Magazin für Christen im Gesundheitswesen 2/2016
Vergesslich, aber nicht vergessen
ChrisCare
ChrisCare
T TEN E P KOM END R E I R I INSP AH N S I X PRA
Vergesslich, Vergesslich, aber nicht aber nichtvergessen vergessen DEMENZ
KULTURELLE TEILHABE TRÖSTEN MOMENTE ÄLTER WERDEN SECHSTER SINN SCHLÜSSEL SIE GEHÖREN DAZU ANDERE WELT GEFÜHL ERGÄNZT VERSTAND
FREUNDSCHAFT
Juni 2016 // (D) € 5,80 // (A) € 6,00 // (CH) SFr. 10.30 // www.chriscare.info // ISSN 1869-9944 // ZKZ 18 381
S. 4 S. 5 S. 6 S. 7 S. 10 S. 12 S. 14 S. 20 S. 21 S. 22 S. 24 S. 26 S. 27 S. 28 S. 30 S. 33 S. 36 S. 36 S. 37 S. 39 S. 42 S. 42
Trösten 45 Jahre verheiratet! Die Mundharmonika Kann denn Liebe Sünde sein? Sie bekommen doch was mit! In einer anderen Welt Kulturelle Teilhabe für Menschen mit Demenz Darf ich bitte(n?) – Zeuge sein Zum Nachdenken Blickpunkt 5. Christlicher Gesundheitskongress in Kassel Bilder vom Kongress Nachrichten Wo treffen Sie Christen, die vom Fach sind? „Sie gehören dazu!“ Medizinische Aspekte der Demenz Kleinanzeigen Termine Für Sie gelesen Leserforum Impressum Glosse
Inhalt
Redaktionskreis: Friedhilde Bartels (Hamburg), Pflegedienstleitung, Medizinisch-Geriatrische Klinik, Albertinen-Haus, Albertinen-Krankenhaus / AlbertinenHaus gGmbH, Hamburg; Pastor Frank Fornaçon (Ahnatal), Redaktion ChrisCare; Bettina Gundlach (Aumühle), Ärztin im Sozialpsychiatrischen Dienst, Vorstand Christen im Gesundheitswesen (CiG); Günther Gundlach (Aumühle), Geschäftsführer CiG; Prof. Dr. rer. cur. Annette Meussling-Sentpali, Professorin Pflegewissenschaft, OTH Regensburg; Andreas Rieck (Stuttgart), Referent im Bereich Weiterbildung und Spiritualität, Marienhospital Stuttgart; Dr. med. Georg Schiffner (Aumühle), Chefarzt Geriatriezentrum Wilhelmsburger Krankenhaus Groß-Sand, Hamburg, Vorsitzender CiG; Pastoralreferent Bruno Schrage (Köln), Dipl. Theologe, Dipl. Caritaswissenschaftler, Referent für Caritaspastoral im Erzbistum Köln; Kathrin Städler (Havelberg), Religionswissenschaftlerin und Krankenschwester; Hans-Arved Willberg (Karlsruhe), Theologe und Pastoraltherapeut; Dr. med. Monika Windsor (Zwochau), Anästhesistin, palliative care Fachbeirat: Dr. theol. Peter Bartmann (Berlin), Gesundheitsökonom, Diakonie Bundesverband; Reinhild Bohlmann (Kassel), Bund freiberuflicher Hebammen Deutschlands BfHD e.V.; Prof. Dr. med. Andreas Broocks (Schwerin), Ärztl. Direktor Carl-Friedrich-Flemming-Klinik, HELIOSKliniken; Ulrike Döring (Wiesbaden), Vorsitzende des Evangelischen Berufsverbandes Pflege; Paul Donders (Niederlande), Leitung xpand international; Prof. Dr. Ralf Dziewas (Bernau), Professor für Diakoniewissenschaft und Sozialtheologie; Heribert Elfgen (Aachen), Physiotherapeut, Dipl. Musiktherapeut; Claudia Elwert (Karlsruhe), Physiotherapeutin, Mitarbeiterin Zentrum für Gesundheit-Therapie-Heilung; Sr. Hildegard Faupel (Springe), Theologin, Pädagogin; Dr. theol. Astrid Giebel (Berlin), Diplom-Diakoniewissenschaftlerin, Pastorin, Krankenschwester, Theologin im Vorstandsbüro der Diakonie Deutschland-Evangelischer Bundesverband; Dr. med. Martin Grabe (Oberursel), Chefarzt Psychosomatik Klinik Hohe Mark, Vorsitzender Akademie für Psychotherapie und Seelsorge e.V.; Dr. med. René Hefti (Langenthal), Chefarzt SGM Klinik Langenthal, Ltg. Forschungsinstitut Spiritualität & Gesundheit; Sr. M. Basina Kloos (Waldbreitbach), Franziskanerin, Generaloberin; Sr. Anna Luisa Kotz (Untermarchtal), Vorstand Genossenschaft der Barmherzigen Schwestern vom Hl. Vinzenz von Paul; Reinhard Köller (Aumühle), Arzt für Allgemeinmedizin, Naturheilverfahren; Pfarrer Ulrich Laepple (Berlin); Dr. med. Gabriele Müller (Frankfurt a. M.), Anästhesistin am Schmerz- und Palliativzentrum Rhein-Main; Rolf Nussbaumer (Herisau), Schule für christliche Gesundheits- und Lebensberatung; Weihbischof Thomas Maria Renz (Rottenburg), Diözese Rottenburg-Stuttgart; Dr. theol. Heinrich-Christian Rust (Braunschweig), Pastor der Evangelisch Freikirchlichen Gemeinde Braunschweig, Friedenskirche; Dr. med. Claudia Schark (Blankenburg), Chefärztin Klinik für Geriatrie und Innere Medizin; Oberin Andrea Trenner (Berlin), Oberin Johanniter Schwesternschaft; Dr. phil. Michael Utsch (Berlin), Psychotherapeut, Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen
EDITORIAL
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Liebe Leserin, lieber Leser, Der Garten der Villa in Dahlem lag im Sonnenschein. Bunte Schirme schützten vor allzu großer Hitze. Im Schatten alter Bäume standen locker gruppiert die Rollstühle. Der junge Theologiestudent folgte Schwester Dorothea in den Garten, ein zwei Schritte hinter ihr, denn die Welt, die sich da auftat, war ihm noch gänzlich unbekannt. Demenz war noch nicht in aller Munde. Aber die alten Leute im Park litten offensichtlich daran. Schwester Dorothea, die später selbst an Alzheimer leiden sollte, ging zielstrebig auf die alte Dame aus ihrer Gemeinde zu, setzte sich auf die Bank neben sie und schwieg zunächst. Die Alte schaute und suchte offenbar in ihrer Erinnerung: Wer war die Frau mit der weißen Haube? Was wollte sie? Und was suchte der junge Mann neben ihr? Schwester Dorothea stellte sich geduldig – aber offenbar vergeblich – vor. Der Student rechnete damit, dass man bald unverrichteter Dinge den Besuch beenden werde. Aber weit gefehlt. Schwester Dorothea begann zu singen: Weil ich Jesu Schäflein bin, Jesus liebt mich ganz gewiss, Ich bin durch die Welt gegangen… Das waren die Lieder, die die alte Frau im Kindergottesdienst gelernt hatte und die tief in ihr schlummerten. Sie sang aus ganzem Herzen mit, zum Erstaunen der anderen Parkbesucher, von denen einige ebenfalls die Lippen bewegten. Erstaunt war auch der angehende Pfarrer, denn er erlebte eine ganz und gar andere Art der Kommunikation. Schwester Dorothea spielte auf der Klaviatur der Erinnerung. Sie führte singenderweise ein seelsorgerliches Gespräch. Heute ist Demenz eines der Megathemen. Jeder weiß dazu etwas zu sagen. Alle fürchten sie. Und die christliche Gemeinde ist oft hilflos, wie sie mit ihren an Demenz leidenden Mitgliedern umgehen soll. Besonders in freikirchlichen Gemeinden, die stark vom Mitmachen ihrer Glieder leben, scheint der Demente manchmal fehl am Platz. In dieser Ausgabe von ChrisCare beschäftigen wir uns mit verschiedenen Aspekten des Umgangs mit Demenzpatienten. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Wir würden uns freuen, wenn Sie uns dazu schreiben. Auch das sensible Thema der Sexualität haben wir nicht ausgespart, wohl wissend, dass es eines der Tabuthemen ist. Aber wir wollen mit ChrisCare den ganzen Menschen mit all seinen Facetten in den Blick nehmen. Seit dem letzten Jahr ist unser Redaktionsteam gewachsen. Aus Hamburg ist die Pflegedienstleiterin des evangelisch-freikirchlichen Albertinenhauses Friedhilde Bartels dazu gekommen. Aus Stuttgart ergänzt der katholische Theologe Andreas Rieck den Kreis. Ihre Andreas Rieck, Bettina Gundlach, Ärz-
Stuttgart, Referent
tin im Sozialpsychiatri-
im Bereich Weiterbil-
schen Dienst, Aumühle,
dung und Spirituali-
Vorstand Christen im
tät, Marienhospital
Gesundeitswesen (CiG)
Stuttgart
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KUNST
Trösten Kunstwerk von Susanne Lemberg
Goldene Buchstaben bilden ein fast menschengroßes Schriftbild. Ohne Abstände fügt sich horizontal und vertikal ein Buchstabe an den anderen, so dass sich Wort- und Satzsinn nicht sofort erschließen. Durch ihre Größe fallen wahrscheinlich als erstes ganz oben ICH WILL und in der zweituntersten Reihe EMUT auf. Kann das bereits die Botschaft sein, dass hier jemand Mut zusprechen will? Nach und nach erschließt sich der ganze Satz: „Ich will euch trösten wie einen seine Mutter tröstet.“ Das Kunstwerk gibt einen Satz aus dem Buch Jesaja (66,13) wieder, in dem Gott zu seinem Volk spricht. Das Gold spiegelt die Größe und den Glanz Gottes. Es bringt auch zum Ausdruck, dass es ein ganz besonderes Wort ist. Ein kostbares Wort aus göttlichem Mund. Und dies im doppelten Sinn. Zum einen, weil es im Kontext von Bildern von Geburt und Trost die eher weibliche Seite Gottes beschreibt und dadurch das männliche Gottesbild weicher und zugänglicher macht. Zum anderen sagt Gott damit, dass er sein Volk – und damit auch mich – wie eine gute Mutter ihr Kind – gut kennt und ihm fürsorglich vertraut nahe ist. Was ich auch anstelle, was auch immer mit mir passiert, seine Liebe bleibt unveränderlich. Ich kann immer zu ihm kommen. Er wird mich
Trösten, 2015, ca. 80 x150 cm, Goldpigment auf Papier, geschnitten, © Susanne Lemberg, www.susannelemberg.ch
wie eine Mutter trösten und mir Mut zusprechen. Das Wortgebilde ist mit seinen Abmessungen von
der richtigen Beleuchtung von der Wand abstrahlt. Das
80 x 150 cm groß und stark. Wie ein Schild vermag es
Jesajawort ist ein wunderbarer Wegbegleiter für das
zu schützen, wie ein Mantel kann es Verfolgte umge-
Jahr 2016. Gott will uns wie eine Mutter trösten und in
ben und bergen, ihnen Halt geben und sie trösten. Das
allen schwierigen Situationen ermutigen, Heil zuspre-
Buchstabennetz vermag die Fallenden aufzufangen. Die
chen und stärken, die Schwierigkeiten zu überwinden
Durchbrüche der Buchstaben bringen symbolisch zum
und von neuem vorwärts zu gehen.
Ausdruck, dass Gottes Trost nach hoffnungslosen Situationen neue Durchblicke und Ausblicke ermöglicht. Sein
Gott will uns trösten … Nun hängt es an uns, ob wir bei
Trost gibt den Gefallenen Mut wieder aufzustehen, es
IHM Trost suchen... n
nochmals zu versuchen – mit seinem Glanz im Rücken und mit der Gewissheit im Herzen, dass er nahe ist und bleibt. Er ist mit mir. Wohin ich auch gehe, er bleibt mir nahe. Immanuel – Gott mit uns. Sein Herz schlägt für sein Volk, für jedes einzelne
Patrik Scherrer, lic. theol.,
seiner Kinder. Daran mag auch die rötliche Farbe auf
Krankenhausseelsorger, München,
der Rückseite des Wortes MUTTER erinnern, welche bei
www.bildimpuls.de
ERFAHRUNGEN
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45 Jahre verheiratet! Momente des Innehaltens, des dankbaren Rückblicks und des zuversichtlichen Ausblicks
Wohlwissend, dass diese Mitteilung und unsere Art des Mitteilens unterschiedlich aufgenommen werden und auch aufgenommen werden können, haben Jörg und ich uns für diese Form des Teilens entschieden.
wir uns freuen dürfen, mit denen wir bereits viel Schönes erlebt haben. Und da ist die Tagungsstätte Schloss Craheim ein Ort, der uns unvorstellbar Stärkung gegeben
Seit geraumer Zeit haben wir
Jörg bemerkt seine Defizite. Er geht
gemeinsam Veränderungen bei Jörg
bewundernswert damit um.
beobachtet: verstärkte Vergesslich-
hat. Und, und, und. Ja, wir haben wirklich Grund dazu,
keit, Schwierigkeiten bei der Wortfin-
So manches Mal bin auch ich müde,
dankbar zurückzuschauen und
dung, Verlangsamung, große Müdig-
stoße an meine Grenzen, merke, dass
erwartungs- und hoffnungsvoll in
keit. Zunächst dachten wir, das käme
es durchaus schwierig sein kann,
die Zukunft.
durch Jörgs Niereninsuffizienz (die
etwas zu organisieren, die Zeit muss
Nieren arbeiten leider nur noch zu
ganz schön eingeteilt werden, u.a.m.
12 Prozent, eine Dialyse steht bevor).
Natürlich haben wir uns unseren Lebensabend anders vorgestellt:
Nun haben verschiedene Untersu-
Jörg und ich lernen in verschiedener
so ein richtig vernünftig schönes
chungen bestätigt: Es ist Demenz.
Hinsicht und hoffen, dass wir auf
Seniorenleben. Möglichst lange fit
einem guten Weg sind. In unseren
an Körper und Geist.
Wie nun mit dieser Diagnose umgehen?
engen Grenzen erfahren wir, dass eine große Hand uns hält und manch-
Nun ist es anders gekommen. Aber
Eigenartig. Es war nicht zuerst
mal auch über Mauern springen lässt.
eben nur anders.
diese Frage, die uns bewegte, bzw. aufwühlte, sondern wir durften erfahren: Gott war schon vor dieser Frage da. Es ist schwierig, das zu beschreiben. (Und auch persönlich.) Wir wurden eingehüllt in einen Schutzmantel, spürten, dass wir nicht alleine sind.
Ich habe Demenz. Bitte haben Sie etwas Geduld. Danke.
Natürlich mag jemand sagen: Das ist Verdrängung. Jörg und ich
Engel begegnen uns. „Es müssen
„Gottes Friede, der höher ist als eure
empfinden das nicht so. Wir sind
nicht Engel mit Flügeln sein.“ Da sind
Vernunft, bewahre eure Herzen und
dankbar für unseren Glauben und
Menschen, die uns ihre konkrete
Sinne.“ – Worte aus dem sonntägli-
erleben ihn als großen Schatz.
Hilfe anbieten, die einfach da sind,
chen Segen unseres Gottesdienstes.
Worte aus der Tageslosung, Gebete,
aber auch verstehen, wenn wir ein-
Verse, Lieder bekommen noch ein-
fach nur Ruhe haben möchten. Und
Möge genau dieser Friede uns alle
mal eine tiefere Bedeutung, tragen
da sind Menschen, die für uns beten.
durch unseren Alltag und unser
uns durch den Alltag.
Danke dafür.
Leben begleiten – gerade auch in
Es ist nicht so, dass wir mit Leich-
Übrigens hat in diesem Monat das
tigkeit durch den Tag gehen, obwohl
Jahr der Dankbarkeit begonnen.
Danke, dass es diesen Frieden, der
wir immer wieder etwas zu lachen
Haben wir, Jörg und ich, nicht viel
über unsere Vernunft geht, gibt! n
und schmunzeln haben. Doch da
Grund, dankbar zu sein? Und ob!!
gibt es eben auch graue und dunkel-
Wir haben eine große Familie, fröh-
graue Zeiten.
liche Enkel und Freunde, über die
stürmischen Zeiten!
Familie T. aus Paderborn
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ERFAHRUNGEN
Die Mundharmonika Ein Schlüssel, um die Herzen der Menschen, die an Demenz erkrankt sind, zu öffnen
Wer kennt nicht das Lied vom „Jungen mit der Mundharmonika“ – er singt von dem, was einst geschah.
einfach zu lernen und vor allem hat man schnellen Erfolg. Schauen Sie im Internet nach:
Wir sitzen in einer Runde zusam-
aufbewahren. Wahrscheinlich sind
men und erzählen von vergange-
in vielen Schubladen und Nachtkäst-
nen Zeiten. Immer wieder steht
chen zuhause solche Schätze, die
Nach einem Arbeitstag und den vie-
ein Mann auf, es ist unruhig. Mit
vergessen sind, die keine Bedeu-
len Eindrücken im Pflegeheim oder
meiner Mundharmonika spiele ich
tung mehr haben. Die Mundhar-
bei Stau auf der Autobahn ist für
ganz leise das Volkslied „Muss i
monika war früher ein Instrument,
mich das Spielen auf der Mundhar-
www.muha-jochen.de.
denn, muss ich denn zum Städtele hinaus“. Schnell wird die Melodie aufgenommen und mitgesungen, erstaunlich ist die Textsicherheit. Wir haben immer Mundharmonikas in unserer Reserve. Ich biete dem Bewohner an, es einmal zu probieren. Er nimmt gekonnt die Mundharmonika, versucht sehr zaghaft hineinzublasen und schon ertönt die Melodie. Verwundert und erstaunt ist er
Vertraute Erinnerungen aufrufen
darüber, „dass er es noch kann.“ Seine Augen strah-
das man sich kaufen und vor allem
monika der Weg zur inneren Ruhe
len vor Glück und er spielt immer
überall mitnehmen konnte. Da
und Gelassenheit. n
wieder und ist für den Vormittag
wurden beim Lagerfeuer Wander-
glücklich und beschäftigt.
lieder gespielt oder in schweren Zeiten an der Front haben vertraute
Erinnerungen sind Wirklichkeit
Klänge Geborgenheit vermittelt. Die
geworden, Verschüttetes wurde
Mundharmonika ist ein Schlüssel
wieder entdeckt. Er freut sich richtig,
von vielen, die Töne sind weich und
als ich auf die Mundharmonika
nicht schrill. Ein kleiner Tipp: Ich
Maria Plepla-Peichel,
seinen Namen aufklebe und will
spiele nicht nach Noten, sondern
Inhaberin eines Pfle-
diese in seinem Nachtkästchen
im Punkt – Strich – System. Es ist
gehauses, Setzingen
TITELTHEMA
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Kann denn Liebe Sünde sein? Spiritualität und Sexualität in der Begleitung älterer Menschen in der Pflege Hanne T. pflegt seit drei Jahren ihren Mann Wilfried. Sie wird dabei von einem ambulanten Pflegedienst unterstützt. Seit einigen Monaten kommt es zunehmend vor, dass Wilfried T. gerade die jungen weiblichen Pflegekräfte während der Pflege an der Brust berührt. Eine junge Pflegerin spricht Hanne T. auf die Situation an. Hanne ist peinlich berührt.
anderer Bewohner/innen und Patient/
mung gedeutet. Geht man davon
innen und Angehöriger überschrei-
aus, dass sich der Mensch in seiner
ten. In den folgenden Überlegungen
leib-seelischen Ganzheit auch im
betrachten wir das Thema „Sexualität
Hinblick auf die Sexualität als Bezie-
im Alter“ jedoch nicht unter juris-
hungswesen zeigt, kommt hiermit
tischen Gesichtspunkten, etwa zur
eine weitere Betrachtungsweise ins
Strafbarkeit sexueller Übergriffe oder
Spiel: Sexualität als Ausdruck von
zur Prävention eines (sexuellen) Miss-
Liebe und Partnerschaft und damit
brauchs von Schutzbefohlenen.
der Wunsch, geachtet sein zu wollen, Zugehörigkeit und Nähe – auch
Unser Zugang geht vielmehr davon
durch Berührung – zu erleben. Wird
aus, dass es für die Gestaltung
diese Sichtweise in die Planung
pflegerischer Anforderungssituatio-
und Gestaltung von Pflege einbezo-
In einem gerontopsychiatrischen
nen hilfreich sein kann, das Thema
gen, stellt sich die Frage nach dem
Wohnbereich haben sich Rosi und
„Sexualität im Alter“ auch unter
Umgang mit dem Phänomen „Sexu-
Wolfgang miteinander angefreundet.
dem Gesichtspunkt von Identität
alität im Alter“ nicht allein auf der
Beide sind verheiratet und werden
und persönlichen Wertüberzeugun-
Ebene einer funktionalen Verwirk-
regelmäßig von ihren Partnern
gen, aber auch von Trägeridentität
lichung. Sie hilft vielmehr dabei,
besucht. Im Spätdienst wird die
und Ethos konfessioneller Einrich-
den Menschen in seinem Wunsch
Wohnbereichsleitung von Angehö-
tungen im Gesundheitswesen in
nach Kontakt und Verbundenheit zu
rigen anderer Bewohner darauf auf-
den Blick zu nehmen. Dazu lassen
sehen und von dorther die Mög-
merksam gemacht, dass die beiden
sich im diesem Rahmen folgende
lichkeiten und Rahmenbedingun-
im Gemeinschaftsraum intensiv
Denkanstöße formulieren:
gen zum Umgang mit dem Thema
Zärtlichkeiten austauschen. In vielfältigen Facetten begegnet Pflegenden und anderen an der Versorgung älterer Menschen
„Sexualität im Alter“ zu bestimmen.
