ChrisCare 4/2015

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Magazin für Christen im Gesundheitswesen 4/2015

Mit Schmerz leben

ChrisCare

ChrisCare

Mit Schmerz leben leben Mit Schmerz GEKRÜMMTE FRAU

SEGNUNG

T TEN E P KOM END R E I R I INSP AH N S I X PRA

DIAGNOSEN

GLOBAL MENTAL HEALTH BERÜHRUNG PATRONENKREUZE TOTAL PAIN SYMPTOME KRAFT

AUFRICHTEN HERAUSFORDERUNG PSYCHOSOZIALER SCHMERZ MEHRDIMENSIONAL HERZENSANLIEGEN

November 2015 // (D) € 5,80 // (A) € 6,00 // (CH) SFr. 10.30 // www.chriscare.info // ISSN 1869-9944 // ZKZ 18 381


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INHALTSÜBERSICHT

SS. 4 SS. 5 SS. 6 SS. 7 SS. 10 SS. 12 SS. 13 SS. 16 SS. 18 SS. 19 SS. 22 SS. 24 SS. 26 SS. 28 SS. 32 SS. 35 SS. 36 SS. 39 SS. 39 SS. 40 SS. 42

Patronenkreuze Wenn die Seele weh tut Unerträglich Lehrt Not beten? Ich kann nicht mehr! Zeichen setzen Psychiatrie am Abgrund Ewiges Leben? Persönlich für Sie Schmerz in der Palliativsituation Blickpunkt Schmerz – ein mehrdimensionales Phänomen Segnungs-Gottesdienst Schmerz lass nach Wo treffen Sie Christen, die vom Fach sind? Für Sie gelesen Nachrichten Termine Kleinanzeigen Impressum Hier rät Dr. Rottweil!

Inhal t

Redaktionskreis: Friedhilde Bartels (Hamburg), Pflegedienstleitung, Medizinisch-Geriatrische Klinik, Albertinen-Haus, Albertinen-Krankenhaus / AlbertinenHaus gGmbH, Hamburg; Pastor Frank Fornaçon (Ahnatal), Redaktion ChrisCare; Bettina Gundlach (Aumühle), Ärztin im Sozialpsychiatrischen Dienst, Vor-

stand Christen im Gesundheitswesen (CiG); Günther Gundlach (Aumühle), Geschäftsführer CiG; Prof. Dr. rer. cur. Annette Meussling-Sentpali, Professorin Pflegewissenschaft, OTH Regensburg; Andreas Rieck (Stuttgart), Referent im Bereich Weiterbildung, Marienhospital Stuttgart; Dr. med. Georg Schiffner

(Aumühle), Chefarzt Geriatriezentrum Wilhelmsburger Krankenhaus Groß-Sand, Hamburg, Vorsitzender CiG; Pastoralreferent Bruno Schrage (Köln), Dipl.

Theologe, Dipl. Caritaswissenschaftler, Referent für Caritaspastoral im Erzbistum Köln; Kathrin Städler (Havelberg), Religionswissenschaftlerin und Krankenschwester; Hans-Arved Willberg (Karlsruhe), Theologe und Pastoraltherapeut; Dr. med. Monika Windsor (Zwochau), Anästhesistin, palliative care

Fachbeirat: Dr. theol. Peter Bartmann (Berlin), Gesundheitsökonom, Diakonie Bundesverband; Reinhild Bohlmann (Kassel), Bund freiberuflicher Hebammen Deutschlands BfHD e.V.; Prof. Dr. med. Andreas Broocks (Schwerin), Ärztl. Direktor Carl-Friedrich-Flemming-Klinik, HELIOS-Kliniken; Ulrike Döring (Wiesbaden), Vorsitzende des Evangelischen Berufsverbandes Pflege; Paul Donders (Niederlande), Leitung xpand international; Prof. Dr. Ralf Dziewas (Bernau), Professor für Diakoniewissenschaft und Sozialtheologie; Heribert Elfgen (Aachen), Physiotherapeut, Dipl. Musiktherapeut; Claudia Elwert (Karlsruhe), Physiotherapeutin, Mitarbeiterin Zentrum für Gesundheit-Therapie-Heilung; Sr. Hildegard Faupel (Springe), Theologin, Pädagogin; Dr. theol. Astrid Giebel (Berlin), Diplom-Diakoniewissenschaftlerin, Pastorin, Krankenschwester, Theologin im Vorstandsbüro der Diakonie Deutschland-Evangelischer Bundesverband; Dr. med. Martin Grabe (Oberursel), Chefarzt Psychosomatik Klinik Hohe Mark, Vorsitzender Akademie für Psychotherapie und Seelsorge e.V.; Dr. med. René Hefti (Langenthal), Chefarzt SGM Klinik Langenthal, Ltg. Forschungsinstitut Spiritualität & Gesundheit; Sr. M. Basina Kloos (Waldbreitbach), Franziskanerin, Generaloberin; Sr. Anna Luisa Kotz (Untermarchtal), Vorstand Genossenschaft der Barmherzigen Schwestern vom Hl. Vinzenz von Paul; Reinhard Köller (Aumühle), Arzt für Allgemeinmedizin, Naturheilverfahren; Pfarrer Ulrich Laepple (Berlin); Dr. med. Gabriele Müller (Frankfurt a. M.), Anästhesistin am Schmerz- und Palliativzentrum Rhein-Main; Rolf Nussbaumer (Herisau), Schule für christliche Gesundheits- und Lebensberatung; Weihbischof Thomas Maria Renz (Rottenburg), Diözese Rottenburg-Stuttgart; Dr. theol. Heinrich-Christian Rust (Braunschweig), Pastor der Evangelisch Freikirchlichen Gemeinde Braunschweig, Friedenskirche; Dr. med. Claudia Schark (Blankenburg), Chefärztin Klinik für Geriatrie und Innere Medizin; Oberin Andrea Trenner (Berlin), Oberin Johanniter Schwesternschaft; Dr. phil. Michael Utsch (Berlin), Psychotherapeut, Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen


EDITORIAL

4/2015 CHRISCARE

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Liebe Leserin, lieber Leser, Viele fühlen sich überfordert. Die Flüchtlinge, die es in den Lagern in der Türkei oder Jordanien nicht mehr aushalten und sich auf den Weg nach Deutschland machen. Die Freiwilligen, die sich in Bayern und an vielen anderen Orten für eine großartige Willkommenskultur einsetzen. Die Politiker, die von allen Seiten unter Druck geraten. Und das Gesundheitswesen? Wie wird sich die große Zahl an Flüchtlingen aus den Bürgerkriegsländern Afghanistan und Syrien auf die medizinische Versorgung auswirken? In einer in diesen Tagen veröffentlichte Untersuchung aus Dresden1 zeigt sich, dass 50 % der Flüchtlinge an posttraumatischen Belastungsstörungen leiden. Die Folgen von Krieg und unmenschlicher Politik mancher Länder werden die Menschen noch lange begleiten und die Mitarbeiter im Gesundheitswesen herausfordern. Mit den Flüchtlingen kommen viele Menschen in unser Land, die eine religiöse Sensibilität mitbringen. Sie haben erfahren, dass Schmerz sich nicht nur auf körperliches Leid beschränkt. Und sie erinnern uns daran, dass nicht alles machbar ist. Wir sind in vielem auf Gottes Segen angewiesen. In existentiellen Krisen wird die Hilfe Gottes oft deutlicher sichtbar. Das verbindet Menschen mit chronischen Schmerzen mit den Flüchtlingen. Sie wissen – bei aller Bedeutsamkeit medizinischer Fortschritte und unterstützender Hilfe – um die Grenzen menschlicher Möglichkeiten. Viele von ihnen sind überzeugt, dass wir zusätzlich auf Gottes Hilfe bauen können. Als Christen in Gesundheitsberufen haben wir die Chance, mit unseren Patienten zu erfahren, dass Hilfe von oben möglich ist. In dieser Ausgabe gehen wir unter anderem der Frage nach, welche Bedeutung religiöse Einstellungen für die Schmerzbewältigung haben können. Wir würden uns freuen, wenn Sie auf diesen Aspekt und die anderen Beiträge dieses Heftes reagieren und uns schreiben (www.chriscare.info). Der Austausch mit Ihnen ist uns wichtig. Ihre Dr. med. Georg Schiffner, Chefarzt Geriat-

Prof. Dr. rer. cur.

riezentrum Wilhelms-

Annette Meussling-

burger Krankenhaus

Sentpali, Professorin

Groß-Sand, Hamburg,

Pflegewissenschaft,

Vorsitzender CiG

OTH Regensburg

P.S.: Es sind nur noch wenige Monate bis zum nächsten Christlichen Gesundheitskongress (14. – 16. April 2016 in Kassel). Wir freuen uns auf die Begegnung mit Ihnen. Schauen Sie sich das Programm an und melden Sie sich schon jetzt an, um den günstigen Frühbucherpreis zu nutzen.

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DOI: 10.1038/MP.2015.164


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KUNST

Patronenkreuze Vom tödlichen Geschoss zum Hoffnungssymbol Ich habe vor einigen Jahren auf einer meiner Reisen eines dieser Kreuze geschenkt bekommen. Es ist ein Kreuz, das aus einer Patrone geschnitten wurde. Im Nahen Osten, dort wo die Gewehre irgendwie nie schweigen und viele die Hoffnung aufgegeben haben, haben Kirchengemeinden ein ganz besonderes Projekt ins Leben gerufen. Sie schneiden alte Patronen auf und machen kleine Kreuze aus ihnen.

hatte ich mich über etwas aufgeregt und wollte entnervt aufgeben. Und dann gaben mir ausgerechnet die, die in so einer hoffnungslosen Situationen lebten, dieses Zeichen, dass es sich lohnt, an der Hoffnung festzuhalten. Dass es sich lohnt, für all das sich einzusetzen, was so oft belächelt wird. Im Nahen Osten gefertigte Kreuze aus Patronen

Dass es sich lohnt, weiterzumachen, auch wenn alle meinen: „Hilft ja doch nichts“. Manchmal, wenn ich ziemlich

Das Kreuz ist ein altes Symbol, dass Gott selbst den

genervt bin, nehme ich dieses Kreuz in die Hand, fluche

schmerzhaften Foltertod nicht scheut, um uns Menschen

ein wenig vor mich hin und weiß dann doch, dass ich

zu vermitteln: „Vertrau darauf, egal was du erlebst, ich

weitermachen muss, weil ich an dem Kreuz spüre, dass

bleibe an deiner Seite“. So wurde über die Zeit das Kreuz

andere ja auch weitermachen. Aber ich habe inzwischen

– eigentlich das Zeichen für einen Folterinstrument – ein

so ein Kreuz auch schon weiterverschenkt an Menschen,

Symbol für Christen, dass ihr Gott sie nicht im Stich lässt.

die selber gerade sehr verzweifelt waren und für die alles nur noch irgendwie dunkel war. (Mehr: www.ekd.de) n

Und diese Christen im Nahen Osten nahmen diese unheilvollen Patronen und zeigen, indem sie Kreuze daraus schnitten: „Auch hier, auch jetzt, lässt Gott uns nicht allein. Wir vertrauen darauf, dass sich Hoffnung lohnt, weil wir wissen, dass Gott uns bei allem zur Seite steht.“ Als mir damals dieses Kreuz geschenkt wurde, war ich

Dr. Christina Kayales, Ev. Krankenhaus-

gerührt, sprachlos und auch etwas beschämt. Wie oft

seelsorgerin in Hamburg


ERFAHRUNGEN

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Wenn die Seele weh tut Was ist psychosozialer Schmerz?

„Vor sechs Wochen war unsere Welt noch in Ordnung“, begann Herr L. das Gespräch im Hospiz. Er und seine Frau sind gekommen, um sich das Haus anzuschauen. Vor sechs Wochen erhielt sie die Diagnose „Krebs“, unheilbar, inoperabel. Nun erzählen beide offen und ehrlich aus ihrem Leben, wie lange sie sich schon kennen, von den Kindern und Enkeln. Frau L. scheint in ihrer Familie gut aufgehoben zu sein. Bei einem Rundgang äußert Frau L. den Wunsch nach einem Zimmer, das nicht zur Straßenseite liegt. Zehn Tage später muss sie in das Hospiz aufgenommen werden. Ich bin froh darüber, dass sie ein Bett mit Blick ins Grüne bekommt.

sozialen Schmerz nicht nehmen, aber unterstützen, ihn zu durchleben. Manchmal hilft ein ruhiges Mit-Aushalten, manchmal ein intensives Gespräch, manchmal eine kurze Ansprache im Vorübergehen, manchmal auch ein Lachen. Frau M. sagte zu mir nach dem Tod ihres Mannes im Hospiz: „Wissen Sie, was mir bei Ihnen so gut getan hat? Dass hier auch mal gelacht wird und nicht alles so ernst ist.“

Was erleben diese beiden Men-

vor den Türen des Hospizes nicht

schen? Frau L. muss alles hinter sich

Halt machen. Daher geht es für mich

Ein Bibelvers aus dem Timotheus-

lassen, was ihr Leben ausgemacht

in der psychosozialen Begleitung

Brief hat eine besondere Bedeu-

hat: geliebte Menschen, im Leben

als erstes immer um die Frage: Wer

tung für meine Arbeit im Hospiz

Erreichtes, unerfüllte Wünsche,

braucht was?

gewonnen:

Sie ist noch nicht einmal 60 Jahre

Umgang mit psychosozialem

alt. Und ihr Ehemann? Er kämpft

Schmerz erfordert Zuwendung und

einerseits mit dem Wissen um den

Kreativität. Es darf niemals darum

bevorstehenden Tod seiner Frau,

gehen, vorgefertigte Ansichten

andererseits wünscht er sich, sie

oder Lehrbuchwissen in der Beglei-

„Gott hat uns nicht den Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“ (2. Tim. 1,7)

möge bald sterben, weil er es so

tung bestätigt sehen zu wollen.

schwer ertragen kann, sie leiden zu

Es darf auch nicht um eine Bewer-

Weit über unser menschliches

sehen. Tag und Nacht bleibt er bei

tung der Art gehen, wie Menschen

Bemühen hinaus kann dieser Geist

ihr, ringt mit der Fassungslosigkeit,

miteinander ihre letzte Lebens-

Schmerzen lindern und im Sterben

den Tränen und der Begegnung mit

phase gestalten. Ich begegne

Frieden schenken. Ich wünsche den

dem Endgültigen.

im Hospiz einem Menschen mit

Gästen des Diakonie-Hospizes Volks-

seinen Angehörigen, die eine lange

dorf, dass sie diesen Geist spüren. n

bisher Ungelebtes, Perspektiven.

An diesem Beispiel wird deutlich:

Geschichte miteinander haben.

Für den Gast stellt es einen psycho-

Diese Geschichte darf und möchte

sozialen Schmerz dar, sein irdisches

ich nicht mehr umschreiben. Des-

Leben verlassen und von allem

halb geht es um den Respekt vor

Vertrauten Abschied nehmen zu

dem Einmaligen und Persönlichen

müssen. Die Angehörigen wiede-

dieser letzten Lebensphase.

rum trauern, weil sie einen nahestehenden Menschen gehen lassen

Wenn sich psychosozialer Schmerz

müssen. Die Konstellationen sind

lindern lässt, dann nur in dem Da-

dabei sehr unterschiedlich: Meis-

Sein und Mit-Aushalten. Meistens

tens erlebe ich, dass unsere Gäste

sind die Gäste weiter in dem Pro-

von ihren Angehörigen liebevoll

zess des Loslassens vorangeschrit-

Ingrid Agbottah-Koch,

begleitet werden. Manche Kranke

ten als ihre Angehörigen. Diese

Sozialarbeiterin im

sind aber auch allein oder leiden

brauchen dann einen Menschen,

Diakonie-Hospiz

unter familiären Spannungen, die

der ihnen Halt gibt. Ich kann den

Hamburg-Volksdorf


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ERFAHRUNGEN

Unerträglich

in Deutschland organisiert hatte, um den Heilungsdienst in den Gemeinden unter Einbeziehung von Ärzten und Therapeuten zu fördern. Wir erlebten inspirierende Tage, hörten

Aber ER trägt mich

von Heilungserfahrungen, aber auch von der tröstenden Kraft Gottes, wenn das Leiden blieb. Die letzten Stunden des Kongresses konnte ich

Das saß ich nun schon wieder auf diesem „Marterstuhl“. So habe ich ihn manchmal als kleiner Junge bezeichnet. Ich hatte wirklich sehr schlechte Zähne.

vor Schmerzen kaum aushalten, aber ich betete gemeinsam mit anderen für Menschen, die krank waren. Auf dem Rückweg betete Francis intensiv

Häufig musste ich den Zahnarzt

zu einer Gebetsgruppe. Sie beteten

für mich, doch der Schmerz wurde

aufsuchen und die vielen Geräte

sehr ernstlich für mich um Heilung

immer stärker, so dass ich am nächs-

kennenlernen, mit denen er piekste,

und geboten im Namen Jesu Christi

ten Tag die Ärzte konsultieren musste.

bohrte, klopfte und Löcher ver-

dem Schmerz und der Krankheit,

Erst nach einigen Wochen konnten sie

stopfte. Ich habe aber nicht nur

meinen Körper zu verlassen. Noch

die Ursache diagnostizieren. Durch

Zahnschmerzen kennengelernt,

heute kann ich mich erinnern, als

gute ärztliche Versorgung konnte mir

sondern auch den, den meine Eltern

sei es gestern gewesen. Ein warmer

geholfen werden, allerdings ist der

als „Schmerzensmann“ besungen

Strom durchflutete mich von oben

Schmerz geblieben, eine Schädigung

haben und von dem es in der Bibel

bis unten, so als würde jemand

der Nerven. Damit lebe ich nun schon

heißt: „Er nahm auf sich all unsere

warmes Wasser über mich gießen.

etwa 12 Jahre. Oft werde ich nachts

Schmerzen“ (Jesaja 53,4). Jesus, so

Der Schmerz wurde weggespült,

vom Schmerz geweckt und dann

hatte ich es wohl unbewusst aufge-

und auch innerlich wurde es hell

frage ich mich, ob ich mich an meine

nommen, der weiß, was Schmerzen

und Freude und Kraft breiteten sich

Kindheitstage erinnern soll oder an

sind. Immer wenn es dann auf dem

aus. Einige Tage später konnten die

die wunderbare Heilungserfahrung in

Marterstuhl des Zahnarztes unerträg-

Ärzte in der Universitätsklinik keine

meiner Studentenzeit. Eines weiß ich

lich wurde, habe ich mir vorgestellt,

Krankheitsymptome mehr feststel-

aber heute noch gewisser: Ich bin mit

was Jesus gelitten hat. Irgendwie hat

len. In einer nochmaligen Unter-

meinen Schmerzen nie allein. Mein

mir das geholfen.

suchung bestätigte man mir, dass

ganzes Leben gehört Jesus. Jede

ich mich als geheilt ansehen darf.

