit Spiritual Care ein. Hier zeigt sich, warum das Buch den Untertitel „Plädo-

„Den Glauben erinnern“

yer wider eine Selbstabschaffung der Seelsorge!“ trägt. Nauer befürchtet sie und fährt, um ihr zu wehren, schwere Geschütze auf. Dabei zitiert sie, in dem Fall leider ohne

Menschen. Ein Bilderquiz in der Memory-Tradition speziell

kritische Auseinandersetzung, AutorInnen, deren Argu-

für alte und demenzkranke Menschen? Das hat es bislang so

mente allzu kritisch und pessimistisch erscheinen. Nauer

noch nicht gegeben. Dieses religiöse Memo-Spiel mit dem

ist aber bemüht, nicht den Eindruck zu erwecken, dass

Namen „Den Glauben erinnern“ ist jetzt neu erschienen. Ein

Spiritual Care generell problematisch sei. Im Gegenteil:

Gedächtnistrainings-Spiel, das zum Ausprobieren, Erzählen

„Spiritual Care ist dann, wenn es sich aus medizinischen

oder Rätseln einlädt. Und eines, das die religiösen Kindheits-

Engführungen befreit, ein über den Palliativkontext weit

erinnerungen wach ruft und gleichzeitig dazu betragen kann,

hinausreichendes, äußerst begrüßenswertes Konzept“.

mit demenzkranken Menschen ins Gespräch zu kommen

Unter „medizinischer Engführung“ versteht sie insbeson-

– auch und gerade über ihren Glauben. Auf 40 religiösen

dere die Gefahr der Instrumentalisierung der Spiritualität

Bildkarten werden alltägliche religiöse Orte und Situationen

als Mittel zum Zweck der Heilung, verbunden mit

dargestellt. Zu sehen sind etwa eine Taufsituation, Weih-

Heilungserwartungen, die nicht erfüllen, was sie

nachts- und Karfreitagsmotive, ein Adventskranz, ein frühes

versprechen. Aber fast mehr noch scheint sie

Kommunionbild, eine Fronleichnamsprozession oder ein

sich darum zu sorgen, dass Spiritual Care der

Erntedankkorb. Der spielerisch-biografische Zugang – die

herkömmlichen professionellen Klinikseel-

extra großen Bilder zeigen aus frühester Kindheit bekannte

sorge den Rang abläuft. „Derzeit scheint ein

Situationen – kann dazu beitragen, Menschen mit demenziel-

interprofessioneller Wettbewerb, ein regel-

len Erkrankungen kognitiv und emotional zu aktivieren. Die

rechter Kampf zwischen den Konfessionen

Erprobung des Spiels in der Praxis hat gezeigt, dass die Bil-

und Religionsgruppen, den Haupt- und Ehren-

der als Impuls dienten, in eigenen Erinnerungen zu schwel-

amtlichen ausgebrochen zu sein“, zitiert sie die

gen. Ein Begleitheft gibt zahlreiche Hinweise zu Einsatz-

kritischen Autoren Heller & Heller: „Wer hat den

möglichkeiten sowie Hintergrundinformationen zu Bildern

besten Zugang zu den PatientInnen? Wer ist zuständig

und ihrem möglichen Lebenskontext der älteren Menschen.

für Spiritual Care?“ Nauer will konstruktiv damit umgehen.

Bruno Schrage, Referent für Caritaspastoral beim Diözesan-

Die SeelsorgerInnen sollten keine „Ängste oder Abwehr-

Caritasverband für das Erzbistum Köln und Judith Bielz,

reaktionen gegenüber anderen Spiritual Care Anbietern

Leiterin des Sozialen Dienstes des Caritas-Seniorenzentrums

[...] entwickeln. Ihr Engagement für Spirituelle Begleitung

„Anna-Haus“, Hürth haben das Spiel „Den Glauben erinnern“

ist prinzipiell zu begrüßen! Zugleich gilt es aber auch, das

in enger Zusammenarbeit mit Pflegefachkräften entwickelt.

eigene Produkt zu schützen!“

Literatur

Ein religiöses Memo Spiel nicht nur für an Demenz erkrankte

Hans-Arved Willberg Wettbewerb? Kampf zwischen konkurrierenden Anbietern Den Glauben erinnern – Memo für die Seniorenarbeit, Bruno

auf dem Gesundheitsmarkt? Schutz des eigenen Produkts?