1. Sexualität ist mehr als ein Bedürfnis nach körperlicher Erfüllung
Beteiligten in ihrem Berufsalltag das
2. Die christliche Tradition und Morallehre hat viele heute ältere Menschen geprägt
Thema „Sexualität im Alter“. In ihrer
In pflegerischen Zugängen begeg-
professionellen Kompetenz und
net uns das Thema „Sexualität im
Die christliche Tradition hat in ihrer
Achtsamkeit setzen sich Pflegende
Alter“ häufig unter dem Stichwort
Deutung der menschlichen Sexu-
empathisch und oftmals sehr kreativ
„Bedürfnis“. Um das Phänomen
alität zuweilen schwer an der Last
mit den Bedürfnissen ihrer Bewoh-
Sexualität in seiner Bedeutung für
einer Morallehre zu tragen, die diese
ner/innen und Patient/innen ausein-
die Pflege in den Blick zu nehmen,
über Jahrhunderte in Kategorien
ander, die den sensiblen Bereich der
wird es je nach Versorgungsmodell
von „natürlich/widernatürlich“, „rein/
Sexualität und körperlichen Intimität
zunächst meist als körperliches
unrein“, „erlaubt/unerlaubt“, „Pflich-
betreffen. Zugleich erleben sie auch
Grundbedürfnis wie Essen, Trinken,
ten“ und „Verbote“ etc. beschreibt.
Situationen, in denen Bewohner/
Schlaf etc., sodann auch als sozia-
Viele unserer heute Alten sind mit
innen und Patient/innen im Ausdruck
les oder spirituelles Bedürfnis und
einer Moralerziehung aufgewachsen,
ihrer Sexualität die persönlichen
von dorther als Maßstab für die
die ihrem Empfinden nach gerade
Grenzen der Versorgenden oder auch
Verwirklichung von Selbstbestim-
im Hinblick auf das Thema Sexualität
8
TITELTHEMA
eine positive Auffassung der eige-
wie wir sie etwa aus den biblischen
im Blick zu behalten, um auf dieser
nen Identität eher verhindert hat,
Texten kennen. Vor dem Hintergrund
Basis das Verhalten ihres Man-
indem diese ausschließlich mit den
des christlichen Menschenbildes
nes besprechbar zu machen und
Begriffen Scham, Schuld, Unreinheit
wird dabei zugleich jede Form einer
nach Handlungsmöglichkeiten im
und (Un-)Sittlichkeit in Verbindung
Sexualität problematisiert, die bein-
Umgang mit seinem Wunsch nach
gebracht wurde. So war bis in die
haltet, dass der andere Mensch als
körperlicher Berührung zu finden.
jüngste Kirchengeschichte hinein
Objekt von Bedürfnisbefriedigung
Für unser zweites o.g. Beispiel kann
die Warnung vor dem sexuellen
etc. entwürdigt wird.
es in der Reflexion von Handlungs-
Sittenverfall ein nicht unerheblicher
möglichkeiten wohlmöglich konkret
Bestandteil religiöser Erziehung der Gläubigen. Wird das Thema Sexualität in der pflegerischen Versorgung älterer Menschen virulent, ist hier ein deutliches Bewusstsein für die Sozialisations- und Generationsunterschiede in Bezug auf Werte und
darum gehen, auf der Grundlage
4. Auftrag konfessioneller Einrichtungen, die Menschen im Alter begleiten und versorgen, ist es, sich ihres Umgang mit dem Thema „Sexualität im Alter“ zu vergewissern
des konfessionellen Trägerleitbildes, das die Wertschätzung der einzelnen Person in den Mittelpunkt stellt, zunächst die verschiedenen Perspektiven der Beteiligten (alter Mensch, Angehörige, Besucher, Pflegepersonal, Einrichtung) zu differenzieren.
Moralerziehung hilfreich, etwa um mögliche Sprachbarrieren zu Fragen
Für Mitarbeitende konfessionel-
Von dorther werden bspw. die unter-
rund um das Thema Sexualität im
ler Einrichtungen der Altenhilfe
schiedliche Wahrnehmung der Situ-
Blick zu haben oder auch Raum zu
entstehen immer wieder Anforde-
ation aus der Sicht der von Demenz
geben für einen Schutz von gelebter
rungssituationen, in denen sie eine
betroffenen Bewohner und der
Sexualität im Alter.
Handlungsorientierung im Umgang
orientierten Beteiligten bzgl. eines
mit dem Thema „Sexualität im Alter“
entwürdigenden oder auch beste-
benötigen. Für eine entsprechende
hende Partnerschaften verletzendes
Vergewisserung ist es hierbei grund-
Verhalten genauer erkennbar und
legend, Fragen der Trägeridentität
somit auch Handlungsmöglichkeiten,
– Menschenbild, Werthaltung etc.
die die Intimität, die Selbstbestim-
3. Sexualität ist Geschenk Gottes und grundlegender Wesensvollzug des Menschen
– einzubeziehen, um eine Sprach-
mung und auch die Grenzen aller
Die Theologie des 20. und 21. Jahr-
und Handlungsfähigkeit zum Thema
Beteiligten sichern, bestimmbar.
hunderts stellt die Beziehung des
sicherzustellen. Dafür kann es hilf-
Menschen zu Gott und zum anderen
reich sein, sich im Team und inner-
„Kann denn Liebe Sünde sein?“,
Menschen in den Mittelpunkt ihrer
halb der Organisation über folgende
stellt der Titel von Zarah Leander aus
Überlegungen. Der menschlichen
Dinge zu verständigen:
dem Jahre 1938 die Frage. Wenn wir
Sexualität wird hierbei eine positive
• Welche Vorstellungen habe ich
uns diese Frage im Hinblick auf eine
Bedeutung, ja eine eigene Würde
selbst vom Thema Sexualität? Wie
achtsame Begleitung von älteren
beigemessen. Sie wird als Geschenk
bin ich da geprägt?
Menschen in Pflege und Begleitung
Gottes und Ausdruck innigster Ver-
•
stellen, uns sensibilisieren lassen für
bundenheit mit dem anderen Men-
unsere Bewohnerinnen und Bewoh-
die Moralerziehung unserer jetzi-
schen benannt. In ihrer grundsätzlich
ner/Patientinnen und Patienten und
gen Alten in Bezug auf Sexualität
positiven Deutung menschlicher
deren Angehörige?
und Identität, wenn wir dabei die
Sexualität und der inneren Bezogen-
• Was ist unser Auftrag als Einrich-
innere Bezogenheit von Sexualität
heit von Leidenschaft und liebender
tung?
und Liebe aufeinander annehmen,
Welche Vorstellungen haben
Hingabe aufeinander knüpft die
wie sie im christlichen Menschen-
Theologie der Gegenwart auch an
Im Hinblick auf unser erstgenann-
bild grundgelegt ist, können wir
eine positive Deutung menschlicher
tes Beispiel kann dies etwa konkret
neue Räume eines konstruktiven
Leiblichkeit und Verbundenheit an,
bedeuten, die Scham der Ehefrau
Umgangs mit dem Thema „Sexua-
RUBRIK
2/2016 CHRISCARE
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Auch Senioren sehnen sich nach körperlicher Liebe lität im Alter“ schaffen. Wir können
die „Sexualität im Alter“ zum
eine Sprach- und Handlungsfähigkeit
Thema wird, in der Perspektive der
fördern, die das Thema weder auf
Liebe, wie sie Franziskus versteht,
die Vermeidung von Übergriffen
begegnen, stehen wir ein für eine
und „unangepasstem Verhalten“
zugewandte Begleitung des alten
noch auf einen allein pragmatischen
Menschen und seiner Angehörigen.
Umgang mit Angeboten und Hilfs-
Wir machen uns stark dafür, dass
mitteln zur Ermöglichung sexuellen
Menschen bis in Alter, Krankheit
Erlebens reduziert. Ohne Zweifel
und Sterben hinein die Zusage eines
macht das jüngste Schreiben von
Gottes erfahren, der sich ihnen als
Papst Franziskus, „Amoris Laeti-
Hoffnung schenkt, angenommen
tia“ (Die Freude der Liebe), hierbei
zu sein mit allen Erfahrungen ihres
deutlich, wie wesentlich es für eine
Lebens, wie der Prophet Jesaja sagt:
menschenfreundliche Kirche ist, die
„Ja ich will euch tragen bis ins Alter
Assoziation von Liebe und Sünde
und bis ihr grau werdet. Ich will es
aufzukündigen:
tun, ich will heben und tragen und erretten.“ [Jesaja 46,4] n
„Wir dürfen also die erotische Dimension der Liebe keineswegs als ein geduldetes Übel oder als eine Last verstehen […] [sie [zeigt] uns vielmehr das Wunderbare […], zu dem das menschliche Herz fähig ist.“
Dr. Andrea Schaeffer, Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e.V., Referentin für Hospiz-
Wenn wir im Pflegealltag den Anforderungssituationen, in denen
arbeit und Palliativversorgung, Abteilung Altenhilfe
Quellen: Benedikt XVI, Enzyklika „Deus Caritas est“ (Weihnachten 2005). Böckle, Franz, Ja zum Menschen. Bausteine einer konkreten Moral (Freiburg i Br. 1992). Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hg.): Forum Sexualaufklärung und Familienplanung. Heft 1/2, 2003: Alter und Sexualität: http://publikationen.sexualaufklaerung.de/index. php?docid=367 Franziskus I, Nachsynodales Schreiben „Amoris Laetitia“ (April 2016). Goertz, Stephan, Sexualität und Christentum. Zur Sexualmoral der katholischen Kirche: http://www.moral.kath. theologie.uni-mainz.de/Dateien/Sexualitaet.Christentum_Trier2015.pdf Hilpert, Konrad (Hg.), Zukunftshorizonte katholischer Sexualethik (Freiburg i. Br. 2011). Zweites Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution Gaudium et Spes.
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TITELTHEMA
Sie bekommen doch was mit! Menschen mit Demenz haben einen sechsten Sinn
dass mir das niemand anmerkt. Ich habe erwartet, dass Johanna beim Abendgebet in etwa so viel Wörter
„Die Oma kriegt ja nichts mehr mit.“ Das kann man häufig hören, wenn jemand über seine demente Großmutter spricht. Warum ich glaube, dass das nicht stimmt und was wir von dementen Menschen lernen können, will ich hier aufzeigen.
mit spricht wie an anderen Abenden. Aber: weit gefehlt. Starr lag die Dame im Bett. Sie hatte Schweißperlen auf der Stirn. Und betete kein einziges Wort mit. Spätestens seit
Die Taube auf dem Bürgersteig
diesem Tag weiß ich, dass demente
Ich habe als Krankenpfleger eine Frau in der letzten Phase ihrer Demenz
Menschen in manchen Punkten
begleitet. Nennen wir sie Johanna. Johanna hat die Menschen um sich nicht
sensibler sind als Menschen ohne
mehr erkannt. Einmal begrüßte sie mich mit „Hallo Peter.“ Dann sagte sie
Demenz. Ich bin vorsichtig gewor-
zu mir: „Waren Sie gerade im Garten, Herr Schneider?“ Offenbar wusste sie
den, von dementen Menschen zu
auch nicht mehr, wer sie selber ist und wo sie sich befindet. Sogar wenn man
behaupten, dass sie nichts mehr
sie Redensarten ergänzen ließ, konnte sie diese nicht mehr vervollständigen.
mitbekommen. Denn da kann man
Einmal ergänzte sie: „Besser der Spatz in der Hand als die Taube auf dem …
sehr daneben liegen...
Bürgersteig.“ Naja – das stimmt leider nicht ganz.
Ausgeglichen sein Wenn die Worte beim Beten fehlen
Wer mit dementen Menschen zu
Wenn ich Johanna abends ins Bett brachte, betete ich danach immer das
tun hat, tut sich und seinem Schutz-
„Vater unser“ mit ihr. Sehr interessant: Je nach Tagesverfassung betete sie
befohlenen den größten Gefallen,
manchmal mehr, manchmal weniger Worte mit. Meine Neugier war geweckt:
wenn er selber Kraft tankt. Dies
Wann betet Johanna mehr mit? Und wann weniger? Wann fühlt sie sich wohl
geschieht zum Beispiel dadurch,
dabei? Welche Faktoren helfen ihr, sich besser zu fühlen?
dass man immer wieder Abstand vom Betroffenen nimmt. Angehöri-
Was tut dementen Menschen gut?
gen ist es eine Hilfe, wenn sie sich
Also habe ich bewusst darauf geachtet. Nachdem ich abends Johanna
eine Stunde vertreten lassen und im
pflegte, habe ich notiert: Wie viele Worte hat sie heute mit gebetet? Wie wirkte
Wald spazieren gehen. Pflegekräften
sie dabei? Und welche Faktoren waren heute anders als an anderen Tagen?
hilft es, zwischendrin eine Tasse Kaf-
Nachdem ich das hundertmal gemacht hatte, habe ich meine Notizen ausge-
fee zu trinken und mit ihren Kollegin-
wertet. Mir fiel auf: Es gab Faktoren, die Johanna dabei unterstützten, mehr
nen zu sprechen. Sport hilft auch, um
mitzubeten. Andere Punkte bremsten sie eher. Hilfreich war, wenn ich ihre
Stress abzubauen.
gefalteten Hände mit meinen Händen umschloss. Auch wenn ich Johanna mit ihrem Namen ansprach, wirkte sie zufriedener. Augenkontakt tat ihr ebenfalls
Eine „Übergabe“ an Gott
gut. Wenn klassische Musik im Hintergrund lief (diese Musikrichtung hat sie ihr
Für eine Pflegekraft beginnt und
Leben lang bevorzugt), betete sie mehr Worte mit. Als die Tochter eines Abends
endet jede Schicht mit einer Über-
die Charts im Radio laufen ließ, betete Johanna dagegen kein einziges Wort mit
gabe: Man erzählt der Kollegin, wie
und schaute mich nur mit starren Augen an. Konnte sie mich beim Gebet nicht
es den Heimbewohnern geht. Man
sehen, weil ich hinter ihr stand, betete sie ebenfalls weniger Wörter mit.
übergibt ihr das Diensttelefon, den Schlüssel für das Betäubungsmit-
Ein verblüffendes Ereignis
telfach – und vor allem die ganze
Eines Tages hatte ich einen anstrengenden Spätdienst einschließlich Konflikt
Verantwortung. Wenn ich um 14
mit einer Arbeitskollegin. Ich hatte kaum Zeit und war gestresst. Die Ausein-
Uhr meine Übergabe gemacht habe
andersetzung mit meiner Kollegin ging mir noch durch den Kopf, als ich
und nach dem Frühdienst das Haus
abends Johanna pflegte und ins Bett legte. Aber natürlich ging ich davon aus,
verlasse, geht mich alles nichts
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mehr an. Egal, ob um 15 Uhr das Haus abbrennt, drei Bewohner stürzen oder
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Uli Zeller bei der Arbeit
jemand einen Herzinfarkt hat. Ähnlich ist es, wenn ich Gott etwas übergebe. Ich kann sagen: „Gott, ich übergebe dir Johanna. Sie macht mir Mühe. Nimm du mir diese Sorgen fort.“ Und dann darf ich wissen: Gott ist bei Johanna.
Uli Zeller arbeitet als
Ich muss mir keine Sorgen um sie machen. Ich habe sie ihm übergeben.
Seelsorger, Kranken-
Das hilft, entspannt zu sein. Ich muss zwar einräumen, dass es bei mir nicht
pfleger und Betreuer
immer funktioniert. Weil ich doch nicht immer so gut los lassen kann, wie ich
in einem Altenheim
möchte. Aber allein sich darüber bewusst zu sein, dass ich Gott alles überge-
in Singen / Htw. Sein
ben kann, empfinde ich als Schritt in die richtige Richtung.
Theologiestudium hat er mit einer Masterarbeit zum
Entschleunigung
Thema „Demenz & Seelsorge“
Von dementen Menschen können wir viel lernen. Entschleunigung zum
abgeschlossen. Er schreibt alle zwei
Beispiel. Dr. Markus Müller wirft in seinem Buch „Lebensplanung für Fort-
Wochen die Kolumne „Uli & die
geschrittene“ (SCM) die interessante Frage auf: Kann es sein, dass demente
Demenz“ auf www.die-pflegebibel.
Menschen sich deshalb aus unserer Gesellschaft zurückziehen, weil das die
de – dort finden sich Tipps und
einzige Möglichkeit ist, aus unserer beschleunigten Lebensweise auszubre-
Gedanken rund ums Thema Demenz.
chen? Er sieht Demenz also als eine Art Erinnerung daran, nach neuen Wegen
Uli Zeller hält auch Vorträge und
zu suchen, die uns dabei helfen, ein entspannteres Leben zu führen. Abstand
Seminare über den Umgang mit
zu sozialen Medien in unseren Alltag einbauen. Sich einmal einen Tag in die
Demenz. Von ihm sind im Brunnen-
Natur zurück ziehen. Stille aushalten. In einen Gottesdienst gehen.
Verlag zwei Bücher erschienen:
Gefühl ergänzt Verstand Demenz-Expertin Naomi Feil weist in den Büchern über ihren Ansatz der „Validation“ immer wieder darauf hin, dass demente Menschen auf einer
Frau Krause macht
tieferen Ebene verstehen. Wenn man ihnen etwas vorgaukelt, merken sie,
Pause. Andachten
dass das auf einer tieferen Ebene nicht stimmt. Wenn eine demente Frau mit
zum Vorlesen für
90 Jahren etwa nach ihrer Mutter fragt, sollte man nicht sagen: „Die Mutter
Menschen mit
ist gerade einkaufen.“ Denn die Frau wird auf der Gefühlsebene merken, dass
Demenz.
man sie angelogen hat. Stattdessen könnte man sie fragen: „Was hast du gern mit deiner Mutter gemacht?“ Und dann auf das eingehen, was die Frau sagt. Demente Menschen merken, wenn man ihnen falsche Tatsachen vorgaukelt. Sie haben einen sechsten Sinn. Von ihnen kann man lernen, dass wir als
Frau Janzen geht
Menschen auch Gefühle haben, die wir wahrnehmen sollten: Was sagt uns
tanzen. Fröhliche
unser Bauchgefühl? Was sagt uns die Intuition?
Geschichten zum Vorlesen für Men-
Mit dem Tod Frieden schließen
schen mit Demenz.
Bei Menschen mit Demenz sieht man den körperlichen Zerfall. Man sieht, dass sie abbauen. Vielleicht haben manche Menschen Angst vor der Begegnung mit dementen Menschen, weil sie diese an den eigenen Tod erinnern. Der Tod aber gehört zum Leben. Es ist eine wichtige Lebensaufgabe, damit Frieden zu schließen, dass wir eines Tages nicht mehr sein werden. Men-
Im Herbst 2016 erscheint von ihm
schen mit Demenz erinnern uns daran, unser Leben zu ordnen. Frieden zu
ein Ratgeber für Angehörige von
schließen mit unseren Verwandten. Den Nachlass regeln. Uns Gedanken
Menschen mit Demenz.
über unsere gewünschte Bestattungsform zu machen und mit Angehörigen darüber zu sprechen. n
12
TITELTHEMA
In einer anderen Welt Der Sitz des Lebens: Kopf oder Herz?
sagt: „Das Herz eines Menschen ist der Anfang und das Ende aller Dinge“. Nicht der Verstand ist der Anfang und das Ende aller Dinge, nein – es ist das Herz. Das ist eine
Kürzlich sah ich, die Treppe vom Bahnsteig des Bahnhofs Köln-Süd herabkommend, auf dem Bürgersteig einige weiß aufgesprayte Zeilen. „Bei gleicher Umgebung lebt doch jeder in einer anderen Welt.“ Arthur Schopenhauer. All die zur Arbeit hastenden Menschen sollten in einer eigenen Welt leben? Dieses Graffity macht nachdenklich. Dies umso mehr, als ich gerade auf dem Weg zu einer Veranstaltung war, die unter der Überschrift stand „Wege zu einem Miteinander mit demenzerkrankten Menschen“. Ist es nicht genau das, was wir oft erleben: „Bei gleicher Umgebung lebt doch jeder in einer anderen Welt.“
schmerzliche Erkenntnis für eine Gesellschaft, die sich als Wissensgesellschaft sieht und Menschen nach Bildung und Leistungsfähigkeit beurteilt. Alles wird verstandesgemäß beurteilt. Und nun kommen wir als Christen und sagen: Das Leben ist ein Wert an sich – ja, das Herz ist mehr als ein Organ, es ist zuallererst Sinnbild des Lebens. Ist das eine neue Torheit von uns Christen – um mit Paulus zu sprechen? Das Erleben von Demenz wirft uns zurück auf die tiefste Erfahrung von Leben vor allem Verstand. Der Verstand folgt dem Leben und das Leben ist da – auch ohne Verstandesleistung – so zeigt es uns die Demenz. Das
Der Philosoph Schopenhauer vertrat die Auffassung,
erleben wir in jedem an Demenz erkrankten Menschen,
dass nur das real – wirklich – ist, was ich wahrnehme.
den wir anschauen. Und wir spüren, es gibt Grundbe-
Jede und jeder von uns lebt in seiner Welt! Schopen-
dingungen des Lebens, die der Verstand nicht erbringen
hauer hat also in gewisser Weise Recht. Jede und jeder
kann. Wir spüren die tiefe Abhängigkeit des Lebens von
von uns erlebt die Welt, die Geschehnisse, seine Umwelt
einem Gehaltensein – einer Geborgenheit, die aller Wahr-
ganz unterschiedlich, obwohl es dieselben Erlebnisse
nehmung vorausgeht. Es gibt Situationen, in denen wir
sind. Und in der Tat erleben wir dies in der Begegnung in
uns nicht mehr selber Halt geben können – weil wir um
besonderer Weise mit an Demenz erkrankten Menschen.
den Verstand gebracht sind.