Zelle an meinem Körper gehört ihm,

In meiner Zeit als Student hatte ich

„Unsere Schmerzen – er hat sie auf

ob sie nun krank ist oder gesund.

die Gelegenheit, ein Missionsprak-

sich geladen“, das fühlte sich nun für

Nicht nur das Gesunde an mir, auch

tikum in Afrika zu machen. Doch ich

mich noch konkreter an. Nicht nur,

das Kranke, das Zerbrechliche gehört

kam todkrank zurück. Mein ganzer

dass mir die Vorstellung des Leidens

Jesus, auch die Schmerzen. Manch-

„Innenraum“ schien entzündet und

Jesu half, Schmerzen zu ertragen,

mal, wenn es dann so unerträglich

jeder Atemzug schmerzte. Ich konnte

sondern es gab offenbar auch durch

ist, oft in der Nacht, dann seufze

kaum noch etwas zu mir nehmen

seine Gnade die Erfahrung, dass

ich betend: „Jesus, ich habe wieder

und die Ärzte vermuteten eine

er Schmerzen lindert oder ganz

dolle Schmerzen. Aber mit Dir ist es

Viruserkrankung; aber sie konnten

wegnimmt. Ich bin sehr ermutigt

erträglich!“ Der, der sich in Schmer-

nichts diagnostizieren. Die Schmer-

worden, für Menschen zu beten, die

zen für mich ans Kreuz strecken ließ,

zen wurden etwas gedrosselt durch

ebenfalls unter Schmerzen leiden.

trägt mich dann mit seinen Händen,

Medikamente, aber ich wurde auch

Und Gott sei gepriesen! Immer wie-

die durchbohrt sind. Diese Hände des

nach der Entlassung aus dem Kran-

der geschieht es hier und da, dass

Gekreuzigten und Auferstanden sind

kenhaus immer schwächer. Nicht nur

Schmerzen genommen werden.

stärker als der stärkste Schmerz. n

der körperliche Schmerz war da; es kam auch der innere Schmerz dazu.

Vor einigen Jahren hatte ich erneut

Eine Mischung aus Zweifel, Ohn-

Schmerzerfahrungen, die an Intensi-

macht, Wut und Trotz wollte meine

tät alles Bisherige noch übertrafen. Es

Dr. theol. Heinrich

Seele zerreißen. Sollte das nun mein

begann eigentümlicherweise unmit-

Christian Rust, Pastor

Ende sein oder war Gott mit mir

telbar nach einem Kongress, den ich

der Friedenskirche

schon am Ziel? In meiner Verzweif-

gemeinsam mit Francis McNutt und

Braunschweig, Buch-

lung schleppte ich mich eines Tages

einigen anderen aus den USA hier

autor


TITELTHEMA

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Lehrt Not beten? Ein ganzheitlicher Behandlungsansatz in der modernen Schmerztherapie „Not lehrt beten“ ist eine alte Volksweisheit. Was hilft nun aber beten bei Schmerzen? Kann das Gebet die Schmerzen lindern oder heilen? In einem früheren Beitrag (ChrisCare 3/2010) habe ich den Zusammenhang zwischen Leiden, Schmerz und Religion dargestellt und einige empirische Studien dazu erläutert. In diesem Beitrag sollen die Ergebnisse einer eigenen Studie vorgestellt werden, die den Zusammenhang von Religiosität, religiösem Coping und Schmerzbewältigung untersuchte.

Bringen Notsituationen uns Menschen zurück zum Glauben?

In der wissenschaftlichen Literatur

ist aber nicht neu. Es findet sich

Wiech et al. (2008) vom Oxford

wurde diesem Zusammenhang

in allen religiösen Traditionen. So

Center for Functional Magne-

in den letzten Jahren zunehmend

schrieb Clement im 2. Jahrhundert

tic Resonance Imaging konnten

Bedeutung geschenkt. Prof. Harold

nach Christus: „Wenn ein Christ

zeigen, dass bei einer Gruppe von

Koenig hat die bis 2010 publizierten

an Schmerzen leidet, … dann soll

Katholiken die Schmerzsensitivität

Studien über Schmerz und Spiri-

er Gott um die Kraft bitten, die

durch das Betrachten eines religiö-

tualität im „Handbook of Religion

Schmerzen zu tragen.“

sen Bildes reduziert wurde. Dieser

and Health“ (2012) in einem eige-

Effekt war verbunden mit einer

nen Kapitel zusammengefasst. Er

Gebet ist die am häufigsten prakti-

Aktivierung des rechten präfron-

weist darauf hin, dass das Thema

zierte Form von religiöser Schmerz-

talen Cortex, einer Hirnregion, die

Schmerz in allen religiösen Traditi-

bewältigung (Cronan et al., 1989;

mit kognitiver Downregulation und

onen bedeutsam ist. Schmerz wird

Rosenstiel et al., 1983). Der Fokus

emotionaler Neubeurteilung von

im religiösen Kontext nicht nur als

wird dabei auf Gott gesetzt und

Erfahrungen zu tun hat. Damit kann

Übel, sondern auch als konstruktive

nicht mehr auf den Schmerz gerich-

einer Schmerzerfahrung eine neu-

(„läuternde“) Kraft verstanden, was

tet. Insofern hat das Gebet den

trale oder sogar positive Bedeu-

dem Schmerz Sinn und Bedeutung

Charakter der „Defokussierung“.

tung gegeben werden.

geben kann. Dies wiederum beein-

Turner & Clancy (1986) untersuch-

flusst die Schmerzbewältigung.

ten Patienten mit Chronic Low Back Pain. Sie fanden, dass im zeitlichen

Eine aktuelle Studie aus der Schweiz

Religiöse Schmerzbewältigung

Verlauf die Schmerzintensität bei

In einer eigenen Studie an 183

Religiöse Schmerzbewältigung

denen, die Gebet als Bewältigungs-

chronischen Schmerzpatienten (Hefti,

meint den Einsatz von Glaubens-

strategie einsetzten, abnahm. Gebet

Laun 2015), welche im Zentrum für

ressourcen zur Bewältigung von

ist also ein „Prototyp“ religiöser

Schmerzmedizin in Nottwil behan-

Schmerzen. Sie ist eine Sonderform

Schmerzbewältigung.

delt wurden, untersuchten wir den

des religiösen Copings, das von Ken

Zusammenhang zwischen Religiosi-

Pargament in den letzten drei Jahr-

Neuere Untersuchungen belegen,

tät, religiösem Coping und psycho-

zehnten intensiv untersucht wurde

dass zentralnervöse Einflüsse die

logischer Schmerzverarbeitung. Es

(Pargament 1997). Das Phänomen

Schmerzwahrnehmung modulieren.

ging dabei um die Frage, ob und in

der religiösen Schmerzbewältigung

Das gilt auch für die Religiosität.

welcher Form Glaube und religiöses


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TITELTHEMA

Coping die Schmerzbewältigung

zusammen. Schmerzbedingte psychi-

Schmerzpatienten, die eine part-

beeinflussen können.

sche Beeinträchtigungen umfassen

nerschaftliche Beziehung zu Gott

Hilflosigkeit und Depression, wie

pflegen, also eine aktive Kooperation

auch Angst und Ärger.

mit Gott suchen, Schmerzen besser

Eingesetzte Messinstrumente

bewältigen. Das

Das religiöse Coping wurde mittels RCOPE (Pargament 2011) gemessen.

Die Schmerz-

positive reli-

Es wird in positives und negatives

akzeptanz,

giöse Coping

religiöses Coping aufgeteilt. Dem

ein wichtiger

korreliert

positiven religiösen Coping liegt

Aspekt in der

insbesondere

eine kooperative Beziehung zu

Schmerzbe-

mit mentaler

Gott zu Grunde. Typische Aussagen

wältigung

Ablenkung

sind: „Ich habe versucht, meine

(v.a. bei

(r = .206**),

Pläne gemeinsam mit Gott in die Tat

chronischen

kognitiver

umzusetzen“, „Ich habe nach engerer

Schmerzen),

Neubewertung

Verbundenheit mit Gott gesucht“. Das

wurde mittels

(r = .312**) und

negative religiöse Coping drückt eine

des Chronic

Selbstwirksam-

unsichere und konflikthafte Bezie-

Pain Accep-

keit (r = .304**).

hung zu Gott aus. Typische Aussagen

tance Ques-

Glaube hilft

sind: „Ich habe mich gefragt, ob Gott

tionnaire

also, die Auf-

mich verlassen hat“, „Ich habe Gottes

(CPAQ-D; Nil-

merksamkeit

Macht in Frage gestellt“, „Ich habe

ges, Köster

vom Schmerz

mich gefragt, was ich getan habe,

& Schmidt,

wegzulenken,

dass Gott mich bestraft“.

2007) erfasst.

die persönliche

Schmerz-

Zeichnung einer Schmerzpatientin

Leidenssitu-

Die Schmerzbewältigung wurde

akzeptanz

mit dem Fragebogen zur Erfassung

wird als das

der Schmerzverarbeitung (FESV,

Bemühen definiert, die täglichen

das Gefühl der eigenen Wirksamkeit

Geissner 1999/2001) untersucht.

Aktivitäten trotz schmerzbedingter

zu stärken.

Basierend auf den psychologischen

Einschränkungen aufrecht zu erhal-

Konzepten zur Schmerzverarbei-

ten. Personen mit hoher Schmerzak-

Demgegenüber zeigt negatives

tung (Geissner 1990) wurden drei

zeptanz richten ihre Aufmerksamkeit

religiöses Coping einen ungüns-

Grundkomponenten ermittelt: die

weniger auf den Schmerz und des-

tigen Einfluss auf die Schmerzbe-

kognitive Schmerzbewältigung, die

sen Beseitigung, sondern vielmehr

wältigung, insbesondere auf die

verhaltens-bezogene Schmerzbewäl-

auf Möglichkeiten, trotz schmerz-

Schmerzakzeptanz (r = -.286**),

tigung und schmerzbedingte psychi-

bedingter Beeinträchtigungen am

welche einen weiteren wichtigen

sche Beeinträchtigung. Die kognitive

privaten, sozialen und beruflichen

Faktor in der Schmerzverarbeitung

Schmerzbewältigung besteht aus

Leben aktiv teilzuhaben. Der Frage-

darstellt. Eine ungewisse, kon-

den aktiven Handlungskompetenzen,

bogen zur Schmerzakzeptanz besteht

flikthafte oder emotional negativ

der kognitiven Umstrukturierung

aus zwei Unterskalen, nämlich der

gefärbte Gottesbeziehung hindert

(Schmerzen werden in einen neuen

Aktivitäts- und Schmerzbereitschaft.

also die Schmerzbewältigung.

Kontext gestellt) und dem Erleben

ation neu zu bewerten und

Solche Patienten fühlen sich zum

der Selbstwirksamkeit. Die verhal-

Ergebnisse der Schmerzstudie

Beispiel von Gott verlassen, bestraft

tensbezogene Schmerzbewältigung

Die Studie ergab, dass positives

oder sind der Überzeugung, dass

setzt sich aus der mentalen Ablen-

religiöses Coping positiv mit der

die Schmerzen vom Teufel kommen.

kung, gegensteuernden Aktivitäten

Schmerzbewältigung korreliert

Für die Behandlung von Schmerz-

sowie Entspannungstechniken

(zusammenhängt). Das heißt, dass

patienten ist es deshalb wichtig,


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Literatur

negative Glaubens- und Lebenshaltungen zu erkennen und zu thematisieren. Ähnliches konnten auch Dezutter et al. (2010) von der katholischen Universität in Leuven finden. Dezutter untersuchte den Zusammenhang von Krankheitsinterpretation und Gottesbildern bei chronischen Schmerzpatienten. Dabei unterschied sie positive, ängstliche und zornige Gottesbilder. Positive Gottesbilder korrelierten positiv mit der Krankheitsinterpretation (r = .27, p < .05), zornige Gottesbilder negativ (r = -.25, p < .05). Eine positive Krankheitsinterpretation schaffte positive Gefühle (r = .47, p < .001) und unterstützte auf diesem Weg die Schmerzbewältigung.

Konsequenzen für eine ganzheitliche Schmerztherapie Die dargestellten Ergebnisse ermöglichen einen Einblick in das Zusammenspiel von Religiosität und Schmerzbewältigung und konkretisieren die Befunde anderer Untersuchungen: Glaube und positives religiöses Coping unterstützen insbesondere mentale Ablenkung, kognitive Neubewertung und Selbstwirksamkeit, also Komponenten der kognitiven und behavioralen Schmerzbewältigung. Das negative religiöse Coping korreliert mit Angst und Depression und erschwert die Schmerzakzeptanz. Beide Aspekte sind in der Betreuung von Schmerzpatienten relevant. Die günstigen Einflüsse sollen in einer ganzheitlichen Schmerztherapie positiv unterstützt und gefördert werden. Die ungünstigen Lebens- und Glaubenshaltungen müssen identifiziert und wo nötig thematisiert werden. Bei negativem religiösem Coping ist der Beizug eines „religiösen Spezialisten“ sinnvoll und ratsam. Dieser muss die Glaubenstradition des Patienten möglichst gut kennen. Immer wieder habe ich muslimische Schmerzpatienten erlebt, die überzeugt waren, dass ihre Schmerzen eine Strafe Allah’s sind.

• Cronan, T.A. (1989), Prevalence of the use of unconventional remedies for arthritis in a metropolitan community, Arthritis and Rheumatism, 32:1604-1607 • Dezutter, J., Büssing, A., Hutsbaut, D. (2010), God image and happiness in chronic pain patients: the mediating role of disease interpretation, Pain Medicine, 11(5):765-73 • Hefti, R. (2009), Integrating spiritual issues into therapy, in: Religion and Spirituality in Psychiatry – What Clinicians need to know, eds. Huguelet, Ph., Koenig, H.G., Cambridge University Press • Hefti, R. (2010), Schmerz und Spiritualität – ein empirischer Zugang. ChrisCare • Hefti, R. (2013), The Extended Biopsychosocial Model – a whole person approach to psychosomatic medicine. Psyche & Geloof, 24(2):119-130. • Hefti, R., Laun, M. (2015), Impact of religious coping on pain processing in chronic pain patients. Poster at the Preconference of the Annual Meeting of Social and Political Psychology, February 26, 2015, Los Angeles CA/USA • Huber, S. (2008), Der Religiositäts-Struktur-Test (R-S-T). Systematik und operationale Konstrukte. In: Gräb, W., Charbonnier, L. (Hrsg.) Individualisierung und die pluralen Ausprägungsformen des Religiösen. Münster: Lit. 109–143. • Geissner, E. (1990), Psychologische Schmerzmodelle – Einige Anmerkungen zur Gate-Control-Theorie sowie Überlegungen zu einem mehrfaktoriellen prozessualen Schmerzkonzept. Der Schmerz, 4 (4): 184 - 192. • Geissner, E. (1999),Verarbeitung chronischer Schmerzen - Skalen zur Erfassung der Schmerzbewältigung und der schmerzbedingten psychischen Beeinträchtigung. Zeitschrift für Klinische Psychologie, 28(4): 280 - 290. • Geissner, E. (2001), Fragebogen zur Erfassung der Schmerzverarbeitung FESV. Göttingen: Hogrefe • Koenig, H.G., King, D.E., Carson, V.B. (2012), Handbook of religion and health, second edition. New York: Oxford University Press. • Nilges, P., Köster, B. & Schmidt, C.O. (2007). Schmerzakzeptanz - Konzept und Überprüfung einer deutschen Fassung des Chronic Pain Acceptance Questionnaire. Der Schmerz, 21 (1): 57-67. • Pargament, K. (1997), The psychology of religion and coping: Theory, research, and practice. Guilford Press: New York • Rosenstiel, A.K., Keefe, F.J. (1983), The use of coping strategies in chronic low back pain patients: Relationship to patient characteristics and current adjustment, Pain, 17:33-44 • Turner, J.A., Clancy, S. (1986), Strategies for coping with chronic low back pain: Relationship to pain and disability, Pain, 24:355-364 • Wiech, K., Farias, M., Tracey, I. (2008), An fMRI study measuring analgesia enhanced by religion as a belief system, Pain, 139(2):467-476

Die dargestellten Ergebnisse stellen ein Plädoyer für eine ganzheitliche Schmerztherapie im Sinne eines erweiterten biopsychosozialen Behandlungsmodells dar

Dr. med. René Hefti ist Chefarzt und

(Hefti 2003, 2009). Grundvoraussetzung des Einbezuges

Ärztlicher Leiter der Klinik SGM Langen-

von Spiritualität in die Behandlung ist die spirituelle

thal, Dozent für psychosoziale Medizin

Anamnese, die mir gerade bei Schmerzpatienten unver-

an der Universität Bern und Leiter des

zichtbar scheint, wenn die religiösen Bezüge erfasst

Forschungsinstitutes für Spiritualität und

werden sollen. n

Gesundheit in Langenthal (www.fisg.ch).


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ERFAHRUNGEN

Ich kann nicht mehr! Wer hört mich? Hören diese Schmerzen denn niemals auf?

Schon früh (als Kind) erlebte ich in meinem Leben Schmerzen: mehrfach im Krankenhaus sowohl körperlich als auch seelisch mit Verlassenheitsängsten sowie einen großen Trennungsund Verlustschmerz durch die über mehrere Jahre andauernde Krebserkrankung und schließlich das Sterben meiner Mutter.

Rückenschmerzen war, dass ich die Verantwortung anderer auf mich genommen, buchstäblich „getragen“ habe. Ich litt seit meinem 14. Lebensjahr unter Verspannungen meiner Hals-, Nacken und Rückenmusku-

Jeder weiß: Schmerzen gehören zu

selbst Fragen zu stellen, wie zum Bei-

latur. Dazu kamen oft zusätzliche

unserem Leben – als wichtige Signale

spiel „Was will mir mein Körper durch

Schuldgefühle, weil ich die kran-

dafür, dass irgendetwas „nicht in Ord-

den Schmerz sagen?“ oder „Worauf

kengymnastischen Übungen nicht

nung“ ist. Wie Signalleuchten an einer

will Gott mich aufmerksam machen?“

täglich durchgeführt habe. Mein

Maschine – zum Beispiel unserem

Studium und später die Schwanger-

Auto – anzeigen, wenn der Benzintank

So erkannte ich viele ganz individu-

schaften verstärkten die Schmerzen,

leer ist, eine Glühbirne oder gar der

elle Botschaften meines Schmerzes

Gelenkblockierungen und Band-

Motor defekt ist. Die Störung, die das

an mich. Durch meine häufigen Kopf-

scheibenschäden traten auf und ich

Signal Schmerz bedingt, kann aber

schmerzen lernte ich zum Beispiel,

„funktionierte“ nicht mehr. Ich fühlte

in ganz verschiedenen Bereichen

meine Grenzen wahrzunehmen und

mich als Versager. Nachdem bereits

unseres Lebens vorliegen: in unserem

nicht mehr gegen sie anzurennen

Reha-Termine vereinbart waren,

Körper, unserer Seele oder unserem

wie gegen eine Mauer, die eigentlich

erfuhr ich nach einem Gebet unter

sozialen Umfeld. Es gilt darum immer

Schutz bieten soll vor Verausga-

Handauflegung eine überraschende

wieder neu herauszufinden, welche

bung. Ich konnte meinen Wunsch

Schmerzfreiheit. Die Reha habe ich

Botschaft der jeweilige Schmerz für

nach Perfektionismus und Kontrolle

dann trotzdem durchgeführt als mei-

mich beinhaltet. Erst wenn ich ver-

loslassen lernen. Ich muss mir nicht

nen eigenen Anteil (Muskelaufbau)

standen habe, was mir weh tut, kann

mehr „meinen Kopf zerbrechen“

am Heilungsprozess und Heilbleiben.

ich nach einer Lösung für die Ursache

über die Probleme anderer oder „mit

suchen und entsprechend handeln,

dem Kopf durch die Wand“. Inzwi-

Gemeinschaft zu erleben ist mir

gegebenenfalls auch Veränderungen

schen schaffe ich es immer besser,

wichtig geworden, um die „Schmerz-

in meinem Denken, meiner Haltung

meine Gefühle hinter dem Schmerz

Angst-Isolations-Spirale“ zu durch-

oder meinem Leben vornehmen.

wahrzunehmen und entsprechend

brechen. Bei Gefühlen von Isolation

zu handeln. Ich kann ehrlich ´Nein

im Sinne von „Ich bin allein“ hilft es

Dazu musste ich erst einmal ler-

sagen´ und eigene Bedürfnisse (z.B.

mir, in die Geborgenheit hineinzufin-

nen, was bewusstes Wahrnehmen

nach Alleinsein) äußern, statt mich

den und Trost zu erfahren – bei Men-

bedeutet, das heißt erst einmal den

zurückzuziehen und den Schmerz

schen oder bei Gott selbst. Gemein-

Schmerz zu spüren und ihn nicht

als Alibi hierfür zu benötigen. Gott

schaft zu Menschen zu suchen, finde

mehr – wie seit Kindheit gewohnt

ermutigt mich, mich so ernst zu neh-

ich oft schwer, manchmal tun mir

– zu ignorieren und weiter zu funk-

men wie er mich ernst nimmt und zu

eher Rückzug und Stille gut. Die

tionieren, bis er so stark wird, dass

mir selbst zu stehen.

