ChrisCare
Magazin für Christen im Gesundheitswesen 4/2010
Heilen einer Heilen inineiner mul tikul turellenGesellschaft Gesellschaf t multikulturellen STATIONSALLTAG EUROPA
KULTURSENSIBLE PFLEGE
RÜCKSICHTNAHME
KINDERARZT
AFRIKANER HEILEN IN
AUFTRAG DER CHRISTEN
CHRISTLICHE HEILKUNDE
SPIRITUELLER NOTFALLKOFFER
MUSLIME BEIM
SPRACHLOSIGKEIT IN DER PFLEGE
FORSCHUNGSBERICHTE
November 2010 // € (D/A) 5,80 // SFr (CH) 10.30 // www.chriscare.info // ISSN 1869-9944 // ZKZ 18 381
Inhalt S. 4
Leserbriefe
S. 5
Herbert Falken: „Mein Gehirn ist meine Dornenkrone“
S. 6
Anknüpfung oder Widerspruch
S. 10
Heilung in Migrantengemeinden
S. 12
Heilung im multikulturellen Umfeld einer christlichen Kinder- und Jugendpraxis
S. 14
Kultursensible Pflege kommt allen zugute
S. 16
Weil du so wertgeschätzt bist in meinen Augen
S. 19
Auch für Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus
S. 20
Zurück in die Welt: Das Heilungszentrum Eirene im Gran Chaco Paraguays
S. 22
Beauftragt, zu heilen: Christliche Gesundheitsarbeit aus der Sicht der Ärztlichen Mission
S. 24
Kontrovers: Alternative Heilverfahren aus christlicher Sicht
S. 26
Christlicher Glaube, spirituelle Informationen und Kräfte in einer pluralen Welt
S. 28
Zum Umgang mit alternativen Heilmethoden
S. 30
Kulturelle & ethnische Faktoren beeinflussen den Zusammenhang zwischen Glaube & Gesundheit
S. 32
Christen im Gesundheitswesen (CiG)
S. 35
Nachrichten
S. 39
Hilfe in der Sterbebegleitung
S. 41
Impressum / Glosse / 3. Christlicher Gesundheitskongress
S. 44
Im Glanz einer anderen Welt
S. 46
Tagungen, Seminare & Konferenzen
Herausgeberkreis
Inhal t
Dr. theol. Astrid Giebel (Berlin), Pastorin und Krankenschwester, Referentin Diakonie Bundesverband; Pastor Frank Fornaçon (Ahnatal), Redaktion ChrisCare; Bettina Gundlach (Aumühle), Ärztin im Sozialpsychiatrischen Dienst, Vorstand Christen im Gesundheitswesen (CiG); Günther Gundlach (Aumühle), Geschäftsführer CiG; Sr. Anna Luisa Kotz (Stuttgart), Pflegedirektorin; Annette Meussling-Sentpali, Dipl.-Pflegewirtin, MScN,
Referentin Caritasverband (München), Fortbildung Caritas; Dr. med. Georg Schiffner (Aumühle), Internist, Vorsitzender CiG; Hans-Arved Willberg (Karlsruhe), Theologe und Pastoraltherapeut; Dr. med. Monika Windsor (Berlin), Anästhesistin, palliative care
Fachbeirat Dr. theol. Peter Bartmann (Berlin), Gesundheitsökonom, Diakonie Bundesverband; Reinhild Bohlmann (Hofgeismar), Bund freiberuflicher Hebammen Deutschlands BfHD e.V.; Prof. Dr. med. Andreas Broocks (Schwerin), Ärztl. Direktor Carl-Friedrich-Flemming-Klinik HELIOS-Kliniken; Ulrike Döring (Wiesbaden), Vorsitzende Arbeitsgemeinschaft christlicher Schwesternverbände und Pflegeorganisationen in Deutschland e.V.; Paul Donders (Niederlande), Leitung xpand international; Prof. Dr. theol. Ralf Dziewas (Bernau), Theologisches Seminar (Fachhochschule) Elstal; Heribert Elfgen (Aachen), Physiotherapeut, Dipl. Musiktherapeut; Clauda Elwert (Karlsruhe), Physiotherapeutin, Leiterin Zentrum für Gesundheit, Therapie, Heilung; Sr. Hildegard Faupel (Travenbrück), Theologin, Pädagogin; Dr. med. Martin Grabe (Oberursel), Chefarzt Psychosomatik Klinik Hohe Mark, Vorsitzender Akademie für Psychotherapie und Seelsorge e.V.; Dr. med. René Hefti, Chefarzt SGM Klinik Langenthal, Ltg. Forschungsinstitut Spiritualität & Gesundheit; Sr. M.Basina Kloos, Franziskanerin, Generaloberin (Waldbreitbach); Reinhard Köller (Hamburg), Arzt für Allgemeinmedizin, Naturheilverfahren; Pfarrer Ulrich Laepple (Berlin), Referent Arbeitsgemeinschaft Missionarische Dienste; Dipl.-Kfm. Cord Meyer (Reinbek), Hauptgeschäftsführer Albertinen-Diakoniewerk e.V.; Dr. med. Gabriele Müller (Frankfurt a. M.), Anästhesistin am Schmerz- und Palliativzentrum Rhein-Main; Rolf Nussbaumer (Herisau), Schule für christlich ganzheitliche Heilverfahren; Weihbischof Thomas Maria Renz (Rottenburg), Diözese Rottenburg-Stuttgart; Dr. theol. Heinrich-Christian Rust (Braunschweig), Pastor der Evangelisch Freikirchlichen Gemeinde Braunschweig, Friedenskirche; Dr. med. Claudia Schark (Tübingen), Internistin, Geriatrie, Oberärztin Reha-Klinik Böblingen; Oberin Andrea Trenner (Berlin), Oberin Johanniter Schwesternschaft; Dr. phil Michael Utsch (Berlin), Psychotherapeut, Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen
EDITORIAL
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Liebe Leserin, lieber Leser! Macht es einen Unterschied, ob einer glaubt oder nicht? Sicher macht es einen Unterschied, was jemand glaubt. In Medizin, Pflege und Therapie spielen die weltanschaulichen Hintergründe eine wesentliche Rolle. Das wird seit einigen Jahren immer deutlicher wahrgenommen, auch von Wissenschaftlern, die selbst keine besonders ausgeprägte Spiritualität pflegen. In ChrisCare gehen wir dieser Bedeutung nach. In dieser Ausgabe beschäftigt uns besonders die Situation in einer Gesellschaft, die in Mitteleuropa von einem Miteinander verschiedener kultureller und religiöser Erfahrungen geprägt ist. Was bedeutet es für einen Arzt, der seinen Beruf bewusst als Christ leben will, wenn ein großer Teil seiner Patienten gar keiner oder einer anderen Religion angehört? Wie reagieren Pflegende auf die verschiedenen spirituellen Prägungen der Pflegebedürftigen? Nicht nur die Patienten haben heute sehr individuelle religiöse Einstellungen. Auch die medizinischen Methoden bedienen sich der Erfahrungen aus verschiedenen Kulturräumen. Mancher erhofft sich von medizinischen Einsichten des Hinduismus oder Praktiken chinesischer Heilkunst neue Impulse. Besonders da, wo das auf einem naturwissenschaftlichen Weltbild aufgebaute medizinische Denken des Westens an seine Grenzen stößt, erhofft man sich Hilfe. Unter Christen wird kontrovers diskutiert, ob und wie man medizinische Methoden vom weltanschaulichen Hintergrund ihrer Entwicklung trennen kann oder auch muss. In ChrisCare möchten wir das Gespräch darüber fördern und veröffentlichen dazu einige profilierte Standpunkte, die zur Diskussion herausfordern sollen. ChrisCare hat inzwischen viele Freunde gewonnen. Wir freuen uns, dass die Zeitschrift in immer mehr Einrichtungen des Gesundheitswesens gelesen wird. Viele Krankenpflegeschulen sind unserer Einladung gefolgt und stellen ihren Schülerinnen und Schülern ChrisCare zur Verfügung. Wir möchten Mut machen, viele Leserbriefe zu schreiben, die auf Inhalte der Artikel eingehen sowie ergänzen und von eigenen Erfahrungen berichten. Unsere Zeitschrift ist Medienpartner des 3. Christlichen Gesundheitskongresses, der vom 21. – 24. März 2012 in Kassel stattfindet. Merken Sie sich den Termin schon jetzt vor. Der Kongress ist die ideale Ergänzung zu ChrisCare. Dort begegnen sich unsere Autoren und Leser und können so miteinander ins Gespräch kommen.
Günther Gundlach,
Dr. med. Monika
Geschäftsführer
Windsor, Anästhe-
Christen im Gesund-
sistin, arbeitet in
heitswesen
der Palliativmedizin
P.S.: Beachten Sie das besondere Angebot für neue Abonnenten: Wer bis Ende Januar 2011 ein Abo abschließt, erhält alle bisher erschienenen Ausgaben gratis dazu.
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Dienen LESERBRIEFE
Erfahrung Erfahrungen zur Rationierung
Zu Dr. Windsor in ChrisCare 2: Als Bestatterin höre ich im Gespräch oft, wie lange der Sterbeprozess gedauert hat, ob der Verstorbene sehr gelitten hat und wie gut oder wie schlecht die Begleitung durch Pflegeteam und Ärzte war. Mein Eindruck ist, dass das Wichtigste bei der Begleitung Sterbender zu Hause die Zeitinvestition der Ärzte ist. Zeit, die die Ärzte dem Sterbenden und den Angehörigen geben, die Situation zu verstehen, die Krankheit vielleicht sogar zu akzeptieren und das Beste aus der verbleibenden Zeit zu machen. (...) Die meisten Angehörigen haben es als eine ganz wertvolle Zeit erlebt, das Sterben begleiten zu dürfen und zu können. Es wird immer wieder betont, wie froh man sei, dass der Tod nicht in einem anonymen und „kalten“ Krankenhauszimmer eintreten musste. (…) Verstirbt ein Mensch zu Hause, bei guter Begleitung, scheint es viel leichter zu sein, dem Sterben Raum und Zeit zu geben. Hier gibt es keine mechanisierten Abläufe, der Arzt/die Ärztin geht individuell auf den letzten Weg des Patienten ein, weil es nicht darum geht, „so zu tun, als könne man den Tod aufhalten“. (…)
Aspekten. Für mich ist es keine christliche, fromme Unterhaltung, wie in einem vorherigen Leserbrief angesprochen wurde, sondern setzt sich ehrlich mit Themen auseinander, die das tatsächliche Leben in Krankenhaus oder Praxis widerspiegeln. Besonders dem Artikel „Dienend leiten“ sollten noch mehrere Fortsetzungen folgen. Durch solche Themen werden wir immer wieder ermutigt, den christlichen Auftrag mit Sensibilität, Mut und Vertrauen in unsere Arbeits- bzw. Lebenswelt mit einzubringen.
Gut finde ich auch, dass jede Ausgabe unter ein bestimmtes Thema gestellt ist. Es sind Themen, die allen begegnen, die im heutigen Gesundheitswesen tätig sind. Auch die Auswahl der Themen ist sehr ansprechend. (…) Erfahrungsberichte unterstreichen die anderen Artikel und geben eine zusätzliche Note, die ich sehr wichtig finde. Weiterhin sind viele Themen wie die christliche Kunstseite oder der Musikbericht sehr informativ und vielseitig. (…) Dr. med. Eve Hassemer, Scharbeutz
Zeit
An der Zeit
Theresa Drews, Berlin, Bestatterin
Themen Keine fromme Unterhaltung
Zu ChrisCare allgemein: Ich möchte Euch zu ChrisCare beglückwünschen. Ich finde, es ist eine sehr ansprechende Zeitschrift mit verschiedenen
Zu ChrisCare allgemein: Haben Sie herzlichen Dank für die Zusendung eines Probeexemplars Ihrer neuen Zeitschrift, die ich von Konzept und Layout sehr interessant und vor allem absolut „an der Zeit“ und zeitgemäß finde.
Dienendes Leiten
Zu „Dienend leiten“ in ChrisCare 2: In diesem Artikel beschreibt Dr. Grabe den Wandel, dem unsere Gesellschaft unterzogen ist. Wer Hierarchien im herkömmlichen Sinn aufrechterhalten will, stößt immer mehr an Grenzen, da die überkommenen Strukturen auch außerhalb christlicher Kreise von vielen in Frage gestellt werden. So setzt sich der Anspruch an leitende Mitarbeiter, den anderen eher zu dienen und nicht über sie zu herrschen, immer mehr durch. Hieß es früher noch „Dr. X hat (z.B.) Lüneburg ‚bekommen‘,“ ist heute die ärztliche Leitung einer Klinik nicht mehr die Übernahme eines Amtes, sondern einer Dienstaufgabe. Dies wird auch in der säkularen Welt so gesehen und stößt manchem sauer auf (Diskussion in der Tagung leitender urologischer Krankenhausärzte 2009). Für uns Christen ist dies jedoch eigentlich selbstverständlich. Auch Jesus hat nicht mit Machtallüren über uns Menschen geherrscht, sondern gehorsam gedient bis zum Tode am Kreuz. Das ist wunderbar und dieses Wissen gibt mir immer wieder Kraft, IHM auch in leitender Tätigkeit nachzueifern, was natürlich oft nur bruchstückhaft gelingt. Die Lektüre dieses Artikels hat mich bestärkt, ganz bewusst dienendes Leiten zu praktizieren. – Auch der Abschnitt, in dem es um die Beziehungspflege geht, hat mir für die Sicht- und Herangehensweise innerbetrieblicher Konflikte wertvolle Hilfestellung gegeben. – Danke dafür! Dr. med. Michael Baumann, Chefarzt
OKR Cornelia Coenen-Marx (EKD),
der urologischen Klinik, Sana Klini-
Hannover
kum Hameln-Pyrmont
KUNST
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Mein Gehirn ist meine Dornenkrone Herbert Falken Mitten im Dunkel des Blattes erscheint dagewesener Schnelligkeit erfolgen, ken zwischen Zeichnung, Tusche- und hell das Gesicht eines Mannes. Die lösen sich alle festen OrientierungsKreidebild. Bei seinen Seelsorgebesuuntere Partie sinkt schon wieder ins punkte ins Nichts auf. Das Gehirn wird chen im Krankenhaus ließ er das Leid, Dunkel zurück. Der Mund mit den nicht zum Marterinstrument, dessen der die Qual der Menschen, ihre physische, fest geschlossenen Lippen formuliert Mensch sich nicht entledigen kann. doch vor allem auch ihre geistigwohl eine Frage, kaum an irgendein geistliche Not an sich heran. Bei seiner Gegenüber, eher an sich selbst. Der In Gottfried Benns 1916 erschieneDauersuche nach einem zeitgemäßen ziellose Blick geht mehr nach innen ner Novelle „Gehirne“ stellt der von Christusbild kam er zu seiner Verwunals nach außen. Die größte Helligkeit einer tiefen Krise ergriffene Pathoderung immer wieder beim Menschenzeigen Stirn und Schädel dieses Menloge Rönne die Frage: „Was ist mit bild an. Falkens damaliger Bischof Klaus schen. Das schmale, bärtige Antlitz enthält Reminiszenzen an das Mandylion. Auf diesem Tuch waren nach der AbgarLegende die Züge Christi eingeprägt. Aber dieses Gesicht ist ein heutiges: „Christuskopf“, nennt Herbert Falken sein Bild. Die Hirnschale Christuskopf, 1980, Goldbronze / Christuskopf, 1981, Graphit, Tusche, „Mein Gehirn ist meine Dornenscheint wie abgekrone“ , 1981, Bleistift, Kreide, Pastell, 65 x 50 cm, LufthansaKreide, 65 x 50 cm nommen, das Gehirn 65 x 50 cm, Lufthansa-Sammlung, Sammlung, Museum Ludwig, Köln selbst ist freigelegt. Museum Ludwig, Köln Die leuchtend wirren Linien assoziieren Elektrizität, ähnlich, den Gehirnen?“ Seine Tätigkeit als Hemmerle begleitete seine Suche. Als wie sie sich bei einem Gewitter entlädt. Mediziner muss er schließlich ganz Falken bei einem Besuch des Bischofs Das Gehirn ist das Organ der Suche aufgeben: „Zerfallen ist die Rinde, die in seinem Atelier meinte, er komme nach der Wahrheit, aber was ist, wenn mich trug“. In den Rauschzuständen über die Psychologie nicht hinaus, seine Aktivität nicht mehr die eigene der Kunst findet Rönne ein Refugium nahm dieser sich einen Stift und schrieb Identität erfahrbar macht, die Persönjenseits der Realität. auf ein Blatt: „Serrato a se“. Falken berichtet: „…er übersetzte die italieDietlinde Assmus, „Mein Gehirn ist meine Dornenkrone“, nischen Wörter für mich so: ‚An sich Düsseldorf, freie schreibt Falken in eine Zeichnung auf selber gefesselt sein, das ist für mich journalistische hellem Papier aus demselben Zyklus das Kreuz. Sie haben keine psychologiTätigkeit, früher von 1981. Die Haltung deutet den schen Bilder gemalt, sondern theoloGymnasiallehreGekreuzigten an, der geringe Körpergische‘. Deshalb nahm ich mir seinen rin, arbeitet selber ausschnitt ist von Schwären bedeckt; Stift und schrieb in seinem Beisein auf als Künstlerin. in ihrer Strichführung entsprechen eines der Bilder: ‚INRI‘. Seitdem ist es sie der Nervosität des wirren Gehirnfür mich ein Christusbild. Aber damit lichkeit nur noch aus chemischen und knäuels. Darüber in der linken Ecke ein nicht genug. Er schrieb erneut auf sein elektrischen Prozessen besteht? Sogar Profil mit überdimensionalen Dornen. Blatt: ‚Nox mea obscurum non habet‘ in die Dunkelheit des Hintergrundes – ‚meine Nacht kennt keine Finsternis‘. „strahlt“ dieser Kopf. In unserer Zeit, in Herbert Falken, katholischer Priester – Seitdem haben meine künstlerischen 1 der die Hirnforschung mit immer neuen der Aachener Diözese und Maler, schuf Versuche einen mystischen Ansatz.“ Erkenntnissen die Menschen bewegt, eine Serie von solchen zermarterten Die Mystik heutigen Christseins. 1 die soziokulturellen Umbrüche mit nie Gehirn-Köpfen in wechselnden TechniHerbert Falken in: Das Prisma 2/2004, S.116.
Nox mea obscurum non habet
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PRAXISBERICHT
Anknüpfung oder Widerspruch Diakonische Erfahrungen mit der pluralen Wirklichkeit Vor einiger Zeit erschien in der Kaiserswerther Diakonie ein kleines Heft „Lebenswege“ – eine Hilfe zur Segnung Sterbender, zur Aufbahrung Verstorbener, zu Trauern und Gedenken und zum Umgang mit tot geborenen und früh verstorbenen Kindern1. Das Heft enthält sehr bewusst neben christlichen Segensritualen, Segensworten und Liedern auch Segensrituale anderer Weltreligionen. Es werde aber kein „Maßnahmenkatalog für Andersgläubige und Fremde aufgeführt, sondern nur einige ganz weiträumige und vorsichtige Hinweise“ gegeben, schreibt der Autor, Hans Bartosch. Denn „durch die Vielgestaltigkeit der weltweiten Migrationen und der wachsenden Individualisierung“ bleibe eine angemessene individuelle Begleitung das oberste Gebot. Erfahrungen mit solcher Begleitung könnten den Horizont der Mitarbeiterschaft erheblich erweitern. Wer das Heft in die Hand nimmt, spürt eine eigenartige Spannung. Da ist einerseits die starke christliche Tradition, auf die immer wieder verwiesen wird. Die Tradition der Schwesternschaft bestimmt bis heute die kollektive religiöse und kulturelle Identität des Krankenhauses. Im Zweifelsfall allerdings werde es richtig sein, lieber diskret mit Symbolen umzugehen, schreibt Bartosch und fährt fort: „Die Kaiserswerther Diakonie versteht ihre christliche Orientierung keinesfalls in einer möglichst umfassenden Ausgestaltung jedes Sterbezimmers.“ Freiheit, nicht Zwang bestimmt das Heft mit seinen Ritualangeboten. Diese Freiheit ist vielfach erprobt an den Grenzen der kollektiven Identität – bei Ausgetretenen und Agnosti-
kern, denen das Kreuz im Krankenhauszimmer zur Anfechtung wurde. Dissidenten werden respektiert. Und dieser Respekt vor Andersdenkenden verträgt sich offenbar gut mit dem Respekt vor anderen Religionen, der hier zum Ausdruck kommt. Das gilt jedenfalls, solange die einen wie die anderen in der Minderheit sind, solange individuelle Lösungen auf dem Hintergrund der kollektiven christlichen Identität des Krankenhauses gefunden werden können. So enthält das Heft zwar Hinweise auf Rabbiner und Imame, auf die Möglichkeit von Waschungen in den Räumen des Krankenhauses und von muslimischen Bestattungen für tot geborene Kinder auf dem eigenen Friedhof des Werkes, letztlich aber überlässt es die Initiative den jeweiligen Angehörigen. Christliche Identität und Offenheit für andere gehen hier Hand in Hand – und auch das passt gut in den Rahmen einer diakonischen Einrichtung, die bis in die 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts eine lebhafte Orientarbeit mit Krankenhäusern und Schulen von Istanbul bis Alexandria, von Beirut bis Jerusalem unterhielt, ihre Schwestern mit der Barmer Mission aussandte und ins Paul-Lechner-Krankenhaus des Deutschen Instituts für Ärztliche Mission schickte. Dank der breiten Erfahrung in anderen, vorwiegend muslimischen Kontexten ist aus der Offenheit Toleranz entstanden. Die inzwischen alt gewordenen Schwestern hatten am eigenen Leib erfahren, was fremd sein bedeutet, und nahmen später Schwestern aus den Philippinen oder der Türkei mit Achtung und Liebe bei sich auf. Dabei ging es nicht um Beliebigkeit, wohl aber – bei Achtung der Verschiedenheit – um das Grundgefühl, dass Respekt vor dem Leben und Respekt vor Gott zusammenge-
hören, und dass Religion etwas mit einer Deutung unserer menschlichen Existenz zu tun hat.„Nach unserem christlichen Verständnis vertrauen wir darauf, dass alle unsere Verstorbenen nicht einfach weg sind. Wir vertrauen auf einen Weg, den Gott mit ihnen geht, den er mit uns, den Weiterlebenden, und unseren Verstorbenen gemeinsam geht. Dieses Verständnis teilen wir mit erfreulich vielen, die solches in anderer Religion oder Form leben und ausdrücken.“2
Grenzerfahrungen Bei soviel Anknüpfung muss nun auch Raum sein für den Widerspruch. Es sind vor allem zwei Fragen, die mich in diesem Zusammenhang beschäftigen: - Die eine richtet sich nach außen: Das Heft nimmt nur die Rituale der sogenannten Hochreligionen auf. Was ist aber mit den Sterberitualen der Rosenkreuzer, frage ich mich, wie viel Achtung ist den Zeugen Jehovas im Blick auf ihre besondere Sorge um das Blut als Sitz der Seele entgegenzubringen? Wäre auch noch Raum für einen lateinamerikanischen Kult? Je pluraler unsere Gesellschaft wird, je mehr Migranten in unseren Krankenhäusern sterben, desto drängender wird die Frage, ob es Grenzen der Toleranz in einem christlichen Krankenhaus geben kann oder muss und wer diese Grenzen festlegt. - Die andere Frage richtet sich nach innen, auf die christliche Gemeinschaft: Wie viele Sonderwege verträgt die kollektive Identität? Wann löst sie sich auf in ein Nebeneinander individueller Lebenswege? Wie kann es in Zukunft in diakonischen Einrichtungen gelingen, in Pluralität und Individualität die gemeinsamen christlichen Grundlagen zu stärken,
PRAXISBERICHT
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die gemeinsame Kultur fortzuentwickeln – in Arbeitsgruppen und Arbeitshilfen, in Andachten und im Qualitätsmanagement? Wird die Zeit bleiben, das zu tun, während die Einrichtungen zugleich unter dem beinahe gnadenlosen Druck der Ökonomisierung stehen?