Wir sind im selben Raum, im selben Zimmer des Altenpflegeheims oder zu Hause und leben doch zunehmend
Im Neuen Testament lesen wir dies, wenn Menschen
in anderen Welten.
als vom Dämon befallen beschrieben werden. Dämon bedeutet im Griechischen „vom Geist abgeschieden“
Und wir fragen uns: Kennen wir sie – ihre Welt, ihr aktuel-
sein, – nicht mehr Herr seiner selbst sein. In den Evan-
les Erleben, ihr Fühlen, ihre Freude, ihr Getriebensein, ihre
gelien lesen wir, wie Jesus diesen Menschen begegnet,
Traurigkeit, ihre Angst, ihre Hoffnung, ihren Glauben, ...?
die nicht mehr Herr ihrer selbst sind – von Sinnen, so zu
Wie oft sind uns ihre Reaktionen fremd? Wo leben sie?
sagen ohne Verstand sind. Er begegnet ihnen ohne Vor-
So weit weg scheinen sie von unserer Wahrnehmung der
wurf, ohne Vorverurteilung, ohne Ausgrenzung, – nein, er
Umwelt. Unser Verstand kommt an eine Grenze – das
sieht sie an, berührt sie, spricht zu ihnen, gibt dem verlo-
verunsichert uns. Das ist doch einfach nicht zu verstehen.
renen Geist Geborgenheit und befreit sie aus ihrer Angst.
Zumal in einer Zeit, in der Verstandesleistung, Wissen,
Er überschreitet die Grenze des Verstandes und schaut
bewusstes Entscheiden können, der Maßstab ist, um
auf ihr Leben. Er berührt ihr Herz und er trifft ihr Herz.
Mensch zu sein. Nicht der Herztod ist heute entscheidend,
Und sie spüren: Ich bin kein hoffnungsloser Fall mehr,
sondern der Hirntod als Ort der Verstandesleistung. Als
sondern ein lebendiger Mensch. Ein Mensch, den Gott
Ort, dass ich mir selbst bewusst bin. In der Bibel lesen wir
im Mutterleib geformt hat. Ein Mensch, dessen Namen
nicht, Gott schenkte den Verstand, sondern Gott schenkte
er eingezeichnet hat in seine Hand. Jesus schenkte diese
das Leben – und erst mit dem Leben schenkte er dem
tiefe Erfahrung: Dein Leben ist verbürgt und im letzten
Menschen den Verstand. Er hauchte dem Menschen
geborgen. Dein Leben ist nicht vergessen. In diesem
zunächst das Leben ein. Und erst nach und nach gewinnt
Sinne überschritt Jesus die Grenzen des Verstandes und
der Mensch Erkenntnis über sich, die Welt und das Leben.
trat ein in die Welt des Anderen.
Der Sitz des Lebens war daher in der Antike und im
Und in der Tat kommt hier der mögliche Weg zum Mitein-
Judentum nicht der Kopf – sondern das Herz. Leo Tolstoi
ander in den Blick, wenn wir spüren, dass zwar der Ver-
Bei
gleicher lebt
in
Umgebung
doch
einer
TITELTHEMA
2/2016 CHRISCARE
13
jeder
anderen
Welt
Erst nach und nach gewinnt der Mensch Erkenntnis über sich, die Welt und das Leben. stand dement wird, „das Herz wird aber nicht dement“.
Reden hat ein Ende, Zungenrede verstummt, Erkenntnis
Als Christen zeichnen wir uns nicht dadurch aus, dass wir
vergeht. Denn Stückwerk ist unser Erkennen.“ Und einige
auf das Äußere eines Menschen schauen, sondern dass
Zeilen weiter: „Jetzt schauen wir in einen Spiegel und
wir auf das Herz des Menschen schauen – auf das Leben.
sehen nur rätselhafte Umrisse, dann aber schauen wir von
Und vielleicht geht es manchem Verstandesmenschen so,
Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich unvollkommen,
wie den Menschen damals, als sie diese Nachfolgege-
dann aber werde ich durch und durch erkennen, so wie ich
meinschaft Jesu in ihrem Dienst am Nächsten erlebten:
auch durch und durch erkannt worden bin. Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten
„Diese Christen sind doch Toren. Die haben den Ver-
unter ihnen ist die Liebe.“
stand verloren, sich um Menschen zu kümmern, deren Verstand nichts mehr leistet, die krank sind. Das bringt
Gibt es noch etwas Verbindendes, wenn der Verstand
doch nichts.“ Vielleicht ist es manchmal eine Torheit für
verwirrt ist? Wenn jeder „bei gleicher Umgebung doch
andere, wenn sie erleben, dass wir tiefer schauen, weil
in einer anderen Welt lebt“, wie Schopenhauer sagte.
wir ahnen, dass es eine tiefere Wirklichkeit gibt, einen
Ja, für uns Christen schon. Und wir glauben, dass diese
tieferen Grund, in dem alles liebevoll aufgehoben war,
Wirklichkeit spürbar ist, jenseits aller menschlicher Ver-
ist und sein wird. Dass von Gott her das Leben mehr ist
standeskategorien. Wenn ich mir selbst die Antwort nicht
als nur menschliche Verstandesleistung. Wir glauben als
mehr geben kann, dann brauche ich den Anderen. Der,
Christen, dass es hinter dem Verstand, dem sich bewusst
der mir sagt, Dein Leben ist wert, Dein Leben ist teuer,
wahrnehmen können, eine noch tiefere Wirklichkeit des
Dein Leben ist geliebt.
Lebens liegt. Blaise Pascal, Mathematiker und Mystiker schrieb so treffend: „Das Herz hat seine eigenen Gründe,
Wert, teuer, Liebe heißt im lateinischen Caritas. Caritas
die der Verstand nicht begreift.“
ist eben wirklich ein Herzensanliegen. Denn mein Herz wird nicht dement – unser Herz vergisst den Anderen
Nicht einsam zu sein im Meer der Eindrücke und Ver-
nicht. Dank an all die Angehörigen, die Pflegenden, die
unsicherungen, sondern sich gehalten zu fühlen durch
Ärzte und Alltagsbegleiter, die sozialen Dienste und Sozi-
die Hand, die mich hält, durch den Schritt neben mir,
alarbeiter/innen, die als Grenzgängerinnen und Grenz-
der meinen Schritt sicher führt, durch die Berührung,
gänger zwischen den Welten liebende Reisebegleiter des
die mich mich selbst spüren lässt, durch den weichen
Lebens sind. Eines Lebens, dem etwas widerfährt, was
Klang der Stimme, die mir vertraut ist und durch den
wir alle fürchten, uns selbst zu verlieren in der Welt.
mir zugewandten Blick, der meine Identität sichert. In solchen Momenten überschreiten wir die Grenzen des
Sie tun es freiwillig, selbstlos, sie nehmen sich Zeit, mit
Verstandes, wird spürbar – wir können „cor unum“ – für
und ohne Bezahlung und Eigennutzen, weil ihnen die
Momente ein Herz werden.
älteren und an Demenz erkrankten Menschen ein Herzensanliegen sind. Mit ihrem Engagement sind sie ein
Ein Herz werden, weil wir das Leben, so wie es ist, lieben.
Segen Gottes. n
Wir tun etwas Göttliches, weil Gott, diese Liebe ist, die uns verbindet. Das sagt kein geringerer als Papst Benedikt XVI in seiner ersten Enzyklika. Vielleicht hören wir das hohe Lied der Liebe im 1. Kor. Brief mit ganz anderen Ohren im Anblick von uns lieb gewordenen, an Demenz erkrankten
Bruno Schrage, Dipl. Theologe,
Menschen. Die Liebe „erträgt alles, glaubt alles, hofft alles,
Dipl. Caritaswissenschaftler, Referent für
hält allem stand. Die Liebe hört niemals auf. Prophetisches
Caritaspastoral im Erzbistum, Köln
14
TITELTHEMA
Kulturelle Teilhabe für Menschen mit Demenz Eine schöne Zeit erleben
den Besuch eines klassischen Konzerts für eine Gruppe hochaltriger und demenziell veränderter Bewohner.
Wie soll das gehen?
Wieviel kulturelle Teilhabe ist für Menschen mit Demenz möglich? Und wie kann sie gewährt werden? dementia+art hat 2013 bis 2014 für den Ballungsraum Köln im Auftrag der Robert Bosch Stiftung und der Aktion Demenz e. V. ein Pilotprojekt durchgeführt, dessen Ergebnisse hier geschildert werden:
Unser Projekt wollte praktikable Antworten geben und nachhaltige Strukturen einrichten. Von Anfang an sahen wir uns jedoch auch in der Pflicht, das Recht auf kulturelle Teilhabe argumentativ zu verankern, um Angebote und Nachfrage deutlich nachhaltiger gestalten zu können.
Ziele des Projekts Als ein wichtiger Teil des Projekts erwiesen sich Qualifizie-
• Kulturelle Teilhabe bietet Menschen mit Demenz (ein-
rungen zum „Kulturbegleiter von Menschen mit Demenz“,
schließlich ihrer Angehörigen und der professionellen
sowohl im Kulturbereich als auch im Bereich Pflege /
oder ehrenamtlichen Wegbegleiter) die Chance auf mehr
Betreuung. In diese zwei- bis dreitägigen Workshops
Lebensqualität. Wir wollen zahlreiche Möglichkeiten
gehen Erfahrungen ein, die dementia+art in zahlreichen
schaffen, um gemeinsam eine „Schöne Zeit“ zu erleben.
Kulturinstitutionen, vor allem Museen und Konzerthäu-
• Das Projekt fördert mittels Kunst und Kultur die Integ-
sern, sowie mit den zu schaffenden Netzwerken in Bal-
ration in die Gesellschaft und sensibilisiert Öffentlichkeit
lungsräumen und in ländlichen Gebieten sammeln konnte.
für die Kommunikationsbedingungen und Ressourcen von Menschen mit Demenz. • Voraussetzung war die bessere Vernetzung von Pflege
Ausgangslage
/ Betreuung (ambulante u. stationäre Einrichtungen,
Die Zahl der Menschen mit Demenz wird sich in Deutsch-
Selbsthilfegruppen) und Kulturinstitutionen, um Nachfra-
land in den nächsten Jahrzehnten verdoppeln. Jetzt schon
gen und Angebote besser aufeinander abzustimmen.
gibt es bis zu 1,5 Millionen Menschen, die an einer Form von Demenz leiden. Allein in Köln sind es etwa 35 000.
Es ergeben sich vier thematischen Schwerpunkte von
Nicht wenige von ihnen gehören einer „neuen“ Generation
Fortbildungen, die sich mit dem Warum, dem Wo, dem
an, für die eine kulturelle Teilhabe selbstverständlich ist: ein
Wer und dem Wie beschäftigen.
Museums- oder Theaterbesuch, ein Konzert, ein von Kunst und Kultur geprägtes Umfeld. Und es werden — bedingt
I. Warum das Ganze?
durch ein höheres Bildungsniveau, eine bessere Ausbildung
• Demographische Entwicklung
und einen gehobenen Lebensstandard — immer mehr. Des-
Noch nie sind so viele Menschen so alt geworden. Die
halb gilt es Barrierefreiheit zu schaffen, um die Betroffenen
heute Geborenen werden ein Durchschnittsalter von etwa
und ihre Angehörigen an den schönen Dingen des Lebens
100 Jahren erreichen. Die Gruppe der ältesten Alten ist seit
teilhaben zu lassen. Gerade Kunst, Musik und Kultur öffnen
Ende der 1960er Jahre das am schnellsten wachsende Seg-
dabei Welten. Dies gilt freilich auch für Menschen, die nur
ment der Bevölkerung. Dabei altern die meisten Menschen
wenige oder keine Erfahrungen mit dem Bereich „Hochkul-
heute relativ gesund. Auch viele Hochaltrige empfinden
tur“ haben – sie machen mittlerweile über die Hälfte unse-
sich selbst noch als aktiv und lebensbejahend. Die Kehr-
rer Besucher aus… In Bezug auf Kulturelle Teilhabe gehen
seite dieser Entwicklung ist, dass durch den immer höheren
wir in den Bereichen Museen und Konzerthäuser von zwei
Anteil von alten Menschen an der Bevölkerung auch die
„typischen“ Situationen aus:
Anzahl derjenigen mehr ins Gewicht fällt, die durch körper-
• Eine Angehörige möchte mit ihrem Mann, der an
liche und / oder geistige Krankheiten bestimmte Einschrän-
Demenz erkrankt ist, ein Museum besuchen – wie sie es
kungen haben. Wenn – wie prognostiziert – mehr als ein
vor der Erkrankung viele Male getan haben.
Drittel im hohen Alter eine Demenz entwickelt, stellt dies
• In einer stationären Senioreneinrichtung plant man
schon zahlenmäßig eine besondere Herausforderung dar.
TITELTHEMA
2/2016 CHRISCARE
15
• Anthropologische Aspekte und Kreativität Es gibt keine Gesellschaft ohne Kultur. Die Entstehung des Menschen ist von Anfang an mit einer künstlerischästhetischen Praxis einhergegangen. Kreatives Denken zeichnet sich dadurch aus, nicht logisch, sondern eher frei assoziierend nach neuen, originellen Ideen zu suchen. Kreative Menschen gelten als vergleichsweise unkonventionell und autonom. Der Vergleich zur „Kreativität“ von Menschen mit Demenz drängt sich geradezu auf.
• Rechtliche Rahmenbedingungen Mit der Verfassungsreform des Deutschen Grundgesetzes von 1994 wurde Artikel 3, Absatz 3 GG um den Satz ergänzt: „Niemand darf wegen seiner Behinderung
Pilotprojekt von dementia+art in einem Museum
benachteiligt werden.“ Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) definiert sodann die wichtigsten Aspekte
sätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar“ sein.
von Barrierefreiheit für „gestaltete Lebensbereiche“:
Als gesellschaftlich wirkungsvoller erwies sich 2008 die
Orte, Güter, Dienstleistungen, aber auch Informationen.
Konvention der UN über die Rechte von Menschen mit
Diese sollen für behinderte Menschen „in der allgemein
Behinderungen, die in der Folge auch in Deutschland die
üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grund-
nach wie vor anhaltende Inklusionsdebatte auslöste.
Menschen mit Behinderungen
Demenz eine weitere Differenzie-
mit Demenz als Teile der Gesellschaft
Demnach sind es „Menschen, die
rung der Betreuungsangebote auch
anzusehen, die auch ihren Teil beitra-
langfristige körperliche, seelische,
in Richtung kultureller Teilhabe for-
gen wollen, um „Welt“ und „Gesell-
geistige oder Sinnesbeeinträch-
cieren. Änderungen in der Pflege-
schaft“ zu verstehen.
tigungen haben, welche sie in
versicherung in den letzten Jahren
Wechselwirkung mit verschiedenen
begleiten diesen Prozess: sehen sie
Dabei sind wir darauf angewiesen, die
Barrieren an der vollen, wirksamen
doch eine größere Transparenz von
Handlungen, Wünsche und Bedürf-
und gleichberechtigten Teilhabe an
Pflege- und Betreuungsleistungen
nisse von Menschen mit Demenz zu
der Gesellschaft hindern können.“ Ver-
vor. In der Folge wird kulturelle
analysieren. Nicht selten spielen dann
bunden ist damit eine Akzeptanz von
Teilhabe an Orten der „Hochkultur“
– entgegen der auf glatte Effektivität
Behinderungen als Teil der mensch-
zu einem ablesbaren Kriterium von
ausgerichteten Kommunikationspraxis
lichen Vielfalt. Das Recht auf Teilhabe
Qualität werden. Mittelfristig wird
unserer Verstandeskultur – Affekte und
geht somit auf die Beachtung der
dies eine deutlichere Positionie-
Emotionen eine große Rolle.
Menschenwürde zurück und ist nicht
rung von Seniorenhäusern auch im
„nur“ eine Frage des sozialen Wohl-
Bereich „Kulturelle Teilhabe“ zur
Emotionen sind wichtige Ressour-
ergehens. Dieses Leitbild der „Inklu-
Folge haben.
cen von Menschen mit Demenz, um
sion“ entfaltete eine große öffentliche
sich zu orientieren und am sozialen
• Neurologische Aspekte und Emotionen
Leben teilzunehmen. dementia+art
Thema kulturelle Teilhabe auch für den Bereich Hochaltrigkeit „entdeckt“.
Wenn Demenz nach Tom Kitwood
tung seiner Angebote sowie für die
als ein Angriff auf unsere Vorstellung
Gestaltung von Weiterbildungen
Im Pflegebereich wird die demogra-
von Individualität und Autonomie
in beiden Bereichen. Dieser wich-
fische Entwicklung mit ihrer starken
verstanden werden kann, ist es
tige Aspekt soll genauer betrachtet
Zunahme von Menschen mit
umso mehr notwendig, Menschen
werden. In der Biologie wird der
Wirksamkeit. Und allmählich wird das
nutzt dies bewusst für die Gestal-
16
TITELTHEMA
allgemeine Prozess der Selbsterschaffung und -erhaltung
die Betroffenen „Eine schöne Zeit“ erlebbar zu machen,
eines Systems als „Autopoiesis“ („sich selbst schaffen“)
muss die Vermittlung auf die Möglichkeiten und Erwar-
bezeichnet. Auch für Menschen gilt sie als entscheidende
tungen dieser besonderen Besuchergruppe eingehen.
Lebenskraft, die dazu führt, die Fähigkeiten eines Indivi-
Dies gelingt durch einen Verzicht auf eine ausschließlich
duums zu maximalisieren. Menschen mit Demenz gelingt
kognitive Wissensvermittlung. Stattdessen verstehen wir
das häufig nicht mehr.
den Bildungsauftrag der Kultureinrichtungen als ressourcenstärkende Einbindung von lebensweltlichen Erfahrun-
Der Heidelberger Gerontologe Andreas Kruse umkreist in
gen und Erinnerungen. Angestrebt wird eine Aktivierung
seinen Schriften und Vorträgen immer wieder die Frage,
von Emotionen – unterlegt mit sensorischen Elementen
ob man – auch angesichts dieser Selbstaktualisierungs-
und verfestigt durch Möglichkeiten der Vor- bzw. Nachbe-
schwäche – mit den Angeboten, wie sie die Kultur bereit-
reitung. Wichtig ist für dementia+art auch die Einbezie-
hält, an noch vorhandene Ressourcen bei Menschen mit
hung des Pflege- und Betreuungsbereichs in den Prozess
Demenz „andocken“ könnte... Er empfiehlt gerade diese
kultureller Teilhabe. Nur dann können nachhaltige Struk-
Art der Teilhabe, weil Kunst, Musik und Kultur sich mit
turen gebildet werden.
ihren emotionsnahen Inhalten als besonders geeignet erweisen – orientiert an der Biografie des Betroffenen –, die verbliebenen „Inseln des Selbst“ in der Persönlichkeit
Hemmnisse
eines Betroffenen anzusteuern, um ein Versinken (im
Dennoch ist nicht zu übersehen, dass die Bereiche Kultur
Sinne der Mäeutik) zu verhindern.
und „Pflege“ – ungeachtet der Bedeutung von cultura (lat. „Pflege“) – normalerweise wenig Gemeinsamkeiten haben. Hinzu kommt eine hohe Fluktuationsrate im
Ressourcenstärkung
Demenzbereich. Umso mehr scheint es lohnend, jene
Unsere Praxis im Museum oder im Konzert bestätigt: Die
Barrieren zu beseitigen, die eine aktive Teilhabe an Kunst
lebhaften Reaktionen von Betroffenen sind zugewandt und
und Kultur erschweren oder verhindern.
eindeutig; die Rückmeldungen von Angehörigen und von professionell oder ehrenamtlich Betreuenden sprechen von
Denn: Geprägt durch einen bunten Strauß von Hemm-
vorher nicht zu erwartenden Reaktionen, die auf lebendige
nissen verwundert es nicht, wenn wenig Begeisterung
Teilhabe und ein hohes Maß an Konzentration hinweisen.
in einer Senioreneinrichtung darüber herrscht, zu allen
Diese Wirkungen können eine Zeit lang anhalten – aller-
anderen Aktivitäten nun auch noch Kulturangebote für
dings handelt es sich weder um eine Therapieform noch um
Menschen mit Demenz auf Dauer begleiten zu sollen.
ein Bildungsangebot. Entsprechend gestaltet dementia+art
Da gibt es oft wenig Kenntnis über kulturelle Angebote,
– in genauer Kenntnis und unter Beachtung des Krankheits-
mangelndes Selbstbewusstsein, einen niedrigen Bil-
bildes – seine Angebote nach dem Motto „Eine schöne Zeit
dungsstand, schlechte Erfahrungen aus der Vergangen-
erleben“: Ressourcenstärkung, das Recht auf Teilhabe und
heit, Angst vor mangelndem „Fachwissen“.