Gewissheit aus meinem Glauben

ich ihn nicht mehr verdrängen kann.

heraus stärkt mich: Jesus Christus

Ich hatte von früh auf gelernt, mich

Auch die Erkenntnis, dass ich dem

ist immer da, er versteht mich, ich

und die Signale meines Körpers nicht

Schmerz nicht passiv ausgeliefert

muss mich nicht rechtfertigen, alles

ernst zu nehmen und auf Schmerzen

bin, sondern aktiv aus dieser Hal-

darf sein! Beides ist mir wichtig und

mit Verleugnung und Verdrängung

tung heraustreten kann, hat mich

kostbar geworden: Gemeinschaft

reagiert, mit Selbstanklage und

gestärkt! Ich kann meinen Anteil

und Alleinsein!

Minderwertigkeitsgefühl. Das heißt

an Schmerzlinderung und Heilung

aber auch, Schmerz nicht vorschnell

dazutun und selbst dabei mitwirken:

Inzwischen weiß ich, dass unbe-

als schlecht zu deuten. Ich lernte, mir

Eine Botschaft in Bezug auf meine

wältigte, vielleicht verdrängte und


ERFAHRUNGEN

4/2015 CHRISCARE

11

Schmerz – Hilfreiche Fragen zur Selbstreflexion 1. Leide ich wiederholt an Schmerzen oder neige ich zur Verdrängung? 2. Verstehe ich die Zusammenhänge einer Schmerz-Chronifizierung? Nehme ich den chronischen Schmerz als eigenständiges Krankheitsgeschehen ernst? 3. Sind die Schmerzen ausreichend medizinisch abgeklärt? Halte ich mich an die therapeutischen Empdadurch oft unverheilte seelische

Sehr entlastet hat mich der Aus-

Verletzungen und Wunden körperli-

spruch einer kranken Freundin:

chen Schmerz verstärken oder selbst

„Chronische Krankheit braucht chro-

4. Kenne ich meine Schmerzauslö-

Schmerzen verursachen können.

nisches Gebet“ – also auch chroni-

ser und -verstärker?

Seelsorgerliche Gespräche wurden

scher Schmerz! So habe ich in meiner

wichtig, durch die Versöhnung mit

langen Schmerzgeschichte gelernt,

5. Habe ich eine gute Beziehung zu

meiner Biographie und Veränderung

neben den Hauskreismitgliedern auch

mir selbst, einen guten Umgang mit

unzureichender Konfliktbewälti-

meinen Ehemann und meine Kinder

mir selbst?

gungsmuster geschehen konnten.

um ihr Gebet unter Handauflegung

a. Lebe ich einen ausgewogenen,

Dort habe ich erfahren, wie wichtig

zu bitten. Ich habe gelernt, im Gebet

gesunden Lebensstil? (Schlaf, Bewe-

es für mich ist, Trost und Zuspruch

nicht gegen den Schmerz anzukämp-

gung, Ernährung, Kommunikation &

zu empfangen, z.B. dadurch, dass ich

fen, sondern ihn anzunehmen, im

Gemeinschaft)

meinen Mann darum bitte, mich in

Sinne von „mich-mit-ihm-verbünden“,

b. Kann ich mich entspannen –

den Arm zu nehmen. Heilung innerer

um dann anders mit ihm umzugehen,

wann und wie?

Verletzungen ist bei mir auch durch

auf dass er immer mehr seine zerstö-

die Solidarität Jesu geschehen –

rerische Macht in meinem Leben ver-

6. Bin ich mit allen Abschnitten mei-

Jesus am Kreuz ist uns in unserem

liert! Damit meine ich aber nicht, nicht

nes Lebens versöhnt, insbesondere

Schmerz so nah wie nirgendwo

mehr zu kämpfen oder mich total

auch gegenüber Ärzten, Therapeuten,

sonst. Bereits in der Kirchenge-

passiv zu ergeben, sondern echte

„Verursachern“ von Schmerzen?

schichte gibt es Berichte davon, wie

Annahme und Auseinandersetzung

kranke Menschen beim Betrachten

als aktive Prozesse! So unterscheide

7. Habe ich Menschen (Freund,

der Leidensgeschichte Jesu Besse-

und praktiziere ich verschiedene

Seelsorger, Therapeut), mit denen ich

rung bis in ihre Körperlichkeit hinein

Gebetsformen: Manchmal ist es für

über meinen Schmerz sprechen kann

erfuhren. Ich habe nach einem Reit-

mich „dran“, den Schmerz einfach nur

und die mir Hilfe und Trost sind, oder

unfall mit zwei Wirbelfrakturen lange

auszuhalten und mich „zu ergeben“,

ziehe ich mich eher zurück?

Zeit im Krankenhaus flach liegen

dann wiederum gibt es Momente,

müssen und in dieser Ohnmacht und

in denen ich „gegen den Schmerz

8. Ist mir meine Beziehung zu Gott

Hilflosigkeit gelernt, Gott zu begeg-

angehe“, dem Schmerz widerstehe

eine Hilfe, kann ich vor Gott zur Ruhe

nen mit der Erfahrung des Verstan-

oder den Schmerz zurückweise.

kommen, seinen Frieden und Trost

denseins und völliger Ergebung – ich

fehlungen?

regelmäßig erleben?

konnte nichts mehr „leisten“. Gedan-

Durch meine Hinwendung zum

ken und Fragen danach, was werden

christlichen Glauben hat sich mein

wird und welchen Wert ich noch

Umgang mit Schmerz und Krankheit

habe, wenn ich nie wieder sitzen,

verändert, auch wenn mein Leben

auch im Schmerz bei mir ist. Ich

stehen und laufen könnte, bewegten

nicht ohne sie ist. Ich habe einen

glaube und habe zutiefst erfahren,

mich. Damals spürte ich auf neue

veränderten Blick, eine Perspektive

dass durch Jesus Tod Krankheit,

Weise meinen Wert unabhängig von

voller Hoffnung: Ich erlebe es als

Schmerz und Leid zwar nicht ver-

meinem Tun.

Trost in allem Schmerz, dass Jesus

schwunden sind, aber besiegt – sie


12

ERFAHRUNGEN + CGK

haben „keinen Stachel mehr“ (1. Kor.

Zeichen setzen

15, 55). Das bedeutet für mich ganz konkret, dass sie keine Macht mehr

Kennzeichen des Christentums: Kranke unterstützen

über mein Inneres haben oder mein ganzes Leben bestimmen dürfen! Jesus Christus hat ihre zerstörerische Wirkung aufgehoben! Ich habe in ihm einen Adressaten, ein Gegenüber für meine Schmerzen gefunden, ihm kann ich alles bringen: mein Fragen, Weinen, Klagen und Bitten. Er kannte selber Schmerzen und wird bezeichnet als „der Schmerzensmann schlechthin“. In ihm habe ich jemanden gefunden, der mich sieht und ernst nimmt: ohne und mit Schmerz! (Jesaja 53, 4-5: „Er lud auf sich all unseren Schmerz und Krankheit ... in seinen Wunden sind

(Kassel) „Glaube und verantwortliches Handeln gehören zusammen“, erklärten der Präsident des Deutschen Caritasverbandes Prälat Dr. Peter Neher (Freiburg i.Br.) und der Präsident des Werkes für Diakonie und Entwicklung, Pfarrer Ulrich Lilie (Berlin) in einem gemeinsamen Grußwort zum 5. Christlichen Gesundheitskongress in Kassel. Die Unterstützung von Kranken sei von Anfang an Kennzeichen des Christentums.

wir geheilt.“ Phil. 2, 6-7: „Er hielt

auf dem Gebiet der Palliativmedizin und der Hilfe für Schwerkranke setzen. „Die Kirchen haben eine jahrtausendealte Kultur der Begleitung und Hilfe für Kranke und Sterbende. Von der Krankensalbung, die seit dem 1. Jahrhundert geübt wurde, über die Entwicklung der Krankenhäuser im Umfeld der Orden und die Klostermedizin bis hin zur modernen Hospizbewegung“, erklärt Dr. Georg Schiffner vom Kongressvorstand. „Allerdings ist dieses Wissen in der gegenwärtigen Medizin und Pflege an den Rand gedrängt worden. Auch

sein Gottsein nicht für einen Raub,

Das Thema des Kongresses: „Zeichen

die Kirchen haben vielerorts ihre

sondern entäußerte sich selbst und

setzen – Heilen und Begleiten in

Kompetenz, zur Heilung beizutragen,

wurde Mensch.“)

Gesundheitswesen und Gemeinde.“

vergessen. Diesen Schatz gilt es wie-

Damit wird darauf hingewiesen, dass

der zu heben.“

Ich habe in meinem Glauben und

es oft nicht die großen Konzepte sind,

meiner Beziehung zu Jesus Chris-

die positive Veränderungen bringen,

Zu den über 60 Referenten gehö-

tus Hilfe gefunden, mich selber

sondern zeichenhafte Aktionen. Der

ren zum Beispiel der Theologe und

kennenzulernen, Zusammenhänge

einzelne Mitarbeiter im Gesund-

Ethnologe Roland Werner (Marburg),

zu verstehen und Veränderungen

heitswesen muss den schwierigen

das Mitglied des deutschen Ethik-

vorzunehmen. Ich weiß zutiefst: Ich

Rahmenbedingungen in Klinik oder

rates Eckhard Nagel (Bayreuth), die

bin trotz Schmerz von Gott geliebt

Heim nicht hilflos gegenüberstehen,

Diakoniewissenschaftlerin Astrid

und wertvoll in seinen Augen. Ich

sondern kann auf allen Ebenen der

Giebel (Berlin) und die Kranken-

versuche, die Verbindung zu ihm

Hierarchie Zeichen setzen. Zeichen

hausoberin Sabine Ruppert-Fürstos

zu halten und sein umfassendes

der Hoffnung will der Kongress auch

(Saarlouis). n

Reden darin zu vernehmen. Und ich

Anzeige

bin ganz anders bereit als früher, auch körperliches Leid zu ertragen und meine Unvollkommenheit und Schwäche zu bejahen. Ich habe Schmerz, aber ich bin nicht der Schmerz – ich lerne, Gott immer mehr zu vertrauen und ihn und mei-

ZEICHEN SETZEN

EN E G L E IT UND B EN H E IL E N D H E IT S W E S UN DE IN IN G E S E M E UND G

nen Schmerz ernst zu nehmen. n

Bettina Gundlach (Aumühle), Ärztin im Sozialpsychiatrischen Dienst, Vorstand Christen im Gesundheitswesen (CiG)

5. CHRISTLICHER GESUNDHEITSKONGRESS

14.—16. APRIL 2016 IN KASSEL WWW.CHRISTLICHER-GESUNDHEITSKONGRESS.DE


INTERNATIONAL

4/2015 CHRISCARE

13

Psychiatrie am Abgrund Global Mental Health

Global Mental Health

Prof. Dr. med. Samuel Pfeifer war lange Jahre Chefarzt der Klinik Sonnenhalde bei Basel. Der renommierte Psychiater ist über die Grenzen der Schweiz und Deutschlands ein gefragter Referent, unter anderem in Indien und Indonesien. „Global Mental Health in a Christian Context” (GMHCC) ist ihm ein Herzensanliegen. Er berichtet für ChrisCare von seinen Erfahrungen: Auf der Trauminsel Bali habe ich in den Abgrund einer Psychiatrie ohne Medikamente geblickt. Versteckt im Hühnerhof, weg von der Dorfgemeinschaft, sitzt ein ausgemergelter Mann in Ketten. Er ist psychisch krank, wahrscheinlich bipolar oder schizophren. Die Familie wusste sich nicht

Aufklärung über psychische Krankheiten (Projekt Burans, Indien)

anders zu helfen. Frau Prof. Suryiani, eine engagierte Psychiaterin brachte mich in dieses Dorf, umgeben von

In den letzten zwei Jahren war ich mehrfach in Indien, um

saftig-grünem Dschungel, nur zwei Stunden von den

dort bei christlichen Konferenzen über „Mental Health as

Traumstränden entfernt. Sie versucht diesen Menschen

a Ministry of the Church“ zu sprechen. Eingeladen wurde

Hilfe zu bringen und versorgt sie mit Medikamenten.

ich von einem Verbund christlicher Krankenhäuser, der „Emmanuel Hospital Association“ (EHA). Jahrzehntelang hatten sie für körperlich Kranke gesorgt, an Orten, wo sonst keine Versorgung möglich war. Die Krankenhäuser lernten psychisch Kranke oft erst kennen, wenn sie nach einem Suizidversuch (etwa mit Unkrautvertilger) in der Notaufnahme landeten, mit verätzter Speiseröhre und noch schwerer verletzter Seele. Aber nun wird es ihnen zunehmend bewusst: „There is no health without mental health!“ – Es gibt keine Gesundheit ohne psychische Gesundheit!

Psychisch kranker Mann in Ketten (Bali) Global Mental Health – wenn Psychiatrie über ihre kleinräumigen Grenzen hinausschaut – hat mir ganz neue Perspektiven geöffnet. Psychische Krankheiten zerstören das Leben von Millionen Menschen, überschatten es, verhindern eine gute Ausbildung und eine glückliche Partnerschaft. Die WHO schätzt, dass Depression diejenige Erkrankung auf der Welt ist, die am meisten verlorene Jahre (DALY) erzeugt – nicht nur im gestressten Westen, sondern auch in den Entwicklungsländern.

Von der traumatisierten Frau zur Hoffnungsbringerin für andere Betroffene: Meena


14

Global Men Zuhörer an

einer Konfe

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sychische G esundheit in Nord indien

er E

d -Tagung

Strategie

Stigma: Dämonen, Hexerei, Zauberbann

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el Hos mmanu

körperliche Störungen behandelt hatten. Sie werden nun sensibilisiert für psychische Krankheiten. „Wir fragen die

Psychische Krankheiten sind in vielen Ländern der Dritten

Leute, die zu uns kommen: Kennt ihr in eurem Dorf Men-

Welt stark stigmatisiert. Das eigentümliche Verhalten, die

schen, die sich eigenartig benehmen, sich zurückziehen,

Ängste und Alpträume werden zurückgeführt auf dämo-

das Leben nicht mehr bewältigen?“, erzählt David Abra-

nische Einflüsse. In der arabischen Welt wird eine psy-

ham vom EHA-Projekt „SHARE“ in Bijnor/Uttar Pradesh.

chisch kranke Person direkt als „madschnun“ bezeichnet,

Mit Hilfe von Unterrichtsmaterial (z.B. von www.BASIC-

als von einem Dämon besessen. Die erste Anlaufstelle ist

NEEDS.org) werden die Mitarbeiter und freiwilligen Hel-

daher oft ein Priester, ein Imam, ein religiöser Schrein.

ferinnen geschult, psychische Krankheiten zu erkennen

Durch Opfer und Rituale soll der Geist gebannt werden.

und Behandlungsoptionen zu geben.

Doch das gelingt oft nicht, und es beginnt eine verzweifelte Odyssee von Heiler zu Heiler. Die psychiatrischen

Gerade bei Psychosen und Epilepsie, aber auch bei bipo-

Kliniken sind an vielen Orten sehr schlecht ausgerüstet

laren Störungen sind Medikamente sehr wichtig. Aber

und gleichen eher einem Gefängnis als einem Ort der

wie sollen die Menschen das bezahlen? David Abraham

Heilung. Ich habe in Mumbai selbst eine grosse Klinik mit

und sein Team haben einen Weg gefunden: Der indische

1400 Betten besucht und war schockiert, wie die Men-

Staat bezahlt für eine Dauermedikation, wenn sie vom

schen dort hinter Gittern zusammengepfercht wurden

Klinikarzt einer Psychiatrie verschrieben werden. Nun

– so müssen die staatlichen Kliniken vor über hundert

liegt jedoch das Projekt rund zweihundert Kilometer von

Jahren ausgesehen haben!

der nächsten Klinik entfernt. Aber es gibt einen Bahnhof. So macht man alle zwei Wochen mit einer Gruppe von etwa 30 Patienten einen Tagesausflug von Bijnor

Christliche Kirchen und Spitäler als Alternative

nach Bareilly in die nächstgelegene Klinik. Der Arzt dort hat eine Minute Zeit pro Patient, schreibt sein Rezept,

Doch wie macht man das, wenn es kaum ausgebildete

stempelt es und lässt sie wieder gehen. Betreut werden

Psychiater und Psychotherapeuten gibt? In Indien kommt

sie weiterhin vom Fachteam vor Ort. In Selbsthilfegrup-

auf eine Million Einwohner ein Psychiater, in Deutschland

pen werden Patienten und Angehörige ermutigt. Zudem

sind es etwa 200! Man kann den Leuten nicht einfach

wird mit Öffentlichkeitskampagnen auf das Los psychisch

empfehlen, zu einem Psychiater zu gehen. Die Alternative

leidender Menschen aufmerksam gemacht.

lautet, auf diejenigen Ressourcen zurückzugreifen, die schon vorhanden sind.

Ähnlich arbeitet auch das Projekt Burans in Dehradun/ Nordindien. Die Eltern eines Patienten erzählen: „Er war

Viele christliche Spitäler in Indien haben schon Primary

so ein netter Junge, aufgeweckt, intelligent. Er war am

Health Clinics in den Dörfern und in den Slums, Teams

College, wollte Ingenieur werden. Doch dann begann

von Pflegenden und Sozialarbeitern, die bisher nur

er sich zu verändern. Er zog sich zurück, studierte nicht


4/2015 CHRISCARE

15

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mehr, pflegte sich nicht mehr, lebte ständig in seinem

ist. Übrigens – die Powerpoints der Vorträge können

dunklen Zimmer. Er hörte Stimmen und erzählte wirre

abgerufen werden von der Homepage www.psy77.com.

Geschichten. Das war nicht mehr unser Sohn, wie wir ihn kannten. Wir suchten Hilfe beim Priester, auch beim Arzt im Dorf, doch sie konnten nicht helfen. Wir reisten

Meena – eine Geschichte der Hoffnung

700 km weit zu einem speziellen Tempel, aber es brachte nichts. Schliesslich hörten wir vom Projekt Burans in

Wohl die wesentlichste christliche Motivation ist Hoffnung,

unserer Gegend. Sie erkannten das Problem und erklär-

die nicht nur aus menschlichen Quellen schöpft. Stellver-

ten uns, wie psychische Krankheiten entstehen. Seit er

tretend sei die Geschichte einer verzweifelten jungen Frau

Medikamente hat, geht es ihm viel besser.“

erzählt. Ihr Gesicht war von hässlichen Narben entstellt. Ich traf die 22-jährige Meena als Mitarbeiterin in einem christlichen Spital in Nordindien. Ihre Geschichte gab mir

Mehr als Fachwissen und Medikamente – christliche Motivation

Hoffnung. Sie kam aus den Bergen Nepals und war schwer traumatisiert. Als 16-jährige versuchte sie sich zu verbrennen. Die Flammen konnten zwar gelöscht werden, aber die

Es mag nun scheinen, dass vor allem Organisation, Fach-

Narben blieben. Sie zog ihren Schleier weit ins Gesicht, eine

wissen und Medikamente zur Veränderung beitragen.