Schrage / Judith Bielz, Verlag Butzon & Bercker, 80 Karten mit

Auf diesem Terrain, meine ich, haben weder Spiritual Care

didaktischem Begleitheft, Kevelaar, 2013, € (D) 29,95 €.

noch herkömmliche Seelsorge etwas zu suchen. Spiritual


38 Care zeichnet aus, dass nun endlich auch einmal „Laien“

Beispielhaft

in ihrer seelsorgerischen Kompetenz ernstgenommen und ohne künstliche Einschränkungen zum Zug kommen,

Die aktuelle Suche von Menschen

um Patienten noch besser als bisher mit dem dienen zu

nach Spiritualität, der diskutierte,

können, was sie wirklich brauchen. Wenn die klerikale

vermutete Zusammenhang zwi-

Engführung der großkirchlichen Seelsorge durch die

schen Spiritualität, erfahrener

neue Bewegung provoziert und vielleicht auch ein wenig

Lebensqualität und aktiver Krank-

in die Bredouille kommen mag, wird ihr das kaum zum

heitsbewältigung in Medizin, der

Schaden gereichen. Vorausgesetzt, sie lässt sich dazu

Pflegewissenschaft sowie der

herausfordern, weitere mutige Schritte hin zu einem

Gesundheitspsychologie gab den Anlass, sich mit dem

„Priestertum aller Gläubigen“ zu tun, das irgendwann

Thema von Spiritualität und deren Stellenwert in der

nicht mehr zwischen Klerikern und Laien unterscheidet,

Pflege als Qualifikationsarbeit (Promotion) auseinanderzu-

sondern nur noch zwischen Kompetenzen.

setzen. Das Buch gliedert sich nach Vorwort und Einleitung in vier Kapitel und schließt mit den zusammenfassenden

„Spiritual Care statt Seelsorge?“ ist ein gutes, professi-

Schlusspostulaten. Ein ausführliches Literaturverzeich-

onelles Buch, aus dem man einiges lernen kann. Nauer

nis schließt die Arbeit ab. Die Einleitung, jedes Kapitel,

übernimmt zur rechten Zeit fachkompetente Verant-

Unterkapitel münden in einer sehr prägnanten und ver-

wortung in einem immer noch jungen risikobeladenen

ständlichen Zusammenfassung, die dem Leser helfen, die

Erneuerungsprozess mit ungewissem Ausgang. Sie

Ergebnisse in konzentrierter Form aufzunehmen. Fußnoten

schmiedet am heißen Eisen „Spiritual Care“ und will

und Verweise sind am jeweiligen unteren Blattende. Diese

ein Rufzeichen setzen mit ihrem Buch. Sie schmiedet ein

Formalie ist äußerst hilfreich für den geneigten Leser,

bisschen zu kräftig, die Hammerschläge sind zu laut, die

welcher diese gleich mitlesen und sich dadurch mit der

Rufzeichen kommen zu häufig vor im Text, das Pathos

Literatur auseinander setzen kann. Die Definitionen und

ist manchmal ein bisschen stark und gewisse polemi-

Annäherungen an zentrale Begrifflichkeiten sind an den

sche Akzente müssten nicht sein. Aber sie hält damit die

entsprechenden Textstellen gegeben, sodass umgehende

Diskussion lebendig und das ist zweifellos dankenswert.

Orientierung möglich wird. Mit seiner konsequenten

Hans-Arved Willberg

Bildungssprache ist das Buch sehr gut lesbar. Ein durchgehender roter Faden mit Konzentration auf Kernpunkte

Doris Nauer, Spiritual Care statt Seelsorge? W. Kohl-

und klare, logische und eindeutige Argumentationsket-

hammer, Stuttgart, 2015, 240 Seiten, ISBN 978-3-17-

ten treten nachdrücklich hervor. Die Schlussapostolate

028905-5, 240 S., 24,99 €, 36.90 SFr.

