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C2C Ber lin in der Verti Music Hall
→ LUKE COMBS
C2C BERLIN IN DER VERTI MUSIC HALL
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TEXT: JACKIE KOSCHACK | FOTOS: JACKIE KOSCHACK, DAVE BUBLITZ
Ein zweites Mal Country 2 Country in Berlin - schon beim ankommen im Bereich der Verti Music Hall merkt man, dass die Veranstalter nicht nur dazugelernt haben, sondern auch noch etliche der im Vorjahr geäußerten Kritikpunkte aufgegriffen und verbessert haben. War es 2019 noch ein - wenn auch gut ausgestatteter - LKW Anhänger, der als Merchandise-Verkaufsstelle diente, so gab es in diesem Jahr ein grosses Zelt, in dem man ein wirklich schönes und sehr breit gefächertes Angebot an Memorabilia erwerben konnte. Eine sehr schöne Mischung aus rund um die Country Music Szene einzuordnenden Verkaufsständen war ebenso vertreten wie eine ausgewogene Auswahl an Cateringständen. Und das, obwohl es im Umfeld der Verti Music Hall an Restaurants jeglicher Ausprägung keineswegs mangelt. eine nette Idee, ist aber auch mit viel Planung und Lauferei verbunden. Auch an der Ausstattung der Nebenbühnen sollte etwas gefeilt werden. Ein Kinosaal mit wirklich bequemen, in Liegeposition (!!!!) verstellbaren Sitzen ist zwar für die Zuschauer eine willkommene Abwechslung, trägt aber wenig zur Atmosphäre bei. Eine wirklich gute Idee hingegen ist der oben erwähnte LKW Anhänger. 2020 hat man sich entschlossen, daraus eine Bühne zu machen, die dem Laufpublikum völlig kostenlos die Künstler in kurzen Gigs präsentierte, die sonst auf den Sidestages zu hören waren. Möglicherweise konnte ja so doch der eine oder andere Berliner oder Tourist von der Vielfältigkeit der Country Music überzeugt werden.
Womit wir an dieser Stelle an einen der Kritikpunkte kommen. Auch wenn mit The Cadillac Three und Willie Jones ausgesprochen progressive Künstler vertreten waren, so war doch die traditionelle und im wesentliche unabhängige Seite der Country Music fast nicht vertreten. Gerade im Hinblick auf die wachsende texanische Country Music Szene wäre doch ein Blick der Veranstalter über die Grenzen des Mainstream hinaus sehr wünschenswert. Denn sollte nicht genau eine solche Veranstaltung den Horizont der Zuhörer erweitern? Wäre nicht dieser Rahmen mehr als geeignet dazu? Über die Mainacts dieses Festivals braucht man an dieser Stelle eigentlich kaum etwas schreiben. Sie alle wurden den Erwartungen gerecht und haben an keiner Stelle enttäuscht. Dem aus der TV Serie Nashville bekannten Charles ‚Chip‘ Esten merkt man seine Schauspielerfahrung an, was aber in keiner Weise den musikalischen Genuss mindert. Hootie and the Blowfish Frontsänger Darius Rucker versprüht auf der Bühne eine gehörige Portion Southern Charme und beim Klang seines southern Drawls, fühlt man sich direkt nach Charleston, South Carolina versetzt. Und wenn auch für einige Honkytonk Bühnen der
→ CHARLES ESTEN
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→ LINDSAYELL
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→ CAYLEE HAMMACK
Welt gilt „absolut KEIN Wagon Wheel“, so ist er doch derjenige, der das darf und der die Massen zum mitsingen bringt, auch wenn man diesen Titel als Country Music Fan irgendwie gar nicht mehr hören will. Wenn es in diesem Lineup einen Künstler gab, der sich in keiner Weise um Konventionen scherte, so ist das Luke Combs. Er brachte die Country Music der „Working Class“ nach Berlin. Und das Publikum dankte es ihm. Allein die Tatsache, daß eine angestochene Bierdose von der Bühne in hohem Bogen mitten ins Publikum segelt, wäre doch in kaum einer massentauglichen Musikszene weltweit möglich.
Natürlich sind auch die Künstler die neben den Mainacts auf der Hauptbühne spielten durchaus erwähnenswert, allen voran Gitarrengöttin Lindsay Ell. Die Frau die ihr musikalisches Handwerk nach eigenen Aussagen im wesentlichen von Randy Bachman (BTO) gelernt hat, hat es endlich in die Riege der grossen Stars geschafft und stand mehr als verdient endlich eigenständig auf der grossen Bühne. Leider gab es bereits im Vorfeld der Veranstaltung Absagen. Sowohl Old Dominion als auch A Thousand Horses sagten aufgrund der drohenden Einschränkungen durch die Corona Pandemie ihre Teilnahme mehr oder minder kurzfristig ab. Die grossen Gewinner dieser Situation waren Caylee Hammack, Austin Jenckes und Filmore. Die Drei, die eigentlich nur auf den Side Stages und der mitten im Publikum befindlichen Spotlight Stage spielen sollten, fanden sich plötzlich auf der Mainstage wieder. Hier muss man dem Veranstalter für seine Entscheidung durchaus gratulieren. Denn diese drei Künstler waren durchaus dazu in der Lage mit geringster Instrumentalisierung das Publikum zu begeistern. In Caylee Hammacks Fall ist das sogar wörtlich zu nehmen, denn sie benutzt beim Song „Just friends“ ein Fisher Price Xylophon, das sie nur mit einiger Diskussion überhaupt in das Flugzeug aus den Staaten mitnehmen durfte.
Man könnte natürlich was die Anzahl der anwesenden Künstler betrifft, noch viel weiter ausholen. Ob ein solch detaillierter Bericht aber notwendig ist, sei dahingestellt. Fakt ist: Nach 2019 gab es in diesem Jahr merk
→ THE CADILLACTHREE
lich Verbesserungen. Es ist aber noch immer Luft nach oben. Vor allem in der bereits erwähnten Bandbreite der Country Music.
Bleibt zu hoffen, daß 2021 C2C erneut stattfinden wird. Es wäre schade, wenn es aufgrund der weltweiten Situation keine dritte Ausgabe geben würde. Denn auch wenn die deutschen Country Music Fans immer ein wenig mehr haben wollen als sie letzten Endes bekommen, sind die meisten unendlich dankbar, dass es endlich regelmäßig amerikanische Country Music Interpreten auf deutsche Bühnen verschlägt. Auch wenn es - gefühlt - nicht die ganz grossen Stars sind, jede einzige Note aus dieser Richtung ist wichtig und bringt diese wunderbare Musik näher an die Deutschen heran.
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