Ausgestoßene in der Gesellschaft, zog als Hausmädchen

Das Wesentliche aber ist die tagtägliche Motivation, den

von einem Ort zum andern. Eine christliche Familie nahm

leidenden und benachteiligten Menschen in den Dörfern

sie auf und brachte sie zur Narbenkorrektur ins EHA-Spital

Indiens zu helfen. Über die Jahrhunderte war es immer

in Herbertpur. Dort traf sie andere Frauen, die nach einem

wieder die christliche Grundmotivation der Barmher-

Suizidversuch auf die Notfallstation kamen. Sie hat eine

zigkeit, die Menschen ermutigt hat, nicht gleichgültig zu

Gabe zuzuhören und zu ermutigen. Vom Team lernte sie

bleiben. Dies war auch das Ziel der erwähnten Konfe-

mehr über psychische Krankheiten und wie man hilfreiche

renzen, an denen ich gebeten wurde, über die Aufgabe

Gespräche führt. Die einstmals schüchterne verzweifelte

der christlichen Gemeinde in der Betreuung von seelisch

Frau ist heute eine Seelsorgerin in diesem Spital. Sie ist ein

Leidenden zu sprechen. Dabei zeigte ich am Beispiel

lebendiges Beispiel für die verändernde Kraft einer ganz-

christlicher Kliniken in der Schweiz und Deutschland auf,

heitlichen Betreuung aus christlicher Motivation. n

wie man Barmherzigkeit, Fachwissen und eine christliche Grundhaltung zu einem Ganzen verbinden kann. Biblische Leitlinien können das Anliegen fokussieren und vertiefen. Der Dreiklang: „Unordentliche ermahnen – Verzagte trösten – Schwache tragen“, wie man ihn in der Bibel (1. Thessalonicher 5,14) findet, gibt Vorgaben für

Prof. Dr. med. Samuel Pfeifer, Evang.

eine ausgewogene Psychiatrie, die seelsorglich getragen

Hochschule Tabor Marburg, Riehen / Basel


16

ERFAHRUNGEN

Ewiges Leben?

und er kam! Da war er, und mit ihm kam dieser Zwiespalt zwischen dem nicht mehr Weiter-Leben-Wollen und eigentlich Doch-noch-am-LebenHängen! Wir redeten lange über

Demut vor der Schöpfung

das Leben und den Tod, und das lange Zuhören brachte mich schließlich zu der Entscheidung, ihm eine Operation doch nahezulegen. Sie

Patientengottesdienste haben in und um Hamburg inzwischen eine gewisse Tradition. Zu den wesentlichen Elementen gehören Erfahrungsberichte von Medizinern, wie der im folgenden wiedergegebene von Professor Dr. Eike Sebastian Debus, Direktor Klinik und Poliklinik für Gefäßmedizin im Universitären Herzzentrum (UHZ), Ordinarius für Gefäßchirurgie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Der Gottesdienst fand im Juli 2015 in der Apostelkirche Hamburg-Harburg statt.

würde nicht einfach sein, das war uns beiden klar: das Aneurysma lag ungünstig, und die zu- und abführenden Gefäße waren erheblich verkalkt. Dazu war in der bildgebenden Diagnostik eine verdächtig enge Verbindung zwischen Hauptschlagader (Aorta) und unterer Hohlvene (Vena cava) erkennbar. Wir waren uns einig: Das Risiko dieses schwierigen

Ewiges Leben im Diesseits – ist wirklich alles möglich?

Eingriffes wollten wir beide einge-

Bestreben, hilfesuchende Patienten zu heilen. In meinem Spezialgebiet, der

Ich möchte hierzu ein Erlebnis mit

ges, als ich ihm noch einmal Zuver-

Gefäßmedizin, begegnen mir in der

Ihnen teilen, das ich kürzlich mit

sicht geben wollte, gab er mir noch

Regel betagte und sehr alte Mitmen-

einem älteren Herrn hatte. Er hatte

auf dem Weg in den Operationssaal

schen, die in ihrem Leben nicht zum

seine Freude am Leben verloren,

die Worte mit: „Lieber Herr Professor,

erstenmal behandelt worden sind,

seit seine Frau vor vielen Jahren

ich habe es mir nochmal überlegt:

wenn sie zu mir kommen – sei es an

verstorben war. Nichts konnte ihn

Es ist gut, wenn es klappt – aber ich

Herz, Gehirn, der Hauptschlagader

mehr aufheitern, es schien, als

freue mich auch genauso, wenn ich

oder an Durchblutungsstörungen der

warte er nur noch auf das eigene

nicht wieder aufwache. Machen Sie

Beine. Die Chronizität ihrer Erkran-

Sterben: Das Leben war ihm zur

sich keine Sorgen um mich!“

kung und das Fortschreiten ihrer Ein-

Last geworden. Ich kannte Herrn H.

schränkungen ist nicht selten mit einer

schon viele Jahre aus unserer Nach-

zunehmenden Einschränkung ihrer

barschaft; er hatte mir und meiner

Wer hatte nun wem von uns beiden Zuversicht gegeben?

Lebensqualität, Mobilität und auch

Familie sehr geholfen, in Hamburg,

Der Eingriff begann, alles lief nach

der geistigen Wendigkeit verbunden.

unserem neuen Zuhause, heimisch

Plan. Das Aneurysma war groß, und

Allein dieser fortschreitende (Gefäß-)

zu werden. Über ihn knüpften wir

wie erwartet war es nicht einfach,

Alterungsprozess führt die Betroffenen

die ersten Kontakte zu späteren

zu- und abführende Gefäße in einem

zu der – meist unausgesprochenen,

Freunden, und er war derjenige,

wenig verkalkten Bereich auszuklem-

aber dennoch sehr klaren – natürlichen

der unsere Kinder in den lokalen

men. Alles glückte, und es versprach,

Erkenntnis der Endlichkeit ihres irdi-

Hockeyclub brachte, über den sie

ein erfolgreicher Eingriff zu werden.

schen Lebens. Es gibt jedoch immer

wieder Freunde fürs Leben fanden.

Dann aber, während der Eröffnung

häufiger Patienten, die ihrer Natur

Ich fühlte mich ihm dafür seither

des Aneurysmas passierte es: beim

trotzen wollen und die Endlichkeit des

dankbar verbunden, und seit dieser

Ausschälen des Wandgerinnsels zur

Lebens nicht annehmen können. Sie

Zeit kreuzten sich unsere Wege

Vena cava kam es zu einer massi-

suchen nach dem ewigen Leben….

immer wieder – bis er mich eines

ven Blutung! Der zuvor gehegte

nach dem ewigen Er-leben im Dies-

Montages in meiner Sprechstunde

Verdacht bestätigte sich jetzt: Es lag

seits. Der Glaube an das ewige Leben,

überraschte! Er litt an einem immer

tatsächlich ein Loch zwischen Aorta

wie es die Bibel meint, wird von ihnen

größer werdenden Aortenaneu-

und Vena cava vor, das nur durch

infrage gestellt – zu abstrakt ist ihre

rysma (krankhafte Erweiterung der

das Gerinnsel noch abgedeckt war.

Vorstellung vom Jenseits in unserer

Hauptschlagader), es drohte nun

Ich mußte unwillkürlich an unser

schnellebigen, nicht altern wollenden

zu platzen. Diese Erkrankung hätte

Gespräch am Morgen des Eingriffes

Gesellschaft. Und zu attraktiv scheint

ohne Behandlung vermutlich seinen

denken: War das jetzt der Zeitpunkt,

die Welt mit allen Möglichkeiten zu

sicheren Tod bedeutet. Sein Hausarzt

nach dem sich Herr H. seit so vielen

sein, um jemals davon zu lassen.

hatte ihn deshalb zu mir geschickt –

Jahren sehnte? Soll dies das Ende

Als praktizierender Arzt ist es mein

hen. Am Morgen des Operationsta-


ERFAHRUNGEN

4/2015 CHRISCARE

17

Keine „Götter in weiß“ – aber sie helfen mit Gottes Hilfe sein? Es wäre nur allzu natürlich,

lungsprozess Beteiligte – und ebenso

Viel wichtiger aber ist doch etwas

wäre jetzt Hektik im Operationssaal

für den Patienten selbst, ohne Frage!

ganz anderes! Diese Geschichte

ausgebrochen – bei mir als Opera-

Wie Jesus seine Aufgabe gesehen

zeigt mir, dass Gott Leben schen-

teur, aber dann ganz schnell auch

hat, so ist es auch unser Auftrag,

ken kann, auch wenn alles verloren

bei dem gesamten Operationsteam,

dem Hilfesuchenden Hilfe zu geben.

zu sein scheint. Und – noch wich-

bei den Anästhesisten und dem

Der große Unterschied aber ist: Wir

tiger: Er kann auch Lebensfreude

assistierenden Pflegepersonal... Es

können das nicht alleine bewerkstel-

wiederschenken – auch das könn-

kam aber ganz anders. Ein Stoßge-

ligen, nicht ohne sein Bei-uns-Sein!

ten wir nie alleine erreichen! Herr

bet „Herr, hilf mir jetzt! Lass diesen

Alles was wir ausrichten, können

H. lebt noch heute, viele Jahre nach

Patienten jetzt nicht sterben!“ – ich

wir nur mit seiner Hilfe erreichen!

dieser Operation… sein wiederge-

spürte plötzlich eine unglaubliche

Wir selbst können sicher eine ganze

wonnener Lebensmut ist wieder

Ruhe. Ich wußte, ich stehe jetzt nicht

Reihe an Anstößen für die Genesung

unverkennbar. Herr H. weiß, dass

allein vor dieser Aufgabe, hinter mir

geben, und damit haben wir bis

ihm kein ewiges Leben gegeben ist.

ist jemand, der mir hilft. Mir war auf

heute vieles erreichen können – aber

Aber er lebt heute in der Gewiss-

einmal klar: Wenn diese Situation

ist die Heilung selbst dann nicht

heit, dass auch das endliche Leben

gut ausgeht, dann nur mit Gottes

dennoch ein Wunder? Wie kann der

voller Schönheit und lebenswert

Hilfe. Aber ich wusste auch: Wenn es

Mensch gesund werden? Was pas-

sein kann!

schiefgeht und der Patient „auf dem

siert da eigentlich?

Tisch bleibt“ – auch dann ist alles

Warum kann eine

gut! Es ging dann alles sehr schnell:

so große Operation

Lassen Sie mich mit einem Wort von

Mit einigen Handgriffen konnte die

ohne Folgen völlig

Martin Luther schließen:

Blutung sicher gestoppt und die Vena

ausheilen? Warum

cava wieder verschlossen und ver-

kann der Organis-

näht werden. Der Rest des Eingriffes

mus mit seinen

verlief unkompliziert – und wie durch

vielen kleinen und

ein Wunder wachte der Patient mit

kleinsten Funktionen,

der großartigen Unterstützung des

Enzymreaktionen

Anästhesieteams ohne notwendige

und Abläufen wieder

Kreislaufunterstützung noch im Ope-

reibungslos arbei-

rationssaal auf! Der weitere Verlauf

ten, nachdem wir so

war ebenfalls völlig glatt – und nach

tief darin eingegriffen haben? Wir

Professor Dr. Eike

6 Tagen konnten wir Herrn H. nach

werden diese vielen Fragen mögli-

Sebastian Debus,

Hause entlassen.

cherweise nie endgültig ergründen

Direktor Klinik und

können. All das macht mich demütig

Poliklinik für Gefäß-

Was möchte ich mit dieser Geschichte weitergeben?

vor der Schöpfung – wie weit sind

medizin im Univer-

wir doch entfernt vom „Herrgott in

sitären Herzzentrum

Die Tätigkeit am Patienten bedeutet

weiß“…. Wie dankbar sollten wir

(UHZ), Ordinarius für Gefäßchirur-

eine hohe Verantwortung für alle: für

Ärzte doch sein, wenn wir Teil SEI-

gie, Universitätsklinikum Hamburg-

Arzt, Pflege, für alle an dem Behand-

NES Heilungsprozesses sein dürfen!

Eppendorf

„Auch wenn ich wüsste, dass morgen die Welt zugrunde geht, würde ich heute noch einen Apfelbaum pflanzen.“ n


18

BRIEF AN PATIENTEN

Persönlich für Sie Liebe Patientin, lieber Patient,

als Schmerzmedizinerin beschäftige ich mich seit Jahren mit dem Krankheitssymptom „Schmerz“. Zunächst haben Schmerzen eine Warnfunktion. Sie sind ein Signal, dass etwas nicht stimmt.

So gehen wir beispielsweise bei

Krankheit und Schmerz können

und Schmerz gehören zu jedem

Zahnschmerzen zum Zahnarzt.

aber auch zur Chance werden,

menschlichen Leben. Auch darin

Chronische Schmerzen hingegen

unsere Achtsamkeit und Aufmerk-

können wir die Liebe Gottes zu uns

können sich verselbständigen und

samkeit zu schärfen, menschlich

erfahren.

zur eigenen Erkrankung werden.

und geistig zu reifen, dem Sein und weniger dem Tun einen Sinn zu

Chiara Lubich, die Gründerin der

Wir können Schmerzen nicht mit

geben, die eigene Persönlichkeit zu

Fokolar-Bewegung, sieht Schmerz

einem Laborwert messen oder mit

entdecken und zu entwickeln.

und Krankheit wie Stufen, die uns auf unserem Lebensweg heraus-

bildgebender Diagnostik darstellen. Wir können lediglich Ursachen und

Schmerz trifft uns folglich im

fordern und uns weiterführen auf

Hinweise suchen.

Innersten, im Zentrum unserer

unserem Weg zu Gott.

Existenz, und kann in Engpässe Schmerzen betreffen den Men-

führen. Es berührt mich immer wie-

Als junge Ärztin habe ich mich oft

schen in seiner Gesamtheit mit

der neu, dass Gott in Jesus Chris-

nach dem Sinn von Schmerz und

körperlichen, emotionalen und

tus ausgerechnet Schmerz, Kreuz

Krankheit gefragt. Ich habe für

seelischen Komponenten. Die

und Verlassenheit gewählt hat, um

mich einen „Schlüssel“ gefunden,

Neurophysiologie – die moderne

uns zu erlösen.

als ich erleben konnte, wieviel Liebe in Situationen von Krank-

„Hirnforschung“ – konnte nachweisen, dass bei körperlichen

Als Christen wissen wir, dass Jesus

heit geschenkt wird: Liebe und

Schmerzen teilweise im Gehirn

gerade im Schmerz jedem Menschen

Annahme von Seiten des Kranken;

dieselben Strukturen erregt werden

sagen möchte: Ich kenne das, ich

Liebe und Hilfe von Seiten der

wie bei sozialen oder seelischen

bin dir nahe, du bist nicht allein.

Angehörigen und Begleitenden.

Schmerzen, z.B. bei Einsamkeit, bei

Es bleibt ein Geheimnis, dass die

Depression etc.

zerstörerische angstmachende Erfah-

Wenn wir der Liebe, der Mit-

rung von Schmerzen – körperliche

menschlichkeit, in uns Raum geben

Dies zeigt uns, wie zentral und

und seelische Schmerzen – zu einer

und unser Denken und Handeln mit

komplex die Erfahrung von

Begegnung mit Gott werden kann.

Liebe füllen, können wir innerlich heil und gesund werden. n

Schmerz für uns Menschen ist. Schmerzen sind ein bio-psycho-

Als Christen glauben wir, dass Gott

sozial-spirituelles Geschehen.

mit seiner Liebe unseren gesamten

Mit diesen Gedanken grüße ich Sie

Lebensweg begleitet. Krankheit

herzlich, Ihre Gabriele Müller

Krankheit und Schmerz können uns aus unserem Lebensrhythmus werfen. Wir erfahren die Verwundbarkeit unseres Daseins und mitunter starke Schmerzen an Körper und Seele. Dr. med. Gabriele Müller, Ärztin für Anästhesie, Spezielle Dies bedeutet zuerst mal ein

Schmerztherapie, Palliativmedizin, Akupunktur, Schmerzzent-

negatives, zerstörerisches Element.

rum Rhein Main in Frankfurt, Frankfurt am Main


TITELTHEMA

4/2015 CHRISCARE

19

Schmerz in der Palliativsituation

Komplementäre Behandlung ist wichtig

Cicely Saunders, Gründerin des ersten stationären Hospizes St. Christophers in England 1967, sah in der Linderung des Schmerzes einen ganzheitlichen Ansatz. Sie gab ihrem Konzept, welches neben dem körperlichen Schmerz auch mentale, soziale und spirituelle Dimensionen beschreibt, den Namen „Total Pain“. Das Konzept „Total Pain“ wird deshalb als eines der wichtigsten Prinzipien und gewissermaßen als Herzstück der Palliative Care beschrieben.1

Die kulturelle Dimension des Schmerzes In der biblischen Erzählung war ein böser Geist verantwortlich für die Krankheit. Diese Erkärung entsprach dem kulturellen Umfeld der gekrümmten Frau. Welche Auswirkungen diese Erklärung auf sie hatte, lässt sich erahnen.

Im Lukasevangelium (Lk 13,10-17)

doch Abrahams Tochter ist, die der

Wir reden heute weniger von bösen

steht die Geschichte der „Gekrümm-

Satan schon achtzehn Jahre gebun-

Geistern, die Erkrankungen verursa-

ten Frau“. Es ist vielleicht etwas

den hatte, am Sabbat von dieser

chen, dafür gibt es die Tendenz, die

ungewöhnlich, ausgerechnet anhand

Fessel gelöst werden?‘“

eigene Geisteshaltung als krankma-

dieser klassischen Heilungsgeschichte

chend zu verstehen. Patienten in einer palliativen Situa-

einmal erlauben, die gekrümmte Frau

Die soziale und biographischen Dimensionen des Schmerzes

und ihr wahrscheinliches Umfeld auf

Die Rückenverkrümmung der Frau

fach mit unserer Kultur der Eigenver-

uns wirken zu lassen, dann finden sich

in der Erzählung zwang sie, meist

antwortlichkeit und der Machbarkeit

viele Aspekte des Schmerzes wieder.

zu Boden zu blicken. Nur unter

konfrontiert worden und müssen

Anstrengung konnte sie Blickkon-

sich mitunter kritische Äußerungen

Die Geschichte: „Jesus lehrte in

takt mit anderen Menschen auf-

in Bezug auf ihren Lebensstil (Rau-

einer Synagoge am Sabbat. Da war

nehmen. Ihre Krankheitsgeschichte

chen) oder ihre Denkweise (Stich-

eine Frau, die hatte seit achtzehn

wird als eine 18 Jahre andauernde

wort: Positives Denken) anhören. Da

Jahren einen Geist, der sie krank

Fessel beschrieben.

ist die Vorstellung, dass ein fremder

den „Schmerz in der Palliativsituation“ zu beschreiben. Aber wenn wir uns

machte; und sie war verkrümmt und

tion sind in der Regel schon mehr-

böser Geist Schuld an der Erkran-

konnte sich nicht mehr aufrichten.

Ähnlich beschreibt eine vierzigjäh-

Als aber Jesus sie sah, rief er sie zu

rige palliative Patientin ihr Leben mit

sich und sprach zu ihr: ‚Frau, sei frei

der Krankheit bei einem Hausbesuch.

Ob es nun der eigene oder ein

von deiner Krankheit!‘ Er legte die

Innerhalb von drei Jahren reduzierte

fremder Geist ist, der die Krank-

Hände auf sie; und sogleich richtete

sich ihr soziales Umfeld völlig: Durch

heit verantwortet, der Erkrankte

sie sich auf und pries Gott.

die krankheitsbedinge Erwerbsunfä-

ist bei solchen Erklärungsmodel-

higkeit verlor sie den Kontakt zu den

len beschämt und damit doppelt

Da kam der Vorsteher der Synagoge,

Kollegen. Dann zerbrach die Ehe und

gekränkt und verletzt.

dem es nicht gefiel, dass Jesus am

schließlich wurde sie zu schwach,

Sabbat heilte, und sprach zu dem

um die Kinder zu versorgen, die nun

Volk: ‚Es sind sechs Tage, an denen

beim Vater leben.

man arbeiten soll; aber nicht am

kung hat, fast noch gnädiger...