Interesse an Identität Tatsächlich ist das neue Interesse an diakonischer Identität zu einem Zeitpunkt entstanden, als – nicht nur in Kaiserswerth – die letzte Generation der Lebenszeit-Diakonissen in den sogenannten Feierabend ging und damit die Verknüpfung von Institution und tragendem Amt fehlte. Allmählich wurde klar, dass neue Mitarbeitergruppen gewonnen werden mussten, die Identität des Unternehmens mit zu prägen – nun aber nicht mehr normativ, sondern partizipativ, nicht mehr unter Verzicht auf ein eigenes, privates Leben, sondern gerade in der Gestaltung verschiedener Lebensentwürfe. Die Grundlage, auf der das geschah, war in den 70er und 80er Jahren gelegt worden, in der Zeit der „Frauen- und Friedensbewegung“, der Psychiatriereform und der Öffnung der Heime. Gesetzliche Normen in der Sozialhilfe wurden reformiert, neue soziale Berufe entstanden und auch die Pflege gewann an Selbstbewusstsein. Als in Kaiserswerth das neue Krankenhaus eingeweiht wurde – eine der vielen funktionalen Klinikneubauten der 70er Jahre – , da zog die letzte Diakonissengeneration die Haube aus und kämpfte erfolgreich um ein Tarifgehalt. Gemeinsam mit anderen wollten die Schwestern menschliche Bedingungen am Arbeitsplatz gestalten, ganzheitlich pflegen, Müttern Zugang zur Kinderstation ermöglichen, Kindern Erzieherinnen zur Seite stellen – kurz, Teams gestalten und Lebenszusammenhänge ermöglichen, wo ihre alte Gemeinschaft erodierte. Unter dem Kostendruck der letzten 15 Jahre wichen diese Zielsetzungen allerdings
einer großen Ernüchterung. Während die medizinischen und technischen Möglichkeiten weiter wuchsen, mussten Kosten für Mitarbeiter reduziert werden und aus der ganzheitlichen Pflege wurden Pflegemodule. Was ist geblieben? Was macht Diakonie heute aus, wie entwickeln wir sie weiter? So fragten Kunden, Patienten und Angehörige – und sie meinten den „diakonischen Mehrwert“, die besondere Zuwendung, den Respekt vor Anfang und Ende des Lebens. So fragten Unternehmensleitungen, denen es um das besondere Profil ging. Und nicht zuletzt Mitarbeitende, die Hilfe in ethisch schwierigen Entscheidungen suchten, Orientierung in Zukunftsfragen, Hilfe in Stresssituationen. Auf diesem Hintergrund entstanden neue Einführungskurse und Ethikzirkel, Begrüßungs- und Abschiedsgottesdienste.
die Pflege sich immer mehr von den Grundgegebenheiten des Daseins entfernt, da geht leicht auch der Respekt verloren vor dem Leben, seinen Grenzen, seiner Schönheit und Vergänglichkeit. Der Respekt vor Schöpfer und Schöpfung. Kein Wunder, dass das Interesse an Spiritualität in der Pflegeforschung steigt,3 dass die Nachfrage nach allen Formen des Religiösen in diesen Berufsgruppen groß ist. Und es sind eben nicht nur die Hochreligionen, denen sich die Menschen zuwenden, auch esoterische Zugänge sind gefragt und scheinen Wege zu eröffnen, die sonst verschlossen bleiben. Wege zu gemeinschaftlicher Erfahrung, zur Wahrnehmung von Jahres- und Lebenszyklen, zu Atem und meditativer Bewegung, Wege zur eigenen Mitte.
Von Kinesiologie bis Reiki Die medizinische Rationalität des Krankenhausbetriebes folgt heute in hohem Maße einer ökonomischentechnischen Logik. Die Normen der diagnosebezogenen Fallgruppen und durchschnittlichen Heilungsverläufe lassen wenig Raum für Individualität und Beziehung, für Begegnung und Religion. Das gilt in gewisser Weise auch für die Pflegemodule in Altenheimen und ambulanten Pflegediensten. Zugleich gewinnt man den Eindruck, dass Pflegende sich und ihren Beruf in dieser Logik kaum aufgehoben fühlen – wo Sinnlichkeit, ganzheitliche Wahrnehmung und menschliche Begegnung fehlen, wo
So zeigte sich in einem diakonischen Unternehmen wie Kaiserswerth über Jahre eine bizarre Spannung: Während die Krankenhausleitung medizinische Forschung und Technik weiter ausbaute und die neuesten Möglichkeiten der Fruchtbarkeitsbehandlung diskutierte, hatten Elternschule und Fortbildungseinrichtung allerlei Zusätzliches von Kinesiologie bis Reiki im Programm. Bei den einen ein Fortschrittsglaube, der jeden ethischen Einspruch des christlichen Trägers als Zumutung empfand, bei den anderen ein Aberglaube, der jede Nachfrage mit der gleichen Vehe-
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menz abwehrte. Der Markt schien beides zuzulassen – durchaus auch beides nebeneinander. Warum soll nicht, wer es mag, die Chemotherapie durch Reiki ergänzen? Selten nur kam es zu ernsthaften Diskussionen zwischen den verschiedenen Protagonisten und ebenso selten gelang es, den christlichen Glauben als eine andere Perspektive ins Spiel zu bringen. Kein Wunder in Zeiten der Individualisierung und der Patchworkidentität, in Zeiten des Gesundheits- und Religionsmarktes. Der Doppelgesichtigkeit von wissenschaftlicher Medizin als öffentlich finanzierter, institutioneller Norm und esoterischer Suche als individueller, privat finanzierter Lebenspraxis in weiten Teilen unseres Gesundheitswesens entspricht, wie Andreas Feldtkeller überzeugend darlegt, die Doppelgesichtigkeit der modernen westlichen Kultur mit ihrer religionslosen und ihrer religiösen Seite, in die das Christentum jeweils tief hinein verwoben ist.4
Beliebigkeit und Identität Auf diesem Hintergrund scheint es mir wichtig, die Frage nach Identität und Toleranz in der Diakonie neu zu stellen. Und zwar im Gegenüber zu religiöser Indifferenz wie zu ethischer Beliebigkeit. Eine Religiosität, die durch keinerlei Aufklärung und Reflexion gegangen ist, kann Einzelnen durchaus als emotionale Ergänzung ihres funktionalisierten Alltags dienen. Sie ist aber kein tragfähiges Gerüst für eine diakonische Institution wie ein Krankenhaus, in dem Glaube und Wissenschaft ihren angemessenen Platz finden müssen. Eine wissenschaftliche Diagnose, die nicht durch ein theologisch begründetes Wertgerüst gehalten wird, kann in Normenkonflikten keinerlei Hilfe bieten. Der christliche Glaube aber, der durch die Krise der Aufklärung und vielfältiger wissenschaftlicher Diskurse immer
neu reflektiert wurde, bietet der Institution ein religiöses und ethisches Bezugssystem zur Entscheidungsfindung in Konflikten und gibt dem Einzelnen Orientierung und Freiraum zugleich. Damit dies gelingen kann, brauchen diakonische Einrichtungen allerdings Gruppen und Netzwerke von Menschen, die Heimat im christlichen Glauben gefunden haben. Angesichts des schnellen Wechsels von Mitarbeitenden in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen – etwa ein Drittel der Mitarbeiterschaft erneuert sich in jedem Jahr – bedeutet dies, aktiv mit Bildungs- und Gemeinschaftsangeboten auf neue Mitarbeitende zuzugehen und alle Anstrengungen zu unternehmen, damit der christliche Glaube in der Mitarbeiterschaft wie bei Patienten und Angehörigen auch in Krisen wächst. Selbstverständlich ist das nicht. Allein in einem Unternehmensleitbild von Gott, Kirche und christlicher Nächstenliebe zu sprechen, empfinden manche als Verletzung der Toleranz gegenüber muslimischen Kollegen oder Kunden – vom Glauben an die Auferstehung habe ich noch kaum irgendwo gelesen. Und mit dem Caterer auszuhandeln, dass es freitags ein Fischgericht gibt, scheint manchmal schwieriger, als darauf zu achten, dass Muslimen kein Schweinefleisch zugemutet wird. Bei der Neugestaltung diakonischer Kultur wird es darauf ankommen, die Differenz zwischen Glaube und Kultur zu achten, zwischen dem, was Menschen gemeinsam gestalten und was sie – jeder auf eigene Weise – vor Gott tun. Ohne Mission in der Mitarbeiterschaft werden die christlichen Einrichtungen sehr bald ihre besondere Prägung verlieren. Diese Mission wird aber nur gelingen, wenn sie die Freiheit unterschiedlicher Zugänge und Lebenswege achtet, für kritische Diskurse offen bleibt, den Zusammenhang von Glau-
ben und Lebensführung im Blick behält und wenn sie Räume anbietet, in denen Lebens- und Glaubensgemeinschaften wachsen können, jenes WIR, das die Institution prägt, ihr Profil gibt und ihre Grenzen markiert. Das schließt Offenheit für andere und Toleranz nicht aus – es bedeutet aber, dass Unterschiede etwa im Gottes- und Menschenbild, in den Werthaltungen oder im Umgang mit ethischen Fragen nicht verwischt werden, sondern gerade in den Diskurs gebracht werden. Zum evangelischen Profil einer Einrichtung gehört deshalb die theologische Reflexion des christlichen Glaubens im Gegenüber zur säkularisierten Wissenschaft, zum herrschenden Zeitgeist, aber auch zu anderen Religionen. Ohne religiöse Bildung kann es keine interkulturelle Kompetenz geben, ohne theologische Reflexion keine Bildung in einer pluralen Gesellschaft mit unterschiedlichen Lebens- und Weltentwürfen.
Geist der Freiheit Die verbreitete Praxis der Spätabtreibungen bei vermuteten Missbildungen und diagnostizierten Behinderungen stellt eine furchtbare Herausforderung für Träger wie Mitarbeiterschaft von Krankenhäusern dar – für Ärzte, Hebammen und Krankenschwestern, für christliche und muslimische Gläubige, für jeden, dem der Respekt vor dem Leben, auch vor dem ungeborenen Leben, heilig ist. Hier zeigt sich wie in einem Brennglas die Konfliktlinie zwischen Schöpferglaube und Machbarkeitswahn, die eben nicht entlang der interreligiösen Grenzen verläuft, sondern diese gerade überschreitet. Vielleicht ist es diese Orientierung an der Heiligkeit des Lebens zusammen mit der Offenheit für gesellschaftliche Entwicklungen, die muslimische Klienten, Angehörige und Mitarbeitende heute Heimat suchen lässt in christlichen Einrichtungen. Um solcher Konflikte willen ist es heute nötig, die weltanschaulich
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Macht Gottes glauben, wenn die Seele des Sozialen verloren geht, verfallen wir, wie Benedikt XVI. zu Recht beim Weltjugendtag 2006 gesagt hat, einem Aktivismus und einer Ökonomisierung, die unsere Sozialkultur zerstört. Wir brauchen die Auseinandersetzung mit dem Fremden, um uns an die eigenen Wurzeln zu erinnern. Ich jedenfalls hoffe, dass dies auch an anderen Orten unserer Gesellschaft gelingt und dass die christliche Theologie dabei kritische Begleitung und Ermutigung sein kann. gebundene Rolle der Diakonie gegenüber dem Staat wie gegenüber Mitarbeitern und Klienten neu zu definieren – und zwar nicht nur aufgrund von festgeschriebenen Normen und Satzungen, sondern auch aus der Glaubensorientierung selbst heraus. Dazu gehört die theologische Reflexion der eigenen Identität im Blick auf die Gefahren der Vereinnahmung durch politische und gesellschaftliche Ideologien, theologische Bildungsarbeit und eine Gemeinschaft, in der jeder sich mit seinem eigenen Glauben, mit seiner Lebenshaltung einbringen kann.
Auseinandersetzung mit dem Fremden „Er ist es wert, denn er hat unser Volk lieb, und die Synagoge hat er uns erbaut“, sagen die Ältesten der Juden zu Jesus, als sie ihn bitten, den Knecht des Hauptmanns von Kapernaum zu heilen. Und tatsächlich stößt Jesus, wie Lukas in Kapitel 7 erzählt, auf einen Mann, der seine eigene Erfahrung mit Macht und Ohnmacht, mit Befehl und Gehorsam reflektiert hat und alles von Jesus erwartet: „Sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund.“ „Solchen Glauben habe ich in Israel nicht gefunden“, sagt Jesus – und macht damit deutlich, dass Gottes Wort, Gottes Liebe und Gottes Geist tatsächlich Religionen und Kulturen überschreitet. Er knüpft an die Offenheit des römischen Hauptmanns für sein Volk an, an die Erwartung in die
Cornelia CoenenMacht seines Wortes, die Sehnsucht Marx, Hannover, nach Heil und Heilung – und er macht Oberkirchenrätin, zugleich im Widerspruch zu seiner Kirchenamt der eigenen religiösen Tradition deutlich, Evangelischen Kirche dass die Traditionen und Erfahrungen, in Deutschland an die der Glaube anknüpfen kann, nur eine Mittlerrolle spielen. Letztlich 1 kommt es auf Gottes Macht an, das Herausgeber: Kaiserswerther Diakonie/ M.Dargel, 2006 Zerbrochene zu heilen – das ist die 2 Lebenswege, S. 45 Kraft, die Kulturen und Menschen 3 vgl. zum Beispiel Silvia Käppeli: Spiritualiverändern kann. Darauf dürfen wir tät in der Pflege, Bern, 2002 4 a.a.O. S. 33 vertrauen, wo wir in der Diakonie mit Menschen Anzeige anderer Religionen zusammen arbeiten. Davon habe ie Zieglerschen Anstalten Suchtkrankenhilfe gGmbH behandelt in stationären und ich mich aber auch teilstationären Einrichtungen suchtkranke Frauen und Männer. Für die Arbeit mit suchtkranken Frauen im Fachkrankenhaus Höchsten (80 Behandlungsplätze) suchen oft beschämen wir zum nächst möglichen Termin, spätestens zum 01.12.2010 eine/n lassen müssen, Postgraduierte Psychologin/ wenn Muslime von einen Postgraduierten Psychologen uns mehr Glauben Es handelt sich um eine Vollzeitstelle, befristet für ein Jahr. Wir ziehen zum 27.11.2010 um nach 88348 Bad Saulgau, Sonnenhof 1 erwarteten, als wir Ihre Aufgabenschwerpunkte sind: tatsächlich lebten; n Co-Therapie in der Gruppen- und Einzeltherapie n Mitwirkung bei der Testdiagnostik das ist für mich eine n Zusammenarbeit in einem multiprofessionellen Team Herausforderung, Wir wünschen uns von Ihnen: n Einfühlungsvermögen, Verantwortungsbereitschaft und die größer ist als n Teamorientierung die der Säkularität, n Identifikation und Bejahung des diakonischen Auftrages und die Bereitschaft, diesen aktiv mitzugestalten möglicherweise Wie bieten: die entscheidende n Anleitung, interne Fortbildung und Supervision n Für die Therapieausbildung können 600 Stunden Psychosomatik kulturelle Herausund 600 Stunden Psychiatrie anerkannt werden n Eine interessante und anspruchsvolle Tätigkeit und die Mitarbeit forderung, vor der in einem engagierten Team unser westliches Telefonische Informationen erhalten Sie von Herrn Dietmar Huland, Therapeutischer Leiter, unter der Rufnummer 0 75 55/8 09-1 36 Gesundheits- und Wir freuen uns auf Ihre Bewerbungen. Sozialsystem steht. Denn wenn wir nicht mehr an die Zieglersche Anstalten heilende Kraft und Suchtkrankenhilfe gemeinnützige GmbH Herrn Dietmar Huland Rubacker 6 • 88693 Deggenhausertal die entscheidende
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huland.dietmar@zieglersche.de
Wir sind eine anerkannte Zivildienststelle. • Ansprechpartnerin: Frau Traub – Tel. Nr. 0 75 03/9 20-1 74
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INTERVIEW
Heilung in Migrantengemeinden Beeindruckende Unmittelbarkeit zur Bibel als auch unter der ersten Migrationsgeneration von Christen aus Westafrika eine zentrale, und zwar spirituell prägnante Bedeutung zu. In Westafrika machen Menschen die Erfahrung, dass eine unspezifische Fiebererkrankung innerhalb kurzer Zeit zum Tode führen kann. In der ungesicherten prekären Migrationssituation stellt eine Erkrankung ohnehin eine Katastrophe dar. Unterscheiden sich das Verständnis von Gesundheit und die Sehnsucht nach Heilung afrikanischer Christen im afrikanischen und im europäischen Kontext?
© epd-bild / Bertold Fernkorn
Die europäischen Missionare sind vor 100 Jahren Pioniere westlicher Medizin in Afrika und Asien gewesen. Heute sind viele afrikanische Christen in Europa aktiv, die das Thema Heilung auf ganz andere Weise behandeln. ChrisCare fragte einen Experten für afrikanisches Christentum in Europa, Professor Dr. Werner Kahl, Studienleiter an der Evangelischen Missionsakademie in Hamburg, nach seinen Beobachtungen: Wo haben Sie Erfahrungen mit afrikanischem Christentum gemacht und was hat Sie motiviert, in diesem Bereich zu forschen? Seit meiner Vikariatszeit als Pfarrer Anfang der neunziger Jahre in Essen begleite ich den Prozess der Begegnung von westafrikanischen Migrationsgemeinden und evangelischer Kirche. Das ist ein spannender Prozess, denn anders als in der evangelischen Kirche üblich, lesen
viele afrikanische Christen in der Bibel ihre eigene Story von Leiderfahrungen und göttlichem Beistand. Sie erwarten, dass Jesus als der Lebensretter ihnen ganz konkret jetzt und hier zu einem gelingenden Leben verhilft. Diese Unmittelbarkeit zur Bibel, deren Lektüre Menschen tatsächlich zu stärken vermag, hat mich beeindruckt. Als Neutestamentler war mein hermeneutisches Interesse geweckt und ich bin Ende der neunziger Jahre für drei Jahre nach Ghana gegangen, um mittels Feldforschung zu erheben, welche Lektürestrategien und Plausibilitätsstrukturen in der Rezeption der Bibel dort eine besondere Rolle spielen, und zwar im engen Konnex mit dortigen Lebensbedingungen. Welchen Stellenwert hat das Thema Gesundheit und Heilung bei afrikanischen Christen in Deutschland? Dem Thema Gesundheit und Heilung kommt sowohl in Westafrika
Nach meiner Beobachtung gibt es in der ersten Migrationsgeneration weithin noch keine großen Unterschiede. Hier wie dort wird der spirituell-numinosen Einbettung von erlebten Ereignissen inklusive Erkrankung und Heilung eine besondere Bedeutung beigemessen. Das heißt, nicht jede Erkrankung muss auf das Wirken eines Fluchs oder eines bösen Geistes zurückgeführt werden, kann es aber – insbesondere bei einer außergewöhnlichen Erkrankung. Wie spiegelt sich das im Gemeindealltag wider? In den Hunderten afrikanischer Migrationsgemeinden, die es mittlerweile in Deutschland gibt, werden regelmäßig neben den sonntäglichen Gottesdiensten besondere Heilungsveranstaltungen angeboten, und zwar unter der Zusage und Erwartung von „deliverance“, d.h. spiritueller Befreiung. Diese Veranstaltungen finden insbesondere in Form von „all-night-prayers“ statt, und sie können durch tage- bis
INTERVIEW
wochenlanges Beten und Fasten vorbereitet werden. Wenn in afrikanischen Gemeinden um Heilung gebetet wird, dann ist das für Europäer oft befremdlich. Manche fürchten sich geradezu. Viele dieser Kirchen scheinen den Pfingstkirchen näher zu stehen als den hiesigen Volkskirchen. Spielt das Thema Gesundheit und Heilung in verschiedenen Kirchen eine unterschiedlich starke Rolle? Die Mehrzahl dieser Gemeinden repräsentiert eine afrikanische Version des weltweiten Pfingstchristentums. Aus dieser Perspektive vollzieht sich Gesundung insbesondere dann, wenn die bösen, das heißt Krankheit verursachenden Geister ausgetrieben worden sind. Anders als es sich Christen in den europäischen Großkirchen vorstellen, wird unter pfingstlichen Afrikanern Heilung Gott nicht einfach im Gebet anheimgestellt, sondern sie wird von Gott geradezu eingefordert. Wo sind Grenzen, bei denen Sie sagen: So geht das nicht? Einige Punkte, die ich kritisiere, sind: Der Pastor als Star rückt vor allem in den Mega-Churches derart in den Mittelpunkt der inszenierten Heilhandlung, dass er quasi zum Kleingott erhöht wird; Menschen werden medientechnisch manipuliert und ihre Ohnmachtssituation bzw. ihre Gutgläubigkeit werden ausgenutzt; spirituelle Heilung wird zu einem Produkt, für das man bezahlen muss; zuweilen – auch unter westafrikanischen Christen in Europa – erfolgt der Gang zum Arzt erst dann, wenn sich spirituelle Heilung nicht hat einstellen wollen. Dann ist es oft zu spät für eine medizinische Behandlung. Schließlich, bei nüchterner Betrachtung wird deutlich, dass die Realität von sich einstellenden
Heilungen weit zurückfällt hinter den marktschreierischen Anspruch von Pfingstpredigern. Anders ausgedrückt: In Pfingstkirchen deuten Menschen schneller als in anderen Kirchen Heilungen als Wunder. Effektiv stellen sich dort aber wohl kaum mehr „Wunder-Heilungen“ ein als anderswo. Unübersehbar aber ist oft, dass sich Pastoren insbesondere von Mega-Churches an ihren Gemeindegliedern bereichern. Welche Rolle spielt die Autorität des Pastors? Ist er an die Stelle des Heilers getreten? Afrikanische Pfingstpastoren haben oft nicht nur die Rolle des traditionellen Heilers, sondern auch des „chief“ übernommen. Damit ergibt sich eine ungeheure Machtzentrierung auf eine Person. Von den Gemeindegliedern wird verlangt, dass sie sich der Autorität des Pastors absolut unterordnen. In der Migrationssituation im Westen kommt es hier allerdings schnell zu Autoritätskonflikten, die sich etwa in Gemeindespaltun-
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gen oder in der Abwanderung der Jugendlichen manifestieren. Gibt es Impulse, die einheimische Gemeinden von den afrikanischen Kirchen lernen können? Ja, die gibt es. Wir stehen theologisch und kulturell ja sozusagen am anderen Ende des Spektrums und haben vieles, was spirituell zu Heilung und Gesundung beitragen könnte und angemessener Ausdruck des Evangeliums wäre, zu Unrecht aus dem Raum der Kirche verbannt. Mit dem Wunder – als unverfügbare Tat Gottes allerdings – sollten wir nicht nur in Krankheitssituationen durchaus wieder rechnen lernen. Im Gottesdienst könnte konkret für erkrankte Menschen, wenn sie es wünschen, gebetet werden. Eine besondere, noch intensivere Form wäre die Individualsegnung eines Kranken im Gottesdienst. Die Fragen stellte Frank Fornaçon Bilder: Eindrücke aus der New-LifeFellowship in Düsseldorf
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ERFAHRUNGEN
Heilung im multikulturellen Umfeld einer christlichen Kinder- und Jugendarztpraxis Der niedergelassene Kinderarzt Dr. Stefan Behr nimmt seine Aufgabe als Arzt ernst, aber auch seinen Auftrag als Christ. Was prägt seine Haltung zu den Patienten und deren Familien, gerade in einem multikulturellen Kontext? Welche biblischen Zusammenhänge haben für ihn dabei Bedeutung? Unsere Kinder- und Jugendarztpraxis liegt am nordwestlichen Stadtrand von Frankfurt am Main in der Nähe des größten innerstädtischen Neubaugebiets der Großstadt und des sozialen Brennpunktstadtteils Nordweststadt sowie gewachsenen Stadtteilen. Unsere Patienten kommen zu je einem Drittel aus diesen Bereichen. Sie sind deutschen Ursprungs und aus Familien, die frisch aus Europa und Asien zugezogen sind sowie Kinder türkischer, nordafrikanischer und arabischer Migranten in der 2. und 3. Generation.