(Verwertungszusammenhang) für Pflegewissenschaft, Pflege und Theologie, Krankenhausseelsorge sind logisch und perspektivisch auf der vorgängigen Argumentationsstruktur aufgebaut und hoch praxisrelevant. Gut lesbare

Literatur

Abbildungen und Tabellen für eine klare und konzentrierte Übersicht sind passend gegeben. Das Buch ist neben der Printversion auch in den E-Book-Formaten pdf, epub und

Tipp:

mobil erhältlich. Die Einleitung setzt sich mit Standortbestimmung, Erkenntnisinteresse, Zielsetzung, Methodologie, Verortung des Themas, aktueller Forschungsstand und terminologischer Klärung auseinander. Zum Beispiel wird eine Wortfeldanalyse zu Spiritualität aus dem westsemitischen Raum und dem Alten Testament vorgelegt. Es findet für die Pflege und Theologie eine Klärung wesentlicher Begriffe statt, die eine sichere Grundlage

Zum Thema:

für weitere Arbeiten im Gegenstandsbereich sein wird. In

CiG-Denkanstöße Nr. 6,

Kapitel I geht es u.a. um den Topos Ganzheitlichkeit in der

Reise in ein fremdes Land –

Pflege, welcher konstruktiv und kritisch analysiert wird.

als Christen Demenzkranke

Insbesondere die Aussagen aus der aktuellen Pflegewis-

begleiten, Pflege und Seel-

senschaft werden prägnant herausgearbeitet, analysiert

sorge – zwei Seiten einer

und bewertet. Das Kapitel II nimmt das anthropologische

Medaille, Bestellung:

Fundament professionell-ganzheitlicher Pflege in den

www.cig-online.de

Blick. Hier wird der Schnittstellenbereich von Pflege und Theologie grundlagentheoretisch angegangen. Es wird deutlich, dass anthropologische Reflexionen derzeit


IM GESPRÄCH innerhalb der Pflegelehrbücher ausgeklammert bleiben, obwohl der ‚Mensch’ die Grundkategorie pflegerischer Sorge repräsentiert. Hier stellt Knoll die jüdisch-christliche Anthropologie als Kategorisierungshilfe für die Pflege zur Diskussion und zeigt deren Potenziale für eine ganzheit-

2/2016 CHRISCARE

39

Leserforum

lich-professionelle Pflege schlüssig auf. Eine besondere Auseinandersetzung mit dem Seelenbegriff und seiner

Impulse & Feedback: Schreiben Sie uns!

Bedeutung in Theologie und Pflegewissenschaft wird sehr gut verständlich und anschlussfähig herausgearbeitet und bewertet. Dies lag bis dato in einer solchen Form insbesondere für die Pflegewissenschaft nicht vor. Kapitel II ist eine große Ressource für die weitere Auseinandersetzung, insbesondere für die grundlagentheoretische Forschung

Zu ChrisCare 4/2015

in der Pflegewissenschaft. Im Kapitel III kommt es zur evi-

„Mit Schmerz leben“ lautete das Thema der Novem-

denzbasierten Analyse von Spiritualität als ein empirisch

ber-Ausgabe von ChrisCare. Erneut haben wir diese

verifizierbares Bedürfnis von Menschen in unserer Zeit.

Ausgabe mit großem Interesse gelesen, die uns jüngst

Daraufhin beschäftigt das Kapitel IV sich mit dem Thema

anlässlich einer Fortbildung mit Dr. Georg Schiffner

Spiritualität in der deutschen Pflegebildung im Vergleich

in unserem Hause überreicht wurde. Für uns in der

der einzelnen Bundesländer. Die akribische Analyse der

Telefonseelsorge sind diese Artikel immer wie eine

Rahmenlehrpläne zeigt das Desiderat des Topos Spiritua-

komprimierte Fortbildung zu stets wesentlichen The-

lität in der Pflegebildung eindeutig auf und fordert auf-

men. Aktuell: sehr inspirierend und Mut machend, was

grund der dargelegten Pflegerelevanz eine Aufnahme als

Pastor Rust über seine Schmerzerfahrungen schreibt.