Die spirituelle Dimension des Schmerzes Die spirituelle Dimension des

Sabbattag.‘ Da antwortete ihm der

Während wir über die palliativen Ver-

Schmerzes ist der Schmerz hinter

Herr und sprach: ‚Ihr Heuchler! Bin-

sorgungsmöglichkeiten in der Häus-

dem Schmerz. Hier erlebt der Pati-

det nicht jeder von euch am Sabbat

lichkeit reden, blickt sie wie erstarrt auf

ent, was Menschsein auch bedeutet:

seinen Ochsen oder seinen Esel

den Boden. Ihre Biographie ist durch

Das Herausfallen aus einer „heilen“

von der Krippe los und führt ihn zur

die Krankheit bestimmt. Ihre sozialen

Situation (biblisch ausgedrückt: Die

Tränke? Sollte dann nicht diese, die

Kontakte wurden dadurch minimiert.

Vertreibung aus dem Paradies).


20

Jesus und die verkrümmte Frau, Marion Leineweber, Aquarell, 2012

Auch ein atheistischer Mensch kennt diesen Schmerz. Er

samkeit auf sich und verhindert zu einem großen Teil,

hadert, wenn schon nicht mit Gott, dann mit dem Schick-

dass der Betroffene sich anderen Räumen des Lebens

sal, wenn er schwer erkrankt.

zuwenden kann. Ein gepeinigter Mensch ist gereizt und auch dies wirkt sich auf sein Verhalten aus.

„Ich werde völlig zerstört!“, so drückte es ein Patient aus. Die Erfahrung, die hinter dieser Aussage steht, ist

Die unnatürliche Körperhaltung der gekrümmten Frau

kultur- und religionsübergreifend: Es ist ein Fall in eine

war sicherlich schmerzhaft. Über die Schmerzbehandlung

Haltlosigkeit.

zu Jesu Zeiten wissen wir wenig, aber sie ist wohl kaum mit den heutigen Möglichkeiten zu vergleichen.

Die gekrümmte Frau hat 18 Jahre ihres Lebens mit dieser Erfahrung gelebt: Ich bin gekrümmt und Gott heilt

Die Schmerzmedizin ist mittlerweile in der Lage, neunzig

mich nicht. Der atheistische Patient interpretiert diesen

Prozent der körperlichen Schmerzen durch Medikamente

Umstand als die Laune eines unpersönlichen Schicksals.

deutlich zu lindern. In der palliativen Situation wird sehr viel Wert darauf gelegt. Der Maßstab für eine gute

Auch wenn der 23. Psalm den Gläubigen versichert, dass

Schmerztherapie ist ausschließlich der Patient selbst. Es

Gott uns durch diese Finsternis geleitet: Gottes Gegenwart

ist erschreckend, wenn wir in unseren Kursen von Pfle-

zu spüren, ist im finsteren Tal unmöglich (sonst ist man

genden erfahren, dass es immer noch Ärzte gibt, die eine

schon nicht mehr im finsteren Tal). Besonders Christen fällt

Scheu davor haben, Schmerzpatienten ausreichend z.B.

es schwer, diese Erfahrung zuzulassen, ob als Betroffene

mit Morphinpräparaten zu versorgen.

oder als Begleiter. Und doch ist es hilfreicher, sich diesem Schmerz einmal völlig hinzugeben, als ständig dagegen

Bewältigung des Schmerzes

anzukämpfen. Selbst Jesus hat Erfahrungen mit dem

Allen Schmerzen ist gemeinsam: Sie verkrümmen den

„abwesenden Gott“ gemacht, als er am Kreuz rief: „Mein

Menschen, versetzen ihn in Anspannung und verhindern

Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“2 Diese

eine freie Entfaltung des Lebens. Die Bewältigung des

Finsternis ist Teil unseres Daseins und will gesehen wer-

Schmerzes ist am ehesten durch achtsame Zuwendung

den. Erst dann weicht die Dunkelheit langsam dem Licht.

und Entspannung möglich. Dies gilt für die körperlichen, wie für die nichtkörperlichen Schmerzen.

Die körperliche Dimension des Schmerzes In der palliativen Situation steht der physische Schmerz

Jesus verschafft sich erst einmal Zeit und Raum für die

oft im Vordergrund, was auch verständlich ist. Ein Orga-

Begegnung mit der Frau. Er nimmt sie wahr und holt

nismus, der Schmerz erzeugt, zieht sehr viel Aufmerk-

sie zu sich. Er berührt sie seelisch und körperlich. Dieser


TITELTHEMA

4/2015 CHRISCARE

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ganzheitliche Ansatz ist übrigens

In unseren Kursen legen wir viel Wert

nicht mehr körperlich gesund. Aber

Bestandteil aller Heilungsgeschich-

auf die komplementäre Behandlung.

auch sie können durch uns heilsame

ten der Bibel.

Hier werden Wickel und Einreibun-

Zuwendungen voller Akzeptanz und

4

gen gegen Schmerzen, Hitze oder

Wertschätzung erfahren, die sie

In Begegnung mit Jesus erfährt

Kälte vermittelt und praktisch einge-

innerlich aufrichten.

sich die Frau vor allem als eine

übt. Wir arbeiten mit Düften, die die

Tochter Abrahams und nicht als die

Übelkeit lindern und das Wohlbefin-

Wenn es uns gelingt, einen Aspekt

„Gekrümmte mit dem bösen Geist“.

den steigern.

des „Total Pain“ positiv zu berühren,

Die Geschichten ihrer Krankheit

verändern wir damit schon sehr viel

haben nicht das Potential für Hei-

Der Einwand, dass die Zeit für

lung, sondern allein der wertschät-

komplementäre Anwendungen nur

zende Umgang.

in ausgewiesenen Palliativstationen

Auch aus Jesu Konflikt mit dem

vorhanden ist, stimmt nur auf den

Tempelvorsteher können wir lernen:

Die folgende sanfte körperliche

ersten Blick. Die Erfahrung zeigt, dass

Es wird immer Persönlichkeiten

Zuwendung wirkt am Heilungspro-

Patienten, die punktuell zeitintensive

geben, die kreative Ansätze in der

zess mit. Dabei kommt es nicht dar-

Zuwendung erfahren, insgesamt

Pflege kritisieren. Aber es ist ohne

auf an, den ganzen Körper zu berüh-

entspannter sind, was sich positiv auf

Frage lohnend, sich im Namen der

ren. Die gekrümmte Frau wird nur an

die Gesamtsituation auswirkt.

Menschlichkeit dafür einzusetzen. n

den Schultern berührt. Die Weisheit

an der Gesamtsituation.

Siehe auch: Lehrbuch Palliative Care 2007, S.32 2 Johannes 19,26-27 3 Ein Anwendung aus der Anthroposophischen Pflege nach Rolf Heine. 4 Komplementäre Anwendungen sind eine Ergänzung zu schulmedizinischen Maßnahmen. 1

„weniger ist mehr“ gilt vor allem für

Jesu Zuwendung sorgte für Ent-

die Berührung von schmerzgeplag-

spannung und für eine tiefgreifende

ten Palliativpatienten.

Heilung der gekrümmten Frau. Die Frau konnte sich danach wieder

Ein Beispiel: Es raubt diesen Men-

aufrichten. Palliative Patienten wer-

schen viel unnötige Energie, wenn sie

den mit großer Wahrscheinlichkeit

komplett gewaschen werden sollen. Entspannter und hilfreicher ist eine sogenannte „Klingende Waschung“,3 die sich achtsam nur dem Gesicht,

Susanne Gaedicke,

den Händen und den Füßen zuwen-

Onkologische Fach-

det. Diese mehrere Sinne anspre-

Miriam Stamm,

krankenschwester,

chende Anwendung erfrischt. Der

Pastorin, Berlin,

Kursleiterin Palliative-

Patient wird auch seelisch berührt.

www.kurswerk-leben.de

Care, Berlin Anzeige


ChrisCare

Blickpunkt


„Wir können keine großen Dinge vollbringen – nur kleine, aber die mit großer Liebe.“ Mutter Teresa (1910-1997)


24

TITELTHEMA

Schmerz – ein mehrdimensionales Phänomen Jeder Mensch kennt Schmerz aus eigenem Erleben und hat ihn in unterschiedlichen Ausprägungen gespürt. Schmerz wurde als akut oder chronisch erlebt, und die betroffene Person hat vielleicht festgestellt, dass chronischer Schmerz häufig nicht in einer Form behandelbar ist, wie man vielleicht erhofft hat.

die sensorisch-diskriminative, die motivational-affektive und die kognitiv-evaluative Dimension. Autoren wie Snow und andere (2004) fügten diesen noch eine vierte, die behavioristische (verhaltensbezogene) Dimension hinzu. Werden diese differenziert betrachtet, wird der sensorisch-diskriminativen Dimension das

Nach der Definition der Schmerzgesellschaft wird

Erleben der Schmerzstärke und der Schmerzlokalisation

Schmerz definiert als „ein unangenehmes Sinnes- und

zugeschrieben. Die emotionale Bedeutung des Schmer-

Gefühlerlebnis, das mit aktueller oder potentieller Gewe-

zes wird eher über die motivational-affektive Dimension

beschädigung verknüpft ist, oder mit Begriffen einer

wahrgenommen. Beispielsweise ob der Schmerz als

solchen beschrieben wird“. Schmerz ist höchst individuell.

bedrohlich oder zerstörerisch erlebt wird. Die bewusste

Nur die Person, die ihn erlebt, kann Auskunft über das

Beschäftigung mit dem Schmerz, z. B. wie lange er anhält

Schmerzerleben geben.

oder welches Therapieziel erreicht werden soll, wird der kognitiv-evaluativen Dimension zugeordnet. Die behavio-

Le Breton (2003) beschreibt in seiner Kulturgeschichte

ristische Dimension wird mit der willkürlichen Steuerung

Schmerz als ein „radikales Scheitern der Sprache“. Er

von Handlungen in Verbindung gebracht, ob wir beispiels-

führt dazu weiter aus: „Eingeschlossen in die dunklen

weise bei Kopfschmerz einen verdunkelten Raum aufsu-

Tiefen des Leibes, kann er nur vom Kranken selbst

chen oder bewusst eine Schonhaltung einnehmen. Diese

ermessen werden. […] In seiner Unmittelbarkeit ver-

mehrdimensionale Deutung von Schmerz wurde durch

schließt [er] sich jedem noch so kühnen Forscher, der

Forschung, u. a. durch die Arbeiten von Melzack, gestützt.

gerne in ihn eindringen würde, als sei er ein unbekannter Kontinent.“ Schmerz schafft, so Le Breton, eine

Davor ordnete Descartes in der zweiten Hälfte des 17. Jahr-

unüberwindliche Distanz zwischen der betroffenen Per-

hunderts Schmerz in ein Ursache-Wirkung-Prinzip Deu-

son und den „Anderen“. Die Welt, in die die betroffene

tungsmuster ein. In diesem Verständnis galt Schmerz als

Person eintaucht, ist für alle anderen Menschen nicht

exakt zu diagnostizieren, als mess- und behandelbar. Diese

zugänglich. Dies verdeutlicht eindrücklich die subjektive

mechanistische Auslegung des Schmerzes, die auf die

Bedeutung des Phänomens Schmerz. Schmerz ist nur

körperlichen Aspekte fokussierte, erforderte eine körperbe-

für den Betroffen direkt spürbar, für alle anderen nur

zogene Therapie. Vor dieser streng naturwissenschaftlichen

dann wahrnehmbar, wenn die betroffene Person davon

Sichtweise galt Schmerz jahrhundertelang auch als ein

berichtet oder ihn zeigt.

spirituelles Erlebnis. Er war zu durchleben, zu überstehen und im Schmerz wurde auch die Möglichkeit zum spiritu-

Die Pflegewissenschaftlerin Margo McCaffery (1968:95)

ellen Wachstum gesehen. In dieser Deutung des Schmer-

prägte dazu vor fast einem halben Jahrhundert den Satz

zes bestand keine Notwendigkeit zu einer differenzierten

„Schmerz ist das, was der Patient oder der Betroffene als

Schmerzdiagnostik. Dies veränderte sich mit der streng

solchen beschreibt und immer vorhanden, wenn er sagt,

naturwissenschaftlichen Sichtweise von Descartes.

dass er da ist“. Schmerz muss kommuniziert werden, um für dritte Personen zugänglich zu sein.

Heute wird Schmerz in einem bio-psycho-sozialen Modell gedacht. Schmerzerfassung und therapeutische Angebote

Den Arbeiten um die Arbeitsgruppe von Melzack (1999)

zur Schmerzreduktion sollten alle Dimensionen adressie-

verdanken wir die Erkenntniss, dass Schmerz über unter-

ren, insbesondere bei chronischem Schmerz. Aber auch

schiedliche Dimensionen erlebt und kommuniziert wird:

akuter Schmerz ist nicht eindimensional, wenn auch die


TITELTHEMA

behavioristische Dimension

4/2015 CHRISCARE

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sensorisch-diskriminative Dimension

Schmerz kognitiv-evaluative Dimension

motivational-affektive Dimension

Beurteilung des Schmerzerlebens häufig über die Inten-

Faktoren, die den Schmerz bestärken oder verringern kön-

sität erfolgt. Betroffene Personen werden dazu nach ihrer

nen, zu kennen und zu integrieren. So können Einsamkeit

Schmerzstärke befragt. Die Güte einer Schmerzbehandlung

und das Gefühl, zur Last zu fallen, das Schmerzerleben

wird häufig allein über die Intensität, z. B. einer Einteilung

verstärken; dem hingegen tragen ein intensives gutes

von Schmerz auf einer Skala von 0 (kein Schmerz) bis 10

Gespräch oder gemeinsames Tun, gemeinsames Beten

(stärkster vorstellbarer Schmerz) vorgenommen. Dazu wird

dazu bei, es für eine Weile „vergessen zu lassen“. Nicht nur

die betroffene Person gefragt: ,,Haben Sie Schmerzen?

die kognitive, auch die spirituelle Beschäftigung mit dem

Und wenn ja, wo und wie stark?“ Diese Kommunikation zu

Schmerzerleben kann die Betroffenen positiv unterstützen

Schmerz findet dazu zwischen mindestens zwei Personen

und sollte unbedingt ein Teil des Therapieangebotes sein.

statt. Der Person, die den Schmerz erlebt und der Person, die diesen Schmerzausdruck möglicherweise beobachtet

Chronischer Schmerz sollte im bio-psycho-sozialen

und entgegen nimmt. Kann die betroffene Person nicht

Verständnis gedanklich und emotional durch die betrof-

selber für ihre eigene Therapie Sorge tragen oder ist sie

fene Person in ihr Leben eingeordnet werden können. Es

in ihren Kommunikationsfähigkeiten eingeschränkt, ist sie

ist daher unabdingbar, die Bedeutung, die der Schmerz

darauf angewiesen, dass eine dritte Person den Schmerz-

für die betroffenen Personen hat, in die Therapieplanung

ausdruck wahrnimmt, ihn interpretiert und ggf. passende

einzubeziehen. Die individuelle Bewertung der Lebens-

Maßnahmen ableitet. Beide Personen, die an diesem

qualität jedes einzelnen Betroffenen orientiert sich daran.

kommunikativen Prozess beteiligt sind, benötigen Kennt-

Diese Bedeutungszuweisung entscheidet darüber, ob der

nis über die Mehrdimensionalität von Schmerz. Liegt der

Lebensalltag dem Schmerz untergeordnet wird, oder das

Fokus der Schmerzwahrnehmung nur auf einer Dimension,

Leben (trotz Schmerz) so selbstbestimmt wie möglich

z. B. der Erfassung der Schmerzintensität, werden sich

gelebt wird. n

auch die anschließenden therapeutischen Maßnahmen allein darauf ausrichten. Andere Aspekte werden möglicherweise nicht erkannt, treten in den Hintergrund und werden nicht in die Therapie einbezogen. Bei akutem Schmerz, der z. B. durch eine Verletzung

Professor Dr. Erika Sirsch, Philosophisch-

verursacht wurde, kann das angemessen sein. Hier ist zu

Theologische Hochschule Vallendar

erwarten, dass der Schmerz mit abheilender Verletzung ebenfalls abklingt. Bei chronischem Schmerz hingegen ist häufig die Ursache nicht bekannt oder vielschichtig. In

Literatur

einer solchen Situation greift die Konzentration auf eine

Le Breton, D. (2003). Schmerz. Eine Kulturgeschichte. ZürichBerlin, diaphanes. McCaffery, M. (1968). Nursing practice theories related to cognition, bodily pain, and man-environment interactions. Los Angeles, University of California Students Store. Melzack, R. (1999). "From the gate to the neuromatrix." Pain Suppl 6: S121-126. Snow, A. L., J. O'Malley K, M. Cody, M. E. Kunik, C. M. Ashton, C. Beck, E. Bruera and D. Novy (2004). "A conceptual model of pain assessment for noncommunicative persons with dementia." Gerontologist 44(6): 807-817.

Schmerzdimension zu kurz. Schmerzreduzierende Maßnahmen sollten sich daher bei chronischem Schmerz auf alle Schmerzdimensionen erstrecken. So z. B.: Wie kann der Schmerz in den Alltag integriert werden, wie kann das Gedankenkreisen um den Schmerz durchbrochen werden oder wie kann Bewegungsförderung unterstützen? Entscheidend ist dabei, welchen Sinn der betroffen Mensch in seinem Schmerzerleben sieht. Es ist erforderlich, die


26

PRAXISBERICHT

Segnungs-Gottesdienst im Evangelischen Krankenhaus „Gottesfriede“ Woltersdorf „Ist jemand unter euch krank, der rufe die Gemeindeleiter, dass sie über ihm beten und ihn salben mit Öl in dem Namen des Herrn…“ (Die Bibel, Jakobus 5, Vers 13)

Pastor Hanke segnet eine Patientin

Patientinnen des Krankenhauses

Seit 2009 feiert ein Seelsorge-Team einmal im Monat

Nach der Begrüßung, einer kleinen Eingangsliturgie, dem

am Samstagnachmittag mit Patienten, Angehörigen und

Gemeindelied folgen Gebet, Predigt und Predigtlied. Dann

Mitarbeitenden einen 40-minütigen Gottesdienst mit

sprechen wir Worte zur Segnung. Die sind wichtig, denn

Segnung und Salbung.

unsere Patienten fragen: „Bin ich gläubig genug für diesen Segen? Werde ich mit dem Segen schneller gesund?“

Diese alte Segensform ist auch in unserer Zeit Hilfe und

Und wir antworten: „Segen ist keine Belohnung für eifrige

Trost, besonders für die betagten Patienten in unserem

Kirchgänger, sondern ein Geschenk Gottes. Wenn Sie sich

geriatrischen Fachkrankenhaus. Denn neben der Krankheit

von Herzen wünschen, dass Gott Ihnen Hoffnung, Frieden

und den Schmerzen müssen unsere 70-102-Jährigen auch

und Glauben schenken möge, dann empfangen Sie diesen

Altersgebrechlichkeit, Einsamkeit und Sinnlosigkeit aus-

Segen. Wie Gott hilft, das steht in seiner Macht. Darüber

halten. Nicht wenige fühlen sich wertlos und überflüssig.

können wir als Segnende nicht verfügen. Deshalb kann es

Sie beklagen, dass sie dem Tod näher sind als dem Leben.

sein, dass er Sie mit innerem Frieden stärkt, obwohl Sie eine schnellere Heilung erhofften. Doch vertrauen Sie dar-

Schweres aushalten, sich in Geduld üben, auf Linde-

auf: Gott wird Ihnen helfen und Sie durchtragen!“

rung und Besserung hoffen, die Endlichkeit des Lebens bedenken und annehmen, dazu wollen wir auch durch

Zum Segnen gehen wir zu den Patienten an die Plätze,

die Gottesdienste ermutigen und stärken.

fragen sie, ob sie gesegnet werden wollen. Wem diese


PRAXISBERICHT

4/2015 CHRISCARE

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Woltersdorf Team v. links: Ortspfarrer Trodler, Dipl. med. C. Lusky, W. Lusky, B. Adameit, N. Keichel, Seelsorger Pastor Hanke

Segensform fremd ist, oder wer den Segen nicht

Neben dem Seelsorge-Team helfen weitere diakonisch

wünscht, darf auch „Nein“ sagen oder erst einmal

engagierte Menschen mit. Sie bringen unsere Patienten

zuschauen, wie andere gesegnet werden. Im Hintergrund

von ihren Zimmern zum Raum der Stille, in dem die Got-

läuft eine leise Instrumentalmusik.

tesdienste gefeiert werden. Auch Konfirmanden haben sich im Rahmen eines Gemeindepraktikums eingebracht.