Lebensqualität sind für uns realistische Ziele. Wenn man für Menschen mit Demenz jedoch dauerhaft
II. Wo findet es statt?
Teilhabe an solchen Orten ermöglichen will, gilt es solche
Warum werden Kulturangebote für Menschen mit Demenz verstärkt nachgefragt?
„Schwellen“ bei Pflegenden und Betreuenden abzu-
dementia+art hat – gemeinsam mit zahlreichen Kultur-
Begleitung angewiesen ist.
bauen, auf deren Engagement und Empathie man in der
partnern – eine Reihe von Voraussetzungen und Bedingungen für jene Angebote erarbeitet, die sich an diese
Vorauszusetzen ist deshalb für den Kulturbereich
besondere Zielgruppe richten:
zunächst eine verständliche Sprache und die Bereitschaft zuzuhören. Von Vorteil sind zudem feste Ansprechpart-
Wesentlich ist, dass wir vom Krankheitsbild ausgehen
ner (in beiden Bereichen). Im Kulturbereich ist eine
und nicht von bestehenden Kulturangeboten. Um für
Fortbildung der Vermittlungspersonen in Bezug auf das
TITELTHEMA
2/2016 CHRISCARE
Krankheitsbild, die besondere Kom-
starke Verschränkung von angepass-
Dabei geht es um die inhaltli-
munikation und spezifische Unterstüt-
ter Kommunikation und lebenswelt-
che Vorbereitung (Bilder, Fotos,
zungsbedarfe unerlässlich.
lichen Erfahrungen; Ziel sind „Licht-
Musik...), um die ressourcenab-
17
blicke“, Ressourcenstärkung durch
hängige situative Auswahl der
Im Pflegebereich hingegen ist eine
Emotionen und Erinnerungen; nicht
Teilnehmer, um die anspruchs-
unterstützende Vorbereitung auf die
zuletzt: eine schöne Zeit erleben.
volle Logistik (fünf, sechs oder
Veranstaltung hilfreich (Kennenlernen,
• Späte Phase: aufsuchend
gar sieben Rollstühle stellen bei
Ablauf, Wegbeschreibung, „Codes“
(Museum im Koffer); Ziel: eine
einer Gruppe von maximal acht
etc.). Grundsätzlich empfiehlt sich der
schöne Zeit erleben.
Betroffenen keine Seltenheit mehr
unterstützende Einsatz von ehrenamt-
dar…), die Situation vor Ort in der Kultureinrichtung, äußere (Auf-
muss eine besondere Qualifizierung
IV. Musts und Don'ts – Wie geht das Ganze?
erfolgen. (Dies kann für Menschen,
Teilnehmer solcher Workshops erar-
Barrierefreiheit (angepasste Kom-
die sich ehrenamtlich engagieren wol-
beiten an dieser Stelle eine Check-
munikation, Auswahl der Objekte)
len, ein besonderer Anreiz sein...)
liste für einen Museums- oder Kon-
und die Nachbereitung des Besuchs
lichen Kulturbegleitern. Auch für sie
züge, Behinderten-WC) und innere
zertbesuch, für die Begleitung eines
(Kommunikation mittels Bildern,
III. Wer nimmt daran teil?
einzelnen Menschen mit Demenz
Fotos, Musik; ferner: Berichte für
Anders als bei den Fortbildungsangebo-
oder für eine Gruppe.
die interessierte Öffentlichkeit).
ten für den Kulturbereich, wo die Basics des Krankheitsbildes Demenz, die Phasen, die Bedeutung des Kurzzeitgedächtnisses, Veränderungen der Persönlichkeit, herausforderndes Verhalten und die Besonderheiten der Kommunikation eine wichtige Rolle spielen, liegt hier der Schwerpunkt im Pflegebereich bei der Biografie- und ressourcenorientierten Auswahl der Teilnehmenden. Idealerweise werden zuvor Kulturbiografien erarbeitet, Verbindungen von Zeitgeschichte und (Populär)Kultur der 20er bis 60er Jahre mit dem individuellen Erleben von Menschen mit Demenz. Im Weiteren wird man die Möglichkeiten kultureller Teilhabe mit dem jeweiligen Krankheitsbild nach Phasen verbinden. dementia+art geht dabei von folgenden – vorsichtigen – Annäherungen aus: • Frühe Phase: dialogisch geprägt; es geht um Orientierung und kognitive Ressourcen; Ziel ist die Festigung von Identität und Kontinuität des Lebensentwurfs. • Mittlere Phase: geprägt durch die
Anzeige
18
TITELTHEMA
Praxismodul
eines Objektes zu tun haben. Die Dauer der Führung hängt
Danach ist in den Fortbildungen ein Praxismodul vorge-
von der Konzentrationsfähigkeit der Teilnehmenden ab; 90
sehen (in der Regel in einem Museum). Es gilt, den Ort
Minuten erweisen sich in der Regel als nicht zu lang. Diese
der „Hochkultur“ kennenzulernen und dabei den lebens-
Voraussetzungen und Bedingungen dienen in der Regel
weltlich geprägten Blickwinkel der Zielgruppe einzuneh-
nicht dazu, Pflegende in die Lage zu versetzen, selbst eine
men. Gemeinsam werden mögliche Bilder und Objekte
Museumsführung zu bestreiten. Vielmehr sollen sie qua-
ausgewählt, besprochen, bewertet.
lifiziert begleiten und in der Lage sein, das Angebot eines Museums in Hinsicht auf die Eignung für die besondere
Grundsätzlich erleben die Teilnehmenden aus Pflege und
Zielgruppe zu beurteilen – um eine wertschätzende oder
Betreuung die Aufgabe des frontalen Monologs zuguns-
auch kritische Rückmeldung geben zu können.
ten eines situativ-dialogischen Erfahrungsaustausches bei Führungen als eine Befreiung: Gespräche finden auf
Entscheidend bei dem Angebot ist die empathische Dia-
Augenhöhe statt, und die Einschränkungen von Menschen
logbereitschaft des Führenden, der drei oder vier Bilder
mit Demenz werden beachtet. Die Teilnehmer lernen eine
oder Objekte ausgewählt hat, die dazu taugen, an die
Art von Führung kennen, die zunächst nicht kognitiv-
Lebenserfahrungen von hochaltrigen Menschen „anzu-
basiert ist, sondern sich an das unmittelbare Bilderleben,
docken“, in einer Weise, dass es möglich ist, Emotionen
an die Lebenserfahrungen und Erinnerungen richtet. Die
auszulösen, Erinnerungen anzustoßen, auf die man
Folge ist häufig, dass die Teilnehmer sich solche – durch-
sodann wertschätzend eingehen kann: Ressourcenstüt-
weg dialogische – Vermittlung an einem Ort der Hochkultur
zung mit den Mitteln der Kultur. An Orten der Hochkultur,
durchaus auch für sich selbst vorstellen können. Nicht sel-
in der ganz „normalen“ Öffentlichkeit. Gezeigt wird, was
ten trifft man Teilnehmende später in der Begleitung einer
ungeachtet einer Demenz an Teilhabe möglich ist.
Gruppe von Menschen mit Demenz im Museum wieder... Beachtet werden soll – auf Seiten der Vermittler – auch
Nachhaltigkeit und Strukturen
eine Reihe von kulturgeragogischen Bedingungen, die mit
Kulturelle Teilhabe für Menschen mit Demenz verlangt eine
Lautstärke, Sichtachsen und Spiegelungen sowie der Größe
genaue Planung und Vorbereitung. Sie ist aufwändig zu gestalten, sowohl für den Bereich Kultur als auch für den Bereich Pflege / Betreuung. Sie bringt freilich auch erhebli-
Literatur • Zweite Heidelberger Hundertjährigen-Studie: Herausforderungen und Stärken des Lebens mit 100 Jahren. Studie in der Reihe »Alter und Demographie«. Heraus gegeben von der Robert Bosch Stiftung. Oktober 2013 • http://www.bosch-stiftung.de/content/language1/downloads/Studie_Hundertjaehrige_Online_Einzelseiten.pdf • Behindertengleichstellungsgesetz • Ohne Verfasser – Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/ Behindertengleichstellungsgesetz_%28Deutschland%29 (abgerufen am 10.08.2015) • Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, ohne Verfasser – Wikipedia https:// de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cbereinkommen_%C3%BC ber_die_Rechte_von_Menschen_mit_Behinderungen (abgerufen am 10.08.2015) • Kitwood, T. (2000) Demenz. Bern: Verlag Hans Huber. • Kruse, A. (Hrsg.) (2011). Kreativität im Alter. Heidelberg: Universitätsverlag Winter.
che Vorteile: ein deutliches Mehr an Lebensqualität, für alle Beteiligten. Und sie konfrontiert unsere Verstandeskultur mit Emotionen und Affekten, die uns in ihrer Spontaneität oft genug fremd geworden sind. Ein wichtiger Schritt in Richtung „Nachhaltige Strukturen“ sind Rahmenvereinbarungen: dementia+art konnte mit den 18 Cellitinnenhäusern zur Heiligen Maria im Raum Köln eine Rahmenvereinbarung schließen. In dieser wird erstmals Kultur und kulturelle Teilhabe für Menschen mit Demenz und für hochaltrige Bewohner Teil der Pflegeplanung. Das heißt: Für die Bewohner der betreffenden Seniorenhäuser soll verbindlich viermal im Jahr ein Besuch in einem Museum und dreimal im Jahr ein Konzertbesuch angeboten werden.
Zusammenfassung dementia+art hat ein erfolgreiches Modell kultureller Teilhabe für Menschen mit und ohne Demenz entwickelt.
TITELTHEMA
2/2016 CHRISCARE
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Es stellt sich der demografischen Entwicklung und will
zichtbar – nicht nur im kulturellen, sondern auch im
den damit verbundenen gesellschaftlichen Wandel aktiv
sozialen Bereich.
im Sinne von Inklusion mitgestalten. Unser Motto dabei
5. Kulturvermittler erwerben in unseren praxisorientier-
ist: „Eine schöne Zeit erleben“.
ten Weiterbildungen Kenntnisse über das Krankheitsbild und die Art der Kommunikation.
Die wichtigsten Qualitätskriterien:
6. Pflegende und Betreuende hingegen sollen als
1. Grundsätzlich sind alle Angebote nach kulturgerago-
Kulturbegleiter „Verstärker“ kultureller Teilhabe sein, sie
gischen Prinzipien eingerichtet.
vorbereiten sowie nachhaltig gestalten können. n
2. Kulturelle Teilhabe wird nicht nur als Chance für die Betroffenen verstanden, sondern auch für professionell oder ehrenamtlich Engagierte. 3. Innere und äußere Barrierefreiheit müssen gewähr-
Jochen Schmauck-Langer,
leistet sein. Dabei geht es nicht nur um Treppenstufen,
Kulturgeragoge, Autor und Dozent,
sondern vor allem um die Auswahl der Inhalte und die
Kunstbegleiter für Ältere und besonders
Art der Kommunikation.
für Menschen mit Demenz, Köln,
4. Geschulte und qualifizierte Begleitung ist unver-
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Klinik Hohe Mark Klinik Hohe Mark Deutscher Gemeinschafts-Diakonieverband GmbH Friedländerstraße 2 · 61440 Oberursel Telefon 06171 204-0 · info@hohemark.de · www.hohemark.de
KLINIKEN
Psychiatrie – Psychotherapie – Psychosomatik fachlich kompetent – christlich engagiert
20
TITELTHEMA
Darf ich bitte(n?) – Zeuge Von der Identität in der Demenz John Clark hat einen guten Job, eine wunderbare Ehefrau Beverly und zwei reizende Kinder. Doch trotz allem wird er das Gefühl nicht los, dass irgendetwas in seinem Leben fehlt. Jeden Tag fährt er nach der Arbeit mit der U-Bahn nach Hause – und jeden Tag aufs Neue fällt ihm eine junge Frau auf, die mit leerem Blick am Fenster einer Tanzschule steht. Eines Abends springt John impulsiv aus dem Zug – und ehe er sich’s versieht, meldet er sich für Tanzstunden an. Und je mehr Stunden John absolviert, desto mehr verliebt er sich ins Tanzen, das eine neue Lebensfreude in ihm weckt. Fieberhaft versucht er, seine neu gewonnene Leidenschaft vor seiner Familie und seinen Kollegen
Füreinander da sein
geheim zu halten. Zu groß ist die Scham. Indessen wird Johns Frau langsam misstrauisch. Ihr Mann scheint wie
Wenn die Beziehungen kontur- und identitätslos werden
ausgewechselt und verbringt immer weniger Zeit zu
– sind sie dann vergessen? Das beschäftigt mich, denn
Hause. Und in dieser Situation – dieser Krise – in dieser
„Jeder Mensch braucht doch einen Menschen, der Zeug-
Sorge den Partner zu verlieren – denkt sie über den Sinn
nis für das Leben des Anderen ablegt.“
der Ehe nach – über den Sinn von Beziehungen an sich. Und sie macht eine Aussage.
Die Angst vergessen zu werden ist wahrscheinlich so alt, wie die Menschheit. 700 Jahre vor Christus findet diese
Eine Aussage, die für Beziehungen gerade im Anblick von
Angst vergessen zu sein schon seinen Ausdruck. Ein gan-
Demenz gilt: Jeder Mensch braucht doch einen Men-
zes Volk hat Angst vergessen zu sein. Im Exil, in der Ver-
schen, der Zeugnis für das Leben des Anderen ablegt.
bannung, in der Fremde führt Israel Klage. Alle vertrauten
Als ich den Film „Darf ich bitten?“ mit Richard Gere und
Beziehungen sind zerbrochen. Und es ruft: „Der Herr hat
Jennifer Lopez sah, hat sich mir dieser Satz förmlich ein-
mich verlassen, Gott hat mich vergessen.“ Jes. 49,14
gebrannt. Jeder Mensch braucht doch einen anderen, der seine Geschichte verbürgt – Zeuge seiner Identität ist.
Und weiter heißt es: „Kann denn eine Frau ihr Kindlein vergessen, eine Mutter ihren leiblichen Sohn? Und selbst
Welche Identität behalten wir mit Demenz?
wenn sie ihn vergessen würde: Ich vergesse dich nicht.
Wer ist unser/e Zeuge/Zeugin, wenn wir spüren, dass
Sieh her: Ich habe dich eingezeichnet in meine Hände,
wir uns verlieren?
deine Mauern habe ich immer vor Augen.“ Jes 49,15f
Wenn wir am Anderswerden zerbrechen?
Gewisse biblische Sätze bekommen im Anblick von
Können wir als Angehörige noch Zeugen sein, wenn wir
Demenz eine neue – tiefere – Bedeutung. „Hat Gott mich
das Anderswerden des Liebsten erleben? Wenn wir mit
verlassen?“, fragt Israel. „Ich habe Dich eingezeichnet
anschauen, wie in der Demenz die Ehepartnerin oder der
in meine Hände, antwortet der Herr.“ Im Hebräischen
Ehepartner die Hand einer anderen, eines anderen hält –
steht es dort eingeritzt – sozusagen eintätowiert. Wir
uns nicht mehr erkennt? Wenn ich als Kind von Vater oder
können spüren, dass wir niemals vergessen werden
Mutter nicht mehr erkannt werde?
können, weil Gott selbst unseren Namen in seine Hand eingezeichnet – eintätowiert hat. Selbst wenn die Mutter
Und in Zukunft: Wenn mit wachsender Lebenserwartung alte Eltern selbst mit über 90 ihre dementen Kinder im Alter von 60 oder 70 erleben werden?
ihren leiblichen Sohn / ihre leibliche Tochter vergisst! – Ich vergesse dich nicht! Und Gott hat noch mehr im Blick – sogar unsere Mauern – „deine Mauern habe ich
Zum Nachdenken
sein immer vor Augen“. Sei gewiss, könnte man hinzufügen: Sogar Deine Mauern – Deine Begrenztheiten – habe ich
Der an Demenz erkrankte Mensch…
immer vor Augen. Selbst dann, wenn Du sie nicht mehr siehst. Manchmal erleben wir als pflegende Mitarbeiter/
…besitzt eine unverlierbare Würde, die sich nicht am Nut-
innen, pflegende Angehörige, Seelsorger/innen, dass wir
zen misst. Er ist eine einmalige, unverwechselbare und
Fenster der Erinnerung auf diese Mauern malen können.
nicht austauschbare Person.
Für Momente die Seele streicheln, dass sie ihre Identität spürt, das sie Beziehung spürt, weil wir sie bezeugen.
…braucht Gemeinschaft. Er behauptet seine Identität in Kommunikation und Auseinandersetzung.
In solchen Momenten sind wir Zeugen für die Hoffnung, die uns trägt: Wir werden nie vergessen, selbst wenn wir
…hat seine eigene Freiheitsgeschichte und trägt damit
uns vergessen, selbst wenn die Welt uns vergisst, da ist
Verantwortung für sein eigenes Leben und Handeln.
immer noch einer, der für unser Leben Zeugnis ablegt. Das ist entscheidend: Wenn ich mich im Vergessen – in
…ist auf seine eigene Weise zur Nachfolge Jesu berufen.
der Demenz – ganz den Anderen überlassen muss – zu spüren: Ich werde nicht vergessen.
... wirkt mit am Aufbau des Reiches Gottes hier auf Erden.
Wer über Demenz nachdenkt, der denkt über sich selbst
…erlebt die Begrenztheit seines Daseins. Er setzt sich
nach. Und – es ist wird dann heute schon ein Trost sein,
damit auseinander, um sie anzunehmen.
zu wissen: Bei Euch – bei euch Christen – behalte ich meine Würde, denn ihr werdet doch in Gottes Namen zu
…hat die Zusage der Auferstehung. Er wird mit seiner
Zeugen meiner unverwechselbaren Geschichte, meiner
ganzen Lebensgeschichte von Gott angenommen. n
gelebten Beziehungen, der Einmaligkeit meines Daseins in der Welt. Ich habe doch Würde – unverlierbar – und ich bitte euch, lasst es mich spüren! Sr. Rosa-Maria Lochmiller, CiG-Denkanstöße Nr. 6,
Als Zeugen Gottes können wir antworten: Ja, ich werde mich finden in Dir, werde Deine Biographie sein – ich werde Dein Zeuge sein – wider des Vergessens – und wie unser Gott werde ich Dein Leben in meine Hände einzeichnen und Du wirst spüren – DU lebst in mir und ich in Dir. Denn Gott weiß: Jeder Mensch braucht einen Menschen, der doch Zeugnis für das Leben des Anderen ablegt. Übrigens in dem Film „Darf ich bitten“, macht sich die Lebenspartnerin Bevely auf den Weg. Sie sucht ihren Mann dort auf, wo er glücklich ist. Sie entdeckt ihn ganz neu. Und … sie tanzen in seiner Welt. n
Bruno Schrage, Dipl. Theologe, Dipl. Caritaswissenschaftler, Referent für Caritaspastoral im Erzbistum, Köln
modifiziert nach Altenwerk Diözese Rottenburg-Stuttgart
Blickpunkt
Herr, segne meine Hände, dass sie behutsam seien, dass sie halten können, ohne zur Fessel zu werden, dass sie geben können ohne Berechnung, dass ihnen innewohne die Kraft, zu trösten und zu segnen.
ChrisCare
Martin von Tours (316-397 n.Chr.)
24
CHRISTLICHER GESUNDHEITSKONGRESS
5. Christlicher Gesundheitskongress in Kassel Mit neuen Ideen zurück in die Praxis
ist möglich, Zeichen zu setzen. Wenn es um Heilen und Begleiten in Gesundheitswesen und Gemeinde (so der Untertitel des Kongressmottos) geht, dann können Chris-
„Es war wunderbar“. Die Krankenschwester aus der Nähe von Hannover fährt begeistert nach Hause und ist sich sicher: „Es war der beste der fünf bisherigen Kongresse“. Sie muss es wissen. Denn sie hat keinen ausgelassen. Viele Anregungen hat sie in ihrer Praxis als Krankenschwester im ambulanten Pflegedienst schon umsetzen können. Auch dieses Mal waren praktische Tipps dabei. Besonders gefallen hat ihr der Bericht eines Arztes aus Chemnitz, der sich angewöhnt hat, bei jedem Gang durch die Stationstür ein kurzes Gebet zu sprechen. Wenn er die Mitarbeiter und Patienten so Gott anbefehle, könne er viel entspannter arbeiten. Auch wenn es einmal stressig werde, wisse er sich nicht allein.
ten Zeichen setzen. „Manchmal sind es nur Kleinigkeiten, die Hoffnung wecken und den entscheidenden Impuls geben“, hieß es in einer der Gesprächsrunden, die immer wieder zum Dialog einluden. „In unserer Runde haben wir bis weit in die Pause diskutiert,“ erzählt eine Altenpflegerin aus der Diakonie, die sich mit einer katholischen Seelsorgerin und zwei Medizinstudenten darüber ausgetauscht hatte, welche Chancen es gibt, das Potential des Glaubens in den Alltag umzusetzen.“ Die vielfältigen Möglichkeiten zur Kommunikation waren das besondere des 5. Christlichen Gesundheitskongresses. Die Veranstalter, ein ökumenischer und multidisziplinär ausgerichteter Trägerkreis, wollten, dass es nicht nur bei schönen Worten bleibt.
