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Hirth | In vielerlei Hinsicht hat sich der Anhängerspezialist aus BadenWürttemberg einen Namen gemacht, robuste Lösungen zu finden, die auf die hohen Anforderungen auf Baustellen oder im GaLaBau ausgelegt sind. Im Gespräch mit bauMAGAZIN Chefredakteur Dan Windhorst zeigte HirthGeschäftsführer Andreas Möntmann am Firmensitz in Deißlingen auf, warum der Hersteller gewiss keine »Anhänger von der Stange« produziert.
L HIRTH
»Von halben Sachen will ich nichts hören«
Komplett geschweißte Rahmen, verstärkte Konstruktionen – feuerverzinkt im Tauchbad: Die Anhänger von Hirth Fahrzeugbau verraten auf den ersten Blick, dass hier alles aus der Tradition heraus auf Langlebigkeit ausgelegt ist. In vielerlei Hinsicht hat sich der Anhängerspezialist aus BadenWürttemberg einen Namen damit gemacht, robuste Lösungen zu finden, die speziell auf die hohen Anforderungen auf Baustellen, im GaLaBau sowie der Landwirtschaft ausgelegt sind. Im Gespräch mit bauMAGAZINChefredakteur Dan Windhorst zeigte HirthGeschäftsführer Andreas Möntmann am Firmensitz in Deißlingen auf, warum der Hersteller keine »Anhänger von der Stange« produziert und was genau es in diesem Zusammenhang mit den »Kippertagen« auf sich hat.
Dan Windhorst
Groß dimensionierte Kippzylinder, geschlossene Querträger, verstärkte Rahmen und mehrfach verschraubte V-Holme zeigen allein bei den Hirth-Dreiseitenkippern auf, dass immer ein klein wenig mehr verbaut, geschweißt und zusätzlich konstruiert wurde. Hirth Fahrzeugbau setzt bei seinen Anhängern auf Kontinuität und darauf, dass »die Dinge halten, was sie versprechen«, wie Andreas Möntmann gegenüber dem bauMAGAZIN verriet. »In der Entwicklung machen wir, ebenso wie in der Produktion, sicherlich immer mehr als wir eigentlich müssten. Das zeigt sich insbesondere bei unseren deutlich robusteren Unterkonstruktionen oder darin, dass jedes Teil hinterfragt, verstärkt und feuerverzinkt wird.«
Innovatives Denken trifft auf Tradition Der am Oberlauf des Neckars gelegene Unternehmenssitz ist das Zuhause einer kompletten Fertigung samt Lager, moderner Büroräume, eines Mietparks und großzügiger Ausstellungsflächen. Begonnen hat alles jedoch im Jahr 1953 mit einer kleinen Schmiede, in welcher Gründer Bruno Hirth vorerst nur Hufschmiede- und Schlosserarbeiten anbot. Was demnach mit einer klassischen »One Man Show« begann, nahm in den darauffolgenden Jahren ordentlich Fahrt auf: 1955 richtete Bruno Hirth sein Augenmerk auf die Landwirtschaftsbranche, einhergehend mit der Tatsache, dass dort Geräte und Maschinen von Nöten waren, denen man viel abverlangte. Robustheit und Langlebigkeit waren die Voraussetzung dafür, am Markt zu bestehen. Bis heute scheint sich das als unabdingbares Kredo zu erweisen. Gegen Ende der 1950er-Jahre entstanden die ersten Kipp- und Pkw-Anhänger – wenig später folgten dann die ersten Anhängerlösungen für Lkw
Gerade in Zeiten von Materialknappheit, gestiegenen Preisen und Lieferengpässen hat es sich für Hirth als Vorteil erwiesen, langfristig zu planen und viele Bauteile sowie Basismaterialien umfangreich auf Lager zu halten.
Für die Baubranche fertigt Hirth zahlreiche Anhängerlösungen. Die Herausforderung liegt darin, hohe Belastbarkeit mit Langlebigkeit und Funktionalität zu verbinden – insbesondere, wenn es um den Transport von Baumaschinen geht.
sowie richtungsweisende Expansionspläne. Neue Fertigungshallen und Anbauten kamen hinzu, bis 1989 dann Bruno Hirth Junior auf den Plan trat und für einen Generationswechsel sorgte. Der gelernte Fahrzeugbautechniker und -meister erweiterte die Produktsegmente und verfügte nach einem Umzug an den heutigen Standort in Deißlingen nunmehr über eine hauseigene Produktion.
Hohe Material und Fertigungsqualität Ein Hauptaugenmerk legte Hirth auf Handarbeit: »Auf insgesamt 30000 m2 an Fertigungs- und Lagerfläche entwickeln und konstruieren wir unsere Anhänger mit 40Mitarbeitern – übrigens, von den ersten Schweißarbeiten bis zur Endmontage wird hier jede Anhängerlösung von Hand gebaut«, so Andreas Möntmann, der die Geschicke des Unternehmens seit Juli 2019 leitet. Für eine Übergangsfrist von fünf Jahren teilen sich Andreas Möntmann und Bruno Hirth derzeit die Geschäftsleitung –wobei Möntmann jedoch als geschäftsführender Gesellschafter die strategische Weiterentwicklung des Unternehmens bestimmt.