Bildungsinhalt in das Krankenpflegegesetz (KrPflG) sowie

Informativ und horizonterweiternd, wie Dr. Hefti den

die staatlich verantworteten Rahmenlehrpläne. Die praxis-

ganzheitlichen Behandlungsansatz in der modernen

nahen und auch aktuellen Postulate als herausfordernde

Schmerztherapie dargestellt und aufzeigt, welche

Zusammenfassung helfen, die grundlagentheoretisch fun-

Bedeutung die religiöse Einstellung für die Schmerz-

dierten Aussagen für das gelebte Leben in Pflegewissen-

bewältigung haben kann. Für uns als christliche

schaft, Pflege und Theologie, Seelsorge erfahrbar werden

Seelsorger sehr wichtig... Klasse auch der rote Kasten

zu lassen. Diese Qualifikationsarbeit von Franziskus Knoll

im Artikel von Bettina Gundlach mit den hilfreichen

hat mich dazu angespornt, eigene Standpunkte in Bezug

Fragen zur Selbstreflexion. Das sind wunderbare Tools

zur Spiritualität und Pflege erneut zu hinterfragen und

für uns am Telefon. Was wir überaus schätzen, ist die

mein eigenes Verständnis zu vertiefen, zu erweitern und zu

kompetente und gut verständliche Darstellungsform,

revidieren. Die Lektüre ist sehr einträglich, für alle Profes-

die uns als ‚medizinische Laien’ nicht abhängt, son-

sionen im Gesundheitswesen über den Kontext Deutsches

dern dienend mitnimmt. Fazit: mehr davon! n

Krankenhaus hinaus. Für Lehrende, Studierende, Leitende und Forscher in Pflege und Theologie unabhängig von

Pastor Christian Häring, Leiter TV-Zuschauerservice Joyce

konfessioneller Zugehörigkeit oder weltanschaulicher Bin-

Meyer Ministries (Hamburg)

dung ist dieses Buch eine wertvolle Hilfe für den Zugang zu spirituellen Fragen des Menschen im Kranksein. Die Eröffnung neuer, ungewohnter oder erneut in Erinnerung gerufener Gegenstandsbereiche und Perspektiven bringt Fortschritt in der Wissenschaft. Dazu müssen disziplinäre Grenzen überwunden werden und durch einen explizit transdisziplinären Blick mögliche hilfreiche Hilfe für die einzelnen Disziplinen sowie dem Sujet Kranke in ihrer Situation erschlossen werden. Für ein solches Vorgehen ist die vorliegende Arbeit beispielhaft. Ich wünsche ihr deshalb ein gute Resonanz in Pflegewissenschaft, Theologie sowie der Bezugswissenschaften. Br. Prof. Dr. rer. cur. Peter

Schiffer, OSCam, Ludwigsburg Franziskus Knoll, Mensch bleiben! Zum Stellenwert der Spiritualität in der Pflege, 2015, Kohlhammer, Stuttgart, 336 Seiten, 38 Tabellen, ISBN 978-3-17-029626-8, € (D) 39,99, CHF (CH) 52.00

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40

IM GESPRÄCH

Zu ChrisCare allgemein und 1/2016

Zu ChrisCare 1/2016

„Oh, wieder eine ChrisCare!“, denke ich halb erfreut

Das Thema Ehrenamt erfüllt mich immer wieder mit

und halb bedrückt beim Leeren des Briefkastens, aus

einer Mischung aus Freude und relativierbaren Schuld-

dem auch noch das Ärzteblatt und anderes purzeln und

gefühlen, so auch der so gelungene Beitrag aus dem

merke, wie mich die Flut an zu Lesendem erdrücken

Albertinenhaus. Ich denke, dass das Ehrenamt unver-

will. Es ist zu viel, was ich lesen muss, sollte, will...

zichtbar wichtig, kostbar und bereichernd ist. Auch

Will? Aha, Ehrenamt als Thema. Die kostbare Freizeit für

wenn es keine Arbeitsplätze überflüssig machen darf,

unentgeltliche Extraarbeit opfern? Nicht gerade etwas,

bedeutet es für die Hauptamtlichen in Zeiten zuneh-

das spontan positive Gefühle weckt. Diesmal blättere

mender Arbeitsverdichtung eine Riesenerleichterung

ich also ohne große Erwartungen kurz die Zeitschrift

und Ergänzung, dass gerade im Bereich der Zuwen-

auf und bleibe sofort hängen. „Trostlose Tröster“ (S. 4).