650 Mediziner, Pflegende und Therapeuten waren nach
Man sollte im Gespräch entdecken, wie man die Impulse
Kassel gekommen, darunter ⅔ Frauen, was im Gesund-
in die eigene berufliche Praxis umsetzen kann.
heitswesen nicht überrascht. Und mehr als 10 Prozent der Teilnehmer kamen als haupt- oder ehrenamtliche
„Auch wenn weniger Teilnehmer dabei waren, als bei
Seelsorger, um sich am Fachgespräch über die Integra-
früheren Kongressen, war die Zufriedenheit der Besu-
tion von Spiritualität und Gesundheitswesen zu beteili-
cher deutlich höher. Viele konnten hilfreiche Kon-
gen. Ärgerlich für die Ärzte unter den Teilnehmern: Die
takte knüpfen und erlebten, dass sie nicht allein sind
Landesärztekammer Hessen war bei der Vergabe von
mit ihren Fragen“, resümiert Günther Gundlach, der
Fortbildungspunkten wesentlich restriktiver als bei den
Geschäftsführer des Kongresses. Ein Grund dafür: Der
Vorkongressen. Sie akzeptierte nur Seminare, die sich im
Kongress fand erstmals in einem Tagungshotel statt,
engeren Sinn mit ausschließlich medizinischen Fragen
so dass die meisten Teilnehmer im Kongresszentrum
befassten. Ein Arzt aus Baden-Württemberg: „Offenbar
auch wohnten. Das ermöglichte kurze Wege, lebhaften
haben die noch nicht verstanden, welche Ressourcen im
Austausch schon beim Frühstück, eine angenehme
Zusammenwirken von Glaube und Medizin liegen. Da
Atmosphäre in der Lobby beim Tagesausklang und nicht
sind Amerikaner, Schweizer oder Dänen viel weiter.“
zuletzt die Chance, nach dem Mittagessen die Beine hochzulegen und etwas auszuruhen.
Die Qualität der Vorträge lobten auch Kongressbesucher, die eher skeptisch waren, wie ein sich „christlich
Neue Akzente setzte der Kongress, indem er an promi-
nennender Kongress“ mit den Fragen des Gesundheits-
nenter Stelle die Verantwortung für die Gesundheit auch
wesens umgeht. „Da war weder von Gesundbeterei
jenseits Europas in den Blick nahm und nach den Impul-
die Rede noch von esoterischen Ansätzen. Die Christen
sen für unser Gesundheitssystem aus den Ländern des
waren nüchtern aber auch selbstbewusst, wie wichtig der
Südens fragte. Ein weiterer Schwerpunkt lag in der Frage
Glaube für die Gesundheit und das Heilwerden ist.“
nach den Grenzen des Lebens. Auch wenn die politische Debatte um die Sterbehilfe in Deutschland zu einem
Auch das Thema des Kongresses verzichtete auf über-
vorläufigen Abschluss gekommen ist, bleibt die Aufgabe
höhte Ansprüche, sondern machte klar: Mit dem Glauben
der Christen, für eine positive Einstellung zum Leben bis
kann man nicht alle Probleme der Welt lösen, aber es
zuletzt zu werben.
CHRISTLICHER GESUNDHEITSKONGRESS
2/2016 CHRISCARE
25
llen, ebenso die Mir hat die Professionalität gefa , die Gemeinschaft so Abwechslung, die Atmosphäre vieler engagierter Christen. Autorin, 46 Jahre
Ein Höhepunkt war für viele Teilnehmer ein Abend mit dem Geigenbauer Martin Schleske, der vom Klang, dem unerhörten Sinn des Lebens, erzählte. „Das tat meiner Seele so richtig gut“, meinte eine Chirurgin, die das erste Mal dabei war.
Die Referenten waren fachlich, menschlich un tuell sehr kom d spiripetent. Arzt, 67 Jahre
Zum vierten Mal wurde der Christliche Gesundheitspreis verliehen, der innovative Ansätze zum Miteinander von christlichen Gemeinden und Gesundheitswesen auszeichnet. Vis-à-vis aus Rheinland Pfalz wurde der 1. Preis verliehen. Die Organisation hat sich der Wiederentdeckung der klassischen Gemeindeschwester verschrieben. Mit professionellem pflegerischen Know-how und einer sehr engen Anbindung an die Kirchengemeinden und deren
nreteren Ideen, A ngress konkre Ko em es di i Die be tliche in Einwie das Chris e, el pi is Be d für gungen un und Türöffner racht werden eb ng ei n ge un richt sehr deutlich. kann, wurden Patienten sein , 45 Jahre Krankenpfleger
Seelsorgeauftrag arbeiten Vis-à-vis-Mitarbeiterinnen in immer mehr Gemeinden. Dabei nutzt der Verein Erfahrungen der Parishnurse-Bewegung, die zum Beispiel in England, den USA und Australien neue Wege der christlichen Fürsorge erprobt. Den 2. Preis erhielt das Netzwerk Nächstenliebe aus Braunschweig. Eine der dortigen evangelisch-freikirchlichen Gemeinden, die Friedenskirche, hat ein umfangreiches, eng mit der Gemeindearbeit verbundenes diakonisches Programm entwickelt. n
Frank Fornaçon, Pastor, Verleger und Chefredakteur von ChrisCare Die meisten Vorträge des Kongresses können auf DVD bestellt werden bei: www.christlicheraudiodienst.de/ christsein-und-beruf/5-christlichergesundheitskongress-2016
Die Auswahl de r Referenten in ihrer Unterschi keit und in Er edlichgänzung zueina nder war sehr sodass das Th ge lu ngen, ema von versch iedenen Seite delt wurde un n behand ganz viele Im pulse gesetzt die hilfreich m w ur den, itgehen. Wertv oll waren auch praktischen Er di e ganz fahrungen, die weiter gegebe den. Und imm n w urer wieder wer tvolle geistlich e Impulse. Referentin
Ich fand den Kontakt
tionen untereinande
der verschiedenen Or
r sehr wertvoll – das
wächst!
ganisa-
Netzwerk
Ärztin, 56 Jahre
große h als c äti e ab rtsch s We gen h l n a su t h l c i sta dheit pfand esun veran m G d e n m s e i b da n Die A dche lebt, ke er es Rä n n i e e h l c k ls Ges ich a für m g n u z m. syste re 7 Jah tin, 4 u e p thera Ergo
Es gab fundierte und vielseitige Beiträge aus vielen medizinischen Fachbereichen. Medizinstudentin, 19 Jahre
Mir hat das Zu gehörigkeitsge fühl gefallen, Nicht-Gläubig auch als er/Suchender. Krankenschw
ester, 39 Jahre
26
Bilder vom Kongress
eusslingM . r u c . r e .r , Prof. Dr r. med. Schiffner D .l.) Sentpali, l. Rust (v Dr. theo
Publikum
des Kong
resses
-Vis) à s i V ser ( is a Gla sundheitspre l e g n A e den G t l ä h r e
Viel Nachfrage an den Fachausstellungen
Eine gelungene Konzertlesung
Günther Gund lach begrüßt Teilnehmenr
Interessante Infomaterialien für die unterschied lichen Bereiche
Kasseler Gospelchor
Schleske n i t r a M z klingen l o H t s s ä l
r isthaue e F r e t e i ) Hans-D Nächstenliebe erk eis (Netzw Gesundheitspr en erhält d
Auch persönliche Ges präche kamen nicht zu kurz
Anregende
Gesprächs
runden
Nachrichten Demenz
Musik hilft
NACHRICHTEN
aber bisher kaum Möglichkeiten der
2/2016 CHRISCARE
27
Bewertet
Bester Arbeitgeber
Fortbildung zu diesem Thema“, sagt Dr. Ulrike Kehrer, Dozentin für Musik an der Katholischen Akademie Stapelfeld in Cloppenburg. Aus diesem Grund haben die Katholische Akademie und die Universität Vechta ein neues Musik erleichtert Beziehungsaufbau
gemeinsames Fortbildungsprogramm
Krankenhaus Groß-Sand
konzipiert. n Vechta: „Das Wandern ist des Müllers Lust…“ Hanna W., 79 Jahre alt, strahlt. Die Worte fließen nur so aus ihr heraus, die Melodie ist altbekannt,
Amazing
Musik gegen Angst
Hamburg: In der diesjährigen Runde von Hamburgs bestem Arbeitgeber hat das katholische Krankenhaus GroßSand in Wilhelmsburg mit 5 Sternen
sie wiegt sich im Takt. Sie liebt den
die Bestnote erreicht – und das als
Singkreis, der einmal in der Woche im
einziges Gesundheitsunternehmen
Pflegeheim angeboten wird. Außer-
der Hansestadt. Was macht Groß-Sand
halb dieser einen Stunde ist Hanna
als Arbeitgeber aus? Das wurde im
eher still: Sie hat Demenz im fortge-
Vorfeld gefragt. Wibke Groth, seit 1998
schrittenen Stadium. So wie Hanna W. leiden immer mehr Menschen an
im Team des Krankenhauses, hatte die Abwehr gegen negative Gefühle
Demenz, die Zahl der Betroffenen
treffende Antwort: „Wir haben gute Laune in Groß-Sand!“ n
steigt. „Demenz lässt sich nicht heilen,
Baltimore: Eine Untersuchung an der
zumindest im Moment noch nicht“,
Johns Hopkins School of Nursing
sagt Prof. Dr. Theo Hartogh von der
fragte Afroamerikaner im Südosten
Universität Vechta. „Aber es gibt viele
der USA nach dem Gebrauch reli-
Ansätze, die die Lebensqualität von
giöser Musik als Abwehr negativer
dementiell Erkrankten verbessern.
Gefühle im Zusammenhang mit ihrer
Ein sehr effektiver ist das Singen und
Krebsdiagnose und -therapie. Die Teil-
Musizieren.“ Der Professor für Musik-
nehmer sagten, dass religiöse Musik
pädagogik und historische Musikwis-
ihnen helfe, Depressionen, Traurigkeit,
senschaft befasst sich seit vielen Jah-
Schwächegefühl, Sorge und Furcht
ren mit dem Themenkomplex Demenz
zu überwinden. Die meisten hatten
und Musik und hat zahlreiche Publi-
lebenslang in einem Millieu der Armut,
kationen zum Thema veröffentlicht.
des Drogenmissbrauchs und der
Warschau: Die regelmäßige Teil-
„Singen und Musizieren ist auch dort
Kriminalität gelebt. Sie hatten in ihrem
nahme an religiösen Veranstaltun-
möglich, wo es Gespräche nicht mehr
Leben erfahren, dass religiöse Musik
gen fördert die Gesundheit. Das
sind. Es erleichtert den Beziehungsauf-
ermutigt und Hoffnung spendet. Unter
ergab eine Studie des Zentrums für
bau zwischen Erkrankten und Pflege-
den Liedern, die oft genannt wurden,
Sozial- und Wirtschaftsforschung in
personal und schafft Zugehörigkeit in
waren Amazing Grace, Jesus liebt
Warschau, das die Daten von 57.000
der Gruppe. Außerdem kann so auch
mich ganz gewiss, Swing Low, Sweet
Personen über 50 Jahre in 16 Euro-
kognitiv stimuliert werden, wenn z.B.
Chario. Der amerikanische Mediziner
päischen Ländern auswertete. Die
nicht nur Altbekanntes, sondern auch
Harold König meint zu der Studie:
Teilnehmer wurden nicht nur nach
neue Lieder gesungen werden.“ Sym-
„Das ist ein faszinierender Einblick, wie
ihrer religiösen Praxis, sondern auch
ptome einer Demenz wie unruhiges
Gläubige, auch angesichts von Krebs,
nach ihrem Gesundheitszustand
Verhalten, so Hartogh, können damit
ihre Lebensqualität bewahren können.“
befragt. Dabei wurde u.a. nach Atem-
sogar gemildert werden. „Aufgrund
Mehr: Hamilton JB, Worthy VC, Kurtz
wegsproblemen, Herzbeschwerden,
der stetig steigenden Zahl dementi-
MJ, Cudjoe J, Johnstone PA (2016).
Schlaganfall, Diabetes und Chroni-
ell erkrankter Menschen besteht ein
Using religious songs as an integrative
schen Krankheiten gefragt. Religiöse
erhöhter Bedarf an musikalischen
and complementary therapy for the
Aktivität war mit einer geringeren
Angeboten für diese Zielgruppe.
management of psychological symp-
Demenzrate und ähnlichen positiven
Speziell in ländlichen Räumen wie
toms among African American cancer
Effekten verbunden. Mehr: European
dem Oldenburger Münsterland gab es
survivors. Cancer Nursing. n
Journal of Ageing, März 2012 n
Effekt
Religion stärkt im Alter
Religiosität als Vorsorge
28
CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN
Wo treffen Sie Christen, die vom Fach sind? 3x3-Christliche Heilkunde kompakt // Neues Kursangebot und Projektteam Dr. Volker Brandes, Facharzt für Urologie
Isa Junge, Fachkran-
in einer Praxisge-
kenschwester, für
Erika Schiffner,
meinschaft,
Sozialpsychiatrie,
Ergotherapeutin,
Hamburg
Hamburg
Geesthacht
„Viel Ermutigung durch die Berichte der Teilnehmer“ Nachfolgend stellen wir Ihnen drei interaktive Fortbildungsabende vor, die Sie bequem und ohne viel Aufwand in Ihrem Umfeld anbieten können. Die Durchführung ist für Gruppen zwischen 3 und ca. 20 Personen gewinnbringend und über das Netzwerk von Christen im Gesundheitswesen im häuslichen Umfeld oder in Räumlichkeiten von Gesundheitswesen und Gemeinden organisierbar. Könnte das etwas für Sie sein? Neh-
oder ehrenamtlich kranken Menschen
christlichen Gemeinden ist vielerorts
zuwenden. Mit „3 x 3 – Christliche
die Vision einer Christlichen Heil-
Heilkunde kompakt“ vermitteln wir
kunde (CHK) lebendig. CHK ist eine
an 3 aufeinander bezogenen Abenden
integrative seelsorgerliche Heilkunde,
in je 3 Schritten zentrale Themen einer
die Hilfen der modernen Medizin,
christlich integrativen Heilkunde. Dies
Pflege und Therapie verbindet mit
geschieht in einem übersichtlichen und
christlicher Glaubens- und Gemein-
wiederkehrenden
schaftserfahrung.
Aufbau:
Seelsorgerlich ist
1. Impulsgedanken zum Thema 2. Fallbeispiele aus der Praxis
„Gute Einführung in die Christliche Heilkunde“
hierbei im weiten Sinn zu verstehen als Sorge für den ganzen Men-
3. Anleitung zu
schen in seiner
Reflexion und
Mehrdimensio-
Austausch
nalität von körperlichen, psychischen, sozialen und spirituellen Bedürfnis-
Thematische Schwerpunkte
sen, Gaben und Aufgaben.
1. Abend: Berufung in Beruf und Ehrenamt – Sinn- und Gaben-ori-
Diakonie und Caritas als verfasste
entiert arbeiten in der Fürsorge für
Ausdrucksformen kirchlichen Diens-
men Sie
Kranke
tes spielen dabei eine wichtige
gerne
2. Abend: Spiritual Care
Rolle. Sie treten allerdings in vielen
und christlich geschulte
Tätigkeitsfeldern des säkularen
Aufmerksamkeit
Gesundheitswesens sowie manchen
3. Abend: Zeichen setzen
christlichen Gemeindebezügen wenig
– christliche Spirituali-
in Erscheinung. Die Vision einer CHK
tät in den Berufsalltag
möchte für die Vielfalt beruflicher
einbringen. Vernetzung
und ehrenamtlicher Tätigkeiten Hilfen
mit uns Kontakt auf!
„Praxisnah und persönlich“
Das Angebot. Im Rahmen des ökumenischen
von Gesundheitswesen und Gemein-
anbieten. Hierbei werden seelsorger-
Netzwerkes Christen im Gesundheits-
den – Angebote einer Christlichen
liche Aspekte und Alltagserfahrun-
wesen (CiG) bieten wir Ihnen drei
Heilkunde nutzen
gen der eigenen Tätigkeit reflektiert,
interaktive Fortbildungsabende in
wissenschaftliche Erkenntnisse zur
Kursform an, die Sie bei sich vor Ort
Inhaltliche Skizzierung:
Einbeziehung von Spiritualität in die
durchführen können. Diese richten sich
Im Zusammenwirken von Mitarbei-
Krankenbegleitung vermittelt sowie
an Mitarbeitende, die sich beruflich
tenden aus Gesundheitswesen und
Impulse für das Zusammenwirken
CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN
2/2016 CHRISCARE
29
Die Arbeit von CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN (CiG) CiG e.V. ist ein bundesweites konfessionsverbindendes Netzwerk von Mitarbeitern unterschiedlicher Berufsgruppen im Gesundheitswesen: Pflegende, Ärzte, Therapeuten, Mitarbeiter aus Management und Verwaltung, Seelsorger, Sozialarbeiter und weitere Berufsgruppen des Gesundheitswesens. Basis der Zusammenarbeit sind die Bibel, das apostolische Glaubensbekenntnis sowie die Achtung des Einzelnen in seiner jeweiligen Konfessionszugehörigkeit. Wir CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN wollen • einander fördern, christlichen Glauben im Berufsalltag einzubringen, • zur Neubelebung an der Bibel orientierter Werte im Gesundheitswesen beitragen, Dr. Georg Schiffner,
• Patienten und Kollegen die heilende Liebe Jesu Christi erfahrbar machen,
Facharzt für Innere
• in Einheit mit Kirchen und Gemeinden den biblischen Auftrag von Diakonie,
Medizin, Geriatrie
Caritas und Heilungsdienst in unserem Land wahrnehmen.
und Palliativmedizin, Chefarzt Geriatrie-
Die ökumenische Arbeit von CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN verbindet
zentrum und Palliativbereich,
seit über 25 Jahren Christen im Umfeld des Gesundheitswesens – inzwischen
Wilhelmsburger Krankenhaus,
rund 10.000 in regionaler sowie in bundesweiter Vernetzung.
Groß Sand, Hamburg Wichtiges Element sind die CiG-Regionalgruppen, die von Mitarbeitern vor heilender Dienste von Gesundheits-
Ort geleitet und verantwortet werden und die sich in unterschiedlichen, z.B.
wesen und Gemeinden aus der Praxis
monatlichen Abständen treffen. Beruflicher Austausch, biblischer Impuls und
für die Praxis vermittelt.
Gebet sind wiederkehrende Bestandteile der Treffen. Einige Gruppen bieten Regionalveranstaltungen an, zu denen öffentlich eingeladen wird. Kontakt zu
Organisation
den Regionalgruppen vermittelt die Geschäftsstelle.
Da die Themen aufeinander aufbauen, ist die Teilnahme an allen drei Abenden
Die Veranstaltungen der Akademie werden dezentral meist in Zusammenarbeit
sinnvoll. Ausführliches schriftliches
mit den CiG-Regionalgruppen angeboten: Seminare zu berufsspezifischen The-
Material wird zur Verfügung gestellt.
men aus christlicher Sicht, Fachgruppentreffen wie auch Angebote für Kranke
Als Kostenbeitrag bitten wir um
und Angehörige. Wenn Sie in Ihrer Region ein Seminar initiieren wollen, neh-
10 Euro pro Abend.
men Sie gern mit uns Kontakt auf. Weitere Infos: www.cig-online.de.
Die Abende sind sowohl geeignet für
Die bundesweit ausgerichtete Arbeit von Christen im Gesundheitswesen wird
Christen, die bereits an einem Kurs
von rund 20 Mitarbeitern aus unterschiedlichen Gesundheitsberufen im Bundes-
CHK teilgenommen haben wie auch
weiten Leitungskreis verantwortet und geleitet.
für Interessierte, die erstmals in kompakter Form Grundlagen und Praxis
In der Geschäftsstelle in Aumühle bei Hamburg wird die Arbeit koordiniert.
einer CHK kennenlernen möchten.
Hauptamtliche, geringfügig Beschäftigte und rund 130 Ehrenamtliche sorgen
Interessierte können nähere Infor-
für die Umsetzung von Projekten und unterstützen die Arbeit des Bundes-
mationen und das Material über die
weiten Leitungskreises.
Geschäftsstelle von CiG beziehen, einschließlich einer Handreichung für die
Die Arbeit von CiG finanziert sich wesentlich aus Spenden. Ein Kreis von z.Zt.
Durchführung von „3 x 3 – Christliche
500 Förderern bildet hierfür die Grundlage, indem sie den gemeinnützigen Ver-
Heilkunde kompakt“. Hierzu nehmen
ein jeweils mit einem Mindestbeitrag von 10 € im Monat finanziell unterstützen.
Sie gern Kontakt mit uns auf. n Förderer können an den Fortbildungsseminaren der CiG-Akademie für den ermäßigten Beitrag teilnehmen und erhalten das ChrisCare-Abo kostenfrei. Wir laden Sie herzlich ein, dem Förderkreis beizutreten! n Günther Gundlach,
CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN e.V.