Keine Gummibärchen Bei soviel kultureller Vielfalt fällt auf, dass gerade muslimische Patienten die Dienste eines gläubigen Arztes schätzen, da der Glaube eine Vertrauensbasis darstellt. Ich vermute, dass der Glaubensvater Abraham hier als Vertrauensbrücke dient. Unabhängig vom kulturellen Hintergrund bemühen wir uns als Praxisteam um eine Atmosphäre des Willkommens, um der Persönlichkeit unserer Patienten mit Respekt zu begegnen. Das bedeutet z.B., dass ich als Mann einer muslimischen Frau nicht unaufgefordert die Hand gebe und respektiere, dass wir keine Gummibärchen, die Schweinegelatine enthalten, an muslimische Kinder als Belohnung verteilen und auf Anderes ausweichen.
© PIA Stadt Frankfurt am Main, Foto: Tanja Schäfer
Frieden mit Gott Wir wollen, soweit wir es wissen, auf die kulturellen Besonderheiten eingehen, ohne dass wir selbst gemäß diesen Regeln leben müssten (1. Korinther 12,13). Unser Gott ist nicht nur ein Gott der Gläubigen, sondern auch der Heiden, die ihn nicht kennen (Römer 3,29: „Ist Gott allein ein Gott der Juden? Ist er nicht auch ein Gott der Heiden? Ja, auch der Heiden“). Da es unser, der Gläubigen Vorrecht ist, erfahren zu haben, dass Gott heilen will und wir dazu gerufen sind, seinen Willen zu tun, erwarten wir sein Handeln durch seine Liebe, die durch seinen Sohn Jesus Christus offenbar wurde („Er hat mich gesalbt, zu verkündigen das Evangelium den Armen; er hat mich gesandt, zu predigen den Gefangenen, dass sie frei sein sollen, und den Blinden, dass sie sehen sollen, und den Zerschlagenen, dass sie frei
Schmelztiegel Frankfurt
und ledig sein sollen“, Lukas 4,18-19). Durch Jesu Tod am Kreuz und seine Auferstehung wurde erkennbar, dass Gott uns mit ihm versöhnen und ewiges Leben schenken will, wenn wir an seinen Sohn Jesus glauben, nicht weil wir etwas dafür tun, sondern aus Glauben an und im Vertrauen zu ihm („Wir haben Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus“, Römer 5,1).
Heilung der Beziehungsfähigkeit Deshalb hoffen wir, dass Vertrauen zu unserem medizinischen Tun und zu uns als Team wächst, wenn wir respektvolle Annahme der kulturellen Identität unserer Patientenfamilien leben. Unsere Hoffnung ist, dass Gott so durch seinen guten Geist Versöhnung in unseren Patientenfamilien wirken kann („Er soll das Herz der Väter bekehren zu den Söhnen und das Herz der Söhne zu ihren
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Vätern“, Maleachi 3,24). Das ist die Basis für Heilung im ganzheitlichen Sinne, auf der körperlichen, psychischen, sozialen Ebene und in Bezug auf das Verhältnis zu Gott selbst. Für Kinder ist die Verbindung zu Eltern und Großeltern für die Identitätsentwicklung von enormer Bedeutung. Starke Kinder haben starke Eltern (Großeltern). Heilung bezieht sich auf die Kinder selbst, ihre Beziehungsfähigkeit zu anderen, zu der Umwelt (Gegenstände, Schöpfung) und zu Gott. Wir befürworten die Mehrsprachigkeit als das Ausleben einer ursprünglichen Umgangsprache in Familien mit Migrationshintergrund, um die Beziehung zu dem jeweiligen Elternteil zu fördern und die kulturelle Identität zu festigen (Muttersprache, Vatersprache). Desgleichen sollte die deutsche Sprache ab der Kindergartenzeit deutlich gefordert werden, um die außerfamiliären Beziehungen zu stärken.
Potentiale entwickeln Im Rahmen der Beratungsarbeit in unserer Praxis sehen wir Trennungskinder, pubertierende Jugendliche und Patienten mit psychosomatischen Störungen. Hier versuchen wir, den Eltern zu vermitteln, dass Eltern respektvoll miteinander umgehen und somit den Kindern trotz aller Probleme ein Vorbild sein können. Die Konstanz eines Elternteils und die kommunikative Transparenz gegenüber den Kindern sind wichtige Quellen für Gesundheitsressourcen und die Entwicklung ihrer Potentiale. Dabei spielen Migrationshintergründe keine Rolle. Die Bibelworte: „Ihr Männer, liebt eure Frauen“ (Epheser 5,25) und „Ihr Frauen, ehrt eure Männer“ (Epheser 5,33) sowie „Die Alten sollen die Jungen lieben“ (vgl. Epheser 6,4) und das 4. Gebot des Dekalogs: „Du sollst Vater und Mutter ehren, auf dass du lange lebest“ (5.Mose 5,16) sind Richtschnur für eine gute Entwicklung der Kinder.
Sie zeigen gelebte Beispiele, die den Kindern helfen, sich selbst im Leben zu orientieren.
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ein Gott der Unordnung, sondern der Ordnung“, 1. Korinther 14,33).
Macht der Worte
Dr. med. Stefan
Es sind Worte („Am Anfang war das Wort“, Johannes 1,1) der Ermutigung, die Eltern und Patientenkinder brauchen, wenn sie krank sind, die ihnen geistliche und gesundheitliche Wegweisung sein können, um den körperlichen, psychischen oder geistigen Nöten zu begegnen. Die Worte der Ärzte wiegen oft schwer, im Guten wie im Bösen. Wir sind uns dieser Verantwortung bewusst, und als Gläubige dürfen wir lernen, von Gott her individuelle Worte der Ermutigung für unsere Patienten zu hören, die Sinn machen, Kraft spenden und zu nachhaltigen Handlungen ermutigen.
Behr, Frankfurt am Main, Kinderund Jugendarzt/ Psychotherapie, Neuropädiatrie
Vor allem: Vertrauen bilden Wichtig ist uns Kommunikationsförderung als Vertrauensbildung zu sich selbst, zum Gegenüber, zur Umwelt und zu Gott. Es ist der angeborene Kohärenzsinn (Kommunikationsfähigkeit) (Antonovsky, Salutogenese, 1989), der bei Kindern und Eltern bezüglich Sinnhaftigkeit, Verstehbarkeit und Handhabbarkeit von Problemen und Lösungsansätzen verbessert werden kann. Dabei setzen wir in unserer Praxis einen multiprofessionellen Schwerpunkt im Rahmen eines erweiterten Praxisteams (Systemische Familientherapie, Ernährungsberatung, Lebensberatung und Erwachsenenpsychotherapie). Nur wenn Identität gefördert und kulturelle Herkunft angenommen wird, kann eine soziale Gemeinschaft (Kindergarten, Schule, Universität, Gesellschaft insgesamt) gesund wachsen und können Individuen ihre Potentiale entfalten. Dann werden wir zu einem Ort der Hoffnung und des Friedens, weil Gott vertrauensvoll mit einbezogen wird („Gott ist nicht
© PIA Stadt Frankfurt am Main, Foto: Tanja Schäfer
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ÜBERBLICK
Rücksichtnahme
Kultursensible Pflege kommt allen zugute
Fragen ist besser als besser wissen Tatort ist eine vorbildliche Einrichtung: Die Tagespflege eines gemeinnützigen Vereins, die aus vielen Gründen mustergültig ist: Die Räume sind optimal auf die Situation an Demenz erkrankter Gäste abgestimmt, die Mitarbeiter machen einen stets gleich bleibenden freundlichen Eindruck. Das sozialpädagogische Konzept überzeugt. Aber dennoch ist die alte Dame höchst unzufrieden: „Das ist gegen die Religionsfreiheit“, murmelt sie. Mit weinerlicher Stimme klagt die Berlinerin: „Die haben mich gezwungen, diesen Hut aufzusetzen!“ Der Hut, das ist eine lustig wirkende Clownkappe. Es ist Rosenmontag – jedenfalls in Köln und Mainz. Nicht aber in dieser evangelisch geprägten Gegend. Und die alte Dame ist Baptistin. In ihrer Kindheit war es verpönt, Karneval zu feiern. Alle frommen Protestanten hielten den katholischen Schabernack für sittenlos. Heute sind evangelische Christen da weitaus toleranter. Sie wissen zu unterscheiden zwischen einer harmlosen Maskerade und den Exzessen, die es unter der Bezeichnung Fastnacht auch gibt. Doch die Dame mit dem Hut ist unglücklich. „Die haben mich gezwungen!“ Niemand in der Einrichtung hatte vor, ihr etwas Böses zu tun, aber es hat offenbar auch niemand bemerkt, dass der Protest der Frau ernst gemeint war. Zwischen den jungen Sozialarbeiterinnen und der Patientin liegen Welten. Sie leben in unterschiedlichen Kulturen, obwohl sie in der gleichen Stadt aufgewachsen sind und dieselbe Sprache sprechen. Deutlicher spürt man die Kluft, wenn die Akteure aus unterschiedlichen Ländern stammen, vielleicht auch verschiedenen Religionen angehören. „Wir pflegen in einer solchen
Situation“, berichtet die Pflegedienstleiterin einer Sozialstation: „Unsere Mitarbeiterinnen sind täglich bei einer Patientin, die von einer Frau aus Polen betreut wird. Die Patientin hat einen evangelischen Hintergrund, aber der Glaube ist ihr nicht wichtig. Sie ärgert sich gelegentlich, dass ihre polnische Hilfe immer wieder empfiehlt, Maria um Hilfe anzurufen. Das Ganze spielt sich auch noch in einem weiteren Rahmen ab. Die Patientin lebt nämlich im Haus eines türkischen Schwiegersohns, dem der Islam viel bedeutet. Er legt Wert auf eine religiös einwandfreie Kost. Die katholische Polin muss darum beim Kochen für die säkular eingestellte deutsche Protestantin die Speisevorschriften der Scharia beachten.“ In Mitteleuropa sind die Gesellschaften von Subkulturen geprägt. An der Vielgestaltigkeit des Lebens kommt niemand vorbei: unterschiedliche Auffassungen zum Verhältnis zwischen den Geschlechtern, Speisegewohnheiten und auch verschiedene Haltungen im Umgang mit dem eigenen Körper, mit Krankheit und Gesundheit. „Für uns eine gute Gelegenheit zu lernen“, erzählt die Sozialarbeiterin aus einem AWO-Altenpflegeheim am Bodensee, „war ein muslimischer Bewohner. Als er merkte, dass sein Leben zu Ende ging, bat er darum, dass ein Imam ihn besuchte. Wir haben dann Kontakt
mit dem Moscheeverein aufgenommen, und die dortigen Mitarbeiter haben dann regelmäßig Besuche bei dem Mann gemacht.“ Von der Bedeutung religiös-kultureller Unterschiede in der Palliative Care ist Professor Birgit Heller überzeugt. Die Wiener Religionswis-
Literatur: Birgit Heller, Bedeutung religiös-kultureller Unterschiede, in Cornelia Knipping (Hg.), Lehrbuch Palliative Care, Bern, 2007 Gesundheit und Integration. Ein Handbuch für Modelle guter Praxis. Zusammengestellt und bearbeitet vom bundesweiten Arbeitskreis „Migration und öffentliche Gesundheit“ der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Berlin, 2006 ISBN 3-937619-21-6, Bestellungen: as@bk.bund.de, kostenlos herunterzuladen: www.bundesregierung.de/nn_774/Content/DE/Publikation/IB/Anlagen/2007-02-05-gesundheit-und-integration,property=publicationFile.pdf http://mighealth.net/de/images/4/4f/Geiger_Diversity_Management.pdf http://www.careum-explorer.ch/careum/Informationen_zur_Transkulturellen_Pflege.php Handbuch: Diversität und Chancengleichheit. Grundlagen für erfolgreiches Handeln im Mikrokosmos der Gesundheitsinstitutionen. Herausgeber: Peter Saladin. Eine Publikation des Bundesamtes für Gesundheit, Bezug von Gratisexemplaren: geschaeftsstelle@hplus.ch, kostenlos herunterzuladen unter: http://www.bag.admin.ch/ shop/00038/00209/index.html?lang=de
ÜBERBLICK
senschaftlerin zitiert die Frage eines Arztes: „Was würden Sie tun, wenn der religiös motivierte Wunsch eines Patienten Ihren eigenen religiösen Überzeugungen widerspricht?“ Heller empfiehlt, „dem Patientenwillen selbstverständlich zu entsprechen, soweit es der rechtlich-organisatorische Rahmen ermöglicht“. Sie sieht dabei eine besondere Verantwortung der Pflegenden als Anwälte für die spirituellen Bedürfnisse der Patienten. Bei ihnen sei „ausschließlich das individuelle Wohl der Menschen und nicht eine religiöse Tradition der Maßstab für das erwünschte Handeln.“ In einem Beitrag zum Lehrbuch Palliative Care schreibt Heller: „Will man Bedingungen schaffen für ein menschliches und menschenwürdiges Sterben, so ist auf kulturelle und religiös-weltanschauliche Differenzen zwischen Menschen zu achten.“ Die Autorin gibt ein Beispiel: Muslime „reinigen sich vor den täglichen traditionellen Gebetszeiten mit fließendem Wasser. Für bettlägerige Menschen kann zwar eine Ausnahme gemacht werden, die entsprechende Unterstützung bei der Körperpflege (etwa mit einem Wasserkrug) zu den gewünschten Zeiten trägt aber sehr zum Wohlbefinden eines kranken Menschen bei.“ Dabei spielt für den gläubigen Muslim zum Beispiel die Abfolge des Reinigungsrituals eine Rolle, das beim Nabel beginnt und mit dem linken Knie bis zu den Zwischenräumen der Zehen und der Ferse endet. Was für Migranten aus einem muslimischen Kulturraum gilt, gilt auch für andere Gruppen. Ausländische Senioren werden die voraussichtlich am stärksten wachsende Bevölkerungsgruppe in Deutschland und der Schweiz sein. Dabei muss jedoch eine vorschnelle Festlegung der Patienten auf ihre kulturelle Identität vermieden werden. Kulturelle Unterschiede sind komplex. Menschen lassen sich nicht
auf bestimmte Merkmale reduzieren. Niemand ist nur Frau, nur Muslim, nur Katholik oder Buddhist. Die Sozialwissenschaftlerin Ingrid Geiger aus Heidelberg fordert, Unterschiede als normal anzusehen, die Persönlichkeit des Einzelnen zu achten und meint, es sei besser, Fragen zu stellen als alles besser zu wissen. Und auch Birgit Heller meint: „Fixe Leitfäden sind wenig hilfreich, wenn es darum geht, Sensibilität für die möglichen Bedürfnisse und Werte eines anderen zu entwickeln.“
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mensetzung der Bevölkerung mit sich bringt. Am Ende profitieren nicht nur Menschen mit einem exotischen kulturellen Hintergrund, sondern alle, die in ihrer Individualität ernst genommen werden, nicht zuletzt die alte Dame mit dem bunten Hut.
Frank Fornaçon, Ahnatal, Pastor und Journalist, Mitglied im Herausgeberkreis von ChrisCare
Transkulturelle Kompetenz ist dabei keine Einbahnstraße von deutschen oder schweizerischen Pflegenden, die in ihren jeweiligen Heimatkulturen verwurzelt sind, gegenüber Patienten mit Migrationshintergrund. Zunehmend kommen die Pflegenden selbst aus anderen Kulturkreisen. In einigen Teilen der USA und Großbritanniens sind 60 bis 70% aller angestellten Pflegekräfte Migranten. Und über 30% aller Pflegekräfte in der Schweiz sind nicht in der Schweiz ausgebildet worden. Die Zahl von Pflegenden, die eingewandert sind, wird zunehmen.
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„Um diesen Schwierigkeiten, Missverständnissen und Unstimmigkeiten vorzubeugen, um das Miteinander im Krankenhaus zu vereinfachen und die Behandlung erfolgversprechender zu gestalten, braucht man nur ein wenig Offenheit, Flexibilität und Wissen über ‚die Anderen‘“, meint die in der Schweiz lebende Diplom-Gesundheitswirtin Fatemeh Pohl-Shirazi. Experten fordern daher, dass nicht nur die Kompetenz des einzelnen Mitarbeiters erhöht werden muss. Die Institutionen des Gesundheitswesens müssen lernende Einrichtungen sein, in denen alle Akteure lernen, mit den Unterschieden umzugehen, die eine bunte Zusam-
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PFLEGEPRAXIS
Weil du so wertgeachtet bist in meinen Augen! Was bleibt, wenn im Pflegealltag die Sprache versagt? Gott begründet sein ergreifendes, schützendes, Zukunft eröffnendes Handeln mit seiner unendlichen Wertschätzung des Menschen. Er nimmt ihn ernst, er verhält sich „validierend“, um einen Fachbegriff aufzunehmen. Validation als Methode, als Haltung, als Form der Beziehungsaufnahme und Beziehungsgestaltung hat in Gottes Beziehung zu uns seine tiefste Begründung: „weil du in meinen Augen so wertgeachtet bist“. Es geht also um eine besondere Form der Wahrnehmung, um eine Art und Weise des Ansehens des anderen, die von der unseren oft weit verschieden ist. Es geht dabei nicht um Defizite, Mängel, Schwächen, Ängste und Unansehnlichkeiten. Gott schuf den Menschen nach seinem Bild und sandte uns seinen Sohn zur Erneuerung des alten Bundes und als Zeichen seiner Barmherzigkeit und Gnade. Er sieht die Schönheit des Menschen auch unter seiner Schwäche und Angst, unter Peinlichkeit und in all seinen Nöten. Gott sieht die Personen mit ihren Leistungen, mit ihren Fähigkeiten, Hoffnungen und Bedürfnissen, auch wenn diese uns beschädigt, beeinträchtigt und in Auflösung begriffen erscheinen. Wir alle müssen diese Sichtweise in Bezug auf gerontopsychiatrisch veränderte Menschen noch entwickeln, Kopf, Herz und Verstand gebrauchen zum besseren Verstehen und zum würdevollen Umgang mit uns anvertrauten Menschen. Nur selten und oft leider auch eher zufällig gelingen Akzeptanz und verstehendes Handeln auf Seiten der Pflegenden, der Einrichtungsleiter, der Organisatoren und der Kostenträger,
wenn die Verwirrung der Heimbewohner oder der Patienten zum Misslingen der verbalen Kommunikation mit ihrem Umfeld führt.
