Martin Buber
Recht und Unrecht
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Deutung einiger Psalmen
›Recht und Unrecht‹, die kommentierende ›Deutung einiger Psalmen‹ (»Preisungen«) des jüdischen Religionsphilosophen, Soziologen und Pädagogen Martin Buber, steht in unmittelbarem Zusammenhang mit seinem (gemeinsam mit Franz Rosenzweig begonnenen) großen Projekt einer »Verdeutschung« der Heiligen Schrift. Im Zentrum steht das »Verhältnis zwischen dem Rechttun und dem Unrechttun, zwischen den Rechttuenden und den Unrechttuenden auf Erden, damit aber auch [die] Weltsache zwischen Gut und Böse überhaupt«. Der Gottgetreue, repräsentiert in der Figur des »Psalmisten«, wendet sich hilfesuchend an seinen Herrn. Doch die erhoffte göttliche Intervention bleibt aus, und es wächst die Einsicht: »Er ist, aber er ist nicht da.« Dies ist sozusagen die Umkehrung der Perspektive Hiobs: Nicht »warum es den Guten schlecht« geht, sondern weshalb die »Frevler« glücklich sind, ist die Frage, die den Gläubigen quält. Und dennoch verzweifelt er nicht; vielmehr gelangt er zur Erkenntnis, daß nicht Gott, sondern er selbst sich in seinem Innersten zu wandeln hat, daß Gott der Sprecher, seine Schöpfung die Sprache ist, deren sich der Mensch bedienen muß, um Gott im tätigen Dialog zu begegnen.
Martin Buber, 1878 in Wien geboren, lernte über seinen Großvater schon früh die ostjüdische Orthodoxie des Chassidismus kennen, für dessen Betonung eines Lebens in der Gemeinschaft mit Gott und der Bedeutung der Überlieferung durch das gesprochene Wort er sich in der westlichen Welt zeitlebens engagierte. Der seines Erachtens rein politisch-säkularen Ausrichtung der zionistischen Bewegung um Theodor Herzl setzte er seine auf den Traditionen des Chassidismus aufbauende sozialistische Utopie entgegen. Ab 1924 lehrte Buber Jüdische Religionslehre und Ethik in Frankfurt am Main. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozia listen legte er seine Professur 1933 nieder. 1938 gelang ihm die Flucht nach Israel, wo er bis 1951 an der Hebrew University in Jerusalem unterrichtete. Buber wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Er starb 1965 in Jerusalem.
Martin Buber
Recht und Unrecht Deutung einiger Psalmen Mit einer Nachbemerkung und Anmerkungen sowie einem Nachwort von Thomas Reichert
Schwabe Verlag Basel
Martin Buber publizierte seine kleine Schrift ›Recht und Unrecht‹ zuerst auf Hebräisch (Iwrit) (Jerusalem 1950). Die deutschsprachige Erstausgabe wurde 1952 in der »Sammlung Klosterberg« im Schwabe Verlag Basel veröffentlicht. Der vorliegende Text folgt der im Verlag Lambert Schneider, Gerlingen, 1994 erschienenen 2. Auflage, die sämtliche von Buber bis zu seinem Tod vorgenommenen Änderungen berücksichtigt.
Schwabe reflexe 6 Lizenzausgabe mit freundlicher Genehmigung © 2010 by Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, in der Verlagsgruppe Random House, München Gesamtherstellung: Schwabe AG, Druckerei, Muttenz/Basel Printed in Switzerland ISBN 978-3-7965-2662-6 www.schwabe.ch
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