dung zum Menschen Ehrenamtliche ihren Platz haben

Oh ja, ich brauche auch Trost! Der Artikel fesselt mich.

und eine große Lücke füllen. Sehr bewundere ich in

Der angestaute innere Druck sucht ein Ventil, ich schütte

diesem Kontext meine Freundin Ruth, die neben Beruf

beim ewigen Tröster mein Herz aus und erfahre selber

und Familie es immer wieder schafft, explizit und impli-

Trost. Wie gut das tut. Meine Augen wandern weiter,

zit Ehrenämter auszufüllen. Neben der Tätigkeit als CiG

bleiben wieder hängen. Ich bekomme hilfreiche Tipps

Regionalgruppenleiterin, Elternsprecherin und Mitarbeit

für den Umgang mit schwierigen Patienten, danke, Jörg

in einem Stadtteilprojekt für benachteiligte Jugendliche,

Berger! („Stachelige Persönlichkeiten“, S. 20). So viele

der Flüchtlingsbetreuung inkl. Anwerbung und Samm-

ermutigende Alltags-Beispiele, auch aus Sicht ehren-

lung von Spendenmitteln und Werbung für Vormund-

amtlicher Mitarbeiter. Von David Kadel lerne ich, dass

schaften für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge,

wahres Ehrenamt ein Liebesdienst ist: sich aus Liebe

telefonischer Begleitung mehrerer psychisch instabiler

anderen demütig und gerne verschenken, Gott zur Ehre

Freunde hat sie selbst ein erwachsenes „Ziehkind“ mit

(„Schlafende Riesen“, S. 10). „Also das tun, was man

Suchtproblematik, wobei sie, dank ihrer schönen Gaben

richtig liebt, sozusagen als Hobby, und aus der Liebe

und Charismen (einschließlich einer besonderen Kraft!),

zu Gott und Menschen motiviert“, denke ich lächelnd.

immer wieder ein großer Segen sein darf.

Klingt schon ganz anders als meine anfänglichen Assoziationen zum Thema. Dankbarkeit macht sich in

Ich selbst bin dagegen, obwohl Single, mit Aufgaben

mir breit. Was für ein Geschenk, dass ich diesen Weg als

außerhalb meiner Berufstätigkeit zumeist überfordert,

Christin und Ärztin im Alltag nicht alleine gehen muss.

schaffe es kaum, mich meinen Patenkindern genügend

Dass ich durch andere Christen ermutigt werde, die ihre

zu widmen. Mein Haupt- und Ehrenamt besteht wohl

Erfahrungen über ChrisCare und neuerdings als neue

darin, an meinem Arbeitsplatz, einer psychosomati-

Regionalgruppe von CiG mit mir teilen. Beim Gedanken

schen Klinik in aktuell wieder sehr schwierigen Zeiten

an „meine“ CiG-Gruppe hier in Lübeck spüre ich plötz-

der Arbeitsverdichtung und Umstrukturierung eine

lich ein breites Lächeln auf meinem Gesicht. Ja, welch

wichtige Säule zu sein, wo ich mich auch als ein Segen

ein Geschenk, dass sich so viele freiwillig neben ihrem

erleben darf. Schuldgefühle entstehen dabei weniger

Beruf regelmäßig aufmachen, um einander zu unterstüt-

aus einer geistlichen Dimension als durch das berufli-

zen, um voneinander und von Christus zu lernen, wie

che und private Umfeld, wo Begrenzungen und indivi-

wir unsere Patienten mit dem großen Tröster bekannt

duelle Akzentuierungen oft nicht verstanden werden,

machen können, wie wir sie zu ihm hinlieben können...