Geschäftsführer
Bergstraße 25, D-21521 Aumühle
Christen im Gesund-
Tel.: (+49) (0) 4104 917 09 30, Fax: (+49) (0) 4104 917 09 39
heitswesen
Email: info@cig-online.de, Internet: www.cig-online.de
30
TITELTHEMA
„Sie gehören dazu!“ Gaben und Aufgaben demenzsensibler Kirchengemeinden im Blick. „Das macht uns nichts“, hört man nicht selten auf Nachfrage von kirchlichen Akteuren. „Das macht wohl was!“ spüren Betroffene und ihre Angehörigen, wenn alte Bekannte aus dem Kirchenchor aus Unsicherheit und Angst plötzlich die Straßenseite wechseln oder beim Kirchencafé in seinem Beisein ausschließlich über ein Gemeindeglied gesprochen wird, statt mit ihm. Um diesem Trend offensiv entgegenzuwirken, machen sich Pfarreien in dem Kölner Projekt „dabei und mitEinbindung aller Besucher in die Gemeinschaft
tendrin“ auf den Weg zur „demenzsensiblen Kirchengemeinde“.
Demenz hat Zukunft. Die wachsende Zahl demenzkranker Menschen berührt, verunsichert und fordert unsere auf Vernunft und Leistung basierende Gesellschaft zum Umdenken heraus. Pioniere, um die anstehenden Veränderungs- und Wandlungsprozesse aktiv mitzugestalten, können die örtlichen Kirchengemeinden sein. Kaum eine Firma in Deutschland hat ein solches Filialnetz! Jedes Quartier hat seine Kirchengemeinden. Deren Altersstruktur ist der Gesellschaft – in beiden christlichen Konfessionen – an vielen Orten um bis zu 30 Jahre voraus. Das heißt, in einer alternden Kirche ist die gesellschaftliche Zukunft längst kirchliche Realität! Und gerade dort, wo religiöse Traditionen und Glaubensgewissheiten bei vielen alten Menschen lebendiger Teil der eigenen Biografie waren, bietet sich eine Hilfe zur Lebensbewältigung, an die bis zum Schluss angeknüpft werden kann. Denn vor Gott ist Demenz kein Makel!
Und viele Menschen ersehnen den Zuspruch eines liebenden Gottes, der sie nicht vergisst, auch wenn sie alles vergessen.
Gemeint sind mit diesem Begriff Ortsgemeinden, die die Lebenssituation von Menschen mit Demenz und ihren Familien achtsam wahrnehmen wollen. So dass Barrieren abgebaut
Umso nachdenklicher macht die
werden und Menschen mit Demenz
Tatsache, dass Menschen mit Demenz
im alltäglichen Leben normal dazu-
bisher nur selten zum alltäglichen
gehören. Dies geschieht nicht nur
Erscheinungsbild des kirchlichen
um ihrer Lebensqualität und Teil-
Lebens gehören. Da ist schon mal
habe willen. Sondern auch um der
einer, der nervt die anderen bei einer
Zukunftsfähigkeit einer alternden,
Gemeindeveranstaltung mit den
menschenfreundlichen Kirche! In der
ständig gleichen Geschichten von
das Wertvolle dieser Menschen, ihr
früher. Eine Frau stört beim Senioren-
Potential für Kirche und Gemeinde
nachmittag und will während eines
und die Selbstverständlichkeit des
Vortrags lautstark „nach Hause“. Als
Dazugehörens bislang noch zu häu-
während einer Predigt ein unüberhör-
fig verloren gehen.
bares „Mir ist langweilig“ ertönt, wird deutlich, dass Menschen mit Demenz
Die Türen offen halten
unberechenbar sind – und ihren
Damit das Gefühl von Scham über
Angehörigen oft peinlich. Deshalb
abnehmende Kräfte, zunehmende
ziehen sie sich häufig zurück, auch
Verlusterfahrungen und einen wach-
aus der Kirchengemeinde.
senden Kontrollverlust nicht zu Rückzug und Isolation führen, brauchen
Kirchengemeinden als Begegnungsorte
Betroffene von Seiten der Kirchen
In vielen Kirchengemeinden sind
Du da bist“, „Du bist uns wichtig“, „Du
Gemeindeglieder mit einer Demenzer-
gehörst dazu“. Dieses bedingungslose
krankung bisher bestenfalls am Rande
Willkommen Sein und Dazugehören
ein klares Signal: ein „Schön, dass
2/2016 CHRISCARE
31
Die Gemeindemitglieder altern, damit müssen sich alle Gemeinden auseinandersetzen.
äußert sich sowohl in unserer Haltung als auch in konkre-
Gespräch mit ihr zu suchen. Andere Beispiele zeigen, wie
ten Handlungen; z.B. indem ein Artikel im Pfarrblatt auf die
gut gemeinte Hinweise wie „Für Dich sind ab jetzt unsere
besondere Situation der betroffenen Menschen hinweist
Diakoniestationen zuständig“ von den Betroffenen als
und Ansprechpartner der Kirchengemeinde benennt. Oder
Ausgrenzung, Abstempelung und Verletzung erlebt wur-
indem Menschen mit Demenz selbst zu Wort kommen, weil
den. Als wären sie von nun an vor allem Symptomträger
sie zusammen mit Angehörigen in Vorbereitungsgruppen
einer bestimmten Erkrankung. Und damit dem Sektor der
für Seniorennachmittage, Feste und Feiern einbezogen
professionellen Versorgung zugeordnet, statt der bisheri-
werden. In dem Kölner Projekt werden gezielt „Gottes-
gen Gemeinschaft und Gemeinde. Barriereabbau beginnt
dienste für alle“ gefeiert: mit sinnlichen Gestaltungsele-
hier im Kopf! Und neben den inneren Barrieren sind es die
menten, vertrauten Liedern, bekannten biblischen Texten,
äußeren, oft unbedacht gewählten Rahmenbedingungen,
Gebeten und biografisch verankerten Formeln, Formen,
die Menschen mit Demenz ausschließen, ohne dass es die
Riten und Routinen. Das geschieht nicht als gesondertes
anderen überhaupt merken. Zum Beispiel wenn an den
Spezialangebot, sondern inklusiv und bewusst am Sonn-
Gottesdienst- und Veranstaltungsorten keine geöffneten
tagmorgen zur üblichen Gottesdienstzeit!
oder ausgeschilderten Toiletten zu finden sind. Oder ein Vortrag am Seniorennachmittag zu lang, zu leise und aus-
Wandeln durch Handeln
schließlich auf kognitive Teilhabe basierend gestaltet ist.
Zu einer solchen, neuen Gemeindekultur gehört auch, dass wir sensibler und achtsamer werden, die größten-
Teilhabe statt Fürsorge
teils nicht bewussten Ausgrenzungsmechanismen auf
In den meisten Kirchengemeinden lassen sich bisher
Seiten der Gemeinden wahrzunehmen. Zum Beispiel
mehr Hilfsangebote als Beteiligungsmöglichkeiten fin-
wenn eine an Demenz erkrankte Frau sich an der Kaffee-
den. Was wir im Sinne einer teilhabeorientierten Entwick-
tafel des Seniorentreffs plötzlich nicht mehr auf ihrem
lungsrichtung brauchen, ist mehr vom Gegenteil. Eben
üblichen Stammplatz nieder lässt und ihre Nachbarinnen
mehr Beteiligungsmöglichkeiten statt Hilfsangebote! D.
sich daraufhin empört und strafend abwenden, statt ein
h. eine Vielfalt an Gelegenheiten zum Kommen, Gucken,
32
TITELTHEMA
„Dabei und mittendrin“– Gaben und Aufgaben demenzsensibler Kirchengemeinden, 64-seitige Broschüre mit vielen Hintergründen, was Kirchengemeinden konkret tun können und praktischen Anregungen für den Weg zur demenzsensiblen Kirchengemeinde.
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Mitmachen, Dabeisein und – nicht unerheblich – auch wieder Wegbleiben dürfen. Viele Ideen und Anregungen für den Weg zur demenzsensiblen Kirchengemeinde sind dabei ohne großen Aufwand umzusetzen. Andere brauchen Zeit und finanzielle Ressourcen. Immer geht es mehr um kleine Schritte als große Projekte. Auf dem Weg zu einer demenzsensiblen Kirchengemeinde sind erstaunliche Erfahrungen nicht ausgeschlossen. Einige Gemeinden berichten davon, wie die vermeintliche Behinderung auch zur Begabung wird, von der alle profitieren. Und gerade die kleinen und großen Verunsicherungen und Irritationen, die in den Begegnung mit Menschen mit einer Demenz möglich sind, eine heilsame Ressource
Barrierefreie Gottesdienstteilnahme ermöglichen
für Veränderungen sein können; z. B. in einer praxisnahen,
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Familien anspricht. Oder einer mehr körperbezogenen Spiritualität, in der ein Salbungsgottesdienst am Sonntagmorgen neue Erfahrungsräume bietet. Der laut geäußerte Ausspruch „Mir ist langweilig“ in einer Predigtsituation ermöglichte nicht nur Gelächter und Lebendigkeit im Gottesdienst, sondern war auch Anstoß für ehrliche Rückmeldungen über die Gestaltung. Nicht zuletzt geht es uns darum, dass wir einen neuen Blick dafür gewinnen, wie
In diesem Verständnis sind Menschen mit einer Demenz nicht „notwendige Aufgabe“ einer Kirchengemeinde – und schon gar nicht die neue Problemzielgruppe, um die wir uns aus demografischen Gründen nun auch noch kümmern müssen. Sie sind Kirche. Nicht wegen, nicht
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normal es ist, verschieden zu sein.
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trotz, sondern mit ihrer Demenz. Es kann sich lohnen, gerade dort auf ihren Reichtum an Bedürfnissen, Bedingungen und Begabungen nicht länger zu verzichten. n
Antje Koehler, Dipl. Religionspädagogin und Dipl.
Top-aktuell, Streitschrift gegen Resignation und für eine Gesellschaft mit christlichen Werten. Greift der Islam nach Deutschland? Was ist uns heilig? Was lehrt unsere Geschichte? Wie können wir uns »wehren«? Gehört das Christentum noch zu Deutschland?
Heilpädagogin. Sie ist die Initiatorin „dabei und mittendrin“ – Gaben und Aufgaben demenzsensibler Kirchengemeinden. E-Mail: koehler@demenz-sensibel.de
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und Koordinatorin des Kölner Projekts im
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TITELTHEMA
2/2016 CHRISCARE
33
Medizinische Aspekte Demenz ist nicht gleich Demenz „In mir passt nichts zusammen“ (Frau L., demenzkrank)1.
Da der Anteil älterer und
tierung in Raum und Zeit, fehlende
hochbetagter Menschen in
Motivation zur Versorgung des
Deutschland in den kommen-
Haushalts, Vernachlässigung der
den Jahren und Jahrzehnten
Körperpflege, Reizbarkeit, gestörtes
deutlich zunehmen wird, ist
soziales Verhalten, Gangunsicher-
auch mit einer ausgeprägten
heiten, zunehmende Immobilität
Die Demenzkrankheiten stören alle
Zunahme von Demenzerkrankungen
höheren Funktionen des Gehirns und
zu rechnen. Schätzungen sprechen
verändern die Betroffenen in ihrer
von 2,6 Millionen Demenzerkrankten
Für die Schweregrad-Einteilung
Persönlichkeit. Das Wahrnehmen,
im Jahr 2050.2
einer Demenz gibt es unterschiedli-
Erkennen, Nachdenken, Entscheiden
und Pflegebedürftigkeit.4
che Klassifikationen. Eine einfache
beeinträchtigt. Immer weniger kann
Symptome und Verlauf der Demenz
sich der Kranke seiner Umgebung
Die 5 wichtigsten Merkmale der
anpassen und seinen Alltag bewäl-
Demenz sind:
Leicht
tigen. Verzweiflung und Ängste kön-
1. Verlust intellektueller Fähigkeit in
Obwohl Arbeit und soziale Aktivitä-
nen zu psychomotorischer Unruhe,
einem Ausmaß, dass die sozialen und
ten deutlich beeinträchtigt sind, ist
aggressivem Verhalten und ständi-
beruflichen Leistungen kaum mehr
die Fähigkeit, unabhängig zu leben
ger Suche nach etwas „Vertrautem“
bewältigt werden können, seit min-
mit entsprechend persönlicher Hygi-
oder „Erkennbarem“ führen. Bei
destens sechs Monaten bestehend.
ene und intaktem Urteilsvermögen
stützender Umgebung und liebevoll-
2. Objektiv nachweisbares Nach-
erhalten.
kompetenter Begleitung ist jedoch
lassen des Gedächtnisses, das die
ein Leben mit Demenz auch in
Bewältigung von Alltagsaktivitäten
Mittel
subjektiv guter Lebensqualität über
beeinträchtigt.
Eine selbständige Lebensführung
lange Zeit möglich.
3. Zusätzlich Störungen in mindes-
ist mit Schwierigkeiten möglich und
tens einem der folgenden Bereiche:
ein gewisses Ausmaß an Aufsicht ist
Der Krankheits-Begriff leitet sich ab
abstraktes Denken, Urteilsvermögen,
erforderlich.
vom lateinischen Wort „de-mens“,
andere höhere kortikale Funktionen
(„ohne Verstand“, „ohne Geist“,
(z.B. Aphasie, Apraxie, Agnosie),
Schwer
„geistiger Zerfall“), was in Bezug auf
Persönlichkeit.
Die Aktivitäten des täglichen
Rückschlüsse über den erkrankten
4. Fehlen einer rasch einsetzenden
Lebens sind derart beeinträchtigt,
Menschen durchaus problematisch
Bewusstseinstrübung (Delir).
dass ständige Betreuung und Pflege
sein kann. Bevor eine eindeutige
5. Hinweise auf einen ursächlichen
benötigt wird, z.B. besteht die Unfä-
Diagnose gestellt ist, wird von einer
organischen Faktor, also nicht auf-
higkeit, minimale persönliche Hygi-
„kognitiven Störung“ oder „Hirnleis-
grund eines anderen primär psychi-
ene aufrecht zu erhalten; motorische
tungsminderung“ gesprochen.
schen Leidens3.
Fähigkeiten gehen verloren.4
Epidemiologie
Während im leichten bis mittelschwe-
In Deutschland sind 1,2 bis 1,3 Mil-
Typische Symptome einer beginnenden Demenz sind:
lionen Menschen demenzkrank, fast
Antriebsarmut, diffuse Ängste,
die subjektiven Beschwerden des
350 000 erkranken jährlich neu. Mit
Interessenlosigkeit, Konzentrati-
Erkrankten ausgeprägt sind, verrin-
zunehmendem Lebensalter steigt die
onsstörungen, Überforderungsge-
gern sich diese mit zunehmendem
Demenzhäufigkeit deutlich an:
fühle, Depressivität, Apathie und
Schweregrad der Demenz. Die
rasche Erschöpfbarkeit. Im fortge-
objektive Hilfsbedürftigkeit nimmt
schrittenen Stadium der Demenz
im Verlauf deutlich zu, wenn gleich
finden sich als typische Symptome:
auch zeitweilig relativ stabile Pla-
Gedächtnisstörungen, Schwierig-
teauphasen erreicht werden können.
keiten im Erkennen und Verstehen,
Die Lebenserwartung beträgt nur
Sprachstörungen, gestörte Orien-
zwischen 30-70% der altersüblichen
und Handeln werden zunehmend
60-69-jährig 2-5% 70-79-jährig 5-12% 80-90-Jährig 12-21% über 90-jährig 30-50%
Einteilung der Schweregrade kann wie folgt vorgenommen werden:
ren Stadium der Demenzkrankheit
34
TITELTHEMA
Lebenserwartung, bei Eintritt in ein klinisch relevantes Krankheitsstadium liegt die Überlebensrate bei 4-5 Jahren.2
Weitere neuro-degenerative und sekundäre Demenzen: Neben der Alzheimer-Erkrankung sind weitere neuro-degenerative Erkrankun-
Einteilung der Demenzen:
gen (Morbus Pick oder Fronto-temporale Demenz, Lewy-Körperchen-Demenz,
Alzheimer-Demenz: 50 - 70% Vaskuläre Demenz: 15 - 25% Gemischt degenerativ-vaskuläre Demenz: mind. 15% Weitere neuro-degenerative und sekundäre Demenzen (Demenz bei anderen Erkrankungen): 10 - 15%
Morbus Parkinson) für dementielle Entwicklungen verantwortlich. Auch verschiedene andere Erkrankungen können dementielle Symptome hervorrufen. Beispielhaft seien genannt Schilddrüsenerkrankungen, Vitaminmangel, verschiedene Stoffwechselstörungen,
Bei vielen hochbetagten Demenzkranken liegen sowohl
Vergiftungen, chronischer Alkoholismus, Hirntumore, Hirn-
degenerative wie vaskuläre Hirnschädigungen vor mit
entzündungen, Normaldruckhydrozephalus. Viele der den
unterschiedlicher Akzentuierung. Angesichts des steigen-
sekundären Demenzen zugrundeliegenden Erkrankungen
den Lebensalters in der Bevölkerung sind Mischformen
lassen sich medizinisch behandeln, eine Verbesserung der
deutlich zunehmend.
Demenzsymptomatik ist deshalb in einigen Fällen, wenn gleich keineswegs immer möglich.
Alzheimer Demenz: Die Alzheimer-Demenz stellt die weitaus größte Gruppe
Diagnostik
der degenerativen Demenzen dar. Die Alzheimer-Krankheit
Zur Sicherung und Klärung der Demenzform sowie
ist durch einen progredienten Verlauf gekennzeichnet und
möglicher Therapiewege ist bei Verdacht auf ein demen-
weist krankheitsspezifische und in ihrer Ausprägung dem
tielles Syndrom in jedem Fall eine ausreichende Dia-
Schweregrad der Demenz korrespondierende Hirnschädi-
gnostik notwendig. Hierzu gehören neben Anamnese
gungen auf: Hirnatrophie (Substanzschwund), pathologische
und Ergänzung durch Fremdanamnese die körperliche
Proteinablagerungen (extrazelluläre Amyloid-Plaques und
Untersuchung einschließlich psychiatrischer und neuro-
intrazelluläre neuro-fibrilläre Aggregate), Verarmung von
logischer Beurteilung, Labordiagnostik, psychometrische
Neurotransmittern (Überträgerstoffe zwischen Nervenzellen).
Tests und apparative Untersuchungen. Als psychome-
Diese Veränderungen sind in bestimmten kortikalen und sub-
trische Testverfahren gibt es eine ganze Reihe standar-
kortikalen Arealen des Großhirns ausgeprägt, am stärksten
disierter Testungen zur Einschätzung der Hirnleistung
im Bereich von Stirn und Schläfen. Trotz zahlreicher Hypo-
(z.B. MiniMetalState-Test), Skalen zur Einschätzung des
thesen und intensiver Grundlagenforschungen ist bisher die
Hilfebedarfs bei Aktivitäten des täglichen Lebens (z.B.
Entstehung der Alzheimer-Demenz nicht ausreichend geklärt.
Barthel-Index) sowie zur Einschätzung der Befindlichkeit durch nahestehende Bezugspersonen. Als apparative
Vaskuläre Demenz:
Untersuchungen sind neben aus internistischer Sicht not-
Die vaskuläre Demenz oder Multiinfarkt-Demenz entsteht
wendigen Untersuchungsverfahren (z.B. EKG, Röntgen-
durch arteriosklerotisch oder thrombotisch bedingte
Thorax) eine Bildgebung des Gehirns mittels Compu-
Verschlüsse größerer oder kleinerer Hirngefäße. Charakte-
tertomographie oder Magnet-Resonanz-Tomographie
ristisch hierfür sind stufenweise abrupte Verschlechterun-
grundsätzlich empfohlen, um ursächlich behandelbare
gen des Gesundheitszustandes mit schlaganfallähnlichen
Erkrankungen möglichst frühzeitig erkennen zu können.5
Symptomen wie Lähmungen oder Sprachstörungen. Für
Als wichtige Differenzialdiagnose der Demenz muss
die Ausprägung der vaskulären Demenz sind nicht nur die
eine Depression abgegrenzt werden, die im Sinne einer
Infarktgröße maßgebend, sondern auch die Infarktlokali-
„Pseudo-Demenz“ verkannt werden kann. Trotz neurolo-
sation. Vielfach finden sich auch diffuse Durchblutungsstö-
gisch-psychiatrischer Begutachtung und Einsatz psycho-
rungen unterhalb der Hirnrinde (Subkortikale arterioskle-
metrischer Testverfahren kann manchmal die Abgrenzung
rotische Enzephalopathie, SAE) als Ursache einer Demenz,
schwer sein, so dass ggf. erst ein ausreichend langer
die frühzeitig mit Urininkontinenz und im Verlauf parkin-
medikamentöser Therapieversuch mit Antidepressiva
sonähnlichen Gangstörungen einhergehen.
eine Zuordnung der Beschwerden ermöglicht.
2/2016 CHRISCARE
TITELTHEMA
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Ist Demenz-Vorsorge möglich? Ja! Als Stichworte seien genannt: Therapie
(verschiedene
• Angenehme soziale Aktivität suchen (Seniorengrup-
Die Demenztherapie sollte immer
Anticholinergika
pen, Ehrenamt, Vereinsleben, Kirchenchor, Familie…)
interdisziplinär unter Einbeziehung
und Memantine).