Die Salbung wird mit einem wohlriechenden Öl auf der

Beim Helfen und Feiern entsteht immer wieder eine

Stirn und den Handflächen vollzogen. Der Duft ist eine

Gemeinschaft, die berührt und bereichert. Wir erleben

Wohltat für die Nase inmitten typischer Krankenhausge-

Gottes Segen! n

rüche. Die Berührung signalisiert: Ich bin wertgeachtet und geliebt, gerade jetzt, wo ich schwach bin. Ich bin nicht nur ein Fall in einer Patientenakte. Es kommt auch vor, dass ehemalige Krankenhaus-Patienten oder Patienten der urologischen Praxis von Dr. Lusky am Gottesdienst teilnehmen, weil sie die Gemeinschaft

Detlev Hanke, Krankenhausseelsorger

und den Segen Gottes in dieser Form noch einmal oder

im Evangelischen Krankenhaus „Gottes-

neu erleben wollen.

friede“,  Woltersdorf bei Berlin


28

TITELTHEMA

Schmerz lass nach Schmerzlinderung durch alternative Anwendungen Akute Schmerzen, ein Warnsignal unseres Körpers, ist ein Symptom, dass wohl jeder Mensch schon erlebt hat. Das spielende Kind, das sich sein Knie am Tisch stößt, der junge Mann, der mit Zahnschmerzen aufwacht. Doch auch chronische Schmerzen sind für viele, besonders im Alter nicht unbekannt. Sowohl in Krankenhäusern, Pflegeheimen und Zuhause, auf palliativen Stationen und in Hospizen ist der Schmerz eines der häufigsten Symptome. Schmerzen sind vielschichtig und können durch diverse Faktoren beeinflusst werden, z.B. kann Stress den Schmerz verstärken, Wärme ihn lindern.

letzungen führen kann. Es ist in ein

einnehmen. Die dauerhafte Vermei-

dünnes Handtuch einzuwickeln. Hier

dung von schmerzhafter Bewegung

kann man der Kreativität freien Lauf

kann aufgrund von einseitiger Über-

lassen, wenn es um gekühlte/gefro-

belastung an anderen Stellen des

rene Materialien geht, z.B. frischer

Körpers zu Schmerzen führen. Die

Quark aus dem Kühlschrank.

Schmerzintensität nimmt dadurch weiter zu und die Menschen werden

Bei z.B. einer Mukositis ist bekannt,

in ihrer Lebensqualität zunehmend

dass vor allem die Mundkühlung die

eingeschränkt.

Schmerzen lindert. Gefrorene unterschiedliche (Lieblings-)Lebensmittel

Oft ist es sinnvoll, mit therapeu-

können gelutscht werden. Tee oder

tischer Unterstützung generell

Säfte bieten sich ebenfalls an. Dabei

die Muskulatur zu stärken, um so

ist zu beachten, dass Säfte mit einem

Schmerzen zu vermeiden. Darü-

hohen Säuregehalt z.B. die Schmer-

ber hinaus ist es gut, im Alltag auf

zen wieder hervorrufen können. Es

ausreichende schmerzadaptierte und

können z.B. Weingummis eingefro-

wohltuende Ruhepausen zu achten.

ren werden oder auch gern geges-

Schmeradaptiert bedeutet, dass eine

sene Früchte oder Fruchtstücke.

Position zu suchen bzw. auszuprobieren ist, in der eine Muskelent-

Wärme wird häufig für die Schmerz-

spannung durch mindestens eine

linderung von Rückenschmerzen

schmerzarme Lage möglich ist.

In der Fachliteratur wird häufig über

oder Menstruationsbeschwerden

Schmerzarten gesprochen. Auf diese

verwendet. Körner- oder Kirsch-

Dazu benötigt der Betroffene die

wollen wir hier genauer eingehen

kernkissen, Wärmflaschen oder

Möglichkeit, seinen Muskeltonus

und dazu Möglichkeiten aufzeigen,

heiße Handtuchrollen finden hier

regulieren zu können. Der Körper

wie diesen verschiedenen Schmerz-

ihre Anwendungen. Auch hier ist

legt sich so auf einer Matratze und

arten kreativ und manchmal auch mit

zu beachten, dass evtl. ein dünnes

dem Positionierungsmaterial ab,

Phantasie begegnet werden kann.

Handtuch die Haut vor Verletzungen

dass der Körper nicht durch die

zu schützen hat.

Muskulatur angespannt bleibt. Das

Der körperliche Schmerz

Positionierungsmaterial ist den

Körperlicher Schmerz wird meistens

Grundsätzlich gilt, dass verschie-

individuellen Bedürfnissen des Men-

durch die Grunderkrankung hervor-

dene Anwendungen ausprobiert

schen anzupassen. Hier kann neben

gerufen oder ist eine unerwünschte

werden können, sofern medizi-

Kissen oder Decken auch sehr krea-

Wirkung von medizinisch-therapeu-

nisch nichts dagegen spricht. Denn

tiv mit Bademänteln und Stofftieren

tischen Behandlungsverfahren. Hier

Schmerzen und Geschmäcker sind

gearbeitet werden.

einige Ideen zur Schmerzlinderung:

bei jedem Menschen verschieden.

Kälte und Wärme

Bewegung

Eine oberflächliche Massage

Nach beispielsweise Operationen

Menschen mit Schmerzen versuchen

mit Ölen oder Lotionen kann die

oder Prellungen der Extremitäten ist

Bewegungen, die die Ursache für

Schmerzintensität lindern. Diese

das Kühlen mit einem Coolpack oder

die hervorrufenden Schmerzen sind

Massagen im Schulter-, Rücken-

gefrorenen Erbsen eine erfolgreiche

oder ihn verstärken, zu vermeiden.

bereich oder der Hände und Füße

Anwendungsform. Dabei darf das

Dies führt dazu, dass Betroffene sich

bieten auch für Angehörige eine

Kühlelement nie direkt mit der Haut

zunehmend in ihrer Beweglichkeit

Möglichkeit, sich aktiv zu beteiligen.

in Kontakt kommen, weil es zu Ver-

einschränken und eine Schonhaltung

Denn auch von Laien durchgeführte

Massage


TITELTHEMA

4/2015 CHRISCARE

29

Berührungen/Massagen zeigen einen hohen Wert für die von Schmerz betroffenen Menschen. Hier geht es nicht darum, direkt an dem schmerzhaften Ort zu massieren oder zu berühren. In der Praxis zeigt es sich immer wieder, dass eine wohltuende Handmassage von einem Angehörigen die Schmerzen in einem ganz anderen Körperbereich reduzieren kann. Durch diese Massage wird die körperliche Wahrnehmung z.B. auf die Hand gelenkt und die Schmerzen reduziert. Zudem hat dies einen positiven emotionalen Effekt auf die Angehörigen. Sie fühlen sich nicht hilflos, sondern können – wenn vielleicht auch nur begrenzt – in der Situation etwas „tun“!

Der psychische Schmerz Viele Menschen setzen sich gerade in den letzten Tagen des Lebens mit ihrem gelebten Leben auseinander.

Für jeden machbar: mit einfachen Massagen Schmerzen lindern

Der Wunsch nach Aussöhnung bei Streit, Klärung von Missverständ-

barkeiten, die wir anbieten können.

still um einen wird, ist der Schmerz,

nissen innerhalb der Familie oder

Darüber hinaus können Gebete ein

egal in welchem Bereich, häufig am

Freunde wächst. Vielfach können

wichtiges Element in diesen Momen-

größten. Die gesamte Aufmerksam-

Konflikte nicht mehr geklärt werden,

ten sein. Oft helfen auch Symbole

keit ist in solchen Momenten nur auf

es führt zu seelischen Belastungen.

wie Kerzen, Kreuze, Engel oder Post-

den Schmerz gerichtet. Ablenkungen

karten, um ins Gespräch zu kommen.

jeglicher Art, von Fernsehen bis hin

Gespräche

zu Gesprächen, gemeinsames oder

Zur Reduzierung von psychischem

Sind die zwischenmenschlichen

alleiniges Singen bekannter Lieder,

Schmerz sind Gespräche sinnvoll.

Konflikte nicht mehr mit einem

Gebet oder das intensive Nachdenken

Dabei ist zu beachten, dass diese

betroffenen Menschen zu klären, so

über einen Bibelvers, können zu einer

von dem/der Schmerzgeplagten

können die belastenden Probleme

Aufmerksamkeitsveränderung führen.

selbst gewünscht werden. Als Medi-

und die unausgesprochenen Ent-

Ablenkung kann auch durch das Klop-

ziner, Pflegende, Therapeuten oder

schuldigungen bei Gott abgegeben

fen eines Rhythmus oder durch taktile

Angehörige können wir regelmäßig

werden. Durch Jesu Vergebung kann

Reize von unbekannten Oberflächen

Angebote machen. Wichtig ist, dass

ein Schlussstrich gezogen und Frie-

stattfinden. Eine unbekannte Berüh-

es Angebote bleiben und damit kein

den gefunden werden.

rung fesselt die Aufmerksamkeit und lenkt vom Schmerz ab.

indirekter Druck oder Zwang ausgeübt wird.

Ablenkung Die Ablenkung ist eine Maßnahme,

Stressreduzierung

Das Mittragen der seelischen Belas-

die zu einer veränderten Aufmerk-

Stress ist ein Schmerzverstärker und

tung und das Zuhören sind Kost-

samkeit führt. Gerade dann, wenn es

wird durch ganz unterschiedliche


30

TITELTHEMA

Situationen/Konstellationen hervor-

angegriffen fühlen. Jeder Mensch

den sie seit Jahren gekannt haben?

gerufen. Es kann sein, dass Ängste

braucht seinen Freiraum. Das

Wie kann Gott das zulassen? Die

und Gefühle der Verzweiflung einen

bedeutet jedoch nicht, dass sie einen

Sehnsucht nach Frieden mit Gott

umtreiben. So ist es für den einen

Rückzug oder ein aggressives Verhal-

und das Wahrnehmen einer ver-

Menschen eine hohe Belastung,

ten ihrer von Schmerzen betroffenen

meintlichen „neuen“ Seite Gottes

viele Menschen um sich herum zu

Angehörigen hinnehmen sollen.

werden oft zu einem inneren Kampf,

haben, für den anderen ist Stille und

Ein offenes Gespräch und immer

einem Schmerz.

wenig Menschenkontakt ein hoher

wieder Angebote der Zuneigung

Stressfaktor. Es ist wichtig, individu-

machen den Betroffenen deutlich,

Leider leben wir nicht mehr in para-

ell seinen Stressauslöser und/oder

dass sie gemeinsam an der Seite des

diesischen Zuständen. Gott hat es

-verstärker herauszufinden. Hilfreich

Schmerzgeplagten diesen Weg gehen

uns auch nicht versprochen. In dieser

kann es sein, sich plötzlich verstärkt

wollen.

„jetzigen Welt“ gibt es Schmerzen,

auftretende Schmerzen in der jewei-

Krankheit und Tod. Gott lässt dies

Der spirituelle/ existenzielle Schmerz

zu. Auf die Frage „Warum?“ gibt es

Ursache bekannt, können Maßnahmen ergriffen werden, wie z.B. die

Bei palliativen Patienten erinnert der

unsere Situation nicht gleichgültig.

Reduzierung der Stressauslöser.

immer wieder auftauchende Schmerz

Jesus Christus selbst hat Schmerz

ligen Situation zu notieren. Ist die

meist keine Antwort. Doch Gott ist

an die unheilbare Erkrankung, den

und Tod am Kreuz ertragen. Er kennt

Der soziale Schmerz

schwindenden Lebensweg und die

die Gefühle, und er kennt Todes-

Dauerhafte, chronische Schmer-

begrenzte Zeit auf dieser Erde. Häufig

angst. Im Garten Gethsemane hat er

zen nehmen Lebensqualität. Hinzu

kommen tiefe Glaubensfragen zu

ihnen in die Augen gesehen. Wir als

kommt die Veränderung eines

Tage. Gedanken, ob Gott einen für

Christen haben die Hoffnung, dass

Menschen als Reaktion auf diese

etwas strafen würde, welche Feh-

eines Tages der Schmerz, die Angst

Schmerzen. Diese wiederum können

ler man begangen hat. Fragen, die

und die Krankheit keine Relevanz

die Gefühle beeinflussen und als

häufig geäußert werden, sind Fragen

haben werden. Nicht der Tod ist das

Resultat kann es im Umgang mit

nach dem „Warum ich?“, „Warum

Ende, sondern ein schmerzfreies

den Mitmenschen zu Beziehungs-

jetzt?“ oder „Was habe ich getan?“.

Leben in der Ewigkeit bei Gott

veränderungen kommen. Menschen

ist unsere Hoffnung. Das ist eine

mit Schmerzen können sich aggres-

Viele Menschen suchen nach einem

Hoffnung, aus der auch im tiefsten

siver oder gereizter als gewohnt

Grund der jetzigen Situation, hinter-

Schmerz Kraft geschöpft werden

zeigen oder jemand zieht sich eher

fragen das „Bild“ eines liebenden

kann. Diese Hoffnung und diese

zurück und verkriecht sich wie eine

Gottes, der Gutes für sie will. Ist

Gewissheit können den Blick auf den

Schnecke in ihr Häuschen. Dieser

denn Gott noch der gleiche Gott,

Schmerz verändern. n

andauernde Schmerz ist für einen Menschen kaum zu ertragen. Vereinsamen und verlassen werden möchte aber niemand. Und doch belasten die Außenwirkungen der Verände-

Annika Schuster,

Sarah Eschmann,

rungen die Freunde und Besucher.

Gesundheits- und

Gesundheits- und

Sie meinen, nicht Willkommen zu

Krankenpflegerin,

Krankenpflegerin,

sein und bleiben fern. Dadurch geht

Fachweiterbildung

Fachweiterbildung

wiederum mehr Lebensqualität ver-

„Palliativ Care“,

„Palliativ Care“,

loren, doch der Schmerz bleibt oder

Bobath-Praxisbeglei-

Bobath-Praxisbeglei-

verstärkt sich dadurch. Es ist wichtig,

terin BIKA ®, arbeitet im Albertinen-

terin BIKA ®, arbeitet im Albertinen-

dass Angehörige und Freunde dies

Krankenhaus/Albertinen-Haus

Krankenhaus/Albertinen-Haus

verstehen und sich nicht persönlich

Hamburg

Hamburg


4/2015 CHRISCARE

HAIFA-HEIM Heim für HolocaustÜberlebende LAUBHÜTTENFEST Nationen feiern Gott in Jerusalem ALIJAH Rückführung der Juden nach Israel JESAJA-62 INITIATIVE Gebet für Israel und die Nationen ARISE Jung, frisch, engagiert VORTRAGSDIENSTE Aktuelle Berichte und packende Botschaften WALL-OF-WITNESSES.ORG Internetplattform zur Ehrung Holocaust-Überlebender MARCH OF THE LIVING Marsch der Erinnerung von Auschwitz nach Birkenau GEGEN ANTISEMITISMUS Christliche Freunde Yad Vashems PROJEKT VERSÖHNUNG Hilfe für Araber in der Westbank SOZIALPROJEKTE Hilfe für Bedürftige ICEJ INTERNATIONAL 80 Zweigstellen in über 80 Nationen

ICEJ – Deutscher Zweig e. V. Postfach 31 13 37 . 70473 Stuttgart Telefon 0711 83 88 94 80 info@icej.de . www.icej.de Spendenkonto Evangelische Bank IBAN: DE63 5206 0410 0004 0202 00 BIC: GENODEF1EK1

Fordern Sie die kostenlosen Informationen der ICEJ bei uns an: • Wort aus Jerusalem – das regelmäßige Info-Magazin • ICEJ-Email-Nachrichtendienst

Werden Sie Partner unseres Dienstes in Israel!

31


32

CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN

Wo treffen Sie Christen, die vom Fach sind? CiG-Medien – Horizonterweiterung und Impulsgeber Übersichtlich und mit kurzen

ChrisCare hinweisen. Alles ist unter

als Anregung, vor Ort den eige-

Inhaltsbeschreibungen haben wir die

www.cig-online.de zu bestellen.

nen Dienst im Sinne einer CHK zu

CiG-Medien in einem ansprechenden

befruchten. 83 Seiten, A5, 4,00 Euro

Flyer zusammengefasst. Überwieund Büchern um Grundlagen einer

Mutmacher für Mitmacher – geistliche Impulse für den Berufsalltag

Patientengottesdienste in Hamburg – Erfahrungsberichte

Christlichen Heilkunde, um gelebte

Diese Broschüre

Die Patientengot-

gend geht es in den Broschüren

Modelle und praxisbezogene Ausprägungen. Das Buch zum Trainings-

will ein Mutmacher sein – für

'%)34,)#(% )-05,3% &µ2 $%. "%25&3!,,4!'

tesdienste werden von Ärzten, Pfle-

erfahrungsberichte

kurs Christliche Heilkunde eignet

Menschen, die

genden, Therapeu-

sich besonders für Gruppentreffen

„mitmachen“ in

ten und Mitarbei-

von Mitarbeitenden aus Gesundheitswesen und Gemeinde.

den vielen Her-

-UTMACHER FÕR -ITMACHER

ausforderungen

In der Reihe „CiG-Denkanstöße“

Patientengottesdienste in Hamburg

tenden anderer Gesundheitsberufe

und Zumutun-

sowie Patienten

gen des Gesund-

aus unterschiedli-

veröffentlichen wir Texte, die als

heitswesens. Für Menschen, die

chen Praxen und Kliniken gestaltet – in

Artikel bei CiG erschienen sind oder

nicht „ihren Job“ erledigen, sondern

Zusammenarbeit mit Pastoren und

als Arbeitsmaterial für Seminare und

selber Mutmacher für andere sein

Mitarbeitenden der jeweils gastgeben-

Vorträge der Akademie Christen im

wollen. Für Menschen, die aus dem

den Gemeinde. Wir möchten kranke

Gesundheitswesen erstellt wurden.

christlichen Glauben Kraft erfahren

Menschen ermutigen, neben den

und mit den Möglichkeiten Gottes im

Möglichkeiten der modernen Medi-

In den Händen halten Sie ChrisCare,

Berufsalltag rechnen. 71 Seiten, A5,

zin auch die Impulse und Hilfen des

das Magazin für Mitarbeitende im

4,00 Euro

christlichen Glaubens in Anspruch zu

Gesundheitswesen. • ChrisCare ermutigt Mitarbeitende im Gesundheitswesen, ihre Berufung

nehmen. Unsere Erfahrungen machen

Modelle einer Christlichen Heilkunde – Praxisbeispiele

neu zu entdecken und zu entfalten. • ChrisCare trägt dazu bei, die Bedeutung des christlichen Glaubens

GEORG SCHIFFNER (HRSG.)

deutlich, dass Patienten von einer vertrauensvollen Zusammenarbeit

Die ökumeni-

zwischen Kirche und Medizin profitie-

sche Bewegung

ren. 79 Seiten, A5, gegen Spende

Christen im

PRAXISBEISPIELE

für Medizin, Pflege und Therapie zu

Gesundheitswe-

erkennen und in die fachliche Diskus-

sen hat in den

Christliche Heilkunde – Das Buch zum Kurs

letzten Jahren

Der Trainingskurs

mehrere Praxis-

bietet praxisbezo-

modelle einer

gene Lehrinhalte

Christlichen

einer CHK für

sion einzubringen. • ChrisCare, ein konfessionsverbindendes Magazin für alle Berufe des Gesundheitswesens.