Eine andere Logik Die Handlungslogik eines verwirrten, alten Menschen ist oft eine andere als die unsere: Zur personellen Orientierung wird einer Gruppe von dementen, alten Bewohnern die Übersicht mit den Photographien der Pflegekräfte auf der Station gezeigt und die Frage gestellt, ob sie diese Personen kennen. „Die kenne ich“, sagt Frau H. nach kritischer Betrachtung der Bilder. „Und was sind das für Menschen?“ wird sie gefragt.„Die kommen immer hierher, weil sie sich sonst langweilen“, ist ihr schlichter Kommentar. Kann es nach einer solchen Antwort noch wundern, dass diese Bewohnerin vom Pflegepersonal als äußerst anstrengend erlebt wird? Sie ist doch stets bemüht, diesen Menschen die Langeweile zu nehmen. Die an einer Demenz Erkrankten scheitern in der Alltagsbewältigung, verursacht durch die kognitiven Einbußen und Gedächtnisstörungen. Das bedeutet für mich: nicht der Impuls dementer Menschen ist falsch, nicht ihre erste Idee. Sie scheitern bei der Verwirklichung dieser Idee ihres Herzens, weil sie diese nicht an die neuen Verhältnisse anpassen können. Sie scheitern – es sei denn ihr Motiv, ihre Intention können von den anderen verstanden und entsprechend erfolgreich unterstützt werden. Allerdings offenbart sich ihr Motiv in der noch verfügbaren Sprache oder den verfügbaren Handlungen. Wenn Frau R., eine 93-jährige Bewohnerin, zu den Pflegekräften geht und fragt: „Fräulein, ich habe hier ein
Zimmer bestellt, an wen muss ich mich wenden?“, so wird der weitere Verlauf von Gespräch und Handlung davon bestimmt sein, wie schnell die Angesprochene das Motiv von Frau R. erkennt und darauf eingeht. Erkennt sie das primäre Anliegen, dann kann sie handeln: „Gerne zeige ich Ihnen Ihr Zimmer“. Erkennt die Pflegekraft das Anliegen nicht oder fühlt sie sich gar genervt, überfordert, vermutet sie Eigensinn oder gar Boshaftigkeit hinter der Frage, so wird sie Frau R. korrigieren und abweisen, indem sie ihr erklärt, sie sei nicht in einem Hotel, sondern in einem Altenpflegeheim. Frau R. wäre im besten Falle nur ratlos, denn sie hat die eigene Korrekturfähigkeit ihres Denkens bereits verloren, was also sollte sie in einem Altenpflegeheim? Sie wird je nach Temperament und persönlicher Prägung handeln. In diesem konkreten Falle hat sie lautstark auf ihrem Wunsch beharrt und über das schlechte Hotel zu schimpfen begonnen. Wie können wir also verwirrte, alte Menschen würdevoll, empathisch und respektvoll pflegen und begleiten am Ende ihres Lebens, ohne sie mit ihren Defiziten zu konfrontieren, ohne sie einer übermächtigen Beschämung auszusetzen? Die Antwort liegt in der Suche nach den Intentionen; im Versuch, die Motive der dementen, alten Menschen zu erkennen und darauf angemessen zu reagieren. Von Pflegenden wird hier eine hohe persönliche und fachliche Qualifikation erwartet. Sie sollen sich einfühlen und verstehen können; sie sollen Lebensäußerungen der Betroffenen akzeptieren und wertschätzen können, also zur Validation fähig sein und den Willensund Bedürfnisgehalt der Äußerungen erkennen und ernst nehmen. Sie sollen sich in aller Professionalität, die ja auch berufliche Distanz erfordert, dennoch mit ihrer Person in die Beziehung einbringen und in ihrem Verhalten echt und kongruent sein. Und sie
PFLEGEPRAXIS
müssen mit den erheblichen psychischen Dynamiken zurechtkommen, die der Umgang mit den von Demenz Betroffenen bei ihnen selbst auslösen kann. Das ist ein sehr hoher Anspruch. Ihn einzulösen, ist eine ständige Herausforderung und verlangt stetige Fortund Weiterbildung in fachlicher und in persönlicher Hinsicht – verlangt eine nahezu tägliche Auseinandersetzung mit der Problematik, die Unterstützung von Freunden und Kollegen und ein tragfähiges Fundament im Glauben an die Liebe Gottes und an den Plan seiner Schöpfung.
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mehr möglich. Denn Sprache übersetzt das Abstrakte in Begrifflichkeit und macht das Unsichtbare sichtbar. Sprache, selbst eine Abstraktion, macht das Abstrakte erfassbar – aber nur, so lange wir über den richtigen Entschlüsselungscode verfügen. Nun verliert der alte, demente Mensch sein Abstraktionsvermögen, somit auch die Fähigkeit, den Dingen einen Begriff zuordnen und sich sprachlich ausdrücken zu können. Wenn nun die Sprache selbst etwas Abstraktes
Der demente, alte Mensch verliert die Fähigkeit, seine Gedanken zu steuern. Innere Bilder tauchen auf, er gerät in einen Strudel von Bildern, empfindet die damit verbundenen Gefühle heftig und ist ihnen ohne Korrekturmöglichkeit nahezu hilflos ausgeliefert – er reagiert auf sie unter Zuhilfenahme seines lebenslangen Handlungsrepertoires. Es ist ihm nicht möglich, dieses Knäuel aus Schmerz, Angst und Panik zu entwirren, er hat keine Copingstrategien mehr zur Verfügung, und er kann den inneren Bildern und Gefühlen
und nur in unseren Gehirnen ist, so bedarf es für den Erkrankten einer Übertragung auf seinen Körper, wenn er einen Handlungsimpuls aufnehmen soll, denn mit Wörtern allein lässt er sich nicht bewegen. Keine Bewegung ist zufällig. Stets ist sie das Ergebnis bewussten oder unbewussten Denkens. Um Demente besser verstehen zu können, sollten wir darauf verzichten, ihre Erfolglosigkeiten und Sprachlosigkeiten aneinander zu reihen, sondern statt dessen ihren Körperausdruck und ihr Verhalten aufmerksam beobachten und in einen möglichst sinnvollen Zusammenhang mit der individuellen Biographie bringen.
aus eigener Kraft nicht entrinnen. Häufig reagiert er mit taktiler Abwehr, mit Rückzug, Schreien oder Weinen. Sein ganzer Körper wird Ausdruck dieses einen Gefühls, das am meisten von ihm Besitz ergriffen hat. Schauen Sie genau hin. Wie ist die Körperhaltung, welchen Ausdruck zeigt sein Gesicht, hat die Stimme einen von Angst oder Wut gezeichneten Klang?
Unverständliches Entschlüsseln In dieser ganzheitlichen Beziehungsarbeit sollen in der Tat auch zunächst unverständliche Äußerungsformen entschlüsselt und so für das Erkennen und die Befriedigung elementarer Bedürfnisse der veränderten, alten Mitmenschen nutzbar gemacht werden. Dies geschieht durch sorgfältige Beobachtung der Reaktionsweisen, die mit dem biographischen Kontext und den früheren Lebensgewohnheiten in Beziehung gesetzt werden. Dabei hilft uns das Kennenlernen des früheren Milieus durch eigene Anschauung und durch Gespräche mit den Angehörigen. Die Biographie des Menschen mit ihren Bildern, mit ihren positiven Prägungen und ihren Traumata liefert weitgehend „das Material“, mit dem nun kommuniziert werden kann. Wichtig ist vor allem, dass der Betroffene 1. ernst genommen und verstanden wird; dass seine Intentionen erkannt werden, 2. seine Bearbeitungs- und Entlastungshandlungen akzeptiert und soweit wie möglich unterstützt werden. Beziehungsarbeit hat jedoch Grenzen. Bei fortgeschrittener Demenz ist die verbale Kommunikation zur Orientierung und zur Bewältigung des Tagesablaufes häufig gar nicht
Es muss also um die geschärfte Wahrnehmung folgend der Fragen gehen: > Was spricht den Menschen an? > Was berührt ihn? > Was bewegt ihn? > Was kann ich für ihn tun?
Wir sind der Überzeugung, dass alle unsere Erfahrungen, die wir im Laufe unseres Lebens gemacht haben, nicht nur unter kognitiven Aspekten, d.h. in einer bewussten Erinnerung, sondern in einer umfassenderen, eher ganzheitlich den Körper selbst einbeziehenden Erinnerung vorhanden sind. Die Summe aller sensorischen Erfahrungen, aller kommunikativen Erlebnisse, die Erfahrungen mit dem eigenen Körper, aber auch die mit anderen Menschen, haben uns zu dem gemacht, was wir jeweils sind...
18 Und nun ERFAHRUNGEN spricht der HERR, der dich geschaffen hat, Jakob, und dich gemacht hat, Israel. Fürchte dich nicht, denn ich habe dich
erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein! Wenn du durchs Wasser gehst, will ich bei dir sein, dass dich die Ströme nicht ersäufen sollen; (...) weil du in meinen Augen so wertgeachtet und auch herrlich bist und weil ich dich lieb habe (Jesaja 43,1-4).
Berühren und Bewegen des Pflegebedürftigen; ebenso aber auch für die Atmosphäre der Sprache, die Lautstärke des Gehens und des Redens, das Öffnen und Schließen der Türen. All dies erreicht die Person des Dementen über seinen Körper, seine dort verankerten Sinne. Sie, die Person nimmt dann Stellung zu diesen Eindrücken, sie drückt sich wieder aus, sie reagiert auf uns und unser Verhalten. > Sie zieht sich noch mehr zurück, > sie wehrt ihre Umgebung ab, > sie öffnet sich.
Zugang über Leiblichkeit All dies findet seinen Ausdruck in der nonverbalen Kommunikation, die nun nicht mehr die verbale Kommunikation unterstützt, die nun nicht mehr bewusste Handlungen begleitet, sondern die hier meist isoliert auftritt. Über ihre Leiblichkeit erreichen wir die Person des Dementen, selbst dann noch, wenn unser Handeln die Person gar nicht intendiert. > Ein nachlässiges Wahrnehmen der Leiblichkeit kann zur Folge haben, dass die Person sich zurückzieht. Autostimulation und Autoaggression können sich entwickeln. > Hingegen ermöglicht ihr ein aufmerksames Wahrnehmen und Ansprechen ihrer Sinne den Kontakt zu sich selbst, zu ihrer Realität und gelegentlich gelingt sogar der Brückenschlag in unsere Realität. Die basale Stimulation ermöglicht es uns, dem Dementen, der seine Bewegungslosigkeit, seine Körpererfahrungen verloren hat, durch Berührungen, durch Waschungen, Massagen, seinen Körper bzw. das Spüren seines Körperschemas zurückzugeben. Durch Bilder, Farben, Düfte, Musik kann es möglich werden, zu entspannen und eine Zeitspanne des Wohlbefindens zu erleben. Für die Pflege der Würde von Dementen ist es unerlässlich, eine hohe Achtsamkeit zu entwickeln für alles körperliche
Erfährt sie auf einladende Weise ihre Umgebung, so kann sie sich der Welt öffnen und sich in ihrem „Nebelbewusstsein“ darauf einlassen, das Schlachtfeld der Erinnerung zu verlassen. Die Situation wird entspannt und warm, es wird Platz geschaffen für angenehmes Gefühlserleben, für das Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit, eingehüllt in die barmherzige Liebe Gottes, der stets dort wirkt, wo Pflegende bereitwillig als Werkzeug dienen wollen – eine Verschnaufpause für den Betroffenen bis zur nächsten Attacke aus der Erinnerung.
Zusammenfassung: 1. Voraussetzung für angemessene, würdevolle Pflege von gerontopsychiatrisch veränderten Menschen sind Rahmenbedingungen der Einrichtungen, die auf die besonderen Verhaltensweisen der Betroffenen und den Umgang mit ihnen abgestimmt sind. 2. Es gilt zu bedenken, wie christliche Gemeinde und jeder einzelne dazu beitragen kann, dass die alten, heute zu einem großen Teil verwirrten Menschen eine angemessene und würdevolle Begleitung in ihrer letzten Lebensphase erhalten. 3. Die Nachkriegsgenerationen müssen lernen, die enorme Lebensleistung dieser heute aus der Welt verrückten, alten Menschen zu
würdigen und ihre verstümmelten Botschaften entschlüsseln. 4. Wir sind aufgerufen, unsere Werte und unser Verhalten den Geringsten unter unseren Brüdern gegenüber zu überprüfen; wie begegnen wir diesen, wie begegnen wir Jesus Christus in ihnen? 5. Erst mit Gottes Hilfe ist die schwere Aufgabe und die große Verantwortung im Umgang mit verwirrten, alten Mitmenschen zu bewältigen. In der Nachfolge Christi dürfen auch wir nicht taub und blind sein für die Not dieser uns anvertrauten Mitmenschen. Jesus ist aufmerksam und sensibel genug in all dem Trubel um seine eigene Person, die Hilferufe von Kranken und Besessenen zu hören. Er lässt sich nicht bestimmen von den Wünschen der umstehenden Menge. Er lässt die Menge stehen und sieht den Einzelnen an. Er nimmt den Wunsch, die Hoffnungen, die Bedürfnisse dieses einen Menschen ernst und lässt ihn nicht in der Dunkelheit der Gottesferne allein. Die für unsere Welt, für unsere Realität Blinden wissen oft mehr als wir über das, was wirklich Not tut; sie werfen alle inneren Hüllen, all die lebenslang erworbenen Schalen des Selbstschutzes und der gesellschaftlichen Regeln ab. Sie aktivieren andere Lebenskräfte und sehen vielleicht auf eine andere Weise, wohin sie gehen müssen. Sie sehen mit dem inneren Auge des Vertrauens, geprägt durch das, was wir Menschen über uns selbst und unsere eigene Kraft hinaus erhoffen; woran wir uns halten, wenn wir uns nicht selbst halten können. Rosemarie Rudolph, Sachsen, Lehrerin für Pflegeberufe, Gerontopsychiatrie und Sozialmanagement Text entnommen aus: „Als Christen Demenzkranke begleiten“, CiG
HINTERGRUND
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Auch für Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus Jeder hat ein Recht auf Gesundheitsversorgung
Für jeden von uns ist es selbstverständlich, zum Arzt gehen oder ein Krankenhaus aufsuchen zu können. Für hunderttausende in Deutschland ist das jedoch nicht möglich. Es sind Menschen, die sich illegal im Land aufhalten. Sie haben keinen Aufenthaltsstatus. Wie viele es sind, ist nicht bekannt. Die Schätzungen gehen bis zu einer Million. Aber jede Zahl ist schwierig. Denn diese Menschen leben im Schatten, wollen nicht auffallen, verhalten sich ganz leise und hoffen, nicht entdeckt zu werden. Die Gründe, warum sie keine Aufenthaltsgenehmigung haben, sind vielfältig. Vielleicht wurde ihr Asylantrag abgelehnt oder ihre Duldung bzw. das Visum ist abgelaufen. Die meisten von ihnen träumen von einer gesicherten Existenz. Sehr viele von ihnen arbeiten – oft unter sehr schwierigen Bedingungen und ohne Möglichkeit, ihre Rechte als Arbeitnehmer einzufordern.
Auch sie werden krank Menschen ohne Aufenthaltsstatus werden auch krank.1 Ihr Leben im Schatten bedeutet eine hohe psychische und körperliche Belastung. Doch die meisten trauen sich nicht, zum Arzt zu gehen. Dadurch verschlimmern sich viele Krankheiten. Vorsorge ist erst recht nicht möglich. Unter ihnen sind auch viele Kinder. Eine Anlaufstelle ist die Malteser Migrantenmedizin, die es in verschiedenen Städten gibt, oder
ähnliche Stellen. Sie bieten medizinische Hilfe kostenlos an und vermitteln zu Ärzten und Krankenhäusern. Niemand muss dort seinen Namen nennen. Jeder ist willkommen. Manche haben auch eine Kindersprechstunde eingerichtet. Oft sind Menschen ohne Aufenthaltsstatus gerade in den Städten gut vernetzt. Sie kennen häufig diese Stellen. Doch natürlich können diese rein spendenfinanzierten Stellen nur eine erste Hilfe leisten, eine medizinische Grundversorgung. Zum Glück sind die rechtlichen Rahmenbedingungen heute so, dass sowohl ambulante Dienste und Krankenhäuser als auch ihre ehrenamtlichen und beruflichen Mitarbeitenden nicht in rechtliche Schwierigkeiten geraten, wenn sie diese Patienten behandeln. Sie müssen auch die Namen an keine amtliche Stelle weiterleiten. Viele Krankenhäuser bieten Hilfe an. Gerade in den kirchlichen Einrichtungen ist man gut untereinander vernetzt und leitet Patienten weiter an ein kirchliches Krankenhaus, das die Behandlung übernimmt. Viele kirchliche Krankenhäuser haben in ihrem Leitbild formuliert, dass sie Menschen ohne Versicherung nach Möglichkeit behandeln. Ein Problem ist aalerdingsdas finanzielle Risiko, das die Häuser damit eingehen.
Anonymer Krankenschein? Grundsätzlich hat jeder ein Recht auf Gesundheitsversorgung. Es gilt genauso für Menschen ohne Aufent-
haltsstatus. Viele begründen die Hilfe für diese Gruppe mit dem Nothilfegebot. Das ist auf der einen Seite richtig. Menschen in Not ist zu helfen – ohne dies an Bedingungen zu knüpfen, z.B. seinen Namen zu nennen. Das Menschenrecht auf Gesundheitsversorgung geht auf der anderen Seite jedoch weiter. Der Staat hat aus meiner Sicht auch eine Pflicht, solchen Menschen den Zugang zu einer umfassenderen Versorgung zu ermöglichen, die über reine Nothilfe hinausgeht. Möglich sein müsste auch Prävention und eine erweiterte Gesundheitsversorgung – gerade für Kinder und Jugendliche ohne legalen Aufenthaltstatus. Manche schlagen dafür die Einführung eines anonymen Krankenscheins vor. Sicherlich ist das keine schlechte Idee. Problematisch finde ich auch, dass die medizinischen Anlaufstellen rein von Spenden abhängig sind. Manche Städte haben dafür Fonds eingerichtet, in die auch kommunale Mittel fließen. Solche Möglichkeiten sollten ausgebaut werden. Denn jeder hat Anspruch auf Hilfe bei Krankheit und ein Recht auf Gesundheitsversorgung. Sie ist die Basis für ganz vieles im Leben.2
PD Dr. Ulrike Kostka, Freiburg i.Br., Leiterin Abteilung Theologische und verbandliche Grundlagen, Deutscher Caritasverband, Theologische Ethikerin, Lehrbeauftragte für Moraltheologie Universität Münster
Vgl. Deutsches Institut für Menschenrechte (Hg.), Frauen, Männer und Kinder ohne Papiere in Deutschland – Ihr Recht auf Gesundheit. Bericht der Bundesarbeitsgruppe Gesundheit/ Illegalität, Berlin 2008. 2 Kostka, Die medizinische Versorgung von Migrantinnen und Migranten zwischen Solidarität und Eigenverantwortung, 2010, Download: www.ethikrat.org 1
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REPORTAGE
Zurück in die Welt Das Heilungszentrum Eirene im Gran Chaco Paraguays Im Gran Chaco siedeln seit 1927 Mennoniten, die nach 1918 ihre Heimat in Russland aufgegeben hatten und über Kanada hier in der Tropensavanne die Kolonie Menno gründeten. Sie widmeten sich vor allem der Viehzucht, und stellen heute ein Fünftel der Milchprodukte Paraguays her. In der Abgeschiedenheit wollten die Gründer der Kolonie ein „reines” Gemeindeleben führen, das von Pazifismus und der genauen Beobachtung der Bergpredigt geprägt ist. Der technologische und wirtschaftliche Fortschritt führte inzwischen zu einer stärkeren Öffnung gegenüber der paraguayischen Gesellschaft. Mennoniten bekleiden mittlerweile höchste Ämter in der Kommunalpolitik und bis in die Staatsministerien hinein. Wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Fortschritt gingen Hand in Hand mit der Glaubenserneuerung in den mennonitischen Kirchen. Das blieb nicht ohne Spannungen und Brüche. Manch mutiger Reformator erlebte harten Widerstand von den eigenen Glaubensgenossen. Aber die neue Freiheit und Weite des Glaubens setzte sich durch. Nicht zuletzt brachte sie ein neues Bewusstsein der sozialen Verantwortung hervor. Sie helfen, wo Not ist in den eigenen Reihen. Bei den streng Konservativen zum Beispiel: Sie lassen den Kontakt nicht abreißen, besuchen andere auch in Bolivien, kümmern sich um ihre seelischen Probleme. Die Geschlossenheit der Glaubens-, Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft ist aber auch unter den Fortschrittlichen eine stets sensible Herausforderung. Der Anspruch, ein
guter Christ zu sein, kann bedrückenden Zwang ausüben. Viele kennen sich so gut, dass sie besser verheimlichen, was nicht so gut ist: die verborgenen Probleme in den eigenen vier Wänden. Nicht von ungefähr führen Beziehungs- und Suchtprobleme die Häufigkeitsliste der Einweisungen in die psychiatrische Klinik Sanatorio Eirene in Filadelfia an. Das Engagement für ihre „geistig Armen“ hatten sie schon aus Russland mitgebracht. Dort war 1912 eine große psychiatrische Klinik gegründet worden. Sie sollte 300 Patienten Zuflucht und fachliche Hilfe bieten. Aber dann kamen der Weltkrieg und der Bolschewismus. Nach Jahren bitterster Not wurde die Klinik abgerissen. Sie musste einem der gewaltigen Dnjepr-Staudammprojekte weichen. Im Chaco fingen sie neu damit an. Liebevoll, aber auch mühevoll, so lange es noch keine guten Psychopharmaka gab. Hinter Bretterzäunen, Gittern und verschlossenen Türen, um Patienten und Personal zu schützen. Das schuf Vorurteile und Distanz. Wie ja auch bei uns: Klapsmühle, Irrenhaus... Aber mit den neuen Medikamenten und der Einbeziehung von Psychotherapie wurde vieles besser. Chronisch psychisch kranke Menschen fanden ein Zuhause im Sanatorio Eirene. Menschen mit akuten Seelen- und Beziehungsnöten fanden Behandlung, Beratung und Schutz. Das Sanatorio Eirene veränderte sein Gesicht. Auf dem weitflächigen Naturgelände, das dem europäischen Besucher wie ein wundervolles tropisches Gewächshaus ohne Dach vorkommt, mit den dornenbewehrten Flaschenbäumen, blühenden Kakteen, wild verschlungenen
Lianendächern und bunten Vögeln, wurde der zentrale Klinikbau, das Waldhaus, mit geräumigen Zimmern und einem Gemeinschaftsraum errichtet, in dem Personal und Patienten miteinander essen, spielen und wöchentlich alle zum Gottesdienst kommen. Zuletzt entstand ein neuer, moderner Behandlungs-, Beratungs- und Verwaltungstrakt mit einem geräumigen Vortragssaal. Alles gut klimatisiert, wohltuend bei der Hitze im Chacosommer mit Temperaturen bis zu 45 Grad. Die eingezäunte Anstalt verwandelte sich in ein offenes Freizeitparadies. Mitten in Eirene haben sie einen kleinen Zoo eingerichtet. Beschäftigungstherapie für die einen, Attraktion für Gäste. Die Tapire, die Wildschweine, die Affen, die Strauße und die prächtigen Papageien fühlen sich sichtlich wohl. Ein paar Meter weiter lädt der Riesengrill zum Asado mit Riesenmengen gebratenem Rindfleisch ein; eine offene Halle daneben dient für Sport und Feste. Eirene, auf Deutsch „Friede“: Der Name ist Programm. Raum des Friedens im biblischen Sinn soll es sein. Kulturverbindender Ort des biblischen Schalom. Allen, die es brauchen, steht Eirene offen; aus sechs verschiedenen Kulturen kommt die Mitarbeiterschaft. „Wir versuchen, den ganzen Menschen zu sehen, wie Jesus es auch tat“, betont Hein Frie-
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viel Gutes geworden, hier ist Leben. Hier sind Christen mit dem Herz am rechten Fleck. Menschen in Bewegung. Von wegen Ende der Welt.