auch was Karrierefragen angeht. Ich denke, dass es in

Viele Ideen teilen wir in dieser Gruppe und träumen

jedem Einzelfall darum geht, sich mit den je eigenen

schon davon, Patienten-Gottesdienste in unserer Stadt

Möglichkeiten und Grenzen vor Gott auseinanderzuset-

anzubieten. Ja, da wollen so viele von uns liebend gerne

zen. Das ist schwer, aber notwendig! Auch Jesus hat die

mitmachen! Dass unser Engagement hierbei durchweg

meisten der ihm angetragenen Ämter (einschl. bezüg-

ehrenamtlich ist, fällt mir jetzt erst durch das Leitthema

lich seiner Karriere) nicht übernommen. Im Übrigen

dieser ChrisCare auf. Ich muss unwillkürlich lachen und

halte ich das (Fürbitt-)Gebet für eines der wichtigsten

klappe glücklich die ChrisCare zu. n

Ehrenämter überhaupt, von dessen Kraft ich zutiefst überzeugt bin. n

Dr. Susanne Herbowski, Ärztin für Allgemeinmedizin, Lübeck

Silke Petersen, Ärztliche Psychotherapeutin, Berlin


Geschichte der Pflege

RUBRIK

2/2016 CHRISCARE

41

Ausgabe 2-2015 | ISSN 2193-8296 | Verlag hpsmedia GmbH | www.geschichte-der-pflege.info

Geschichte der Pflege Das Journal für historische Forschung der Pflege- und Gesundheitsberufe Irene Zauner-Leitner, Michael Bossle Lehrende und Lernende der Pflege- und Sozialberufe an einem historischen Ort des Leides: Möglichkeiten der Reflexion und Vertiefung

für Unterricht, Forschung und Geschichtsinteressierte

Norbert Friedrich Umgang mit Leid in der konfessionellen Pflege – das evangelische Beispiel Birgit Seemann Leid-Kontexte in der Deutsch-Jüdischen Krankenpflege des 19. und frühen 20. Jahrhunderts Boris Böhm Psychiatrisches Pflegepersonal in Sachsen vom Kaiserreich bis zum Ende der NS-Zeit Marion Schumann Den Wehen „mit System“ begegnen

Peer-Reviewed Erscheint 2x/Jahr inkl. Online-Archiv

Martina Hiemetzberger, Monika Loicht Vergangenes erfahren – für die Gegenwart und Zukunft lernen Magdalene Heuvelmann „Es sind auch von den katholischen Kranken nur wenige ohne die hl. Ölung gestorben.“ Who was who in nursing history Hubert Kolling Porträt: Heinrich Haeser

inkl. Online-Datenbanken mit weiteren Materialien zur Geschichte der Pflege

Da steckt mehr drin: Zeitschrift. Archiv. Datenbanken read print. read online. read on demand Privat-read Online

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Geschichte der Pflege erscheint mit 2 Ausgaben pro Jahr als Printausgabe sowie als 1:1 Reproduktion im Adobe PDF-Format online. Die Bestellung des Abonnements gilt zunächst für die Dauer eines Jahres. Wird das Abonnement nicht vier Wochen vor Ablauf der vereinbarten Bezugszeit schriftlich gekündigt, verlängert es sich um den ursprünglich vereinbarten Zeitraum, höchstens jedoch um ein Jahr, und kann dann jeweils mit einer Frist von vier Wochen vor Beginn der neuen Laufzeit gekündigt werden. Abonnementsbestellungen sind beim Verlag, und seinen Geschäftsstellen oder Beauftragten möglich. Der Verlag ist berechtigt, Abonnementsbestellungen ohne Angabe von Gründen abzulehnen. Um den Auftrag erfüllen zu können, speichert der Verlag die Liefer- und Rechnungsanschriften in seiner Abonnentendatei. Komplette AGBs online.