Modelle einer Christlichen Heilkunde

1

Darüber hinaus finden Sie Musik-

Heilkunde (CHK) in Zusammenarbeit

Gruppentreffen.

CDs und eine DVD.

von Gesundheitswesen und Kir-

Mitarbeitende

chengemeinden entwickelt. Die hier

aus Gesund-

Nutzen Sie das sehr praxisbezogene

vorgestellten Praxismodelle sind als

heitswesen und

Material für Ihren Bedarf oder zum

Veranschaulichung der veröffentlich-

Verschenken. Besonders möchten

ten Grundgedanken zu einer CHK zu

den erhalten für 8 Abende didak-

wir auf das Geschenk-Abo von

verstehen – und insbesondere auch

tisch hervorragend aufgearbeitetes

Kirchengemein-


CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN

4/2015 CHRISCARE

33

Die Arbeit von CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN (CiG) CiG e.V. ist ein bundesweites konfessionsverbindendes Netzwerk von Mitarbeitern unterschiedlicher Berufsgruppen im Gesundheitswesen: Pflegende, Ärzte, Therapeuten, Mitarbeiter aus Management und Verwaltung, Seelsorger, Sozialarbeiter und weitere Berufsgruppen des Gesundheitswesens. Basis der Zusammenarbeit sind die Bibel, das apostolische Glaubensbekenntnis sowie die Achtung des Einzelnen in seiner jeweiligen Konfessionszugehörigkeit. Wir CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN wollen • einander fördern, christlichen Glauben im Berufsalltag einzubringen, • zur Neubelebung an der Bibel orientierter Werte im Gesundheitswesen beitragen, Material. Das Buch kann über jede

• Patienten und Kollegen die heilende Liebe Jesu Christi erfahrbar machen,

Buchhandlung oder direkt über die

• in Einheit mit Kirchen und Gemeinden den biblischen Auftrag von Diakonie,

Geschäftsstelle bezogen werden.

Caritas und Heilungsdienst in unserem Land wahrnehmen.

Books-on-demand, ISBN 978-3-8423-4947-6.

Die ökumenische Arbeit von CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN verbindet

Kosten: 6,90 Euro, 52 Seiten, A 4.

seit über 25 Jahren Christen im Umfeld des Gesundheitswesens – inzwischen

Der Versand erfolgt auf Rechnung,

rund 10.000 in regionaler sowie in bundesweiter Vernetzung.

zzgl. Versandkosten. Wichtiges Element sind die CiG-Regionalgruppen, die von Mitarbeitern vor

Christliche Heilkunde – Zugänge

Ort geleitet und verantwortet werden und die sich in unterschiedlichen, z.B.

Die Beiträge

monatlichen Abständen treffen. Beruflicher Austausch, biblischer Impuls und

von 8 Autoren

Gebet sind wiederkehrende Bestandteile der Treffen. Einige Gruppen bieten

aus Theologie,

Regionalveranstaltungen an, zu denen öffentlich eingeladen wird. Kontakt zu

Medizin, Pflege,

den Regionalgruppen vermittelt die Geschäftsstelle.

Psychologie, Diakonie und

Die Veranstaltungen der Akademie werden dezentral meist in Zusammenarbeit

Weltkirche zeigen

mit den CiG-Regionalgruppen angeboten: Seminare zu berufsspezifischen The-

Grundlagen,

men aus christlicher Sicht, Fachgruppentreffen wie auch Angebote für Kranke

wie Christliche

und Angehörige. Wenn Sie in Ihrer Region ein Seminar initiieren wollen, neh-

Heilkunde entfaltet werden kann.

men Sie gern mit uns Kontakt auf. Weitere Infos: www.cig-online.de.

Das Buch kann über jede Buchhandlung oder direkt über die Geschäfts-

Die bundesweit ausgerichtete Arbeit von Christen im Gesundheitswesen wird

stelle bezogen werden. Verlag Frank

von rund 20 Mitarbeitern aus unterschiedlichen Gesundheitsberufen im Bundes-

Fornaçon, ISBN 978-3-940232-06-9.

weiten Leitungskreis verantwortet und geleitet.

Kosten: 6,90 Euro, 108 Seiten, A5). In der Geschäftsstelle in Aumühle bei Hamburg wird die Arbeit koordiniert.

Denkanstöße

Hauptamtliche, geringfügig Beschäftigte und rund 130 Ehrenamtliche sorgen Nr.1: Plädoyer für

für die Umsetzung von Projekten und unterstützen die Arbeit des Bundes-

eine Christliche

weiten Leitungskreises.

Heilkunde. 12 Thesen zur Christ-

Die Arbeit von CiG finanziert sich wesentlich aus Spenden. Ein Kreis von z.Zt.

lichen Heilkunde

500 Förderern bildet hierfür die Grundlage, indem sie den gemeinnützigen Ver-

Nr. 2: Skizzen

ein jeweils mit einem Mindestbeitrag von 10 € im Monat finanziell unterstützen.

zu Krankheit – Gesundheit –

Förderer können an den Fortbildungsseminaren der CiG-Akademie für den

Heilung. Gesund-

ermäßigten Beitrag teilnehmen und erhalten das ChrisCare-Abo kostenfrei. Wir

heitsfördernder Lebensstil

laden Sie herzlich ein, dem Förderkreis beizutreten! n

Nr. 3: Krankheit – was geht in uns vor? Wenn Gefühle laut werden. Ent-

CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN e.V.

spannung und Wahrnehmung

Bergstraße 25, D-21521 Aumühle

Nr. 4: Biblischer Heilungsdienst aus

Tel.: (+49) (0) 4104 917 09 30, Fax: (+49) (0) 4104 917 09 39

ärztlicher Sicht. Hilfen zur Patienten-

Email: info@cig-online.de, Internet: www.cig-online.de


34

CHRISTEN IM GESUNDHEITSWESEN + LITERATUR

Selbststeuerung

begleitung. Das evangelistische Patientengespräch. Nr. 5: Alternative Heilverfahren aus christlicher Sicht Nr. 6: Reise in ein fremdes Land – als Christen Demenzkranke begleiten. Pflege und Seelsorge – zwei Seiten einer Medaille

DVD: Reportage über ökumenische Patientengottesdienste Für kranke Menschen können neben moderner Medizin auch die Impulse des christlichen Glaubens heilsam sein. Durch eine Initiative von Mitarbeitenden aus Gesundheitswesen und Kirchengemeinden gibt es seit 2008 ökumenische Patientengottesdienste in Hamburg. Der Film erläutert Hintergründe, bietet Einblicke in die Praxis und regt zur eigenen Umsetzung vor Ort an. Eine bewegende Reportage – sehenswert sowohl persönlich wie in Gruppen zur Diskussion. Langversion 26 Min., Kurzversion 9 Min., Zugriff über www.cig-online.de. Eine DVD kann gegen eine Spende bestellt werden.

Musik-CDs Soaking-music / Heribert Elfgen, Physio- und Musiktherapeut, Aachen. Diese Musik-CDs sind dazu geeignet, zur Ruhe zu kommen, zu entspannen oder während persönlicher Meditationszeiten zu nutzen. Nähere Infos, Hörbeispiele und Bestellmöglichkeiten unter www.praxis-elfgen.de n

Günther Gundlach, Geschäftsführer Christen im Gesundheitswesen

Dieses 2015 herausgekommene Buch des Freiburger Psychiaters und Neuropsychologen ist bereits in der dritten Auflage erschienen. Das ist, wie das Buch selbst, ein Zeichen der Hoffnung dafür, dass es heute tatsächlich so etwas wie eine starke Gegenströmung zum Mainstream des Pseudovernünftigen gibt, der es für vernünftig hält, an die Unvernunft zu glauben. Sehr ausgewogen, sorgfältig, erfreulich sachlich und dennoch leidenschaftlich engagiert begründet Bauer aus den Forschungsbefunden der Neuropsychologie, zu deren Koryphäen er gehört, dass und wie die Inthronisation der Unvernunft, insbesondere durch einige Protagonisten seines neurobiologischen Kollegenkreises, keineswegs für sich in Anspruch nehmen kann, als Norm der gegenwärtigen Kognitionspsychologie zu gelten. Die Funktionen des Präfrontalen Kortex, um die es in diesem Buch vor allem geht, sind bei einem gesunden Menschen nicht, wie das etwa die Neurobiologen Roth und Singer behaupten, untergeordnete Ergänzungen der darunter liegenden Gehirnareale, es findet auch nicht nur eine intensive Wechselwirkung zwischen beiden Gehirnregionen statt, sondern sie sind das maßgebliche Steuerungszentrum der menschlichen Bedürfnisregulation durch den neuronal dort zu lokalisierenden freien Willen. Frei ist der Wille in dem Maß, wie der Mensch im Stande ist, freiwillig und verantwortlich für die Erfüllung seiner echten Bedürfnisse zu sorgen; mithin ist Selbststeuerung identisch mit verantwortlicher Selbstfürsorge. Defizite in der präfrontalen Selbststeuerung bewirken eine übermäßige Dominanz der Gehirnteile, die sich auch in Tieren finden, die gänzlich triebgesteuert leben. Im menschlichen Verhalten zeigt sich dieses Animalische im Postulat der unverzögerten Lustbefriedigung bei niedriger Frustrationstoleranz, das von den dazu passenden Industrien mächtig gefördert wird und verheerende Gesundheitsschäden nach sich zieht: Bauer deckt sie schonungslos auf. Besonders schwerwiegend ist dabei der Befund, dass der Präfrontale Kortex von Kindern und Jugendlichen noch nicht ausgereift ist und ihnen darum eine naturgegebene Disposition innewohnt, sich von kurzfristigen Lusterfahrungen dominieren zu lassen. Mit Nachdruck betont Bauer in diesem Zusammenhang die Verantwortung der Pädagogik, denn die Ausbildung der präfrontalen Fähigkeiten benötigt das anregende, herausfordernde,


LITERATUR

4/2015 CHRISCARE

35

Für Sie gelesen Heilkunst ermutigende und Modell gebende erzieherische Gegenüber in einem warmen Klima persönlicher Zuwendung und Akzeptanz. Die Funktionen des Präfrontalen Kortex lassen sich durch beständiges Üben trainieren, aber das brauchen sie auch: Wenn es nicht geschieht, verkümmern sie, auf Kosten der Menschlichkeit. Von besonderem Interesse für ChrisCare-Leser ist das Kapitel über Selbsteuerung als Kriterium guter Medizin. Weil Selbststeuerung nachweislich „massive biologische Effekte“ erzielt, sei es fatal, wenn die medizinische Behandlung auf die Stärkung des Selbstvertrauens der Patienten nicht sehr großes Gewicht lege. Das werde vielfach sträflich vernlässigt, weil die Medizin den Menschen immer noch als eine biologische Maschine betrachte, die man ohne persönliche Zuwendung reparieren kann, wenn sie defekt ist. Viele kranke Menschen spüren aber, „dass sie ohne Mut, Hoffnung und Selbstvertrauen nicht gesund werden können“ und wenden sich darum enttäuscht von den Ärzten ab. „Die Medizin leistet dann gute Arbeit, wenn sie nicht nur analysiert, wo die biologische Substanz Schaden genommen hat, sondern auch wenn sie – ohne Bevormundung – an die Seite des Patienten tritt und seine Selbststeuerungspotenziale stärkt.“ Sehr viel Heilungspotenzial werde aber vergeudet, „weil Pflegekräfte und Ärzte sich keine Zeit nehmen – oder sich die Zeit aufgrund der ihnen zugemuteten Arbeitsbedingungen gar nicht nehmen können.“ Darum treten sie auch nicht in den notwendigen Dialog mit dem „inneren Arzt“ der Patienten ein. Man zieht die Therapien „an ihm vorbei“ durch. Die Schulmedizin büße dadurch immer mehr an Vertrauen ein.

Mit diesem Buch führt der renommierte Kardiologe und Friedensnobelpreisträger Bernhard Lown sein Anliegen für eine menschlichere Medizin fort, welches bereits seinen Bestseller „Die verlorene Kunst des Heilens – Anstiftung zum Umdenken“ prägte. Mit einer Fülle von Erfahrungsbeispielen liest sich das Buch außerordentlich praxisbezogen. Auch wenn die Beispiele vielfach aus der Zeit von vor mehreren Jahrzehnten stammen, ist die Thematik fesselnd aktuell. Mit scharfen Worten geißelt Lown die Dominanz eines einseitigen Wissenschaftsverständnisses in der Medizin und der ökonomischen Interessen einer Gesundheitsindustrie. Dagegen betont er die „Dringlichkeit einer medizinischen Renaissance“, in der wieder die Kunst der Kommunikation und des Berührens von zentraler Bedeutung sei. „Worte sind das mächtigste Hilfsmittel, das ein Arzt besitzt.“ Das Gespräch und die sorgfältige körperliche Untersuchung des Patienten seien entscheidend für die unerlässliche Vertrauensbeziehung zwischen Patient und Arzt. „Je mehr Zeit vom Arzt zu Beginn einer Visite investiert wird, desto kostensparender ist die Begegnung und umso zufriedener der Patient.“

Joachim Bauers „Selbststeuerung“ ist ein wichtiges, aufrüttelndes und zugleich ermutigendes Votum aus berufenem Munde. Hans-Arved Willberg

Das Buch ist z.T. im Dialog mit Lowns Enkelin Melanie geschrieben, was für das umfangreich geratene Werk die Lesbarkeit erleichtert. Im Gesundheitswesen engagierte Christen können zwar die explizite Erwähnung der spirituellen Dimension als bedeutsamen Faktor in der Patientenbeziehung vermissen. Jedoch ermutigt das Buch zu einem engagierten Einsatz im Sinne einer „hörenden und sprechenden Medizin“, in der sich auch Raum für spirituelle Anamnese und Angebote christlicher Spiritualität finden lässt. Dr. med. Georg Schiffner

Bauer, Joachim, Selbststeuerung: Die Wiederentdeckung des freien Willens, 3. Aufl. (Blessing: München, 2015), ISBN 978-3896675392, gebunden, 240 S., € (D) 19,90, SFr. 29.90

Bernhard Lown, Heilkunst – Mut zur Menschlichkeit, Schattauer-Verlag 2015, ISBN: 978-3794531257, gebunden, 307 S., € (D) 24,99, SFr. 52.00


36

NACHRICHTEN

Sozialverhalten Nachrichten

Zuviel Moral?

um die größte Studie zum Thema

bis 10), jedoch ist sie vergleichbar mit

weltweit“, sagt Arndt Büssing, Profes-

der von Menschen in anderen aka-

sor für Lebensqualität, Spiritualität

demischen Berufen. Wesentlich zur

und Coping an der Universität Witten/

Lebenszufriedenheit tragen bei: die

Herdecke. Gemeinsam mit Forschern

Zufriedenheit und die Identifikation

aus München, Freiburg im Breis-

mit der Tätigkeit, die Zufriedenheit mit

gau und Osnabrück wurden 8.600

der Partnerschaft (bei den Laien) bzw.

katholische Seelsorgende (Priester,

mit der zölibatären Lebensform (bei

Diakone, Pastoral- und Gemeindere-

den Priestern), ein unterstützendes

Kingston/Toronto: Die aktive Teil-

ferenten) zu Themen wie Lebens- und

soziales Umfeld, gute Gesundheit und

nahme von Jugendlichen in religiösen

Arbeitszufriedenheit, Gesundheits-

positive spirituelle Erfahrungen. Die

Gruppen wirkt sich auf deren Gesund-

belastungen, sozialen Beziehungen

Lebenszufriedenheit hängt - wie auch

heit aus. In einer kanadischen Studie,

und ihrer persönlichen Spiritualität

in der Allgemeinbevölkerung - mit

die im Journal for Religious Health

befragt. „Wichtigste, die geistliche

dem Alter zusammen. Die Ältesten

veröffentlicht wurde, berichteten Kin-

Trockenheit verstärkende Faktoren

sind am zufriedensten, die mittleren

der, die zu religiösen Gruppen gehör-

waren die mangelnde Wahrnehmung

Altersgruppen am wenigsten zufrie-

ten, von weniger riskantem Verhalten,

des Transzendenten im täglichen

den, die jungen Seelsorgenden liegen

einem stärkeren Sozialverhalten, aber

Leben, ein geringes Kohärenzgefühl

in der Mitte. Mehr als die Hälfte der

auch von geringerem seelischen Wohl-

(im Sinne eines Vertrauens, dass die

Zufriedenheit mit der Tätigkeit hängt

befinden und physischer Gesundheit.

Lebensereignisse vorhersehbar und

dabei von Anerkennung und Wert-

Dies resultiere nach Michaelson et al.

erklärbar, mit den eigenen Ressourcen

schätzung, der Qualität des Vorgesetz-

daraus, dass in religiösen Kindergrup-

bewältigbar und der Anstrengung loh-

ten, der Autonomie bei der Arbeit,

pen größeres Gewicht auf Verhaltens-

nend sind) sowie depressive Symp-

einem visionären Team und dem

regeln und Moral gelegt werde, als

tome und emotionale Erschöpfung“,

Organisationsklima ab. Mehr unter:

auf eine ganzheitliche theologische

erläutert Prof. Dr. Arndt Büssing die

www.seelsorgestudie.com n

Prägung. Mehr: J Relig Health (2015)

Studienergebnisse. „Hinzu kommen

54:1118-1133. n

die Unfähigkeit, alleine zu sein, Ängst-

Religion beeinflusst Sozialverhalten

Studie

Seelsorger erfahren spirituelle Krisen

lichkeit sowie geringe persönliche Leistungsfähigkeit im Sinne eines Burnouts. Das Vorhandensein sozialer

Vergleich

Bessere Betreuung im Hospiz

Netzwerke, die Persönlichkeitsstruktur oder die Selbstwirksamkeitserwartung hatten dabei keinen signifikanten schützenden Einfluss gegen spirituelle Krisen. Es handelt sich also vornehmlich um ‚innere Faktoren‘, die derartige

Hospiz-Klima: Näher am Patienten

Krisen von Seelsorgern entweder Nicht immun gegen Zweifel und Burnout

mit bedingen oder sie verstärken,

Gießen: Nach der umfassenden

weniger um äußere Faktoren.“ Wenn

Ermittlung der konkreten psycho-sozi-

diese Krise besteht, hat das natürlich

alen und medizinisch-pflegerischen

Witten: Was, wenn Seelsorger selber

Auswirkungen auf die Lebenszufrie-

Bedingungen der Sterbebetreuung

in eine spirituelle Krise geraten? Fast

denheit der Seelsorgenden. Wohinge-

in deutschen Krankenhäusern (237

die Hälfte der Priester in Deutschland

gen eine höhere Lebenszufriedenheit

Einrichtungen) und stationären Pfle-

durchlebt gelegentlich Phasen „geist-

erreicht wird, wenn Faktoren wie

geeinrichtungen (599 Einrichtungen)

licher Trockenheit“, bei zwölf Prozent

Ehrfurcht und Dankbarkeit sowie die

wurde im Rahmen der „Gießener

tritt dieses Phänomen regelmäßig auf.