Hans-Arved Willberg, Karlsruhe, Theologe, Pastoraltherapeut, berichtet aus Paraguay
sen, Psychologe und Chef der Einrichtung seit 2009. Wie es auch das Logo ausdrückt: Den Schenkeln des gleichseitigen Dreiecks – mit dem Kreuz mittendrin – sind der Friede mit Gott, dem Nächsten und dir selbst zugeordnet. „Liebe Gott und deinen Nächsten wie dich selbst.“ Die drei gehören zusammen. Dafür schlägt ihr Herz: das gleichermaßen ernst zu nehmen. „Wenn unsere Patienten beim Abschied sagen: ‚Euer liebevoller Umgang hat uns so gut getan’, dann ist das geschehen, was wir hier wollen“, bestätigt Horst-Dieter Janz, Pastor, Therapeut und Viehzüchter, der Vorgänger von Friesen. An die 20 chronisch psychisch Kranke wohnen in Eirene. 150 Patienten werden jährlich zur stationären Akutbehandlung aufgenommen und intensiv betreut. „Wir hatten letztes Jahr einige Male ernste Schwierigkeiten wegen Raummangel“, berichtet Friesen. Der Wunsch nach ambulanter Beratung ist auch groß geworden. Das kleine Ärzte- und Therapeutenteam hielt im letzten Jahr 5.000 Sprechstunden für externe Patienten. Die Personaldecke ist nicht besonders dick. Nur ein einziger vollzeitlich angestellter Facharzt für Psychiatrie steht zur Verfügung. Sehr gewachsen ist auch der Bedarf an dezentraler Schulung und Beratung in psychosozialen Fragen vor Ort, besonders in den ostparaguayischen
Mennonitenkolonien, für die eine Fahrt mit dem Pickup nach Filadelfia eine Tagesreise lang ist. Darum hat man den Servicio Menonita de Salud Mental (SMSM) gegründet. Das ist die überregionale mennonitische Organisation zur Förderung der psychosozialen Gesundheit in Paraguay. Eirene ist ihr Zentrum. Von dort aus fährt ein Team regelmäßig in die Kolonien, um medizinisch und seelsorgerlich zu beraten, Vorträge zu halten, sich mit den Verantwortlichen vor Ort auszutauschen und sie zu begleiten. „Bewusstmachung und Vorbeugung ist die Hauptaufgabe von SMSM“, sagt Gesamtleiter Hein Friesen. SMSM ist darum auch an den Schulen tätig. Es hat sich einiges getan in den letzten Jahren. Der Erneuerungsprozess setzt sich fort. Die Lernbereitschaft war schon immer groß, aber die Verantwortlichen setzen auch um, was sie lernen. Das Gesprächsniveau ist gestiegen. Die Beiträge in Gruppenarbeit und Plenum zeugen von der Verinnerlichung der seelsorgerlichen Basics. Es ist schön, mit ihnen zu arbeiten. Sie verstehen, was ich sage. Sie sind mit Engagement dabei. Ihr Selbstbewusstsein ist gewachsen. Als Besucher kann ich es fassen und glauben: Sie dienen den Menschen, sie helfen ihnen wirklich. Eirene ist ein Ort des Friedens und der Barmherzigkeit und SMSM trägt den Samen dieser Segenspflanze ins ganze Land hinein. Hier wird vieles neu, hier ist
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HINTERGRUND
Beauftragt, zu heilen Christliche Gesundheitsarbeit aus der Sicht der Ärztlichen Mission
Bilder: Relief an der Kirchentür von Nkonjok, Kinder in Ndiki, Südkamerun
Mitte des 20. Jahrhunderts wurde christliche Gesundheitsarbeit in Übersee grundsätzlich hinterfragt. Denn zum einen zeigte sich, dass ein „Export“ des westlichen Modells die Gesundheit in armen Ländern nicht nachhaltig verbessern konnte. Dieser Ansatz einer krankenhauszentrierten, technisierten Medizin änderte nichts an den eigentlichen Ursachen von Krankheiten, wie zum Beispiel an hygienischen Verhältnissen, an Fehl- und Mangelernährung und auch an der Armut als krankmachendem Faktor. Dazu kam, dass die christlichen Dienste gerade wegen ihres hohen Standards immer teurer wurden – nicht nur für deren Träger, sondern auch für die, die sie in Anspruch nahmen. Die christliche Gesundheitsarbeit war in der Gefahr, ein „Dienst“ für die Reichen in wirtschaftlich armen Ländern und gleichzeitig für die große Mehrheit der Bevölkerung unerschwinglich zu werden. Musste die Arbeit anders konzipiert werden oder sollten die Kirchen ihren Heilungsauf-
trag ganz abgeben, zum Beispiel an staatliche Gesundheitssysteme? Um hier Klarheit zu bekommen, wurde 1964 vom Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) eine Konsultation einberufen, die im Deutschen Institut für Ärztliche Mission (Difäm) stattfand. Die Teilnehmenden kamen – für die damalige Situation – zu überraschenden Ergebnissen. Sie bezogen die Gesundheitsarbeit eindeutig auf den Heilungsauftrag Jesu und betonten, dass sie eine Qualität hat, die sie in mancher Hinsicht von nichtkirchlichen Gesundheitsdiensten unterscheidet. Die wichtigste These: „Die Kirche hat eine besondere Aufgabe auf dem Gebiet des Heilens. Das bedeutet, dass Einsichten in das Wesen von Heilung gegeben sind, die nur in Verbindung mit dem Glauben an Christus zu gewinnen sind. Die Kirche kann sich ihrer Verantwortung auf dem Gebiet des Heilens nicht entledigen, indem sie diese anderen Organisationen überträgt.“1
Christliches Verständnis Die Praxis der Ärztlichen Mission und die vom ÖRK angeregten Gespräche ergaben wegweisende Einsichten. Deren wichtigste: Gesundheit ist nicht nur und nicht in erster Linie ein medizinisches Problem.2 Vor allem die Christen im Süden betonten, dass Gesundheit, Krankheit und Heilung immer eine körperliche, spirituelle,
soziale und politische Dimension haben. Basis für ein christliches Verständnis von Gesundheit ist das Menschenbild, nach dem die Menschen in Beziehungen leben und auf diese angelegt sind: zu sich, zu den Mitmenschen, zur Schöpfung und zu Gott. Gesund im christlichen Sinne ist nicht der Mensch, der über einen „funktionierenden“ Körper verfügt, sondern der, der in guten Beziehungen lebt.
Berechtigte Kritik Der ÖRK approbierte 1990 eine Definition von Gesundheit, die diesem vieldimensionalen Gesundheitsverständnis Rechnung zu tragen versucht: „Gesundheit ist eine dynamische Seinsart des Individuums und der Gesellschaft, ein Zustand des körperlichen, seelischen, geistigen, wirtschaftlichen, politischen und sozialen Wohlbefindens, der Harmonie mit den anderen, mit der materiellen Umwelt und mit Gott.“3 Diese Definition ist angelehnt an die der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Aber sie erweitert diese, indem sie den Aspekt des Wohlbefindens der Gesellschaft und die geistige Dimension von Gesundheit einführt. Natürlich trifft auch hier die Kritik zu, die gegenüber der WHO-Definition geäußert wurde: In diesem umfassenden Sinne könne niemand gesund sein und somit sei diese Definition utopisch. Diese Kritik ist berechtigt, wird aber relativiert, wenn man die eigentliche Absicht dieser Definition kennt. Sie will vor allem aufzeigen, dass Gesundheit keineswegs nur vom medizinischen System abhängig ist, sondern von vielen Faktoren bestimmt wird. In diesem Sinne ermutigt diese Definition, ein soziales Netz und die Beziehung zu Gott als heilende Faktoren zu sehen und in therapeutische Konzepte einzubeziehen.
HINTERGRUND
Merkmale und Ziele heute Ohne christliche Gesundheitsarbeit wären die Gesundheitssysteme in vielen Ländern gar nicht funktionsfähig. In Uganda, Tansania und im Kongo zum Beispiel wird etwa die Hälfte aller Gesundheitseinrichtungen von den Kirchen getragen. Was aber kennzeichnet nun die Arbeit heute? Folgende Kriterien wurden im Hinblick auf die Gesundheitsarbeit in Übersee entwickelt, sind aber durchaus auch im Norden relevant.4 1. Ganzheitliche Versorgung: Christliche Arbeit verbindet qualitativ bestmögliche medizinische Versorgung mit menschlicher Zuwendung und bezieht soziale und spirituelle Faktoren in ihr heilendes Handeln ein. Sie fragt nach den Bedürfnissen der Zielgruppe und ist diesen angepasst. Ein Schwerpunkt liegt auf der gemeindegetragenen Gesundheitsarbeit, die Menschen in den Gemeinden aktiv einbindet. 2. Gerechtigkeit („equity“): Die Gesundheitsangebote sollen sowohl geographisch wie auch finanziell allen zugänglich sein („accessibility“ bzw. „affordability“). Besonders im Blick sind jene, die als Benachteiligte besondere Aufmerksamkeit und helfende Zuwendung („compassion“) brauchen. In wirtschaftlich armen Ländern sind es zum Beispiel Frauen, Kinder, Menschen in ländlichen Regionen und Menschen mit seltenen Krankheiten. Bei uns gehören alte Menschen und Behinderte sowie Menschen mit Alkohol- und Drogenproblemen dazu. 3. „Gesundheit für alle“: Die Arbeit dient dem von der WHO gesetzten Ziel „Gesundheit für alle“. Um dieses zu erreichen, geht es vor allem um die Verbesserung der Bedingungen für Gesundheit, etwa durch die Bekämpfung von Fehl- und Mangelernährung, durch Gesundheitserziehung, Armutsbekämpfung und durch das Eintreten („avocacy“) für das Menschenrecht
auf Gesundheit im Sinne des Zugangs zur qualitativ bestmöglichen Gesundheitsversorgung. 4. Verbesserung von Gesundheitssystemen: In Ergänzung zur direkten Hilfe arbeitet christliche Gesundheitsarbeit an strukturellen Verbesserungen. Dazu gehören Bemühungen um Nachhaltigkeit („sustainability“) durch Förderung einer tragfähigen Finanzierung von Gesundheitseinrichtungen und die Verbesserung des Managements und der Verwaltung. Besonders im Süden müssen kirchliche Gesundheitseinrichtungen den Beschäftigten gute Arbeitsbedingungen bieten, um zu verhindern, dass sie an staatliche Einrichtungen überwechseln. Verschiedene Maßnahmen sollen dem entgegenwirken: faire Entlohnung, Karriereperspektiven, Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung und Angebote sozialer Absicherung. Nicht zuletzt gehört dazu auch das Bemühen, Überforderungssituationen bei Mitarbeitenden zu erkennen und ihnen gegenzusteuern („member care“).
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Gesundheit in unserer Gesellschaft entgegenwirken. Medien propagieren das Ideal des körperlich makellosen, leistungsstarken und jungen Menschen, Gesundheit erscheint als konsumierbares Gut, das eingefordert werden kann. Dies birgt die Gefahr, dass sich Menschen mit nicht heilbaren chronischen Krankheiten und Behinderungen ausgegrenzt fühlen. Körperliche und seelische Gesundheit als unverfügbares Geschenk zu sehen, Begrenzungen als zum Leben gehörig anzunehmen und im Bewusstsein zu halten, dass das Leben unter keinen Umständen seine Würde verliert, ist wesentlich. Eine weitere Aufgabe ist das Einbringen der spirituellen und sozialen Dimension von Heilung in therapeutische Konzepte. In dieser Hinsicht kann heute ein Süd-Nord-Lernprozess stattfinden: In den Ländern des Südens ging über die Jahrhunderte hinweg nie das Bewusstsein dafür verloren, dass Gebet, heilende Rituale und soziale Netzwerke wesentliche heilende Faktoren sind, die die Schulmedizin nicht ersetzen können oder wollen, diese aber sinnvoll und heilsam ergänzen.
Schwerpunkte in Süd und Nord In den Ländern des Südens haben immer noch viele praktisch keinen Zugang zur Gesundheitsversorgung. Hier geht es für die Kirchen auch heute darum, ihre Aufgabe und ihre Möglichkeiten in der medizinischen Grundversorgung zu sehen und wahrzunehmen – möglichst unter noch stärkerer Einbindung der Gemeinden. In den Industrienationen ist die Basisgesundheitsversorgung für die meisten – noch – gewährleistet durch Krankenversicherungen und Gesundheitseinrichtungen. Möglicherweise wird aber auch hier in Zukunft eine Veränderung eintreten und ein stärkerer Einbezug der Gemeinden überdacht werden müssen. Aber schon jetzt haben Kirchen und Christen in den Ländern des Nordens zwei wesentliche Aufgaben: Auf Grund des biblischen Verständnisses von Gesundheit sollen sie der Übersteigerung körperlicher
Ökumenischer Rat der Kirchen, Auftrag zu heilen (Studien des ÖRK Nr. 3), Genf 1966, 37 2 Deutsches Institut für Ärztliche Mission e.V. (Hrsg.), Das christliche Verständnis von Gesundheit, Heilung und Ganzheit. Studie der ChristlichMedizinischen Kommission Genf, Tübingen 1990, 6 3 Ebd. 9 4 Die hier vorgestellten Qualitätskriterien wurden zusammengestellt auf Grund von Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen im Difäm. 1
Dr. med. Beate Jakob, Studium der Medizin und der Katholischen Theologie; Tätigkeit an Krankenhäusern in Tübingen und Kenia, Referentin beim Deutschen Institut für Ärztliche Mission (Difäm) in Tübingen.
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STANDPUNKT
Kontrovers Alternative Heilverfahren aus christlicher Sicht
Heilverfahren
Sogenannte „Sanfte Heilverfahren“ oder „Alternative Medizin“ erfreuen sich in der Bevölkerung einer zunehmenden Beliebtheit. Selbst bei manchen Vertretern aus den Reihen der sogenannten „Schulmedizin“ findet sich ein wachsendes Interesse für die „unkonventionellen Heilverfahren“. Breites Angebot Christen stehen dieser breit gestreuten Gruppe alternativer Heilverfahren unterschiedlich gegenüber. Viele sehen die Notwendigkeit, das etablierte therapeutische Spektrum zu erweitern insbesondere in der Behandlung chronisch Kranker. Manche betonen, dass einige der Heilverfahren Türöffner für esoterische Einflüsse sein können. Hierbei bedarf es einer klaren Orientierung. Andere zeigen in ihren Beiträgen die Neigung, persönliche Erfahrungen
und Sichtweisen dogmatisch zu verallgemeinern. Hier ist ein offener Dialog wünschenswert.
liche Beurteilungskriterien, wie sie z.B. in wissenschaftlichen Studien angewandt werden.
Differenzieren ist notwendig
Weltanschauung mit bewerten
In der Akademie Christen im Gesundheitswesen e.V. haben wir seit 1996 zahlreiche Seminare zu dieser Thematik durchgeführt. Hierbei haben wir mit über 2000 überwiegend im Gesundheitswesen tätigen Christen grundlegende und praktische Aspekte der Thematik reflektiert und diskutiert. Es zeigt sich, dass ein differenzierter Umgang mit Heilverfahren notwendig ist, der zwischen methodischen und weltanschaulichen Anteilen unterscheidet. Ein Heilverfahren ist in der Regel nicht aufgrund der Methodik – also z.B. der technisch-apparativen, manuellen oder pharmakologischen Aspekte – aus christlich-geistlicher Sicht heraus zu beurteilen. Hier gelten zunächst naturwissenschaft-
Hinter jeder pflegerischen, therapeutischen und medizinischen Handlung steht letztendlich ein Grundverständnis von Krankheit, Gesundheit und Heilsein des Menschen, die wiederum weltanschaulich geprägt sind. Die in einem Heilverfahren bzw. der Person des Anwenders deutlich werdende Weltanschauung, ihre „Heilkunde“, ihr „Glaube“ sind immer mit zu bewerten – aus geisteswissenschaftlicher bzw. theologisch christlicher Sicht.
Zwei Wege Ein und dieselbe Methodik kann mit unterschiedlichen Weltanschauungen eingesetzt werden: z.B. die Technik der Akupunktur mit westlich-rationa-
STANDPUNKT
listischem Selbstverständnis oder mit östlich-religiösem Hintergrund, z.B. die Anwendung von RingelblumenSalbe als rationale Phytotherapie oder im Sinne des anthroposophischen Heilungsverständnisses.
Notwendigkeit einer gewissenhaften Auseinandersetzung mit einem Heilverfahren sind allerdings für denjenigen umso größer, der das Heilverfahren anderen empfiehlt bzw. selber therapeutisch einsetzt.
Wachsende Verantwortung
In ChrisCare
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christlicher Sicht“, die über Christen im Gesundheitswesen zu beziehen ist. Interessierte sind darüber hinaus zu den gleichnamigen Tagesseminaren der CiG-Akademie herzlich eingeladen.
Dr. med. Georg Schiffner, Aumühle,
Wir sind somit als Christen herausgefordert, neben der Beurteilung der Methodik auch das weltanschauliche Selbstverständnis eines Heilverfahrens bzw. des einsetzenden Therapeuten zu erkunden und in unsere Stellungsnahme einzubeziehen. Christen ziehen hierbei die Grenzen zwischen Zustimmung und Ablehnung unterschiedlich. Jeder steht dafür persönlich in Verantwortung vor sich selbst und vor Gott. Die Verantwortlichkeit vor den Mitmenschen und damit die
Als Herausgeberkreis von ChrisCare möchten wir in loser Reihenfolge Beiträge zu Alternativen Heilverfahren veröffentlichen, die durchaus kontrovers sein dürfen. Gern nehmen wir hierzu auch Ihre Meinung in Form von Leserbriefen auf, denn eine gute Diskussionskultur kann in dieser komplexen Thematik nur förderlich sein. Zur Vertiefung grundsätzlicher Hilfen im Umgang mit Alternativen Heilverfahren verweisen wir auf die Broschüre „Alternative Heilverfahren aus
Facharzt für Innere Medizin, Naturheilverfahren, Geriatrie, Palliativmedizin, Vorsitzender Christen im Gesundheitswesen e.V.
CiG-Denkanstöße Nr. 5, Reinhard Köller, Georg Schiffner, Alternative Heilverfahren aus christlicher Sicht, 30 Seiten, 3,00 Euro, 2008, Bezug über CiG, Bergstraße 25, 21521 Aumühle, info@cig-online.de
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DISKUSSION
Christlicher Glaube, spirituelle Informationen und Kräfte in einer pluralen Welt Yoga – eine andere Form gymnastischer Übungen? Heilverfahren mit fernöstlicher Tradition sind bei uns im Westen längst hoffähig geworden. Sind sie auch mit dem christlichen Glauben kompatibel? Nehmen Sie die weitverbreitete Methode für Gesundheitsgymnastik, meditative und konzentrative Entspannung, Yoga. Etwa jeder 15. - 20. Patient erzählt mir in der Anamnese, dass er Yoga praktiziere oder schon mal praktiziert habe. Yoga kommt aus dem Sanskrit1 und heißt wörtlich: „Das Anjochen, Anschirren“.Yoga ist eine indische Lehre/Philosophie, ein Verbund geistiger, physischer und moralischer Übungen, mit deren Hilfe Geist und Körper des Menschen an das als unpersönlich verstandene Absolute (Göttliche) „angejocht“ werden sollen. Im Hinduismus ist die Vereinigung des menschlichen „Atman“ (des „empirischen Selbst“) mit der göttlichkosmischen Weltenseele „Brahman“ gemeint. Atman wandert nach der Advaita Lehre als Substanz durch die verschiedenen Inkarnationen, bis die Wesensidentität von Atman und Brahman erkannt wird. Schließlich führt die Erkenntnis zu Erlösung: zum vollständigen Aufgehen vom Selbst in der göttlich-kosmischen Weltenseele. Nur eine kleine Zahl der Menschen, die sich in einem Yogakurs einem Yogalehrer anvertrauen, wird diesen Bogen spannen (wollen). Wählen sie doch sehr bewusst Yoga und nicht irgendeine andere Form gymnastischer Übungen, an Auswahl fehlt es ja nicht. Was verbirgt sich hinter der
Wahl für Yoga? Die Sehnsucht nach etwas Geheimnisvollen, dem Fluidum oder gar die spirituelle Bedürfnissättigung in einer sehr diesseitig orientierten Welt? Yoga, für jeden etwas? Die Synthese reiner Körperübungen, symbolträchtiger Sitzhaltungen (Asanas, wie z.B. der Lotussitz) und die Aktivierung von Mantren (Klang- oder Sprachsilben, die helfen sollen, mit der transzendenten göttlichen Kraft in Verbindung zu treten). Yoga ist eine gezielte religiöse Übung, ein Weg, der mit dem bekannten Sonnengruß startet. Geistig hilft die Übung, die Harmonie einkehren zu lassen und Selbstvertrauen zu stärken. Kann man den Lotussitz praktizieren ohne den „Sonnengruß“? Wir müssen uns einerseits mit der Tatsache auseinandersetzen, dass Begriffe sprachlich belegt sind! Der Lotussitz ist eben nicht die asiatische Perfektion unseres Schneidersitzes. Er ist und bleibt die Sitzhaltung zum Sonnengruß im Kontext von Yoga.