Grundsätzlich, und das wurde beim Besuch in Deißlingen schnell deutlich, unterliegt Hirth Fahrzeugbau einer traditionsgeprägten Wertevorstellung, die auf Material- und Fertigungsqualität fußt. Gleichwohl stellt Andreas Möntmann eine Führungskraft dar, die von »halben Sachen« nichts hören will. Der gebürtige Memminger ist ein Macher und Mitdenker – ersichtlich wird das beispielsweise, wenn der 50-Jährige schnellen Schrittes über das Werksgelände läuft, sich selbst die Hände schmutzig macht und gemeinsam mit sei-
Andreas Möntmann, Geschäftsführender Gesellschafter
UNTERNEHMEN
Im Jahr 1953 gründete Bruno Hirth sen. eine kleine Schmiede, in der zuerst nur Hufschmiede und Schlosserarbeiten ausgeführt wurden. Bald wurden die ersten Gesellen eingestellt und es begann die vollständige Spezialisierung auf den Fahrzeugbau. Ende der 1950erJahre konstruierte Hirth Fahrzeugbau die ersten Kipp und PkwAnhänger. Kurz darauf folgten die ersten Anhänger für Lkw. Durch die zunehmende Expansion entschloss sich Bruno Hirth sen. 1959 zu einer Aussiedlung des Betriebes an den Ortsrand von Niedereschach (heute SchwarzwaldBaarKreis). Zwei Jahrzehnte später wurde die Produktionsstätte durch einen Hallenanbau erweitert. 1989 übernahm Fahrzeugbautechniker und meister Bruno Hirth jun. den Betrieb von seinem Vater und erweiterte die Produktpalette kontinuierlich. Seit dem Jahr 2002 befindet sich das Unternehmen im Gewerbegebiet Breite des Nachbarorts Deißlingen.
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Der am Oberlauf des Neckars gelegene Unternehmenssitz in Deißlingen verfügt über 30 000 m2 Fertigungs- und Lagerfläche und dient regelmäßig als Veranstaltungsort für die Hirth-»Kippertage«.
In den Fertigungshallen setzt Hirth auf Handarbeit: Von den ersten Schweißarbeiten bis zur Endfertigung werden die Anhänger von Hand gefertigt. Mario Pekau (Konstrukteur), Jonathan Brodbeck (Technischer Leiter), Fabian Bächler (Konstrukteur), Bruno Hirth (Geschäftsführer) und Andreas Möntmann (Geschäftsführender Gesellschafter; v. li. n. re.).
nen Mitarbeitern nach Lösungen sucht. »Darauf basiert unsere Philosophie – wir packen die Dinge an und erfinden uns und unsere Anhänger immer wieder aufs Neue.«
Tatsächlich entwickelt Hirth abseits des vor handenen Anhängerprogramms, das von Tief- und Hochladern über Koffer- und BaumaschinenAnhänger bis hin zu Mulden- und Dreiseitenkippern reicht, auch Sonderlösungen, die individuell auf die Anforderungen des Kunden zugeschnitten sind. »Was wir nicht haben, erfinden wir neu – und das passiert nahezu jede Woche«, so Andreas Möntmann.
Die Kippertage als Leistungsschau Ausgelegt ist das Hirth-Prinzip auch auf der Prämisse, transparent und anwendernah zu sein. Laut Andreas Möntmann zähle bei der Entwicklung neuer Anhänger- und Transportlösungen vorrangig der Erfahrungswert aus der Praxis. Und so gehört es zum Alltagsgeschäft, dass Kunden und Interessierte das Gelände des Unternehmens betreten, um sich ein eigenes Bild von den Anhängern zu machen und ins Gespräch mit den Entwicklern zu kommen. »Als besondere Plattform dienen uns außerdem die Kippertage«, ergänzte Möntmann. An zwei Tagen im Mai durften die Besucher hinter den Vorhang blicken und sich ein genaues Bild von den aktuellen Neuheiten machen. Ein großes Highlight in diesem Jahr war die Präsentation der neukonzipierten Hirth-Luftfederung. Mithilfe einer Boogie-Aufhängung der Fahrwerkskonstruktion ist laut Hirth ein automatisches Einspuren des Anhängers sichergestellt. Ein systembedingter, automatischer Lastausgleich der Luftfederung soll überdies eine gleichbleibende Stützlast des Anhängers über einen großen Bereich der Kupplungshöhe garantieren. Aus diesem Grund, so Hirth weiter, erübrige sich daher in vielen Fällen eine teure, höhenverstellbare Anhängerdeichsel. Die neuartige Lösung ermögliche zudem das Ankippen eines Dreiseitenkippers nach hinten – mittels einer stabilen Rückwand gelänge außerdem die sichere Beladung mit Maschinen ohne zusätzliche Auffahrrampen. Auf diese Weise möchte Hirth ein multifunktionales
Kompakt, abschließbar und wetterfest: Hirth bietet abseits großer Kipper auch Spezialanfertigungen, die beispielsweise auf die Bedürfnisse im GaLaBau ausgelegt sind und genügend Transportfläche für Werkzeug und Maschinen bieten.