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en: e bestell n li n o t z nd Jet edizin.la www.m


42

Impressum

Glosse

Herausgeber und Verlag: ChrisCare erscheint im Verlag Frank Fornaçon, Ahnatal, und wird von Christen im Gesundheitswesen e.V. herausgegeben. Chefredaktion: Frank Fornaçon (FF) (V.i.S.d.P.), Korrektorat Julia Eberwein. Die Beiträge wurden sorgfältig ausgewählt, dennoch übernimmt die Redaktion keine Haftung für die Inhalte. Verantwortlich ist der jeweilige Autor. Zur leichteren Lesbarkeit wird bei Begriffen, die männlich und weiblich gemeint sind, in der Regel eine gemeinsame Form verwendet, z.B. „Patienten“. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos übernimmt der Verlag keine Haftung. Copyright: Christen im Gesundheitswesen e.V., ChrisCare wird in CareLit ausgewertet: www.carelit.de Redaktionsanschrift: Verlag Frank Fornaçon, Am Gewende 34, 34292 Ahnatal, Deutschland, Tel.: (+49) (0) 56 09 806 26, Fornacon-Medien@web.de, www.verlagff.de Gestaltung: FRANK.COMMUNICATION., Werner-von-Siemens-Str. 25, 78224 Singen, Deutschland, www.frank-com.de Druck: Grafische Werkstatt von 1980 GmbH, Yorkstraße 48, 34123 Kassel, Deutschland Anzeigenverwaltung Deutschland und Österreich: Verantwortlich: Günther Gundlach, Christen im Gesundheitswesen e.V., Aumühle, Bergstraße 25, 21521 Aumühle, Tel.: (+49) (0) 4104 91 709 30, Fax: (+49) (0) 4104 91 709 39, info@cig-online.de, www.cig-online.de. Anzeigenverwaltung Schweiz: Verantwortlich: Niklaus Mosimann, SCM Bundes-Verlag (Schweiz), Rämismatte 11, Postfach 128, CH-3232 Ins, Tel.: (+41) (0) 43 288 80 15, werben@bvmedia.ch, www.bvmedia.ch. Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 1/2012. Trotz sorgfältiger Prüfung kann der Verlag keine Verantwortung für die veröffentlichten Anzeigen, Beilagen und Beihefter übernehmen. ChrisCare erscheint jeweils in der Mitte eines Quartals. Preise: Einzelheft € (D) 5,80, € (A) 6,00, SFr. (CH) 10.30. Jahresabonnement (4 Ausgaben) € (D) 19,20, € (A) 19,80, SFr. (CH) 31.30, jeweils zuzüglich Versandkosten. Anschriftenänderungen sind rechtzeitig vor Erscheinen des nächsten Heftes dem ChrisCare-Aboservice in Deutschland oder dem SCM Bundes-Verlag (Schweiz) in der Schweiz mitzuteilen. Die Post liefert Zeitschriften nicht automatisch an die neue Anschrift. Bestellungen aus Deutschland und Österreich: ChrisCare-Aboservice, Bergstraße 25, 21521 Aumühle, info@cig-online.de, Tel.: (+49) (0) 4104 917 09 30, Fax: (+49) (0) 4104 917 09 39, Vertrieb auch über die J.G.Oncken Versandbuchhandlung, Postfach 20 01 52, 34080 Kassel, Tel.: (+49) (0) 561 5 20 05-0, Zeitschriften@oncken.de Bestellungen aus der Schweiz: SCM Bundes-Verlag (Schweiz), Rämismatte 11, Postfach 128, CH-3232 Ins, abo@scm-bundes-verlag.ch, www.scm-bundes-verlag.ch, Tel.: (+41) (0) 43 288 80 10, Fax: (+41) (0) 43 288 80 11 Konto Deutschland: Christen im Gesundheitswesen, Evangelische Bank, IBAN: DE55520604100206416179, BIC: GENODEF1EK1 Konto Schweiz: Postkonto 85-622703-0, IBAN: CH90 0000 8562 2703 0, BIC: POFICHBEXXX ISSN 1869-9944 Heft 2/2016: Vergesslich, aber nicht vergessen Fotos: S.1 © kbwills / istockphoto.com; S.9 © BraunS / istockphoto.com; S.13 © Tom Fullum / istockphoto.com; S.20 © PeopleImages / istockphoto.com; S.22/23 © Ocskaymark / istockphoto.com; S.27 © Rainbowphoto / istockphoto.com, © PeopleImages / istockphoto.com, Krankenhaus Groß-Sand, © Eva Katalin Kondoros / istockphoto.com; S.42 © Ljupco / istockphoto.com; alle anderen Bilddaten: privat und FRANK.COMMUNICATION. Illustrationen: FRANK.COMMUNICATION. (www.frank-com.de) Texte: Rechte bleiben gewahrt Beilagen: keine Das Heft 3/2016 erscheint mit dem Thema „Zeit haben“ im August 2016.