Vielfältige Formen
positiv gesehen. Er dient als Instrument zur Erlösung. Die am Steißbein zusammengerollte Feuerschlange3 (Zentrum für weibliche Energie) soll durch die Energiezentren des Körpers (Chakren) aufsteigen und sich mit der unter dem Schädeldach lokalisierten männlichen Energie4 vereinen. Der Weg dahin ist ein Entwicklungsprozess, bei dem Energiebahnen geöffnet werden. Geben Sie im Internet „Hilfe durch Yoga“ ein, stoßen Sie auf eine scheinbar andere Welt. Yoga erscheint als dynamisches Übungskonzept mit vielfältigen gesundheitsfördernden Auswirkungen. Als lebendiger, zeitgemäßer Weg zu Lebenskraft und Ganzheit, verwurzelt in erfahrenen Traditionen. Yoga hilft bei Bluthochdruck, bei Diabetes, bei Beschwerden in den Wechseljahren, dient zum Stressabbau oder zur Selbstannahme und weckt Heilkräfte gegen chronische Erkrankungen. Es ist gut kombinierbar mit anderen Naturheilverfahren und hilft, wo die Schulmedizin an ihre Grenzen stößt.
Ein klassischer achtstufiger Weg ist heute als „Raja-Yoga“ (Königs-Yoga) bekannt2. Es gibt noch ca. 40 weitere Formen des Yoga, die sich über die Jahrhunderte entwickelt haben. Einige erfordern harte Disziplin und Askese, andere sind leichter auszuüben und bereits durch regelmäßige körperliche Ausdrucksformen zu verwirklichen. Eine bekannte Form ist das Hatha Yoga, wörtlich „Sonne-Mond“ Yoga, das auf den bengalischen Yogi Gorakhnath zurückgeht. Im Gegensatz zum klassischen Yoga wird hier der Körper
Krankenhäuser, Kliniken, Rehazentren und andere Institutionen, die etwas auf sich halten, bieten Yogakurse an. Auch Einrichtungen, die in der christlichen Tradition verwurzelt sind? Ja! Auf der
DISKUSSION
Webseite einer christlichen Klinik in Norddeutschland ist zu lesen: „Neben der klassischen Geburtsvorbereitung, Kursen zu den Themen Stillen, Wassergymnastik und Babymassage sowie dem Besuch der Hebammensprechstunde werden Bauchtanz und Yoga in der Schwangerschaft immer populärer“. Lassen Sie sich mit den Initiatoren in ein Gespräch verwickeln: Yoga statt kontemplativer Gymnastik, weil es bei den Leuten gut ankommt und seinen Reiz hat? In Studien positive gesundheitliche Auswirkungen zeigt und fraglos einen ganzheitlichen Ansatz unterstützt, bei dem der Mensch im Mittelpunkt stehe und seine Mitte finde. Was sind die Motive, Yoga in die christlichen Häuser zu holen? Warum wird nicht Eutonie (ich meine nicht Eurythmie, wie sie in der Antroposophie praktiziert wird), warum nicht geistliche Übungen in wechselnden entspannenden Körperhaltungen und unter Einbeziehung christlicher Symbole angeboten? Zugegeben, ich habe die Alternativen sprachlich etwas holprig formuliert. Aber lassen Sie sich nicht einreden, solche Angebote könnte man nicht attraktiv auch für Kirchenferne gestalten! Die Erfahrung zeigt: Man kann! Sie sind gläubiger Christ. Welche Bühne betreten Sie im Yoga? Womit starten Sie? Mit dem Lotussitz oder mit einem achtförmig verschraubten Schneidersitz? Praktizieren Sie letzteren, könnte jemand trotzdem auf die Idee kommen, einen Yogi im Lotussitz anzutreffen. Sieht vielleicht so aus, sagen Sie, ist es aber nicht – nicht im Entferntesten. Wenn Sie dem erstaunten Zuschauer jetzt noch erklären würden, dass Sie
hier ihre Art von Yoga praktizierten, hätten Sie ihn wohl vollständig verwirrt! Wo Yoga drauf steht, ist auch Yoga drin, könnte man in sprachlicher Anlehnung an einen unserer Wirtschaftsminister treffend sagen. Mit der Einladung zu Yoga öffnen wir auch die Bühne zum Yoga. Christen tun gut daran, sich allem Anschein von Synkretismus fernzuhalten – einer Überzeugung, nach der alle Religionen auf ihre Art den Weg zu Gott weisen, zu ihm hinführen. Damit Sie mich nicht missverstehen: Wer den Gott Abrahams, den Schöpfer der Welt, den dreieinigen Gott von ganzem Herzen sucht, der wird ihn auch finden. Auch auf dem Pfad fremder Religionen. Denn Gott kommt in Jesus zu allen Menschen – an jedem Ort will er uns begegnen. Aber es ist nicht ratsam, den Suchenden dann in einen hinduistischen Tempel zu „entführen“, wenn die Kapelle sogar noch seinen Weg kreuzt, oder?
© epd-bild / Stephan Wallocha
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Das Konzept von Karma und Reinkarnation ist mit der christlichen Auferstehungshoffnung nicht vereinbar. Jeder Yoga-Lehrer kennt durch seine Ausbildung die spirituellen Hintergründe und das Ziel, die Vereinigung mit dem kosmischen Göttlichen. In diesem Kontext mögen durchaus sogar christliche Symbole verwendet werden, ohne dass auch nur im Entferntesten eine Begegnung mit dem personalen Gott der Bibel beabsichtigt ist.5 Sie, lieber Leser, sind herausgefordert, die biblisch-christlich fundierte Antwort für sich persönlich zu umreißen. Und eine Position gegenüber den Initiatoren von Yogakursen in christlichen Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen zu finden. Ich kann dem Argument folgen, dass christliche/konfessionelle Einrichtungen keine Klöster auf einem einsamen heiligen Berg sind. Es darf darüber nachgedacht werden, ob nicht ein Yogakurs einen Raum
© epd-bild / Norbert Neetz
Heilungsgottesdienste sind kein Spezialität kleiner Kirchen in Afrika oder Lateinamerika. Auch die großen Konfessionsfamilien haben die Chancen solcher Dienste erkannt. Hier: Teilnehmer eines Heilungsgottesdienstes 2003 in der anglikanischen Holy Trinity Church in Winnipeg (Kanada). Der Heilungsgottesdienst mit Gebet, Salbung mit Öl und Handauflegung wurde im Rahmen der zehnten Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes (LWB) veranstaltet.
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DISKUSSION
im Komplex bekommen darf. Dann auch eine Moschee...? Bei aller Vielfalt selbst im direkten Umfeld des Patientenbettes: Wo versteckt sich der Hinweis auf die Patientengottesdienste, den Raum der Stille mit einem Kreuz, einer Kerze? Wo finde ich den Seelsorger oder einen Menschen, der bereit ist, mit mir zu beten? Oder eine Bibel, wenn ich darin lesen will? Yoga ist hier nur ein Beispiel, ein Grundproblem aufzudecken und Lösungswege anzureißen. Wie steht es um die Praxis der „westlichen Akupunktur“, einer methodisch definierten Nadelstichtechnik auf bestimmten Leitbahnen, deren Punktlokalisationen sich zum größeren Teil mit autonom-nervalen Gefäß-Nervenbündeln anatomisch
und physiologisch beschreiben lassen? Ist sie in christlichen Einrichtungen anwendbar oder sogar integrierbar? Wie steht es um die Akupunktur im Wirkraum der TCM, der Traditionellen Chinesischen Medizin? Ist das ein Unterschied? Ich freue mich auf Anregungen, Fragen und Kritik.
Reinhard Köller, Niedergelassener Facharzt für Allgemeinmedizin, Naturheilverfahren, Neuraltherapie, Hamburg, Mitglied im bundesweiten Leitungskreis von Christen im
Jahrtausende alte klassische Sprache indo-europäischer Herkunft, die im Norden Indiens beheimatet war. Sie hat in Indien eine ähnliche Bedeutung wie für uns das alte Latein. In ihr wurden z.B. die frühen buddhistischen Schriften abgefasst. 2 zitiert aus: Rüdiger Hauth (1998) Kompaktlexikon Religionen, Brockhaus Verlag, Wuppertal 3 Kundalini = Schlange, Schlangenkraft; die nach hinduistisch tantrischer Lehre zusammengerollte weibliche Energie Shakti. Man spricht auch von Kundalini-Yoga 4 Sahasrara Chakra = männliche Energie; Das Ziel von YogaTechniken ist die Vereinigung der weiblichen mit der männlichen Energie, das einer Erleuchtung gleichkommt. 5 Kamphuis, M u. E., (2010) Spirituelle Kräfte des Neuen Zeitalters. Brunnen Verlag, S. 68-73
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Gesundheitswesen e.V., Aumühle
Alternativen
Warum denn kein Yoga?
Zum Umgang mit alternativen Heilmethoden
Unter bestimmten Voraussetzungen werden Yoga-Kurse in Deutschland von den gesetzlichen Krankenkassen als Maßnahmen der Primärprävention nach § 20 SGB V bezuschusst, weil Yoga auf viele Menschen eine beruhigende, ausgleichende Wirkung hat. Als Heilpraktiker für Psychotherapie werde ich deshalb gelegentlich gefragt, ob ich auch Yoga anbiete. Was ich verneine, weil ich auf die Klassiker unter den Entspannungsverfahren setze, auf die Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson und auf das Autogene Training nach Schultz.
Yoga als Christ?
Mitunter werde ich aber auch als Christ und Theologe gefragt, ob man als Christ Yoga machen dürfe. Ich frage dann zurück: Ist das jetzt eher eine neugierige Frage, oder ist Ihnen ganz tief in Ihrem Herzen eigentlich schon klar, dass Christ sein und Yoga machen eher nicht zusammen passen? Ist letzteres der Fall, ist die Sache für mich klar. Als Christ sage ich dann mit Paulus: „Was nicht aus dem Glauben kommt, ist Sünde“ (Römer 14,23). Und als Heilpraktiker für Psychotherapie füge ich hinzu: Nicht jedes Entspannungsverfahren ist gleichermaßen für jeden geeignet.
Diese Antwort ist eine seelsorgliche Antwort, die den Fragesteller in seinen ganz persönlichen Überzeugungen respektiert und von der Bibel her darauf reagiert. Die Frage nach der grundsätzlichen Vereinbarkeit von Christ sein und Yoga machen ist damit noch nicht einmal berührt. Ohne auch nur einen Gedanken daran zu verwenden, worum es beim Yoga wohl gehen könnte, gebe ich diesem Christen zu bedenken, dass er meines Erachtens um seinetwillen besser daran täte, kein Yoga zu machen. Ganz anders reagiere ich, wenn die Frage, ob man als Christ Yoga
DISKUSSION
machen dürfe, eher eine neugierige Frage ist. Denn dann lohnt es sich, genauer hinzuschauen, worum es beim Yoga eigentlich geht. Jedes bessere Lexikon gibt Auskunft darüber: Da ist dann die Rede von einer indischen philosophischen Lehre, die dem Hinduismus, in Teilen aber auch dem Buddhismus verbunden ist. Die in einer Vielzahl unterschiedlicher Lehrmeinungen und Sichtweisen überliefert ist. Und von der man deshalb nur im Plural sprechen kann. In der Praxis differenziert sich diese Lehre deshalb in zweifacher Weise aus – in ihrer theistischen Variante als Weg zur Gotteserkenntnis, und in ihrer atheistischen Variante als Weg zur Erleuchtung. Wobei im Laufe ihrer geschichtlichen Entwicklung den körperlichen Übungen auf diesem ursprünglich rein spirituellen Weg eine immer größere Bedeutung zukommt; so entsteht das sogenannte Hatha Yoga im Ergebnis einer zweieinhalbtausendjährigen Entwicklung erst im 15. Jahrhundert n.Chr.. Hierzulande dürften diese Auskünfte jedoch nur noch für Religionswissenschaftler von Interesse sein. Denn mit der Verpflanzung dieses indischen Gewächses nach Westeuropa und Nordamerika, mit diesem Import einer östlichen Lehre in den westlichen Kulturkreis geschieht ein Doppeltes: Einerseits entstehen auf dem durch üppige Phantasie überdüngten Boden der Orientalistik – so Boris Sacharow, einer der Wegbereiter des Yoga im Westen – neue („esoterische“) religiöse Bewegungen. Und auf der anderen Seite entstehen im Zuge des Wellness-Trends, anknüpfend an die Psychosomatik, ebenso neue, von religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen weitgehend unabhängige Yogaformen von Poweryoga bis Yogilates, einer Mischung von Yoga und Pilates, von anderen eher geschäftlichen Interessen geschuldeten Yogaformen (wie
Business Yoga, Charity Yoga usw.) ganz zu schweigen. Mit anderen Worten: Das, was hierzulande, ob mit oder ohne religiösen Anspruch, als Yoga vermittelt wird, hat in der Regel mit dem klassischen Yoga so wenig zu tun, dass eine Bezugnahme auf das klassische Vorbild eher verwirrt als erhellt.
Was sagen Yogalehrer? Weit aufschlussreicher als die einschlägigen Lexika scheinen mir deshalb die Berufsethischen Richtlinien des Bundesverbandes der Yogalehrenden in Deutschland e.V. (BDY), in dem sich die beiden o.g. Tendenzen spiegeln. Doch selbst danach gründet Yoga nicht auf religiösen, sondern auf ethischen Prinzipien, die den Yogalehrer dazu anleiten, 1. Gesundheit und Lebenskraft der Yogalernenden zu fördern, 2. ihnen Wege zu innerer Stärke und Harmonie aufzuzeigen und 3. ihnen „in voller Anerkennung der geistigen und konfessionellen Freiheit des anderen Menschen” Möglichkeiten für ihre geistig-spirituelle Entwicklung zu bieten. Dabei werden die einzelnen Yogalehrer natürlich ihre ganz persönlichen Schwerpunkte setzen. Noch aufschlussreicher als der Blick auf die Berufsethischen Richtlinien des BDY ist deshalb das Gespräch mit denjenigen, die vor Ort Yogakurse anbieten – mit den Kursleiterinnen an meiner Volkshochschule, den Übungsleiterinnen in meinem Sportverein oder den Trainerinnen in meinem Fitness-Studio. (Ich wähle die weibliche Form an dieser Stelle mit Bedacht: 80% der Yogalehrenden und -lernenden sind Frauen.) Denn nur so kann ich in Erfahrung bringen, was mir jeweils unter der
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Bezeichnung Yoga wirklich angeboten wird. Jede andere Vorgehensweise wäre alles andere als sachlich und würde dem jeweiligen Angebot gerade nicht gerecht.
Von Fall zu Fall Die Frage, ob Christ sein und Yoga machen zusammen passen, ist deshalb immer nur von Fall zu Fall zu beantworten. Worüber ich mir dabei keine Gedanken machen muss, sind die fremdreligiösen Ursprungszusammenhänge des Yoga, weil wir es hierzulande vor allem mit verwestlichten Yogaformen zu tun haben, die mit dem indischen Yoga wenig mehr als den Namen gemein haben. Von daher geht es bei der Entscheidung für (oder eben auch gegen) ein konkretes Angebot lediglich darum, ob es sich dabei um ein eher spirituelles, esoterisches, oder um ein eher körperorientiertes Yoga handelt, bei dem es schlicht um Übungen zur Stärkung meiner physischen und psychischen Gesundheit geht. Denn dass ich um dieser fremdreligiösen Ursprungszusammenhänge willen ohne es zu wissen und zu wollen in den Bann widergöttlicher Mächte geraten könnte, wenn ich Yoga mache, ist ausgeschlossen. Denn, so jedenfalls Paulus (Römer 8,38-39), „ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn.“ Das gelingt nur, wenn ich selber das will.
Dr. Phil. Reinhard Scheerer, Kaltenkirchen, Psychologischer Berater (VFP) und Heilpraktiker für Psychotherapie, www.dr-scheerer.de
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HINTERGRUND
Kulturelle und ethnische Faktoren beeinflussen den Zusammenhang zwischen Glaube und Gesundheit Eine Forschungsperspektive als Bewältigungsform eingesetzt wurde, desto niedriger waren die Blutdruckwerte (siehe Grafik 1). Dieser Zusammenhang zeigte sich bei den Weißen nicht. Die schwarze Bevölkerung scheint also sensibler auf spirituelle Einflüsse zu reagieren. Damit muss man postulieren, dass die „antihypertensive“ Wirkung der Spiritualität über kulturelle und ethnische (genetische) Einflüsse vermittelt oder durch sie moderiert wird.
Die Feinstein-Studie – Religiosität, kardiovaskuläre Risikofaktoren und Atherosklerose in einer nationalen, multi-ethnischen Bevölkerungsgruppe Religiosität, Rasse und Blutdruck Im folgenden Beitrag versuche ich darzustellen, wie kulturelle und ethnische Charakteristika von Bevölkerungsgruppen den Zusammenhang zwischen Religiosität/Spiritualität und Gesundheit beeinflussen können. Zum Beispiel ist aus epidemiologischen Studien bekannt, dass die schwarze Bevölkerung in den USA eine höhere Prävalenz an arterieller Hypertonie hat, also vermehrt unter Bluthochdruck leidet. Andererseits scheint der Blutdruck bei den Afroamerikanern sensibler auf psychosoziale und damit auch spirituelle Einflüsse zu reagieren. Dies zeigt die Arbeit von Steffen et al., die 2001 in der Psychosomatic Medicine publiziert wurde. Steffen untersuchte den Zusammenhang zwischen religiösem Coping, Ethnizität und ambulantem Blutdruck. Dazu wurde bei 155 Männern und Frauen (78 Afroamerikaner und 77 Weiße) eine ambulante 24-Stunden-Blutdruckmessung durchgeführt. Zudem mussten die Studienteilnehmer einen Coping-Fragebogen ausfüllen, der unter anderem auch religiöses Coping erfasste. Die Fragen dazu lauteten: „I seek God's help”, „I put my trust in
God”, „I try to find comfort in my religion”, „I pray more than usual”. Religiöses Coping zeigte bei den Afroamerikanern einen günstigen Effekt auf die Blutdruckwerte in allen gemessenen Dimensionen; d.h. je stärker der Glaube
Eine weitere Studie, die diese Thematik aufgreift, wurde 2010 in der kardiologischen Topzeitschrift „Circulation“ veröffentlicht. Feinstein et al. untersuchten den Zusammenhang zwischen kardiovaskulären Risikofaktoren, Atherosklerose und Religiosität in einer großen, multi-
Grafik 1 Der Einfluss des religiösen Copings auf die systolischen (SBD) und diastolischen (DBP) Blutdruckwerte bei der schwarzen und weißen amerikanischen Bevölkerung. Die Blutdruckwerte wurden während drei Konditionen gemessen: während der klinischen Untersuchung (Clinic) sowie während der Tages- (Awake) und Nachtperiode (Sleep) in der 24-Stunden-Blutdruckmessung.
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Herzinfarkte, Herzinsuffizienz und Schlaganfälle registriert. Nebenstehende Tabelle gibt eine Übersicht über die Ergebnisse in Bezug auf die untersuchte Stichprobe, aufgegliedert nach Häufigkeit der religiösen Aktivität. Die demographischen Daten zeigen, dass mit wachsender Religiosität/Spiritualität Tabelle 1: Übersicht der Ergebnisse der Feinstein-Studie der Anteil der Weißen ethnischen Stichprobe von 5474 Personen. (von 44% auf 29%) und der Asiaten (von Diese bestand aus 40% Weißen, 30% 30% auf 3,5%) abnimmt und der Anteil Afroamerikanern, 20% Lateinamerikanern der schwarzen Bevölkerung kontinuierlich und 10% Asiaten (mehrheitlich Chinesen). zunimmt (von 9% auf 49%). Ebenso In bisherigen Studien konnte gezeigt wersteigt der Anteil der Frauen mit höherer den, dass Religiosität das GesundheitsReligiosität/Spiritualität sukzessive an verhalten und damit auch die kardiovasku(von 43% auf 65%). Für die Aufglielären Risikofaktoren günstig beeinflusst derung nach Intensität des spirituellen (Oman et al., Kark et al., Goldbourt et al.). Erlebens ergibt sich ein analoges Bild, wobei aber die Gruppe mit den stärksten Die Feinstein-Studie erfasste drei Dimenspirituellen Gefühlen zahlenmäßig die sionen der Religiosität, nämlich die Größte ist (N = 2978). Häufigkeit der religiösen Praxis („How often do you attend religious services or Hinsichtlich der kardiovaskulären Risikootherwise participate in organized relifaktoren zeigt sich, dass Rauchen in den gion?”), die Häufigkeit von Gebet oder stärker religiösen Gruppen signifikant Mediation („Within your religious or spiabnimmt, während Diabetes und Blutritual tradition, how often do you pray or hochdruck signifikant zunehmen. Diese meditate?”) und das tägliche spirituelle gilt ebenso für die klinisch gemesseErleben. Dieses wurde mit der „Daily nen Parameter wie Gewicht (BMI) und Spiritual Experiences Scale“ gemessen, systolischer Blutdruck, nicht aber für welche folgende fünf Fragen umfasst: den diastolischen Blutdruck. Hinsichtlich „I feel God’s presence,” „I find strength Atherosklerose und koronarer Ereignisse and comfort in my religion,” „I feel deep zeigte sich kein signifikanter Zusammeninner peace or harmony,” „I feel God’s hang mit Religiosität oder Spiritualität love for me directly or through others,” (daily spiritual experience). und „I am spiritually touched by the beauty of creation.” Als kardiovaskuläre Forschung an multikulturellen Bevölkerungsgruppen Risikofaktoren wurden Rauchen, Bluthochdruck und Diabetes mellitus erfasst. Die dargestellten Studien zeigen die Klinisch untersuchte die Studie Blutfette, Komplexität empirischer Forschung an Blutzucker, Body Mass Index (BMI) und multikulturellen und multiethnischen Blutdruck. Das Ausmaß der AtheroskleBevölkerungsgruppen. Die Studie von rose wurde anhand der Verkalkung der Steffen et al., die Blutdruck und religiöKoronararterien und Carotiden (Intima ses Coping bei schwarzen und weiMedia Dicke) beurteilt. Während einer ßen Amerikanern untersuchte, macht 4-jährigen Follow-up Periode wurden deutlich, dass der Einfluss religiöser kardiovaskulären Ereignisse wie Herztod, Einstellungen und Verhaltensweisen
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Steffen, P.R., Hinterliter, A.L., Blumenthal, J.A. & Sherwood A. (2001). Religious coping, ethnicity, and ambulatory blood pressure. Psychosomatic Medicine, 63, 523–530 Oman, D., Kurata, J., Strawbridge, W., Cohen, R. (2002). Religious attendance and cause of death over 31 years. Int J Psychiatry Med., 32, 69–89. Kark, J.D., Shemi, G., Friedlander, Y., Martin, O., Mano, O., Blondheim, S. (1996). Does religious observance promote health? Mortality in secular versus religious kibbutzim in Israel. Am J Public Health, 86, 341–346. Goldbourt, U., Yaari, S. & Medalie, J. (2003). Factors predictive of longterm coronary heart disease mortality among 10,059 male Israeli civil servants and municipal employees. Cardiology, 82, 100-121. Feinstein, M., Liu, K., Ning, H., Fitchett, G. & Lloyd-Jones, D.M. (2010). Burden of Cardiovascular Risk Factors, Subclinical Atherosclerosis, and Incident Cardiovascular Events Across Dimensions of Religiosity: The MultiEthnic Study of Atherosclerosis. Circulation, 121, 659-666 Kim, K.H., Sobal, J., Wethington, E. (2003). Religion and body weight. Int J Obesity Rel Metab Disorders, 27, 469–477 Lapane, K.L., Lasater, T., Allan, C., Carleton, R. (1997). Religion and cardiovascular disease risk. J Relig Health, 36, 155–163. Hefti, R. (2009b). Religion as a moderator of cardiovascular reactivity in patients with mild to severe depression. Paper presented at the 2009 Congress of the International Association for the Psychology of Religion, Vienna, Austria, August 23-27.
bei ethnisch und kulturell unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen signifikant verschieden sein kann. Die Studie von Feinstein kommt aufgrund ihrer multiethnischen Zusammensetzung auf andere Ergebnisse als frühere Untersuchung (Lapane et al., Hefti et al.). Unklar bleibt aber der Einfluss des Gesundheitsverhaltens der verschieden Bevölkerungsgruppen. Dieses wurde nicht erfasst.