• Interesse an Leben und Bildung wach halten (Hob-
von Angehörigen, Pflegenden, The-
Trotz intensiver
bys, Kunst, Kultur, Volkshochschule, Tageszeitung…)
rapeuten, Seelsorgern und Ärzten
pharmakologischer
• Regelmäßige altersangepasste körperliche Bewe-
erfolgen. Hierbei sind als wichtige
Forschungen kann
gung (Tanzen, Wandern, Schwimmen…)
Aspekte zu nennen:
medikamentös
• Gesunde Ernährung mit viel Gemüse, Obst, unge-
jedoch nur bei
sättigten Fettsäuren in Fisch und Geflügel (mediterrane
1. Milieutherapie
6
einem Teil der
Ernährung)
• Bezugspersonen mit persönlicher
Patienten eine
• Zuverlässige Behandlung körperlicher und seelischer
und fachlicher Qualifikation, Teamar-
gewisse Verzöge-
Erkrankungen (Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Hyper-
beit und Supervision
rung der dementi-
cholesterinämie, Schilddrüsen-Funktionsstörungen, chro-
•
ellen Progression
nische Herz- und Lungenerkrankungen, Depression usw.)
• Raumgestaltung mit ausreichend
strukturierter Tagesablauf
erreicht werden.
• Zufriedene und sinngebende Lebenseinstellung
Bewegungsmöglichkeit, Helligkeit,
Der Einsatz eines
Orientierung hin zu einem „Lebens-
Antidementivums
zentrum“ als Begegnungsraum, nicht
sollte bei Alzhei-
zu hohe Raumtemperatur, Meidung
mer-Demenz, gemischter Demenz
6. Angehörigenbetreuung
chaotischer Geräusche (dagegen z.B.
und Parkinson-Demenz individuell
Demenzkranke werden weiterhin
Einsatz beruhigender Musik).
erfolgen und in 1/2-jährlichen Abstän-
zum überwiegenden Teil von ihren
den anhand von Nutzen und Verträg-
Angehörigen versorgt. Diese brau-
2. Psychosoziale Therapie
lichkeit überprüft werden. Bei guter
chen sowohl fachliche als auch mit-
• Einbeziehung der Angehörigen
Verträglichkeit wird eine Dauermedi-
menschliche Unterstützung, um den
als Partner
kation empfohlen.5
oft belastenden Alltagsanforderungen
• psychotherapeutische Konzepte
•
standhalten zu können. Insbesondere
wie z.B. Biographie-Arbeit, Valida-
quilizer und weitere Psychopharmaka
hinsichtlich notwendiger Entlastun-
tion, Realitätsorientierungstraining
werden nur bei Begleitphänomenen
gen durch ehrenamtliche Betreuungs-
• soweit wie möglich Einbeziehung
der Demenzerkrankung eingesetzt,
dienste, ambulante Pflegedienste,
des Demenzkranken in praktische
wie z.B. Unruhe, Wahn und Halluzi-
ambulante Gruppenangebote,
Tätigkeiten des Alltags, um noch vor-
nationen und depressive Verstim-
teilstationäre oder vollstationäre
handene Fähigkeiten zu erhalten oder
mungen. Hier stehen eine große Zahl
Betreuungen bedarf es individueller
zu fördern ohne jedoch zu überfordern.
unterschiedlicher Medikamente zur
Beratung. Hierfür steht eine Vielzahl
Neuroleptika, Antidepressiva, Tran-
Verfügung, vielfach können quälende
von kompetenten Beratungsstellen
3. Hirnleistungstraining
Begleitsymptome der Demenz deut-
zur Verfügung, z.B. von der Deutschen
Insbesondere in den frühen Stadien
lich gemindert werden. Bei Einsatz
Alzheimer-Gesellschaft.
der Demenz wird Hirnleistungstraining
der übrigen Therapiemöglichkeiten
eingesetzt (z.B. durch Ergotherapeu-
im Sinne einer möglichst optima-
ten, Neuropsychologen, auch durch
len Versorgung und Begleitung der
Pflegende und Angehörige möglich).
Demenzkranken ist jedoch der Einsatz von Psychopharmaka nicht oder nur in
4. Medikamentöse Therapie
geringem Maße notwendig.
• Antidementiva: Es gibt verschiesene Medikamente mit allgemein
5. Als weitere Hilfen sind bedeutsam:
anerkanntem Wirkungsnachweis bei
• ausgewogene Ernährung
unterschiedlichen pharmakologi-
• körperliche Bewegung und Bewe-
schen Ansatzpunkten im Bereich des
gungstherapie
Hirnstoffwechsels sowie zur Vermin-
• Ergotherapie
derung der Neurotransmitter–Defizite
• Musiktherapie.
dene als Antidementiva zugelas-
Quellen: Aus J. Wojnar, J. Bruder, Betreuung Demenzkranker, Prospekt „Pflegen und Wohnen“ 2 Dt. Alzheimer Gesellschaft 2010 und Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Gesellschaft und Demenz, 2012 3 Nach I. Füsgen, Demenz 1995; Definition nach DSM IV u. ICD-10, 2001 4 Hirnleistungsstörungen / Demenz, Merz Pharma u. ICD-10, 2001 1
5
S3-Leitlinie „Demenzen“ 2015 C. Wächtler, Demenzen, 2003
6
36
TITELTHEMA + KLEINANZEIGEN + TERMINE
Termine Tagungen, Seminare & Konferenzen
7. Seelsorge und gemeindlich-kirchliche Angebote Gerade angesichts prägender kirchlicher Erfahrungen in der Kindheit und Jugend vieler heute an Demenz erkrankter Menschen ist die seelsorgerliche und geistlich-spirituelle Begleitung Demenzkranker bedeutsam. Erfreulicherweise entstehen in zunehmend mehr Kirchengemeinden Angebote für Demenzkranke und deren Angehörige, wie z.B. spezielle Gottesdienste. Christen sind sowohl in professioneller Tätigkeit wie auch in gemeindlichem Engagement herausgefordert, Angebote der Begleitung Demenzkranker im christlich-ganzheitlichen Sinne zu fördern. n
21.5. – 25.6.: Zürich, Grundkurs zur Sterbebegleitung, „Einander Nahe sein in einer schweren Zeit“, www.paulusakademie.ch 12.6.: Reinbek, Ökumenischer Patientengottesdienst, www.cig-online.de 17. – 18.6.: Hamburg, 3. Fachtag „Wie kommt Spiritualität in das Gesundheits- und Sozialwesen?” Tagung des Netzwerkes Existentielle Kommunikation und Spiritualität e.V., schmidt@netzwerk-eks.de 19. – 20.6.: Berlin, 2. Fachtag des Netzwerkes Existentielle Kommunikation und Spiritualität „… mit spiritueller Kompetenz”, www.netzwerk-eks.de
Dr. med. Georg Schiffner, Facharzt für Innere Medizin, Geriatrie und Palliativmedizin, Chefarzt Geriatriezentrum und Palliativbereich, Wilhelmsburger Krankenhaus Groß Sand, Hamburg
21. – 22.6.: Berlin, CKiD-Jahrestagung 2016 ‚Für die Ewigkeit?‘ – Christliche Krankenhäuser zwischen Transformation und Beharrlichkeit, www.christliche-krankenhaeuser.de 24. – 26.6.: Heilbad Heiligenstadt, Jahrestagung Christen im Gesundheitswesen, www.cig-online.de 30.6.: Vallendar, Wie tot ist ein Hirntoter? Die Organspende in der Krise, www.pthv.de 30.6. – 3.7.: Marburg, Das religiöse Erleben psychisch Kranker, www.marburger-institut.de 2.7.: Dudenhof, Vis-a-vis Seminartag „Konflikte”, www.visavis-gemeindediakonie.de
Kleinanzeigen ChrisCare
4.7.: Berlin, Bewegen und bewegt werden, für Führungskräfte, www.fa-kd.de
[ Kleinanzeigen ]
20.8.: Chemnitz, Mit Gott am Arbeitsplatz, www.cig-online.de 15.9.: Zürich, Pulse Days. Globuli – Kräuter – Tabletten, www.cdkschweiz.ch
Israel-Studienreise Workshop Klimaheiltherapie am Toten Meer, 4. September – 12. September 2016, 32 Punkte für Fortbildungsdiplom, Info: Dr. Siegfried Hummel, KKH Schleiz,
16. – 18.9.: Kloster Nütschau, Wochenende für Kranke und Angehörige, www.cig-online.de 16. – 18.9.: Neudietendorf, Sterbebegleitung bei Menschen mit dementieller Erkrankung, info@gemeindekolleg.de
Telefon: 0 36 63 – 467 737 10, E-Mail: s.hummel@hospital-schleiz.de n
23.9.: Hamburg, Ökumenischer Patientengottesdienst, www.cig-online.de
NACHFOLGER/IN für MASSAGEPRAXIS GESUCHT
26. – 27.9.: Frankfurt a.M., Ethik in der Caritas, Info: barbara.hummel@caritas.de
Altersgründe/KG-Praxis und Wohnen möglich/Nähe
27.9.: Moritzburg, Glauben mit IQ 34 oder Wie rede ich mit Menschen mit geistiger Behinderung von Gott, info@diakademie.de
Mainz. massagepraxis-bodo-homburg.de n Kleinanzeige ab 3 Zeilen möglich. Für Anbieter 19 € / Zeile; für Suchende 9,50 € / Zeile. Chiffregebühr: 5 €. Alle Mediadaten unter: www.chriscare.info
8. – 14.10.: Berlin, Zeit für mich! Fasten nach Buchinger/Lützner, www.diakonieverein.de 5. – 8.2.17: Hannover, Wesentlich werden – eine diakonische Pilgerreise zum Wandel der Lebensphasen, www.stephansstift.de (Anmeldeschluss 15.7.16)
2/2016 CHRISCARE
Für Sie gelesen
37
Spiritual Care statt Seelsorge? Das Buch soll provokativ sein und ist es auch. Die Autorin ist katholische Professorin für Pastoraltheologie und Diakonische Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar. Sie stellt gut gegliedert, mit viel Sachverstand und sorgfältig recherchiert Entwicklung, Inhalte und Ziele der seelsorgerischen Spiritual Care Bewegung dar und vergleicht sie mit der herkömmlichen Klinikseelsorge. Großen Raum nimmt die kritische Auseinandersetzung mit Spiritual Care ein. Hier zeigt sich, warum das Buch den Untertitel „Plädo-
„Den Glauben erinnern“
yer wider eine Selbstabschaffung der Seelsorge!“ trägt. Nauer befürchtet sie und fährt, um ihr zu wehren, schwere Geschütze auf. Dabei zitiert sie, in dem Fall leider ohne
Menschen. Ein Bilderquiz in der Memory-Tradition speziell
kritische Auseinandersetzung, AutorInnen, deren Argu-
für alte und demenzkranke Menschen? Das hat es bislang so
mente allzu kritisch und pessimistisch erscheinen. Nauer
noch nicht gegeben. Dieses religiöse Memo-Spiel mit dem
ist aber bemüht, nicht den Eindruck zu erwecken, dass
Namen „Den Glauben erinnern“ ist jetzt neu erschienen. Ein
Spiritual Care generell problematisch sei. Im Gegenteil:
Gedächtnistrainings-Spiel, das zum Ausprobieren, Erzählen
„Spiritual Care ist dann, wenn es sich aus medizinischen
oder Rätseln einlädt. Und eines, das die religiösen Kindheits-
Engführungen befreit, ein über den Palliativkontext weit
erinnerungen wach ruft und gleichzeitig dazu betragen kann,
hinausreichendes, äußerst begrüßenswertes Konzept“.
mit demenzkranken Menschen ins Gespräch zu kommen
Unter „medizinischer Engführung“ versteht sie insbeson-
– auch und gerade über ihren Glauben. Auf 40 religiösen
dere die Gefahr der Instrumentalisierung der Spiritualität
Bildkarten werden alltägliche religiöse Orte und Situationen
als Mittel zum Zweck der Heilung, verbunden mit
dargestellt. Zu sehen sind etwa eine Taufsituation, Weih-
Heilungserwartungen, die nicht erfüllen, was sie
nachts- und Karfreitagsmotive, ein Adventskranz, ein frühes
versprechen. Aber fast mehr noch scheint sie
Kommunionbild, eine Fronleichnamsprozession oder ein
sich darum zu sorgen, dass Spiritual Care der
Erntedankkorb. Der spielerisch-biografische Zugang – die
herkömmlichen professionellen Klinikseel-
extra großen Bilder zeigen aus frühester Kindheit bekannte
sorge den Rang abläuft. „Derzeit scheint ein
Situationen – kann dazu beitragen, Menschen mit demenziel-
interprofessioneller Wettbewerb, ein regel-
len Erkrankungen kognitiv und emotional zu aktivieren. Die
rechter Kampf zwischen den Konfessionen
Erprobung des Spiels in der Praxis hat gezeigt, dass die Bil-
und Religionsgruppen, den Haupt- und Ehren-
der als Impuls dienten, in eigenen Erinnerungen zu schwel-
amtlichen ausgebrochen zu sein“, zitiert sie die
gen. Ein Begleitheft gibt zahlreiche Hinweise zu Einsatz-
kritischen Autoren Heller & Heller: „Wer hat den
möglichkeiten sowie Hintergrundinformationen zu Bildern
besten Zugang zu den PatientInnen? Wer ist zuständig
und ihrem möglichen Lebenskontext der älteren Menschen.
für Spiritual Care?“ Nauer will konstruktiv damit umgehen.
Bruno Schrage, Referent für Caritaspastoral beim Diözesan-
Die SeelsorgerInnen sollten keine „Ängste oder Abwehr-
Caritasverband für das Erzbistum Köln und Judith Bielz,
reaktionen gegenüber anderen Spiritual Care Anbietern
Leiterin des Sozialen Dienstes des Caritas-Seniorenzentrums
[...] entwickeln. Ihr Engagement für Spirituelle Begleitung
„Anna-Haus“, Hürth haben das Spiel „Den Glauben erinnern“
ist prinzipiell zu begrüßen! Zugleich gilt es aber auch, das
in enger Zusammenarbeit mit Pflegefachkräften entwickelt.
eigene Produkt zu schützen!“
Literatur
Ein religiöses Memo Spiel nicht nur für an Demenz erkrankte
Hans-Arved Willberg Wettbewerb? Kampf zwischen konkurrierenden Anbietern Den Glauben erinnern – Memo für die Seniorenarbeit, Bruno
auf dem Gesundheitsmarkt? Schutz des eigenen Produkts?
Schrage / Judith Bielz, Verlag Butzon & Bercker, 80 Karten mit
Auf diesem Terrain, meine ich, haben weder Spiritual Care
didaktischem Begleitheft, Kevelaar, 2013, € (D) 29,95 €.
noch herkömmliche Seelsorge etwas zu suchen. Spiritual
38 Care zeichnet aus, dass nun endlich auch einmal „Laien“
Beispielhaft
in ihrer seelsorgerischen Kompetenz ernstgenommen und ohne künstliche Einschränkungen zum Zug kommen,
Die aktuelle Suche von Menschen
um Patienten noch besser als bisher mit dem dienen zu
nach Spiritualität, der diskutierte,
können, was sie wirklich brauchen. Wenn die klerikale
vermutete Zusammenhang zwi-
Engführung der großkirchlichen Seelsorge durch die
schen Spiritualität, erfahrener
neue Bewegung provoziert und vielleicht auch ein wenig
Lebensqualität und aktiver Krank-
in die Bredouille kommen mag, wird ihr das kaum zum
heitsbewältigung in Medizin, der
Schaden gereichen. Vorausgesetzt, sie lässt sich dazu
Pflegewissenschaft sowie der
herausfordern, weitere mutige Schritte hin zu einem
Gesundheitspsychologie gab den Anlass, sich mit dem
„Priestertum aller Gläubigen“ zu tun, das irgendwann
Thema von Spiritualität und deren Stellenwert in der
nicht mehr zwischen Klerikern und Laien unterscheidet,
Pflege als Qualifikationsarbeit (Promotion) auseinanderzu-
sondern nur noch zwischen Kompetenzen.
setzen. Das Buch gliedert sich nach Vorwort und Einleitung in vier Kapitel und schließt mit den zusammenfassenden
„Spiritual Care statt Seelsorge?“ ist ein gutes, professi-
Schlusspostulaten. Ein ausführliches Literaturverzeich-
onelles Buch, aus dem man einiges lernen kann. Nauer
nis schließt die Arbeit ab. Die Einleitung, jedes Kapitel,
übernimmt zur rechten Zeit fachkompetente Verant-
Unterkapitel münden in einer sehr prägnanten und ver-
wortung in einem immer noch jungen risikobeladenen
ständlichen Zusammenfassung, die dem Leser helfen, die
Erneuerungsprozess mit ungewissem Ausgang. Sie
Ergebnisse in konzentrierter Form aufzunehmen. Fußnoten
schmiedet am heißen Eisen „Spiritual Care“ und will
und Verweise sind am jeweiligen unteren Blattende. Diese
ein Rufzeichen setzen mit ihrem Buch. Sie schmiedet ein
Formalie ist äußerst hilfreich für den geneigten Leser,
bisschen zu kräftig, die Hammerschläge sind zu laut, die
welcher diese gleich mitlesen und sich dadurch mit der
Rufzeichen kommen zu häufig vor im Text, das Pathos
Literatur auseinander setzen kann. Die Definitionen und
ist manchmal ein bisschen stark und gewisse polemi-
Annäherungen an zentrale Begrifflichkeiten sind an den
sche Akzente müssten nicht sein. Aber sie hält damit die
entsprechenden Textstellen gegeben, sodass umgehende
Diskussion lebendig und das ist zweifellos dankenswert.
Orientierung möglich wird. Mit seiner konsequenten
Hans-Arved Willberg
Bildungssprache ist das Buch sehr gut lesbar. Ein durchgehender roter Faden mit Konzentration auf Kernpunkte
Doris Nauer, Spiritual Care statt Seelsorge? W. Kohl-
und klare, logische und eindeutige Argumentationsket-
hammer, Stuttgart, 2015, 240 Seiten, ISBN 978-3-17-
ten treten nachdrücklich hervor. Die Schlussapostolate
028905-5, 240 S., 24,99 €, 36.90 SFr.
(Verwertungszusammenhang) für Pflegewissenschaft, Pflege und Theologie, Krankenhausseelsorge sind logisch und perspektivisch auf der vorgängigen Argumentationsstruktur aufgebaut und hoch praxisrelevant. Gut lesbare
Literatur
Abbildungen und Tabellen für eine klare und konzentrierte Übersicht sind passend gegeben. Das Buch ist neben der Printversion auch in den E-Book-Formaten pdf, epub und
Tipp:
mobil erhältlich. Die Einleitung setzt sich mit Standortbestimmung, Erkenntnisinteresse, Zielsetzung, Methodologie, Verortung des Themas, aktueller Forschungsstand und terminologischer Klärung auseinander. Zum Beispiel wird eine Wortfeldanalyse zu Spiritualität aus dem westsemitischen Raum und dem Alten Testament vorgelegt. Es findet für die Pflege und Theologie eine Klärung wesentlicher Begriffe statt, die eine sichere Grundlage
Zum Thema:
für weitere Arbeiten im Gegenstandsbereich sein wird. In
CiG-Denkanstöße Nr. 6,
Kapitel I geht es u.a. um den Topos Ganzheitlichkeit in der
Reise in ein fremdes Land –
Pflege, welcher konstruktiv und kritisch analysiert wird.
als Christen Demenzkranke
Insbesondere die Aussagen aus der aktuellen Pflegewis-
begleiten, Pflege und Seel-
senschaft werden prägnant herausgearbeitet, analysiert
sorge – zwei Seiten einer
und bewertet. Das Kapitel II nimmt das anthropologische
Medaille, Bestellung:
Fundament professionell-ganzheitlicher Pflege in den
www.cig-online.de
Blick. Hier wird der Schnittstellenbereich von Pflege und Theologie grundlagentheoretisch angegangen. Es wird deutlich, dass anthropologische Reflexionen derzeit
IM GESPRÄCH innerhalb der Pflegelehrbücher ausgeklammert bleiben, obwohl der ‚Mensch’ die Grundkategorie pflegerischer Sorge repräsentiert. Hier stellt Knoll die jüdisch-christliche Anthropologie als Kategorisierungshilfe für die Pflege zur Diskussion und zeigt deren Potenziale für eine ganzheit-
2/2016 CHRISCARE
39
Leserforum
lich-professionelle Pflege schlüssig auf. Eine besondere Auseinandersetzung mit dem Seelenbegriff und seiner
Impulse & Feedback: Schreiben Sie uns!
Bedeutung in Theologie und Pflegewissenschaft wird sehr gut verständlich und anschlussfähig herausgearbeitet und bewertet. Dies lag bis dato in einer solchen Form insbesondere für die Pflegewissenschaft nicht vor. Kapitel II ist eine große Ressource für die weitere Auseinandersetzung, insbesondere für die grundlagentheoretische Forschung
Zu ChrisCare 4/2015
in der Pflegewissenschaft. Im Kapitel III kommt es zur evi-
„Mit Schmerz leben“ lautete das Thema der Novem-
denzbasierten Analyse von Spiritualität als ein empirisch
ber-Ausgabe von ChrisCare. Erneut haben wir diese
verifizierbares Bedürfnis von Menschen in unserer Zeit.