DEMENT SIND IMMER DIE ANDEREN „…und sollte es mich mal betreffen, dann kriege ich das nicht mehr mit.“ Naja, so einfach ist es nicht, es gibt eine lange Übergangszeit, in der ich das Befremden meiner Umgebung ob meines veränderten Denkvermögens mitbekomme und zu verstehen suche. Vielleicht komme ich zu demselben Ergebnis wie der Falschfahrer, der im Radio hört, dass ein solcher unterwegs ist und sich sagt: „Einer? Da sind Hunderte!“ Und gewiss wird es interessant sein, ohne Wechsel des Umfelds ständig neue Leute kennenzulernen… Bis es soweit ist, kann ich meinerseits die Umgebung auf Anzeichen von Demenz untersuchen. Und da werde ich oft fündig! Nicht bei den Pflegebedürftigen, nein, sondern bei solchen, von denen es niemand meint. Was bedeutet denn das Wort Demenz? Als lateinisches Adjektiv „demens“ heißt es „unvernünftig“, leitet man es von „mens“ = „Verstand“ ab, bedeutet es mit „de“: „abnehmender Verstand“. Paulus spricht in Eph. 4,18 vom „verfinsterten Verstand“. Ich nenne das mal „geistliche Demenz“. Die findet sich bei allen, die nicht anerkennen, dass die Welt Gottes Schöpfung ist. Dabei ist das unwiderleglich, denn „Gottes ewige Kraft wird seit der Schöpfung der Welt ersehen aus seinen Werken, wenn man sie wahrnimmt…“ (Röm. 1,20). Wie kann man Wahrnehmungsstörungen über den Verursacher haben, wo sich doch immer neue Wunder

Rechtliches

im Mikro- und Makrokosmos auftun? Kürzlich haben Forscher die von Einstein postulierten Gravitationswellen nachgewiesen. Gott lächelt darüber, er kannte sie längst, denn er ist Schöpfer des Universums. Und seine Geschöpfe? „Sie hielten sich für besonders klug und waren die größten Narren…“ (Röm. 1,22). Also geistlich dement. Es gibt eine Prophylaxe, nämlich: dankbar anerkennen, was man von Gott erkennen kann! Danken ist eine den Verstand erhellende geistliche Bewegungsübung. Zurück zur „medizinischen Demenz“: Auch ihr werde ich vorbeugen, nämlich durch körperliche und geistige Bewegungen, speziell durch Tanzen und Schachspielen. Womit fange ich bloß an? Am besten gründe ich gleich einen Schachtanzclub! Übrigens: Glossen ausdenken soll auch helfen. Wer möchte mal? n Dr. med. Günther Riedl, Uelzen


2/2016 CHRISCARE 43 ChrisCare Abos!

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ChrisCare

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1/2010 Heilkraft des Glaubens

riffen Macht und Ohnmacht verg2/2010

Zum persönlichen Überreichen möchte ich ein Magazin

3/2010 Leid und Schmerz

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riffen Heilen in einer multikulturellen Gesellschaft verg4/2010 1/2011 Besser miteinander

riffen Krisen bewältigen verg2/2011 3/2011 Am Lebensende 4/2011 Kraftquellen erschließen 1/2012 Spiritualität im Alltag 2/2012 Berufung – Karriere und das liebe Geld 3/2012 Existentiell herausgefordert 4/2012 Heilige Momente 1/2013 Die Kraft innerer Bilder 2/2013 Nähe und Distanz 3/2013 Der Seele Gutes tun

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4/2013 An der Grenze

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1/2014 Beruf und Lebensformen

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2/2014 Leidenschaft im Dienst 3/2014 Der mündige Patient 4/2014 Aggression – was tun?

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1/2015 Humor & Lebensglück 2/2015 Armut und Gesundheit 3/2015 Kulturelle Vielfalt

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4/2015 Mit Schmerz leben 1/2016 freiwillig – engagiert – ehrenamtlich

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