Dr. med. René Hefti, Chefarzt Psychosomatik und Leiter des Forschungsinstitutes für Spiritualität und Gesundheit, Klinik SGM Langenthal, E-Mail: rene.hefti@klinik-sgm.ch
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CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN
Wo treffen Sie Christen, die vom Fach sind? Die Arbeit von CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN stellt sich vor
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und unterstützen die Arbeit des bundesweiten Vorstandes.
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Die Arbeit von CiG finanziert sich wesentlich aus Spenden. Ein Kreis von z.Zt. 500 Förderern bildet hierfür die Grundlage, indem sie den gemeinnützigen Verein jeweils mit einem Mindestbeitrag von 60 € im Jahr finanziell unterstützen. Förderer können an den Fortbildungsseminaren der CiG-Akademie für den ermäßigten Beitrag teilnehmen und erhalten das ChrisCare-Abo kostenfrei. Wir laden Sie herzlich ein, dem Förderkreis beizutreten!
Wir CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN
CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN (CiG) e.V. ist eine bundesweite konfessionsverbindende Initiative von Mitarbeitern unterschiedlicher Berufsgruppen im GesundheitsweGünther Gundlach, sen: Pflegende, Geschäftsführer Ärzte, Therapeuten, Christen im Gesundheitswesen Mitarbeiter aus Management und Verwaltung, Seelsorger, Sozialarbeiter und weitere Berufsgruppen des Gesundheitswesens. Basis der Zusammenarbeit sind die Bibel, das apostolische Glaubensbekenntnis sowie die Achtung des Einzelnen in seiner jeweiligen Konfessionszugehörigkeit.
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Die ökumenische Arbeit von CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN verbindet seit über 20 Jahren Christen im Umfeld des Gesundheitswesens – inzwischen rund 10.000 in regionaler sowie in bundesweiter Vernetzung. Das Rückgrat unserer Arbeit sind die CiG-Regionalgruppen, die von Mitarbeitern vor Ort geleitet und verantwortet werden und die sich in unterschiedlichen z.B. monatlichen Abständen treffen. Beruflicher Austausch, biblischer Impuls und Gebet sind wiederkehrende Bestandteile der Treffen. Einige Gruppen bieten Regionalveranstaltungen an, zu denen öffentlich eingeladen wird. Kontakt zu den Regionalgruppen vermittelt die Geschäftsstelle. Die bundesweit ausgerichtete Arbeit von Christen im Gesundheitswesen wird von Mitarbeitern aus unterschiedlichen Gesundheitsberufen verantwortet und geleitet. In der Geschäftsstelle in Aumühle bei Hamburg wird die Arbeit koordiniert. Hauptamtliche, geringfügig Beschäftigte und rund 130 Ehrenamtliche sorgen für die Umsetzung von Projekten
CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN e.V.
Bergstraße 25 D-21521 Aumühle Tel. 04104-4982, Fax 04104-7269 Email: info@cig-online.de Internet: www.cig-online.de
Trainingskurs Christliche Heilkunde In den zurückliegenden Jahren wurde im Umfeld der ökumenischen Bewegung Christen im Gesundheitswesen (CiG) viel an der Konzeption einer Christlichen Heilkunde (CHK) gearbeitet. Grundlagen und Praxis der Christlichen Heilkunde haben Konturen bekommen. Es ist ein Lehrinhalt gewachsen, den wir in CiGAkademie-Seminaren und in GemeindeSchulungen weitergeben. Ein Resultat ist der vorliegende Trainingskurs. In Lehre, persönlichem Austausch, Entscheidungen für konkrete Schritte und Gebet wollen wir uns gemeinsam auf den Weg machen. Auch für Mitarbeitende in Krankenbegleitung, Seelsorge und heilenden Diensten von Kirchengemeinden und geistlichen Gemeinschaften kann die Teilnahme an diesem Kurs wertvolle Impulse geben.
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Der Kurs hat bereits zahlreiche Male in verschiedenen Regionen mit durchweg positiver Resonanz stattgefunden. Er ist für acht Abende in meist zweiwöchigen Abständen konzipiert.
haben. Für mich war die Teilnahme auf jeden Fall ein Gewinn, zumal wir uns jetzt, da wir uns kennen, miteinander vernetzen können.
Die vollständig neu überarbeiteten Kursunterlagen erscheinen jetzt Ende des Jahres als Buch, welches über unsere Geschäftsstelle oder den Buchhandel zu beziehen ist. Wir können das Buch wärmstens empfehlen Das Buch zum Kurs und möchten Mut machen, in Zusammenarbeit Trainingskurs mit CiG selber für Mitarbeiter im Gesundheitswesen einen Kurs zu initieren. Wie – dazu beraten wir Sie gern! Christen im Gesundheitswesen e.V.
Stimmen von Kursteilnehmern: ...Endlich konnte ich mich mal mit anderen Christen aus den heilenden Berufen über ihre persönlichen Erfahrungen in ihrer Arbeit austauschen, also, wie sie auf Patientenfragen nach Sinn, Heilung und Gebet reagieren, wie ich als Krankenschwester darauf antworten kann, wie es andere machen. Dazu kamen inhaltliche Aspekte aus der Medizin, von der christlichen Weltanschauung, dem christlichen Menschenbild und von der Bibel. ...Manchmal war es eine Herausforderung, die Termine in meinem Alltag unterzubringen, aber das hat sich jedes Mal gelohnt. Vor allem das Gebet füreinander gab mir dann wieder Kraft. Leider konnten nicht alle Themen behandelt werden, die mich auch noch interessiert hätten. ...Der Trainingskurs Christliche Heilkunde hat mich ermutigt und bestätigt in meinen bisherigen Methoden und Sichtweisen. Und trotzdem habe ich viel Neues erfahren dürfen. Manchmal waren es auch die ganz einfachen Sätze, die alte Aspekte neu beleuchtet
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Termine 22.1.2011 Göttingen, CiG-Akademie, Tagesseminar, Christliche Heilkunde – eine „Not-wendende“ Erweiterung für Medizin und Krankenbegleitung? 24.1.2011 Tübingen, CiG-Akademie, „Authentisch leben“, 19.30 – 21.30 Uhr. In Zusammenarbeit mit Difäm
Kursteilnehmer in Ravensburg, Netzwerk Christliche Heilkunde Oberschwaben
Ein neues Fortbildungsangebot haben wir in Kooperation von CiG und dem Netzwerk Christliche Heilkunde Hamburg im November dieses Jahres begonnen. Zu Gast im Evang. Amalie Sieveking-Krankenhaus wurde das Thema „Außergewöhnliche Heilungsverläufe aus medizinischer und seelsorgerlich-christlicher Sicht“ bearbeitet.
28. – 30.1.2011 Frommertsfelden/Franken, „Gesunder Umgang mit Krankheit – Schritte der Versöhnung und Heilung gehen.“ Wochenendseminar für Kranke und Angehörige 3. – 8.3.2011 Gnadenthal, CiG-Exerzitien „Siehe da, die Wohnung Gottes unter den Menschen“ 26.3.2011 Ravensburg, CiG-Akademie, Tagesseminar, „Alternative Heilverfahren aus christlicher Sicht“ 8. – 10.4.11 Kloster Nütschau, „Gesunder Umgang mit Krankheit – Schritte der Heilung gehen.“ Wochenendseminar für Kranke und Angehörige 9.4.2011 Karlsruhe, CiG-Akademie, Tagesseminar, „Als Christen Demenzkranke begleiten“
Eine Fallbesprechung zum Krankheitsund Heilungsverlauf eines Tumorpatienten eröffnete den Abend, ein Beitrag zu „Spontanheilungen aus medizinischwissenschaftlicher Sicht“ und ein Beitrag zu „Sehnsucht nach Heilung – Hilfen aus Sicht eines Krankenseelsorgers“ luden die Teilnehmer zu einer Diskussionsrunde ein.
26. – 29.5.2011 Dassel/Solling, CiGJahrestagung, „Heilung – Verheißung und Geheimnis Gottes“
Mit diesem Fortbildungsangebot wollen wir in sechsmonatigen Abständen helfen, Professionalität im Gesundheitswesen mit christlichen Perspektiven zu verbinden und dabei auch „heißere Eisen mutig anpacken, die eher selten auf der Agenda von Fortbildungen stehen.“
Hier ist CiG mit dabei: Kongress christlicher Führungskräfte 24. – 26.2.11 in Nürnberg Gesundheitsmesse Oldenburg 29. – 30.1. 2011 33. Deutscher Evangelischer Kirchentag 1. – 5. Juni 2011 in Dresden
Fortbildungsabend, Netzwerk Christliche Heilkunde, Hamburg
18.6.2011 Hamm, CiG-Akademie, Tagesseminar, „Als Christen Demenzkranke begleiten“ 30.6. – 3.7.2011 Maihingen, (CiG in Zusammenarbeit mit Lumen Christi), „Seminar für erkrankte Menschen und pflegende Angehörige“
Besuchen Sie uns auf unserer Homepage www.cig-online.de, hier finden Sie weitere Termine und Informationen!
Die Veranstaltungen der Akademie werden dezentral meist in Zusammenarbeit mit den CiG-Regionalgruppen angeboten. Wenn Sie in Ihrer Region ein Seminar initiieren wollen, nehmen Sie gern mit uns Kontakt auf. Weitere Infos: www.cig-online.de.
Frohes Fest.
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NACHRICHTEN
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UMSCHAU
Spiritualität & Arbeit Bielefeld: Die Fachhochschule der Diakonie beschäftigt sich in einem aktuellen Forschungsprojekt mit einem in der Arbeitswelt bisher vernachlässigten Thema: Welchen Einfluss haben individuelle Glaubens- und Wertevorstellungen sowie Spiritualität auf die Bewältigung von Arbeitsbelastungen? Ziel ist es, ein aktuelles Bild davon zu bekommen, welche Werte- und Glaubensvorstellungen vorhanden sind, wie der Arbeitsalltag erlebt wird und welche spirituellen und religiösen Angebote von den Mitarbeitenden wahrgenommen werden. Die FH der Diakonie verlost als Dankeschön unter allen Teilnehmenden zwei Gutscheine im Wert von jeweils 100 EUR. Eine Teilnahme ist bis zum 31.12.2010 möglich. Online-Fragebogen findet man unter: www.fh-diakonie.de/184 Weitere Informationen: Prof. Dr. Tim Hagemann (tim.hagemann@fhdd.de).
Ehrenamt hilft Hannover: Ehrenamtliches Engagement ist nach Ansicht des Hirnforschers Manfred Spitzer gesund und kann in manchen Fällen sogar Medizin ersetzen, berichtet der Evangelische Pressedienst (epd). Weiter heißt es: „Rein rechnerisch könnte man allein durch Ehrenämter eine ganze Reihe von Langzeitmedikationen ausgleichen“, sagte der Direktor der Psychiatrischen Uniklinik Ulm. Spitzer referierte beim „Ehrenamtlichentag 2010“ der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers am 4. September zu diesem Thema. Freiwilliger Einsatz für andere beuge Krankheiten wie Bluthochdruck, erhöhtem Blutzucker oder zu hohen Blutfetten vor, sagte der Forscher. Dies spare nicht nur Gesundheitskosten, sondern führe zu einer erhöhten Lebensqualität. Wer als Ehrenamtlicher in ein Netzwerk von Menschen eingebunden sei, könne auch in schwierigen Zeiten darauf zählen.
wieder dem Nächsten zuwenden. Zum Netzwerk gehören in Deutschland rund 300 MS-Betroffene.
Pause beim Treffen des MS-Netzwerkes
Warum fällt es schwer, Kranke zu besuchen? Herford: Warum fällt es Menschen oft schwer, Kranke und Behinderte zu besuchen? Dieser Frage ging die Heilsarmee-Offizierin Christine Schollmeier (Hamburg) bei einem Treffen des Christlichen MS-Netzwerkes in Herford nach. Dies ist ein Zusammenschluss von Menschen, die an Multipler Sklerose (MS) erkrankt sind. Ein Besuch bei Kranken auf Intensivstationen falle ihr nicht schwer, berichtete Frau Schollmeier, die selbst seit 30 Jahren MS-krank ist. Problematisch sei es, „wenn es darum geht, MS-Betroffenen zu begegnen, denen es schlechter geht als mir“. Und auch vielen Gesunden falle es schwer, Kranke zu besuchen, sagte die Theologin. Auslöser für manche Hemmungen seien Schuldgefühle und falsch verstandene Rücksichtnahme. Etwa die Frage: „Warum geht es mir so viel besser als dem anderen? Das ist doch ungerecht!“ Oder: „Mein Gegenüber wird nur deprimiert sein über meinen guten Zustand. Das kann ich ihm nicht zumuten.“ Daneben sei Angst ein weiterer Grund, Kontakte zu meiden. Vielen mache die Vorstellung Angst, selber ähnliche Einschränkungen erleiden zu müssen. Die Referentin machte den MS-Kranken und ihren Angehörigen Mut, sich diesen Berührungsängsten zu stellen und sie mit Gottes Hilfe zu überwinden. Es gelte, Ruhe und Gelassenheit bei Gott zu finden. Dann könne man sich auch
Christoph Ahlhaus & Prof. Fokko ter Haseborg
30 Jahre Motor Hamburg: Das Albertinen-Haus – Zentrum für Geriatrie und Gerontologie hat Ende September sein 30-jähriges Bestehen gefeiert. Hamburgs Erster Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) würdigte vor 300 Gästen das AlbertinenHaus als hochgeschätztes Zentrum für Geriatrie und Gerontologie mit bundesweiter Anerkennung und Motor für die Entwicklung der Altersmedizin in Hamburg und Deutschland. Das AlbertinenHaus sei seit seiner Eröffnung impulsgebend für die Altersmedizin und Altenhilfe in Deutschland, hieß es bei der Feier. Es gehört zu den größten geriatrischgerontologischen Einrichtungen in Norddeutschland und verzahnt unterschiedliche Versorgungsangebote für ältere Menschen – von der Seniorenwohnung über die Tagespflege, die Krankenhausund tagesklinische Behandlung oder die ambulante Geriatrische Rehabilitation bis hin zur stationären Wohngemeinschaft für Demenzkranke. Prof. Dr. Reimer Gronemeyer, Buchautor, Soziologe und Theologe, meinte im Festvortrag: „Die kulturelle Zukunft Europas wird sich wahrscheinlich an der Frage entscheiden, ob es gelingt, auf die Herausforderungen, die eine alternde Gesellschaft stellt, eine humane Antwort zu finden. 2050 wird es in Europa ca. 70 Millionen Menschen geben, die älter als 80 Jahre sind.“
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NACHRICHTEN
Präsentation des neuen Therapieprogramms
Neue Therapie für Demenzkranke Berlin: Die ganzheitliche Förderung Demenzkranker verbessert einer Studie zufolge ihre Stimmung und ihre praktischen Alltagsfähigkeiten. Die nicht-medikamentöse Mehrkomponenten-Therapie «MAKS aktiv» führe dazu, dass die Betroffenen kognitiv stabil blieben, berichtete Elmar Gräßel von der Universitätsklinik Erlangen in Berlin. Durch die neue Therapieform könne möglicherweise der Einsatz von Medikamenten reduziert werden. Das neue Therapieprogramm «MAKS aktiv» ist mit 129 Demenzkranken in fünf Pflegeheimen der Diakonie Neuendettelsau erprobt worden. Dabei wurden die Menschen an sechs Tagen in der Woche jeweils zwei Stunden lang in ihren motorischen, alltagspraktischen, kognitiven und spirituellen Fähigkeiten angeregt und angeleitet. Die mit dem therapeutischen Angebot verbundene große Abwechslung führe zu positiven Effekten bei Bewohnern und Mitarbeitern: „Die Menschen erkennen, was noch in ihnen steckt. Durch die regelmäßigen Treffen entdecken sie Gemeinschaft, Struktur und Verlässlichkeit“, berichtete Stephan Abt, der Leiter des SigmundFaber-Heims in Hersbruck. Renate Stemmer von der Katholischen Fachhochschule Mainz betonte, wie wichtig es auch zur Entlastung des Pflegepersonals sei, die depressive Grundstimmung dementer Menschen zu verbessern. In der Schweiz sind mehr als 100.000 Menschen von einer Demenzerkrankung betroffen, in Deutschland mindestens 1,1 Millio-
nen Menschen. Ein Drittel von ihnen lebt in Pflegeheimen. «MAKS aktiv» ist eines von 29 «Leuchtturmprojekten Demenz», die das deutsche Bundesministerium für Gesundheit mit insgesamt 13 Millionen Euro gefördert hat. Mehr unter: www.maks-aktiv.de.
Wahrhaftigkeit am Krankenbett Kassel: Prof. Dr. Dr. Nils Ole Oermann (Lüneburg) meinte: Die Leute erinnern sich nicht an das, was du gesagt hast, sondern wie sie sich dabei fühlten. Während der 32. Fortbildung für Pflegende der B.Braun-Stiftung Anfang September plädierte der Theologe und Philosoph für einen strukturierten Umgang mit der Wahrheit. Wer auf eine schwierige Situation vorbereitet ist, der wird weniger belastet aus dem Gespräch gehen. Wenn ein Patient von einer Minute auf die andere vor einem Scherbenhaufen stehe, müsse der Überbringer der Nachricht wissen, worauf es ankommt. Anhand des SPIKES-Modell schlug Oermann folgende Schritte bzw. Einschätzungen vor: Situationseinschätzung, Patientenvorwissen, Informationsbedarfsabschätzung, Kenntnisvermittlung, Exploration der emotionalen Situation und schließlich eine Strategieentwicklung, wie es weitergehen kann. Mehr unter www.pflege-symposium.de.
Bluthochdruck: Meditation hilft Würzburg: Eine Meditation in Kombination mit Atemtechniken kann erhöhten Blutdruck senken. Das haben Mediziner von der Uni Würzburg bereits 2005 herausgefunden. Bei ihren Testpersonen schlug eine christliche kontemplative Meditation so gut an, wie dies sonst nur durch
eine Behandlung mit Arzneimitteln erreicht werden kann. Die Ergebnisse waren eindeutig und statistisch signifikant. 52 Blutdruck-Patienten wurden nach dem Zufallsprinzip entweder der Meditationsgruppe zugeteilt oder einer Vergleichsgruppe, die nicht meditierte. Erstere absolvierte im Würzburger Benediktinerkloster unter Anleitung eine christlich geprägte, ganzheitliche kontemplative Meditation und übte spirituelle Atemtechniken ein. Nach vier Wochen Einführung und weiteren vier Wochen Meditation (zwei Mal pro Tag jeweils 40 Minuten) war der Blutdruck der Teilnehmer so stark gesunken, wie man es sonst nur mit Medikamenten hinbekommt. Die Patienten fühlten sich außerdem besser, weil es keine Nebenwirkungen gab, wie sie bei Medikamenten nicht selten auftreten. Die blutdrucksenkende Wirkung der Meditation war insbesondere auch unter den Bedingungen eines Stress-Tests nachweisbar. Bei der Vergleichsgruppe, in der nicht meditiert worden war, blieb der Blutdruck dagegen unverändert hoch. Wie die Meditation diesen positiven Effekt bewirkt, ist bislang nicht genau erklärbar. „Womöglich werden die bei Hochdruck-Patienten zusammengezogenen und dadurch verengten Blutgefäße durch einen positiven Effekt der Meditation auf das vegetative Nervensystem entspannt“, so eine Mutmaßung. Denkbar ist auch, dass das Gehirn unter dem Einfluss der Meditation die Ausschüttung von Stresshormonen drosselt. Der Pfarrer und Arzt Paul Manikonda hat die Hauptarbeit bei der Durchführung dieser aufwendigen Studie geleistet. Er verfolgt an der Universitätsklinik nach eigenem Bekunden das Anliegen vieler Menschen, „eine spirituelle und ganzheitliche Therapie zu entwickeln und in die Wissenschaft zu integrieren“. Mehr unter: www.opus-bayern.de/uniwuerzburg/volltexte/2007/2067/pdf/ EinflussManikonda061201.pdf
NACHRICHTEN
Studie: Religion schützt vor Suizid Zürich: Die Zugehörigkeit zu einer Religion schützt laut einer Studie der Universitäten Bern und Zürich vor Suizid. Selbsttötungen sind demnach bei konfessionslosen Schweizerinnen und Schweizern häufiger als bei Protestanten. Am wenigsten gefährdet sind Katholiken. Die Studie der Forscher um Matthias Egger vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern basiert auf der Schweizer Volkszählung im Jahr 2000. Wie das Team im Fachmagazin «International Journal of Epidemiology» berichtet, war bei Menschen ohne Religionszugehörigkeit das Suizidrisiko deutlich erhöht. Im Untersuchungszeitraum wurden bei ihnen auf 100.000 Einwohner 39 Selbsttötungen registriert. Bei den Protestanten waren es 29 Suizide, bei den Katholiken 20. Der Effekt ließ sich über alle Altersgruppen feststellen. Aber bei älteren Menschen war der «Schutzfaktor», Katholik zu sein, stärker - und das Suizidrisiko unter den Konfessionslosen größer. Auch zwischen den Geschlechtern fanden sich Unterschiede: Der schützende Effekt der Religion scheint bei Frauen größer zu sein als bei Männern. Die Religion sei «eine wichtige soziale Kraft», folgern Egger und seine Kollegen. Der katholische Glaube verurteile sowohl die Selbsttötung als auch die Suizidbeihilfe, die in der Schweiz unter bestimmten Bedingungen legal ist und von Sterbehilfeorganisationen geleistet wird. Bei diesen assistierten Suiziden ist der Zusammenhang mit der Religion dann auch besonders deutlich, wie die Studie zeigte. In der Altersgruppe der über 65-Jährigen lassen sich konfessionslose Männer etwa fünf und Frauen
sogar fast sieben Mal häufiger in den Tod begleiten als Katholiken. Die Studie zeigt auch, dass die Suizidrate bei Verheirateten nur rund halb so groß ist wie bei Singles, Witwern oder Geschiedenen. Und Menschen aus der Deutschschweiz und der Romandie haben ein etwa doppelt so großes Suizidrisiko wie Tessinerinnen und Tessiner. Unterschiede zwischen den Bildungsniveaus fand die Studie dagegen keine.