Ausgabe mit großem Interesse gelesen, die uns jüngst
Daraufhin beschäftigt das Kapitel IV sich mit dem Thema
anlässlich einer Fortbildung mit Dr. Georg Schiffner
Spiritualität in der deutschen Pflegebildung im Vergleich
in unserem Hause überreicht wurde. Für uns in der
der einzelnen Bundesländer. Die akribische Analyse der
Telefonseelsorge sind diese Artikel immer wie eine
Rahmenlehrpläne zeigt das Desiderat des Topos Spiritua-
komprimierte Fortbildung zu stets wesentlichen The-
lität in der Pflegebildung eindeutig auf und fordert auf-
men. Aktuell: sehr inspirierend und Mut machend, was
grund der dargelegten Pflegerelevanz eine Aufnahme als
Pastor Rust über seine Schmerzerfahrungen schreibt.
Bildungsinhalt in das Krankenpflegegesetz (KrPflG) sowie
Informativ und horizonterweiternd, wie Dr. Hefti den
die staatlich verantworteten Rahmenlehrpläne. Die praxis-
ganzheitlichen Behandlungsansatz in der modernen
nahen und auch aktuellen Postulate als herausfordernde
Schmerztherapie dargestellt und aufzeigt, welche
Zusammenfassung helfen, die grundlagentheoretisch fun-
Bedeutung die religiöse Einstellung für die Schmerz-
dierten Aussagen für das gelebte Leben in Pflegewissen-
bewältigung haben kann. Für uns als christliche
schaft, Pflege und Theologie, Seelsorge erfahrbar werden
Seelsorger sehr wichtig... Klasse auch der rote Kasten
zu lassen. Diese Qualifikationsarbeit von Franziskus Knoll
im Artikel von Bettina Gundlach mit den hilfreichen
hat mich dazu angespornt, eigene Standpunkte in Bezug
Fragen zur Selbstreflexion. Das sind wunderbare Tools
zur Spiritualität und Pflege erneut zu hinterfragen und
für uns am Telefon. Was wir überaus schätzen, ist die
mein eigenes Verständnis zu vertiefen, zu erweitern und zu
kompetente und gut verständliche Darstellungsform,
revidieren. Die Lektüre ist sehr einträglich, für alle Profes-
die uns als ‚medizinische Laien’ nicht abhängt, son-
sionen im Gesundheitswesen über den Kontext Deutsches
dern dienend mitnimmt. Fazit: mehr davon! n
Krankenhaus hinaus. Für Lehrende, Studierende, Leitende und Forscher in Pflege und Theologie unabhängig von
Pastor Christian Häring, Leiter TV-Zuschauerservice Joyce
konfessioneller Zugehörigkeit oder weltanschaulicher Bin-
Meyer Ministries (Hamburg)
dung ist dieses Buch eine wertvolle Hilfe für den Zugang zu spirituellen Fragen des Menschen im Kranksein. Die Eröffnung neuer, ungewohnter oder erneut in Erinnerung gerufener Gegenstandsbereiche und Perspektiven bringt Fortschritt in der Wissenschaft. Dazu müssen disziplinäre Grenzen überwunden werden und durch einen explizit transdisziplinären Blick mögliche hilfreiche Hilfe für die einzelnen Disziplinen sowie dem Sujet Kranke in ihrer Situation erschlossen werden. Für ein solches Vorgehen ist die vorliegende Arbeit beispielhaft. Ich wünsche ihr deshalb ein gute Resonanz in Pflegewissenschaft, Theologie sowie der Bezugswissenschaften. Br. Prof. Dr. rer. cur. Peter
Schiffer, OSCam, Ludwigsburg Franziskus Knoll, Mensch bleiben! Zum Stellenwert der Spiritualität in der Pflege, 2015, Kohlhammer, Stuttgart, 336 Seiten, 38 Tabellen, ISBN 978-3-17-029626-8, € (D) 39,99, CHF (CH) 52.00
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40
IM GESPRÄCH
Zu ChrisCare allgemein und 1/2016
Zu ChrisCare 1/2016
„Oh, wieder eine ChrisCare!“, denke ich halb erfreut
Das Thema Ehrenamt erfüllt mich immer wieder mit
und halb bedrückt beim Leeren des Briefkastens, aus
einer Mischung aus Freude und relativierbaren Schuld-
dem auch noch das Ärzteblatt und anderes purzeln und
gefühlen, so auch der so gelungene Beitrag aus dem
merke, wie mich die Flut an zu Lesendem erdrücken
Albertinenhaus. Ich denke, dass das Ehrenamt unver-
will. Es ist zu viel, was ich lesen muss, sollte, will...
zichtbar wichtig, kostbar und bereichernd ist. Auch
Will? Aha, Ehrenamt als Thema. Die kostbare Freizeit für
wenn es keine Arbeitsplätze überflüssig machen darf,
unentgeltliche Extraarbeit opfern? Nicht gerade etwas,
bedeutet es für die Hauptamtlichen in Zeiten zuneh-
das spontan positive Gefühle weckt. Diesmal blättere
mender Arbeitsverdichtung eine Riesenerleichterung
ich also ohne große Erwartungen kurz die Zeitschrift
und Ergänzung, dass gerade im Bereich der Zuwen-
auf und bleibe sofort hängen. „Trostlose Tröster“ (S. 4).
dung zum Menschen Ehrenamtliche ihren Platz haben
Oh ja, ich brauche auch Trost! Der Artikel fesselt mich.
und eine große Lücke füllen. Sehr bewundere ich in
Der angestaute innere Druck sucht ein Ventil, ich schütte
diesem Kontext meine Freundin Ruth, die neben Beruf
beim ewigen Tröster mein Herz aus und erfahre selber
und Familie es immer wieder schafft, explizit und impli-
Trost. Wie gut das tut. Meine Augen wandern weiter,
zit Ehrenämter auszufüllen. Neben der Tätigkeit als CiG
bleiben wieder hängen. Ich bekomme hilfreiche Tipps
Regionalgruppenleiterin, Elternsprecherin und Mitarbeit
für den Umgang mit schwierigen Patienten, danke, Jörg
in einem Stadtteilprojekt für benachteiligte Jugendliche,
Berger! („Stachelige Persönlichkeiten“, S. 20). So viele
der Flüchtlingsbetreuung inkl. Anwerbung und Samm-
ermutigende Alltags-Beispiele, auch aus Sicht ehren-
lung von Spendenmitteln und Werbung für Vormund-
amtlicher Mitarbeiter. Von David Kadel lerne ich, dass
schaften für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge,
wahres Ehrenamt ein Liebesdienst ist: sich aus Liebe
telefonischer Begleitung mehrerer psychisch instabiler
anderen demütig und gerne verschenken, Gott zur Ehre
Freunde hat sie selbst ein erwachsenes „Ziehkind“ mit
(„Schlafende Riesen“, S. 10). „Also das tun, was man
Suchtproblematik, wobei sie, dank ihrer schönen Gaben
richtig liebt, sozusagen als Hobby, und aus der Liebe
und Charismen (einschließlich einer besonderen Kraft!),
zu Gott und Menschen motiviert“, denke ich lächelnd.
immer wieder ein großer Segen sein darf.
Klingt schon ganz anders als meine anfänglichen Assoziationen zum Thema. Dankbarkeit macht sich in
Ich selbst bin dagegen, obwohl Single, mit Aufgaben
mir breit. Was für ein Geschenk, dass ich diesen Weg als
außerhalb meiner Berufstätigkeit zumeist überfordert,
Christin und Ärztin im Alltag nicht alleine gehen muss.
schaffe es kaum, mich meinen Patenkindern genügend
Dass ich durch andere Christen ermutigt werde, die ihre
zu widmen. Mein Haupt- und Ehrenamt besteht wohl
Erfahrungen über ChrisCare und neuerdings als neue
darin, an meinem Arbeitsplatz, einer psychosomati-
Regionalgruppe von CiG mit mir teilen. Beim Gedanken
schen Klinik in aktuell wieder sehr schwierigen Zeiten
an „meine“ CiG-Gruppe hier in Lübeck spüre ich plötz-
der Arbeitsverdichtung und Umstrukturierung eine
lich ein breites Lächeln auf meinem Gesicht. Ja, welch
wichtige Säule zu sein, wo ich mich auch als ein Segen
ein Geschenk, dass sich so viele freiwillig neben ihrem
erleben darf. Schuldgefühle entstehen dabei weniger
Beruf regelmäßig aufmachen, um einander zu unterstüt-
aus einer geistlichen Dimension als durch das berufli-
zen, um voneinander und von Christus zu lernen, wie
che und private Umfeld, wo Begrenzungen und indivi-
wir unsere Patienten mit dem großen Tröster bekannt
duelle Akzentuierungen oft nicht verstanden werden,
machen können, wie wir sie zu ihm hinlieben können...
auch was Karrierefragen angeht. Ich denke, dass es in
Viele Ideen teilen wir in dieser Gruppe und träumen
jedem Einzelfall darum geht, sich mit den je eigenen
schon davon, Patienten-Gottesdienste in unserer Stadt
Möglichkeiten und Grenzen vor Gott auseinanderzuset-
anzubieten. Ja, da wollen so viele von uns liebend gerne
zen. Das ist schwer, aber notwendig! Auch Jesus hat die
mitmachen! Dass unser Engagement hierbei durchweg
meisten der ihm angetragenen Ämter (einschl. bezüg-
ehrenamtlich ist, fällt mir jetzt erst durch das Leitthema
lich seiner Karriere) nicht übernommen. Im Übrigen
dieser ChrisCare auf. Ich muss unwillkürlich lachen und
halte ich das (Fürbitt-)Gebet für eines der wichtigsten
klappe glücklich die ChrisCare zu. n
Ehrenämter überhaupt, von dessen Kraft ich zutiefst überzeugt bin. n
Dr. Susanne Herbowski, Ärztin für Allgemeinmedizin, Lübeck
Silke Petersen, Ärztliche Psychotherapeutin, Berlin
Geschichte der Pflege
RUBRIK
2/2016 CHRISCARE
41
Ausgabe 2-2015 | ISSN 2193-8296 | Verlag hpsmedia GmbH | www.geschichte-der-pflege.info
Geschichte der Pflege Das Journal für historische Forschung der Pflege- und Gesundheitsberufe Irene Zauner-Leitner, Michael Bossle Lehrende und Lernende der Pflege- und Sozialberufe an einem historischen Ort des Leides: Möglichkeiten der Reflexion und Vertiefung
für Unterricht, Forschung und Geschichtsinteressierte
Norbert Friedrich Umgang mit Leid in der konfessionellen Pflege – das evangelische Beispiel Birgit Seemann Leid-Kontexte in der Deutsch-Jüdischen Krankenpflege des 19. und frühen 20. Jahrhunderts Boris Böhm Psychiatrisches Pflegepersonal in Sachsen vom Kaiserreich bis zum Ende der NS-Zeit Marion Schumann Den Wehen „mit System“ begegnen
Peer-Reviewed Erscheint 2x/Jahr inkl. Online-Archiv
Martina Hiemetzberger, Monika Loicht Vergangenes erfahren – für die Gegenwart und Zukunft lernen Magdalene Heuvelmann „Es sind auch von den katholischen Kranken nur wenige ohne die hl. Ölung gestorben.“ Who was who in nursing history Hubert Kolling Porträt: Heinrich Haeser
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Da steckt mehr drin: Zeitschrift. Archiv. Datenbanken read print. read online. read on demand Privat-read Online
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Geschichte der Pflege erscheint mit 2 Ausgaben pro Jahr als Printausgabe sowie als 1:1 Reproduktion im Adobe PDF-Format online. Die Bestellung des Abonnements gilt zunächst für die Dauer eines Jahres. Wird das Abonnement nicht vier Wochen vor Ablauf der vereinbarten Bezugszeit schriftlich gekündigt, verlängert es sich um den ursprünglich vereinbarten Zeitraum, höchstens jedoch um ein Jahr, und kann dann jeweils mit einer Frist von vier Wochen vor Beginn der neuen Laufzeit gekündigt werden. Abonnementsbestellungen sind beim Verlag, und seinen Geschäftsstellen oder Beauftragten möglich. Der Verlag ist berechtigt, Abonnementsbestellungen ohne Angabe von Gründen abzulehnen. Um den Auftrag erfüllen zu können, speichert der Verlag die Liefer- und Rechnungsanschriften in seiner Abonnentendatei. Komplette AGBs online.
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Impressum
Glosse
Herausgeber und Verlag: ChrisCare erscheint im Verlag Frank Fornaçon, Ahnatal, und wird von Christen im Gesundheitswesen e.V. herausgegeben. Chefredaktion: Frank Fornaçon (FF) (V.i.S.d.P.), Korrektorat Julia Eberwein. Die Beiträge wurden sorgfältig ausgewählt, dennoch übernimmt die Redaktion keine Haftung für die Inhalte. Verantwortlich ist der jeweilige Autor. Zur leichteren Lesbarkeit wird bei Begriffen, die männlich und weiblich gemeint sind, in der Regel eine gemeinsame Form verwendet, z.B. „Patienten“. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos übernimmt der Verlag keine Haftung. Copyright: Christen im Gesundheitswesen e.V., ChrisCare wird in CareLit ausgewertet: www.carelit.de Redaktionsanschrift: Verlag Frank Fornaçon, Am Gewende 34, 34292 Ahnatal, Deutschland, Tel.: (+49) (0) 56 09 806 26, Fornacon-Medien@web.de, www.verlagff.de Gestaltung: FRANK.COMMUNICATION., Werner-von-Siemens-Str. 25, 78224 Singen, Deutschland, www.frank-com.de Druck: Grafische Werkstatt von 1980 GmbH, Yorkstraße 48, 34123 Kassel, Deutschland Anzeigenverwaltung Deutschland und Österreich: Verantwortlich: Günther Gundlach, Christen im Gesundheitswesen e.V., Aumühle, Bergstraße 25, 21521 Aumühle, Tel.: (+49) (0) 4104 91 709 30, Fax: (+49) (0) 4104 91 709 39, info@cig-online.de, www.cig-online.de. Anzeigenverwaltung Schweiz: Verantwortlich: Niklaus Mosimann, SCM Bundes-Verlag (Schweiz), Rämismatte 11, Postfach 128, CH-3232 Ins, Tel.: (+41) (0) 43 288 80 15, werben@bvmedia.ch, www.bvmedia.ch. Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 1/2012. Trotz sorgfältiger Prüfung kann der Verlag keine Verantwortung für die veröffentlichten Anzeigen, Beilagen und Beihefter übernehmen. ChrisCare erscheint jeweils in der Mitte eines Quartals. Preise: Einzelheft € (D) 5,80, € (A) 6,00, SFr. (CH) 10.30. Jahresabonnement (4 Ausgaben) € (D) 19,20, € (A) 19,80, SFr. (CH) 31.30, jeweils zuzüglich Versandkosten. Anschriftenänderungen sind rechtzeitig vor Erscheinen des nächsten Heftes dem ChrisCare-Aboservice in Deutschland oder dem SCM Bundes-Verlag (Schweiz) in der Schweiz mitzuteilen. Die Post liefert Zeitschriften nicht automatisch an die neue Anschrift. Bestellungen aus Deutschland und Österreich: ChrisCare-Aboservice, Bergstraße 25, 21521 Aumühle, info@cig-online.de, Tel.: (+49) (0) 4104 917 09 30, Fax: (+49) (0) 4104 917 09 39, Vertrieb auch über die J.G.Oncken Versandbuchhandlung, Postfach 20 01 52, 34080 Kassel, Tel.: (+49) (0) 561 5 20 05-0, Zeitschriften@oncken.de Bestellungen aus der Schweiz: SCM Bundes-Verlag (Schweiz), Rämismatte 11, Postfach 128, CH-3232 Ins, abo@scm-bundes-verlag.ch, www.scm-bundes-verlag.ch, Tel.: (+41) (0) 43 288 80 10, Fax: (+41) (0) 43 288 80 11 Konto Deutschland: Christen im Gesundheitswesen, Evangelische Bank, IBAN: DE55520604100206416179, BIC: GENODEF1EK1 Konto Schweiz: Postkonto 85-622703-0, IBAN: CH90 0000 8562 2703 0, BIC: POFICHBEXXX ISSN 1869-9944 Heft 2/2016: Vergesslich, aber nicht vergessen Fotos: S.1 © kbwills / istockphoto.com; S.9 © BraunS / istockphoto.com; S.13 © Tom Fullum / istockphoto.com; S.20 © PeopleImages / istockphoto.com; S.22/23 © Ocskaymark / istockphoto.com; S.27 © Rainbowphoto / istockphoto.com, © PeopleImages / istockphoto.com, Krankenhaus Groß-Sand, © Eva Katalin Kondoros / istockphoto.com; S.42 © Ljupco / istockphoto.com; alle anderen Bilddaten: privat und FRANK.COMMUNICATION. Illustrationen: FRANK.COMMUNICATION. (www.frank-com.de) Texte: Rechte bleiben gewahrt Beilagen: keine Das Heft 3/2016 erscheint mit dem Thema „Zeit haben“ im August 2016.
DEMENT SIND IMMER DIE ANDEREN „…und sollte es mich mal betreffen, dann kriege ich das nicht mehr mit.“ Naja, so einfach ist es nicht, es gibt eine lange Übergangszeit, in der ich das Befremden meiner Umgebung ob meines veränderten Denkvermögens mitbekomme und zu verstehen suche. Vielleicht komme ich zu demselben Ergebnis wie der Falschfahrer, der im Radio hört, dass ein solcher unterwegs ist und sich sagt: „Einer? Da sind Hunderte!“ Und gewiss wird es interessant sein, ohne Wechsel des Umfelds ständig neue Leute kennenzulernen… Bis es soweit ist, kann ich meinerseits die Umgebung auf Anzeichen von Demenz untersuchen. Und da werde ich oft fündig! Nicht bei den Pflegebedürftigen, nein, sondern bei solchen, von denen es niemand meint. Was bedeutet denn das Wort Demenz? Als lateinisches Adjektiv „demens“ heißt es „unvernünftig“, leitet man es von „mens“ = „Verstand“ ab, bedeutet es mit „de“: „abnehmender Verstand“. Paulus spricht in Eph. 4,18 vom „verfinsterten Verstand“. Ich nenne das mal „geistliche Demenz“. Die findet sich bei allen, die nicht anerkennen, dass die Welt Gottes Schöpfung ist. Dabei ist das unwiderleglich, denn „Gottes ewige Kraft wird seit der Schöpfung der Welt ersehen aus seinen Werken, wenn man sie wahrnimmt…“ (Röm. 1,20). Wie kann man Wahrnehmungsstörungen über den Verursacher haben, wo sich doch immer neue Wunder
Rechtliches
im Mikro- und Makrokosmos auftun? Kürzlich haben Forscher die von Einstein postulierten Gravitationswellen nachgewiesen. Gott lächelt darüber, er kannte sie längst, denn er ist Schöpfer des Universums. Und seine Geschöpfe? „Sie hielten sich für besonders klug und waren die größten Narren…“ (Röm. 1,22). Also geistlich dement. Es gibt eine Prophylaxe, nämlich: dankbar anerkennen, was man von Gott erkennen kann! Danken ist eine den Verstand erhellende geistliche Bewegungsübung. Zurück zur „medizinischen Demenz“: Auch ihr werde ich vorbeugen, nämlich durch körperliche und geistige Bewegungen, speziell durch Tanzen und Schachspielen. Womit fange ich bloß an? Am besten gründe ich gleich einen Schachtanzclub! Übrigens: Glossen ausdenken soll auch helfen. Wer möchte mal? n Dr. med. Günther Riedl, Uelzen
2/2016 CHRISCARE 43 ChrisCare Abos!
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ChrisCare
n tswese undhei im Ges hristen 2/2015 n für C Magazi
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ISSN 1869-9944 re.info //
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des lichen Berufen in den unterschied trägt dazu bei, ihre Berufung che Die Zeitschrift ermutigt Christen, und zu entfalten. ege und andere therapeutis „ChrisCare entdecken die Pfl n. swesens zu für die Medizin, einzubringe Gesundheit Diskussion des Glaubens in die fachliche en.“ die Bedeutung Konfession erkennen und Angebote zu sie Anregungen aus allen Dabei M a erwartet gazin für Christen im Gesundh
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381
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1/2010 Heilkraft des Glaubens
riffen Macht und Ohnmacht verg2/2010
Zum persönlichen Überreichen möchte ich ein Magazin
3/2010 Leid und Schmerz
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riffen Heilen in einer multikulturellen Gesellschaft verg4/2010 1/2011 Besser miteinander
riffen Krisen bewältigen verg2/2011 3/2011 Am Lebensende 4/2011 Kraftquellen erschließen 1/2012 Spiritualität im Alltag 2/2012 Berufung – Karriere und das liebe Geld 3/2012 Existentiell herausgefordert 4/2012 Heilige Momente 1/2013 Die Kraft innerer Bilder 2/2013 Nähe und Distanz 3/2013 Der Seele Gutes tun
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4/2013 An der Grenze
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1/2014 Beruf und Lebensformen
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2/2014 Leidenschaft im Dienst 3/2014 Der mündige Patient 4/2014 Aggression – was tun?
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1/2015 Humor & Lebensglück 2/2015 Armut und Gesundheit 3/2015 Kulturelle Vielfalt
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4/2015 Mit Schmerz leben 1/2016 freiwillig – engagiert – ehrenamtlich
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