Wahrnehmung des Transzendenten im

Sterbestudien“ zwischen 2014 und

Das tatsächliche Gefühl, dass Gott

alltäglichen Leben von den Seelsor-

2015 auch die Versorgung in bun-

ihnen fern ist, erleben allerdings nur

genden erlebt werden. Insgesamt

desdeutschen Hospizen untersucht.

vier Prozent regelmäßig. Dies sind

liegt die Lebenszufriedenheit der in

Die Ergebnisse sind eindeutig und

Ergebnisse einer Studie zur Lage der

der Seelsorge Tätigen höher als in

sprechen insbesondere im Vergleich

Seelsorge in Deutschland. „Unseres

der Durchschnittsbevölkerung (7,6

zu den Krankenhäusern und Pflege-

Wissens nach handelt es sich damit

gegenüber 7,0 auf einer Skala von 0

heimen für die gegenwärtig erreichte


Der neue Hahne Versorgungsqualität in den Hospizen.

weniger unter einem Jobverlust als

Es konnte allerdings auch aufgezeigt

andere. Außerdem gewöhnen sie

werden, wie unzureichend sich die

sich schneller an ein Leben ohne

Befragten durch ihre berufliche Vorbe-

Arbeit. Das belegt eine Studie, die

reitung auf die Betreuung Sterbender

kürzlich Wissenschaftler der Univer-

vorbereitet sehen. Rund 88% der

sitäten Jena und Amsterdam auf der

Befragten in stationären Hospizen

Basis von Daten der Längsschnitter-

geben an, sich immer beziehungs-

hebung Sozio-oekonomisches Panel

weise oft Zeit für die Betreuung

(SOEP) erstellt haben. „Wer einmal

Sterbender nehmen zu können.

pro Woche eine Kirche, Moschee

Annähernd ebenso groß ist der Anteil

oder Synagoge besucht, ist nach

derer, die mitteilen, dass hinreichend

drei Jahren Arbeitslosigkeit nahezu

qualifizierte Pflegekräfte zur Verfü-

genauso zufrieden mit seinem

gung stehen (85%). Dass Ärzte und

Leben wie zuvor“, sagt der Jenaer

Seelsorger immer oder fast immer

Psychologe Clemens Lechner, einer

zur Verfügung stünden, geben 73%

der Autoren. Weniger religiöse

bzw. 74% der Befragten an. 95% schil-

Menschen leiden hingegen deutlich

dern gute oder sehr gute räumliche

unter einer Arbeitslosigkeitserfah-

Voraussetzungen für ihre Arbeit. Dass

rung. Die Studie wurde kürzlich im

Patienten nie bzw. selten alleine ver-

Journal for the Scientific Study of

sterben, erklären 52% der Befragten.

Religion veröffentlicht. Wie mehrere

Die berufliche Vorbereitung bewerten

frühere Studien gezeigt haben, zählt

hingegen lediglich 12% als gut oder

ein Jobverlust zu den Lebensereig-

sehr gut, demgegenüber stehen

nissen, die die Zufriedenheit der

50% der Befragten, die diese als

Menschen am stärksten beeinträchti-

mangelhaft beschreiben. 88% haben

gen. Die Berechnungen der Wissen-

sich nachträglich für die Betreuung

schaftler belegen für das erste Jahr

von Sterbenden weitergebildet. Ein

nach dem Jobverlust: Je häufiger

außerordentlich hoher Anteil von 96%

Menschen ohne Arbeit an religiösen

sieht im Umgang mit dem Verstorbe-

Veranstaltungen teilnehmen, desto

nen dessen Menschenwürde beach-

weniger ist ihre Lebenszufriedenheit

tet. Gezeigt werden konnte überdies,

durch den Jobverlust beeinträch-

dass Hospize in freigemeinnütziger

tigt. Bei den Befragten, die einmal

Trägerschaft in zahlreichen Teilaspek-

wöchentlich einen Gottesdienst

ten über die besseren Bedingungen

besuchten, ging die gemessene

verfügen. Mehr unter:

Lebenszufriedenheit weniger als

www.transmit.de n

halb so stark zurück wie bei denje-

Arbeitslosigkeit

Gottesdienstbesuch schützt vor Frust

nigen, die nie einen Gottesdienst besuchen. Warum sind Besucher von Gottesdiensten besser gewappnet? „Arbeitslose finden in religiösen Gemeinschaften Unterstützung in ihrer schwierigen Lebenssituation“, vermutet Lechner. Darüber hinaus sei der Glaube eine Quelle von Trost und Zuversicht. Denn nach Auffas-

37

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4/2015 CHRISCARE

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Auch angesichts der Flüchtlingsströme: Top-aktuell, Klartext über Gott und die Welt, eine Streitschrift gegen Resignation und für eine Gesellschaft mit christlichen Wurzeln. Ehrenamtliche als Vorbilder. So aktuell ist die Bibel: konsequent und kompromisslos, Kraftquelle für den praktischen Alltag. Das heimliche Thema: Gehört das Christentum noch zu Deutschland? Kapitel um Kapitel mit heißem Herzen geschrieben.

sung vieler Gläubigen sind vor Gott alle Menschen gleich – unabhängig davon, ob sie wirtschaftlich erfolg-

GmbH

Jobverlust beeinträchtigt Zufriedenheit

reich sind oder nicht. Berlin: Menschen, die regelmäßig

Mehr unter: http://onlinelibrary.wiley.

einen Gottesdienst besuchen, leiden

com/doi/10.1111/jssr.12171/pdf n

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Kawohl Verlag e.K.

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38

NACHRICHTEN + ANZEIGE

Spiritual Care

Neuer Professor

50-Prozent-Pensum ausgestaltet, ebenfalls vorgesehen ist eine

Nachempfinden

Schmerz fördert Empathie

Assistenzstelle. Der Lehrauftrag umfasst ein Wahlpflichtmodul im Rahmen des Mantelstudiums an der Medizinischen Fakultät sowie die Mitwirkung an der Lehre der Dr. Simon Peng-Keller

Theologischen Fakultät. Dr. Simon

Der leidende Christus hat Mitleid

Peng-Keller (46) habilitierte an der Zürich: Der Universitätsrat der

Universität Freiburg/Schweiz und

Teamwork: Wien, Stockholm, Triest:

Universität Zürich hat Dr. Simon

wirkte als Dozent an mehreren

„Die Fähigkeit, den Schmerz anderer

Peng-Keller zum Professor für

Hochschulen. Zudem war er als

nachzuempfinden, baut auf jenen

Spiritual Care ernannt. Mit der neu

Klinik- und Altenheimseelsorger

neurobiologischen Prozessen auf, die

geschaffenen Professur, die von

tätig. Er verfügt über eine fundierte

die Grundlage für die Empfindung von

den Landeskirchen für sechs Jahre

Erfahrung in der interdisziplinären

selbst erlebtem Schmerz sind.“ Das

finanziert wird, will die Universität

Forschung an der Schnittstelle von

ermittelte eine Forschergruppe aus

Zürich die Forschung und Lehre

Theologie und Medizin. Die neue

Wien, Triest und Stockholm. Sie konn-

auf dem Gebiet der Spiritual Care

Professur vermittelt angehenden

ten nachweisen, dass die Reduktion

vorantreiben. Schwerpunkte bilden

Ärztinnen und Ärzten sowie Theo-

von selbst erlebtem Schmerz auch eine

dabei die Palliativmedizin und die

logiestudierenden den Umgang

Reduktion von Empathie für Schmerz

Seelsorge. Die Professur ist an der

mit religiösen und spirituellen

bewirkt. Die Forscher vermuten, dass

Theologischen Fakultät angesiedelt

Bedürfnissen schwer- und chronisch

dieser Effekt durch körpereigene Opiate

und vorerst auf sechs Jahre befris-

kranker Menschen. Außerdem soll

beeinflusst wird. DOI: http://www.pnas.

tet. Die Professur wird in einem

die entsprechende Forschung. n

org/cgi/doi/10.1073/pnas.1511269112 n Anzeige

Albertinen-Krankenhaus Albertinen-Haus

Zentrum für Geriatrie und Gerontologie

Evangelisches Amalie Sieveking-Krankenhaus

kompetent. innovativ. diakonisch.

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• für kompetente Medizin z.B. in unserem hochspezialisierten Herz-

und Gefäßzentrum, in der Tumormedizin, der Orthopädie, der bundesweit anerkannten Altersmedizin, der Psychiatrie/Psychotherapie und der Geburtshilfe;

• für innovative Pflege in unseren Kliniken, den Senioreneinrichtungen, der ambulanten Pflege und dem Diakonie-Hospiz Volksdorf;

• für den diakonischen Auftrag, der die Zuwendung zum Menschen in den Mittelpunkt unserer Arbeit stellt.

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Impressum Herausgeber und Verlag: ChrisCare erscheint im Verlag Frank Fornaçon, Ahnatal, und wird von Christen im Gesundheitswesen e.V. herausgegeben. Chefredaktion: Frank Fornaçon (FF) (V.i.S.d.P.), Korrektorat Julia Eberwein. Die Beiträge wurden sorgfältig ausgewählt, dennoch übernimmt die Redaktion keine Haftung für die Inhalte. Verantwortlich ist der jeweilige Autor. Zur leichteren Lesbarkeit wird bei Begriffen, die männlich und weiblich gemeint sind, in der Regel eine gemeinsame Form verwendet, z.B. „Patienten“. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos übernimmt der Verlag keine Haftung. Copyright: Christen im Gesundheitswesen e.V., ChrisCare wird in CareLit ausgewertet: www.carelit.de Redaktionsanschrift: Verlag Frank Fornaçon, Am Gewende 34, 34292 Ahnatal, Deutschland, Tel.: (+49) (0) 56 09 806 26, Fornacon-Medien@web.de, www.verlagff.de Gestaltung: FRANK.COMMUNICATION., Werner-von-Siemens-Str. 25, 78224 Singen, Deutschland, www.frank-com.de Druck: Grafische Werkstatt von 1980 GmbH, Yorkstraße 48, 34123 Kassel, Deutschland Anzeigenverwaltung Deutschland und Österreich: Verantwortlich: Günther Gundlach, Christen im Gesundheitswesen e.V., Aumühle, Bergstraße 25, 21521 Aumühle, Tel.: (+49) (0) 4104 91 709 30, Fax: (+49) (0) 4104 91 709 39, info@cig-online.de, www.cig-online.de. Anzeigenverwaltung Schweiz: Verantwortlich: Niklaus Mosimann, SCM Bundes-Verlag (Schweiz), Rämismatte 11, Postfach 128, CH-3232 Ins, Tel.: (+41) (0) 43 288 80 15, werben@bvmedia.ch, www.bvmedia.ch. Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 1/2012. Trotz sorgfältiger Prüfung kann der Verlag keine Verantwortung für die veröffentlichten Anzeigen, Beilagen und Beihefter übernehmen. ChrisCare erscheint jeweils in der Mitte eines Quartals. Preise: Einzelheft € (D) 5,80, € (A) 6,00, SFr. (CH) 10.30. Jahresabonnement (4 Ausgaben) € (D) 19,20, € (A) 19,80, SFr. (CH) 31.30, jeweils zuzüglich Versandkosten. Anschriftenänderungen sind rechtzeitig vor Erscheinen des nächsten Heftes dem ChrisCare-Aboservice in Deutschland oder dem SCM Bundes-Verlag (Schweiz) in der Schweiz mitzuteilen. Die Post liefert Zeitschriften nicht automatisch an die neue Anschrift. Bestellungen aus Deutschland und Österreich: ChrisCare-Aboservice, Bergstraße 25, 21521 Aumühle, info@cig-online.de, Tel.: (+49) (0) 4104 917 09 30, Fax: (+49) (0) 4104 917 09 39, Vertrieb auch über die J.G.Oncken Versandbuchhandlung, Postfach 20 01 52, 34080 Kassel, Tel.: (+49) (0) 561 5 20 05-0, Zeitschriften@oncken.de Bestellungen aus der Schweiz: SCM Bundes-Verlag (Schweiz), Rämismatte 11, Postfach 128, CH-3232 Ins, abo@scm-bundes-verlag.ch, www.scm-bundes-verlag.ch, Tel.: (+41) (0) 43 288 80 10, Fax: (+41) (0) 43 288 80 11 Konto Deutschland: Christen im Gesundheitswesen, Evangelische Bank, IBAN: DE55520604100206416179, BIC: GENODEF1EK1 Konto Schweiz: Postkonto 85-622703-0, IBAN: CH90 0000 8562 2703 0, BIC: POFICHBEXXX ISSN 1869-9944 Heft 4/2015: Mit Schmerz leben Fotos: S.1 © Michael Flippo – fotolia.com; S.7 © itsmejust – fotolia.com; S.11 © zlikovec – fotolia.com; S.17 © Kzenon – fotolia.com; S.20 Marion Leineweber ( leineweberdesign.wordpress.com ); S.22/23 © Sandra Pauly (www.frank-com.de); S.29 © WavebreakmediaMicro – fotolia.com; S.36 © Andrey Popov – fotolia.com, © Photographee.eu – fotolia.com, © Photographee.eu – fotolia.com; S.37 © bluedesign – fotolia.com; S.38 privat, © Jamrooferpix –fotolia.com; alle anderen Bilddaten: privat und FRANK.COMMUNICATION. Illustrationen: Sandra Pauly, FRANK.COMMUNICATION. (www.frank-com.de) Texte: S.5: Mit freundlicher Genehmigung des Diakonie-Hospitz Hamburg-Volksdorf; Rechte bleiben gewahrt Beilagen: Bundes Verlag P&S Leseprobe Das Heft 1/2016 erscheint mit dem Thema „Ehrenamt“ im Februar 2016.

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4/2010 Heilen in einer multikulturellen Gesellschaft 1/2011 Besser miteinander 2/2011 Krisen bewältigen 3/2011 Am Lebensende 4/2011 Kraftquellen erschließen 1/2012 Spiritualität im Alltag 2/2012 Berufung – Karriere und das liebe Geld 3/2012 Existentiell herausgefordert 4/2012 Heilige Momente 1/2013 Die Kraft innerer Bilder 2/2013 Nähe und Distanz 3/2013 Der Seele Gutes tun 4/2013 An der Grenze 1/2014 Beruf und Lebensformen 2/2014 Leidenschaft im Dienst 3/2014 Der mündige Patient 4/2014 Aggression – was tun?

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HUMOR

Hier rät Dr. Rottweil! Die etwas andere Rubrik Liebe Patienten, wenn Sie recht zeitig zu einem Arzttermin kommen, dann sind Sie auf jeden Fall rechtzeitig da. Umgekehrt stimmt das nicht. Ganz anders verhält es sich bei einer Blinddarmentzündung. Treten die Bauchschmerzen recht zeitig auf, so kann der Arzt die Diagnose noch nicht sichern und lässt Sie fälschlicherweise wieder laufen. Bei rechtzeitigen Schmerzen kann das nicht passieren. Hilfreich zur Diagnostik ist auch, wenn die Schmerzen nicht nur rechtzeitig, sondern außerdem rechtsseitig auftreten. Rechtzeitige rechtsseitige Bauchschmerzen sind so ziemlich das Optimum. Besser sind nur noch überhaupt keine Schmerzen, egal wann und wo.

Was ist hier jetzt wohl zu tun? Ihr Kind mehr Schmerzen hat als zuvor. Dann geben Sie das Mittel! Ein Irrtum ist ausgeschlossen, denn „mäßig stark“ ist ein dehnbarer Begriff. Also, nur Mut! Genauso subjektiv wie die Schmerzqualität sind Beipackzettel für Einreibemittel. Wenn da steht, man solle ein „nussgroßes“ Stück auftragen, welche Nuss ist gemeint?

Frau X aus U klagte mir ihr Leid: Mit meinem hochfiebern-

Die Pharmaindustrie hat beschlossen, dass ab jetzt die

den Kind ging ich nach durchwachter Nacht zum Kinderarzt;

gedachte Nuss benannt werden muss. Zur Auswahl stehen

der fragte mich, warum ich denn kein PARACETAMOL

Haselnuss, Walnuss, Kokosnuss. Erdnuss kommt nicht in

verabreicht hätte. Ich wusste aber Bescheid und sagte ihm,

Frage, das Mittel ist kaum in diese Form zu bringen. Bei

das durfte ich nicht, denn auf der Packung steht „bei Fieber

Benennung der Nussgröße soll die Angabe, ob mit oder

und Schmerzen“, und mein Kind hatte keine Schmerzen.

ohne Schale, verzichtbar sein.

Darauf fragte er mich, ob ich zu einer bildungsfernen Schicht gehöre. Da kam er bei mir an die Richtige, ich schrie: „Blei-

„Habe nun ach…“ – so beginnt der Text in Goethes Faust.

ben Sie mir bloß mit Ihrer Bildung fern, jetzt ist Schicht im

„Habe nun acht…“ – so beschließt Rottweils Hand ihren

Schacht und ich mach‘ mich fern von Ihnen!“ Der Neue ver-

Text. Aber ich will ja nicht Goethe mit mir vergleichen.

schrieb mir prompt eine Sorte PARACETAMOL mit der Auf-

Wie’s bei ihm weitergeht, ist bekannt, und bei mir?

schrift „bei leichten bis mäßig starken Schmerzen und / oder Fieber“. Na also, geht doch! Hoffentlich schimpft er dann

„Habe nun acht

nicht, wenn ich das Mittel bei saumäßig starken Schmerzen

mal ‚Hier rät‘ gebracht.

nicht gebe. Man weiß ja nie, was dann passieren könnte...

Da steh‘ ich nun im Ausgangstor

Lieber Herr Dr. Rottweil, stehen Sie mir mit Verständnis bei?

und bin so klug! Als wie zuvor.“

– Meine Antwort: Vollkommen, und auch mit Rat, denn so bin ich nun mal. Sie werden die Situation meistern! Denn

Dem ist nichts hinzuzufügen, denn alle Neune gibt es nur

Schmerzen beginnen leicht und verstärken sich dann erst

beim Kegeln oder bei Beethovens Sinfonien. Und ich will

mal mäßig. Ihrem geübten Blick wird nicht entgehen, wann

mich doch nicht mit Beethoven vergleichen!

Nun, wen das Ende mit Schmerz

weil ist eine Kuriosität auf seinem

erfüllt, der lese alles zu dem Thema

Gebiet.“ Meinetwegen, solang man

in dieser Ausgabe.

nicht niederkniet. Jedenfalls habe ich jetzt alle Zeit der Welt, nach Behand-

Kürzlich titelte die ZEIT (oder war

lung sämtlicher Fragen hiermit

es die WELT?): „ROTTWEIL BRINGT

tschüss zu sagen, auf Ihr Wohl zu

KURZWEIL“ und führte aus: „Dr. Rott-

trinken und Ihnen zuzuwinken. n

bst Ihr Allerlie elzen . aus U Dr. G.R


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4/2015 CHRISCARE

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03.-04. MÄRZ 2016

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Themen 2016: Gegenstandsangemessenheit von Datenerhebungsmethoden Kombination von Methoden/Methodologien Das Spannungsfeld von Erfahrungswissen und wissenschaftlichem Wissen Methodeninnovation und Weiterentwicklungen in Diagnostik und Klassifikation Forschung – ganz praktisch: Erkenntnisgewinn und Fortschritt

Zielgruppen: Der Kongress richtet sich an alle Personen aus dem Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereich, Wissenschaftler/-innen, Hochschullehrer/-innen; Studierende; Lehrende und Leitungskräfte aus allen Gesundheits- und Sozialberufen (z. B. Pflege, soziale Arbeit, Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Hebammen- und Rettungswesen), Mediziner/-innen und Medizinstudierende sowie Pflegepersonen der Praxis, Pflegende als Pflegeexperten und APN/ANP.

KONGRESSPROGRAMM ONLINE JETZT ANMELDEN Kontakt und weitere Informationen:

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RUBRIK

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