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der psychiatrischen Behandlung z.B. Abhängigkeitserkrankungen, Psychoseerkrankungen oder Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen. In der psychotherapeutischen Behandlung werden Hilfen angeboten etwa bei Depression, Angststörungen/Zwangsstörungen und Persönlichkeitsstörungen. Das Angebot erfüllt den allgemeinen Versorgungsauftrag, richtet sich aber auch an Menschen, die ihren christlichen Glauben in die Psychotherapie mit einbringen wollen.
Leitlinien für palliative Medizin und Pflege Zürich: Bund und Kantone der Am Start: Cord Meyer, Dr. Tillmann Schreiber, Schweiz haben sich auf nationale Dr. Heike Ewers (v.l.n.r.) Leitlinien für die Sterbebegleitung geeinigt. Verabschiedet wurden die «Nationalen Leitlinien Palliative Care» vom «Dialog Nationale Gesundheitspolitik». Konkret einigten sich die Beteiligten darauf, dass Hamburg: Das Zentrum für psychiPalliative Care die Betreuung und sche Gesundheit Hamburg (ZPG) die Behandlung von Menschen mit wurde im November feierlich unheilbaren, lebensbedrohlichen eröffnet. Das ZPG bietet fachliund/oder chronisch fortschreitenche Hilfe in der psychiatrischen den Krankheiten umfasst. Im Fokus wie auch psychotherapeutischen steht die Krankheitsphase, in der Behandlung an und trägt dazu bei, eine Heilung nicht mehr als möglich eine bestehende Versorgungslücke erachtet wird und kein primäres im ambulanten psychosozialen Ziel mehr darstellt. Ziel ist es, den Bereich in Hamburg zu schließen. Patienten bis zum Tod eine optimale Es wird in Kooperation mit der Lebensqualität zu gewährleisten Albertinen-Krankenhaus/Albertinenund ihnen nahestehende PersoHaus gGmbH und der Evangelischnen angemessen zu unterstützen. Freikirchlichen Beratungsstelle Dazu soll Leiden und KomplikatioHamburg e.V. (EFB) betrieben. Im nen vorgebeugt werden. Während ZPG werden Angebote sowohl zur der gesamten Betreuung soll das psychiatrischen als auch psychotheMachbare gegenüber dem Sinnvolrapeutischen Behandlung gemacht. len abgewogen werden. Palliative Zwei Psychotherapeutinnen und Care umfasst nicht nur mediziniein Arzt für Psychiatrie/Psychothesche Betreuung und Pflege, sonrapie stehen bereit, um die Hilfesudern auch psychologische, soziale chenden während der psychischen und spirituelle Unterstützung. Sie Erkrankung kompetent zu begleisoll sich an den Bedürfnissen der ten. Behandelt werden im Bereich Betroffenen orientieren.
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ERFAHRUNGEN
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Hilfe in der Sterbebegleitung Gebetssammlung „Lebenswege“ bietet Hilfe kenhaus kommt sie dabei nicht erst zum letzten Segen. Der Gott, von dem die Bibel erzählt, taucht ja auch nicht erst am Lebensende auf. Seelsorge am Sterbebett hat mit dem Lachen und dem Humor genauso viel zu tun wie mit den Schmerzen und dem Weinen. Und Seelsorge am Sterbebett bedeutet auch ein Zeichen für alle Betreuenden: Ihr dürft wieder ins Leben zurückgehen. Auch dafür steht die „andere Dimension“.
Diese guten Worte und Tipps sind aus der praktischen Erfahrung in der Begleitung von schwer kranken Menschen in ihrer letzen Lebensphase entstanden und formuliert. Um immer griffbereit zu sein, hat die Mappe bewusst ein Format, das in die Kitteltasche von Ärzten und Pflegepersonal passt. Pfarrer Matthias Dargel, Düsseldorf, Kaiserswerther Diako-
„... vielleicht geht es jetzt einfach auch noch um eine andere Dimension“, sagte einer unserer Ärzte im Florence-Nightingale-Krankenhaus der Kaiserswerther Diakonie. Er formulierte diesen Satz, als das Sterben und Abschiednehmen einer Patientin unausweichlich geworden war. In solchen Situationen kann vieles an schmerzmedizinischer Linderung, an sorgfältiger Pflege, an familiärer und freundschaftlicher Unterstützung getan werden, aber auch manches an medizinischer Behandlung gelassen werden. Die „andere Dimension“ ist der demütige Hinweis darauf, dass wir Menschen trotz aller medizinischen Kunst unser Leben nicht in der eigenen Hand haben. Und manchmal führt es auch zum guten Nachdenken darüber, was im Leben wirklich wichtig ist. Im Krankenhausalltag steht die christliche Seelsorge gewissermaßen als Erinnerungsposten für diese Dimension. Die Erfahrungen mit Sterbenden teilt die Seelsorge mit allen anderen, mit den Angehörigen und den Pflegenden, den Sozialarbeiterinnen und den Ärzten. Im Florence-Nightingale-Kran-
In der Kaiserswerther Diakonie gibt es eine langjährige Erfahrung mit der Sterbebegleitung, die z.B. 2005 in die Eröffnung der ersten Düsseldorfer Palliativstation mündete und in die Etablierung eines Palliativ Care-Prozesses im gesamten Krankenhaus. Denn Menschen versterben im Krankenhaus nicht nur auf der Palliativstation. Gerade z.B. im Bereich der Geburtshilfe und Neonatologie treten immer wieder Situationen ein, in denen die Hoffnung auf werdendes, gelingendes Leben sehr schmerzhaft zerschlagen wird. In der Begleitung von Patienten und Angehörigen hat sich gezeigt, dass diejenigen, die in ihrem Dienst regelmäßig mit sterbenden Menschen in Berührung kommen, vielfältige Unterstützung brauchen. Das gilt auch für Seelsorgende und ehrenamtlich Mitarbeitende in Hospizvereinen. Neben den bekannten medizinischen und psychologischen Hilfestellungen spielen dabei Rituale, Gesten und Atmosphäre oft eine entscheidende Rolle. In der Kaiserswerther Diakonie wurde dafür die Gebetsmappe „Lebenswege“ entwickelt. Sie enthält Texte, Hinweise und Rituale für den Umgang mit Verstorbenen und in der Begegnung mit trauernden Angehörigen im Krankenhaus oder in der Altenpflege.
nie Vorstand (Sprecher)
Aufbewahrt werden die Mappen übrigens – neben der Kitteltasche – auch in der so genannten Lade (s. Abb). Das ist eine stabile und formschöne Holzkiste, die auf jeder Station des Florence-Nightingale-Krankenhauses zu finden ist und die kleine Decken, Kerzen, Kreuze und Schmuckkarten enthält, damit man im Krankenzimmer auf Sterbefälle besser vorbereitet ist. Das ist ein gelebtes Stück Sterbekultur im Krankenhaus, das sich sehr bewährt hat. Die „Lebenswege“ basieren auf Texten des Krankenhausseelsorgers Pfarrer Bartosch und wurden gemeinsam mit dem Verlag Bergmoser + Höller entwickelt. Die Mappe hat 80 Seiten, die einzeln aus der Umschlaghülle zu entnehmen sind. Die Lade ist eine Spezialanfertigung für die Kaiserswerther Diakonie. Bei Interesse stehen wir gern mit Konzept und Idee beratend zur Seite (dargel@kaiserswerther-diakonie.de). Literatur: „Lebenswege“; Kaiserswerther Diakonie, M. Dargel (Hg.), H. Bartosch (Autor), 2006, Bergmoser und Höller. Erhältlich u.a. in der Kaiserswerther Buchhandlung auch per 24h-Postversand (Telefon: 0211/409-2101).
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Glosse
Herausgeber und Verlag: ChrisCare erscheint im Verlag Frank Fornaçon, Ahnatal, und wird von Christen im Gesundheitswesen e.V. herausgegeben. Chefredaktion: Frank Fornaçon (FF) (V.i.S.d.P.), Korrektorat Julia Fornaçon/Günther Riedl. Die Beiträge wurden sorgfältig ausgewählt, dennoch übernimmt die Redaktion keine Haftung für die Inhalte. Verantwortlich ist der jeweilige Autor. Zur leichteren Lesbarkeit wird bei Begriffen, die männlich und weiblich gemeint sind, eine gemeinsame Form verwendet, z.B. „Patienten“. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos übernimmt der Verlag keine Haftung. Copyright: Christen im Gesundheitswesen e.V. ChrisCare wird im ChrisLit gelistet: www.chrislit.de Redaktionsanschrift: Verlag Frank Fornaçon, Am Gewende 34, 34292 Ahnatal, Deutschland, (+49) (0) 56 09 806 26, Fornacon-Medien@web.de, www.verlagff.de Gestaltung: Frank.Communication, Alemannenstr. 2, 78224 Singen, Deutschland, www.frank-com.de Druck: Graphische Werkstatt von 1980 GmbH, Yorkstraße 48, 34123 Kassel, Deutschland Anzeigenverwaltung Deutschland: Verantwortlich: Günther Gundlach, Christen im Gesundheitswesen e.V., Aumühle, Bergstraße 25, 21521 Aumühle, T. (+49) (0) 041 04 49 82, info@cig-online.de www.cig-online.de. Anzeigenverwaltung Schweiz: Niklaus Mosimann, bvMedia Christliche Medien, Witzbergstrasse 7, PF 384, CH-8330 Pfäffikon ZH, (+41) (0) 043 288 80 15 werben@bvmedia.ch, www.bvmedia.ch. Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 1/2010. Trotz sorgfältiger Prüfung kann der Verlag keine Verantwortung für die veröffentlichten Anzeigen, Beilagen und Beihefter übernehmen. ChrisCare erscheint jeweils in der Mitte eines Quartals. Beilage: Kawohl, ISA Preise: Einzelheft € (D/A) 5,80/SFr (CH) 10.30, Jahresabonnement (4 Ausgaben) € (D/A) 19,20/ SFr (CH) 31.30, jeweils zuzüglich Versandkosten. Anschriftenänderungen sind rechtzeitig vor Erscheinen des nächsten Heftes dem ChrisCare-Aboservice oder bvMedia mitzuteilen. Die Deutsche Post sendet ChrisCare nicht automatisch an die neue Anschrift.
Kongress Palais Kassel
3. Christlicher Gesundheitskongress | 21. – 24.3.2012 in Kassel Der Trägerkreis des 3. Gesundheitskongresses traf sich im November in Kassel, um mit Fachleuten aus Caritas und Diakonie über die Schwerpunkte des nächsten Kongresses zu diskutieren. „Das Diakonat in der Kirche ist weitgehend erodiert“, erklärte Cornelia Coenen-Marx. Die Oberkirchenrätin der Evangelischen Kirche in Deutschland wünscht sich, dass der Kongress die „Spirituelle Kompetenz“ fördert, „die in den Tiefpunkten des Lebens Gottes Nähe sehen kann.“
Bestellungen aus Deutschland und Österreich: ChrisCare-Aboservice, Bergstraße 25, 21521 Aumühle, info@cig-online.de, T. (+49) (0) 4104 4982, F. (+49) (0) 4104 7269, Vertrieb auch über die J.G.Oncken Versandbuchhandlung, Postfach 20 01 52, D 34080 Kassel, 0561 5 20 05-0, Zeitschriften@oncken.de Bestellungen aus der Schweiz: bvMedia Christliche Medien, Witzbergstr. 7, Postfach 384, CH-8330 Päffikon ZH, Tel. (+41) (0) 43 288 80 10, Fax 043 288 80 11, abo@bvmedia.ch, www.bvmedia.ch Konto Deutschland und Österreich: Christen im Gesundheitswesen, Evangelische Darlehnsgenossenschaft Kiel, BLZ 210 602 37, Konto 126217 Konto Schweiz: Postkonto 85-622703-0, IBAN CH90 0000 8562 2703 0, BIC: POFICHBEXXX ISSN 1869-9944 Heft 4 2010: Fotonachweis: Titel istockphoto.com/ digitalskillet; S.3 Windsor, CiG; S.5 privat, Falken; S.9 privat, istockphoto.com/airportrait; S.10 epd; S.12 PIA Frankfurt, privat; S.14 fotolia.com/Alexander Raths; S.17 istockphoto.com/annedehaas; S.18 fotolia.com/ AlexeyKlementiev; S.19 privat, istockphoto.com/ FineCollection; S.21 Willberg; S.23 Difäm; S.25 CiG; S.26 epd, istockphoto.com/skynesher; S.27 istockphoto.com/mitarart; S.28 privat; S.30 istockphoto.com/cosmin4000; S.31 privat; S.32-33 CiG; S.35 Wiedner, Albertinen; S.36 Diakonie Neuendettelsau; S.37 Albertinen; S.39 Kaiserswerther Diakonie; S.41 privat, Kassel Marketing GmbH; S.44 Seifer; S.47 fotolia.com/AlienCat; alle anderen Bilddaten: FRANK.COMMUNICATION. Heft 1/2011 erscheint im Februar 2011.
Pfarrer Heiko Bräuning von den Zieglerschen Anstalten warnte davor, die Eigenverantwortung von Patienten und Behinderten zu sehr zu betonen: „Was ist mit denen, denen es an der Kraft dazu fehlt?“ Die diakonischethische Bildung müsse in den klassischen Gesundheitsberufen gestärkt werden. Beim Kongress werde die Christusbegegnung im Kontext des Berufes möglich. Es gilt zu lernen, dem Heiligen Geist zuzutrauen, dass er Impulse gibt. „Wir sind offen für Vorschläge und Ideen der Kongressbesucher“, erklärte am Rande einer der Organisatoren, Lorenz Reithmeier (Hamburg). Mehr unter: christlicher-gesundheitskongress.de
HINTERGRÜNDIGES „Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen…“ Weil er das im WM-Endspiel 1954 tat, gab es das Wunder von Bern. Heutzutage wird „Hintergrund“ nicht mehr in Zusammenhang mit Fußball, sondern mit Zuwanderung gebraucht: „Jugendliche mit Migrationshintergrund“ – eine Bezeichnung für „Sprösslinge“ mit ausländischen Wurzeln. Wie können sie sich gut entwickeln? Wenn sie nicht Topfpflanzen bleiben, sondern im neuen Land Wurzeln schlagen! Wer sich sprachlich und auch sonst integriert, erarbeitet einen tauglichen Vordergrund und muss nicht nur über seinen Hintergrund definiert werden. Zuwanderer waren schon im alten Israel – zu ihrem Schutz und zu ihrer Verpflichtung – juristisch gleichgestellt: „Ein und dasselbe Gesetz gelte für den Einheimischen und den Fremdling, der unter euch wohnt“ (2. Mose 12, 49). So ist es auch bei uns. Auf welchem Hintergrund? Im FOCUS vom 11. 10. 2010 schreibt der Chefredakteur: „Unsere Verfassung, unsere Kultur, unsere Werte sind die einer christlichen Nation.“ Hört, hört! So lautet eine weltliche Stellungnahme. Unsere Leitkultur ist also durchdrungen von Nächstenliebe, nicht wahr? Für viele ist das leider in den Hintergrund getreten. Aber das Christliche im Hintergrund ist im Vordergrund wirkungslos, wenn es nicht auch den Untergrund bildet. Hierin machen wir Christen den Unterschied aus. Wir sind mit der Kunde vom Heil (und auch mit der Heilkunde) in die Welt gesandt – und sind gewissermaßen schon da, denn alle Welt ist zu uns gekommen… und es ist niemand dabei, der nicht gut behandelt und gepflegt werden möchte. Warm- und Barmherzigkeit lassen Menschen sich öffnen; die Integration des Heils ist dann Gottes Werk. Migranten sind wir doch alle, egal mit welchem Hintergrund – lasst uns anderen Wanderern den Weg zum ewig haltbaren Untergrund weisen. Dr. med. Günther Riedl, Facharzt für Kinderheilkunde, Uelzen, Mitarbeiter Christen im Gesundheitswesen
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Es ist ein Dreiklang, der mich als Arzt und Christ begleitet: „menschlich – fachlich – christlich“. Manchmal ist er harmonisch erhebend, manchmal aber auch quälend dissonant. Warum können wir Krankheiten nicht immer heilen, warum bewahrt der Glaube nicht vor Krebs? Warum kann auch ein gläubiger Mensch die Dunkelheit einer Depression erleben, trotz aller Gebete, trotz seines tiefen Gottvertrauens in gesunden Zeiten? Ich denke, Jesus hat schon etwas von dieser Dissonanz erlebt. Ihm waren die Menschen nicht egal. „Als er die Menge sah, da war er zutiefst innerlich bewegt…“ Bewegen uns die Schicksale unserer Patienten noch? Ganz egal, aus welcher Kultur sie stammen – ob westlich-weltlich, ob albanisch-muslimisch oder aus einer frommen Subkultur? Vor einigen Monaten durfte ich eine indonesische Ärztin in einige Dörfer von Bali begleiten, wo sie psychisch kranke Menschen aufsuchte. Wir trafen sogar noch Menschen an, die in ihren Hütten mit Ketten gefesselt waren! Sie hat ein Herz für sie, besucht unter Strapazen ihre Hütten, redet mit den Angehörigen, bringt ihnen
Medikamente – und wichtiger als all das: sie bringt ihnen Hoffnung! Doch der Dreiklang hat noch einen zweiten Ton – „fachlich“. Wir sind herausgefordert, gute Fachpersonen zu sein – jeder an seinem Platz. Wir kennen medizinische Hintergrundinformation, wir beherrschen Techniken, wir wissen, welche Medikamente wirken (und welche nicht!). Als christlicher Psychiater habe ich Konzepte – etwa wie Krankheiten entstehen, wie sie verlaufen und was man tun kann, um den Zustand zu verbessern. Ich bin es den Menschen schuldig, ihnen diese Infos zu geben, um ihnen ein Begleiter durch das Schattenland ihrer Not zu sein. Aber ich darf ihnen auch nicht falsche Hoffnungen machen – so biblisch diese auf den ersten Blick scheinen mögen. Manche Erkrankungen hinterlassen lebenslange Narben – körperlich wie seelisch. Dazu müssen wir als Fachpersonen stehen (und dennoch innerlich das Gebet bewegen: „Herr, wann wirst du diese Welt verändern und Heilung schenken?!“).
frommen Umfeld. Aber ich trage das christliche Vokabular nicht immer auf der Zunge. Es braucht Weisheit, wo und in welcher Form wir unsere Werte in Worte fassen – und wo wir sie einfach leben und damit Licht und Salz in dieser Welt sind. In einer Liturgie unserer Klinik fassen wir das Spannungsfeld in folgende Worte: „Herr, öffne meine Augen, damit ich deine Herrlichkeit bestaune und die Not der Menschen sehe. Herr, öffne meine Ohren, damit ich dein Wort vernehme und den Schrei der Armen höre.“ Der (christliche) Blick nach oben darf uns nicht abhalten, die Not in der Welt um uns herum wahrzunehmen – und es ist gerade der Glanz jener anderen Welt, der dann auch abstrahlt in unseren beruflichen Alltag.
Dr. med. Samuel Pfeifer, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Chefarzt der Klinik
Sie merken: der dritte Klang – das „christlich“ durchdringt mein Sein – ob ich nun an einer medizinischen Fachkonferenz bin oder in einem
Sonnenhalde in Riehen bei Basel, Autor mehrerer Bücher und zahlreicher Fachartikel. Mehr Info: www.samuelpfeifer.com
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22.1.2011: Göttingen, CiG-Akademie,
26.1.2011: Moritzburg, Andacht halten –
nung und Heilung gehen. Seminar für Kranke und Angehörige, www.cig-online.de 2.2.2011: Moritzburg, Das seelsorgerliche Gespräch, www.diakademie.de
24.3.2011: München, Grenzen erfahren und Grenzen begegnen, www.christophorus-akademie.de 26.–27.3.2011: Herblingen, Weekend für
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29.–30.3.2011: Dornstadt, Nicht so nah…Nähe und Distanz, www.diakonisches-institut.de 1.4.2011: Moritzburg, „Wir sind Diakoniefälle Gottes“ – Diakonische Unternehmenskultur gestalten, www.diakademie.de 1.–3.4.2011: Marburg, Fachtagung Zahn-, Mund- und Kiefernheilkunde, www.smd.org 6.4.2011: Hamburg, Ich bleib an deiner Seite (Begleitung von Sterbenden), www.albertinen.de
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