Für Hirth-Anhänger sollen eine hochwertige Material- aber auch Fertigungsqualität sprechen: Alle verbauten Teile sind feuerverzinkt und aufwendig geschweißt, um die Robustheit und Langlebigkeit zu erhöhen.
Anhängerkonzept aufbieten, das nicht nur als Kipper, sondern gleichzeitig als Maschinentransporter fungiert. Ausgerüstet mit der neuen Luftfederung ist aktuell zum Beispiel die neue Kipper-Baureihe, welche im Rahmen der Kippertage in mehreren Ausführungen begutachtet werden konnte.
Weiterentwicklung des Produktsortiments Ein Upgrade erhalten hat darüber hinaus auch der Pkw-Kran-Kipper, mit welchem erstmals mittels Luftfederung eine breite All-Terrain-Bereifung möglich ist. Dazu gesellen sich weiterentwickelte landwirtschaftliche Muldenkipper von 16 t bis 24 t mit Muldenlängen von 5 m bis 7,5 m sowie einem Volumen zwischen 16 m3 und 40 m3. Neu sind laut Andreas Möntmann aber auch die Zwei-SeitenKippfunktionen mit großem Auslass und tiefergelegtem Fahrwerk – mit und ohne Lenkung sowie wahlweiser hydraulischer Abstützung. Die Besucher der Kippertage durften direkt vor Ort erleben, was die neuen Lösungen mit sich bringen, und erhielten detaillierte Einblicke in die Konstruktionsweise der einzelnen Anhänger.
Strategische Ausrichtung inmitten von Corona Gerade weil Hirth dafür bekannt ist, mehr zu machen als nötig, stellt sich mit Blick auf gestiegene Materialpreise zwangsläufig die Frage, ob eben dieser Mehraufwand, der mit höherem Materialverbrauch bei der Konstruktion einher geht, in Zeiten von Corona und Ukraine-Krieg weiterhin zu stemmen ist. »Eine robustere und langlebigere Bauweise ist das Aushängeschild von Hirth – und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.« Hinzu komme, so Möntmann weiter, dass Hirth klug geplant habe und aufgrund hoher Materialvorhaltung weniger von den Preisentwicklungen der vergangenen Jahre und Monate betroffen war. Zweifelsohne, so der Geschäftsführer, gäbe es derzeit niemanden, der nicht von den Auswirkungen der aktuellen Krisen verschont bliebe. Jedoch bemühe Hirth sich, seinem Qualitätsanspruch treu zu bleiben und auch weiterhin langfristig zu denken. Derzeit profitiert das Unternehmen von prall gefüllten Auftragsbüchern sowie beständiger Weiterentwicklung und kann trotz krisengeplagter Zeiten auch weiterhin optimistisch in die Zukunft blicken. d
Dreiseitenkipper PH2-DKK mit Luftfederung
Der von Hirth konzipierte Dreiseitenkipper-
PH2DKK ist luftgefedert und ankippbar. Zu seinen größten Vorzügen zählen außerdem ein stabiler wie langlebiger Aufbau und ein umfassendes Zubehörprogramm, um den Kipper den individuellen Anforderungen anzupassen. Die geschweißte, verwindun- gssteife
Rahmenkonstruktion ist feuerverzinkt und weist einen groß dimensionierten Kippzylinder auf. Verbaut werden überdies Zurrbügel, die ausziehbar und im Vielloch
Außenrahmen mit Federniederhaltern verbaut sind. -Eine Multifunktionsrampe mit Dreh, Klapp und
Pendelfunktion sorgt für bequemes Be und Entladen. Gleichzeitig ist der Anhänger in mehreren Größenund Ausführungen erhältlich: So lässt sich neben einer
Basisausführung mit einem Leergewicht von 1,06 t, einem zulässigen Gesamtgewicht von 3 t und einem
Kasteninnenmaß von 3,76 m × 1,85 m ×0,35 m auch eine erweiterte Lösung realisieren, die wiederum auf 3,5 t Gesamtgewicht bei einem Leergewicht von 1,17 t kommen darf und über die Kastenmaße 4,6 m × 2,04 m × 0,35 m verfügt. Ebenfalls im Portfolio vertreten sind extrem robuste Muldenkipper für den Agrarbereich: Sie punkten laut Hirth mit Zuverlässigkeit und einer starken Belastbarkeit.
Die neue Luftfederung ermöglicht das Ankippen des Dreiseitenkippers PH2-DKK nach hinten – mittels einer stabilen Rückwand gelingt die sichere Beladung mit Maschinen ohne zusätzliche Auffahrrampen. So lässt sich der Kipper auch problemlos als Maschinentransporter nutzen.